Bund-Future und das Mysterium “160″ - Seite 2
Der Bund-Future ist ein Kontrakt, der sich auf eine imaginäre Bundesanleihe mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einem Kupon von sechs Prozent bezieht. Erwirbt ein Anleger eine Anleihe zu einem Kurs von 160, die am Ende der zehnjährigen Laufzeit zu 100 getilgt wird und die über die Laufzeit jährlich einen Kupon von sechs Prozent zahlt, fließen dem Anleger Zahlungsströme in einer Summe von 160 zu. Der Anleger erzielte somit theoretisch also eine Rendite von exakt null Prozent.
Nun, da sich die zehnjährigen Bundrenditen tatsächlich von oben der Nulllinie nähern, musste konstatiert werden, dass der Bund-Future bereits schon die magische Marke von 160 überschritten hat (so geschehen beispielsweise am 26. Februar dieses Jahres und gestern), obwohl zehnjährige Bundrenditen noch positiv waren. Wie kommt dies zustande? Zur Beantwortung dieser Frage erklären wir die genaue Funktionsweise des Bund-Futures.
Bund-Future-Kurs basiert auf Cheapest-To-Deliver-Anleihe
Bei Fälligkeit des Future-Kontraktes obliegt es dem Verkäufer des Futures dem Käufer eine zehnjährige Bundesanleihe mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einem Kupon von sechs Prozent anzuliefern. Da eine derartige Anleihe in aller Regel nicht existiert, wählt die Eurex tatsächlich emittierte Anleihen aus, mit denen der Verkäufer seinen Lieferverpflichtungen nachkommen kann. Bedingung bei der Auswahl: Die Laufzeit dieser Anleihen muss zwischen 8,5 und 10,5 Jahren liegen. Die Höhe des Kupons unterliegt hingegen keiner Restriktion. Da die lieferbaren Anleihen jedoch in aller Regel keinen Kupon von sechs Prozent aufweisen und zudem untereinander heterogen sind, wird zur Berechnung des endgültigen Lieferpreises jeder einzelnen Anleihe ein eigener sogenannter Konvertierungsfaktor zugewiesen. De facto erzeugt der Konvertierungsfaktor den Preis, zu dem die Anleihe bei einer Rendite von sechs Prozent am Liefertag gehandelt würde1. Der Lieferpreis der Anleihe berechnet sich dabei wie folgt:
Lieferpreis = Schlussabrechnungspreis des Futures x Konvertierungsfaktor + Stückzinsen der Anleihe
Insgesamt werden von der Eurex stets vier deutsche Bundesanleihen ausgewählt, die bei Bund-Future-Fälligkeit eingeliefert werden könnten.
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Ursächlich für die Bevorzugung bestimmter Anleihen bei der Auswahl der einzuliefernden Anleihe ist der „falsche” Abzinsungssatz von sechs Prozent, der durch die Berechnung des Konvertierungsfaktors impliziert wird. Die Formel für den Konvertierungsfaktor fußt auf der Annahme, dass die Zinsstrukturkurve zum Lieferzeitpunkt flach ist und zudem genau auf dem Niveau des fiktiven Kupons des Futures- Kontrakts von sechs Prozent liegt. Demnach werden etwa alle lieferbaren Anleihen bei der Berechnung des Lieferpreises unterbewertet, wenn die Marktrendite unter dem fiktiven Kupon liegt. Aufgrund der Tatsache, dass Anleihen mit einer geringen Duration weniger ausgeprägt auf Veränderungen des Diskontierungszinssatzes reagieren, ist die Unterbewertung bei diesen Anleihen am wenigsten stark ausgeprägt. Immer dann, wenn die Marktrendite unterhalb des fiktiven Kupons liegt, ist die Anlieferung von Anleihen mit niedriger Duration (also mit höherem Kupon bei gleicher Fälligkeit beziehungsweise früherer Fälligkeit bei gleichem Kupon) attraktiver – und umgekehrt. Die Anleihe, die aus Verkäufersicht die günstigste Anleihe darstellt, wird auch als Cheapest-To-Deliver-Anleihe (CTD-Anleihe) bezeichnet. Diese Anleihe ist dann wiederum auch maßgeblich für die Kursberechnung des Bund-Futures.