Geldpolitik
Datenhörigkeit der Notenbanken - Wohin steuern Fed und EZB?
Die lieben Daten, soll man nun auf sie schauen oder nicht? Nehmen wir die US-amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed): Hätte diese ihren Blick allein auf die US-Wirtschaft gerichtet und ihre eigene Vorgabe einer Arbeitslosenquote von 5 Prozent als Vollbeschäftigung ernst genommen, dann hätten die Fed bereits am 17. September die Erhöhung des US-Leitzins ankündigen müssen. Es kam anders. Der Grund? Aus Angst und Sorgen um die Weltkonjunktur.
Der Weg der Normalisierung der Geldpolitik
Es ist eben so ein Ding mit den Daten… Die Analysten der DekaBank beschreiben in ihrer aktuellen Einschätzung der Geldpolitik die "Datenabhängigkeit" als ein Synonym für große Unsicherheit und damit als Garant für hohe Schwankungen an den Finanzmärkten. Es sei naiv zu glauben, dass die über die Wochen hinweg hereintröpfelnden Konjunkturindikatoren ein einheitlich schönes oder hässliches Bild zeichnen. Nein, in den meisten Phasen wechseln sich positive oder negative Überraschungen ab.
Nun wieder zur Fed: Dank der erneut gestiegenen Zuversicht bezüglich der chinesischen Wirtschaft und dank des starken US-Arbeitsmarktberichts für Oktober scheint im Augenblick die erste Zinserhöhung der Fed am 16. Dezember recht sicher. Die erste große Notenbank macht sich damit auf den sehr langen Weg der Normalisierung der Geldpolitik.
Mit der Bank of England (BoE) steht auch schon die zweite Notenbank in den Startlöchern. Es ist zu erwarten, dass die BoE im kommenden Jahr der Fed folgen und die Zinswende einläuten werde. Dem entgegen wird die Europäische Zentralbank (EZB) noch mindestens drei Jahre mit der ersten Zinserhöhung warten. Nicht allein das. Aktuell wird gar noch diskutiert, den geldpolitischen Baukasten weiter zu öffnen. Möglich seien eine weitere Senkung des Einlagezinssatzes und eine Erweiterung des Ankaufprogramms durch die EZB (siehe: EZB signalisiert weitere Öffnung der Geldschleusen - Wirtschaftsweise warnen). Als Resultat dürfte die Gemeinschaftswährung Euro weiter gegenüber dem US-Dollar abwerten (mehr dazu: Der US-Dollar wird den Euro über Parität hinaus zerquetschen).
Geldpolitik driftet weiter auseinander
Das Auseinanderdriften der Geldpolitik dies- und jenseits des Atlantiks werde nicht allein die Perspektiven am Devisenmarkt in den nächsten Quartalen bestimmen, so die Deka-Experten. In Europa werde es bei dem extrem unterstützenden Kurs der EZB bleiben. Aus diesem Grund sollten Aktienanleger vor allem die Anlageregion Europa im Blick haben. Nicht zuletzt seien die Bewertung und die Gewinnerwartungen für europäische Unternehmen besser als in den USA.
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Und bei den Anleihen? Hier werde sich lediglich ein sehr allmählicher Renditenanstieg abzeichnen. Laut Deka sei das Unwohlsein bezüglich rückläufiger Kurse der festverzinslichen Wertpapiere begrenzt. Allerdings bleibe es dabei, dass Renditepotenziale nicht über längere Laufzeiten gehoben werden können, sondern nur über die Inkaufnahme von zusätzlichen Risiken. Dies spreche für Unternehmensanleihen im Hochzinssegment und vor allem für die Anlageklasse Aktien.
USA oder Japan, das ist hier die Frage
Links oder rechts - so heißt es zumindest bei der Wahl zwischen zwei Händen, wobei in einer Hand etwas versteckt ist und man bei der anderen leer ausgeht. Ein dazwischen gibt es nicht. Irgendwie scheint Europa vor einer ähnlichen Wahl zu stehen. Man könnte auch das Bild einer Weggabelung bemühen. Die Währungsunion steht vor der Entscheidung, ob sie in den kommenden Jahren eher den Weg der USA einschlagen möchte oder den Japans.
Die nationalen Wirtschaftspolitiken der Eurozone sollten die Zeit zu nutzen, die ihnen die EZB-Geldpolitik aktuell gibt. Entsprechende Reformen sollten perspektivisch den Weg für eine Zinserhöhung bereiten, betonen die Analysten der DekaBank. Zwar stützt die Notenbankpolitik der EZB auf absehbare Zeit weiterhin Wertpapieranlagen. Doch würden sich die Finanzmärkte auf Dauer in diesem Umfeld schwerer tun als in den vergangenen Jahren, eine eindeutig positive Richtung einzuschlagen.