Pfizer schluckt Allergan
Megafusion perfekt! Viagra und Botox schmieden neues Pharma-Imperium
Zunächst war es nur ein Gerücht, nun scheint der Deal in trockenen Tüchern: Viagra-Hersteller Pfizer gönnt sich eine Botox-Kur und schluckt Allergan. Die Aufsichtsgremien beider Pharmaunternehmen hätten der Übernahme bereits zugestimmt. Doch das letzte Wort haben die Kartellbehörden.
Eine der spektakulärsten Übernahmen aller Zeiten steht offenbar unmittelbar bevor. Über 150 Milliarden US-Dollar soll die Fusion zwischen Viagra-Hersteller Pfizer und dem Botox-Produzenten Allergan kosten. Eine wichtige Hürde hat die Megaübernahme bereits genommen. Wie das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf Insider vermeldete, hätten beide Aufsichtsgremien der Transaktion am Sonntag zugestimmt. Auch die Nachrichtenagentur „Bloomberg“ berichtete über einen bevorstehenden Abschluss. Mit der Übernahme entstünde der weltgrößte Pharmakonzern mit einem Jahresumsatz von mehr als 60 Milliarden Dollar. Seit Oktober wird über einen entsprechenden Deal verhandelt (Mehr dazu hier: Viagra goes Botox – Pfizer will Allergan schlucken).
Die Unternehmen haben die Medienberichte inzwischen bestätigt. Auf der Website von Allergan heißt es, die Fusion soll bis Ende 2016 abgeschlossen sein. Demnach sollen 11,3 Pfizer-Papiere je Aktie erhalten. Gemessen am Schlusskurs vom Freitag in Höhe von 32,18 Dollar würde damit eine Allergan-Aktie mit knapp 364 Dollar bewertet. Die Aktionäre von Pfizer sollen unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit einer kleiner Barvergütung erhalten. In der vergangenen Woche hatte „Bloomberg“ bereits berichtet, dass Pfizer zwischen 370 und 380 Dollar je Allergan-Anteil auf den Tisch legen will. Damit würde der Botox-Produzent mit bis zu 150 Milliarden Dollar bewertet. Pfizer selbst kam zuletzt auf knapp 200 Milliarden Dollar.
Steuervorteile durch Megafusion
Pfizer verspricht sich durch den Zukauf eine breitere Produktpalette, aber vor allem auch steuerliche Vorteile. Um diese zu sichern, solle die Transaktion so gestaltet werden, dass Allergan mit dem
steuerlich günstigeren Firmensitz in Irland formell den größeren Konzern aus New York kauft. Laut Analysten könnte die Steuerlast so möglicherweise deutlich gesenkt werden. Die beiden Unternehmen
hatten Ende Oktober Gespräche über einen möglichen Zusammenschluss bestätigt.
Allergan, ursprünglich ebenfalls eine US-Firma, hatte nach der Übernahme durch den irischen Konzern Actavis seinen Firmensitz nach Dublin verlegt. Gleichzeitig hatte sich Actavis nach der Übernahme
aber in Allergan umbenannt. Pfizer hatte bereits im vergangenen Jahr einen ähnlichen Versuch unternommen, Steuern zu drücken und dabei auch Actavis ins Visier genommen (wallstreet:online berichtete). Mit der Übernahme von Allergan geht Pfizers Plan nun also doch noch
auf.
US-Behörden haben das letzte Wort
Doch auch im Fall Allergan ist die Sache noch längst nicht über den Tisch. Das US-Finanzministerium könnte den Pharmaunternehmen einen Strich durch die Rechnung machen. Dieses hatte erst in der vergangenen Woche einen Brief über die Behandlung von im Ausland erzielten Gewinnen veröffentlicht. Das Steuersparmodell der Konzerne ist der Regierung schon lange ein Dorn im Auge (siehe: Konzerne horten Billionen in Steueroasen – OECD will den Steuertricksern jetzt an den Kragen). Zudem müssten die Kartellbehörden den möglichen Deal genehmigen. Allergan rechnet Anfang des Jahres mit einer Entscheidung.
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2015 ist ein weiteres Rekordjahr beim Übernahmevolumen in der Pharmabranche. Schon jetzt liegt dieses nach Bloomberg-Daten mit mehr als einer halben Billion US-Dollar über dem Rekordwert des Vorjahres. Die großen Konzerne wie Pfizer, Merck & Co oder die Schweizer Novartis und Roche stehen oft wegen auslaufender Patente für Verkaufsschlager unter Druck. Dabei werden die Lücken im eigenen Portfolio durch Übernahmen geschlossen.
Allergan-Übernahme wohl nur ein Etappenziel
Der Übernahmehunger in der Pharmabranche wird zusätzlich durch Sparmaßnahmen der Regierungen im Gesundheitssystem befeuert. Besonders lukrativ erschienen in den USA zuletzt Unternehmen aus der Biotechnologie, die als Schlüssel für neue Medikamente gilt. Auch der Trend zur Spezialisierung nährt die Übernahme-Welle. Während sich früher etwa große Pharmakonzerne durch ein breites Produktportfolio auszeichneten, gilt heute eine kritische Größe in besonders lukrativen Teilbereichen - wie etwa Krebstherapie - als Königsweg. Zahlreiche Konzerne spalten sich deshalb auf oder tauschen Geschäftsbereiche untereinander aus. Das schafft neue Unternehmen und lockt Interessenten.
Auch Pfizer setzt offenbar nicht auf Dauer auf einen Mega-Verbund mit Allergan. Sollte die Rekordübernahme zwischen Pfizer und Allergan gelingen, könnte sich Pfizer danach in zwei Konzerne aufspalten. Einer davon würde sich auf patentgeschützte Mittel konzentrieren und der andere auf ältere Medikamente.