Goodbye Garantiezins
„Die klassische Lebensversicherung ist tot“
Die Deutschen trauern um ihre geliebte Altersvorsorge. Die klassische Lebensversicherung mit garantiertem Zins ist tot. Die Bundesregierung versetzte ihr den endgültigen Todesstoß.
Ergo, Talanx, Generali, eventuell die Allianz (siehe hier) – viele Lebensversicherer haben sich bereits vom Garantiezins verabschiedet. Nun zieht auch die Bundesregierung nach. Einen staatlich garantierten Zins wird es ab dem 1. Januar 2016 nicht mehr geben. Das teilte das Bundesfinanzministerium mit.
Das Versicherungsaufsichtsgesetz werde grundlegend geändert und an die schon lange angekündigten Vorgaben der neuen europäischen Eigenkapitalvorschriften (Solvency II) angepasst, so eine Sprecherin laut dpa-AFX. Unter diesem europaweit einheitlichen Aufsichtssystem werde der bisherige Höchstrechnungszins „für die Zwecke der Aufsicht nicht mehr benötigt.“
Üppige Zinsversprechen, dazu hohe Kapitalanforderungen und all das in Zeiten einer Niedrigzinsflaute – Viele Lebensversicherer sehen sich vor einer schier unlösbaren Aufgabe. Die hohen Zinsversprechen in Altverträgen sind zum Problem geworden. Mitte der 1990er Jahre sicherten die Versicherer noch eine Verzinsung von 4 Prozent zu - über die gesamte Versicherungsdauer. Diese Verträge haben die Anbieter in den vergangenen Jahren massiv unter Druck gebracht, weil sie diese hohen Zinsen an den Kapitalmärkten selbst kaum erwirtschaften können. Die Niedrigzinsen zwingen sie zum Umdenken. Ein Umdenken, das bei immer mehr Anbietern im Abschied endet.
Die klassische Lebensversicherung mit einem lebenslangen Garantiezins ist in Deutschland zu einem Auslaufmodell geworden. Nach den Versicherungen Generali und Talanx hatte im September auch der Branchenriese Ergo eine Abkehr von Lebensversicherungspolicen mit Garantiezins angekündigt (siehe: Goodbye Garantiezins - Ergo verabschiedet sich von klassischen Lebensversicherungen).
„Die klassische Lebensversicherung ist tot“
Für den Bund der Versicherten ist die klassische Lebensversicherung nicht nur ein Auslaufmodell, sondern „einfach tot“. Denn mit der Entscheidung der Regierung, den Garantiezins abzuschaffen, breche das wichtigste Argument für den Abschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung weg. Das lebenslange Zinsversprechen war aus ihrer Sicht der Hauptgrund dafür, dass es immer noch rund 90 Millionen Lebensversicherungs-Verträge in Deutschland gibt.
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Bislang legte das Bundesfinanzministerium den Garantiezins auf Grundlage von Empfehlungen der Deutschen Aktuarvereinigung und der Bundesfinanzaufsicht Bafin fest. Die Abschaffung dieser Regelung müsse aber nicht zwangsläufig das Aus für garantierte Zinsen bedeuten, betonte die Sprecherin. Vielmehr seien „auch weiterhin Garantiezusagen in der Lebensversicherung möglich und Versicherer können trotz des Wegfalls des Höchstrechnungszinses weiterhin Garantieversprechen abgeben.“
Ob die Lebensversicherer dies auch tun werden, ist allerdings mehr als fraglich. Aufgrund der neuen Eigenkapitalvorschriften (Solvency II) müssten sie für solche Versprechen deutlich mehr Eigenkapital bereitstellen als bisher, da der Kapitalbedarf künftig stärker an das Risiko der Versicherer gekoppelt ist. Doch schon jetzt arbeiten viele Lebensversicherer am Anschlag und gelten als großes Sorgenkind der Finanzbranche. IWF, OECD, BaFin – sie alle warnen vor einem drohenden Kollaps der Lebensversicherer.