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    Börsen-Zeitung  387  0 Kommentare In fragwürdiger Sorglosigkeit, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

    Frankfurt (ots) - Egal wohin man am Freitag schaute: Sowohl an den
    Aktien- als auch an den Zins-, Devisen- und den Rohstoffmärkten
    herrschte eine fast einschläfernde Ruhe; nennenswerte Veränderungen
    waren kaum festzustellen. Eine Entwicklung war jedoch sehr
    bemerkenswert. Der Volatilitätsindex VDax New, der anhand von
    Optionen erwartete Marktschwankungen misst und damit wie ein
    Seismograf für Gelassenheit (niedrige Werte) bzw. Nervosität
    funktioniert, sank bis auf 17,73 und damit auf ein Jahrestief und auf
    den niedrigsten Stand seit August 2015. Am 16. Juni hatte der Index
    noch ein Jahreshoch von 39,23 erreicht.

    War da nichts? Haben nicht gerade die Briten für den EU-Ausstieg
    votiert, mit all den negativen Konsequenzen, die das nicht nur für
    die britische Wirtschaft haben wird? Ist die Türkei nicht gerade im
    Begriff, sich in eine sehr bedenkliche Richtung zu entwickeln, auch
    dies mit potenziell erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen nicht
    nur in dem Land? Und hat Donald Trump etwa schon irgendetwas gesagt,
    das darauf schließen ließe, dass sich die weltweit führende
    Wirtschaftsnation im Falle seines Wahlsiegs vielleicht doch nicht
    ganz so abträglich entwickeln wird, wie es seine Kampfrhetorik
    vermuten lassen könnte? Anders gefragt: Wie kann es sein, dass die
    Marktteilnehmer in diesem sehr unsicheren Umfeld so sorglos scheinen
    und der amerikanische Aktienmarkt jetzt sogar wieder auf historische
    Höchststände durchgebrochen ist?

    Notenbanken als Treiber

    Eine Erklärung ist, dass sich die Sorgen über die US-Wirtschaft,
    die durch einen deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibenden
    Arbeitsmarktbericht geschürt worden waren, sich durch den deutlich
    robuster als erwartet ausgefallenen Bericht über Juni wieder gelegt
    haben. Gleichzeitig bedeutet das Brexit-Votum zwar
    realwirtschaftliche Risiken. Es sorgt aber dafür, dass den
    Aktienmärkten ihr seit Jahren wichtigster Treibstoff - Liquidität und
    niedrige Zinsen - nicht ausgeht. Die Europäische Zentralbank und die
    Bank of Japan, so die feste Überzeugung der Marktteilnehmer, werden
    noch weitere Lockerungsmaßnahmen beschließen.

    Die Bank of England, die einst als erste große Zentralbank galt,
    die eine Leitzinserhöhung beschließen wird, dürfte auf absehbare Zeit
    nicht einmal im Traum daran denken, sondern sehr wahrscheinlich sogar
    mit einer Senkung aufwarten. Die Investmentbank Morgan Stanley glaubt
    nun, dass die US-Zentralbank Fed bis Ende 2017 stillhalten wird, und
    prognostiziert, dass amerikanische Staatsanleihen mit zehnjähriger
    Laufzeit im kommenden Jahr auf ein Rekordtief von 1% fallen werden.

    Marktteilnehmern wird daher angesichts eines immer größeren
    Anteils negative Verzinsungen aufweisender Staatsanleihen vielfach
    nichts anderes übrig bleiben, als zu Risiko-Assets wie
    Dividendentiteln und Credits zu greifen. Im Euroraum kommt jetzt
    hinzu, dass die Notenbank nun auch noch den Credit-Pool leer zu
    fischen hilft. Relativ gute Bewertungen oder ein Mangel an
    Alternativen, in den USA zudem die umfangreichen Aktienrückkäufe der
    Unternehmen sind aber letztlich keine nachhaltig solide Basis für den
    Aktienmarkt. Das ist nach wie vor die Entwicklung der
    Unternehmensgewinne.

    Anspruchsvolle Bewertung

    Aus ebendiesem Grund ist die derzeit am Markt grassierende
    Sorglosigkeit zu hinterfragen. Wie sich insbesondere der Brexit
    auswirken wird, ist derzeit nur ungefähr vorstellbar. Die Risiken für
    Konjunktur und Gewinne sind aber insgesamt gesehen auf jeden Fall
    abwärtsgerichtet, das ohnehin magere Wachstum von Wirtschaft und
    Gewinnen wird ein Stückchen weiter reduziert. Schon vor dem
    Brexit-Votum wurden die Erwartungen für das globale Wachstum Zug um
    Zug reduziert, und dieser Trend wird wohl so schnell nicht abreißen.
    Vor diesem Hintergrund werden die Erwartungen an die
    Unternehmensgewinne noch zurückzuschrauben sein. Hinzu kommt, dass
    die Bewertung des amerikanischen Aktienmarktes sehr anspruchsvoll
    geworden ist. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 17 notiert der
    US-Markt fast 20% über seiner mittleren historischen Bewertung, so
    die DZ Bank.

    Die Kombination aus hoher Bewertung des US-Markts, einem nur
    bescheidenen Wachstum, damit verbundenen drohenden Enttäuschungen von
    Markterwartungen sowie konjunkturellen und politischen Risiken deutet
    auf Korrekturanfälligkeit der Aktienmärkte hin und dürfte zumindest
    das Aufwärtspotenzial für die kommenden Monate begrenzen. Ein Index
    verfügt aber mit ziemlich großer Sicherheit über Aufwärtspotenzial:
    der VDax New.

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    Telefon: 069--2732-0
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