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Der Brexit ist richtig - doch niemand hat einen Plan dafür - Seite 2
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Letzte Chance für die EU: Demokratisierung und Reformen
Um ein weiteres Auseinanderbrechen der EU im Sinne eines Dominoeffektes zu verhindern, wären jetzt ein klares Reformprogramm und eine Demokratisierung der EU vonnöten. Doch solche Gedanken kommen in den jüngsten Äußerungen der Spitzenvertreter des EU-Apparats überhaupt nicht vor. Zitat EU-Kommissionspräsident Juncker: man wolle lieber überlegen „wie wir … populistischen Bewegungen mit vereinten Kräften und entschieden entgegenwirken können“. In dieser Disziplin war man zuletzt nicht gerade überzeugend.
Kernpunkt der Brexit-Debatte war die massenhafte illegale Einwanderung, mit der Brüssel eklatant gegen die Interessen der EU-Bürger und gegen die eigenen, in Einwanderungsfragen eigentlich strengen Verträge und Bestimmungen verstoßen hat. Stattdessen wurde Politik zugunsten Dritter gemacht, was sich desaströs auf das Vertrauen der eigenen Bürger in „ihre“ EU ausgewirkt hat. Osteuropäische Staaten sollten sogar ohne jede Vertragsgrundlage zur Aufnahme von Einwanderern gezwungen werden, im gleichen Atemzug wurden die gültigen Verträge von Schengen und Dublin „einfach mal so“ für ungültig erklärt. So gebärden sich Diktaturen, nicht Demokratien, die auf geltendem Recht aufbauen. Zum Vergleich einmal die Entwicklung in den USA: Hier kippte der Oberste Gerichtshof gerade den Plan der Obama-Regierung zur Immigration (Deportationsschutz für Illegale Einreisende samt Integration und vorläufiger Arbeitsmöglichkeit), weil er einen Verstoß gegen geltendes Recht sieht und sich dabei nicht von der Politik einschüchtern lässt.
Wer sich allerdings vom siegreichen Brexit-Lager ein Konzept zur Lösung dieses oder anderer EU-Probleme erhofft hat, wird enttäuscht. Offenbar gibt es noch nicht einmal einen Plan, wie der Austritt UK aus der EU vonstattengehen soll. Offenbar fühlt sich niemand wirklich zuständig. Polit-Dilettantismus, soweit das Auge reicht.
Auf EU-Seite tröstet man sich derweil mit neuen Beitrittskandidaten. Neue potentielle Zahlungsempfänger mit „Beitrittsperspektive“ wie Serbien, Mazedonien, Montenegro und irgendwann vielleicht die Türkei werden die Vertrauenskrise der EU aber wohl kaum entschärfen. Eine Direktwahl der EU-Kommission oder eine plötzlich wieder aufkeimende Vertragstreue ist ebenfalls nicht in Sicht. So dürfte der Zerfallsprozess der EU weitergehen, während die Mitgliedschaft für Deutschland künftig deutlich teurer werden wird.