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    ROUNDUP/Experte  560  0 Kommentare Soziale Medien informieren bruchstückhaft und ungeprüft

    BERLIN (dpa-AFX) - Tausende von Tweets, tausende von Posts auf Facebook: Soziale Netzwerke setzen TV-Nachrichtenredaktionen wie im Fall des Amoklaufs in München regelmäßig unter Druck. "Soziale Medien informieren aber immer bruchstückhaft und nicht verifiziert", sagte der Professor für Praxis des Qualitätsjournalismus an der Universität Hamburg, Volker Lilienthal, am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. "Traditionelle Medien müssen erst den Rahmen herstellen und sind in der Berichterstattung immer etwas hinterher." Aus Lilienthals Perspektive haben sie keine Alternative: "Sie müssen Informationen verifizieren und können nichts ungeprüft herausposaunen."

    Claus Kleber, Moderator des "heute-journals" im ZDF habe das Problem treffend beschrieben, sagte Lilienthal. Kleber hatte seine "Gedanken über seriöse Nachrichten in erschütternden Zeiten" nach der Kritik an den Fernsehberichterstattung über den Putsch in der Türkei für die "Süddeutsche Zeitung" geschrieben. Der Text erschien erst am Samstag nach dem Amoklauf in München, war aber schon fertig, bevor dort die ersten Schüsse fielen. Der Moderator konterte die Kritik, die Fernsehsender seien zu spät in die Berichterstattung eingestiegen: "Bitte glauben Sie mir: Ich weiß, wie wichtig es ist, schnell auf Sendung zu gehen und zu bleiben."

    An solchen Tagen tobe hinter den Kulissen die Auseinandersetzung mit den Verantwortlichen um das Gesamtprogramm. Von dort gebe es immer kritische Fragen: "Wie wichtig ist das Ereignis überhaupt? Was wissen wir sicher? Was habt ihr an Programm zu bieten?" Kleber betont den Druck, schnell umfassend zu berichten: Es gebe kaum noch Ereignisse, die der Welt nicht sofort Bilder lieferten. "Zuschauer haben sich an dieses Tempo gewöhnt und verlangen jetzt im Ungewohnten das Gewohnte: Erklärung und Einordnung des Geschehens. Aber sofort."

    Nach dem Amoklauf in München haben die Fernsehsender diesmal vergleichsweise schnell reagiert. ARD, ZDF und RTL entschieden sich außerdem für weitreichende Programmänderungen. Im Ersten verlängerte sich die "Tagesschau" auf 75 Minuten inklusive Live-Schalten nach München. Gleich danach schloss sich Thomas Roth mit den "Tagesthemen" an und moderierte mehr als drei Stunden durch.

    Möglicherweise sei das ein Reflex auf die Kritik in der Woche davor gewesen, nach dem Motto "Wir wollen den Vorwurf "Ihr wart nicht schnell genug" nicht noch einmal hören", sagte Lilienthal. "Und diesmal passierte es in München, wo der Bayerische Rundfunk eine gute Infrastruktur und das ZDF ein großes Studio hat." Damit sei klar gewesen, dass die Sender anders in die Berichterstattung hätten einsteigen müssen als beim Putsch in der Türkei.

    Kritik an der Fernsehberichterstattung gab es auch diesmal - wegen der Schwierigkeit, tatsächlich schnell immer wieder neue fundierte Nachrichten zu liefern, während ein Gerücht das andere jagte. "In München hätte vielleicht zunächst ein Schriftband im laufenden Programm genügt", sagte Lilienthal. "Aber das sagt man hinterher. In der Retrospektive ist man immer klüger."/ah/DP/he





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