Wohnimmobilien
Soll man jetzt noch Wohnimmobilien kaufen?
Oder: Je besser die Story, desto schlechter das Investment
Oder: Je besser die Story, desto schlechter das Investment
Die Immobilienpreise explodieren. Ist es vernünftig, in dieser Situation noch zu kaufen? Ein befreundeter Investor berichtete mir kürzlich, dass er jetzt ein Mehrfamilienhaus in Berlin zu einem 50% höheren Preis verkauft, als er es vor einem Jahr gekauft hat, und zwar für einen Multiplikator von 37. Es handelt sich dabei nicht einmal um eine hochwertige Immobilie in bester Lage und bestem Zustand, sondern um einen allenfalls mittelmäßigen Bau aus den 70er Jahren.
In Zeiten hoher Preise gibt es stets dennoch Investoren, die kaufen. Das gilt für Zeiten der Aktieneuphorie ebenso wie für Zeiten der Immobilieneuphorie. Was sind die Argumente der Käufer?
Argument Nr.1: Immobilien sind billig im Vergleich zur "risikolosen Anlage" in Staatsanleihen.
Das stimmt. Der Renditeabstand zwischen Immobilien und der zehnjährigen Bundesanleihe ist so groß wie noch nie. Daran gemessen sind Immobilien in der Tat extrem günstig. Aber ist das noch der
richtige Maßstab? Die Preise der Anleihen werden nur noch partiell marktwirtschaftlich gebildet, sondern die Zentralbanken haben mit ihren QE-Experimenten zu einer Anleihenblase geführt. Ich würde
deshalb übrigens auch keine langlaufenden Anleihen erwerben, sondern nur zum Geldparken Anleihen mit kurzer Restlaufzeit kaufen, bei denen ich kein nennenswertes Kursrisiko habe. Wer allerdings der
Meinung ist, der Renditeabstand zwischen zehnjährigen Bundesanleihen und Immobilien sei nach wie vor der richtige Maßstab, der kann ruhig auch Immobilien zum 50fachen kaufen, denn dann beträgt der
Spread immer noch mehr als 200 Basispunkte. Daran sieht man, dass dieser Maßstab nicht mehr tauglich ist.
Argument Nr. 2: Die Zinsen sind so niedrig, dass sich ein Kauf dennoch lohnt.
Ja, heute ist es möglich, langfristige Finanzierungen für Zinsen knapp über 1 Prozent einzudecken. Das ist ja gerade eine der Hauptgründe für die verrückten Preise. Damit rechnet sich scheinbar
jedes Investment. Mit diesem Argument können Sie fast jede Immobilie kaufen, egal wie teuer sie sein mag. Wenn Sie jedoch keine Volltilgung bis zum Ende der Zinsbindung vereinbaren (und das tut
fast kein Investor), dann haben Sie ein sehr hohes Risiko für die Anschlussfinanzierung. Auch ich glaube nicht an kurzfristig steigende Zinsen. Aber niemand kann seriös prognostizieren, wie hoch
die Zinsen in 10 Jahren sein werden. Auch dann, wenn Sie mit 5% statt mit 1% rechnen, können Sie gründlich danebenliegen.
Argument Nr. 3: Man findet immer noch Städte und Lagen, wo Immobilien nach wie vor vergleichsweise günstig sind (B- und C-Städte).
Immer dann, wenn die Immobilienpreise in den "guten Lagen" explodiert sind, weichen Investoren aus. In manchen Städten in den neuen Bundesländern oder in Nordrhein-Westfalen kann man noch zum 13-
oder 14fachen kaufen. Das scheint natürlich im Vergleich zum Preisniveau von München, Hamburg oder Berlin spottbillig. Aber ist es das auch wirklich? Das hieße, dass andere Investoren diese Märkte
systematisch falsch einschätzen. So etwas ist in der Tat möglich, aber nur für einen kurzen Zeitraum. Die Erfahrung zeigt, dass Investoren immer dann, wenn es an den Standorten, wo sie traditionell
kaufen, kein Angebot mehr gibt (oder nur noch zu extrem hohen Preisen) auf sogenannte B-Städte, C-Städte, B-Standorte oder C-Standorte ausweichen. Das Ergebnis ist, dass dort die Preise auch
entsprechend steigen. Das Gleiche hat man bei Anleihen gesehen: Zuerst stiegen die Preise für erstklassige Staatsanleihen. In der Folge setzten immer mehr Investoren auf erstklassige
Unternehmensanleihen. Und als auch dort die Preise in den Himmel geschossen (und die entsprechenden Zinsen gefallen) waren, fingen sie an Junkbonds zu kaufen, die dann auch erheblich im Preis
stiegen. Mit einer solchen Strategie kann man vorübergehend Erfolg haben, jedoch muss man zu einem Zeitpunkt einsteigen, bevor andere die gleiche Strategie verfolgen oder aussteigen, bevor es zu
spät ist. Diese Art von Market Timing ist jedoch riskant.