IWF-Zahlung verschoben
Sambia-Option verschafft Griechenland etwas Zeit - Die Zitterpartie geht weiter
Griechenland zieht in letzter Minute den Aufschubs-Joker beim IWF und verschafft sich etwas Zeit. Die Hängepartie um die Rettung des pleitebedrohten Landes geht damit in die nächste Runde.
Irgendwie strahlt die Griechenland-Krise auch eine gewisse Verlässlichkeit aus. Alles scheint nach dem ewig gleichen Muster abzulaufen: Erst wird das „Endspiel“ ausgerufen, dann kommt die alles entscheidende „Schicksalswoche“, an deren Ende Griechenland endgültig pleite sein könnte. Weil das so ist, gibt es Mitte der Woche ein letztes, wirklich allerletztes Angebot – ein „Friss oder stirb“-Angebot. Dann ist plötzlich Freitag, der Tag, an dem sich alles entscheiden soll. Und was passiert? Nichts. Stattdessen verlängert man die Hängepartie auf ein Neues.
Sambia-Option verschafft Athen etwas Luft
Eigentlich hätte Griechenland an diesem Freitag rund 300 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) überweisen müssen. Aber quasi in letzter Minute zog die griechische Regierung den Aufschubs-Joker, auch Sambia-Option genannte (siehe hier). Diese Option, nach dem bisher einzigen Land benannt, dass sie je wahrnahm, ermöglicht es Athen, die fälligen Zahlungen in einem Paket zu bündeln. Der IWF gab grünes Licht und gewährte Griechenland damit einen Tag vor der nächsten fälligen Tilgungsrate einen Zahlungsaufschub. Athen dürfe nun alle vier im Juni fälligen Raten gebündelt überweisen, teilte der IWF am Donnerstag in Washington mit. Laut „dpa-AFX“ will Griechenland die knapp 1,6 Milliarden Euro am 30. Juni überweisen. Athener Experten werteten diese Lösung als Schritt auf dem Weg, eine Einigung mit den Geldgebern mehr nach griechischen Vorstellung zu erreichen.
Steuererhöhungen im Austausch für weitere Finanzhilfen
Medienberichten zufolge soll inzwischen tatsächlich Bewegung in die Verhandlungen gekommen sein. Laut „Tagesspiegel“ soll Tsipras bereit sein, im Gegenzug für weitere Finanzhilfen kräftig die Steuern zu erhöhen. Eine Sondersteuer auf Konzerngewinne solle über eine Milliarde im Jahr einbringen, eine Luxussteuer 30 Millionen und eine „Solidaritätssteuer“ schon im laufenden Jahr 220 Millionen Euro. Tsipras habe zudem Privatisierungen und die Abschaffung der Frührenten ab 50 vorgeschlagen. Reformen und Privatisierungen sollen bis 2020 rund elf Milliarden Euro in die Staatskasse spülen. Der „Tagesspiegel“ veröffentlichte das Vorschlagspapier im Internet.
Bereits gestern hatte die „Welt“ berichtet, Brüssel wolle das Ende Juni auslaufende Rettungsprogramm für Griechenland um mehrere Monate bis in den Herbst verlängern (siehe: Wird das zweite Rettungspaket für Griechenland bis Herbst verlängert?). Dann könnte ein alter Vorschlag Griechenlands wieder aufgegriffen werden, wonach die ungenutzten 10,9 Milliarden Euro für die Bankenrettung Griechenlands umgewidmet werden sollen. Dies könne Athen über den Sommer retten. Das ungenutzte Geld floss an den Euro-Rettungsschirm EFSF zurück. Voraussetzung für die Umwidmung sei allerdings eine Verlängerung des Ende Juni auslaufenden Rettungsprogramms für Griechenland, wozu die Zustimmung des Bundestags nötig sei.
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Tsipras erklärt sich im Parlament
Mit Spannung wird am Freitag die Rede Tsipras‘ vor dem griechischen Parlament erwartet. Dort will der griechische Regierungschef über die Verhandlungen informieren. Spannend dürfte dabei auch sein, wie seine Partei auf den Verhandlungsstand reagieren wird. Der Regierungskurs Tsipras‘ ist innerhalb Syrizas nicht unumstritten (wallstreet:online berichtete). Vor allem der linke Parteiflügel spricht sich gegen Zugeständnisse an die Gläubiger aus. Einige Vertreter fordern vorgezogene Parlamentswahlen.