ANALYSE
Kepler Chevreus rät bei Deutscher Bank zu Ruhe - Kaufempfehlung
FRANKFURT (dpa-AFX) - Das Analysehaus Kepler Cheuvreux warnt bei der Deutschen Bank angesichts der zuletzt regelmäßig auftretenden negativen Nachrichten vor Panik. Im Gegenteil: Kepler-Cheuvreux Analyst Jacques-Henri Gaulard rät Anlegern sogar dazu, in die Aktie zu investieren. In einer Studie vom Freitag bestätigte er seine Kaufempfehlung und das Kursziel von 13,92 Euro - das wäre ein Plus von rund einem Drittel. Die jüngsten Kursreaktionen bezeichnete er als viel zu heftig.
Die negativen Meldungen über das erste Vergleichsangebot der US-Regierung im Hypothekenstreit vor zwei Wochen sowie aktuell über den Abzug von Investorengeldern lenkten von einer sachlichen Fundamental-Analyse des Instituts ab, führte der Experte aus. Da sieht es seiner Einschätzung nach gut aus. Die Deutsche Bank biete nach den Rückschlägen in den vergangenen Jahren viel Potenzial.
So seien erstmals in der Geschichte der Bank die gesetzten Sparziele erreichbar, schrieb Gaulard. Zum einem sei das Management-Team um den seit Juli 2015 amtierenden Konzernchef John Cryan stärker motiviert, die Vorgaben zu erreichen, als die Unternehmensführung es in den Jahren zuvor gewesen sei. Zudem habe die Bank noch genügend andere Stellschrauben wie das Herunterfahren von nicht mehr zum Kerngeschäft zählenden Bereichen.
Er geht davon aus, dass es Cryan gelingen wird, das Ruder herumzureißen und den Gewinn bis 2018 wieder auf mehr als 3 Milliarden Euro zu steigern - und das bei sinkenden Erträgen. Zu den Stärken der Bank zählten ein gutes Team an der Konzernspitze, eine überzeugende Strategie sowie ein nach wie vor gutes Netz für den Vertrieb von Finanzprodukten.
Problem bereite dagegen der Ruf, der wohl so schlecht wie noch nie sei. Zudem würden die nach wie vor nicht gelösten Rechtsstreitigkeiten die Bank belasten. Hier liege aktuell auch das größte Risiko für den Kurs, so Gaulard. Sollten die Rückstellungen für die Rechtsstreitigkeiten nicht ausreichen, müssten eventuell neue Aktien ausgegeben werden. Dies könnte auch notwendig sein, wenn die Postbank nicht losgeschlagen werden könne.
Bei der derzeit wie ein Damoklesschwert über der Bank hängenden Vergleichszahlung für den Hypothekenpapier-Streit in den USA rechnet er weiter mit einer Summe von 5,5 Milliarden Euro. Vor zwei Wochen musste die Deutsche Bank nach einem Bericht im "Wall Street Journal" einräumen, dass die erste Forderung der US-Regierung bei 14 Milliarden Dollar (rund 12,5 Mrd Euro) liegt. Üblicherweise wird das aber noch deutlich nach unten gehandelt.
Sollte die Strafe in der von ihm geschätzten Höhe ausfallen, ist nach Berechnungen des Experten auch die Zahlung von Zinsen für die vor zwei Jahren begebenen Nachranganleihen nicht in Gefahr. Die Kurse dieser sogenannten Coco-Bonds sind in den vergangenen Tagen wegen der Furcht vor einem Zinsausfall deutlich unter Druck geraten.
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Eine deutliche Absage machte er in Richtung Spekulationen, die Bank stehe wegen des Rechtsstreits und der anderen Probleme vor ernsthaften existenziellen Problemen. Die Geschichte habe gezeigt, dass Banken vor allem immer dann in Bedrängnis kämwn, wenn es Probleme bei der Liquidität oder Refinanzierung gibt. Bei beiden habe die Bank gerade im Vergleich zu der Situation vor dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman im September 2008 deutliche Fortschritte gemacht.
Das ändere sich auch nicht, wenn einige große Investoren ihr Geld abzögen, wie es die Nachrichtenagentur Bloomberg am Donnerstagabend unter Berufung auf ein internes Dokument berichtet hatte. Er verwies darauf, dass dem Bericht zufolge nur zehn von mehr als 200 großen Derivatekunden überschüssiges Geld bei der Deutschen Bank abgezogen hätten./zb/das