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    Ölpreis - Ölaktien  3829  0 Kommentare Ölaktien als Spekulation gegen den Dollar? - Seite 2

    Hunt erklärt dies zum einen mit der Tatsache, dass Öl weltweit nachgefragt wird und deshalb eigentlich ein Währungskorb für den Preis herangezogen werden müsste, zum anderen mit der Politik der relativen Währungsabwertung wie sie gerade von Japan und der EZB in den letzten Jahren betrieben wurde. Die Eskalation in einen Währungskrieg wurde beim G20 Gipfel in Shanghai gerade noch verhindert. Zu groß war die Gefahr, dass die Chinesen nun ihrerseits in den Wettlauf einsteigen. Da sie bisher den Yuan recht eng an den Dollar binden, war es die elegantere Lösung, gemeinsam zu akzeptieren, dass der US-Dollar schwächer wird. So ließen EZB und Bank of Japan eine Dollarabwertung zu, und die US-Notenbank hat mit ihrer faktischen Absage an weitere Zinserhöhungen einen Rückgang des US-Dollars befördert.  Gute Nachrichten nicht nur für die Ölproduzenten, sondern auch für die hoch in US-Dollar verschuldeten Schwellenländer. Das zeigt Hunt mit einer ebenfalls beeindruckenden negativen Korrelation von minus 0,89 zwischen besagtem handelsgewichteten Dollar und dem MSCI Emerging Markets ETF.

    Auch wenn man sich davor hüten sollte, statistische Korrelationen immer für kausal zu halten, gibt dieser Zusammenhang doch einen kräftigen Hinweis, dass man mit dem Ölpreis nicht alleine auf die Angebots- und Nachfragesituation dieses Rohstoffes spekuliert. Vielmehr scheint die Entscheidung, Aktien von Shell zu (ver-)kaufen, faktisch eine Spekulation auf den Wechselkurs des US-Dollars zu sein. Schwächt er sich weiter ab, dürfte der Ölpreis und damit auch Ölaktien weiter zulegen. Kehrt die Stärke des US-Dollars zurück, wäre es jetzt wirklich an der Zeit, sich von der Branche zu verabschieden. Der eben zitierte Hunt ist da recht nüchtern. Für ihn ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir zu einer neuen Runde im globalen Währungskrieg ansetzen.

    Auch ich halte die Runde kompetitiver Währungsabwertungen noch nicht für beendet. Die noch immer ungelöste Schuldenkrise, die sich immer mehr in die Realwirtschaften des Westens hineinfrisst, lässt kaum eine andere Wahl.  Es ist – politisch betrachtet – für Notenbanken und Politiker allemal attraktiver, über einseitige Abwertung zum Beispiel des Euro einen zumindest temporären Vorteil im globalen Wettbewerb zu erzielen, anstatt infolge international abgestimmten Wohlverhaltens   die eigene Volkswirtschaft zu schwächen.

    Hinzu kommt, dass im Szenario einer erneuten globalen Rezession – nicht so unwahrscheinlich angesichts von Schuldenlast und Unterinvestition – die Furcht vor einem massiven Abgleiten in eine Deflation umgehen wird. Diese aber würde zu einer Flucht in den US-Dollar – und natürlich vor allem Gold – führen, da dieser unter den großen Währungen noch relativ am besten dasteht. In diesem Szenario kämen alle Rohstoffwerte, für die die genannte US-Dollar Abhängigkeit ebenfalls gilt, massiv unter die Räder.

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    Bleibt nur die Frage nach dem Timing. Wechselkursprognosen sind schon ohne die Marktmanipulation der Notenbanken kaum möglich. Dies gilt heute also erst recht. Der einzige Indikator ist m. E. die Euphorie der Marktteilnehmer. Als fast alle erwarteten, dass es zu einem Euro/US-Dollar Kurs von 1:1 kommt – Sie erinnern sich? – war der Zeitpunkt gekommen, dagegen zu spekulieren. Jetzt gilt: Noch sind keine Abgesänge auf den Euro zu hören, könnte die Dollarschwäche also noch etwas andauern. Zeit, das eigene Portfolio auf einen wieder schwächeren Euro und stärkeren Dollar einzurichten – und Ölaktien unter diesem Gesichtspunkt zu bewerten.  


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    Daniel Stelter
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    Dr. Daniel Stelter ist Makroökonom und Gründer des Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Von 1990 bis 2013 war Stelter Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group (BCG), wo er von 2003 bis 2011 weltweit das Geschäft der BCG Praxisgruppe Corporate Development (Strategie und Corporate Finance) verantwortete.

    Er ist Autor mehrerer Bücher. Sein aktuelles Buch „Das Märchen vom reichen Land - Wie die Politik uns ruiniert“ war auf der SPIEGEL Bestsellerliste. Twitter: @thinkBTO
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    Verfasst von Daniel Stelter
    Ölpreis - Ölaktien Ölaktien als Spekulation gegen den Dollar? - Seite 2 Nicht Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis für Öl, sondern die globale Geldpolitik. Wenn das stimmt, sind Ölaktien reine Währungsspekulation. Zeit, auszusteigen?

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