Umschichtungen - oder wer verkauft denn hier?
Man kann in den vergangenen Tagen eine klare Divergenz zwischen der Entwicklung des DAX und der US-Indizes erkennen. Nutzen wir diese Divergenz dazu, heute einmal die Vielschichtigkeit der Interpretationen zum Börsengeschehen aufzuzeigen. Immer mit dem Hintergrund: Vermeiden Sie es, allzu schnell Überzeugungen aufzubauen!
Zunächst jedoch zu der genannten Divergenz:
In Blau sehen Sie den S&P500 - die schwarz-roten Kerzen stellen den DAX dar. Ganz deutlich kann man erkennen, dass sich die Indizes seit Ende Februar in verschiedene Richtungen bewegen. Da fragt sich natürlich der geneigte Anleger: Wie kann das sein? Der US-Markt fungiert seit vielen Jahren als Leitbörse, daran wird sich doch nichts geändert haben?
Die erste Idee
In einer ersten Reaktion würde man vielleicht auf die Idee kommen, dass es hier zu Umschichtungen zugunsten der US-Indizes gekommen ist. Auch ein sehr plausibler Grund dafür wäre schnell gefunden: Institutionelle Anleger ziehen aus Angst vor einer Eskalation der Krim-Krise Geld aus Europa ab und schichten es in US-Indizes um.
Prompt hat man eine plausible Erklärung, die jedem sofort einleuchten wird. Doch so einfach ist es nicht.
Sie müssen eine These, mag sie noch so einleuchtend sein, durch weitere Faktoren bestätigen.
Die Währungsseite
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Wenn es zu Umschichtungen aus Europa in die USA gekommen wäre, würde das bedeuten, dass zum Beispiel US-Anleger den Euro quasi verkauft und den Dollar gekauft hätten. Eine solche Umschichtung müsste also in Form einer Schwäche des Euros zum Dollar erkennbar sein. Also schauen wir uns den Euro-Dollar-Chart an:
Wir erkennen dabei schnell, dass im Euro von Schwäche keine Rede sein kann. Er ist vielmehr sogar gerade dabei, seinen langjährigen großen Abwärtstrend zu überwinden und befindet sich zudem seit Mitte 2012 in einem klaren und sauberen Aufwärtstrend. Offensichtlich wird also kein Geld abgezogen. Und wenn die großen Adressen Sorge um eine Eskalation hätten, würde auch ohne eine Umschichtung aus dem DAX allein über die Währungsspekulanten eine Flucht in die übliche Krisenwährung, nämlich den Dollar, erkennbar sein. Die oben genannte zunächst so plausible These scheitert hiermit an der Währungs-Realität.