Milliardenrisiko für VW
Puh, das kann teuer werden! Staranwalt fordert Milliarden für deutsche Dieselgate-Geschädigte
In den USA sind sie gang und gäbe: die Sammelklagen. In diesen Gruppenklagen schließen sich die Kläger zusammen, um ihrem zivilrechtlich Anliegen vor Gericht mehr Gewicht zu verleihen. Forderungen von mehreren Millionen bis Milliarden US-Dollar sind da keine Seltenheit. Auch für die Anwälte sind Sammelklagen ein äußerst einträgliches Geschäft. Wie gesagt in den USA. Doch Halt!
Nachdem bereits die US-Umweltbehörden die Daumenschrauben angezogen und mit drakonischen Strafen gedroht hat, betreten die Anwälte die Bühne. Da hilft es auch wenig, dass VW die Annahme von Anwaltsschreiben dem Vernehmen nach verweigert. Zu den Milliardenforderungen in den USA werden sich nun weitere in Deutschland gesellen. So will der US-Sammelkläger Michael Hausfeld, der bereits in den USA im so genannten Dieselgate gegen den Volkswagenkonzern vorgeht, auch für die heimischen Besitzer von Autos mit manipulierten Abgaswerten Schadenersatz erwirken. Wie das „manager magazin“ berichtet, könnte es dabei um Entschädigungen von bis zu 2,5 Milliarden Euro gehen.
"Verfahren notfalls zehn Jahre lang durchziehen"
Dem Bericht zu Folge will die Washingtoner Kanzlei Hausfeld, die erst seit Jahresbeginn ein Büro in Berlin unterhält, noch in diesem Monat durchstarten. Über eine Webseite sollen die rund 2,5 Millionen betroffenen VW-Kunden Ansprüche geltend machen und diese an einen Rechtsdienstleister abtreten können.
Den Regressanspruch leite Hausfeld - gestützt auf ein Rechtsgutachten - aus dem offensichtlichen Verstoß des VW-Konzerns gegen die Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung ab. Wie es weiter heißt, sei die Finanzierung des Projekts kein Problem. Ein Prozessfinanzierter steht zur Seite. „Wir sind in der Lage, Klagen und Verfahren notfalls zehn Jahre lang durchzuziehen,“ sagte der US-Anwalt dem „manager magazin“.
Standhaftigkeit hat der US-Staranwalt bereits bewiesen. Der Sohn von Naziflüchtlingen war Ende der 90er Jahre einer der Hauptbeteiligten beim Zustandekommen des Entschädigungsfonds für ehemalige Zwangsarbeiter während des Nationalsozialismus.
Der Hintergrund: Erst Dieselgate, dann Benzingate
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In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres verging nahezu kein Tag ohne neue Nachrichten zum VW-Abgas-Skandal. Im Zuge der weltweiten Abgasmanipulation an Millionen Volkswagen schrieben wir über Rücktritte, Betrugsermittlungen, eine Gewinnwarnung, teure Rückrufaktionen, Entschuldigungen, Transparenzoffensiven … Aber auch über die reichsten Deutschen, die Quandts, deren Vermögen in Folge des Diesel-Gate um 4,5 Milliarden Euro geschmolzen ist und das Zittern der Bundesliga vor einem Rückzug des Großsponsors Volkswagen (siehe hier und hier). Dann brachte ein Whistleblower neue VW-Enthüllungen ans Licht. Zum Dieselgate gesellte sich das Benzingate. Und die Prüfinstitute standen nun selbst auf dem Prüfstand.
Es kam wie es kommen musste: Im Oktober vergangenen Jahres musste der VW-Konzern den ersten Quartalsverlust seit über 20 Jahren verkünden. Das Dieselgate hatte dem Konzern demnach einen Verlust von 3,5 Milliarden Euro vor Zinsen und Steuern (Ebit) eingebrockt. Auch unter dem Strich war das Ergebnis mit minus 1,7 Milliarden Euro tiefrot (mehr dazu hier).
Millionen an Rückrufe Dank Diesel-Gate
Im September hatte der VW-Konzern eingestanden, bei Abgas-Tests auf dem Prüfstand mithilfe einer Software die Ergebnisse für Dieselwagen manipuliert zu haben. Die Software erkennt, wenn ein Auto gerade auf dem Prüfstand getestet wird und schaltet den Motor dann in einen Modus um, in dem er deutlich weniger Stickoxide ausstößt.
Weltweit geht es um etwa 11 Millionen Autos der Konzernmarken VW-Pkw, VW-Nutzfahrzeuge, Audi , Seat und Skoda. Allein in Deutschland müssen 2,4 Millionen Diesel in die Werkstatt zurückbeordert werden. EU-weit sind rund 8,5 Millionen Fahrzeuge betroffen. Neben Ausgaben für Rückrufe drohen noch größere Kosten, etwa für Klagen und möglichen Schadenersatz.