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    Industrie und Politik, moralisch bewertet - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 07.06.04 23:38:30 von
    neuester Beitrag 26.10.04 22:44:45 von
    Beiträge: 44
    ID: 867.989
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      Avatar
      schrieb am 07.06.04 23:38:30
      Beitrag Nr. 1 ()
      Der Anlass für mich, dieses Thema zu formulieren, war diese site auf n-tv.de:

      http://www.n-tv.de/5251837.html

      Daraus:
      In Wirtschaftsminister Wolfgang Clement haben die deutschen Hersteller einen Fürsprecher. Jetzt, da man einen Aufschwung in Deutschland brauche, gehe es darum, die Position der eigenen Industrie zu stärken, sagte der SPD-Politiker. Er nannte den Rußpartikelfilter "nicht sonderlich innovativ".


      Ich stelle mal eine ganz simple Frage:

      Macht es einen Unterschied, ob ein Mensch einen anderen eigenhändig umbringt oder - kraft seiner Stellung, seines Vermögens, seiner Macht, seiner wie auch immer gearteten Möglichkeiten - dessen Ermordung veranlasst / in Auftrag gibt / anordnet / allgemein formuliert: verursacht?

      Ist ein "ausführender" Mörder schlimmer als ein "Schreibtischtäter"?
      Ich meine: nein. Ganz klar: nein.

      Ich brauche wohl kaum das Beispiel von nationalsozialistischen Tätern anzuführen um darzulegen, dass jemand, der untergeordnete Chargen anweist, einen Mord zu begehen, um nichts besser ist als der, der tatsächlich mit eigener Hand einen Menschen tötet.

      Wie ist nun jemand zu beurteilen, der wider besseres Wissen verhindert, dass Maßnahmen ergriffen werden, um Menschenleben zu schützen oder zu retten?

      In diesem Falle: Wenn Gutachten hieb- und stichfest beweisen, dass gerade die besonders kleinen Rußpartikel,
      emittiert von "modernen" Dieselmotoren a la VW oder Mercedes, Krebs auslösen können - und jeder weiß, wie qualvoll ein Lungenkrebstod sein kann -, wie ist es möglich, dass jemand die Einführung einer bereits existierenden Technik, die diese zuverlässig wegfiltert (Partikelfilter französischer PKW´s), aus industriepolitischen Gründen verhindert?

      Meiner Meinung nach ist ein Pitschesrieder natürlich um keinen Deut besser als ein Clement: Wenn ein Partikelfilter 600 € kostet und aus Wettbewerbsgründen für zu teuer erklärt wird (gibt es wirklich nirgendwo an einem Passat TDI für 25000 € oder einem Mercedes 270 CDI für 35000 € Einsparpotential dieser Größenordnung? / bzw.: französische Autobauer schaffen es doch auch?), welche Maßstäbe, den Wert eines Menschenlebens betreffend, haben die Verantwortlichen eigentlich?

      Manchen hier mag dieses alles absolut blauäugig vorkommen, denn wenn man derartige Fragen zuende denkt, fallen einem hunderttausend ähnlich gelagerte Fälle ein - aus der Pharmaindustrie, der Chemieindustrie, aus Medizin- und Funktechnik etc. etc. ...

      Ja, sicher, hier öffnet sich ein endloses Feld von Beispielen amoralischen und verbrecherischen Handelns:
      etwa von Beispielen von Politikern des Bundesverkehrsministeriums, die seit Jahren den Bau der Ortsumgehung von Nesselwang verhindern, indem sie die nötigen Gelder verweigern (und damit Tausende um ihre Lebensqualität bzw. durch den LKW-Verkehr in Lebensgefahr bringen), bis zu denen, die in Berlin durch das Gewährenlassen libanesischer und türkischer Verbrecherclans Millionen von Steuergeldern verschwendet und "normale" Bürger in Lebensgefahr gebracht haben...


      Ich musste so weit "ausholen", um die Dimension von Verbrechen, verübt durch niemals zur Rechenschaft gezogener
      "Schreibtischtäter", zu umreißen.
      Manchmal scheint es mir, als stelle die "normale" Strafverfolgung, die sich mit "offensichtlichem" Diebstahl, Raub und Mord befasst, nur ein hilfloses Agieren an der Oberfläche einer von Ungerechtigkeit "durchseuchten" Gesamtgesellschaft dar.


      Soweit erst mal - wenn jemand hier posten will: gerne, aber bitte kein kleinkariertes parteipolitisches und ideologisches Herumgezetere von Merkel- und Schröderanhängern.


      Vicco
      Avatar
      schrieb am 07.06.04 23:40:30
      Beitrag Nr. 2 ()
      Avatar
      schrieb am 10.06.04 14:43:47
      Beitrag Nr. 3 ()
      http://www.taz.de/pt/2004/05/08/a0157.nf/text.ges,1

      Wie die Industrie Umweltgesetze blockiert

      Studie belegt: Die Industrie nutzt die Methode der Übertreibung ihrer Kostenszenarien im Kampf gegen neue Gesetze. BUND fordert von der Bundesregierung deshalb realistische Zahlen im Streit um die EU-Chemikalienverordung

      BERLIN taz Die Idee war gut: Gefährliche Substanzen sollten in ganz Europa durch umweltfreundlichere ersetzt werden. Die EU-Chemikalienverordnung versprach Gesundheitsschutz und Innovation zugleich. Doch dann rechnete die deutsche und französische Chemieindustrie nach. Ergebnis: Die zusätzlichen Kosten sind untragbar. Für die Volkswirtschaft. Und natürlich für sie selbst. Prompt reagierte die EU. Jetzt wird über eine stark abgespeckte Verordnung gestritten.

      Sind die Bedenken der Chemieindustrie plausibel? Eine jetzt vorgelegte Studie des Internationalen Chemiesekretariats - eines Zusammenschlusses von NGOs mit Sitz in Göteborg - kommt zu einem ganz anderen Schluss: Um Argumente gegen neue Umweltgesetze zu haben, übertreiben Industrielobbys ihre Kostenschätzungen systematisch. Damit bestätigt die Studie die Kritik des Umweltrates der Bundesregierung, der Mittwoch Zahlen der Chemieindustrie als "maßlos überzogen bezeichnete (taz vom Donnerstag).

      "Diese Kostenübertreibung hat Methode", erklärt Patricia Cameron vom BUND. Die Studie analysiert die Berechnungsgrundlage der Industrie. Die verwendet zumeist statische Modelle. Dadurch wird unterstellt, dass die Industrie sich nicht an Veränderungen anpassen wird. Kein Wunder, dass bei einer solchen Annahme immens hohe Kosten herauskommen, kritisiert die Studie. Alle untersuchten Beispiele belegen, dass die Industrie sehr wohl aus gesetzgeberischen Veränderungen eigenen Nutzen ziehen kann.

      14 Fälle werden analysiert. Nach gleichem Muster malte der betroffene Industriezweig jeweils zuerst Horrorszenarien, die dann von den tatsächlichen Auswirkungen der Umweltgesetze widerlegt wurden. So drohte der Industrie in den frühen 80er-Jahren die Pflicht zum Katalysator in allen neuen Autos. Bis 600 britische Pfund Mehrkosten pro Auto und einen höheren Spritverbrauch prognostizierten die Autobauer. Tatsächlich sank der Verbrauch, kostet ein Katalysator unter 50 Pfund.

      Vor Verabschiedung des Montrealer Protokolls über das Verbot ozonschädlicher Substanzen 1987 prognostizierten die Chemieproduzenten enorme Kosten, Firmenpleiten, Inflation und Arbeitsplatzverlust. Außerdem gebe es in absehbarer Zukunft keine Alternative zu den Ozonschädlingen. Tatsächlich war das Gegenteil der Fall. Die Alternativen waren oft preisgünstiger und qualitativ besser. Die globale FCKW-Reduzierung brachte kaum Kosten für die Verbraucher mit sich.

      Die Studie zeigt, dass Regierungen den Industrieprognosen oft vertrauen. Auch sie selbst überschätzen die Kosten oft und unterschätzen das Innovationspotenzial - wenn auch nicht im selben Umfang wie die Industrie. Angesichts dieser Erkenntnisse fordert Cameron die Bundesregierung auf, "aus der Vergangenheit zu lernen und in den Verhandlungen um die EU-Chemieverordnung auf realistische Zahlen zu setzen". " NIKOLAI FICHTNER



      Erinnert sich noch jemand an das Thema "FCKW-freier Kühlschrank" und die Kampagne westdeutscher Hersteller gegen das Modell aus den neuen Bundesländern?
      Avatar
      schrieb am 10.06.04 23:13:27
      Beitrag Nr. 4 ()
      Vermutlich haben sich Industrie, Banken und Versicherungen die Regierung doch längst gekauft.

      Da sollte sich niemand über Clement`s und Konsorten Entscheidungen wundern.

      Das "Volk", daß durch diese Regierung vertreten wird, nennt sich Daimler-Chryler, BDI, Deutsche Bank und Beamtenbund.
      Avatar
      schrieb am 11.06.04 01:39:12
      Beitrag Nr. 5 ()
      Hallo Vicco,

      dein Beitrag #1 spricht mir aus der Seele. Und er spricht
      ein ganz bestimmtes Problem an. Das Problem nämlich, daß
      sich deutsche Politiker weitgehend in einem rechtsfreien
      Raum bewegen.

      Ein wahrlich bemerkenswerter Zustand.

      Es ist völlig Wurst, ob ein Politiker Geld verschwendet, es
      ist völlig Wurst ob ein Politiker die Bürger unnötig gefährdet,
      niemand wird sie belangen!

      Und wir reden ja über Leute, die geschworen haben dem deutschen
      Volke zu dienen und Schaden von ihm fernzuhalten.

      Ein Schwur, der langsam peinlich wird, den man sich schenken
      sollte.

      Ich frage mich langsam wo denn unsere Regierung wirklich
      sitzt. In Wolfsburg? Stuttgart? München? Rüsselsheim? Köln?

      Jedenfalls nicht in Berlin. Da sitzen nur die "Erfüllungsgehilfen".

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      Avatar
      schrieb am 11.06.04 07:32:48
      Beitrag Nr. 6 ()
      Vicco

      Daß die Lobbyisten maßlos übertreiben ist doch völlig normal. Das ist ihr Job und dafür werden sie gut bezahlt.

      Die Frage ist nur, wer zwingt unsere Politiker dazu, auf diese maßlosen Übertreibungen einzugehen?

      Mal angenommen, es gibt keinen physischen Zwang. Dann kann es eigentlich nur grenzenlose Dummheit sein, die Studien dieser "Experten" für bare Münze zu nehmen.

      derwelsche
      Avatar
      schrieb am 11.06.04 07:49:33
      Beitrag Nr. 7 ()
      @vicco

      Rechtlich ist das eine ganz klare Sache, denn der Verzicht auf z. B. Rußfilter ist keine strafbare Handlung. Nicht mal eine fahrlässige KV. Insofern sind deine Vergleiche (mit dem dritten Reich!) etwas heftig. Da ging es um ganz andere Sachen.

      Aber du willst die moralische Seite beleuchten, nehm ich mal an. Es wird zwar wenig darüber geredet, aber der Wert eines Menschenlebens ist bei bestimmten wirtschaftlichen Entscheidungen eine Zahl mit gar nicht so vielen Nullen. Versicherungen kalkulieren den Wert eines Menschenlebens und z. B. bei der Sicherheit des Luftverkehrs wird abgewogen, ob sich eine Sicherheitsvorkehrung rechnet, wenn man ein Menschenleben mit soundsoviel EUR/USD ansetzt.

      Makaber aber wahr. Und so gesehen zeigt der Clement, was ihm wichtiger ist. Deutsche Industriepolitik geht vor Volksgesundheit. Bei der Rentenmisere und den klammen Krankenkassen kein Wunder (makabrer Scherz).
      Avatar
      schrieb am 11.06.04 08:17:24
      Beitrag Nr. 8 ()
      OrsonWelles
      mittlerweile sind die Folgen der Rußpartikel bekannt, insofern könnte man sehr wohl von einer strafbaren Handlung/fahrlässigen Körperverletzung sprechen, auch vor dem Hintergrund, dass es bereits eine Technik gibt, die den Ausstoß von Rußpartikeln verhindert. Hätten wir ein Produkthaftungsgesetz wie in den USA, wären unsere Autobauer spätestens nach der ersten Klage bereit aufzurüsten. Hier aber kann sich die Industrie bequem zurücklehnen, es passiert ja nichts. Oder aber Beispiel Mitsubishi: Manager kamen in Haft weil sie über einen Mangel informiert waren, der EIN Menschenleben kostete, aber keine Rückrufaktion starteten.

      Angenommen, die USA würden einen Rußpartikelfilter vorschreiben, dann wäre die deutsche Autoindustrie sofort bereit diesen einzubauen, aber nur für den US-Markt. Ich erinnere mich noch gut an die Diskussion "asbestfreie Bremsbeläge". Als die in den USA Pflicht wurden, wurden die für den Export bestimmten Fahrzeuge damit serienmäßig ausgestattet, die für das Inland damals aber nicht. Ich dafür einen Aufpreis bezahlt. Es dauerte eine ganze Weile bis auch für Deutschland serienmäßig umgerüstet wurde.

      Was Deine moralische Sichtweise anbelangt, kann ich Dir voll und ganz zustimmen.
      Avatar
      schrieb am 11.06.04 10:06:12
      Beitrag Nr. 9 ()
      Ich plädiere dafür ins Grundgesetz das Gesetz des Hochverrates am dt. Volk mit aufzunehmen.:look:
      Avatar
      schrieb am 11.06.04 11:10:35
      Beitrag Nr. 10 ()
      #1 @ViccoB.
      Habe langsam dem eindruck du bist nicht hinreichend ausgelastet. Um solch ein weitreichendes feld zu eröffnen bedarf es schon der willigkeit sich gesellschaftlich einer knüppelorgie auszusetzen.Wünsche Dir viel "Spass" auf deinem weiteren lebensweg.
      Avatar
      schrieb am 11.06.04 11:28:12
      Beitrag Nr. 11 ()
      Lieber ViccoB,
      Deine Thesen sind weit hergeholt. Wenn alles, was gefährlich und gesundheitsschädlich ist verboten würde, dann gute Nacht.
      Kohlekraftwerke verpesten die
      Autofahren verpestet insgesamt die Luft
      Grillen ist ungesund
      Zu viel fressen ist ungesund
      Das Spritzen der Bauern auf den Feldern derzeit ist richtig ungesund.
      Ich könnte seitenlang weiterschreiben, denn, wenn alles was ungesund ist verboten würde, würde das Leben keinen Spaß mehr machen, ausgenommen natürlich für Die Grünen.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 11.06.04 13:17:33
      Beitrag Nr. 12 ()
      Wie schön, dass nun doch Bewegung in den Thread kommt :)!

      Hi Goldless, altes Haus :D, prima, dass Du dabei bist.

      @derwelsche:

      Mal angenommen, es gibt keinen physischen Zwang. Dann kann es eigentlich nur grenzenlose Dummheit sein, die Studien dieser " Experten" für bare Münze zu nehmen.

      Das glaube ich - leider! - nicht. Ich gehe im Gegenteil davon aus, dass einem Großteil dieser Herrschaften die politische Moral abhanden gekommen ist bzw. nie zu eigen war. Erinnerst Du Dich noch an den Fall der verstrahlten Soldaten, die an Radargeräten der Bundeswehr saßen?
      Wie würde "unsereins" reagieren? Doch wohl völlig natürlich mit Mitleid und dem Impuls zu helfen. Und was geschah auf seiten der Bundeswehrführung? Nach dem ersten, wie immer vollmundigen statement ("schnelle, unbürokratische Hilfe", eine wohlbekannte Formulierung) wurde in der Folge alles getan, um Kosten abzuwenden; für keinen Einspruch und kein Gegengutachten war sich die Hardthöhe zu schade, um möglichst noch den letzten Fall "von der Backe" zu kriegen. Ich müsste mal googeln, wie es am Ende ausgegangen ist - vielleicht später.
      Da hat sich mir wirklich der Magen umgedreht - Leute mit Krebs zu sehen und dazu das ungerührte "wir sehen da keinen Zusammenhang"...


      @OrsonWelles:

      Nein, da kann ich Dich beruhigen, einen Vergleich von heutigen Handlungsweisen mit denen im Dritten Reich hatte ich nicht im Sinn; das ist ein Missverständnis.
      Meine Absicht war, jemanden, der anlässlich eines augenscheinlichen Verbrechens nur auf den "Ausführenden" schaut, auf das Ausmaß der Schuld eines möglichen Schreibtischtäters aufmerksam zu machen.
      Und nur für den Fall, dass er dessen Rolle als nicht so wichtig ansehen sollte, habe ich das Beispiel von Schreibtischtätern aus der Nazizeit erwähnt, weil hier jeder - hoffe ich - zustimmen wird.

      Du hast Recht, ich will die moralische Seite beleuchten.


      @endaxi

      "nicht hinreichend ausgelastet", "viel ´Spass´ auf deinem weiteren Lebensweg"?

      Hab ich Dir irgendwo auf den Schlips getreten?


      @Wilbi

      Wenn alles, was gefährlich und gesundheitsschädlich ist verboten würde, dann gute Nacht.

      Da hast Du zweifellos Recht. Genauso würde der Versuch, absolute Gerechtigkeit herzustellen, mit dem Ergebnis enden, dass jede freie persönliche Entfaltung unter einem Berg von Verhaltensvorschriften erstickt würde. Wer sich nicht mehr bewegen kann, macht auch keine Fehler mehr...

      Aber es sind zwei verschiedene Paar Stiefel, ob es in einer bestimmten Sache um Abwägung von Nutzen und Schaden für eine Gesellschaft geht und man sich letzten Endes begründet für eine Lösung entscheidet, in der der Nutzen überwiegt (Beispiel Straßenverkehr) und man ein bestimmtes Maß an Schaden in Kauf nimmt, oder ob bei einem Problem, für das es eine gute Lösung gibt (Partikelfilter), diese bewusst verhindert wird zugunsten einer sehr viel schlechteren, die Menschen vermeidbaren Schaden zufügt - aus Gründen, die jeder hier kennt (brauche sie sicher nicht explizit dazustellen).


      Gruß Vicco
      Avatar
      schrieb am 11.06.04 21:00:25
      Beitrag Nr. 13 ()
      #8

      StellaLuna

      So geht das nicht. Es bleibt juristisch eindeutig. Den Clememt bekommt ihr dafür nicht in den Knast. Ich will hier keine juristischen Seminare durchführen, das wär auch zu anstrengend aber ihr könnt mir das glauben.
      Avatar
      schrieb am 12.06.04 01:04:38
      Beitrag Nr. 14 ()
      #13 Orson,

      natürlich hast du juristisch Recht. Das war aber wohl auch
      nicht Vicco´s Ansinnen.

      Es geht ihm doch wohl um die (nicht vorhandene) Moral, mit
      der deutsche Politiker ihren Job machen. Oder gibt es eine
      moralische Rechtfertigung, wenn die Entscheidung zwischen
      ein paar tausend Toten oder einem finanziellen Problem der
      Automobilindustrie "zugunsten" der Toten entschieden wird.

      Das muß man sich einfach mal in Ruhe auf der Zunge zergehen
      lassen. In einem Land, in dem aber nun wirklich alles bis
      in´s Kleinste reglementiert ist, in dem Zigaretten nur an
      Leute ab 16, Alkohol nur an Leute ab 18 verkauft werden darf,
      in dem Alkopops aus reinem Schutzbedarf extrem besteuert werden
      sollen, in genau diesem Land besteht kein Schutzbedarf
      gegen eine bekannte, tödliche Gefahr?

      Eine Gefahr, die nicht abstrakt ist sondern nachvollziehbar
      ihre Opfer fordert.

      Es ist doch unübersehbar, daß hier Menschenleben in eine
      wirtschaftliche Größe (sprich in Geld) umgerechnet werden.
      Und daß ihr Wert (der der Menschenleben) im Verhältnis zu
      den Interessen der Automobilindustrie eine untergeordnete
      Rolle spielt.

      Und da ist die Frage nach der Moral einer derartigen Politik
      mehr als angebracht.

      Und die Antwort ist leicht. Moral ist nicht vorhanden. Wir
      werden von einem Haufen von Populisten regiert. Populisten,
      die ausschließlich an ihrem eigenen Machterhalt interessiert
      sind.
      Avatar
      schrieb am 12.06.04 01:16:52
      Beitrag Nr. 15 ()
      Schröder ist der erste deutsche Nachkriegskanzler. Nichts hat ihn nachhaltig geprägt, wie alle anderen vorher, außer seine Karriereleiter. Was erwartet ihr?
      Avatar
      schrieb am 12.06.04 01:33:50
      Beitrag Nr. 16 ()
      #15 Newnoise,

      "Was erwartet ihr?"

      Gegenfrage, was darf man erwarten? Was darf man erwarten von
      Leuten, denen man ein Top-Gehalt zahlt, die man von steuer-
      lichen Belästigungen weitgehend freistellt und denen man
      eine beispiellose Altersversorgung finanziert?

      Arschtritte? Wie zur Zeit praktiziert. Ist das die realistische
      Erwartungshaltung für die vorgenannte Gegenleistung?
      Avatar
      schrieb am 12.06.04 01:39:25
      Beitrag Nr. 17 ()
      goldless,

      danke. Du hast es noch ein wenig weiter aufgedröselt.

      Es kann einem doch sämtliche Gehirnwindungen herausdrehen, wenn man über die realen Folgen solcher Entscheidungsprozesse nachdenkt.
      Ich sehe die Kinder an den Straßenrändern von Großstädten, die den Dieselabgasen nicht entkommen können (von den LKW´s war dabei noch gar nicht die Rede!), in deren besonders empfindlichen Lungen sich die krebserregenden Rußteilchen sammeln, zu klein, um wirksam abgebaut zu werden...

      Alles, was ich nun noch schreiben könnte, wäre justiziabel...


      Vicco
      Avatar
      schrieb am 19.10.04 22:31:21
      Beitrag Nr. 18 ()
      Plusminus von heute abend, zum ersten:

      http://www.daserste.de/plusminus/

      Sendung vom Dienstag, 19. Oktober 2004 (WDR)


      Opel-Krise
      General Motors zahlt für Fehler der Vergangenheit
      Allein in Europa hat der Konzern von Juli bis August 2004 einen Verlust von über 236 Millionen US-Dollar eingefahren. Die Konzernchefs in Detroit machen, was Manager in einer Krise reflexartig tun: Sie entlassen ihre Leute.


      Jobs im Ausland
      Chancen für Langzeitarbeitslose
      Während in Deutschland Bauarbeiter zu Hunderttausenden arbeitslos sind, klagt in Frankreich jede zweite Baufirma über Fachkräftemangel.


      Lieferwagen auf der Überholspur
      Rasen ist lebensgefährlich und unwirtschaftlich
      Die Zahl der Kleintransporter wächst und mit ihr die gefährlichen Situationen auf den Straßen. Woran liegt es, dass sie so hohe Unfallzahlen aufweisen und was kann die Politik dagegen tun?


      Endstation Berufsunfähigkeit
      Wie Versicherungen sich um die Zahlung drücken
      Statistisch gesehen wird jeder Vierte vor Erreichen der regulären Altersrente berufs- oder gar erwerbsunfähig. Doch die Betroffenen müssen oft Monate oder gar Jahre kämpfen, bis die vereinbarte Rente gezahlt wird.


      Interflug fliegt wieder
      Chaosreisen in die Türkei
      Der Reiseveranstalter verspricht ungetrübte Urlaubsfreuden auch für den kleinen Geldbeutel. Berichte von Reisenden deuten jedoch manchmal eher auf Abenteuer-Urlaube hin.
      Avatar
      schrieb am 19.10.04 22:36:18
      Beitrag Nr. 19 ()
      Plusminus zum zweiten:

      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=251

      Endstation Berufsunfähigkeit

      Statistisch gesehen wird jeder Vierte vor Erreichen der regulären Altersrente berufs- oder gar erwerbsunfähig. Doch die Betroffenen müssen oft Monate oder gar Jahre kämpfen, bis die vereinbarte Rente gezahlt wird.


      Von Holger Balodis und Dagmar Hühne

      Eine Berufsunfähigkeitsversicherung gehört für alle Berufstätigen und ganz besonders für Selbständige zu den sehr wichtigsten Versicherungen. [plusminus berichtete über den Fall von Hartmut Sammert, der durch das Verhalten zweier Versicherungen, die einen Gutachterstreit auf seinem Rücken austragen, seit nunmehr 14 Monaten ohne Einkommen ist. Bereits mit 44 Jahren musste der selbständige KfZ-Meister seinen Beruf aufgeben. Ein Bandscheibenvorfall sowie eine Arthrose des rechten Knies setzen ihn außer Gefecht. Jahrelange Behandlungen verschiedener Ärzte fruchteten nicht.

      Rund ein Jahr dauerte es, bis die Provinzial Rheinland endlich die Berufsunfähigkeit anerkannte und die Rente zahlte. Nach fünf Jahren schickte der Lebensversicherer des Sparkassen-Finanzverbunds Hartmut Sammert schließlich erneut zu einem Gutachter und stellte anschließend die Rentenzahlungen ein. Gegenüber [plusminus erklärte die Provinzial: „Im Ergebnis bewertet Prof. Dr. Castro die Berufsunfähigkeit von Herrn Sammert auf orthopädischem Fachgebiet mit deutlich unter 50 Prozent.“

      Bemerkenswert an dem Fall: Einige Monate später wurde Hartmut Sammert erneut zu einem Gutachter geschickt, diesmal allerdings im Auftrag seiner privaten Krankenversicherung, der Union Krankenversicherung (UKV). Der Hintergrund: Wäre Sammert tatsächlich nicht mehr berufsunfähig, müsste seine Krankentagegeldversicherung wieder aufleben und im Falle von nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit zahlen. Der Gutachter der UKV stellte jedoch ebenso wie Sammerts behandelnder Arzt eine dauerhafte Berufsunfähigkeit fest. Somit muss die UKV nicht zahlen, da Krankentagegeld bedingungsgemäß nur bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit gezahlt wird und eben nicht bei dauerhafter Berufsunfähigkeit.

      Kurios und für Hartmut Sammert besonders ärgerlich: Beide Versicherungen gehören zur Sparkassen-Finanzgruppe. Die UKV ist die Krankenversicherung der Provinzial und wird in den Provinzial-Agenturen vermittelt. Hartmut Sammert hatte seinerzeit das Paket „Provinzial Berufsunfähigkeit / UKV Krankentagegeld“ gewählt, um im Falle einer schweren Krankheit mit Sicherheit Geld zu erhalten. Nun will keine der beiden Versicherungen zahlen!

      Gegenüber [plusminus erklärte hierzu die UKV: „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die verschiedenen Gutachter zu unterschiedlichen Ergebnisse kommen, weil den beiden Tarifen (Krankentagegeld und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung) unterschiedliche Bedingungswerke zu Grunde liegen.“ Aus diesem Grunde – so teilte die Provinzial Rheinland mit – „ist die Verwendung eines gemeinsamen Gutachtens (…) aus unserer Sicht nicht möglich.“ Fatal für den Kunden: Bei Vertragsabschluss wurde er über diese gefährliche Lücke im Versicherungsschutz nicht aufgeklärt. Die beiden Versicherungen wurden ihm als „Rund-um-Schutz“, der sich im Krankheitsfall ideal ergänzt, verkauft.


      Hartmut Sammert hat die Provinzial-Versicherung mittlerweile auf Zahlung der Rente verklagt. Doch bis der Fall letztinstanzlich geklärt ist, können noch Jahre vergehen. So lange weiß Hartmut Sammert nicht, wovon er leben soll. Hinzu kommt, dass er die Prämien für die Versicherungen, die ihm trotz Krankheit keine Leistungen gewähren, weiter zahlen muss. In Zeiten ohne Einkommen eine enorme Gefahr: Schafft es der Erkrankte nicht mehr, die Prämien aufzubringen, verliert er möglicherweise seinen Versicherungsschutz und damit auch seinen Anspruch auf eine spätere Rentenzahlung.

      Abgestufte Strategie der Versicherer

      Wie Hartmut Sammert geht es vielen Versicherten. Da es bei der Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente für die Versicherungen nicht selten um die Zahlungen von mehreren hunderttausend Euro geht, versuchen die Versicherungen möglichst lange die Zahlung zu verhindern. Die Renten werden häufig erst nach jahrelangem Gutachter- und Rechtsstreit ausgezahlt. Verbraucherschützer haben bei den Bemühungen der Versicherer, die Rentenzahlungen zu vermeiden, eine abgestufte Strategie beobachtet:

      1. Stufe: Verzögerung durch scheibchenweises Abfordern der erforderlichen Belege
      Immer wieder werden neue Belege und Bescheinigungen verlangt. Oft dauert es so bis zu zwei Jahren, bis überhaupt über Gewährung bzw. Ablehnung der Rente entschieden wird. Solange bleibt der Kunde ohne Rente, muss möglicherweise sogar noch weiter Beiträge zahlen.

      2. Stufe: Anzweifeln der Berufsunfähigkeit
      Die vom Versicherten gelieferten Bescheinigungen werden häufig angezweifelt. So wird beispielsweise Befangenheit vermutet, wenn sie vom Hausarzt oder vom Krankenhaus stammen, in dem der Erkrankte bereits behandelt wurde. Auch wird häufig angeführt, dass die Berufsunfähigkeit vermutlich nur von begrenzter Dauer sei, sich also der Gesundheitszustand ja bessern könne.
      Die Versicherung verlangt neue Gutachten, häufig erstellt von Medizinern, die im Auftrag der Versicherung tätig werden. Viele Versicherte werden durch das Hinziehen des Verfahrens regelrecht „weichgekocht“ und verzichten auf ihre Ansprüche.

      3. Stufe: Verweis auf andere Tätigkeit
      In vielen älteren Verträgen ist eine so genannte Verweisungsklausel enthalten. Dies bedeutet: Wer seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann, kann auf eine andere vergleichbare Tätigkeit „verwiesen“ werden. Dann gibt es keine Rente. Allerdings muss dieser Verweisungsberuf bezüglich Einkommen und Sozialprestige dem erlernten Beruf entsprechen. Im Zweifel muss das Gericht entscheiden. In jedem Fall führt aber auch dies zu einer weiteren Verzögerung.

      4. Stufe: Vorwurf der arglistigen Täuschung
      Liegt tatsächlich eine Berufsunfähigkeit vor und ist keine Verweisung möglich, versuchen viele Gesellschaften dem Versicherten eine arglistige Täuschung bei Antragstellung nachzuweisen. Damit würde der Vertrag im Nachhinein nichtig, es besteht also kein Versicherungsschutz. Wichtigstes Instrument dabei: die so genannte vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung. Der Versicherte ist verpflichtet, sämtliche Vorerkrankungen in seinem Versicherungsantrag anzugeben. Wer falsche Angaben macht, riskiert Versicherungsschutz und Rente. Viele Antragsformulare provozieren durch ihre Formulierungen geradezu spätere Streitigkeiten, etwa wenn gefragt wird, ob man sich gesund und arbeitsfähig fühle. Wer das bejaht, bekommt möglicherweise Ärger, wenn sich später herausstellt, dass der Versicherte bereits in ärztlicher Behandlung war.
      Versicherungsvertreter, die ein eigenes Provisionsinteresse am Abschluss des Vertrages haben, raten nicht selten zu einer „großzügigen“ Beantwortung der Fragen. Das kann sich später rächen. Erst wenn eine Versicherung eine teure Berufsunfähigkeitsrente zahlen soll, wird sie nach den Erfahrungen der Verbraucherzentralen sorgfältig alle vergangenen Arzt- und Krankenunterlagen prüfen, um dem Kunden möglicherweise ein schuldhaftes Verschweigen nachweisen zu können.

      5. Stufe: Abfindung durch Vergleich
      All die vorgenannten Strategien kommen möglicherweise in einen Rechtsstreit über mehrere Instanzen zum Einsatz. Das dauert viele Jahre und der Versicherte kann sich dies in der Regel ohnehin nur mit einer guten Rechtsschutzversicherung leisten. Irgendwann ist bei vielen Erkrankten der Punkt erreicht, wo sie sich auf ein Vergleichsangebot der Versicherung einlassen. Die Versicherungen versuchen hierbei, den für sie günstigsten Moment für ein geeignetes Abfindungsangebot abzupassen, also möglicherweise unmittelbar nach einem für die Versicherung „günstigen“ Gutachten.

      Die richtige Versicherung finden

      Aber wie findet man eine Versicherung, die im Ernstfall voraussichtlich ohne allzu große Probleme zahlt? Hier hilft nur eine intensive Prüfung der Versicherungsbedingungen. Anhaltspunkte für faire und verbraucherfreundliche Versicherungsbedingungen liefern die nachfolgenden zehn Kriterien. Erfüllt eine Versicherung alle oder fast alle Kriterien, so hat die Versicherung später – bei einer schweren Erkrankung – wenig Chancen, sich um die Leistung zu drücken.

      1. Genereller Verzicht auf die so genannte „abstrakte Verweisung“
      Das bedeutet: Liegt Berufsunfähigkeit im ausgeübten Beruf vor, gibt es die Rente.

      2. Verzicht auf das Recht zur Beitragserhöhung bzw. Kündigung nach § 41 VVG
      Ansonsten kann die Versicherung eine höhere Prämie verlangen oder den Vertrag kündigen, falls der Versicherungsnehmer bei der Schließung des Vertrages eine Krankheit unbewusst verschwiegen hat, weil er selber davon nichts gewusst hat oder nicht davon wissen konnte. Beispiel: eine bereits vor Antragstellung bestehende Krebserkrankung, von der der Versicherte nichts wusste.

      3. Leistungen ab Beginn der Berufsunfähigkeit
      Die Rente wird (rückwirkend) ab tatsächlich eingetretener Berufsunfähigkeit gezahlt und nicht etwa erst nach sechs Monaten oder gar erst nach Klärung des Anspruchs.

      4. Keine Meldepflicht und keine Meldefrist im Leistungsfall
      Andernfalls kann es zum Streit kommen, wenn ein Versicherter nach langem Krankenhaus und Reha-Aufenthalt zum Beispiel erst nach acht Monaten die Rente beantragt, aber laut Versicherungsbedingungen zum Beispiel eine Frist von sechs Monaten einhalten muss.

      5. Sechsmonatige dauerhafte Arbeitsunfähigkeit gilt als Nachweis der Berufsunfähigkeit
      Damit gelingt ein problemloser Nachweis ohne Gutachter-Hickhack. Der so genannte „gelbe Zettel“ vom Arzt genügt also zunächst als Nachweis. Später kann die Versicherung selbstverständlich eine Nachprüfung verlangen.

      6. Rentenbescheid über eine Erwerbsminderungsrente eines Sozialversicherungsträgers (z.B. BfA) reicht als Voraussetzung für BU-Rente

      7. Aus der Einstufung in Pflegestufe 1 der Pflegeversicherung folgt automatisch die Zahlung der BU-Rente

      8. Erleichterung des Nachweises der Berufsunfähigkeit für Beamte
      Für Beamte ist es enorm vorteilhaft, wenn eine nachgewiesene „Dienstunfähigkeit“ automatisch zur „Berufsunfähigkeit“ in der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) führt. Viele Versicherer versuchen eine solche Klausel allerdings in letzter Zeit zu streichen.

      9. Keine Arztanordungsklausel
      Eine solche Klausel räumt der Versicherung auch nach jahrelang gezahlter Berufsunfähigkeitsrente das Recht ein, den Erkrankten zu einer bestimmten Therapie oder auf einen bestimmten Arzt zu verpflichten. Für den Versicherten also ein Risiko, weil bei Nichtbeachtung die Rente gestrichen werden kann.

      10. Zinslose Stundung der Beiträge bis zur Leistungsentscheidung (auf Antrag)
      Wer berufsunfähig wird, der verliert oft auch das regelmäßige Einkommen. Damit kann es auch schwer fallen, weiter die Prämien für die BUZ zu zahlen. Wer jedoch keine Beiträge zahlt, verliert den Versicherungsschutz. Deshalb ist ein Recht auf Stundung der Beiträge bis zur Klärung des Leistungsfalls sehr wichtig.

      Klären Sie vor Abschluss des Vertrages möglichst alle 10 Punkte mit der Versicherung, dem Vertreter oder dem Makler. Eine Versicherung muss dabei nicht alle, sollte aber doch möglichst viele Punkte erfüllen.

      Wählen Sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung keinesfalls nur nach dem Preis aus. Was nutzt eine preiswerte Versicherung, die später nicht zahlt? Unser Tipp also: zunächst Versicherungen mit guten Bedingungen finden, erst dann nach dem Preis schauen. Und ganz wichtig: Alle Gesundheitsfragen im Antrag müssen vollständig und wahrheitsgemäß beantwortet werden. Andernfalls droht später der Verlust des Versicherungsschutzes.

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      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 19.10.2004 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      Avatar
      schrieb am 19.10.04 22:42:06
      Beitrag Nr. 20 ()
      Plusminus zum dritten:

      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=248

      Jobs im Ausland

      Während in Deutschland Bauarbeiter zu Hunderttausenden arbeitslos sind, klagt in Frankreich jede zweite Baufirma über Fachkräftemangel.



      Von Rebecca Gudisch

      „Auf den französischen Baustellen fehlen zurzeit 100.000 Mitarbeiter.“ Patrick Stefan Rheinert, Architekt und Vorsitzender des Wirtschaftsklubs Rhône-Alpes, weiß, wovon er spricht. Immer wieder geraten französische Baufirmen in Verzug oder liefern schlechte Arbeit ab, weil ihnen Mitarbeiter fehlen - eine Chance für arbeitslose Baufacharbeiter aus Deutschland. „Ein deutscher Arbeitnehmer, ein junger, aber auch ein älterer, wird hier mit Kusshand genommen“, so Rheinert. Ältere Facharbeiter hätten sogar den Vorteil, dass sie oft das nötige Know-how mitbringen. Und das wiegt in Frankreich offenbar mehr als in der Heimat.

      Edgar Laske ist einer derjenigen, die den Sprung gewagt haben. [plusminus hat ihn bereits im März begleitet, als er zum ersten Mal zu seinem zukünftigen Arbeitsort in den französischen Alpen fuhr (Link siehe unten). Mittlerweile arbeitet er ohne Probleme schon seit mehreren Monaten mit den französischen Kollegen zusammen. „Es ist nicht ganz einfach, weil wir in Frankreich etwas andere Arbeitsmethoden und andere Materialien haben. Aber das ist jetzt schon die zweite Baustelle, auf der wir zusammenarbeiten, und es fängt an, richtig gut zu klappen“, sagt der Baustellenchef Didier Giroud. Auch Gilbert Jarriand, Chef der Firma Pegaz & Pugeat, ist zufrieden mit seinen beiden Deutschen. „Sie machen gute Arbeit. Und für die nächsten Jahre sieht die Auftragslage so gut aus, dass ich Arbeit sicher habe“, so Jarriand.

      Von den Behörden im Stich gelassen

      Vor einem Jahr sah Edgar Laskes Zukunft noch düster aus: Über 40 Bewerbungen hatte der 52-Jährige geschrieben. Bekommen hat er nur Absagen. „Das war, wie wenn man in ein Loch gefallen ist“, erinnert sich der Bauarbeiter, „Man fühlt sich irgendwie im Stich gelassen.“ Erst die private Vermittlerin Christine Zahn mit ihrer Agentur ECC France gab ihm neue Hoffnung. Sie kennt die Situation und die Arbeitgeber vor Ort und konnte ihm den neuen Job bei der Baufirma in Chambéry beschaffen. Auch Edgar Laskes Kollege Thomas Wallys aus Leipzig wurde von Christine Zahn nach Chambéry vermittelt. „Ich fühle mich hier wohl. Man wird hier sehr freundlich aufgenommen“, berichtet er. Edgar Laske hofft nun sogar, bald seine Familie nachholen zu können.

      Doch Edgar Laske und Thomas Wallys werden Ausnahmen bleiben. Die Bundesregierung verweigert privaten Auslandsvermittlern ihre Unterstützung. Bereits vor einem halben Jahr wollte [plusminus vom Wirtschaftsministerium wissen, warum ein Vermittlungsgutschein von privaten Vermittlern nur bei einem Job im Inland eingelöst werden darf. „Die Einlösung des Vermittlungsgutscheins setzt die Aufnahme eines inländischen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses voraus, da die Mittel, aus denen der Gutschein gezahlt wird, aus den Beiträgen der inländischen Arbeitsgeber und Arbeitnehmer finanziert werden“, schrieb uns das Ministerium.

      Mittlerweile ist die Erprobungsphase des Vermittlungsgutscheins bis zum 31.12.2006 verlängert worden. Ab dem kommenden Jahr soll er pauschal 2.000 Euro betragen, unabhängig davon, wie lange der Arbeitslose bisher ohne Job war. Und der Gutschein ist sicherer geworden. Statt die erste Rate wie bisher schon bei Aufnahme der Arbeit zu erhalten, muss der Vermittler nun sechs Wochen warten. Mit dieser Regelung soll ein Missbrauch der Gutscheine verhindert werden. Umso verwunderlicher, dass der Gutschein immer noch nicht bei einer Vermittlung ins Ausland gelten soll. Denn für den deutschen Staat ist der Gutschein in jedem Fall ein gutes Geschäft: Der neu vermittelte Arbeitnehmer liegt ihm nicht mehr auf der Tasche: Er spart das Arbeitslosengeld – Monat für Monat. Die Vermittlungsprämie muss er nur einmal zahlen – und zwar nur bei erfolgreicher Vermittlung. Macht es da nicht Sinn, den Gutschein auch für eine Vermittlung ins Ausland zu öffnen? „So etwas wird die Bundesagentur prüfen müssen“, sagt Klaus Brandner, Mitglied der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Arbeit der SPD-Bundestagsfraktion. „Wir werden politisch gesehen diesen Prozess begleiten“.

      Begleitung ist auch das, was sich Christine Zahn und ihr Kollege Peter Scholten von den deutschen Behörden wünschen, und worauf sie die deutschen Behörden immer wieder angesprochen haben. Doch bisher Fehlanzeige. „Zwar wird uns von allen Stellen bescheinigt, dass wir etwas ganz Tolles machen. Doch zahlen will keiner“, sagt Peter Scholten. Vorschläge, sich doch von den französischen Arbeitgebern bezahlen zu lassen, erweisen sich als realitätsfern. „Ich weiß es sehr zu schätzen, was Frau Zahn macht und kann sehr gut verstehen, dass sie für Ihre Vermittlungstätigkeit entlohnt werden möchte. Doch ich zahle den neuen Arbeitnehmern ja schon das Gehalt am Ende des Monats und kann nicht auch noch eine Vermittlungsprämie zahlen“, sagt auch der französische Firmenchef Gilbert Jarriand. Auch Patrick Stefan Rheinert sieht das ähnlich: „Wenn ein französischer Arbeitgeber für die Vermittlung Geld zahlen soll, wird er doppelt vorsichtig sein, überhaupt einen deutschen Arbeitnehmer einzustellen.“

      Bereits im März stand die Vermittlungsagentur vor dem Aus. Christine Zahn hatte jedoch gehofft, dass sich bei den deutschen Behörden etwas bewegen würde. Nur die Arbeitsagentur in Verden bei Bremen zeigte sich kooperativ und fand einen Weg, die Vermittlerin mit einer Prämie zu unterstützen. Alle anderen Arbeitsagenturen bleiben jedoch unbeweglich. Dabei kann die Vermittlerin mittlerweile auf 20 erfolgreiche Vermittlungen zurückblicken, steht im Gespräch mit einem Arbeitgeber in Bordeaux, der 150 weitere Fachkräfte sucht. Doch zu weiteren Vermittlungen wird es wahrscheinlich nicht mehr kommen. „Uns steht das Wasser bis zum Hals. Wir können uns einfach nicht mehr finanzieren. Ich möchte wissen, was Herr Minister Clement den Arbeitslosen in Deutschland sagen wird, wenn im nächsten Jahr Hartz IV aktuell wird, und wir hätten ihnen hier Hunderte von Arbeitsplätzen beschaffen können.“

      Weitere Informationen:

      * „Arbeiten grenzenlos“
      [plusminus-Tipps zum Thema

      * „Grenzenlose Jobs: Arbeiten im Ausland“
      Ausführliche Infos zum Thema bietet das WDR-Wirtschaftsmagazin markt.

      * „Deutsche Gastarbeiter in Frankreich“
      [plusminus-Beitrag vom 23.03.2004

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      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 19.10.2004 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      Avatar
      schrieb am 19.10.04 22:47:39
      Beitrag Nr. 21 ()
      Plusminus zum vierten:

      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=250

      Lieferwagen auf der Überholspur

      Die Zahl der Kleintransporter wächst und mit ihr die gefährlichen Situationen auf den Straßen. Woran liegt es, dass sie so hohe Unfallzahlen aufweisen und was kann die Politik dagegen tun?

      Von Michael Houben

      Laut statistischem Bundesamt wuchs die Zahl der Kleintransporter in den vergangenen Jahren deutlich schneller als die Zahl der Pkw. Während die Zahl der Personenwagen von 1995 bis 2000 um rund fünf Prozent zunahm, stieg die Zahl der Kleintransporter um 25 Prozent. Gleichzeitig stieg aber die Zahl der schweren Verkehrsunfälle, an denen Kleintransporter beteiligt waren, um mehr als 50 Prozent. Die Zahl der Unfälle wächst also doppelt so schnell wie die Zahl der Fahrzeuge. Diese Zahlen sind seit etwa anderthalb Jahren offiziell bekannt. Spontan forderten damals die Landesverkehrsminister die Einführung eines Tempolimits für Kleintransporter, das bei etwa 130 km/h liegen soll. Diskutiert wird dabei sogar eine zwangsweise Drosselung der Motoren, so dass schnelleres Fahren rein technisch unmöglich wird. Doch der zuständige Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe sucht nach einer anderen Lösung - und hat bislang gar nichts getan.

      Die Bilanz der Versicherungsunternehmen

      Anfang des Jahres präsentierte schließlich das „Verkehrstechnische Institut der deutschen Versicherer“ eine Studie mit eindeutigen Erkenntnissen: „Alarmierend auf den Autobahnen ist, dass bei gut einem Viertel der Unfälle die Kleintransporter mit einer Geschwindigkeit von über 120 km/h unterwegs waren. Bei jedem fünften Unfall war die Geschwindigkeit sogar über 130 km/h. Jeder zwölfte war selbst auf der Landstrasse mit überhöhter Geschwindigkeit (über 100 km/h) unmittelbar vor dem Unfall unterwegs. Selbst Geschwindigkeiten über 120 km/h wurden ermittelt. Bei Unfällen auf Autobahnen mit Geschwindigkeiten über 120 km/h kommen folgende problematische Begleitfaktoren hinzu: Bei über 90 Prozent der Fälle hat der Kleintransporter-Fahrer Schuld (sonst in rund 65 Prozent). Übermüdung und Sekundenschlaf sowie Ablenkung/Unaufmerksamkeit sind dreimal so häufig vertreten. Überladung sowie ungünstige Ladungsverteilung und ungesicherte Ladung verschlimmern die Situation hinsichtlich Bremsverhalten und Fahrstabilität.“ Wieder wurde - neben anderen Maßnahmen ein Tempolimit für Kleintransporter gefordert . Wieder lehnte der Bundesverkehrsminister diese Forderung ab.

      Tempolimit - Pro und Contra

      Spediteur Jost-Henning Scharna ist darauf spezialisiert, Gefahrgut mit Kleintransportern quer durch Europa zu transportieren. Seine Spedition Ha’ddeier fährt explosive Stoffe, Säuren, Proben von Krankheitserregern oder sonstiges Material, das präzise auf Temperatur gehalten werden muss. Dafür sind nicht nur die Fahrer speziell geschult, auch die Fahrzeuge sind technisch deutlich besser ausgestattet als normale Kleintransporter. Und sie wurden durch Eingriff in die Motorsteuerung auf eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 130 km/h gedrosselt. Beschleunigung und Stärke des Motors blieben dabei unverändert. Die Fahrer mussten sich erst daran gewöhnen, dass die linke Spur der Autobahnen jetzt auch auf Fernstrecken nur noch selten genutzt werden kann. Heute rollen Sie meist mit nur 120 km/h dahin und sehen darin fast nur Vorteile: Die Reisezeit wird dadurch kaum länger - schließlich kann man höhere Geschwindigkeiten meist nur für wenige Minuten fahren, bis man dann doch wieder abbremsen muss. Wenn diese Hochgeschwindigkeitsabschnitte entfallen, ist die gesamte Reisezeit trotzdem nur wenige Minuten höher. Doch für die Fahrer entfällt ein großer Teil Stress und der Spediteur spart sogar Kosten: Bei Vollgasfahrt braucht ein Kleintransporter rund 15 Liter Diesel je 100 Kilometer, bei Richtgeschwindigkeit sind es nur 11 Liter.

      Den Effekt spürt man auch noch - wenn auch abgeschwächt - in der Gesamtbilanz. Früher mussten die Bremsbeläge der Transporter etwa alle 25.000 Kilometer ausgetauscht werden. Solche Strecken fahren die Wagen innerhalb weniger Monate. Seit Ha’ddeier seine Fahrzeuge gedrosselt hat, halten die Bremsbeläge fast unbegrenzt. Heute werden sie lange vor Ihrer Abnutzung ausgewechselt, weil ihre Wirkung nach rund einem Jahr durch schlichte Alterung nachlässt.

      Obwohl der Chef wie auch seine Fahrer nur Vorteile sehen, glaubt Jost-Henning Scharna nicht an die Wirksamkeit eines generellen Tempolimits. Solange die Wagen schneller fahren können, halten sich auch heute die wenigsten Fahrer an ein Tempolimit. Auch wenn heute nur noch auf einem kleinen Teil der Autobahnen wirklich „freie Fahrt“ gilt, wird trotzdem überall gerast.

      Auf die Rahmenbedingungen kommt es an

      Spediteure wie Jost-Henning Scharna sind nicht nur in Sachen Tempolimit die Ausnahme: Der überwiegende Teil der Kleintransporter gehört nicht Spediteuren, sondern Subunternehmern, die im Auftrag der Speditionen fahren. Während Ha’ddeier für sein spezielles Know-How bei Gefahrguttransporten überdurchschnittliche Preise erzielt, herrscht unter normalen Kleintransportern ein gnadenloser Preiskampf. Die eigentlichen Spediteure - die Organisatoren der Fahrt - schreiben die Touren aus und vergeben sie an den preiswertesten Subunternehmer. Der fährt dann mit eigenen Wagen auf eigene Rechnung und eigenes Risiko.

      Eine solche Ausschreibung liegt uns vor. Sie stammt von der Post und betrifft unter anderem eine Fahrt von Darmstadt nach Erfurt und zurück. Um 21.15 Uhr soll der Wagen sechsmal in der Woche im Briefzentrum Darmstadt zur Beladung bereit stehen. Um 0.45 Uhr muss er in Erfurt entladen und erneut beladen werden. Weitere dreieinhalb Stunden später muss er wieder in Darmstadt sein. Wenn man pro Ladevorgang insgesamt eine halbe Stunde ansetzt, bleiben jeweils drei Stunden Fahrzeit für knapp dreihundert Kilometer. An trockenen Tagen mit wenig Verkehr ist das durchaus zu schaffen. Zwar herrscht über weite Teile der Strecke ein Tempolimit von teilweise sogar unter 100 km/h, doch wenn man zwischendurch deutlich schneller fährt, ist ein Schnitt von 100 km/h durchaus möglich. Wenn der Verkehr aber - gerade am Anfang der Tour - dichter wird, wenn es etwa rund um Frankfurt doch nur zäh vorangeht, lässt sich das in der zweiten Hälfte der Fahrt nur mit Vollgas ausgleichen - wenn überhaupt. Vor allem aber: Laut Gesetz wäre nach spätestens viereinhalb Stunden eine Pause von insgesamt 45 Minuten fällig. Würde der Fahrer sich daran halten, müsste seine durchschnittlich gefahrene Geschwindigkeit sogar deutlich über 100 km/h liegen. Das schafft auf deutschen Autobahnen auf Dauer nicht mal ein PKW.

      Für den Fahrer eines Kleintransporters bedeutet das schlicht Stress. Denn der uns vorliegende Vertrag enthält saftige Konventionalstrafen. Kommt der Wagen auch nur 15 Minuten verspätet an, droht eine Kürzung der Vergütung um 30 Prozent. Weitere 15 Minuten lassen den Abzug um jeweils weitere 15 Prozent steigen. Da der Subunternehmer von seinen Einnahmen auch Benzin und Wagenverschleiß bezahlen muss, bedeutet schon eine Verspätung von 15 Minuten, dass der Fahrer für diese Tour ohne Lohn nach Hause fahren muss.

      Die Post teilt uns auf Nachfrage mit, dass Ausschreibung und Vertrag in dieser Form tatsächlich existieren. Allerdings sei die Fahrzeit nach Auffassung der Post so disponiert, dass der Fahrer auch mit den gesetzlich vorgeschriebenen Pausen und sicherem Tempo pünktlich ankommen könne. Die in den Verträgen angedrohten Konventionalstrafen würden bei Verspätung wegen Verkehrsstörungen nicht angewandt. Überprüfen können wir das nicht. Der von uns beobachtete Fahrer hatte jedoch keine ausreichende Gelegenheit zur Pause, obwohl er sich gerade in Baustellenbereichen eben nicht an dortige Tempolimits hielt.


      Die Verantwortung des Auftraggebers

      Der Auftraggeber disponiert zwar die Tour, setzt die Rahmenbedingungen, doch das Risiko für jede Art von Unfall oder Verkehrsverstoß, trägt allein der Subunternehmer, dem der Wagen gehört. Darin sieht auch Jost-Henning Scharna die vielleicht wichtigste Ursache des heutigen Problems. Die Auftraggeber haben natürlich ein Interesse, die Transportleistung immer noch billiger einzukaufen und sie dann trotzdem pünktlich ankommen zu lassen. In seiner speziellen Nische ist das anders: Sobald Gefahrgut an Bord ist, haftet auch der Auftraggeber dafür, dass der Transport sicher abgewickelt wird. Noch an der Laderampe muss der Auftraggeber kontrollieren, dass der Wagen technisch sicher ist und der Fahrer auch in der Lage, den Wagen zu lenken. Wenn dann ein Unfall passiert, weil der Wagen überladen war, oder technisch defekt - oder auch weil Lenk- und Ruhezeiten nicht eingehalten wurden, dann haftet auch der Auftraggeber. Ihm können sogar hohe Strafen aufgebrummt werden. Würde eine solche Mitverantwortung der Auftraggeber auch für ‘normale’ Kleintransporte gelten, dann würden auch hier die Auftraggeber ein hohes Interesse daran haben Mindeststandards in der Branche zu erhalten.

      Eine Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes

      Das Gesetz, welches den gewerblichen Straßengüterverkehr in Deutschland regelt, gilt derzeit erst ab einem Fahrzeuggewicht von 3,5 Tonnen und damit eben nicht für die klassischen Kleintransporter. Um eine Haftung des Auftraggebers zu erreichen, müsste man dieses Gesetz ändern. Wenn auch gewerbliche Gütertransporte in kleineren Fahrzeugen dort erfasst werden, hat sich auch das letzte entscheidende Problem erledigt, das Spediteur Jost-Henning Scharna derzeit sieht: „Jeder, der mit größeren Lkw heute Güter transportieren will, muss vorher eine gewisse Sach- und Fachkunde nachweisen und sich bescheinigen lassen. Das betrifft zum Beispiel das Wissen über Lenk- und Ruhezeiten oder auch Kostenrechnung. Wer heute einen Kleintransporter lenkt oder disponiert, muss nicht wissen, wie die Lenk- und Ruhezeiten sind, muss nicht wissen, welche Kosten er realistischerweise einkalkulieren muss. Resultat: In der Praxis überlebt heutzutage ein Kleintransportunternehmer in der Rhein-Main-Region im Durchschnitt rund 14 Monate, dann ist er Konkurs. Der Auftraggeber sucht sicht einen Neuen, es gibt ja genug davon, bis hin zur Ich-AG mit geleastem Kleintransporter. Entsprechend hoch ist auch die Quote von Leasingverträgen für solche Fahrzeuge, die vorzeitig wegen Insolvenz beendet werden. Würde ein gewisses Mindestmaß an Sach- und Fachkunde auch von den Kleinspediteuren verlangt, wäre es damit vorbei.“

      Keine Änderung in Sicht

      Doch obwohl die Problematik inzwischen seit Jahren intensiv diskutiert wird, existieren entsprechende Pläne bis heute nicht. Auf Anfrage bestätigt das Bundesverkehrsministerium lediglich, dass man an einer verschärften Verordnung für Kleintransporter arbeite. Wesentliche Neuerung darin: Wer vorausfahrende Fahrzeuge durch Drängeln nötigt, soll härter bestraft werden. Dabei soll der gerade noch erlaubte Drängelabstand verschärft werden: auf dreizehntel des halben Tachowertes. Bei Tempo 100 wären das 15 Meter. Bei 160 km/h gerade mal 24 Meter. Bei diesem - dann gerade noch erlaubten - Abstand wäre bei einer Bremsung ein Auffahrunfall absolut garantiert.
      Hinzu kommt, dass Verstöße gegen diese Verordnung in der Praxis nur zu ahnden sind, wenn sie von einem Polizisten durch Messung tatsächlich festgestellt werden.

      Links:

      * ADAC Fahrsicherheitszentrum

      * Bundesanstalt für Straßenwesen

      * Gesellschaft für Ursachenforschung bei Verkehrsunfällen

      * Gutachten des Verkehrstechnischen Instituts der Versicherer

      * Statistisches Bundesamt

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      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 19.10.2004 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      Avatar
      schrieb am 19.10.04 22:54:49
      Beitrag Nr. 22 ()
      P.S.:

      Stolpe, Bundesagentur für Arbeit, Verbraucherschutz (hier: im Falle des beschriebenen Verhaltens von Versicherungen)
      ---> Dauerthemen ...

      Keine Aussicht auf Besserung.



      Wie kann man hier noch angemessen kommentieren?

      Mit Sarkasmus? Ironie? Zynismus?


      Bitte um Vorschläge...
      Avatar
      schrieb am 19.10.04 23:39:48
      Beitrag Nr. 23 ()
      ... mit Fatalismus ?:rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 20.10.04 00:22:55
      Beitrag Nr. 24 ()
      TimeTunnel, dass ich darauf nicht gekommen bin :mad::cry::laugh:
      Avatar
      schrieb am 20.10.04 00:51:50
      Beitrag Nr. 25 ()
      #1,
      Er nannte den Rußpartikelfilter " nicht sonderlich innovativ" .

      Da hat er ja auch Recht - Peugeot hat ihn schon ein paar Jahre, ist also nicht neu.
      Ich bin durchaus Deiner Meinung, dass der Partikelfilter schon längst per Gesetz vorgeschrieben sein müsste. Es ist aber auch die Arroganz deutscher Ingenieure, die meinten es besser machen zu können, ohne diesen "primitiven" Filter. Nur haben sie ihr Ziel, die Russentstehung schon beim Verbrennungsprozess zu eliminieren, nicht geschafft. Im übrigen kann ich mich noch gut an das Theater erinnern, als der Bleigehalt im Benzin reduziert wurde. Geht nicht, wurde gejammert. Ging aber doch.
      Man kann aber auch die Unvernunft der Verbraucher nicht ignorieren. Für viele sind eben Spoiler und LM-Felgen wichtiger als Russpartikelfilter - dafür ist man oft locker bereit, den Preis den ein Filter kosten würde, auszugeben. Für viele deutsche Dieselfahrzeuge ist diese Option durchaus möglich. Ein anderer Weg wäre ja auch, Herstellern die keine Filter anbieten bei der Kaufentscheidung die rote Karte zu zeigen.
      Avatar
      schrieb am 20.10.04 00:58:14
      Beitrag Nr. 26 ()
      #25,
      Es ist aber auch die Arroganz deutscher Ingenieure, die meinten es besser machen zu können, ohne diesen " primitiven" Filter.

      es ist nicht deren Wille oder Arroganz,
      nach deren Wüschen wäre der Filter schon Einbaustandard;
      sondern die der vorgesetzten und übergeordneten Juristen und Kaufleute
      der nächsthöheren Entscheiderebene !

      da hocken und werkeln die wahren Ignoranten und Arroganten ! :mad:
      Avatar
      schrieb am 20.10.04 03:41:00
      Beitrag Nr. 27 ()
      Vicco,

      in Anbetracht dieses Threads, dem wichtigen Thema, der Beiträge bis hierhin, Deine zutiefst berechtigten Sorgen über einen völligen Moralverfall, wollte ich mit diesem "Fatalismus", dieser Schicksalsergebenheit, nur eine gewisse und allgemeine Machtlosigkeit ausdrücken, für den einzelnen Menschen als Bürger. Es ist doch so ... was bleibt denn im letzten übrig, als zuzuschauen ?

      Welche Handhabe an wirklichem Bewegen ist noch da ? Volksentscheide gibt es nicht, sie sind nicht erwünscht, nach wie vor, damit wird das Wahlvieh als unmündig deklariert. Seine Zweckbestimmung ist eben eine andere. Wir wählen und wählen und wählen und doch ist es längst keine Wahl mehr, ein Einheitsbrei aus sich gegenseitig bedienenden und zuspielenden Interessen ist entstanden, Parteifarbe unwichtig, hat sich fest etabliert.

      In Deinem Threadtitel steht der Anfang "Industrie und Politik...", hier kannst Du das Mittelwort schon verbannen, das Übriggebliebene ist miteinander verbandelt, fast identisch. Ein Hartz entscheidet als Manager über das Sozialgefälle im Staat, dröhnt die an, für die das Unternehmen, dem er selbst angehört, längst keine Arbeitsplätze mehr zu bieten hat. Ein Schröder trägt als Kanzler den Titel "Boss der Bosse", verarscht süffisant Holzmänner. Ein Gewerkschaftsboss Steinkühler saß an entsprechender Stelle und nutzte die dort intimen Informationen für lukrative Privatgeschäfte an der Börse, wird man erwischt, tritt man halt zurück, alles nur "Fehler" (menschliche Unvollkommenheit). XY-Ministerpräsidenten sitzen als Landesväter, neben ihrer aufopfernden Volksvetretung, in völliger Interessenskonformität, gleichzeitig und parallel in 3 verschiedenen Aufsichtsräten und 2 Vorstandsebenen, die Vorarbeit dazu leisten wiederum die Hunzigers als PR-Fritzen, die mit ihrem Lederköfferchen durch die Regierungsbänke flanieren, Superkredite verteilen, maßgeschneiderte Politik für ihre Auftraggeber einfach einkaufen, irrelevant, welche Farbe gerade auf dem Regierungsschemel Platz genommen hat ... und und und und, Kilometertapeten kann man schreiben, irgendwo da ist dann auch Dein Rußpartikelfilter zu finden.

      Wenn Du mich fragst : Ein einziger Sauhaufen, es stinkt von vorne bis hinten, durchgehend !

      Wo also anfangen ? Was kann man tun, wirklich tun ?

      Fatalismus ... wie die Kabarettisten, die Du meinst, mit ihrem Sarkasmus, ihrer Ironie und bisweilen auch Zynismus, die besten Kritiker überhaupt, aber dahinter verbirgt sich tiefe Sorge ... und über die lacht das Volk auch noch.

      TT
      Avatar
      schrieb am 20.10.04 04:07:51
      Beitrag Nr. 28 ()
      TimeTunnel,

      Dein #27 ist ein fabelhaftes Posting, dickes Kompliment(!) -

      und es spricht mir absolut aus der Seele!

      Ich kann mir kaum vorstellen, was dem noch hinzuzufügen sein sollte. Nur weitere Beispiele lassen sich natürlich in beliebiger Anzahl finden, jetzt und vermutlich auch in Zukunft.

      Ein Freund, der hier auch postet, sagte mit dieser Tage, er habe jetzt endgültig genug von dem bekannten Gefühl der Hilflosigkeit und werde in eine (regionale) Bürgerpartei eintreten, um etwas bewegen zu können.

      Und das mache ich jetzt auch...


      Grüße, Vicco
      Avatar
      schrieb am 20.10.04 04:12:52
      Beitrag Nr. 29 ()
      Ein Freund, der hier auch postet, sagte mir dieser Tage...
      Avatar
      schrieb am 20.10.04 08:33:45
      Beitrag Nr. 30 ()
      ...und jeder weiß, wie qualvoll ein Lungenkrebstod sein kann...
      Seufz, Du (#1) sagst es. Das hat jeder von uns schon mal persönlich durchgemacht, und keiner von uns will das sicher ein 2tes mal erlauben.
      Plädiere auf Unmoralisch.
      Avatar
      schrieb am 20.10.04 23:07:49
      Beitrag Nr. 31 ()
      Eure prinzliche Gemeinheit, pardon Hoheit :D:laugh: ,

      ich schrieb aber "jeder weiß" und nicht "jeder hat schon einmal durchgemacht".

      Bzw. -
      "durchgemacht" hat jeder schon (mehr als) einmal (hoffentlich),
      aber wohl diverse Nächte und am Ende schicker
      (das ist dann Schicksal, Du weißt; nichts ist schicker als mit Schicksen aus der Schickeria schnickseln - oder ist das i da falsch?).


      Und hier die kleine Lebensweisheit zum Tage:

      Lieber Falling in Love als Fallingbostel
      Avatar
      schrieb am 20.10.04 23:44:11
      Beitrag Nr. 32 ()
      Hallo Vicco,
      den Thread führe ich mir bei Gelegenheit mal zu Gemüte.

      Mich hat Fallingbostel aufgeschreckt.

      Meinen letzten Urlaub, erst wenige Wochen vergangen, verbrachte
      ich in dieser Gegend. Kennzeichen SFA
      Avatar
      schrieb am 20.10.04 23:55:50
      Beitrag Nr. 33 ()
      @Time Tunnel
      Ich habe gerade deine # 27 wiederholt gelesen.

      Deinen Ausführungen stimme ich zu.

      Die von dir am Ende deines Beitrags gestellte Frage stellt sich auch mir.

      Eine vernünftige Antwort habe ich darauf bisher nicht gefunden.
      Vielleicht bleibt wirklich nur rechts von der CDU wählen um „unsere
      Volksvertreter“ wachzurütteln?
      Avatar
      schrieb am 21.10.04 00:14:16
      Beitrag Nr. 34 ()
      http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,323978,00.html

      aekschonaer, Fallingbostel stand heute ja im Zentrum des Geschehens ;) ...


      Ich weiß allerdings nicht, ob es für einige Leute hieß:

      Falling in bostel, ähm Fallingbostel :D ...
      Avatar
      schrieb am 21.10.04 00:22:13
      Beitrag Nr. 35 ()
      @Vicco,
      wenn mir die Threadfremde Anmerkung erlaubt sei:

      http://www.heidekreis.de/

      Der Urlaub war so ruhig und erholsam wie ich mir diesen vorstellte. Einer der Gründe, weshalb ich meine Urlaube in Deutschland verbringe.
      Avatar
      schrieb am 21.10.04 01:13:00
      Beitrag Nr. 36 ()
      aekschonaer,

      aber gerne doch ;) .

      Sowas zwischendurch sorgt für ein bisschen Entspannung :) ...
      Avatar
      schrieb am 21.10.04 08:15:25
      Beitrag Nr. 37 ()
      ViccoB,
      ich hatte mirs nicht verkneifen können, Deine Formulierung war eine Steilvorlage deren Kitzel ich nicht widerstehen konnte.
      Egal, schade dass ein Land das schöne Namen wie Fallingbostel hervorbringt wirtschaftlich und politisch sovielen failing apostels Platz einräumt...
      Avatar
      schrieb am 21.10.04 09:01:41
      Beitrag Nr. 38 ()
      Ungerechtigkeit in Person
      Hohe Managergehälter bei steigender Arbeitslosigkeit schaden der sozialen Marktwirtschaft. Die Regierung tut nichts, um die Firmen in die Pflicht zu nehmen
      Der Begriff "Gerechtigkeit" steht zu Debatte. Ist die Senkung der Arbeitslosenhilfe auf das Niveau der Sozialhilfe gerecht? Oder sind es die geplanten Entlassungen bei Opel? Wie steht es mit den Lohnsenkungen bei Siemens und DaimlerChrysler? Wenn der alte soziale Konsens umkämpft ist, verschwimmt auch der Sinn für das, was Gerechtigkeit ist.

      Dabei bleibt der Vorwurf der Ungerechtigkeit eine scharfe Waffe. Regierung und Wirtschaftselite fürchten sich vor ihm. Sehr schön lässt sich das an der Debatte über die Gehälter der Unternehmensvorstände beobachten. Seit die 30-Millionen-DM-Abfindung für Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser Gegenstand eines Gerichtsprozesses war, reagieren viele Manager sensibel, wenn man sie nach der Berechtigung ihrer exorbitanten Bezüge fragt. Weil sich Rot-Grün im Gerechtigkeitsdiskurs von der CSU nicht links überholen lassen will, bereitet man ein Gesetz vor, um die Vorstände zumindest zur Ehrlichkeit zu zwingen. Offene Information über ihr Einkommen - heute die Ausnahme - wäre ein erster Schritt, um allzu krasse Selbstbedienung der Firmenchefs zu verhindern.

      Dass die Managergehälter stark gestiegen sind, lässt sich nicht bestreiten. Aber sind sie deshalb ungerecht? Beanspruchen die Manager im Auftrag der Aktionäre einen zu großen Teil der Wertschöpfung, bereichern sie sich auf Kosten der Beschäftigten und der Allgemeinheit? Ein Weg, diese Fragen zu beantworten, findet sich in der "Theorie der Gerechtigkeit" des US-Philosophen John Rawls. Der formulierte in den 1970er-Jahren das moralische Programm des politischen Liberalismus. Es spiegelt gleichzeitig die Erwartungen an eine funktionierende soziale Marktwirtschaft, die neuerdings unter die Räder gerät.

      Rawls Kernthese: Soziale Gerechtigkeit existiert nur dann, wenn auch die im sozialen System am schlechtesten gestellte Position profitiert. Ein hoher Wohlstandsgewinn der Elite darf nicht mit Einkommensverlusten der Ärmsten erkauft werden. Wenn die Unterschicht nur wenig gewinnt, die Oberschicht aber sehr viel, läuft dies zwar auf eine zunehmende soziale Polarisierung hinaus - bedeutet aber in dem Fall keine Ungerechtigkeit, wenn alle wenigstens ein bisschen profitieren.

      Dieses Postulat beinhaltet den Zustand der sozialen Marktwirtschaft zur ihrer besten Zeit: Der alljährliche Zuwachs wurde zu unterschiedlichen Anteilen auf die sozialen Gruppen verteilt, es ging aufwärts für - fast - alle. Wie ist es um diese Bedingung heute bestellt? Beispiel Siemens AG: Die Summe der Vorstandsbezüge hat von umgerechnet rund 8 Millionen Euro 1995 auf 28,2 Millionen Euro 2003 zugenommen - die Manager verdienen zurzeit etwa 350 Prozent ihres damaligen Salärs. Betrachtet man zum Vergleich die Position der Beschäftigten, so lässt sich daraus zunächst keine Ungerechtigkeit ableiten. Von 1995 bis 2003 war es der Gewerkschaft IG Metall in der Regel vergönnt, in den Tarifverhandlungen wenigstens bescheidene Steigerungen der Beschäftigtenlöhne durchzusetzen.

      Das Bild verändert sich jedoch, bezieht man die Zahl der Arbeitsplätze in die Bewertung ein. International stagnierte die Zahl der Jobs im Siemens-Konzern, bei minimalem Zuwachs: Während das Unternehmen 1995 durchschnittlich 413.000 Leute beschäftigte, waren es 1995 417.000. Im Inland dagegen ist ein drastischer Rückgang zu verzeichnen: 1995 bezahlte Siemens in Deutschland 253.000 Arbeiter und Angestellte, acht Jahre später nur noch 170.000. Aus der Perspektive von Erwerbslosen betrachtet, bedeutet der Verlust von 83.000 inländischen Stellen eine erhebliche Verschlechterung ihrer Position.

      Nun könnte man argumentieren: Die Firma handelt richtig, die Wachstumsmärkte liegen jetzt woanders, es ist sinnvoller, die Produkte dort herzustellen, als sie von Deutschland aus auf eine weite Reise zu schicken. Und: Die Gewinne aus Siemens weltwirtschaftlichen Erfolgen fließen zum Teil nach Deutschland zurück und schaffen hier neue Arbeitsplätze in neuen Firmen. Leider aber tritt genau dieser Effekt nicht ein: Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitstellen in Deutschland geht zurück. Denn mit wenigen Ausnahmen handeln alle Großunternehmen wie Siemens. Auch DaimlerChrysler, auch die Deutsche Bank. Nicht in einzelnen Unternehmen werden Beschäftigte, denen der Arbeitsplatzverlust droht, ebenso wie Erwerbslose, die schwerer eine neue Anstellung finden, schlechter gestellt, sondern in der gesamten deutschen Wirtschaft.

      Diese Verluste an Lebensqualität für die am wenigsten Begünstigten stehen dem gewaltigen Zuwachs an Wohlstand gegenüber, den die Vorstandsmitglieder einfahren. Die Summe der Vorstandsgehälter bei der Deutschen Bank beträgt heute gut 600 Prozent der Verdienste von 1995. Bei DaimlerChrysler sieht es ähnlich aus. Mit John Rawls gesprochen, lässt das Missverhältnis zwischen Verlust am einen Ende und Zuwachs am anderen nur einen Befund zu: Dieses System der Verteilung von Wohlstand ist ungerecht.

      Dass das Rawlssche Verständnis von Gerechtigkeit lebensweltlich und politisch relevant ist, beweist die Bereitschaft der Vorstände, ihre Gehälter öffentlichkeitswirksam zu reduzieren, um weitere Zugeständnisse der Belegschaften zu erkaufen. So geschehen im Sommer bei DaimlerChrysler. Aktuell bietet VW einen gewissen Gehaltsverzicht der Manager an. Das mag die Wut der Beschäftigten dämpfen, die noch in den Konzernen arbeiten. Der Befriedung des Konflikts mit jenen, die aus dem Arbeitsprozess bereits ausgestoßen sind, dient die symbolische Bescheidenheit freilich nicht.

      Wie aber könnte wieder Gerechtigkeit hergestellt werden? Einerseits ist bedenkenswert, was der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel vorschlägt: Die Vorstandsgehälter sollten das 50fache des normalen Lohns im jeweiligen Unternehmen nicht übersteigen. Die Chefs deutscher Aktiengesellschaften dürften - über den Daumen gepeilt - dann nicht mehr als 1,5 Millionen Euro pro Jahr verdienen. Zum Vergleich: DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp lässt nicht dementieren, dass er 2003 10,8 Millionen bekommen hat. Käme die Hickel-Regel zur Anwendung, hätte Schrempp einen Verlust von 9,3 Millionen pro Jahr zu verschmerzen. Ob er von Rot-Grün per Gesetz oder vom Daimler-Aufsichtsrat per Beschluss dazu verdonnert wird? Man darf gespannt sein.

      Andererseits: Auch eine Reduzierung der Managerbezüge würde an der grundsätzlichen Ungerechtigkeit nichts ändern. Dazu müssten die Konzerne vor allem durch ausreichende Steuerzahlung zu einer menschenwürdigen Finanzierung der Erwerbslosen beitragen. Das aber ist ein frommer Wunsch angesichts des internationalen Steuerdumpings und des mangelnden Willens der Bundesregierung, die Unternehmen adäquat an gesellschaftlichen Aufgaben zu beteiligen. So bleibt einstweilen nur der Befund, dass das Maß an Ungerechtigkeit, das die vermeintlich "soziale" Marktwirtschaft hervorbringt, weiter unkontrolliert zunehmen wird.

      HANNES KOCH

      taz Nr. 7493 vom 21.10.2004, Seite 11, 241 Zeilen (Kommentar), HANNES KOCH, taz-Debatte
      Avatar
      schrieb am 21.10.04 11:15:38
      Beitrag Nr. 39 ()
      #20,

      hab die plus-minus Sendung gesehen.

      Mein Eindruck: der guten Frau von der ZA-Firma gehts einfach darum Staatsgelder abzuzocken.

      Denn ansonsten hätte Sie die freien Stellen ja auch anderweitig anbieten können, ohne auf die Vermittlungsgutscheine zu bestehen.

      Oder die französische Firma schaltet einige Anzeigen in D, wo man doch weiss, daß da zehntausende Bauarbeiter auf Jobs warten.

      Nein, hier soll nur weiter von der Not profitiert werden.

      Böse Zungen behaupten die PSA und ZA arbeiten mit Unternehmen zusammen, die die Fluktuation auf einigen Stellen beabsichtigt hoch halten, um an so viele Gutscheine, sprich öfentliches Geld, wie möglich zu kommen.

      1 Stelle 4 mal pro Jahr vermittelt bedeutet dann : 4 Arbeitsplätze geschaffen und viermal kassiert.

      Es mag ja auch Ausnahmen geben.
      Avatar
      schrieb am 22.10.04 01:39:30
      Beitrag Nr. 40 ()
      Wie in #28 vermutet - die Kette der Beispiele reißt nicht ab:

      http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,323…

      KRIMINALITÄT

      "Ermitteln verboten!"

      Von Jürgen Roth

      Hochkarätige Gangster agieren ungeniert in Deutschland, die überforderte Polizei kann die Kriminalität nur noch verwalten - Thesen aus dem neuen Buch von Jürgen Roth, einem der bekanntesten Kenner organisierter Kriminalität. manager-magazin.de veröffentlicht ausgewählte Passagen.

      "Wer taub ist und blind und den Mund hält, der wird in Frieden einhundert Jahre alt" - Sizilianische Lebensweisheit.

      Deutschland ist unter die Räuber gefallen. Da darf in Frankfurt am Main seit Jahren ein gefährlicher Auftragskiller frei herumlaufen.

      In Düsseldorf sieht man den türkischen Mafiapaten Ali B. flanieren, der unter anderem sechs Morde verübte. Im Kasino verzockt er in einer Nacht schon mal locker eine Million Euro.

      Unterdessen schlendert, fröhlich pfeifend und mit seinem Pitbull an der kurzen Leine, in einem kleinen deutschen Dorf einer der fünf größten Drogenhändler Europas umher. Die Anführer der kriminellen Proleten, der Hell`s Angels, übernehmen in den Metropolen ein Luxusgroßbordell nach dem anderen.

      Schließlich prahlt ein krimineller albanischer Klan voller Stolz, er habe seit Jahren den Hamburger Senat in der Hand. Und diese Behauptung ist nicht einmal übertrieben. Dass suspekte kapitalkräftige Investoren aus der ehemaligen Sowjetunion gehätschelt werden wie im verblassenden Kurort Baden-Baden, wagt man kaum noch zu erwähnen.

      "Peanuts sind das alles", wendet ein führender Wirtschaftskriminalist aus Würzburg ein. "Schauen Sie sich mal die engen Verbindungen zwischen hochkarätigen deutschen Politikern und dubiosen Anlagefonds an, die Milliarden Euro vernichten."

      Polizei und Justiz im einstigen Wirtschaftswunderland hätten eigentlich genügend zu tun, um den kriminellen Dschungel ein wenig zu lichten.

      Da wären die deutschen Täter und ihre kriminellen Verflechtungen, die Absprachekartelle, Subventions- und Anlagebetrüger ebenso wie die deutschen Zuhälterbanden und die ohnehin vorhandenen örtlichen Kleinkriminellen. Doch Deutschland liegt im Zentrum Europas. Und so beherrschen etwa türkische und kurdische Familienklans nach wie vor den Heroinmarkt.

      Zwar versuchen andere Banden, zum Beispiel Albaner und Russen, in diesen lukrativen Markt hineinzudrängen, aber die mächtigsten Dealer kommen weiterhin aus der Türkei. Kosovo-albanische Klans erkämpfen sich verstärkt Anteile im Rotlichtmilieu.

      Ihre Methoden und Mittel: Durchschlagskraft, Brutalität, Kriegserfahrung und strikte Abschottung. Blutige Verteilungskämpfe um kriminelle Märkte in einigen Städten sind ein aufflammendes Menetekel, ebenso die sich bereits bildenden Parallelgesellschaften mit "No-Go-Gebieten".

      Noch rauben, morden, bestechen und betrügen die traditionellen Syndikate der Russenmafia überwiegend in den Heimatländern und legen "nur" ihre kriminellen Gewinne in sauberen Firmen in Deutschland an mit dem Ziel, Wirtschaft und Politik zu durchdringen.

      Doch auch in Deutschland bilden sich bereits hochkriminelle und konspirativ arbeitende Gangs junger Russlanddeutscher, die ihren Vorbildern in der ehemaligen Sowjetunion in nichts mehr nachstehen. Und auch chinesische Triaden agieren weitgehend unbehelligt in den Bereichen Drogenhandel, Geldwäsche und Produktpiraterie.

      Italienische "Mafiagrößen" - ob Cosa Nostra, Ndrangheta oder Camorra - haben sich zwar teilweise von der schwersten Gewaltkriminalität abgewandt. Trotzdem spielen sie weiterhin eine gewichtige Rolle im internationalen Drogen- und Waffenhandel. Zudem investieren sie in Deutschland ihre weitgehend unangetasteten kriminellen Vermögen und verlagern ihre Aktivitäten zunehmend auf den Bereich der Wirtschaftskriminalität.

      Und häufig sind diese höchst unterschiedlichen Gruppen und Personen zeitweise miteinander vernetzt bzw. gehen Zweckbündnisse ein. Das vermeintlich "idyllische" Milieu von Zuhälterbanden, Mördern, Drogenhändlern, Waffenhändlern und Kraftfahrzeugdieben haben die meisten von ihnen weit hinter sich gelassen.

      Das alles sind keine Märchengeschichten. Es ist auch keine billige Panikmache oder gar journalistische Schaumschlägerei. Darüber könnte man sich ja dann fast schon freuen.

      Nein, das ist die Wirklichkeit, die von niemandem ernsthaft bestritten werden kann. Und sie wird es im Prinzip ja auch nicht. Aber der "Kampf gegen den Terrorismus", wird der Leser einwenden, der werde doch wenigstens beherzt und mit allen Mitteln geführt. In der Tat.

      Wenn in der Berliner Regierungszentrale überhaupt etwas Priorität hat, dann ist es das. Bekanntlich haben "Ende 2003 die westlichen Regierungen ihre Polizei- und Nachrichtendienste angewiesen, dem Kampf gegen den Terrorismus absoluten Vorrang einzuräumen".

      Viel Vergnügen, ist man geneigt zu sagen, angesichts des bereits verlorenen Kampfes gegen andere, weitaus harmlosere kriminelle Delikte.

      Vor diesem Hintergrund ist deshalb seit geraumer Zeit ein Phänomen unüberseh- und unüberhörbar geworden: Hochqualifizierte Kriminalisten wie einfache Polizeibeamte oder unzufriedene Staatsanwälte und Richter begehren auf.

      Sie wollen Kriminalität (ob Massenkriminalität, Wirtschafts- oder Organisierte Kriminalität) bekämpfen, können beziehungsweise dürfen es allerdings nicht mehr. Und das ist der politische Skandal.

      Den meisten derjenigen, die sich mit Kriminalitätsverfolgung und -bekämpfung befassen, ist bewusst, dass sie den Bürgern Schutz und Sicherheit garantieren sollen, deren selbstverständlichste Forderung und elementares Grundrecht.

      Die Realität hingegen sieht vielerorts anders aus. In aller Öffentlichkeit beklagte der Vorsitzende des Darmstädter Staatsanwaltsrats, Oberstaatsanwalt Klaus Reinhardt, dass die von der Hessischen Landesregierung beschlossene Stellenbesetzungssperre die Staatsanwälte vollkommen ins Abseits stelle.

      Es gebe Kollegen von ihm, die hätten ein halbes Tausend unerledigte Verfahren auf dem Schreibtisch liegen. Und auch im Bereich der Angestellten wurde und wird massiv gespart. Engagierte und ausgebildete Justizfachangestellte werden nicht mehr eingestellt, sodass die Verwaltung der Darmstädter Justiz vor dem Zusammenbruch steht.

      Wenn Polizeibeamte dann zum Beispiel gegen Wirtschaftskriminelle ermitteln wollen, wird ihnen entgegengehalten, dass es dafür keine Leute gebe. Diese Verhältnisse finden wir nicht nur in Darmstadt, sondern in ganz Hessen und auch im gesamten Bundesgebiet - von wenigen Ausnahmen abgesehen.

      So bemängelte auch Wolfgang Bauch, der stellvertretende Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), auf dem 18. Deutschen Richter- und Staatsanwalttag am 15. September 2003 in Dresden: "Bundesweit hohe Fallzahlen, eine angespannte Personalsituation und Personalabbau in den polizeilichen Ermittlungsdienststellen wegen der katastrophalen Lage der öffentlichen Haushalte hindern die Ermittler in weiten Teilen daran, Vorgänge in gebührendem Maße zu Ende zu ermitteln. Hinzu kommen erhebliche Defizite bei der Aus- und Fortbildung der Polizei."

      Und es war kein Geringerer als der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes (DRB), Wolfgang Arenhövel, der zu Beginn des Richtertags dringend vor weiteren "Sparorgien" warnte: "Wir werden schlicht und einfach kaputt gespart."

      Also nur eine Frage des Geldes? Nein: Hinter allem verbirgt sich, unausgesprochen und schriftlich nirgendwo festgehalten, zweifellos ein politischer Wille, der nicht mit den leeren Kassen zu begründen ist.

      Deshalb stellt sich die Frage: Wer profitiert von diesem Zustand des Elends der Strafverfolgungsbehörden und warum? Viele Vorgänge erhärten den ungeheuren Eindruck, den eine ganze Reihe Kriminalisten und Staatsanwälte - gleichgültig aus welchem Bundesland - gewonnen haben.

      Sie befürchten, dass bestimmte Kriminalitätsformen wegen inniger Verflechtungen mit der politischen und wirtschaftlichen Elite nicht mehr bekämpft werden sollen. Auf jeden Fall wird einiges aufgeboten, um die konsequente Arbeit qualifizierter Ermittler in der Polizei oder kundiger und erfahrener Staatsanwälte zu erschweren oder zu blockieren.

      Weil ich das genauer wissen wollte, reiste ich im Winter des Jahres 2003/2004 durch Deutschland, hörte und notierte, was mir unter anderem Polizei- und Zollbeamte, Staatsanwälte und Rechtsanwälte aus ihrem Alltag erzählten.

      Und von Tag zu Tag, Woche zu Woche, wurde ich hoffnungsloser und gleichzeitig wütender darüber, wie wir, die Bürger, die doch als der eigentliche Souverän des Staates zu betrachten sind, hinters Licht geführt und mit schönen Worten ruhig gestellt werden.

      Und am Ende meiner Reise war ich geradezu sehnsüchtig danach, von meinen Interviewpartnern aus Polizei und Staatsanwaltschaft (nicht der administrativen Führungselite) noch etwas Positives und Zuversichtliches aus ihrem Alltag im Kampf gegen Kriminalität zu hören. Doch abgesehen von bayerischen Beamte nfand ich niemanden.

      Im Großen und Ganzen waren meine Gesprächspartner und Informanten selbstkritische, erfahrene Männer und Frauen, keine frustrierten Zyniker, und sie gehörten auch nicht zu jenen, die dazu neigen, objektives Geschehen verzerrt wahrzunehmen oder ideologisch zu deuten.

      Aber ich erlebte sie durchwegs mutlos und niedergeschlagen. Kaum einer hatte noch Hoffnung, irgendetwas bewirken zu können. Und dafür gab es die verschiedensten Gründe. Meine Gesprächspartner redeten Klartext, weil sie doppelzüngige Heuchelei nicht mehr akzeptieren und hoffen, dass eine aufgeklärte Öffentlichkeit Druck auf die Verantwortlichen in der Politik ausüben könne.

      Sie wollen nicht mehr hinnehmen, dass ihnen - wie in Lahr im Schwarzwald vom Innenministerium in Stuttgart - ein Maulkorb verpasst wird. Dort sollte die Bevölkerung nicht erfahren, in welchem Umfang die in der Region lebenden Russlanddeutschen in kriminelle Machenschaften verstrickt sind.

      Aber kritische Offenheit, insbesondere gegenüber Außenstehenden, führt inzwischen sowohl bei Polizeibeamten wie auch Staatsanwälten zu hohen persönlichen Risiken: Disziplinarverfahren drohen, Beförderungen werden gestoppt, Verfahren wegen Geheimnisverrat eingeleitet, ihre bürgerliche Existenz kann mit einem Schlag vernichtet werden.

      © DPA
      Geldwäsche in Märchenform: "So mancher Kriminalist macht sich Luft, indem er seine Empörung in eine Märchenerzählung kleidet"
      Jürgen Roth
      Daher müssen meine Gesprächspartner und Informanten zum großen Teil anonym bleiben. Auch deshalb, weil die Führungsspitzen des Bundesinnenministeriums wie einzelner Landeskriminalämter oder Innenministerien mit Argusaugen darüber wachen und fast ihre geballte Arbeitskapazität darauf verwenden, dass die ungeschminkte Wahrheit im Verborgen bleibt.

      Und deshalb macht sich so mancher Kriminalist Luft, indem er seine Empörung in eine Märchenerzählung kleidet, wie der Kriminaldirektor eines Landeskriminalamtes, der einen (dann allerdings nicht veröffentlichten) Leserbrief an eine Zeitung schrieb: "Noch bevor die Krieger losreiten konnten, erschienen die Kaufleute und Advokaten und wiesen den König darauf hin, dass die bösen Drachen ja viel Geld und Beute im Land verstecken würden, und das sei ja auch gut für die Wirtschaft. Und sie würden Schlösser und Behausungen kaufen, Wirtshäuser und Werkstätten. Sie nannten das `Geldwäsche`. Aber die Krieger dürften bitte nicht in deren Truhen greifen und fragen, woher diese so viel Gold hätten. Und damit dies schwerer würde, baten sie den König, den Kriegern wenigstens einen Arm auf den Rücken binden zu lassen. Da hatten die Krieger die Nase voll, murmelten etwas von: `Macht Euren Mist alleine`, und gingen nach Hause zu Frau und Kindern. Und die Drachen feierten drei Tage und Nächte und verspotteten den König und seine weisen Berater."
      Avatar
      schrieb am 26.10.04 22:24:02
      Beitrag Nr. 41 ()
      Heute Abend gibt´s Berichte bei Plusminus, die besonders "gut" zum Threadtitel passen.

      http://www.daserste.de/plusminus/

      Sendung vom Dienstag, 26. Oktober 2004 (SR)


      Ausgebremst
      Kein Auto-Rückruf trotz Defekt

      Autokauf ist Vertauenssache – und das nicht erst, seit die Hersteller immer mehr mit Sicherheitsaspekten werben. Doch was, wenn die Elektronik dann nicht einwandfrei funktioniert? Wie gehen Hersteller, wie BMW, mit dem Problem und ihren Kunden um?


      Ausgetrickst
      Wie der Einzelhandel mit Mitarbeiterinnen umgeht

      Jeder von uns kauft gute Ware gerne dort ein, wo sie richtig billig ist. Aber was sie billig macht ist nicht allein das kaufmännische Geschick der Einkäufer, sondern auch deren gnadenlose Personalpolitik. Diesen Monat haben Spar und Schlecker angekündigt, Arbeitsplätze im großen Stil abzubauen. Die Methoden, mit denen die Einzelhandelsbranche schon lange still und leise, aber sehr effektiv, Mitarbeiter abbaut, werden immer subtiler.


      Ausgeraubt
      Weiter Streit um die Sicherheit der EC-Karte

      Am 5. Oktober 2004 hat der Bundesgerichtshof wieder einmal höchstrichterlich festgestellt, dass das PIN-System bei EC- und Kreditkarten absolut sicher sei. Zugegeben, es gibt immer noch viele Unverbesserliche, die ihre PIN entweder direkt auf die Karte schreiben oder Karte und PIN zusammen aufbewahren. Und doch wächst die Zahl derer, die nachweislich sorgfältig mit ihrer Geheimnummer umgehen, deren Konto aber dennoch nach dem Kartendiebstahl leergeräumt wurden.


      [plusminus-Test
      Welche Bank hat die fairsten Konditionen?

      Die Zahl derer, die der Devise „Bargeld lacht“ folgen, wird immer kleiner. Ohne Girokonto geht heutzutage fast nichts mehr. Das Gehalt wird überwiesen, Miete, Strom, Telefon und Zeitung – die meisten Dinge des täglichen Lebens werden bargeldlos abgewickelt. Doch welche Bank bietet die besten Girokonto-Konditionen? [plusminus macht den Test.


      [plusminus-Tipp
      Kinder im Internet – was muss man beachten?

      96 Prozent aller Jugendlichen nutzen einen Computer. Er steht inzwischen in jedem zweiten Haushalt. Kinder sind ganz klar die treibende Kraft, wenn es um die Anschaffung eines Computers mit Internetanschluss geht. Eltern, die aber nicht selbst surfen, können leicht den Überblick verlieren, was der Nachwuchs am Computer so alles treibt. Ein paar Grundregeln sollten Eltern unbedingt beachten, damit die Kleinen sorglos surfen können.


      Gleich folgt der Text von drei besonders "krassen" Berichten...
      Avatar
      schrieb am 26.10.04 22:31:09
      Beitrag Nr. 42 ()
      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=254

      Ausgebremst
      Kein Auto-Rückruf trotz Defekt


      Autor: Jörg Lefèvre
      SR | 26.10.2004 | 21.55 Uhr


      Autokauf ist Vertauenssache – und das nicht erst, seit die Herstteler immer mehr mit Sicherheitsaspekten werben. Doch was, wenn die Elektronik dann nicht einwandfrei funktioniert? Wie gehen Hersteller mit dem Problem und ihren Kunden um?

      Unfälle bei Polizeieinsätzen
      Polizei Berlin. Rund 80.000 Mal im Jahr müssen die Beamten zu Einsätzen raus. Sie sind gewiefte Fahrer. Aber Ende letzten Jahres kam es zu zwei unerklärlichen Unfällen. In den Unfallberichten der Beamten heißt zum Beispiel:„Beim Betätigen des Bremspedals brach das Heck aus.“ Und: „... lange Rechtskurve, an deren Ausgang der FuStW (Red.: Funkstreifenwagen) auf den linksseitigen Gehweg geriet ...“

      Die Schuld schob man schnell den Fahrern zu. Ein Sicherheitstraining wurde angeordnet. Doch dabei kam die wahre Ursache ans Licht. Die Sicherheitssysteme ABS und DSC können nach einer Vollbremsung versagen, berichtet Uwe Hundt von der Berliner Polizei: „BMW ist sofort, nachdem sie die Meldung erhalten haben, nach Berlin geeilt und gereist und haben nach einer kurzen Diskussion bestätigt, dass es in Extremsituationen, nämlich einer Vollbremsung, dazu führen kann, dass ein Systemausfall von der Technik aufgezeigt wird und danach ABS und die Stabilitätskontrolle ausfällt.“

      Die Reaktion des Herstellers
      Laut dem damaligen Besprechungsprotokoll erklärte BMW: „Sollte ein solcher Fall wider Erwarten (...) eintreten, ist nach Möglichkeit anzuhalten und der Fahrdienst über das weitere Vorgehen zu befragen. Ist das nicht möglich, ist der Zündschlüssel abzuziehen und die Türen mit der Fernbedienung zu betätigen.“ Gegenüber [plusminus sprach BMW von Einzelfällen. Das wollten wir genauer wissen. Auf einer Teststrecke machen wir Bremsversuche.

      Die Ergebnisse
      Und tatsächlich: Nach einer Gewaltbremsung, einem so genannten „Bremsschlag“, signalisieren die Kontrollleuchten das Aus für das ABS und das Stabiltätssystem von BMW, DSC. Die Folge ist ein unkontrolliertes Schleudern des BMW-Touring. Genau das, was dieses kombinierte Sicherheitssystem gerade verhindern soll. Für den Kfz-Sachverständigen und Unfallforscher Michael Weyde steht fest: „Das Steuergerät müsste getauscht werden, und ich gehe davon aus, dass es hier ein kombinierter Systemfehler ist, und zwar auf der einen Seite die Steuerung der Elektronik und ein Drucksensor, der regelt, dass der interne Bremsdruck nicht zu hoch wird.“

      BMW und die Berliner Polizei
      Wenn das stimmt, dann handelt es sich um einen konstruktiven Mangel, der bei allen Fahrzeugen des Typs E 39 auftritt. Bei der Berliner Polizei hat BMW bereits alle Fahrzeuge dieses Typs auf eigene Kosten umgerüstet. Das hat geholfen, so der Unfallforscher weiter: „Das alte Problem tritt bei diesen umgerüsteten Fahrzeugen nicht mehr auf. Auch nicht bei ganz extremem Bremsdruck, wie man ihn im normalen Fahrgeschehen gar nicht aufbringen kann, weil man sich so stark gegen das Lenkrad gar nicht halten kann, tritt das Problem nicht mehr auf. Und es ist auch erkennbar, dass eine ganz andere Art des Bremspedaldrucks, also das Gefühl, das man hat, wenn man bremst, in den neuen Fahrzeugen vorhanden ist.“

      Alle sind gleich, aber einige sind gleicher
      Gegenüber [plusminus hat BMW erklärt, Fälle wie bei der Berliner Polizei könnten im normalen Fahrbetrieb nicht auftreten. Und: Bei Ausfall der Sicherheitssysteme stünden schließlich immer noch die normalen Bremsen zur Verfügung. Auf seiner Internetseite zeigt der Hersteller, wie wichtig gerade ABS und DSC sind.

      Die Aussagen von BMW bringt Juristen wie Dr. Peter Macke, den Präsidenten des Oberlandesgerichts Brandenburg, auf die Palme: „Ich halte das für kühn, wenn ein Hersteller wirklich so argumentieren wollte. Ich wiederhole: Wenn das Sicherheitssystem, für das sie bezahlt haben, ausfällt, hat das Fahrzeug einen Mangel, und Sie haben als Käufer alle Rechte wegen dieses Mangels.“

      Kein Problem für Privatleute, sagt BMW. Vor wenigen Tagen bei Krefeld. Volker A. ist mit seinem BWM 525 Touring, Typ E 39, unterwegs. Nach einer Vollbremsung schalten ESP und DSC ab. Die Warnlampen gehen nicht mehr aus. Volker A. erzählt: „Ich bin genötigt worden, eine Vollbremsung zu machen mit diesem Fahrzeug, und da musste ich bis zum Stillstand abbremsen. Und plötzlich sind sämtliche Warnleuchten im System an und bleiben auch an, die gehen also nicht mehr aus. Jetzt habe ich mal grade in der Betriebsanleitung nachgeschlagen, und da gibts einfach einen Hinweis, dass die Bremse normal noch funktioniert, aber die Systeme eben nicht mehr, und man soll das vom BMW-Service überprüfen lassen.“

      Keine Rückrufaktion
      Der Fehler tritt nur dann auf, sagt BMW, wenn man mit extremer Kraft auf die Bremse tritt – mit mehr als 120 Kilopond. Wissenschaftler aber sagen, dass bei Notbremsungen Kräfte bis zu 150 KiloPond auftreten können. Volker A. will jede Situation für eine Vollbremsung vermeiden. Die Räder blockieren nach Ausfall des Systems sofort.

      Rechtsanwalt Oskar Riedmeyer sieht BMW in der Pflicht: „Man kann das durchaus als Schweinerei bezeichnen, wenn der Hersteller weiß, das es einen Mangel gibt und trotzdem keine Rückrufaktion macht, obwohl er hier das Leben seiner Käufer aufs Spiel setzt.“

      BMW weiß von dem Mangel. In den Fällen der Berliner Polizei hat das sogar den Innenausschuss beschäftigt. In dem Protokoll der Sitzung vom 6. September 2004, das [plusminus vorliegt, heißt es von Innensenator Körting:„... der Chip habe geändert werden müssen, um den Ansprüchen gerecht zu werden. Diese Nachkonstruktion habe BMW (...) zugesagt.“

      Fazit
      Die Berliner Polizei kann wieder sicher fahren. Was jedoch ist mit den anderen 22.000 Fahrzeugen des Typs E 39, die in Deutschland zugelassen sind? Für den Kfz-Sachverständigen und Unfallforscher Michael Weyde steht fest: „Entscheidend ist, dass der Normalbürger als Fahrer das (Ausfallen des Systems) auslösen kann, indem er eine starke Bremsung macht.“


      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 26.10.2004 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      Avatar
      schrieb am 26.10.04 22:37:51
      Beitrag Nr. 43 ()
      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=255

      Ausgetrickst
      Wie der Einzelhandel mit Mitarbeiterinnen umgeht

      Autor: Mirko Tomic
      SR | 26.10.2004 | 21.55 Uhr


      Jeder von uns kauft gute Ware gerne dort ein, wo sie richtig billig ist. Aber was sie billig macht ist nicht allein das kaufmännische Geschick der Einkäufer, sondern auch deren gnadenlose Personalpolitik. Diesen Monat haben Spar und Schlecker angekündigt, Arbeitsplätze im großen Stil abzubauen. Die Methoden, mit denen die Einzelhandelsbranche schon lange still und leise, aber sehr effektiv, Mitarbeiter abbaut, werden immer subtiler.

      Gabriele R. kämpft um ihren Ruf
      Das Amtsgericht Hannover vor zwei Wochen. Gabriele R. in Begleitung ihres Ehemannes. Es geht in einem Strafverfahren um ihren Fall und den Discounter Lidl. Die Verkäuferin Gabriele R.: „Mein guter Ruf ist ruiniert worden, mein Name und mein Arbeitsplatz ist mir weggenommen worden und alles nur wegen so einer Falschaussage.“

      Fünf Jahre hatte die heute 39-Jährige bei Lidl gearbeitet. Zuletzt in einer Filiale in Hannover. Dann ist Gabriele R. in Ungnade gefallen. „Ich habe dafür gesorgt, dass die Leute ihre Pause kriegen und nicht von morgens siebeb Uhr bis abends 21 Uhr arbeiten ohne Pause. Das geht nun mal nicht. Dafür habe ich gesorgt und habe mich natürlich auch aufgeregt. Das habe ich auch dem Filialleiter und dem damaligen Bezirksleiter mitgeteilt. Und da steht man sich schon ein bisschen hoch mit den Leuten. Deshalb war ich auch ein bisschen unbequem, denke ich.“

      Der Vorwurf
      Eines Tages wurde sie in den Aufenthaltsraum zitiert und von zwei Bezirksleitern in die Mangel genommen, erinnert sie sich weiter: „Der eine Bezirksleiter war sehr gereizt und sehr bestimmend. Ich hätte eine Flasche Brause geklaut. Ich habe immer wieder gesagt: „Das stimmt nicht.“ Und irgendwann war ich dann völlig fertig, weil die mir das immer wieder gesagt haben.“ Schließlich wollte sie ihren Mann zu Hilfe rufen, aber das wurde ihr verweigert: „Dann wurde mir mit der fristlosen Kündigung gedroht - oder aber, ich hätte die Möglichkeit, einen Zettel zu unterschreiben. Und irgendwann habe ich dann diesen Zettel unterschreiben.“

      Für die Gewerkschaft nichts neues
      Der Zettel war ein Aufhebungsvertrag. Wer aufmuckt oder wegen seiner langen Dienstzeit Anspruch auf mehr Geld hätte, steht schnell auf der Abschussliste, weiß Gewerkschaftssekretär Peter König vom Fachbereich Handel in Ver.di: „In meiner täglichen Praxis erlebe ich es immer wieder und gerade bei Discountern, dass sie so versuchen, Personal abzubauen. Ein Arbeitgeber hat immer gewisse Probleme, gerade ältere Beschäftige zu kündigen. Er muss ja eine soziale Auswahl beachten, und da wird konkret mit den Vorwürfen Diebstahl und Veruntreuung gearbeitet. So versucht man, ältere Beschäftige, die denen zu teuer sind, aus der Firma rauszuschmeißen.“

      Gabriele R. wehrt sich mit allen Mitteln
      Als sich Gabriele R. wieder gefasst hatte, ging sie zur nächsten Polizeistation und erstattete Strafanzeige. Die Polizei ermittelte, und die Staatsanwaltschaft erhob schließlich Klage wegen Nötigung gegen die beiden Lidl-Bezirksleiter. Auf die Frage des [plusminus-Reporters an die beiden: „ Kann ich mit Ihnen sprechen über den Vorwurf, der Ihnen gemacht wird?“ gab es die lapidare Antwort: „Kein Kommentar.“

      So kalt wie die Begegnung im Gerichtsflur war auch das Klima damals bei dem Gespräch im Aufenthaltsraum. Gabriele R. war allein auf sich gestellt, ohne Telefon, ohne Zeugen. Dafür will sie die beiden Lidl-Manger zur Verantwortung ziehen. Dabei ist fast schon ein kleines Wunder, dass dieser Prozess überhaupt stattfindet, wundert sich Peter König von Ver.di: „Im Normalfall erleben wir auch bei der Staatsanwaltschaft kein großes Engagement, diese Praxis auch wirklich aufzudecken“

      Kein Einzelfall
      Auch Schlecker arbeitet so. Wie bei Ilona O. Die 57-Jährige war dort fast sechs Jahre als Verkäuferin beschäftigt. Dann wurde ihr Kassenmanipulation unterstellt - in Höhe von 64 Euro - was sie vehement bestreitet. Vier Bezirksleiterinnen drängten sie in den Aufenthaltsraum, erinnert sie sich: „Im Aufenthaltsraum musste ich eineinhalb Stunden mit den vier Frauen verbringen. Ich wusste, dass ich nicht mehr raus komme, ohne dass ich den Aufhebungsvertrag unterschreibe. Das ist menschenunwürdig. In meinen Augen ist das Freiheitsberaubung, was die mit den Menschen machen.“

      Der Psycho-Druck wirkt in den meisten Fällen
      Schon allein aus Angst vor Dorfklatsch und übler Nachrede sind viele Mitarbeiterinnen leicht erpressbar – völlig egal, ob an den Vorwürfen etwas dran ist oder nicht. Der Gewerkschafter Peter König: „Gerade bei Schlecker, die ja auch in kleinen Ortschaften vertreten sind, macht so was in der Ortschaft selbstverständlich die Runde. Da war ein Diebstahl. Also oft zerreißt sich die Ortschaft den Mund darüber, dass da einer gestohlen hat, was ja in Wirklichkeit gar nicht der Fall ist. Aber sie hat weitere Probleme. Dass sie ein ungerades Beendigungsdatum des Arbeitsverhältnisses hat. Jeder neue Arbeitgeber weiß ja sofort, da war wohl irgendwas, wenn sie Mitte des Monats unvermittelt das Arbeiten aufgehört hat. Und weiter: Sie kriegt natürlich eine Sperre vom Arbeitsamt, zwölf Wochen kein Geld vom Arbeitsamt; sie muss sich auch noch selber versichern und hat dann natürlich große Probleme.“

      Die Sache mit den Wiedergutmachungserklärungen
      Fast scheint es so, als ob im Einzelhandel eine Art Wettbewerb um die mieseste Art der Personalführung herrscht. Beim Lebensmitteldiscounter Netto, einer 100prozentigen SPAR-Tochter mit 1000 Filialen bundesweit, finden wir ein besonders krasses Beispiel.

      Hier werden die angeblich des Diebstahls überführte Mitarbeiterinnen sofort nach dem Verhör zum Notar geschleppt, um eine hohe Wiedergutmachungserklärung zu unterschreiben. Danach ist juristisch kaum noch etwas zu machen. Ohne nähere Erläuterung werden einfach mal 5.000 Euro oder mehr als Schadensersatz verlangt. Und Notare dienen dabei als willige Vollstrecker.

      In dem [plusminus vorliegenden Fall hatte die Netto-Kassiererin angeblich den Diebstahl einer Kollegin gedeckt, was sie bis heute bestreitet. Aus Angst hat sie sich noch nicht einmal ihrem Ehemann anvertraut. Deshalb will sie anonym bleiben. „Wir waren ungefähr sechs Stunden in der Mangel. Immer wieder und immer wieder sagten sie: Sagen sie doch die Wahrheit, sagen sie die Wahrheit und immer wieder und immer wieder Druck. Ich durfte nicht telefonieren. Wir mussten sofort zum Notar mit den Bezirksleitern. Die Formulare waren im Großen und Ganzen schon fertig, dass ich fünftausend Euro zahlen muss, und das muss ich unterschreiben. So wie ich geschockt war, also da hätte ich alles unterschrieben, ich hätte sogar mein Todesurteil unterschrieben.“

      Was sagt die Geschäftsleitung?
      Jetzt stottert die mehrfache Mutter die 5.000 Euro mit monatlich 100 Euro ab. Vom Arbeitslosengeld. Wir fragen bei der Netto-Geschäftsführung nach. Der Personalchef, Herr über 19.500 Mitarbeiter, empfängt uns, will sich aber vor der Kamera nicht äußern. Die Netto Selbstjustiz-Methode bezeichnet er als menschlich, räumt aber eine mögliche Fehlerquote ein. Und immerhin hat der Netto-Personalchef [plusminus zugesagt, den hier geschilderten Fall noch einmal gründlich überprüfen zu lassen. Wir sind gespannt auf das Ergebnis.

      Grundsätzlich raten Gewerkschafter wie Peter König,den Beschäftigten, sich nicht einschüchtern zu lassen. „Unterschreibt nichts, lasst euch zu nichts nötigen. Und da, wo Beschäftigte auf ihr Recht beharren und wirklich hart bleiben, denen passiert sogar selten was und die sind – so meine Erfahrungen – nach wie vor noch in der Firma beschäftigt, weil sie sich eben nicht mürbe haben machen lassen“

      Denn nach einer geleisteten Unterschrift sind die juristischen Chancen gering. Die beiden Lidl-Vorgesetzten wurden nach drei Stunden Verhandlung vom Vorwurf der Nötigung freigesprochen. Lidl spart vielleicht bei den Kassiererinnen. Aber nicht bei seinen Anwälten.


      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 26.10.2004 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      Avatar
      schrieb am 26.10.04 22:44:45
      Beitrag Nr. 44 ()
      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=257

      Ausgeraubt
      Weiter Streit um die Sicherheit der EC-Karte

      Autorin: Sabina Wolf
      SR | 26.10.2004 | 21.55 Uhr


      Am 5. Oktober 2004 hat der Bundesgerichtshof wieder einmal höchstrichterlich festgestellt, dass das PIN-System bei EC- und Kreditkarten absolut sicher sei. Zugegeben es gibt immer noch viele Unverbesserliche, die ihre PIN entweder direkt auf die Karte schreiben, oder Karte und PIN zusammen aufbewahren. Und doch wächst die Zahl derer, die nachweislich sorgfältig mit ihrer Geheimnummer umgehen, deren Konto aber dennoch nach dem Kartendiebstahl leergeräumt wurden.

      Verkehrte Welt
      Als Inge K. den Kontoauszug prüfte, traute sie ihren Augen nicht: Irgendjemand hatte 64 Euro von ihrem Konto abgehoben. Und das, obwohl sie selbst ihre PIN-Nummer nie benutzt, ja sogar den Umschlag mit der PIN Nummer bei ihrer Hausbank, der Sparkasse, niemals abgeholt hatte. Zuvor war der Lehrerin aus Marburg auf einer Klassenfahrt nach Prag der Geldbeutel samt Kredit- und EC-Karte gestohlen worden. Die hatte sie natürlich sofort sperren lassen. Doch in der Zeit bis zur Sperre war das Konto schon leer. Die Diebe hatten mit der Kreditkarte Bargeld abgehoben.

      Selbst schuld, sagt die Bank
      Die Gesellschaft für Zahlungsmittel, Sprecherin aller Banken und Sparkassen, ersetzte den Schaden erst einmal nicht. Ihr Argument: Die Verschlüsselung der so genannten „Personal Identification Number“, der PIN, sei sicher. Sie müsse an dem Diebstahl irgendwie selbst schuld sein. Erst als die Sparkasse Inge K. schriftlich bestätigte, der Umschlag sei noch in der Filiale, sie habe den Umschlag mit ihrer Geheimzahl tatsächlich nie erhalten, bekam sie den Schaden erstattet. Doch die Frage bleibt: Woher hatten die Täter die PIN-Nummer?

      Das PIN-System ist sicher, so der BGH
      Eine andere Geschädigte, deren Fall Anfang Oktober vor dem Bundesgerichtshof landete, hatte in einem vergleichbaren Fall weniger Glück. Auch ihr war der Geldbeutel gestohlen worden. In der kurzen Zeit bis zur Kartensperre hatten die Täter schon ihr Konto abgeräumt. Ihr Pech: Sie kannte ihre PIN und hatte sie auch selbst schon mal verwendet. Deshalb erstattete die Bank ihr den Schaden nicht. Und der BGH gab der Bank recht. Weil die Richter die Technik, Zahlungskarte mit Magnetstreifen plus PIN-Nummer für sicher halten, haben sie der Geschädigten unterstellt, dass sie mit ihren Daten im Vorfeld grob fahrlässig umgegangen sein muss. Im Klartext: Das Gericht geht davon aus, dass sie die PIN-Nummer zusammen mit der Karte im Geldbeutel aufbewahrte. Nur so kann sich der BGH den Zugriff auf das Konto erklären. Deshalb bekommt die Klägerin ihr Geld von der Bank nicht wieder.

      Stand der Technik
      Doch wie sicher ist die Technik, mit der Zahlungskarten wie EC- oder Kreditkarten ausgestattet sind? Für geradezu mittelalterlich halten sie Sicherheitsexperten. Denn die Magnetstreifen auf den Zahlungskarten sind leicht zu lesen und beliebig oft kopierbar. Mit einfachen Computerprogrammen, die ganz legal in jedem Elektrogeschäft erhältlich sind, kann man die Daten sichtbar machen.
      Die entscheidende Frage heißt: Können Täter die PIN-Nummer aus den Kartendaten auf dem Magnetstreifen herauslesen? „Die PIN errechnet sich aus den Daten, die auf dem Magnestreifen kodiert sind, also Kontonummer, Bankleitzahl usw.,“ erklärt Dr. Harald Vater, Chefkryptologe beim Kartenhersteller Giesecke und Devrient in München. „Doch die Verschlüsselung der PIN ist so sicher, dass es heute keinem gelingen würde, die PIN zu knacken,“ erläutert er.

      Das war nicht immer so. „Das System ist Ende der 90er Jahre umgestellt worden, denn Mitte der 90er war es dann soweit, alle möglichen Schlüssel durchzuprobieren, zwar mit sehr teuren Computern aber es war möglich.“ Nachfrage von [plusminus: „Was war möglich?“ Dr. Harald Vater: „Alle Schlüssel , um dann die PIN zu wissen.“

      Ein haarsträubender Fall
      Doch vielleicht ist die Frage nach der Verschlüsselung gar nicht so wichtig, meint Hartmut Strube von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Über 1000 Fälle von Bankkunden hat er auf dem Tisch die beklagen, man hätte mit ihren Daten inklusive PIN Geld abgehoben, ohne dass sie sich in Sachen Sorgfaltspflicht etwas vorzuwerfen hätten.

      Ein Fall liegt Hartmut Strube ganz besonders am Herzen. In seinen Akten bewahrt er einen verschlossenen Umschlag mit einer PIN–Nummer auf. Obwohl der Umschlag nie geöffnet wurde, ist vom Konto von Renate G. aus Berlin Geld abgehoben worden. Auch die zugehörige EC-Karte hat sie niemals erhalten. Wie ist so etwas möglich, wundert sich Hartmut Strube: „Der BGH hat gesagt, die Verschlüsselung ist sicher, also ist der Kunde im Schadensfall der Dumme. Wir haben also jetzt einen Fall, wo der PIN Brief verschlossen ist, es trotzdem zu massiven Schäden gekommen ist. Aalso kann es nicht nur ein Problem der Verschlüsselung sein. Es ist Tätern offensichtlich möglich, auch ohne PIN Nummer - entweder, weil sie aus dem Bereich der Bank kommen oder das technisch anders können, an Geld ranzukommen, obwohl der PIN-Brief verschlossen ist. Das zeigt dieser Fall und darum ist die Grundannahme des BGH, es kommt nur auf die Verschlüsselung an, falsch.“

      Benachteiligte Opfer
      Die herkömmlichen Datenklaumethoden, die kriminelle Banden aus Osteuropa oft einsetzten, wie eine Mini-Kamera über dem PIN-Board am Geldautomaten zusammen mit einem Datenkopiergerät am Kartenschlitz, fallen hier aus. Denn Renate G. zum Beispiel hat ihre PIN nie erhalten und deshalb auch nie benutzen können.

      Geht man davon aus, dass die heutigen PIN-Verschlüsselung nicht zu knacken ist, bleiben noch Insider als Täter übrig, die im Abrechnungssystem Zugang zu allen Kundendaten haben. Oder aber Karten und PIN-Briefe werden beim Postversand abgegriffen. So geschehen in München mit einem Schaden von an die 50.000 Euro, das hat Anton Winkler von der Staatsanwaltschaft München I ermittelt. Die Täter haben die Bankpost abgefangen, Daten kopiert und die Konten geplündert. Glück im Unglück für die Opfer, dass es dadurch viele Betroffene gab. Denn immer dann, wenn es nur einen Fall gibt, so Anton Winkler, haben es die Bankkunden schwer und die ganze Macht der Banken gegen sich. Für den Staatsanwalt benachteiligt die momentane Rechtslage die Opfer: „Das ist auch eine Frage des Bankenrechts, des AGB-Rechts. Dort müsste der Nachweis für den Bankkunden mal geändert werden. Inwieweit er tatsächlich verpflichtet ist, nachzuweisen, dass nicht er die Karte benutzt hat, sondern dass das durch einen fremden Dritten passiert ist. Insbesondere nachdem es bei den momentanen Karten ja wirklich einfach ist, sie nachzumachen und zu missbrauchen.“

      Der Fehler im System?
      Im Fall Renate G. und bei Inge K. waren die PIN-Briefchen während der Tat verschlossen. Wie würde der BGH hier entscheiden? In die Verlegenheit kommt der Bundesgerichtshof aber nicht. Denn in Fällen, in denen der Kunde, wie zum Beispiel Inge K., nachweislich nicht selbst von ihrem Konto Geld abgehoben haben, erstatteten die Banken den Schaden. Zu einer polizeilichen Suche nach den Fehlern im System kommt es dann nicht mehr. Und deshalb bleibt das Rätsel um die PIN auch weiterhin ungelöst.


      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 26.10.2004 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.


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