Kohle-Branche in der Krise
Sind die goldenen Zeiten des schwarzen Goldes bald gezählt?
Einst galt Kohle als Wegbereiter des wirtschaftlichen Aufschwungs. Die Industrialisierung – ohne Kohle kaum denkbar. Doch die goldenen Zeiten des schwarzen Goldes scheinen gezählt, der einstige Rohstoffprimus könnte schon bald ums nackte Überleben kämpfen.
Seit Monaten schaut die Welt auf den Ölmarkt und sieht gebannt zu, wie der Ölpreis immer weiter in die Tiefe rauscht und die großen Energieriesen langsam aber sicher ins Wanken kommen. Shell, Chevron, ExxonMobil, selbst der russische Ölgigant Gazprom – sie alle mussten in den vergangenen Wochen teils massive Gewinneinbußen verkünden. Nun trifft es auch BP. Der Gewinn des britischen Ölkonzerns ist auf 8 Milliarden US-Dollar geschrumpft, nach 24 Milliarden US-Dollar im Vorjahr. Das meldet „dpa-AFX“.
Doch im Schatten des Ölpreis-Krieges spielt sich noch ein anderes Rohstoff-Drama ab. Die Rede ist von der Kohle-Branche. Denn die kämpft ums nackte Überleben.
Branche ist „nur noch Schatten ihrer selbst“
Wie das „manager-magazin“ berichtet, stürzt nicht nur der Ölpreis ab, auch der Preis für Kohle ist massiv in den Keller gerauscht. Kostete eine Tonne in Europa vor zwei Jahren noch knapp 120 US-Dollar, so gibt es das schwarze Gold inzwischen für unter 60 US-Dollar. Die Folge: „Einst schillernde Konzerne sind nur noch Schatten ihrer selbst“, heißt es in dem Bericht.
Grund für die dramatische Abwärtsentwicklung ist das Überangebot an Erdgas. Dank des Fracking-Booms in den USA gibt es Erdgas im Überfluss. Das lässt die Erdgas-Preise purzeln – sehr zum Leidwesen der Kohleindustrie. Weil Erdgas „konkurrenzlos günstig“ für die Stromerzeugung geworden ist, bricht die Nachfrage für das schwarze Gold ein. Der Chef des Kohlekonzerns Peabody, Greg Boyce, beziffert den Rückgang im „manager-magazin“ mit 5 bis 6 Prozent.
Andere Rohstoffe laufen der Kohle den Rang ab
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Matt Preston bringt das Kohle-Drama auf den Punkt: Es gebe kein einziges Kohlekraftwerk, das Strom noch billiger herstelle als ein Gaskraftwerk, wird der Analyst bei Wood Mackenzie zitiert. Dabei ist Erdgas nicht die einzige Konkurrenz für Kohle. Vor allem in Europa machen dem einstigen Rohstoffprimus zunehmend auch die wachsenden Mengen an erneuerbaren Energien zu schaffen. Ein Trend, der längst auf andere Länder übergeschwappt ist. Selbst in China setzt man mittlerweile verstärkt auf weniger CO2-schädliche Rohstoffe. Ging das massive chinesische Wirtschaftswachstum einst Hand in Hand mit einem steigenden Kohlebedarf, so war der Verbrauch im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit der Jahrtausendwende rückläufig – ein deutliches Abwärtssignal und ein herber Rückschlag für die Kohlebranche.
Experte rechnet mit Pleitewelle
Entsprechend unter Druck sind die Kohlekonzerne. Egal ob Peabody, Rio Tinto, Glencore oder BHP Billiton – sie alle mussten in den vergangen Wochen und Monaten Federn lassen, die Aktien der Unternehmen gaben teils massiv nach. Wenngleich sich einige Unternehmen wie BHP Billiton zuletzt wieder etwas erholen konnten, rechnet Nomura-Analyst Curt Woodworth im „manager-magzin“ dennoch mit einem „regelrechten Blutbad“. Seiner Meinung nach werde es in den nächsten zwölf bis 18 Monaten allein in den USA zahlreiche Pleiten in dem einstigen Boomsektor geben. Sollte dies tatsächlich eintreten, könnten die goldenen Zeiten des schwarzen Goldes endgültig gezählt sein.
BHP Billiton-Aktie im Jahreschart
Peabody Energy-Aktie im Jahreschart
Rio Tinto-Aktie im Jahreschart