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    EZB-Zinsentscheid  1609  1 Kommentar "Atempause im geldpolitischen Harakiri"

    Die Europäische Zentralbank verschärft ihr Quantitative-Easing-Programm vorerst nicht. Doch das ist wahrscheinlich nur eine Atempause im geldpolitischen Harakiri – die Türen für weitere monetäre Lockerungen bleiben sperrangelweit geöffnet.

    Allerdings liest sich die bisherige Erfolgsbilanz der EZB äußerst bescheiden: Die Inflationsrate im Euroraum stieg nur unwesentlich vom Jahrestiefpunkt von -0,2% auf 0,2%. Sollte der Ölpreis nicht wieder überraschend nachgeben, könnte sie es bis zum Beginn des kommenden Jahres vielleicht auf rund 1% schaffen. Doch die entscheidende Kernrate – die Inflation ohne die volatilen Komponenten Energie und Lebensmittel – hat sich zuletzt wieder rückwärts entwickelt auf mäßige 0,8%.

    Wirkungslose Medizin

    Angesichts dieser Bilanz steht Europas oberste Notenbank eigentlich vor der geldpolitischen Kapitulation. Doch das kann sie sich nicht leisten. Auch wenn ihre Medizin nicht wirkt, muss die EZB immer wieder die Dosis erhöhen, um nicht völlig an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Nur der leiseste Verdacht, dass Mario Draghi von seinen Maßnahmen selbst nicht mehr überzeugt ist, würde die Marktzweifel anfachen und Spekulanten Tür und Tor öffnen. Die EZB ist Gefangene ihrer eigenen Politik.

    Und deshalb geht das Harakiri ohne Fangnetz und wissenschaftliche Aufarbeitung weiter. Die Gefahren für die Aktienmärkte werden dabei immer größer. Bleibt zu hoffen, dass exogene Schocks wie ein unerwarteter Konjunktureinbruch vermieden werden können. Dass die Industrieproduktion in Deutschland im Juli deutlich schlechter ausgefallen ist als erwartet, kann allerdings schon ein leiser Vorgeschmack sein. In diesem Fall bräuchten die Märkte dringend Medizin. Doch die Rezepte der EZB helfen dann nicht mehr. (Gastbeitrag von Dr. Otmar Lang, Chefvolkswirt der TARGOBANK)





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    Verfasst von wO Gastbeitrag
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