Richtungsweisende Entscheidung zu neuem Arzneimittel gegen Hepatitis
BERLIN (dpa-AFX) - Das höchste Gremium des Gesundheitswesens in Deutschland fällt an diesem Donnerstag eine richtungsweisende Entscheidung zu einem neuen Hepatitis-Medikament. Der Gemeinsame Bundesausschuss von Krankenkassen, Ärzten und Kliniken entscheidet darüber, als wie nützlich ein bestimmter neuer Wirkstoff offiziell eingestuft wird.
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft stellte bereits fest, dass der Wirkstoff Sofosbuvir in Kombination mit anderen Mitteln bei Hepatitis-C-Patienten "deutlich häufiger zu anhaltender Viruselimination" führe als bereits länger erhältliche Medikamente. Die Heilungschance steigt demnach durch das neue Mittel stark an.
Dennoch kann es sein, dass der Bundesausschuss keine entsprechend gute Bewertung gibt. Wichtig ist die Entscheidung, weil sie laut dem Arzneimittelgesetz AMNOG eine zentrale Grundlage ist für die Verhandlungen des Krankenkassen-Spitzenverbands mit dem Hersteller über den Erstattungspreis, den die Kassen für das Mittel bezahlen. Für eine 24-wöchige Therapie mit dem neuen Mittel fallen heute Kosten von rund 120 000 Euro an.
Der Grund für die Spannung in der Branche vor der Entscheidung liegt in einer Beurteilung eines offiziellen Arznei-Prüfinstituts, die dem Bundesausschuss als Basis seiner Entscheidung vorliegt. Dieses Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) war zu dem zurückhaltenden Ergebnis gekommen, dass es für Patienten durch das neue Mittel ein Zusatznutzen gegenüber einer älteren Therapie gebe - dieser jedoch nicht genauer bestimmbar sei.
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Grund für die zurückhaltende Bewertung des IQWiG sind vor allem mangelnde Erfahrungen über längere Zeit mit Patienten, die das neue Mittel genommen haben - im Vergleich zu Mitteln, die ein älteres einnahmen. Kritiker monieren, es sei von Patienten aber nicht zu verlangen, aus Studienzwecken lediglich die älteren Mittel zu nehmen und auf Sofosbuvir zu verzichten. Die älteren Präparate haben weit höhere Nebenwirkungen. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die schwelenden Streitfragen, wie wichtig eine umfassende Studienlage bei den Arzneibewertungen zu gewichten ist und wie sehr am Ende die Erstattungspreise gedrückt werden können.
Ein Teil der Hepatitis-C-Infizierten entwickeln nach 20 bis 25 Jahren eine Leberzirrhose. Diese Patienten haben auch ein hohes Risiko, ein Leberzellkarzinom zu entwickeln. Konkret stellte das IQWiG fest, das Ausmaß des Zusatznutzens von Sofosbuvir sei nicht quantifizierbar, "da unklar ist, wie häufig tatsächlich das Auftreten von Leberkrebs vermieden werden kann".
Außerdem befasst sich der Bundesausschuss damit, in welchen Fällen Patienten Arztverordnungen für ein Hörgerät brauchen./bw/DP/zb