Agrarrohstoffe
Ernten richtig einfahren
Sosehr etliche Rohstoffe in den vergangenen zwölf Monaten mit Gewinnen glänzten, so düster sieht es bei den sogenannten Soft Commodities aus. Während die Preise etwa für Kupfer, Blei und
Zink im dreistelligen Prozentbereich zulegten, liegen die Notierungen im Agrarbereich beispielsweise bei Weizen mit 20 Prozent im Minus, mit Schweinen wurden auf Jahressicht 14 Prozent weniger
verdient und mit Mais rund zehn Prozent. Der breite Index GSCI Agriculture liegt auf Jahressicht unter zehn Prozent im Plus.
Lesen Sie auch
Doch auch im Agrarbereich gibt es leuchtende Ausnahmen: Der Zuckerpreis notierte vergangene Woche gut 90 Prozent über dem des Vorjahres, Baumwolle musste um fast 80 Prozent teurer
eingekauft werden, und Kakao kostete etwa ein Fünftel mehr als vor einem Jahr. Und die Rally geht wohl weiter. Zumindest bei Zucker. Nachdem der Preis für den süßen Stoff gerade sein 20-Jahres-Hoch
erreicht hatte, ging es zwar sechs Tage bergab. Doch Rohstoffhändler gehen davon aus, dass sich vor allem Spekulanten, die nicht an der tatsächlichen Lieferung von Zucker interessiert sind, von
ihren Kontrakten trennten. Typisch für Agrarrohstoffe ist, dass die Mengen, die mit Derivaten gehandelt werden, weit über dem tatsächlichen Rohstoffangebot weltweit liegen.
Neuen Schwung in den Zuckerkurs brachte am Mittwoch jedoch die Meldung, dass die Internationale Zuckerorganisation ihre Prognose für den Bedarf von 7,3 Millionen Tonnen 2010 auf 9,4
Millionen erhöht hat, den die Zuckerernte 2009/10 aber nicht decken könne. Schon vergangenes Jahr hatte sich der Zuckerpreis verdoppelt, weil erst eine Dürre und dann ein außergewöhnlich starker
Monsun die Ernten des weltgrößten Zuckeranbauers Indien beeinträchtigt hatten. Auch im zweitwichtigsten Anbaugebiet Brasilien setzten ungewohnt starke Regenfälle der Zuckerernte schwer zu. Zudem
haben die Südamerikaner seit den Notzeiten während der Ölkrise in den 1970er-Jahren eine gut ausgebaute Infrastruktur. Die erlaubt bei sinkenden Zuckerpreisen die Umwandlung des süßen Guts zu
Ethanol in den den Zuckermühlen angeschlossenen Destillen. Den Biosprit schlucken 80 Prozent aller heimischen Autos problemlos. Steigt der Ölpreis stark an, kann selbst ein hoher Zuckerpreis nicht
verhindern, dass die Produzenten lieber Tankstellen als Supermärkte bedienen.