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     3640  0 Kommentare Widerrufsjoker: Wann greift Verwirkung? - Seite 2

    So hat das OLG Nürnberg (Az. 14U 2519/14) unlängst einen Widerruf wegen Verwirkung zurückgewiesen, der mehr als sieben Jahre nach Beendigung des Darlehens erfolgte. Die Begründung für die Verwirkung lautete dabei unter anderem, dass die Bank sechs Jahre nach Beendigung des Kredits die Schriftstücke aus der Kundenkommunikation vernichten dürfe.

    Leider gibt es auf der anderen Seite aber auch Urteile, die bereits dann von Verwirkung ausgehen, wenn der Widerruf des Darlehensvertrags wenige Tage nach Beendigung des Kredits erfolgt ist. Die Argumentation dahinter lautet wie folgt: Eine Verwirkung kann nicht vorliegen, solange das Kreditinstitut die Möglichkeit hat, den Kunden mit einer Korrektur der falschen Widerrufsbelehrung nach zu belehren. Das ist sinnvollerweise nur während der Laufzeit des Kredits möglich.

    Einen interessanten Kompromiss scheint derzeit das Kammergericht Berlin (zweite Instanz, vergleichbar mit Oberlandesgerichten) zu wählen. In einem aktuellen Urteil (Az. 24U/39-16) sprechen die Richter davon, dass eine Verwirkung in der Regel dann nicht anzunehmen ist, wenn der Widerruf innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Darlehens ausgesprochen wurde. Dies wäre aus unserer Sicht ein erträglicher Kompromiss, weil es einer großen Gruppe von Kreditnehmern den Zugang zum erfolgreichen Widerrufsjoker ermöglichen würde.

    Häufig ist es nämlich so, dass Verbraucher eine finanzierte Immobilie verkaufen wollen und daher eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung an ihre Bank zahlen müssen, um das Darlehen vor Ablauf der Zinsbindung zu beenden. In diesen Fällen ist es zumeist sinnvoll, zunächst die Vorfälligkeitsentschädigung zu bezahlen, um den Verkauf der Immobilie nicht zu gefährden. Schließlich muss das Kreditinstitut die Grundschuld freigeben, damit der Erwerber der Immobilie seine Finanzierung sicherstellen kann. In diesen Fällen ist es also ratsam, den Darlehensvertrag erst dann zu widerrufen, wenn man die Vorfälligkeitsentschädigung bezahlt und damit das Darlehen beendet hat. Erfolgt der Widerruf dann zeitnah, also innerhalb von sechs Monaten, dann würde nach Verständnis der Berliner Richter keine Verwirkung vorliegen. Damit müsste zumindest die Vorfälligkeitsentschädigung zurückgezahlt werden – möglicherweise sogar eine Rückabwicklung des Darlehens vorgenommen werden, die dann noch lukrativer für den Verbraucher wäre.


    Roland Klaus
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    Roland Klaus arbeitet als freier Journalist und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerrufsjoker informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen, Kfz-Krediten und Lebensversicherungen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buches Wirtschaftliche Selbstverteidigung.

    Sie erreichen Ihn unter www.widerruf.info
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    Verfasst von Roland Klaus
    Widerrufsjoker: Wann greift Verwirkung? - Seite 2 Eine der großen, offenen Fragen rund um den Widerruf einer Baufinanzierung lautet: Hat der Verbraucher sein Widerrufsrecht verwirkt, wenn er den Kredit erst nach dessen Tilgung widerruft. Die Gerichte entscheiden dieses Thema unterschiedlich - daher sollte man diesem Aspekt sehr genau prüfen.