Baufinanzierung
Widerrufsjoker - so unterschiedlich urteilen Gerichte beim Widerruf von Darlehen
Ein ziemliches Durcheinander herrscht derzeit bei der Rechtssprechung zum Thema Widerrufsjoker. Identische Sachverhalte werden unterschiedlich bewertet - teilweise vom gleichen Gericht. Es wird Zeit für ein Machtwort des BGH.
In einem funktionierenden Rechtssystem sollte man davon ausgehen, dass gleiche Tatbestände auch gleich bewertet werden. Leider ist das beim sogenannten Widerrufsjoker, also dem Widerruf von Darlehen aufgrund falscher Widerrufsbelehrung, derzeit nicht der Fall.
Ein Beispiel, wie verrückt die Rechtssprechung rund um den Widerrufsjoker derzeit ist, liefert nun das Landgericht Köln. Dort wurde innerhalb weniger Wochen ein quasi identischer Sachverhalt vor zwei verschiedenen Kammern verhandelt – mit unterschiedlichen Ergebnissen. Es ging dabei um eine häufig benutzte Widerrufsbelehrung aus den Kreditverträgen der Sparkassen, die in den Jahren 2004 bis 2008 verwendet wurde.
Darin findet sich der auch von anderen Banken verwendete Satz „Die Frist beginnt frühestens mit dem Erhalt dieser Belehrung“. Dass dieser Satz unklar und missverständlich für den Verbraucher ist, hatte bereits der BGH entschieden. Denn was bedeutet „frühestens“? Wann genau beginnt und endet die Widerrufsfrist wirklich? Das Problem ist nur: Dieser Satz findet sich auch im Mustertext des Gesetzgebers. Und solange Banken diesen Text in ihren Widerrufsbelehrungen verwendet haben, genießen sie den sogenannten Musterschutz. Das bedeutet: Eine Bank darf nicht verurteilt werden, wenn sie exakt den Mustertext verwendet hat, da sie darauf vertrauen konnte, dass der vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellte Text korrekt ist.
Der Streit entzündet sich nun allerdings an diesem Begriff „exakt“. Denn die Sparkassen hatten zwar den Mustertext übernommen, ihn jedoch mit zwei Fußnoten ergänzt, von denen eine heißt: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“ Während eine Kammer des LG Köln der Meinung war, dass die vorgelegte Widerrufsbelehrung nahe genug am Mustertext ist, waren die anderen Richter der Meinung, dass die Abweichungen in Form der Fußnoten beträchtlich seien. Im Ergebnis wurde im ersten Fall zugunsten der Bank entschieden, im zweiten Fall zugunsten des Kreditnehmers. Wie gesagt: Bei gleicher Ausgangslage und am gleichen Gericht. In der Praxis wird diese Sparkassen-Widerrufsbelehrung von den meisten Gerichten als falsch eingeschätzt – allerdings nutzt Ihnen das wenig, wenn Sie bei der falschen Kammer oder beim falschen Gericht landen.