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     3726  0 Kommentare Prolongation einer Baufinanzierung öffnet Tür zum Widerrufsjoker

    Aufgrund des Ansturms von Verbrauchern, die ihre Baufinanzierung widerrufen haben, hat der Gesetzgeber Mitte 2016 den Widerruf von älteren Darlehen (abgeschlossen vor Juni 2010) ausgeschlossen. Doch es gibt eine Lücke, mit der Sie auch heute noch einen solchen Kredit angreifen können. Voraussetzung ist, dass das Darlehen verlängert (prolongiert) wurde. Dann kann der Widerrufsjoker weiterhin stechen.

    Gute Nachrichten für alle Immobilienbesitzer, die eine bestehende Baufinanzierung im Wege des Fernabsatzes verlängert haben. Sie können weiterhin den Widerrufsjoker nutzen und damit aus einer teuren Baufinanzierung aussteigen. Voraussetzung ist, dass der Kunde lediglich postalisch oder per Mail ein Prolongationsangebot seiner Bank bekommen hat und dieses unterschrieben zurückgeschickt hat, ohne dabei in der Bankfiliale gewesen zu sein. In diesem Fall greift der gesetzliche Ausschluss des Widerrufsrechts für Immobilienkredite nicht.

    Dies zeigt auch ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek (Az.: 715 C 53/16), obwohl das ursprüngliche Darlehen bereits in 1997 geschlossen und somit sogar vor Einführung des Widerrufsrechts für private Verbraucherdarlehen. Entscheidend für das Urteil war jedoch nicht das Ursprungsdarlehen, sondern eine Verlängerung (Prolongation), die im Fernabsatz abgeschlossen wurde.

    Denn ein Vertrag, den ein Verbraucher abschließt, ohne in den Räumen des Kreditinstituts gewesen zu sein, fällt unter das sogenannte Fernabsatzrecht. Hier gelten besonders strenge Regeln, was den Schutz des Verbrauchers angeht. Verbraucher müssen auf jeden Fall über ihr Widerrufsrecht für solche Verträge belehrt werden.

    Die Erfahrungen der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) zeigen jedoch, dass die meisten Kreditinstitute keine entsprechende Belehrung vorgenommen haben, wenn es um die Verlängerung einer Baufinanzierung ging. Stattdessen wurde dem Kunden häufig nach Ablauf der Zinsbindung lediglich ein kurzes Dokument zugeschickt, das mit „Konditionenneuvereinbarung“ oder „Anschlusszinsvereinbarung“ überschrieben ist. Dort sind die neuen Eckdaten des Kredits (Zinssatz, Tilgung, Laufzeit) festgehalten. Das Schreiben enthält jedoch keine Widerrufsbelehrung und wird vom Kunden unterschrieben und zurückgeschickt. Fertig ist die neue Baufinanzierung, die den Kunden dann weitere 10 oder 15 Jahre an den vereinbarten Zinssatz bindet.

    Doch hier haben die Banken einen entscheidenden Fehler gemacht: Denn für eine solche Prolongation, die lediglich postalisch (oder per Fax) vorgenommen wird, ist eine Widerrufsbelehrung für den Fernabsatz nötig. Diese fehlt jedoch in den meisten Fällen. Damit ist diese Verlängerung der Baufinanzierung für den Kunden mit Hilfe des sogenannten Widerrufsjokers widerrufbar. Das hat auch das Landgericht Nürnberg-Fürth entschieden (Urteil vom 08. Dezember 2014 – 6 O 3699/14). Bei einem erfolgreichen Widerruf erfolgt eine Rückabwicklung der Prolongation. In der Regel kann der Kunde dadurch sofort aus dem Darlehen aussteigen und kann die aktuellen Niedrigzinsen für eine Umschuldung nutzen.

    Besonders interessant ist das für jene Immobilienbesitzer, die eine bestehende Baufinanzierung wie beschrieben verlängert haben und bei denen diese Prolongation heute noch läuft. Dabei ist es unerheblich, wann der ursprüngliche Kreditvertrag abgeschlossen wurde und wann die Prolongation vorgenommen wurde – solange diese noch läuft. Die bekannten Fristen rund um den Widerrufsjoker (gültig nur für Verträge nach November 2002; kein Widerruf mehr möglich für Darlehen vor Juni 2010) gelten in diesem Fall nicht. Denn sie beziehen sich auf Regelungen für Immobilienkredite. Bei einer fehlerhaften Prolongation gilt jedoch das Fernabsatzrecht, das diese Fristen nicht kennt.

    Immobilienbesitzer, die eine solche bereits prolongierte Baufinanzierung besitzen, können mit Hilfe der Interessengemeinschaft Widerruf unter www.widerruf.info kostenlos und unverbindlich prüfen lassen, ob der Widerrufsjoker in ihrem Fall noch greift. Dabei erfahren Sie auch, wie Sie vorgehen müssen, um erfolgreich aus dem laufenden Darlehen auszusteigen. Gleichzeitig prüfen wir auch, ob eine Rechtsschutzversicherung für die Kosten eines möglichen Rechtsstreits mit der Bank aufkommen muss.

    Verbraucher, die eine bestehende Baufinanzierung prolongiert haben und die aktuellen Niedrigzinsen für eine sofortige Umschuldung nutzen wollen, sollten daher prüfen lassen, ob der Ausstieg mit Hilfe des Widerrufsjokers für Sie möglich ist. 


    Roland Klaus
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    Roland Klaus arbeitet als freier Journalist und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerrufsjoker informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen, Kfz-Krediten und Lebensversicherungen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buches Wirtschaftliche Selbstverteidigung.

    Sie erreichen Ihn unter www.widerruf.info
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    Verfasst von Roland Klaus
    Prolongation einer Baufinanzierung öffnet Tür zum Widerrufsjoker Aufgrund des Ansturms von Verbrauchern, die ihre Baufinanzierung widerrufen haben, hat der Gesetzgeber Mitte 2016 den Widerruf von älteren Darlehen (abgeschlossen vor Juni 2010) ausgeschlossen. Doch es gibt eine Lücke, mit der Sie auch heute noch einen solchen Kredit angreifen können. Voraussetzung ist, dass das Darlehen verlängert (prolongiert) wurde. Dann kann der Widerrufsjoker weiterhin stechen.

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