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    Schlimmer als der Dreißigjährige Krieg - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 05.10.05 15:49:29 von
    neuester Beitrag 05.10.05 23:55:36 von
    Beiträge: 12
    ID: 1.011.609
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      schrieb am 05.10.05 15:49:29
      Beitrag Nr. 1 ()
      "Schlimmer als der 30jährige Krieg"

      Deutschland vergreist. Der Bevölkerungsforscher Herwig Birg über die Geburtenkrise und mögliche Auswege


      Herwig Birg, Bevölkerungswissenschaftler an der Uni Bielefeld
      Foto: dpa
      DIE WELT: Unsere demographische Uhr steht auf "dreißig Jahre nach zwölf", behaupten Sie. Das klingt nach einem Katastrophisten.

      Herwig Birg: Überhaupt nicht. Ich bin ein Realist, der sich bemüht, die Dinge so darzustellen, wie sie sind. Man muß nichts übertreiben.

      DIE WELT: Wenn demographisch alles zu spät ist, wären wir der Zukunft hilflos ausgeliefert.

      Birg: Das ist ein großer Irrtum! Die Welt dreht sich weiter, auch wenn wir nicht mehr da sind. Für diese Zeit - also die unserer Kinder und Enkel - lohnt es sich, aktiv zu werden. Die Früchte dieser Anstrengungen können wir allerdings nicht mehr ernten.

      DIE WELT: Niedrige Geburtenraten, die nicht zur Bestandserhaltung reichen, plagen fast alle Industriestaaten. Was war dafür ausschlaggebend? Die Pille oder der Kapitalismus?

      Birg: Die Pille wird völlig überschätzt. Sie war nur Mittel, ein Ziel zu erreichen, das man ohnehin hatte - nämlich keine Kinder zu haben. Die Pille ist also nicht ursächlich, sondern bestenfalls verstärkend. Und der Kapitalismus? Der Ökonom Joseph Schumpeter sprach von der Selbstausbeutung des Kapitalismus in demographischer Hinsicht. Wenn der Wohlstand wächst, sinkt die Geburtenrate, weil in entwickelten Ländern wie Deutschland Kinder für die Eltern häufig einen Wohlstandsverlust bedeuten. Diese Selbstausbeutung nach innen ist inzwischen gepaart mit der demographischen Ausbeutung anderer Länder. Hier tritt ein neuer Kolonialismus zutage: Wir wollen die Besten importieren und profitieren von Menschen, die anderswo eine Lücke hinterlassen. Das ist desaströs.

      DIE WELT: Sie sprechen von der "objektiven Bindungsfeindlichkeit der Lebensbedingungen dynamischer Wirtschaftsgesellschaften". Brauchen wir ein anderes Wertebewußtsein?

      Birg: Ich halte nichts von diesem Wertegerede. Wir müssen die Wirtschaft um die Familie herum aufbauen und dürfen nicht von der Familie verlangen, daß sie sich an die Produktionsabläufe anpaßt.

      DIE WELT: Was heißt das konkret?

      Birg: Frankreich beispielsweise bietet Menschen, die Kinder haben wollen, hervorragende Betreuungseinrichtungen. Ab dem Vorschulalter sorgen gute Einrichtungen für Erziehungsleistungen, die berufstätige Frauen nicht nebenher leisten können. Es ist nicht schwer, um auf solche Lösungen zu kommen, trotzdem geschieht bei uns nichts in dieser Richtung. Es muß in den Köpfen eine Revolution stattfinden, die den Realitätssinn schärft und das Verantwortungsgefühl stärkt.

      DIE WELT: Wie ist es geschehen, daß Kinder keine selbstverständliche, natürliche Sache mehr sind? Ist das ein Kulturbruch?

      Birg: Ja, es ist eine bewußte Entwertung von allem, was mit Familie verbunden ist. Im Gefolge der Frankfurter Schule und der 68er Bewegung kristallisierte sich auch eine antifamiliäre Kampagne heraus. Sie kulminierte in Aussagen, daß man unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auf Kinder verzichten könne, weil der Faktor Kapital immer produktiver werde. Ein Irrtum! Wenn die Pro-Kopf-Produktivität um 1,5 Prozent wächst, dann verdoppelt sie sich zwar bis 2050. Wenn aber gleichzeitig die Zahl der Köpfe so wie bisher schrumpft, dann ist das Sozialprodukt 2050 nur um ein Drittel höher. Weil von diesem mäßig größeren Kuchen wesentlich mehr für die Versorgung der bis dahin um zehn Millionen gewachsenen Zahl der Älteren verwendet werden muß, wird es knapp. Das ist mit einfachen Methoden ableitbar. Gerade deshalb kann ich mir die Verdrängung nicht wirklich erklären. Es ist nicht Unfähigkeit, darüber nachzudenken, sondern Unwilligkeit.

      DIE WELT: Sie plädieren für Bevölkerungspolitik, ein Begriff, der seit der Nazi-Zeit kontaminiert ist.

      Birg: Wir legen größten Wert auf ökologisch nachhaltiges Handeln. Gesellschaftlich ist das anders. Wenn ein Land den Bach heruntergeht, kann es kein Trost sein, daß Schmetterlinge oder Singvögel überleben. Schließlich ist der Mensch auch eine natürliche Spezies. Gegen den Begriff Bevölkerungspolitik habe ich dann nichts, wenn wir ihn mit einem humanen Inhalt füllen. Das ist möglich, man muß unter Bevölkerungspolitik nicht das gleiche wie die Nazis verstehen.

      DIE WELT: Die vielzitierte Bringschuld der Wissenschaft wurde von der Politik nicht angenommen, sagen Sie. Sind das Anmerkungen eines "Frustrierten"?

      Birg: Ich bin nicht frustriert. Es ist eher eine Traurigkeit, die mich gelegentlich befällt, gepaart mit Zorn, weil die Elite sich so verhält, als ob sie das Land aufgegeben habe. Daß Gleichgültigkeit die Ursache der Ignoranz ist, habe ich lange nicht wahrhaben wollen. Im zurückliegenden Wahlkampf haben wir erneut ein Allparteien-Schweigekartell gegen die existenzbedrohende demographische Fehlentwicklung erleben können. Die Parteien täuschen sich über die Zukunft unseres Landes, und so wird zugleich der Rest der Gesellschaft mitgetäuscht.

      Die WELT: Was sind die Eckpunkte einer solchen Politik?

      Birg: Bildung und Familie. Wir müssen die Familie stärken, ideell, materiell und institutionell. Warum führen wir kein Familienwahlrecht ein? Die Eltern erhalten das Stimmrecht ihrer noch nicht wahlberechtigten Kinder - der Vater das des Sohnes und die Mutter das der Tochter. Bei der Besetzung von Stellen könnten wir bei gleicher Qualifikation Müttern Vorrang vor den Frauen geben, die keine Kinder haben. Warum führt man das nicht zumindest im öffentlichen Dienst ein?

      DIE WELT: Ihr neues Buch heißt "Die ausgefallene Generation". Handelt es sich bei diesem deutschen Phänomen um eine historisch singuläre Erscheinung?

      Birg: Ein ähnliches Desaster hat Frankreich nach der französischen Revolution erlebt. Bei uns wirkten die beiden Weltkriege demographisch nicht so verheerend wie der dauerhafte Geburtenrückgang, der nach dem Wirtschaftswunder einsetzte. Er ist für Jahrzehnte unumkehrbar, weil Nichtgeborene selbst bei der besten Familienpolitik keine Kinder haben können. Das garantiert uns im gesamten 21. Jahrhundert sinkende Geburtenzahlen.

      DIE WELT: Für die Bevölkerung war der Prozeß kaum wahrnehmbar, weil die Einwohnerzahl nicht abnahm, sondern sogar leicht stieg.

      Birg: Ursache ist die extrem hohe Einwanderung. Auch hier hat die Politik zielbewußt an einem falschen Selbstbild Deutschlands gemalt. Man hat uns lange gesagt, wir müßten anderen Ländern nachstreben und bei der Einwanderung höhere Leistungen vollbringen. Es kommen jedes Jahr immer noch etwa 700 000 bis 800 000 Menschen - mehr als unsere Geburtenzahlen im Inneren. Auf diesem Gebiet übertreffen wir gemessen an unserer Größe die USA, Kanada oder Australien und sind Weltmeister.

      DIE WELT: Weltmeister sind wir laut Ihren Untersuchungen auf zwei weiteren Feldern. Auf welchen?

      Birg: Zunächst sind wir das Land, das permanent - Jahr für Jahr - mehr Sterbefälle als Geburten ausweist. Daran läßt sich nun auf Jahrzehnte hinaus nichts mehr ändern, denn die Eltern, die das ändern könnten, sind niemals geboren worden. Bis zur Jahrhundertmitte wird das Geburtendefizit um mehrere hundert Prozent steigen - eine wissenschaftlich abgesicherte Aussage, die mittlerweile auch in der amtlichen Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes veröffentlicht ist. Die Schieflage hat sich im Osten seit 1969 und im Westen 1972 eingestellt. Der andere Weltrekord: Wir haben einen einzigartigen Grund für niedrige Geburtenraten: Die Gesellschaft ist in zwei Teilgesellschaften gespalten. Die eine hat eine ideale Geburtenrate von zwei Kindern und die andere hat eine Geburtenrate von null. Der Anteil kinderloser Frauen liegt bei einem Drittel eines Jahrgangs, sogar 50 Prozent sind es bei naturwissenschaftlichen Akademikerinnen. Das findet man sonst nirgendwo. Unsere Verfassung paßt nicht auf beide Teilgesellschaften. Sie ist so gebaut, als ob mehr oder weniger alle Mitglieder der Gesellschaft Kinder bekommen wollten und bekämen und sich damit an der Zukunftssicherung der Sozialsysteme beteiligen würden.

      DIE WELT: Weltweit ohne Vergleich ist doch wohl auch das Tempo, mit dem sich die Umwälzungen in Ostdeutschland vollziehen?

      Birg: In Ostdeutschland sind wir Zeugen einer demographischen Katastrophe. Ich zweifle, ob das jemals wieder ins Lot kommen kann. Da taugt nicht einmal der Dreißigjährige Krieg als Vergleich. Der endete nach drei Jahrzehnten mit einem Frieden und alles ging wieder nach oben. In Ostdeutschland haben wir eine längere Durststrecke vor uns. Das hat gravierende Auswirkungen auf die Wirtschaft. Wer soll in einer Region investieren, wenn die Weichen dauerhaft auf Schrumpfen gestellt sind? Ein Problem, das keine Lösung hat, verschweigt man rationalerweise. Aber die Prozesse gehen weiter. Nicht nur im Osten, sondern auch im Westen. Die wirtschaftsstarken Länder Bayern und Baden-Württemberg können zwar noch bis 2030 mit Bevölkerungswachstum rechnen, aber nur auf Kosten der Länder im Osten und Norden, aus denen sie hohe Zuwanderungen haben, durch die ihre steigenden Geburtendefizite noch eine Zeitlang ausgeglichen werden. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß anschließend dort ebenfalls die Schrumpfung einsetzt.

      DIE WELT: Wird das wirklich verdrängt? Denken Sie nur an "Das Methusalem-Komplott", ein Buch, das auf die Bestsellerlisten gestürmt ist.

      Birg: Das Buch von Frank Schirrmacher war in der Tat ein Eisbrecher. Der Autor hat die Gesellschaft wachgerüttelt. Das ist ein großes Verdienst, auch wenn das Buch auf der nicht zutreffenden These beruht, die wachsende Lebenserwartung sei die Hauptursache für die demographische Alterung. Das ist falsch, die weitaus wichtigste Ursache ist die niedrige Geburtenrate. Zwar werden wir älter und die Zahl der Methusaleme nimmt zu. Die Zahl der über 110jährigen wird sich voraussichtlich von heute etwa 5000 bis zur Jahrhundertmitte auf über 100 000 erhöhen. Diese Menschen werden wahrscheinlich friedlich vor sich hindämmern, aber kein Komplott schmieden.

      DIE WELT: Uns scheint Demographie längst ein Modethema zu sein. Flächendeckend ernennen Städte Demographie-Beauftragte, Kongresse haben Hochkonjunktur.

      Birg: Auf vielen Veranstaltungen geht es um "Die Chancen der Schrumpfung" oder den "Wachstumsmotor Altern". Das ist die Infantilisierung des Publikums durch Verharmlosung eines ernsten Problems. Man bemüht sich krampfhaft darum, nicht über die zentrale Ursache der demographischen Alterung - die niedrige Geburtenrate - zu reden, sondern zu vermitteln, wie toll man mit den Auswirkungen umgehen kann. Selbsternannte Demographie-Experten rechnen vor, daß es "ökonomisch dumm wäre, die Bevölkerung wieder zum Wachstum durch Geburten anzuregen". Diese Form der Desinformation erinnert fast an die kommunistische Ära.
      Avatar
      schrieb am 05.10.05 17:31:35
      Beitrag Nr. 2 ()
      Wird das "dreisisch" da nüscht klein geschrieben?:rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 05.10.05 18:36:46
      Beitrag Nr. 3 ()
      Die Geburten regulieren sich wieder !

      Wir hatten die letzten 10 Jahre schwache Jahrgänge...

      Die nächsten 10 Jahre werden wieder starke Geburtenjahrgänge !!!!!!!!!

      Jetzt heißt es nämlich wieder...
      Avatar
      schrieb am 05.10.05 18:45:22
      Beitrag Nr. 4 ()
      Ja die Frauen sind Arbeitslos und sind wieder Hausfrauen der Mann arbeitet wie es früher war!

      Und Abends ;)

      Kastor
      Avatar
      schrieb am 05.10.05 19:12:46
      Beitrag Nr. 5 ()
      das mit der demografischen Entwicklung wird überbewertet.

      Rein nominal stimmt es natürlich, aber es gibt noch "weiche" Faktoren, und die sind noch gewichtiger.

      Eine schrumpfende Bevölkerung hat auch Vorteile. Die Lebensqualität steigt ganz erheblich. Es entstehen individuelle Freiräume, ähnlich wie in Neuseeland und Australien, wo die Anzahl der Bewohner auch in den Ballungsgebieten weitaus niedriger ist als bei uns hier.

      Was viel wichtiger ist, als die bloße Anzahl der Bewohner, ist deren Mentalität und Leistungsvermögen.

      Die Migrantenkinder sind überwiegend extrem unterdurchschnittlich in schulischen Leistungen, und sind kulturell zu einem großen Teil nicht integriert oder integrationsunwillig.

      Die deutschen Kinder sind heute weitaus leistungsschwächer als vor 30 Jahren. Trotz Lehrstellenmangel können Lehrstellen nicht besetzt werden, weil es an Bewerbern fehlt, die auch nur einfache Sätze richtig formulieren, geschweige denn richtig schreiben können, oder das kleine Einmaleins beherrschen. Und das gilt nicht nur für Hauptschüler, sondern auch oft für Realschüler.

      Bei diesem Nachwuchs ist es völlig egal, ob es wenige oder viele sind - er ist aus Bildungsgründen nicht fähig, das ein entwickeltes Land wie die BRD auf dem jetzigen Leistungsstand zu halten.

      Die Resource der BRD waren die Köpfchen ihrer Bewohner. Diese Köpfchen leeren sich zusehends bei den Nachfolgegenerationen.
      Was diesen Prozeß des sinkenden Leistungsvermögens noch zusätzlich beschleunigt, ist daß unsere sozialen Sicherungssysteme die bildungsfernen Schichten extrem bevorzugen.

      Wer nichts kann oder keinen Bock auf Arbeit hat, bekommt mit 4 Kindern schon über 2500 Euro cash plus Extraleistungen. Da muß man schon Gymi-Lehrer sein, um mit Sozialhilfeempfängern noch mithalten zu können.

      Bildungsfernen und Verantwortungslosen wird es somit nahegelegt, Kinder zu zeugen, weil das ihren Lebensstandard auf oberes Mittelstandsniveau erhöhen kann.

      Verantwortungsvolle hingegen rechnen, ob sie sich Kinder überhaupt leisten können, weil bei Arbeitnehmern kein Sozialstaat hilft.

      Der Sozialstaat fördert also das Downbreeding massiv, und dieser Effekt ist noch schlimmer, als die demografische Entwicklung.

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      Avatar
      schrieb am 05.10.05 19:28:33
      Beitrag Nr. 6 ()
      Birg: Ich halte nichts von diesem Wertegerede. Wir müssen die Wirtschaft um die Familie herum aufbauen und dürfen nicht von der Familie verlangen, daß sie sich an die Produktionsabläufe anpaßt.

      Aber lieber Herr Birg, hier geht es aber um Werte. Wo werden ein Wertekanon und soziale Fähigkeiten gelernt. In der Familie. Unsere Gesellschaft hat doch die von Ihnen verlangten Maßnahmen (Frankreich) abgelehnt bzw. nicht eingefordert. Bitte nicht so scheinheilig argumentieren.

      Eine sehr interessante Haltung ist die, daß Kinder einen Wohlstandsverlust für die Eltern bedeuten. Der tickt doch nicht richtig. Kinder geben den Eltern/Leben einen Sinn.

      Wahrscheinlich wollte Herr Birg darauf hinweisen, dass in in unserer Wohlstandsgesellschaft Kinder wie Besitz betrachtet werden. Zuerst das Studium, dann die Karriere, dann das gesicherte Heim und last but not least Kinder.
      Und das Durschnittsalter einer Mutter in Deutschland ist, ich glaube 28 Jahre , bedeutet daß die Mütter im älter werden. Das sehe ich als problematisch an.

      Und hier kehren wir wieder zu unseren verlorenen Werten und dem egoistischen Verhalten zurück (Bevor ich es vergesse Scheidungsquote 52 oder 54%; Tendenz steigend).
      Unsere Gesellschaft muß "nur" lernen unsere menschlichen Defizite abzubauen.

      Der Umgang miteinander ist das Problem.
      Avatar
      schrieb am 05.10.05 19:39:08
      Beitrag Nr. 7 ()
      # Denali: Bis die "Freiräume" entstehen dauert noch sehr sehr lange.

      Downbreeding ist ein Thema. Der Sozialstaat muß umgebaut werden, da führt kein Weg dran vorbei. Die Frage ist nur wie? Sozialverträglich kann man es nicht gestalten, da kein Geld vorhanden ist.

      Andererseits muß eine Gesellschaft in die Jugend und somit Bildung investieren und nicht zu wenig.

      Es wäre schon viel gewonnen, wenn sich die Einstellung ändern würde.
      Avatar
      schrieb am 05.10.05 22:07:21
      Beitrag Nr. 8 ()
      Erstaunlich. Deutschland muß zwar den Gürtel enger schnallen, die Besoldung von "Bevölkerungsforschern" kann es sich aber immer noch leisten.

      Lieber Herwig Birg, die Vergreisung der Gesellschaft wird über die nächste Gesundheitsreform reguliert und die Schrumpfung der Konsumentenanzahl über Zuwanderung. Es droht keine Gefahr, du kannst dich beruhigen. Spätestens bei 95 Mio. Bürgern in Deutschland mußt du dir dann auch keine Gedanken über Singvögel und Natur machen.

      P.S. Da du dich ja in der Natur ganz doll auskennst und auch nie ein Opfer von kommunistischer Desinformation geworden bist: Welche natürliche Spezies ist auf dauerhaftes Wachstum ihrer Population ausgelegt?
      Avatar
      schrieb am 05.10.05 22:58:48
      Beitrag Nr. 9 ()
      Freut euch. Wir dürfen alle dabei sein, wenn eines der am weitesten entwickelten Industrieländer Stück für Stück degeneriert, um sich in ein paar Jahren in ein Altersheim zu verwandeln, dessen Einwohner sich um den letzten verbliebenen Wohlstand balgen. Und das alles bei einer historisch hohen und weiter steigenden Staatsverschuldung. So eine Chance hat nicht jeder :eek:
      Avatar
      schrieb am 05.10.05 23:08:48
      Beitrag Nr. 10 ()
      Ich sehe schon heute fast nur noch Menschen mit grauen Haaren auf der Strasse.. die Kinderspielplätze sind doch schon lange leer..

      Die Deutschen wollen halt aussterben..
      Avatar
      schrieb am 05.10.05 23:46:02
      Beitrag Nr. 11 ()
      1. Birgs Argumentation unterstellt, demographische Entwicklungen ließen sich politisch steuern. Ansonsten hätten seine Argumente wenig Sinn; denn offenbar will er ja nicht bloß beschreiben, sondern versucht sich an Politikratschlägen. Aber: So etwas hat man schon in verschiedenen politischen Systemen versucht. Es war alles vergeblich. Zum Glück: das wäre der vollkommene totalitäre Staat, dem eine solche Steuerung gelänge.

      2. Wir hören sonst, daß wir in einer globalisierten Welt leben, in der man nicht mehr auf einer nationalen Insel isoliert agieren könne. Wenn das so ist: Haben wir es auf dem Globus mit einem Problem der Unterbevölkerung zu tun?

      3. Übersehen wird bei den Projektionen in ökonomischer Hinsicht u.a. noch folgendes:

      a) der Produktivitätsfortschritt, der ohnehin im letzten Vierteljahrhundert zu einem wachsenden Sockel an Arbeitslosigkeit geführt hat.

      b) für die Ausbildung einer jungen Generation muß entsprechend viel investiert werden - doch sind gerade in Deutschland jetzt schon die entsprechenden Investitionen viel zu gering.

      c) Was ist bei größerem Bevölkerungswachstum in der übernächsten Generation? Die Kinder von heute sind die (vielleicht) erwerbstätigen Erwachsenen von morgen, aber dann auch wieder die auf Ersparnisse bzw. Unterstützung angewiesenen Alten von übermorgen. Folge: dann ist wiederum noch größeres demographisches Wachstum nötig. Wer von daher meint, eine Gesellschaft könne nur bei ständigem demographischen Wachstum überleben, blendet die längerfristigen Folgen aus. Das wird - zumal auf globaler Ebene - nicht durchzuhalten sein.

      4. Europa hat (mit einigen Ausnahmen wie Frankreich) im 18. und 19. Jahrhundert eine in der Geschichte vorher nirgendwo vorhanden gewesene extrem hohe Rate im Bevölkerungswachstum gehabt. Dieses hohe Wachstum hat aber schon in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts begonnen, sich deutlich abzuschwächen, auch wenn die Geburtenrate (etwa in Deutschland) zunächst noch hoch blieb.

      5. In einem weiter zurückreichenden historischen Vergleich haben wir derzeit eine Lage, in der der Anteil der erwerbsfähigen Jahrgänge (20 bis 60 Lebensjahre) sehr hoch ist. Wenn es akutell ein demographisches Problem in Deutschland gibt, dann besteht es genau in diesem hohen Anteil der erwerbsfähigen Generation (der außerdem noch mit einer Phase der Wirtschaftsentwicklung von beschleunigten Produktivitätszuwächsen zusammenfällt):

      Ich bringe mal ein paar Zahlen dazu:

      Anteil Altersgruppen in Deutschland:

      Alter >65
      1900: 4,9%
      1950: 9,7%
      2000: 16,3%
      2050: 29,5% (Projektion)

      Alter 20-65:

      1900: 50,9%
      1950: 59,9%
      2000: 62,4%
      2050: 55,3% (Projektion)

      Alter <20:

      1900: 44,2%
      1950: 30,4%
      2000: 21,3%
      2050: 15,2% (Projektion)

      http://www.attac.de/sozsich/pdf/september/mai-rentnerlast.pd…

      Wer sich daran stört, daß diese Zahlen in einer Studie stehen, die von Attac verbreitet wird, ist eingeladen, bessere Zahlen hier zu präsentieren.

      Wie man sieht, wird selbst in einer Projektion für 2050 der Anteil der Erwerbsfähigen an der Gesamtbevölkerung höher sein als im Jahr 1900.

      Wie man außerdem sieht, nimm der Anteil der unter 20jährigen seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts stetig ab. Das ist seinerzeit schon von Demographen beobachtet worden und hat zu entsprechenden Diskussionen geführt, die sehr ähnlich unseren heutigen Diskussionen sind. Aber wer schaut in alten Zeitungen und (Fach-)zeitschriften nach? Wir haben ja nie dagewesene Probleme - berichtet die von Sensationen und Panikmache lebende Massenpresse. Und was könnte vertrauenerweckender sein als ihre Nachrichten!

      Was aber bedeutet jene hohe Rate von unter 20jährigen: Sie ist noch Ergebnis der Bevölkerungsexplosion, die Europa von der Mitte des 18. Jahrhunderts an für anderthalb Jahrunderte erlebt hatte: Diese ist freilich die historische Ausnahme! Wo wäre die Welt, wenn das Bevölkerungswachstum in Europa so weitergegangen wäre? Wären die Probleme auf dem Globus geringer? Doch wohl kaum.

      6. Was ist nun aber mit den Folgen des angenommenen deutlichen Anstiegs der Bevölkerung über 65 im Jahr 2050?

      Nun bin ich selbst bezüglich auch der hier von einem »linken« Autor verbreiteten Zukunftsprojektion skeptisch. Wenn man sich ein wenig einliest in die Diskussion, gerade in Deutschland, über die Berechnung zukünftiger demographischer Entwicklungen durch Fachdemographen und deren Mutmaßungen über die ökonomischen Folgen, wird man allenthalben ernüchtert.

      Man schaue sich z.B. folgenden Text an, der von einem deutschen Wissenschaftler 1951 als Resumée einer Studie vefaßt worden ist (Prof. Dr. Friedrich Burgdörfer, Bevölkerungsdynamik und Bevölkerungsbilanz, München 1951, S. 105):

      »Die Altersschicht von über 65 Jahren wird bis 1960 um ein volles Viertel (25 v.H.) zunehmen, und zwar bei den Männern um 16 v.H., bei den Frauen gar um 33 v.H. Während 1939 auf je 100 Personen im produktiven Alter von 20-65 Jahren 12 Personen von über 65 Jahren kamen, sind es heute bereits 15 Personen und werden es im Jahre 1960 sogar 17 alte Leute sein. Was das für unser Wirtschafts- und Sozialleben, im besonderen auch für die Frage der Altersversorgung bedeutet, liegt auf der Hand.«

      Ja, das lag für den Herrn Professor Burgdörfer auf der Hand, genauso wie heute für Herrn Professor Birg alles auf der Hand liegt. Dabei läßt sich jener aus dem Jahre 1951 stammende Satz, der für 1960 schon gravierende Probleme der Rentenversicherung meint vorauszusehen zu können, von heutigen Demographen wunderbar recyclen.

      Gute Nacht
      Avatar
      schrieb am 05.10.05 23:55:36
      Beitrag Nr. 12 ()
      Man könnte das Ganze etwas relativieren, wenn man zu den besten Sendezeiten (20:00 Uhr bis 23:00 Uhr) einfach ab und zu mal den Strom abstellt! Zur Erhaltung des deutschen Volkes! :p


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