Nur für Mitglieder
Richter erlauben Gewerkschaftern Extras
ERFURT (dpa-AFX) - Das Bundesarbeitsgericht hat das Recht der Gewerkschaften gestärkt, nur für ihre Mitglieder bestimmte Privilegien wie deutlich höhere Abfindungen bei Jobverlust auszuhandeln. Sonderregelungen oder Zahlungen, die nur für Gewerkschaftsmitglieder gelten, seien grundsätzlich zulässig, urteilten die höchsten deutschen Arbeitsrichter am Mittwoch in einem Fall aus München. Der Vierte Senat bestätigte damit seine Rechtsprechungen, nach der solche Sonderregelungen nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.
Die Klägerin, die unter anderem die um 10 000 Euro höhere Abfindungszahlung von IG Metall-Mitgliedern verlangte, scheiterte mit ihrer Klage wie bereits in den Vorinstanzen. "Dass jemand das ungerecht findet, mag schon sein", sagte der Vorsitzende Richter Mario Eylert. Aber die Gewerkschaften könnten nach Verfassung und Gesetzeslage Regelungen nur für ihre Mitglieder treffen. Es sei sogar möglich, dass Gewerkschaften eine Differenzierung unter ihren Mitgliedern durch eine Stichtagsregelung vornähmen, um beispielsweise langjährigen Mitgliedern einen Bonus zu geben. Als Beispiel nannte er Staffelungen beim Sonderkündigungsschutz.
Der von der Klägerin persönlich empfundene Druck, wegen der Sonderregelungen einer Gewerkschaft beizutreten, sei kein Argument für die Durchsetzung ihrer Ansprüche. Ihr Anwalt führte unter anderem den großen Unterschied zwischen den Sozialplanregelungen, die für sie gelten, und dem Ergänzungstarifvertrag für IG Metaller ins Feld. Der finanzielle Unterschied belaufe sich bei seiner Mandantin auf etwa 29 000 Euro.
Im Zusammenhang mit drastischem Stellenabbau bei der deutschen Servicegesellschaft des damaligen, inzwischen umstrukturierten Netzwerksausrüsters Nokia Siemens Networks > Networks hatte die IG Metall 2012 für ihre Mitglieder einen Ergänzungstarifvertrag ausgehandelt. Danach erhielten Arbeitnehmer, die vor dem Stichtag 23. März 2012 Gewerkschaftsmitglieder waren, beim Wechsel in eine Transfergesellschaft die deutlich höhere Abfindung. Außerdem bekamen sie 80 Prozent statt wie die anderen 70 Prozent ihres bisherigen Bruttoeinkommens. Den Bundesrichtern liegen dazu etwa 100 weitere Verfahren vor.
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Die Anwälte der heutigen Nokia Networks und der Transfergesellschaft verteidigten die Sonderregelung für Mitglieder von IG Metall. Schließlich hätten sie im Gegenzug auf ihren Sonderkündigungsschutz verzichtet und damit die Rettungsaktion für Arbeitsplätze in München ermöglicht. Die IG Metall habe dafür "viele Kröten geschluckt."/ro/DP/jha