Deutsche Bank warnt
Euro-Zone droht „die größte Kapitalflucht der Geschichte“
Die Deutsche Bank geht unter die Crash-Propheten und warnt die Euro-Zone vor der größten Kapitalflucht der Geschichte. Die Warnung hat es in sich, die Begründung ebenso – Aber lesen Sie am besten selbst.
Düstere Wachstumsaussichten, enttäuschende Konjunkturzahlen, dazu geldpolitische Maßnahmen, die einfach nicht zünden wollen – die perfekten Bedingungen für alle Crash-Propheten, jene Experten, die nie müde werden, vor einem neuen Börsencrash zu warnen. Und ehrlich gesagt kann man angesichts der Fülle an Crash-Prophezeiungen inzwischen durchaus den Überblick verlieren: Ob 10.000 Punkte-Crash, Tech-Crash oder Zins-Crash – die Message ist immer die gleiche: Achtung, wir sind dem Untergang geweiht. Weil das so ist, verhallen die meisten Warnungen der Crash-Propheten im Nichts – zu oft gehört, zu oft ist nichts passiert.
Aber dieses Mal könnte alles anders sein. Denn der Crash-Prophet ist nicht irgendwer, sondern der zweitgrößte Devisenhändler der Welt. Das, so die „Welt“, verleihe der Crash-Prognose ein ganz besonderes Gewicht.
Die Rede ist von der Deutschen Bank. Und die schlägt Alarm: Der Euro-Zone drohe die größte Kapitalflucht der Geschichte.
Euro könnte bald nur noch 95 US-Cent wert sein
Anfang September sorgte Goldman Sachs mit einem Szenario für Aufsehen, wonach der Euro in einigen Jahren Parität mit dem US-Dollar erreichen werde. Wie wallstreet:online damals berichtete, rechnet man bei Goldman Sachs damit, dass ein Euro Ende 2017 genau ein US-Dollar wert sein wird – zum ersten Mal seit seiner Einführung als physische Währung.
Die Deutsche Bank setzt nun noch einen drauf: Als einziges Finanzinstitut hält sie eine Abwertung um fast 25 Prozent für möglich. Nach Ansicht der Deutschen Bank könnte der Euro demnach im Jahr 2017 sogar unter die Ein-Dollar-Grenze rutschen. Sollte die Gemeinschaftswährung dann tatsächlich nur noch 95 US-Cent wert sein, wie es die Deutsche Bank prophezeit, wäre es ein Absturz des Euro von noch nie da gewesenem Ausmaß.
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Die Prognose der Deutsche Bank ist ein Paukenschlag, keine Frage. Doch im Unterschied zu vielen anderen Untergangsszenarien hat die Begründung des Währungsstrategen der Deutschen Bank, George Saravelos, durchaus Hand und Fuß.
Angst vor „Japanifizierung“
Woran denken Sie, wenn Sie folgende Begriffe lesen? Düstere Wachstumsaussichten, mangelnde Binnennachfrage, Rekordexportüberschuss, starke heimische Währung und schrumpfende Kreditvergabe. Nein, die Rede ist nicht von der Euro-Zone, sondern von Japan, genauer gesagt dem Japan der 1990er-Jahre. Auf das Wirtschaftswunder der 1980er-Jahre folgten damals zwei harte Jahrzehnte der Stagnation. Aber eben weil die damaligen Probleme so erschreckend ähnlich klingen wie die momentane Lage in Europa, fürchten viele eine „Japanifizierung“ der Euro-Zone. (Lesen Sie hierzu auch: Droht Deutschland das Gespenst der „Japanifizierung“?)
Saravelos jedenfalls hält laut „Welt“ die Situation der Euro-Zone für vergleichbar mit den verlorenen Dekaden Japans und rechnet daher mit einer dauerhaften Stagnation in der Währungsgemeinschaft. Der Grund ist eine gefährliche Abwärtsspirale.
Investoren kehren Europa den Rücken
In der Vergangenheit sorgten vor allem ausländische Investoren für einen stabilen Euro, indem sie nach der Finanzkrise wieder vermehrt in die Euro-Zone investierten. Das bescherte nicht nur den Börsen steigende Aktienkurse, auch die Renditen für Staatsanleihen fielen auf immer neue Tiefstände. Doch was den Euro in den vergangenen Monaten beflügelte, dürfte nun gleichzeitig auch der Grund für seinen Sinkflug sein.
Saravelos‘ These zufolge würden extrem niedrige Wachstumsraten sowie äußerst niedrige Zinsen dazu führen, dass Investoren der Euro-Zone den Rücken kehren und sich stattdessen lukrativeren Märkten zuwenden, weil sie dort bessere Renditen erzielen könnten. Diese Kapitalflucht würde die Gemeinschaftswährung schwächen.
EZB als Buhmann
Keine Crash-Prophezeiung ohne Schuldzuweisung und so hat auch die Deutsche Bank natürlich längst einen Schuldigen für die Misere ausgemacht. Und wer könnte es anderes sein als, Sie ahnen es, die Europäische Zentralbank (EZB) höchstpersönlich. Sie sei der „maßgebliche Initiator der Kapitalflucht“, da sie „mit den künstlichen niedrigen Zinsen und den negativen Einlagensätzen die Anleger geradezu ins Ausland treiben (würde)“, schreibt die „Welt“.
Für Saravelos und die Deutsche Bank ist deshalb klar: „Es wird wohl zur größten Kapitalflucht in der Geschichte der Finanzwelt kommen. Die Euro-Schwemme heißt nichts anderes, als dass Europa zum Kapitalexporteur des 21. Jahrhunderts wird.“