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Europäer haben in Schwellenländern Nase vor der US-Pharmakonkurrenz
FRANKFURT (dpa-AFX) - Europäische Pharmakonzerne haben in den schnell wachsenden Schwellenländern wie China, Indien oder auch Brasilien einen deutlichen Vorsprung vor der US-amerikanischen Konkurrenz. Dies geht aus einer Studie der Ratingagentur Standard & Poor's hervor. Der britische Pharmakonzern AstraZeneca , die französische Sanofi oder die ebenfalls britische GlaxoSmithKline nähmen bei verschreibungspflichtigen Medikamenten in China die Ränge eins bis drei ein, sagte Olaf Tölke, Kreditanalyst und Leiter des Pharmateams bei Standard & Poor's in Europa am Mittwoch in Frankfurt.
Der steigende Wohlstand in den Emerging Markets gehe mit einer Zunahme von Volkskrankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder auch Krebserkrankungen einher. Diese traten früher vorwiegend in den USA und Europa auf. In China erkrankten heute jährlich 2,2 Millionen Patienten neu an Krebs, an Diabetes litten 2010 rund 92 Millionen Erwachsene. 2030 könnte deren Zahl auf 130 Millionen steigen. Neben der Zunahme typischer Zivilisationskrankheiten führe die zunehmende Landflucht und die Alterung der Bevölkerung dazu, dass China schon 2015 nach den Vereinigten Staaten zum zweitgrößten Pharmamarkt aufsteigen werde.
Während viele europäische Arzneimittelhersteller in den etablierten Märkten Europas mit sinkenden Umsätzen durch die Sparbemühungen der Regierungen zu kämpfen hätten, würden in den sogenannten Emerging Markets Wachstumsraten von 10 bis 15 Prozent verbucht. Das Risiko sinkender Umsätze durch Patentabläufe sowie der Preisdruck durch die staatlichen Sparbemühungen in Europa können nach Einschätzung Tölkes durch die Expansion in Schwellenländer sowie durch eine breitere Aufstellung abgefedert werden. Sanofi setzt neben seinen patentgeschützten Medikamenten auf Generika, Impfstoffe, rezeptfreie Mittel (OTC) sowie Tiermedizin. Auch der Schweizer Pharmakonzern Novartis oder auch Bayer sind breiter aufgestellt.
Bei Sanofi steuerten die Schwellenländern 2011 bereits rund ein Drittel zum Konzernumsatz bei. Der Konzern ist mit den in Frankfurt-Höchst produzierten Medikamenten gegen Diabetes weltweit die Nummer zwei nach der dänischen Novo Nordisk. Rund um den Globus leiden rund 285 Millionen Erwachsene an der Krankheit. Die Zahl wird nach Berechnungen der Internationalen Diabetes-Gesellschaft (IDF) in den kommenden zwanzig Jahren auf gut 390 Millionen steigen.
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Ein Grund, warum die US-Konzerne bisher nicht in nennenswertem Ausmaß in den Schwellenländern vertreten seien, sei die Größte des eigenen Marktes und die Tatsache, dass die USA mit Abstand die höchsten Ausgaben für Gesundheit weltweit hätten. Amerikanische Pharmaunternehmen würden im Schnitt noch rund 40 Prozent ihrer Umsätze auf dem Heimatmarkt verbuchen. Laut Branchendienst Evaluate Pharma lag der Anteil der USA am weltweiten Pharmamarkt mit einem jährlichen Umsatz von rund 845 Milliarden Dollar 2010 bei 40 Prozent. 2015 dürfte er auf 32 Prozent sinken, während die Emerging Markets einen Anstieg von 18 auf 28 Prozent verbuchen dürften./ep/jha/kja