checkAd

     1926  0 Kommentare Frevelhafte Frage: Wie lange hält Italien den Euro noch aus?

    Es ist nirgendwo in Stein gemeißelt, dass Großbritanniens europapolitisches Misstrauensvotum ein Unikum bleiben muss. Denn mit dem Brexit ist das Exit-Tabu gebrochen und wurden in vielen Ländern politisch schlafende Hunde geweckt. Und es geht nicht nur um den Bestand der EU, sondern auch um den der Eurozone. Dabei sollte man nicht immer nur an die üblichen Austrittsverdächtigen Griechenland, Zypern oder Portugal denken. Es geht um ein viel bedeutenderes Land, Italien, das als Gründungsmitglied der EWG 1957 für europäisches Herzblut so tiefrot wie Tomatensauce von Miracoli steht.

    Italien ist der wirtschaftlich kranke Mann Europas


    Ich persönlich liebe Italien. Seine Kultur, die phantastischen Landschaften und Bauwerke, seine großartigen Menschen und die grandiose Küche gehören zum Besten, was ein Land bieten kann. Wirtschaftlich zählen diese soft facts allerdings wenig bis nichts. Da geht es um hard facts. Und die tun weh. Denn Italien geht es richtig schlecht. Während Italiens Industrie ihr Produktionsniveau von vor der Finanzkrise 2008 noch nicht annähernd erreicht hat, konnte Deutschland diesen Einbruch längst wieder wettmachen.




    In den letzten 20 Jahren hat Italien gegenüber Deutschland über 40 Prozent an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Italien ist vielfach zu einem Industriemuseum geworden. Man macht weiter gerne Urlaub in Bella Italia, aber wer dort als Unternehmer investiert, muss schon über ein hohes Maß an ökonomischer Schmerzfreiheit verfügen.

    Unternehmenspleiten gehören heutzutage ebenso zum italienischen Wirtschaftsalltag wie Not leidende Kredite, die laut IWF auf 80 Prozent des vorhandenen Eigenkapitals der Banken gestiegen sind. Diese riechen teilweise so faul, dass die Sachbearbeiter in den Kreditabteilungen Nasenklammern tragen. Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt fast 40 Prozent. Italien droht, eine ganze Generation zu verlieren, auch für die europäische Idee.

    Signore Renzi, versuchen sie es doch mal mit Wirtschaftsreformen!

    Italiens Wettbewerbsschwäche ist sicher kein Naturgesetz. Theoretisch könnte die amtierende Regierung Matteo Renzi den italienischen Wirtschafts-Karren mit harten Reformen aus dem Dreck ziehen.

    In der Praxis sind dieser wirtschaftlichen Logik jedoch Grenzen gesetzt: Denken wir zurück an einen Amtsvorgänger Renzis, Wirtschaftsprofessor Mario Monti. Wie lange Zeit die DFB-Elf gegen die Squadra Azzurra im Fußball kämpfte er mit seinen Reformambitionen erfolglos gegen den politischen Widerstand in Rom. Seit seinem Scheitern und Ausscheiden aus dem Amt gilt in der römischen Polit-Landschaft das Motto „Wer reformiert, wird abgewählt“. Vor diesem Hintergrund ist auch Matteo Renzi auf der Reformebene so beweglich wie das Kolosseum. Bloß niemandem mit Strukturmaßnahmen auf die Füße treten, die zunächst schmerzhaft sind und zur Rache des Wählers führen können. Doch hat der amtierende Ministerpräsident nicht vehement versprochen, Italien von Grund auf zu reformieren? Entschuldigung Signore Renzi, Pinocchio ist eine italienische Kunstfigur, richtig?
    Seite 1 von 4



    Robert Halver
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen

    Robert Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie Fachpublikationen und als Kolumnist einem breiten Anlegerpublikum bekannt. Seine Markenzeichen, die unterhaltsame, bildhafte Sprache, kommen bei keinem seiner Auftritte zu kurz.

    Lesen Sie das Buch von Robert Halver*
    *Werbelink

     

    Mehr anzeigen
    Verfasst von Robert Halver
    Frevelhafte Frage: Wie lange hält Italien den Euro noch aus? Es ist nirgendwo in Stein gemeißelt, dass Großbritanniens europapolitisches Misstrauensvotum ein Unikum bleiben muss. Denn mit dem Brexit ist das Exit-Tabu gebrochen und wurden in vielen Ländern politisch schlafende Hunde geweckt. Und es geht …