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    Aufsichtsräte  1212  0 Kommentare Neupositionierung von Aufsichtsräten in der Immobilienwirtschaft

    Sie gelten als unterbezahlt und eitel, die Gründe für ihre personelle Zusammensetzung scheinen oft zwielichtig: Das Image deutscher Aufsichtsräte ist denkbar schlecht. Vorausschauend sollen sie ihr Unternehmen beaufsichtigen, und wenn etwas misslingt, wegen ihrer vermuteten Mitschuld persönlich haften. Gewiss, die Expertise eines fachkundigen Aufsichtsrats in der Immobilienwirtschaft ist zwar zunehmend gefragt, aber wehe, er greift in das Unternehmensgeschehen ein.

    Von Prof. Dr. Winfried Schwatlo, Geschäftsführer der Schwatlo Management GmbH

    Wichtige Arbeit, schlechter Ruf
    Das schlechte Image des Aufsichtsrats, dessen Rolle tatsächlich immer wichtiger wird, ist historisch bedingt. Während der jüngsten Krisen machten die verantwortlichen Vorstände, aber auch deren Aufsichtsräte keine allzu gute Figur. Zu häufig wurden diese Führungspositionen von verdienten Freunden des Hauses bekleidet, denen man eine distanzierte Objektivität getrost absprechen konnte. Bei solchen Personalentscheidungen bildet die Sachkompetenz, um "Aufsicht" und "Rat" leisten zu können, leider nicht das wesentliche Auswahlkriterium. Das kostet Vertrauen und Akzeptanz.

    Langfristige Ziele
    Auf der anderen Seite hat sich mittlerweile die Maxime einer vorausschauenden, auf langfristigen Erfolg ausgerichteten Unternehmensführung durchgesetzt. Dilettantismus wird abgestraft. Eine solche, bewusst nachhaltige Strategie funktioniert jedoch nur, wenn sich die Chefetage an klaren Werten orientiert, anstatt plakative Slogans herauszugeben. Dies gelingt allerdings nur bei eindeutigen Richtlinien von oben und einer Einforderung dieser Richtlinien von der Belegschaft. Wenn eine Firma wie ein Uhrwerk funktionieren soll, müssen die Zahnräder reibungsfrei ineinander greifen.

    Diversity on Board
    Geeignete Kriterien für eine professionelle Personalbesetzung werden heute mit dem Schlagwort "Diversity on Board" zusammengefasst. Es geht hier nicht vorrangig um die Forderung nach mehr Frauen in den Gremien - obwohl auch das ein wichtiger Aspekt ist. Gefragt sind unterschiedliche Kompetenzen und Charaktere, die sich gegenseitig ergänzen. Und immer häufiger werden in die Aufsichts- und Beiräte von AGs und GmbHs Mitglieder berufen, die sich nicht nur zuvor operativ bewährt haben, sondern auch nachweislich die nötigen Talente für ihre Aufgabe mitbringen.

    Überdies benötigen Mitglieder von Kontrollgremien neben ihrer Erfahrung auch eine ausgeprägte soziale Intelligenz. Weder der Aufsichtsratsvorsitzende noch der Präsidialausschussvorsitzende sollte sich als Chef inszenieren. Zurückhaltung und gelebte Wertschätzung erfordern viel Fingerspitzengefühl, öffentlich wie intern. Denn wenn der Aufsichtsrat die Arbeit des Vorstands hinterfragt, prallen fast immer starke Persönlichkeiten aufeinander.

    Kernaufgaben des Aufsichtsrats
    Die bekannten Kernaufgaben eines Aufsichtsrats bestehen aus der Bestellung und Abberufung der Vorstände oder Geschäftsführer, der Festsetzung ihrer Vergütungen sowie der Überprüfung der Jahresabschlüsse. Er prägt die Geschäftsordnung und übernimmt eine besondere Verantwortung bei zustimmungspflichtigen Geschäften.

    Darüber hinaus ist er aber auch für die Überwachung des Risikomanagements und des Compliance Management Systems verantwortlich. Er muss wissen, ob der Finanzbedarf des Unternehmens für die anstehenden Jahre vollständig erfasst ist. Zudem kennt er sich in der (Finanzmarkt-)Kommunikation aus und ist wichtiger Strategieberater des Vorstands.

    Es gibt Lichtblicke
    Bei aller Kritik wird oft verkannt: Die Aufsichtsräte der deutschen Immobilienwirtschaft sind auf einem guten Kurs, gerade hinsichtlich ihrer Unabhängigkeit und Kompetenz. Die 2002 gegründete Initiative Corporate Governance (ICG) erlangt seit einiger Zeit erkennbar an Bedeutsamkeit. Mit der ICG Real Estate Board Academy werden zwei aufeinander aufbauende Fortbildungen angeboten, die sich speziell an erfahrene Aufsichts- und Beiräte richten, um deren Expertise weiter zu verfeinern.

    Unterstützt vom Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA), der nach einer langen Zeit ohne bedeutsamen Zugang zur Politik nun endlich an Einfluss gewinnt, ist hier ein Selbstregulierungsprozess in Gang gekommen, wie er schon vor Jahren in der Branche der Immobilienbewerter eingetreten war.

    Einen ersten Selbsttest bietet übrigens die Deutsche Börse AG an. Auf deren Website findet sich eine Auswahl von einhundert Prüfungsfragen, die von Aufsichtsräten richtig beantwortet werden müssen, damit die Deutsche Börse sie zertifiziert: etwa, worüber sich der Aufsichtsrat berichten lassen muss (§90 AktG), über wichtige Punkte zum Thema Innenhaftung (§93.2 AktG) oder zur inneren Ordnung des Aufsichtsrats (§107.3 AktG). Auch Laien können dort einen Einblick erhalten, welche Kompetenzen für dieses Amt nötig sind.




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    Die Immobilienbranche ist breit gefächert: Vom Verwalter über den Makler hin zu Bestandshaltern und Projektentwicklern ist alles dabei. Außerdem gibt es zahlreiche Spezialisten in den einzelnen Nutzungsarten Wohnen, Büro, Einzelhandel, Hotel oder Logistik. An dieser Stelle veröffentlichen verschiedene Immobilienexperten aus unterschiedlichen Bereichen zu aktuellen Themen rund um die Immobilie.
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    Aufsichtsräte Neupositionierung von Aufsichtsräten in der Immobilienwirtschaft Sie gelten als unterbezahlt und eitel, die Gründe für ihre personelle Zusammensetzung scheinen oft zwielichtig: Das Image deutscher Aufsichtsräte ist denkbar schlecht. Vorausschauend sollen sie ihr Unternehmen beaufsichtigen, und wenn etwas misslingt, wegen ihrer vermuteten Mitschuld persönlich haften. Gewiss, die Expertise eines fachkundigen Aufsichtsrats in der Immobilienwirtschaft ist zwar zunehmend gefragt, aber wehe, er greift in das Unternehmensgeschehen ein.

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