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    Haftung bei Staatsinsolvenzen  2699  2 Kommentare ESM soll Staaten in Insolvenz zwingen können - EZB als Aufkäufer von Staatsanleihen

    Vor Kurzem berichtete wallstreet:online über die Forderung der Wirtschaftsweisen, ein geordnetes Insolvenzverfahren für Euro-Staaten auf den Weg zu bringen, bei dem auch die Gläubiger an den Verlusten beteiligt werden. Nur so ließe sich die Gefahr reduzieren, „dass Steuerzahler wieder zum einseitigen Vorteil der Anleihegläubiger in die Pflicht genommen werden würden, wenn ein hoch verschuldetes Land ins Straucheln geriete“, heißt es in der Pressemitteilung des Sachverständigenrats.

    Nur ein Rebell aus dem Kreise der Wirtschaftsweisen sieht das anders: Laut Ökonom Manfred Bofinger überwiegen die Gefahren für die Stabilität der Währungsunion gegenüber den Vorteilen eines geordneten Insolvenzverfahrens: „Die Marktteilnehmer müssten dann davon ausgehen, dass es grundsätzlich zu einer Umstrukturierung von Staatsanleihen kommt, sobald ein Land auf den Kapitalmärkten unter Druck gerät. Somit könnte es schon bei kleineren Störungen zu einem Bond-run kommen, der dann nicht mehr zu stoppen ist.“ Zudem würde ein Insolvenzverfahren aufgrund des Verbots, neue Schulden aufzunehmen, die Möglichkeit einschränken, einer Rezession mit Konjunkturprogrammen zu begegnen. (siehe: Bofinger als Rebell der Wirtschaftsweisen: Her mit der Schuldenunion!)

    Kein Land soll für die Schulden eines anderen Landes haften

    In die Debatte sind nun auch die Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) eingetreten. Ihr Plan sieht ein mehrstufiges System für eine Staatsinsolvenzordnung im Euro-Raum vor. Demnach soll auch der europäische Rettungsschirm ESM Staaten in ein Insolvenzverfahren zwingen können. "Durch die Schaffung eines geordneten Insolvenzverfahrens im Euro-Raum wird der Grundsatz der Währungsunion gestärkt, dass kein Land für die Schulden eines anderen Landes haften muss und so der Gefahr vorgebeugt, dass die Euro-Zone zu einer Transferunion verkommt", zitiert die Tageszeitung „Die Welt“ den Co-Studienautor Jürgen Matthes.

    ESM soll Staaten in Insolvenz zwingen können

    Man vermischt ein paar alte Vorschläge mit neuen Ideen und am Ende steht ein mehrstufiger Verhandlungsprozess über die Umschuldung eines Landes. Nach dem Plan des IW Köln soll nicht nur das von der Insolvenz bedrohte Land ein Staatsinsolvenzverfahren auslösen, sondern auch der europäische Rettungsschirm ESM. Im Fall einer deutlichen Mehrheit soll der ESM ein Euro-Mitgliedsstaat in ein Insolvenzverfahren zwingen können, um eine mögliche Insolvenzverschleppung zu vermeiden, führt die „Welt“ weiter aus.

    Dann nimmt der Weg seinen Lauf: Zuerst würde das Land mit den Gläubigern verhandeln. Sollte dies ergebnislos verlaufen, käme eine neu zu schaffende Kammer am Europäischen Gerichtshof ins Spiel. Dieses Gremium würde die Verhandlungen beratend begleiten. Führt auch das zu keiner Lösung, hat das Gremium das letzte Wort, wie umgeschuldet werden soll. "Eine staatliche Entschuldung darf aber immer nur Ultima Ratio sein", erklärt Matthes gegenüber der Zeitung.

    Schuldenmoratorium soll Krisenwirkung abmildern

    Um die Krisenwirkungen für den betroffenen Staat zu mildern, soll zu Verhandlungsbeginn ein Moratorium für Schuldendienst und Klagen in Kraft treten. Doch auch die  Staatsbeamten und Renten müssen bezahlt werden. Dafür soll das von der Insolvenz bedrohte Land Überbrückungshilfen aus dem europäischen Rettungsschirm erhalten. Doch müssten diese mit strengen Reformauflagen verbunden sein, so laut „Welt“ die Forderung des IW Köln.

    EZB soll Staatsanleihen aufkaufen

    Zuvor müssten noch die Staaten noch einige Hausaufgaben erledigen. So müssten die Staaten vor der Einleitung eines Insolvenzverfahren ihre Schuldenstände reduzieren. Banken und Versicherungen müssten im Vorfeld entsprechend kapitalisiert sein und Verluste aus einem Staatsbankrott verkraften können. Dann könnte die Europäischen Zentralbank (EZB) ins Spiel kommen und das laufende Staatsanleihekaufprogramm nutzen, um den hohen Bestand an Staatsanleihen in den Bankbilanzen zu reduzieren. „Als Finanzaufseher sollte die EZB die Banken dazu anhalten, einen Teil der Staatsanleihen ihres eigenen Souveräns an die EZB zu verkaufen“, zitiert die „Welt“ den IW-Ökonom Matthes.

    Und was ist den beschworenen Ansteckungseffekten auf andere Länder? Diese bestünden zwar, so die IW-Forscher, doch würden am die Vorteile einer Insolvenzordnung die potenziellen Nachteile aber “deutlich überwiegen”.





    wallstreetONLINE Redaktion
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    Haftung bei Staatsinsolvenzen ESM soll Staaten in Insolvenz zwingen können - EZB als Aufkäufer von Staatsanleihen Die Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln legen einen Plan für Staatsinsolvenzordnung im Euro-Raum vor. Demnach soll auch der europäische Rettungsschirm ESM Staaten in ein Insolvenzverfahren zwingen können.

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