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    Zwei Monate Brexit-Chaos  2647  0 Kommentare Abwarten oder Durchziehen? Für die Briten könnte beides im Desaster enden

    Die hausgemachte Brexit-Sackgasse feiert heute ihr zweimonatiges Bestehen. Großbritannien fehlt es noch immer an geeigneten Optionen, sich aus dem Schlamassel zu befreien. Doch je länger der Schwebezustand anhält, umso schmutziger könnte der Rosenkrieg am Ende werden. 

    "Die Hölle selbst kann nicht wüten, wie ein verschmähter Handelspartner." Mit diesem (leicht abgewandelten) Zitat des englischen Dramatikers William Congreve beschreibt Bloomberg-Kolumnist Mark Gilbert den Ernst der Lage für Großbritannien. Exakt zwei Monate nach dem Brexit-Referendum könnte die Lage für das Königreich auswegsloser nicht sein. Anstatt passender Lösungskonzepte kommen immer neue Probleme hinzu. So wurden die Vorschläge über eine mögliche EFTA-Mitgliedschaft ebenso abgeschmettert, wie die Überlegungen hinsichtlich eines CETA-ähnlichen Abkommens mit der EU

    Darüber hinaus ist man sich in der britischen Regierung alles andere als einig darüber, ob und wann der Artikel 50 zum Unionsaustritt überhaupt ausgelöst werden soll. Einige sprechen sich dafür aus, diesen Schritt mindestens so lange hinauszuzögern, bis die Wahlen in Frankreich und Deutschland im nächsten Jahr stattgefunden haben. Man wolle ja schließlich wissen, wer da zukünftig als Verhandlungspartner am Tisch sitzt. Die meisten EU-Mitgliedsstaaten fordern jedoch eine unverzügliche Umsetzung der Brexit-Entscheidung. Erst zu Beginn der Woche betonte der schwedische Premierminister Stefan Loefven erneut, dass die Abkehr vom Handelsblock "nicht länger als nötig dauern sollte" (Quelle: "The Telegraph").

    Zu den bloßen Meinungen hinsichtlich des Abspaltungstermins gesellt sich nun auch ein Rechtsstreit, der die Verfassungsmäßigkeit des gesamten Brexit-Verfahrens per se infrage stellt. Von einem Friseur und einer Unternehmensgründerin eingereicht, sei der Rechtsstreit einem zuständigen Richter zufolge "von derart verfassungsrechtlicher Bedeutung, dass der Oberste Gerichtshof diesen Prozess sehr ernst nimmt." Es geht um die Frage, ob die Entscheidung zum EU-Austritt nicht vorher vom britischen Parlament genehmigt werden sollte. Problem: Im Gegensatz zu fast allen anderen Staaten gibt es im Königreich keine kodifizierte Verfassung, sondern lediglich einen Mix aus Gewohnheitsrecht, Gesetzen mit Verfassungsrang und dem Common Law. 

    Der Ausgang könnte also zu einem extrem brenzligen Präzedenzfall werden. Wird die Entscheidung des Gerichtshofs von der Regierung ignoriert und der Brexit ohne Einbeziehung des Parlaments vollzogen, so droht den zuständigen Ministern eine Gefängnisstrafe. Legen die Abgeordneten ihr Veto doch erfolgreich ein, so würde am Ende der Wille des Volkes missachtet. Im Falle eines Scheiterns könnten sich die Kläger wiederum - und hierin liegt die Ironie des Schicksals - an den Europäischen Gerichtshof wenden. 

    Es zeigt sich also: Die britische Situation ist komplett verfahren. "Es liegt mehr als ein Körnchen Wahrheit in dem Vorwurf, dass diejenigen Politiker, die für den Brexit geworben haben, inklusive des neuen Außenministers Boris Johnson, starke Ähnlichkeit mit Hunden haben, die einem Auto hinterherrennen. Nicht nur, dass sie jemals ernsthaft geglaubt hätten, dass sie es am Ende schaffen würden. Sie wissen auch nicht, was sie als nächstes tun sollen", schreibt Gilbert auf "Bloomberg". 

    Tatsache ist zumindest, dass neben den restlichen EU-Mitgliedstaaten auch die Finanzmärkte zunehmend ungehalten über die aktuelle politische Lage reagieren. Die bisherigen ökonomischen Daten zeigen, dass fortwährende Unsicherheit sehr schnell sehr viel Schaden anrichten kann. Es deutet vieles darauf hin, dass das Ende vom Schrecken noch lange nicht erreicht ist. 





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