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    Afrika südlich der Sahara - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 25.12.02 13:09:30 von
    neuester Beitrag 11.06.03 10:30:31 von
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      schrieb am 25.12.02 13:09:30
      Beitrag Nr. 1 ()
      Kongo: Krieg um Rohstoffe
      Z.B.: Tantal und der weltweite Handy-Boom

      Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus einem älteren Artikel des österreichischen "Standard", in dem auf den natürlichen Reichtum des Kongo hingewiesen wird, sowie aus einen Artikel jüngeren Datums, den wir dem Internet-Dienst heise entnommen haben. Darin geht es um den Zusammenhang zwischen dem Handy-Boom und dem Bürgerkrieg im Kongo.

      Der Fluch der Reichtümer: Krieg um Rohstoffe des Kongo
      Der Reichtum des Kongo ist sein Fluch. Diamanten, Kupfer, Kobalt, Gold, seltene Erden, Edelhölzer - riesige Mengen leicht abbaubarer, gut absetzbarer Roh- stoffe haben schon vor hundert Jahren die Begehrlichkeiten der damaligen belgischen Kolonialherren geweckt. Fast 40 Jahre lang konnte der Diktator Mobutu Sese Seko die Verteilung der Schätze unter seinen Anhängern und internationalen Konzernen kontrollieren. Seit seinem Sturz 1997 hat sich eine Vielzahl von Interessenten auf den Kongo gestürzt. Der Bürgerkrieg ist ein Verteilungskrieg, bei dem es längst nicht mehr um Ideologie, um politische Ziele geht.

      Am wichtigsten und am weitesten entwickelt ist der Abbau von Kupfer im Südosten, in der Nähe der zweitgrößten Stadt Lubumbashi, und die Förderung von Diamanten im Zentrum bei der Stadt Mbuji-Mayi. Beide Vorkommen waren bisher formal in den Händen der Regierung von Laurent Kabila. Aber er hat seine Kriegsschulden bei den Verbündeten in Angola, Namibia und Simbabwe durch die Vergabe lukrativer Schürfrechte beglichen.

      Besonders eng ist die Zusammenarbeit mit Simbabwe. Joint Ventures zwischen den Militärs der beiden Länder, die auf Kosten kongolesischer Staatskonzerne entstanden, dienen offiziell der Finanzierung des Krieges. Tatsächlich aber profitiert die Elite beider Ländern über ein undurchsichtiges Netz von Beteiligungen und Scheinfirmen.

      Viele Diamanten aus Angola und Sierra Leone gelten international als "Blutdiamanten", deren Verkauf verboten ist. Gegen den Kongo wurden solche Sanktionen bisher jedoch nicht verhängt - Kabila und seine Anhänger bereichern sich ganz legal am Handel mit den Edelsteinen. Auch die Kupfervorkommen werden völlig legal von international bekannten Konzernen abgebaut, ohne Rücksicht auf die Gelder, die damit in den Bürgerkrieg fließen. Als Begründung geben die Unternehmen an, dass sie für eine international anerkannte Regierung arbeiten - und das trifft in der Tat zu.

      Im östlichen Drittel des Kongo, das die Rebellen kontrollieren, werden die Rohstoffe ebenso hemmungslos geplündert. Davon profitieren nicht etwa die Einheimischen, sondern die Offiziere der Rebellen und der Armeen von Uganda und Ruanda, die sie unterstützen. Auch die immer wieder aufflammenden Streitereien zwischen verschiedenen Rebellenfraktionen haben vor allem mit der Kontrolle des Reichtums zu tun. In Kisangani, der drittgrößten Stadt des Kongo, geht es vorrangig um den Handel mit Diamanten, die im Nordosten meist von kleinen Schürfern gefördert werden. Die Stadt Goma, Hauptstadt der von Ruanda ausgehaltenen Rebellenfraktion, lebt ihrerseits vom Handel mit Coltan, einem seltenen Erz, das für die Herstellung von Halbleitern wichtig ist.
      Aus: Der Standard, 18. Januar 2001


      Tantalusqualen beim Kauf eines Mobiltelefons?
      Von Katja Seefeldt

      07.04.2001 ... Tantalus wurde in die Unterwelt verbannt und musste dort die Qualen ewigen Hungers und Durstes erleiden. Qualen moralischer Natur sollten hierzulande die Käufer von Mobiltelefonen plagen. Denn in ihrem Handy stecken Komponententeile, die aus dem - übrigens nach obigem griechischen Sagenkönig benannten - Metall Tantal gefertigt wurden. Dieses wiederum könnte aus der Demokratischen Republik Kongo stammen und sein Verkauf könnte dazu gedient haben, den dort seit 1998 andauernden Bürgerkrieg zu finanzieren ...

      Tantal (Symbol: Ta) ist ein seltenes extrem hitze- und säureresistentes, sehr dichtes und zugleich einfach zu verarbeitendes Metall. Wegen dieser günstigen Eigenschaften wird es beispielsweise bei der Herstellung von chirurgischen Geräten und im Flugzeugbau verwendet. Geradezu sprunghaft erhöht hat sich die Nachfrage nach diesem Metall jedoch, weil es sich auch zur Produktion von Bauteilen für Handys, Pager und Computer optimal eignet...

      Auf dem afrikanischen Kontinent gibt es riesige Tantal-Vorkommen, rund 80% davon, so wird geschätzt, befinden sich im Osten der Demokratischen Republik Kongo... In dieser Zeit sind mindestens sechs fremde Staaten in den Kongo einmarschiert und beuten das Land aus, das an Bodenschätzen (neben Tantal auch Gold, Öl, Diamanten) reich ist wie kein anderes. Gegenwärtig scheint sich die Lage dort stabilisiert zu haben. Eine Wende, die möglich wurde mit der Ermordung von Präsident Laurent-Désiré Kabila im Januar, dessen Sohn und Nachfolger Joseph Kabila derzeit durch die Welt reist, um seinen Friedenswillen zu bekunden. ...

      Wie stabil der derzeitige Waffenstillstand im Kongo ist, wird sich erweisen. Denn das Land hat viele Besatzer. Die Regierung Joseph Kabilas gilt als Marionette von Simbabwe und Angola, die Vater Kabila als militärischen Beistand herbeigeholt hatte: Während Angola die Hauptstadt kontrolliert, herrscht Simbabwe im Süden und Westen. Die gemeinsamen Feinde Uganda und Ruanda, welche die bewaffnete Opposition im Kampf gegen Laurent Kabila unterstützten, haben sich im Osten breit gemacht. Und gerade im Osten des Kongo, im Gebiet Kivu, lagern die riesigen Tantal-Vorräte. Ihre Förderung und den Export regelt das Unternehmen SOMIGL, an dem die Rebellengruppe Kongolesische Sammlungsbewegung für Demokratie (RCD) Hauptaktionär ist und damit auch Nutznießer der enormen Weltmarktnachfrage nach Tantal.

      Tantal gibt es auch in Australien, Brasilien, Kanada und Nigeria, warum also das begehrte Metall ausgerechnet im Kongo kaufen? Nach ersten Prognosen hat sich - vor allem wegen des zunehmenden Verbrauchs der Elektronikindustrie - allein im vergangenen Jahr die Nachfrage nach Tantal um 20 Prozent erhöht. Die Branche spricht von einer Angebotslücke und für den amerikanischen Markt hat das US Defense Stockpile Center mit Zukäufen reagiert. Ein wichtiges Indiz für einen Versorgungsmangel und die Rolle, die das Metall in der Verteidigungsindustrie einnimmt. Während Tantal in den vergangenen Jahren noch für 40 bis 50 US-Dollar pro Pfund zu haben war, lag sein Preis im Dezember 2000 bereits bei 443,90 US-Dollar.

      Um die Versorgung des Weltmarkts auf steigendem Niveau gewährleisten zu können, müssen die Förderung in bestehenden Minen weiter ausgebaut und neue Vorkommen erschlossen werden - das kostet viel Geld und vor allem Zeit. Moralischen Bedenken will sich die Industrie nicht unterwerfen. Das vom New Scientist befragte Tantalum-Niobium International Study Center, der Handelsverband der Branche, hält Forderungen einer ethischen Handelspolitik für unwirksam. Verantwortlich sei jedes Unternehmen, das Tantal zur Verarbeitung kaufe.

      Mit einem Rückgang der Nachfrage ist jedenfalls nicht zu rechnen. Die Branche spricht bei Tantal bereits von einem "Schlüsselmetall des neuen Jahrtausends" und rechnet mit rosigen Zeiten. Einen Konjunktureinbruch hat die kongolesische Opposition also nicht zu befürchten - die Tantalusqualen muss der Verbraucher erleiden.
      Avatar
      schrieb am 25.12.02 13:12:55
      Beitrag Nr. 2 ()
      Die Bayer-Tochter und der Krieg im Kongo
      H.C. Starck finanziert Rebellengruppen

      Die Hügel um die Stadt Mumba im Osten des Kongo sind mit Stollen und kleinen Bergwerken übersäht. Beim Untergang der Sonne klettern Minenarbeiter aus den schlecht befestigten Gräben, einige umklammern Plastiktüten mit schwarzem Sand. Die Arbeit ist hart und gefährlich - hunderte von Arbeitern wurden in den vergangenen Jahren in einstürzenden Stollen begraben. Zweimal wöchentlich kommen schwer bewaffnete Soldaten in die Region 50 km nordwestlich von Goma und kaufen den bröckeligen Sand für zehn bis zwanzig Dollar pro Kilo an – ein Vermögen in diesem Teil der Welt.

      Coltan – die Abkürzung von Colombo-Tantalit – enthält das seltene Metall Tantal. Das extrem hitze- und säureresistente und einfach zu verarbeitende Edelmetall wird für die Produktion von Handys, Flugzeugmotoren, Airbags, Nachtsichtgeräten und hochmodernen Kondensatoren verwendet. Das Pentagon stuft Tantal als strategischen Rohstoff ein. Die wichtigsten Reserven liegen in Australien, Brasilien und Zentralafrika - in keinem Land der Welt aber spielt Tantal eine so große ökonomische Rolle wie in der Demokratischen Republik Kongo.

      Als Coltan vor zwei Jahren im Verlauf des Handy-Booms knapp wurde, schoss der Preis in die Höhe. An der Londoner Metallbörse stieg der Tantalpreis zwischen Februar 2000 und Januar 2001 von 75 auf knapp 400 Dollar pro Kilo. Die steigenden Preise führten zu einem Konzentrationsprozess, bei dem nur die zahlungskräftigsten Firmen noch zum Zuge kamen. Die Aussichten auf fette Profite riefen zahlreiche Kleinhändler auf den Plan, die sich nach unkonventionellen neuen Bezugsquellen wie dem Kongo umsahen. Viele kongolesische Goldgräber wechselten das Fach und schürften nun nach dem unscheinbaren Mineral.




      Rohstoffe finanzieren Waffenkäufe

      Der kongolesische Reichtum an Gold, Diamanten, Mineralien und Kupfer weckt seit jeher Begehrlichkeiten. Auf Seiten der kongolesischen Regierung ist die Übertragung von Schürfrechten an militärische Verbündete gut dokumentiert: Ölförderlizenzen gingen an Angola, Diamanten- und Kobaltminen an Simbabwe, Abbaurechte für Diamanten an Namibia. Die Rebellenarmeen, die rund die Hälfte des Staatsgebietes kontrollieren, verkaufen Holz, Kaffee, Diamanten und Gold. So verzehnfachte das mit den Aufständischen verbündete Uganda im Laufe des Krieges seine Goldexporte.

      Die von Ruanda unterstützte Rebellengruppe RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie), die den Osten des Kongos beherrscht, finanziert sich hauptsächlich durch Coltan. Die RCD kontrolliert den Export, erhebt pro Tonne bis zu 10.000 Dollar Steuern und finanziert damit Waffenkäufe und Sold. "Wir befinden uns schließlich im Krieg", erklärte ihr Kommandant Adolphe Onusumba Anfang 2001, "wir müssen unsere Soldaten ausrüsten und bezahlen. Der Coltan-Verkauf bringt in einem guten Monat eine Million Dollar." (1) Der Export läuft über die ruandische Hauptstadt Kigali, russische Antonov-Flugzeuge liefern den Rohstoff nach Europa und bringen auf dem Rückflug Waffen mit.

      Neben dem Anheizen des Bürgerkriegs bewirkt der ungeregelten Abbau von Coltan auch die Zerstörung des Lebensraumes einer der letzten großen Menschenaffen-Populationen. Teile des Nationalparks Kahuzi-Biega, in dem einige Tausend Elefanten und Flachlandgorillas lebten, sind von den Minenarbeitern zerstört worden. Hauptnahrungsquelle im Dschungel ist das sogenannte "Bushmeat" - Affen, Elefanten, Vögel und Krokodile.




      Zwei bis drei Millionen Opfer

      Der Belgier Erik Kennes, der die Auswirkungen von Bürgerkrieg und Rohstoffabbau für die Zivilbevölkerung untersucht, fasst die Situation wie folgt zusammen: "Die Bevölkerung arbeitet bis zur Entkräftung, um die Armeen zu ernähren, die sie ausbeuten." Das in Goma ansässige Pole-Institut schreibt in einer Studie über die sozialen Auswirkungen des Coltanbooms, dass Bauern ihre Felder brachliegen lassen oder in ihnen nach Coltan graben, statt Lebensmittel anzupflanzen. "Folgen wie Jugendkriminalität, Rückgang der Einschulungsquote, Zunahme von Gewalt und Prostitution oder der Umstand, dass Männer mit Taschen voller leicht verdienten Geldes ihre Familien verlassen, belasten das bereits durch den Krieg betroffene soziale Gefüge."

      Nach Angaben der UNO hat der Bürgerkrieg im Kongo seit 1998 2-3 Millionen Opfer gefordert, zum größten Teil durch Vertreibungen, Hunger und Krankheiten. Der Krieg im Kongo ist somit weltweit der verlustträchtigste Konflikt der vergangenen Jahre.




      UN fordern Embargo

      Die Hintergründe des Krieges beleuchtet ein Untersuchungsbericht der Vereinten Nationen, der vor allem die Lage im Osten des Kongo beleuchtet. Demnach dreht sich "der Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo hauptsächlich um Zugang zu, Kontrolle von und Handel mit fünf mineralischen Ressourcen: Coltan, Diamanten, Kupfer, Kobalt und Gold." Weiter heißt es: "Die Folgen der illegalen Ausbeutung führen zu massiver Verfügbarkeit finanzieller Ressourcen für Ruandas Armee."

      Ruanda ist seit Beginn des Krieges die wichtigste militärische Kraft im Kongo, wobei lange Zeit unklar blieb, wie das winzige und vom eigenen Bürgerkrieg gezeichnete Land die enormen Kosten eines Kampfes an einer 1000 Kilometer langen Frontlinie finanzieren konnte. Der offizielle Militärhaushalt von Ruanda reicht kaum für den Sold der eigenen Armee. Ruandas Armee hat am Handel mit Coltan "über einen Zeitraum von 18 Monaten mindestens 250 Millionen Dollar verdient", schätzt der UN-Bericht. "Dies reicht, um den Krieg zu finanzieren. Hierin liegt der Teufelskreis des Krieges. Coltan hat der ruandischen Armee die Fortdauer ihrer Präsenz in der Demokratischen Republik Kongo ermöglicht."

      Die UNO scheut sich nicht, auch die Verantwortlichen in den Ländern des Nordens zu nennen: "Die Verbindung zwischen der Fortsetzung des Konflikts und der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht einige, die nicht zu den Konflikt-Parteien zählen, eine Schlüsselrolle gespielt hätten, willentlich oder nicht." Genannt werden die Firmen H. C. Starck, Cabot und Ningxia. Der Bericht empfiehlt ein temporäres Embargo für Mineralienexporte. Der UN Sicherheitsrat folgte diesem Votum auf Druck der USA allerdings nicht und beschloss lediglich, weitere Untersuchungen durchzuführen.




      Bayer-Tochter verheddert sich in Widersprüche

      Die in der UNO-Untersuchung genannte Firma H.C. Starck ist eine hundertprozentige Tochter des Leverkusener Bayer-Konzerns. Nach Recherchen der Washington Post wurde bis ins vergangene Jahr etwa die Hälfte des kongolesischen Tantalits von Starck weiter verarbeitet. Auch RCD-Sprecher Kin-Kiey Mulumba bestätigt: "Es gibt viele Deutsche, die Coltan kaufen".

      Die Firma gehört weltweit zu den wichtigsten Käufern seltener Metalle und ist Weltmarktführer bei der Tantal-Verarbeitung. Zu den wichtigsten Kunden von Starck gehört die Siemens-Tochter Epcos, die auf die Produktion von Chips spezialisiert ist.

      Hauptsächlich durch den Tantal-Boom stieg der Umsatz der Firma im Jahr 2000 allein um über 50%. Im Bayer-Geschäftsbericht heißt es denn auch euphorisch: "Tantal heißt das Metall, ohne das heutzutage kein elektronisches Gerät mehr auskommt. Als feines Pulver dient es zur Herstellung leistungsstarker Elektrolyt-Kondensatoren, die in Handys, Personal-Computern oder CD-Spielern eingesetzt werden. Die Bayer-Tochtergesellschaft H. C. Starck produziert einen großen Teil des Weltbedarfs an diesem Spezialpulver - und ist damit sehr erfolgreich."

      H.C. Starck weist auf Anfrage jegliche Verantwortung von sich, verheddert sich dabei aber in Widersprüche. Ein Brief der Coordination gegen BAYER-Gefahren vom Dezember 2000 (sechs Monate vor Veröffentlichung des UN Berichts), in dem sich der Verein nach den Partnern im Kongo und der Höhe der Aufwendungen erkundigte und in dem die Gefahr einer Finanzierung des Bürgerkriegs ausgesprochen wurde, wurde lapidar beantwortet – aus Wettbewerbsgründen könnten die gewünschten Auskünfte nicht erteilt werden. Wenige Monate später erklärte Firmensprecher Manfred Bütefisch, "in der Praxis ist nur schwer nachvollziehbar, ob Rohstoffe aus der Krisenregion oder anderen Teilen Afrikas stammen". Auch dass Händler, die in Deutschland Tantal anbieten, sich aus dem Kongo versorgen, könne man "nicht ausschließen". Einen Monat später erfolgt die Rolle rückwärts: "H.C. Starck bezieht keine Rohstoffe aus der Krisenregion". Einen Nachweis blieb die Firma aber schuldig, da sie ihre Zulieferer nicht nennen will.

      Nachdem Recherchen verschiedener Medien eine Verbindung zwischen der Bayer-Tochter und den Händlern im Osten des Kongo nachwiesen, ruderte das Unternehmen erneut zurück: Im Oktober 2001 gab Unternehmenssprecher Bütefisch (2) in einem Interview zu, "wir beziehen unser Material direkt aus der Stadt Goma von einem uns bekannten Händler. Nach allen Informationen, die uns vorliegen, ist es absolut sauber." Bütefisch gab sich weiterhin "fest davon überzeugt, dass von dem Geld für Coltan-Lieferungen weder Rebellen unterstützt noch Entwicklungen begünstigt würden, die eine Verletzung des angrenzenden Nationalparks zur Folge hätten". Es bleibt Bütefischs Geheimnis, wie das Unternehmen Rohstoffe aus dem Ost-Kongo beziehen will, ohne die Rebellen zu unterstützen - da die RCD Steuern auf Coltan-Ausfuhren erhebt, liefe die Argumentation des Unternehmens auf Schmuggel hinaus.

      Gegenüber der Financial Times war sich H. C. Starck auch nicht zu schade, dreist zu lügen: "Wir sind erst durch den Bericht der Vereinten Nationen Mitte April [2001, der Verf.] auf die besondere Situation in dieser Region aufmerksam geworden" - also sechs Monate nach der abschlägig beschiedenen Anfrage der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Zudem lasse sich das Unternehmen die Seriösität ihrer Geschäftspartner durch das Auswärtige Amt bestätigen. Das AA hingegen weist auf Nachfrage darauf hin, dass es grundsätzlich keine amtlichen Stellungnahmen pauschaler Art über die Seriösität einzelner ausländischer Firmen abgebe. (3)




      Recherche nach "Wallraff-Methode"

      Auch gegenüber dem Journalisten Klaus Werner, Autor des "Schwarzbuch Markenfirmen", verweigerte das Unternehmen mit Verweis auf "interne Daten" jegliche Auskunft. Ob die Firma das wertvolle Pulver auch aus dem Kongo bezieht, gab Sprecher Bütefisch auch nach beharrlichem Insistieren nicht preis: "Ich werde weder das eine noch das andere sagen." Um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, sah sich Klaus Werner deshalb gezwungen, die Wallraff-Methode anzuwenden. Er schlüpfte in die Haut eines Tantalit-Händlers aus dem Kongo, legte sich die Internet-Identität "Robert Mbaye Leman, Wohnort: Arusha, Tansania, Beruf: Rohstoffhändler" zu und mailte H. C. Starck ein Angebot. Die Antwort kam postwendend: "Wir sind generell interessiert am Kauf allen Tantalit-Rohmaterials. Lassen sie uns bitte eine Analyse, eine Probe und ihre Preis-Vorstellung zukommen. Nachdem wir diese Informationen bekommen haben, werden sie schnell unsere Antwort erhalten." Um der möglichen Aufmerksamkeit der deutschen Öffentlichkeit zu entgehen, trat H. C. Starck/Thailand als Kauf-Interessent auf - wozu ist man schließlich ein Welt-Konzern!

      Die schmutzige Quelle "Kongo" schmälerte das Interesse an dem Tantalit ebenso wenig wie das Bekenntnis Lemans/Werners, er beziehe die Ware über die SOMIGL. Diese Firma wurde von der RCD gegründet und handelt nicht nur mit Bodenschätzen, sondern auch mit Waffen und nimmt es dabei mit den Zoll-Bestimmungen nicht immer genau. "Geschäft ist Geschäft" - darauf können sich eben alle Beteiligten an der Kriegswirtschaft jederzeit einigen.




      Das Geschäft geht weiter

      Nach der Veröffentlichung eines weiteren UN Berichts im Sommer diesen Jahres kam von Starck eine letzte Kehrtwendung: "Seit August 2001 kauft H.C. Starck kein Material aus Zentralafrika mehr." Erneut behauptet das Unternehmen, in der Vergangenheit keine Abgaben an Rebellengruppen geleistet zu haben. Da die Firma jedoch weiterhin ihre kongolesischen Partner nicht offenlegt, bleibt die Aussage nicht überprüfbar und Zweifel daher angebracht - ganz abgesehen von dem Widerspruch, dass das Unternehmen im Oktober 2001 eingeräumt hatte, Tantal aus Ost-Kongo zu beziehen, nun den Kontakt aber bereits im August 2001 beendet haben will.

      Wer die Coltan-Minen in Zukunft kontrolliert, ist zur Zeit unklar. Durch den Abzug der ruandischen Regierungstruppen im Herbst 2002 wurde die RCD stark geschwächt, so dass andere Gruppen den Handel mit Rohstoffen übernehmen könnten. Eine andere Entwicklung indes ist absehbar: der Handel mit dem Element Niob wird an Bedeutung gewinnen. In einer Verlautbarung der Siemens-Tochter Epcos heißt es: "Mit Niob-Kondensatoren werden Werte erreichbar sein, die höchstkapazitative Tantal-Kondensatoren um den Faktor 2 bis 3 übertreffen". Den Kongo braucht das nicht zu stören. Denn Niobium, auch Colombium genannt, ist der andere Bestandteil von Coltan.



      Philipp Mimkes
      Anmerkungen
      (1) Aufgrund der Krise der Hightech-Industrie hat sich mittlerweile der Weltmarktpreis für Coltan mehr als halbiert, so dass die Einnahmen entsprechend zurückgegangen sein dürften.

      (2) Manfred Bütefisch, Pressesprecher von H.C. Starck GmbH, lebt in Hannover. Ebenfalls aus Hannover stammt Heinrich Bütefisch (1894-1969), Unterhändler der IG Farben bei Hitler vor dessen Regierungsantritt, ab 1934 stellvertretender Vorstand der I.G. Farben, Mitglied im "Förderkreis Reichsführer SS", seit 1938 Vollmitglied des Vorstands der I.G., Wehrwirtschaftsführer, SS-Hauptsturmführer, 1941 Sturmbannführer (Major), Träger des Ritterkreuz seit 1945. Bütefischs Name ist verbunden mit dem IG-Farben-eigenen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. 1941 hatte er die Verhandlungen mit der SS über den Einsatz der Zwangsarbeiter geführt. 1943 machte ihn Himmler zum Obersturmbannführer in der »Garde, die der Führer liebt«. Im Nürnberger IG-Farben-Prozess wurde er 1948 wegen seiner Beteiligung an der Versklavung von Zwangsarbeitern zu sechs Jahren Haft verurteilt. Ab 1952 saß er wieder im Aufsichtsrat der Ruhrchemie. Heinrich Lübke dekorierte Bütefisch 1964 mit dem Großen Verdienstkreuz - internationaler Protest zwang das Bundespräsidialamt jedoch, den Orden zurückzufordern. Der genaue Verwandtschaftsgrad zwischen Manfred und Heinrich Bütefisch ließ sich nicht ermitteln.

      (3) Das Auswärtige Amt reagierte auf die Untersuchungen der UNO und die Recherchen unabhängiger Gruppen äußerst zögerlich. In einem Gespräch mit dem "Forum Menschenrechte" im Herbst 2001 räumte Außenminister Fischer ein, dass ihm der Vorgang nicht bekannt sei - mehr als ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung der UNO und ausführlichen Presseberichten zum Thema.



      Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.
      CBGnetwork@aol.com
      www.CBGnetwork.de
      Tel: 0211-333 911
      Fax: 0211-333 940

      Der Verein erhält keinerlei öffentliche Unterstützung
      Avatar
      schrieb am 25.12.02 13:19:57
      Beitrag Nr. 3 ()
      DR Kongo: Bürgerkrieg forderte Millionen Tote

      Eine aktuelle Studie des International Rescue Committee (IRC) schätzt, dass der Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo allein in den fünf östlichen Provinzen des Landes seit August 1998 rund 1,7 Mio. Todesfälle forderte. Grundlage dieser Schätzung ist eine Haushaltsbefragung in drei Provinzen, die im April und Mai 2000 durchgeführt wurde. Die Hochrechung der Befragungsergebnisse belegt, dass das Ausmaß der humanitären Katastrophe in der DR Kongo im Westen bisher unterschätzt wurde. Jeden Monat sterben allein im Osten des Landes schätzungsweise 75.000 Menschen.
      Die IRC-Studie gibt Einblick in die Umstände und Bedingungen, wie sich Bürgerkriege und militärische Auseinandersetzungen demographisch auswirken. Weniger als ein Achtel der berichteten Todesfälle gingen auf direkte Gewaltanwendung zurück. Aber überall dort, wo intensiv gekämpft wurde und viele Menschen gewaltsam ums Leben kamen, stieg auch die Sterblichkeit in Folge von Infektionskrankheiten, Malaria und anderen „normalen" Todesursachen. Viele Familien berichteten, wie Verwandte auf der Flucht vor bewaffneten Kräften an Krankheiten starben, die normalerweise nicht tödlich verlaufen.

      Der faktische Zusammenbruch des Gesundheitssystems und der sozialen Unterstützungssysteme ist v.a. für kranke Kinder tödlich. Der Osten der Republik ist offenbar inzwischen zu einer Inkubationszone für Epidemien geworden. Die Studie berichtet von zahlreichen Ausbrüchen von Cholera, Meningitis und Polio. Gewalt gegenüber Zivilisten wird offenbar von fast allen Akteuren des Konfliktes eingesetzt. Fast die Hälfte der Opfer von tödlicher Gewalt waren Frauen und Kinder. Die IRC-Studie hebt hervor, dass nahezu alle Befragten den Konflikt entlang ethnischer Zuordnungen beschrieben hatten.

      Die unmittelbaren Wurzeln des aktuellen Konflikts im Kongo gehen bis auf das Jahr 1994 zurück. Rund 1 Mio. Menschen waren aus Ruanda in den Osten des damaligen Zaire (heute DR Kongo) geflohen. Damit wurde der Konflikt zwischen Hutu und Tutsi, der in Ruanda bis zum Genozid eskaliert war, auch in das Nachbarland getragen. Die Hutu-Milizen und die ehemaligen ruandischen Streitkräfte verfolgten Angehörige der Tutsi in den kongolesischen Kivu-Provinzen und kehrten zu Anschlägen über die Grenze nach Ruanda zurück. In der Folge wurde der zairische Präsident Mobutu Sese-Sekou durch einen Zusammenschluss der zairischen Tutsis mit der von Laurent Kabila geführten Anti-Mobuto-Bewegung gestürzt. Die Rebellen waren durch die Regierungen von Ruanda und Uganda unterstützt worden. Die Beziehungen zwischen dem neuen Präsidenten Laurent Kabila und den Kräften, die ihn mit an die Macht gebracht hatten, verschlechterten sich rasch. Seit August 1998 kämpfen die Rassemblement Congolais pour la Democatie (RCD), unterstützt durch die Regierungen von Uganda und Ruanda, gegen Präsident Kabila.

      Inzwischen sind zahlreiche andere afrikanische Staaten (Simbabwe, Angola, Namibia, Tschad) in den Konflikt verwickelt und haben Truppen zur Unterstützung von Präsident Kabila in den Kongo entsandt. Zugleich kämpfen die von Uganda und die von Ruanda unterstützten Rebellen nun gegeneinander.

      Die Vereinten Nationen sind mit 500 Beobachtern und 5.000 Personen Unterstützungspersonal vertreten. Weder diese Anstrengungen noch das im Juli 1999 unterzeichnete Friedensabkommen (vgl. MuB 6/99) haben die humanitäre Katastrophe bisher aufhalten können. UNHCR berichtet von mehr als 700.000 Binnenflüchtlingen im Kongo. Zugleich halten sich noch viele Flüchtlinge aus den benachbarten Ländern in der Republik auf. Während einer Afrika-Rundreise 1998 hatte US-Präsident Bill Clinton (Demokraten) die Untätigkeit des Westens und der internationalen Gemeinschaft während des Völkermordes in Ruanda bedauert. Beobachter fürchten, dass sich auch in der DR Kongo eine humanitäre Katastrophe ähnlichen Ausmaßes wiederholen könnte. ru
      Avatar
      schrieb am 25.12.02 13:24:56
      Beitrag Nr. 4 ()
      Die meisten Kriege Afrikas werden mit Rohstoffen finanziert, einige der blutigsten von ihnen mit Diamanten, zum Beispiel in Angola: 500.000 Tote.

      Die ARD-Dokumentation von Stefan Schaaf und Thomas Aders beschreibt den illegalen, aber problemlosen Weg von "Konflikt"- oder "Blutdiamanten" aus Afrika über die einschlägige Schleiferhochburg Antwerpen bis in die Auslagen der europäischen und amerikanischen Juweliere. Die ARD-Reporter wurden selbst ohne Schwierigkeiten zu Diamanten-Käufern, Händlerm und Anbietern - trotz der Angola-Santionen der Vereinten Nationen.

      Für Wissenschaftler haben sie schlicht »Härte 10«, Verliebten gelten sie als Ausdruck von Ewigkeit und Liebe, und die Griechen nannten sie »Tränen der Götter«: Diamanten, unvorstellbare Werte auf kleinstem Raum. Der begehrteste Rohstoff Afrikas, geschliffen in Tel Aviv oder Antwerpen, landet schließlich in den panzerverglasten Schaufenstern der Juweliere in Mannheim, Manchester und Manhattan und gilt als das Symbol für Luxus und Schönheit.

      Ein erheblicher Anteil der edelsten Edelsteine stammt aus Ländern wie Angola, Sierra Leone und Kongo. Beispiel Angola: 500.000 Tote in einem jahrzehntelangen Krieg, der zu einem erheblichen Teil aus den Geschäften mit Diamanten finanziert wird. Ob Regierung oder UNITA-Rebellen – beide Seiten machen Jahr für Jahr Milliarden Dollar Gewinne, die sie sogleich in neue Waffen investieren.

      Der Diamantenindustrie – monopolisiert durch De Beers – werden diese Informationen langsam lästig. Ihr edles Produkt könnte Kratzer bekommen. Das Allheilmittel: der so genannte »Kimberley-Prozess«. Ein weltumspannendes Zertifikat-System, das jeden Edelstein von der Grube bis zum Juwelier dokumentiert.

      Wie einfach es für skrupellose Händler ist, mit Blutdiamanten unvorstellbare Gewinne zu machen, dafür liefert das ARD-Team den Beweis: Die Rohsteine werden in Sambia problemlos auf der Straße gekauft und von den Behörden – gegen Schmiergeld – legalisiert. Über Johannesburg, wo der Preis der Steine bereits deutlich gestiegen ist, gelangen die Diamanten der angolanischen Rebellen nach Antwerpen und werden hier geschliffen. Nach ihrer Herkunft fragt niemand. Und dann werden sie in Deutschland weiterverarbeitet, und – wären in den Handel gelangt, wenn man den Prozess nicht in letzter Sekunde gestoppt hätte.

      Weltweite aufwändige Recherchen und Dreharbeiten in Afrika und Europa beweisen, wie ernst man die Behauptung der Industrie nehmen kann, das Problem der Blutdiamanten sei gelöst. Ein Mitglied des UN-Sanktionskommitees für Angola, dem die ARD-Dokumente vorgelegt wurden, war zunächst sprachlos und kündigte an, die Recherche-Ergebnisse im nächsten Angola-Bericht der Vereinten Nationen einzuarbeiten.
      Avatar
      schrieb am 25.12.02 13:30:01
      Beitrag Nr. 5 ()
      @Juvenile

      habe den Bericht am Anfang des Jahres auf der ARD gesehen. Man muss sich mal vorstellen, dass Menschen ihr Leben lassen für diese Steine, die dann aus dem südlichen Afrika nach Antwerpen und New York geschmuggelt werden. Werd dort den Profit macht, behalte ich lieber für mich, sonst heißt es nachher wieder Anti..... ;)

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      Avatar
      schrieb am 25.12.02 13:34:01
      Beitrag Nr. 6 ()
      Goldrausch
      Stephan Günther
      Obwohl Afrika das Schlußlicht der Weltwirtschaft ist, haben westliche Konzerne ein ungebrochenes Interesse an der Plünderung seiner Rohstoffvorkommen. Der Kampf um Einflußsphären wird zunehmend kriegerisch ausgetragen
      Während die asiatischen Tigerstaaten oder das »chilenische Modell« die Möglichkeit einer nachholenden kapitalistischen Entwicklung ehemaliger Dritte-Welt-Staaten zu bestätigen scheinen, gilt Afrika weithin als verlorener Kontinent. Häufig ist von der »(Zwangs-)Abkopplung« afrikanischer Ökonomien vom Weltmarkt die Rede. Zu gering sei das Interesse multi-nationaler Konzerne, zu gering auch die Wirtschaftskraft der meisten afrikanischen Staaten. Lediglich Südafrika werden in absehbarer Zeit ökonomische Wachstumsraten zugetraut, die für ausländische Investoren interessant sein könnten.
      Doch die These von der Abkopplung übersieht, daß Schwarzafrika keinen einheitlichen Block darstellt, sondern die einzelnen Staaten sehr unterschiedliche Perspektiven haben. Außerdem sind multinationale Konzerne seit langem auf dem Kontinent präsent. Vor allem die ehemaligen Kolonialmächte pflegen nach wie vor enge Wirtschaftskontakte zu ihren Ex-Kolonien, und mineralische und landwirtschaftliche Rohstoffe aus Afrika sind sehr begehrt. Der Leipziger Afrikanist Robert Kappel sieht daher sehr unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten für afrikanische Staaten: »Für einen vorsichtigen Optimismus spricht, daß trotz teilweise negativer Terms-of-Trade einige Länder in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht haben. Diese Länder werden als Emerging African Economies (EAE)« bezeichnet. In Anlehnung an die asiatischen »Tiger« sehen andere Autoren etwa Südafrika, Botswana, Ghana und Côte d`Ivoire als »aufstrebende afrikanische Löwen«; Mali, Eritrea, Tansania, Uganda, Mosambik und Benin gelten immerhin als »strebsame Löwen«. Kongo, Nigeria und der Sudan sind nach dieser Kategorisierung »Giganten in der Krise«, Länder wie Somalia und Sierra Leone »gescheiterte Staaten«. Unhinterfragt bleibt in dieser Liste freilich die ökonomische Zielrichtung. Denn sie orientiert sich nicht an sozialpolitischen Entwicklungen, sondern ausschließlich an makroökonomischen Daten und der Integration in den Weltmarkt.
      Einig sind sich die Ökonomen - entgegen der Auffassung von Weltbank-Experten - in der Analyse, daß die vom Internationalen Währungsfonds erzwungene Liberalisierung der Märkte kaum die erhofften bzw. versprochenen Erfolge bringen konnte. Im Gegenteil: »Liberalisierung und Strukturanpassungsprogramme haben die Umwälzung des Kontinents weiter vertieft, ohne daß sie tiefgreifendes Wachstum erzeugt haben. Globalisierung fördert die doppelte Denationalisierung des Staates, die Schwächung von staatlichen Institutionen und damit der Potentiale eine$ Entwicklungsstaates« (Kappel). Zwar sind auch die ökonomisch relativ erfolgreichen afrikanischen Staaten nach wie vor vom Export meist nur weniger Rohstoffe abhängig, sie haben darüber hinaus jedoch eine binnen- oder regionalorientierte Wirtschaft aufgebaut. Die SADC (Southern African Development Community) etwa, zu denen mit Mauritius, Südafrika oder Botswana die Länder mit den höchsten Wachstumsraten des Kontinents gehören, geht in ihrem Konzept davon aus, daß eine konventionelle Marktintegration von sehr ungleich entwickelten Staaten nur zur Polarisierung zwischen den stärkeren und den schwächeren führen könne und deshalb der Region nicht dienlich sei. Sie plädiert daher für die Förderung einer Neustrukturierung regionaler Industrie, für Investitionen zur Reduzierung der Transaktionskosten regionaler Produzenten, für den Zugang der unterentwickelten Länder zu günstigen Krediten von Regionalbanken oder für den bevorzugten Zugang ökonomisch schwächerer Staaten zu regionalen Märkten. Gottfried Wellmer sieht in seiner Studie über die zukünftigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und den SADC-Staaten daher einen Konfliktherd. Denn es gehe »der SADC nicht vorrangig um die Frage, wieweit der integrierte regionale Markt sich externen Handelspartnern öffnet. Das genau war und ist aber die vorrangige Sorge der EU, der Weltbank und des IWE« Allerdings entspricht auch die Zielsetzung der SADC kaum der Realität: Die Dominanz Südafrikas im Freihandel mit den kleinen Partnerstaaten läßt Ausgleich und Umverteilung kaum zu.
      Die internationalen Finanzinstitutionen und die Industriestaaten sind tatsächlich weniger an der in ihren Konzepten so schön formulierten »nachhaltigen Entwicklung« der afrikanischen Staaten interessiert als vielmehr an einem möglichst unbeschränkten Zugang zu deren Märkten. Die neoliberalen Konzepte des Internationalen Währungsfonds sehen die Exportförderung als primäres Ziel von Entwicklung an. Die gleichzeitig vorgeschriebenen Einsparungen in den Staatshaushalten haben soziale Gegensätze weiter verstärkt, der Aufbau von Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystemen wurde so schon im Ansatz wieder zerstört. Die Kriege und Bürgerkriege im Kongo, in Ruanda, Angola, Sierra Leone und die Auseinandersetzungen um die Landfrage in Simbabwe, Kenia oder Südafrika sind und das wird bei der Analyse der Konflikte selten bedacht - auch Ausdruck sozialer Kämpfe und des Strebens nach Kontrolle der wichtigsten Exportquellen.


      Diamantenfieber
      Beispiel Angola: Der Bürgerkrieg des süd-westafrikanischen Landes ist auch ein Krieg Öl gegen Diamanten. Denn während die Regierung die Erdölförderung an der Küste und auf Plattformen kontrolliert, stellen Diamanten die Haupteinnahmequelle für die Unita-Contra dar. Drei Viertel der Staatseinnahmen stammen aus dem Verkauf von Rohöl. Mit dem Verfall der Rohölpreise wurde es für die Regierung notwendig, auch Zugriff auf das zweitwichtigste Exportprodukt zu bekommen: auf die besagten Edelsteine. Denn die lange Zeit von Südafrika und dem Westen unterstützte, rechtsgerichtete Unita hatte Zugriff auf 70 Prozent der Diamantenproduktion. Mit den Einnahmen von etwa vier Milliarden US-Dollar konnte die Organisation die mit dem Ende der Apartheid schwindende Hilfe aus Südafrika teilweise kompensieren. Längst ist der Bürgerkrieg kein Kampf der Systeme mehr, er ist zu einem Verteilungskampf geworden.
      Auch in dem westafrikanischen Sierra Leone geht die Auseinandersetzung zwischen Regierung und Rebellen um den Zugriff auf die Diamantenvorkommen des Landes. Nachdem die Revolutionäre Vereinigte Front (RUF) die Kontrolle über die Lagerstätten gewonnen hatte, gingen der Regierung fast alle Exporteinnahmen verloren.
      War es früher der Ost-West-Konflikt, der die Staaten in die Stellvertreterkriege zog, verlaufen die Fronten heute weniger deutlich. Frankreich, die USA und Südafrika sind es in erster Linie, die ihren Einfluß vor allem in den Rohstoffgebieten zu sichern trachten. Seit Jahren erreicht der US-amerikanische Afrika-Handel zweistellige Zuwachsraten - vor allem mit Südafrika, Angola, Nigeria, Ghana und Gabun, allesamt Staaten, die große 01-, Diamanten- oder Goldvorkommen haben. Der US-Import beschränkt sich im wesentlichen auf diese Produktpalette. Zunehmend geraten die US-Interessen dabei in Konflikt mit Frankreich. Erste bewaffnete (Stellvertreter-)Konflikte wurden in Ruanda, dem Sudan und Kongo-Brazaville ausgetragen. Während Frankreich die damalige ruandische Regierung selbst nach Beginn der Massaker 1994 noch mit Waffen belieferte, unterstützten die USA die Tutsi-Rebellen. Heute unterhält die US-Regierung enge auch militärische - Kontakte zur neuen ruandischen Staatsführung. Umgekehrt siegte 1997 in Kongo-Brazaville die von Frankreich unterstützte Seite. Einen Tag, nachdem die gewaltsame Machtübernahme des Generals Sassou-Nguesso geglückt war, erhielt der französische Ölmulti Elf Aquitaine neue Konzessionen von der Regierung.
      Neben den alten Kolonialstaaten und den USA engagiert sich auch Südafrika in den nördlichen Nachbarländern. Schon zu Apartheid-Zeiten hatte Südafrika als wirtschaftliches und politisches Zentrum Einfluß auf das gesamte südliche Afrika. In Namibia, Angola, Mosambik oder Simbabwe wurden die Stellvertreterkriege des Ost-West-Konflikts ausgetragen. Dabei ging es auch damals nicht nur um die politische Hegemonie, sondern ebenfalls um handfeste ökonomische Interessen. Vor allem im Mineralhandel ist der britisch-südafrikanische Rohstoffriese Anglo American Corporation (AAC) auf dem ganzen Kontinent aktiv. Schon während des Ersten Weltkriegs hatte der Brite Ernest Oppenheimer Gold- und Diamantenfelder um Johannesburg und Kimberly erworben. Die Tochtergesellschaften des Konzerns - De Beers (Diamanten), Anglogold (Gold) und Anglo American Platinum (Platin) - sind jeweils weltweite Marktführer, außerdem läßt das Unternehmen noch Kupfer und Kohle schürfen. Mehr als 60 Jahren lang gingen 90 Prozent aller Rohdiamanten durch den »einzigen Kanal«, wie AAC sein Monopol selbst nennt. Heute ist der Anteil auf 60 Prozent zurückgegangen, da Konkurrenten in Afrika, aber auch in Australien und Kanada hinzugekommen sind.
      Im letzten Jahr hat Anglo American seinen Firmensitz nach London verlagert und gleichzeitig den Gang an die Börse angetreten. Zwar wird ein Großteil der Geschäfte weiterhin vom Kap aus betrieben, doch der Rückzug nach Europa ist auch eine Reaktion auf die Umverteilungsforderungen, die in Südafrika immer lauter werden. Andererseits ist die Verlagerung nichts Außergewöhnliches für einen transnationalen Konzern wie AAC. Über Beteiligungen und Tochterfirmen war der Multi ohnehin mit anderen Konzernen verbunden. In den 80er Jahren genehmigte das britische Kartellamt AAC die Beteiligung am zweitgrößten Goldproduzenten Consolidated Gold Fields, doch die komplette Übernahme wurde von einem US-Gericht untersagt. Auch im Platin-Geschäft scheiterte der Versuch der Monopolbildung. Die Europäische Kommission erlaubte dem Konzern die Beteiligung an der Platin-Firma Lonrho nicht. Daher will AAC jetzt bei Nicht-Edelmetallen einsteigen.
      Zum aktuellen Brennpunkt Simbabwe; Mit den zahlreichen Fusionen, Firmenverlagerungen und -übernahmen verschwimmen auch die Einflußsphären konkurrierender Nationalstaaten. Als Anglo American kürzlich 70 Prozent der sambischen Kupfer- und Kobaltminen aufkaufte und auch ein Auge auf die »Sengamines« im Kongo wart trat es in Konkurrenz zum kongolesisch-simbabwischen Konsortium, konnte sich dabei aber der Unterstützung Großbritanniens und der USA sicher sein. Sowohl Kongo als auch Simbabwe gelten als destabilisierend in der Region, vor allem weil beide kein Interesse an einer Privatisierung ihrer Minen zeigen.


      Kampf ums Öl
      Auch für die Ölmultis sind afrikanische Staaten begehrte Handelspartner. Zwar sind die Erdölvorkommen in Westafrika verglichen mit denen im Nahen Osten oder in Zentralasien relativ gering. Das hohe Interesse der Ölmultis gründet eher auf dem geringen staatlichen Einfluß. Während die Golfstaaten die Förderung des Robstoffes kontrollieren, verkaufen Nigeria, Tschad oder Senegal ihre Rechte an multinationale Konzerne. Die Gewinnspannen sind entsprechend hoch. Wie massiv die Konkurrenten dabei vorgeben, zeigt die Geschichte der französischen Ölgesellschaft Elf Aquitaine, die in einer arte-Reportage am 12. April anhand von zahlreichen Interviews mit aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern Geheimdienstlern sowie afrikanischen und französischen Staatsvertretern nachgezeichnet wurde. Nachdem Frankreich 1962 die algerischen Ölvorkommen hatte abschreiben müssen, wurde die zunächst rein staatliche Firma gegründet, um in den ehemaligen afrikanischen Kolonien Erdölfelder zu erschließen. Mit Unterstützung des französischen Geheimdienstes wurde der Zugriff auf die Ölfelder Gabuns gesichert, indem der Staatschef Omar Bongo vor Militärputschen geschützt wurde. Jm Biafra-Krieg unterstützte Frankreich dann die Sezession der Provinz, um die Konkurrenten Shell und BP zu schwächen. In Kongo-Brazaville, Kamerun und Angola ist der Konzern ähnlich aktiv. Die Konkurrenz verfährt im gleichen Stil: Bekannt ist vor allem die Unterstützung des nigerianischen Militärregimes durch Shell, um die Erdölgebiete vor Rebellen zu schützen. Unliebsame Anwohner, die Widerstand gegen die Landnahme und Umweltzerstörung geleistet haben, sollen aus den angrenzenden Regionen vertrieben werden.
      Inzwischen agieren die Multis weniger gegeneinander als gemeinsam gegen Proteste aus der Bevölkerung. Die Ölvorkommen im Süden des Tschad soll gemeinsam ausgebeutet werden. Ein Konsortium von Exxon, Elf und Shell, der Weltbank und der Regierungen des Tschad und Kameruns will für knapp vier Milliarden Dollar eine mehr als tausend Kilometer lange Ölpipeline bauen. Die Anwohner indes werden nicht viel davon haben. Die Exxon-Mitarbeiter etwa werden direkt aus den USA versorgt, nicht einmal Agrarprodukte werden im Tschad gekauft. Und entlang der Pipeline befürchten Umweltschützer gravierende Umweltverschmutzungen durch austretendes 01. Entschädigungen sind im Finanzplan nicht vorgesehen.
      Je nach Voraussetzung kann also sowohl die Stabilisierung von Nationalstaaten wie auch ihre Destabilisierung maximale Profite bringen. Während die Ölförderung und vor allem der Transport durch lange Pipelines eines sicheren Umfelds und eines starken Staats zum Schutz der Produktion bedarf; kann der Gold- oder Diamantenabbau oft lukrativer in instabilen Staaten sein. Zur Perfektion entwickelt wurde diese Schaukelpolitik wiederum durch Elf: Neben dem US-Multi Chevron ist vor allem der französische Monopolist auf die Ausbeutung der Ölvorkommen Angolas aus und unterhält entsprechend gute Kontakte zur Regierung. Auf der anderen Seite hat Elf die Unita und damit die Fortsetzung des Bürgerkrieges finanziert. Ob damit eventuelle spätere Rechte im Falle eines Sieges der Unita erkauft werden sollten oder aber ein Zugriff auf die von den Rebellen kontrollierten Diamantenfelder, ist unklar. Klar indes ist, daß die transnationalen Konzerne Afrika keinesfalls abgeschrieben haben. Im Gegenteil wirken sie sehr aktiv an der politischen Gestaltung der Länder mit - mit allen Konsequenzen für die Betroffenen.
      Avatar
      schrieb am 25.12.02 13:41:23
      Beitrag Nr. 7 ()
      @Nasasdaqdramus

      Öl und Diamanten sind der Exportschlager, wobei natürlich die Einnahmen niemals bei der Bevölkerung ankommt. Die Multis schlachten das alles schön aus, um billig an die Rohstoffe zu kommen. Beispiel Nigeria, was Shell dort abgezogen hat, mit der Verschmutzung der Trinkwasservorräte, war eine Unverschämtheit. Aber es ist doch nur Afrika und niemanden interessiert es. Wenn die USA doch Schurken jagen wollen, dann hätten sie in Afrika für die nächsten 100 Präsidenten genug zu tun. aber es geht ja einfacher :D



      Multinationale Konzerne im Afrika-Geschäft
      Diamanten De Beers (AAC/RSA) weltweit, v.a. Angola, Südafrika
      Gold Anglogold (AAC/RSA) südl. Afrika
      Consolidated Gold Fields (GB) Südafrika
      Öl Elf (F) Gabun, Angola, Tschad, Kongo-Brazaville, Kamerun
      Shell (NL/GB) Nigeria, Tschad
      Chevron (USA) Angola, Nigeria
      Exxon (USA) Tschad, Nigeria
      BP (GB) Tschad, Nigeria
      Avatar
      schrieb am 28.12.02 15:24:21
      Beitrag Nr. 8 ()
      Wahlen in Kenia

      Schwere Schlappe für regierende Moi-Partei

      Bei den Parlaments- und Präsidentenwahlen in Kenia zeichnet sich nach ersten inoffiziellen Ergebnissen ein Erfolg der Opposition ab. Die regierende Partei des scheidenden Präsidenten Daniel arap Moi hat offenbar eine schwere Niederlage einstecken müssen.


      AP

      Wahlkampf: Schwere Schlappe für die Regierung


      Nairobi - Nach Angaben des nicht-staatlichen Instituts für Erziehung in Demokratie entfielen ersten Auszählungen der Präsidentenwahl zufolge auf den Kandidaten der Nationalen Regenbogenkoalition (NARC), Mwai Kibaki, 72 Prozent der Stimmen. Der Kandidat der regierenden Afrikanischen Nationalunion (KANU), Uhuru Kenyatta, kam danach auf lediglich 25 Prozent.

      Anderen Auszählungen zufolge entfielen auf Kibaki 80 Prozent, auf Kenyatta 17 Prozent der Stimmen. Der bisherige Präsident Daniel arap Moi, der das Amt 24 Jahre inne hatte, durfte nach der Verfassung nicht ein weiteres Mal antreten. Offizielle Ergebnisse der staatlichen Wahlkommission gab es zunächst nicht.

      Auch bei den Parlamentswahlen musste die KANU-Partei nach Angaben offizieller Wahlvertreter offenbar früh eine Schlappe hinnehmen. Vize-Präsident Musalia Mudavadi habe den Sitz für seinen Wahlkreis im Westen Kenias an den NARC-Kandidaten verloren, teilte der Vertreter mit. Auch das Ergebnis musste von der Wahlkommission noch bestätigt werden.

      Die KANU-Partei hat das Land seit der Unabhängigkeit von Großbritannien 1963 regiert. Viele Kenianer erhoffen sich von einem Machtwechsel einen Aufschwung der wichtigsten Wirtschaft in Ostafrika, die seit Jahren von Stagnation und grassierender Korruption geprägt ist. Derzeit leben mehr als die Hälfte der 30 Millionen Kenianer von weniger als einem Dollar pro Tag.
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 14:28:48
      Beitrag Nr. 9 ()
      Rebellen außer Rand und Band

      Während der Friedensgespräche: In der Elfenbeinküste geht das Morden weiter / Von Thomas Scheen

      MAN, 24. Januar. Die jugendlichen Rebellen tragen Plastikschildchen mit Namen wie "Mr. Cool" oder "Adolf Hitler". Sie halten verrostete Kalaschnikows in ihren Händen und sind kostümiert mit Sonnenbrillen, Perücken, fingerlosen Handschuhen und großen Messern, die sie nonchalant im Hosenbund tragen. Die meisten sprechen französisch, doch nicht wenige nur englisch. Die berauschten Halbwüchsigen mit ihren Marihuana-Beuteln sind die neuen Herren auf den Straßen von Man, einer Regionalstadt im Westen der Elfenbeinküste, und ihr aggressives Gehabe erinnert auf fatale Weise an die Kindersoldaten in Sierra Leone und Liberia. Die Kinder mit den großen Waffen sind das vorerst letzte und mit Abstand gefährlichste Aufgebot der ivorischen Rebellen.

      Die Stadt Man wechselte in den vergangenen Monaten dreimal den "Besitzer". Nachdem die Stadt zunächst von einer Rebellengruppe namens "Mouvement pour la justice et la paix" (MJP) erobert worden war, schaffte die ivorische Armee es immerhin, sie kurze Zeit später vorübergehend zurückzuerobern, bevor sie im November wieder an die Rebellen fiel. Heute ist die in einer malerischen Berglandschaft gelegene Stadt an der Grenze zu Liberia das Hauptquartier der sogenannten Westrebellen. Gleichzeitig aber sind die Zustände in Man eine Bankrotterklärung für die seit mehr als vier Monaten dauernde Rebellion in der Elfenbeinküste. In Man ist buchstäblich auf Schritt und Tritt die Zukunft des Landes zu besichtigen. Eine Zukunft, die geprägt sein wird von Massakern an Zivilisten und von Kriegsherren, die sich an ihrer eigenen Skrupellosigkeit berauschen. Kurzum: die westafrikanische Variante von Kongo-Kinshasa.

      Die Rebellen des MJP behaupten, unabhängig von der im Norden der Elfenbeinküste aktiven Rebellenorganisation "Mouvement patriotique de Côte d`Ivoire" (MPCI) zu agieren. Sie sagen, sie wollen den Mord an dem ehemaligen Putschgeneral Robert Gueï rächen, der zu Beginn der Rebellion von regierungstreuen Truppen gelyncht worden war und aus Man stammte. Der MJP teilt sich mit der zweiten Rebellengruppe im Westen, dem "Mouvement populaire ivoirien du grand ouest" (MPIGO), die Kontrolle über die Stadt. Offiziell sind sich die beiden Gruppen mit den Rebellen im Norden nur in der Forderung nach dem Sturz von Präsident Laurent Gbagbo einig. In Wahrheit sind sowohl MJP als auch MPIGO lediglich zwei Filialen der Nordrebellion. Filialen allerdings, die außer Kontrolle geraten sind.

      Im Büro des Stadtkommandanten wird deutlich, wer Man wirklich kontrolliert. Besser gesagt: Wer gerade versucht, die Kontrolle zurückzugewinnen. Ousmane Coulibaly, erst seit wenigen Tagen im Amt, ist eine Art Feuerwehrmann der Rebellion. Er stammt aus Korhogo hoch im Norden und gehört der Ethnie der Senufo an, nicht der in der Region von Man überwiegenden Ethnie der Yacouba. Natürlich sei er unzweideutig Mitglied des MJP, behauptet er. Sein eloquenter "Geheimdienstchef" Jean-Bonfils Agnera, der wie sein Chef von den Nordrebellen des MPCI an den MJP "ausgeliehen" wurde, bemüht die üblichen Floskeln über "Kooperation" und "Abstimmung" zwischen den diversen Gruppen, um seine Präsenz in Man zu erklären. Seine Aufgabe beschreibt er wolkig als das "Vermitteln von grundlegenden Zivilrechten an die Kämpfer". Sowohl Coulibaly als auch Agnera sind in Man, um von der bisherigen Reputation der ivorischen Rebellion zu retten, was noch zu retten ist. Der Grund ist einfach: Den Rebellenführern ist in Man die Kontrolle über die eigenen Leute entglitten. Schuld sind die Heerscharen von Liberianern, die von den Rebellen angeworben worden waren und sich jetzt vor allem durch hemmungsloses Plündern hervortun. Der MPCI verlegt nahezu täglich Kämpfer aus dem Norden nach Man, um die Liberianer in Schach zu halten. Zudem stehen im Süden der Stadt französische Fremdenlegionäre, die einen weiteren Vormarsch der Rebellen auf die strategisch wichtige Hafenstadt San Pedro zur Illusion machen. Die Rebellion ist in Man zum Stehen gekommen, und je länger dieser Stillstand andauert, desto häufiger entladen sich die Aggressionen der jugendlichen Bewaffneten gegen die Zivilbevölkerung. Was sich in Man und seiner Umgebung anbahnt, ist nichts anderes als eine Fortsetzung der in Liberia üblichen Plünder- und Brandschatzorgien auf ivorischem Boden.

      Adama Coulibaly, genannt "Adams", ist der militärische Kopf der Rebellion im Westen. Der ehemalige Fallschirmjäger der ivorischen Armee, der sich nur mit einer schwerbewaffneten Eskorte bewegt, pflegt sein Image als harter Hund. Die Friedensverhandlungen in Paris? "Bringen ohnehin nichts", sagte er - freilich bevor die Meldungen von einer Einigung in Frankreich Man erreichten. Die Alternative? "Wir erobern auch noch den Rest des Landes." Also weiterhin Krieg? "Natürlich." Gleichzeitig aber machte Coulibaly deutlich, daß er niemals einen Angriff auf die Stellungen der französischen Truppen befehlen werde, und offenbarte damit das ganze Dilemma der Rebellen: Sie haben angesichts der Entschlossenheit der französischen Armee keine Chance, einen Sieg zu erringen, und es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die unbezahlten Rebellen anfangen, sich im großen Stil an der Zivilbevölkerung zu vergreifen.

      Félix Teky, der Bischof von Man, ist in der Stadt geblieben, trotz der zahllosen Übergriffe und der völligen Willkür. Die Rebellen hätten ihm ihre Aufwartung gemacht, erzählt er, weil sie seinen Rat suchten. "Die sind frustriert und wollen ihr Leben, das sie vor der Rebellion führten, wiederfinden", sagt der Bischof. Doch speziell in Man scheint ein Frieden, der das komplizierte ethnische Geflecht der Elfenbeinküste wieder halbwegs ins Lot bringen könnte, noch unwahrscheinlicher als in Bouaké, der vom MPCI besetzten zweitgrößten Stadt des Landes. Teky bestätigt zwar, daß die Regierungstruppen bei ihrer kurzfristigen Eroberung der Stadt mit Listen von Haus zu Haus gingen und Zivilisten, die als Sympathisanten der Rebellion galten, massenweise töteten. In dieser Zeit müssen sich unvorstellbare Grausamkeiten in der Stadt abgespielt haben. "Aber die Rebellen hatten ebenfalls ihre Todeslisten, als sie in Man einmarschierten", sagt er.

      Daß die Massaker nicht auf eine Konfliktpartei beschränkt sind, bestätigt sich wenig später auf dem Friedhof der Stadt. Die Dame vom "Kommunikationsstab" der Rebellen gibt sich redlich Mühe, das Grauen "medial zu übersetzen". Juliette ist aus Frankreich angereist, "um der Sache zu dienen", wie sie sagt, aber ihr Rückflugticket hat sie längst in der Tasche. Das T-Shirt bis über die Nase gezogen, deutet Juliette auf die verwesten Leichname, die über den Friedhof verstreut liegen. "Alles Zivilisten", sagt sie. Viele der Leichname sind nur noch an den Knochen und den braungefärbten Kleidungsfetzen als menschliche Körper zu erkennen. Die Morde seien das Werk der ivorischen Regierungstruppen, sagt Juliette, und die Begleiter von der Propagandaabteilung der Rebellen, die neben der Kamera immer auch eine Waffe tragen, nicken grimmig. Angesichts der fortgeschrittenen Verwesung aber ist nicht festzustellen, ob es sich bei den vermeintlichen Zivilopfern nicht doch um Rebellen handelt, die bei Kämpfen ums Leben kamen und von Regierungssoldaten auf dem Friedhof abgeladen wurden. Für die Rebellen des MJP aber sind die zahlreichen Skelette, von denen zwei noch Fesseln tragen, der ultimative Beweis für die Bösartigkeit der Regierung, und die Wächter vom "Kommunikationsstab" sorgen dafür, daß jeder Journalist die Leichen zu Gesicht bekommt, ob er will oder nicht.

      Tief im Gestrüpp hinter einem der skelettierten und von Hunden angefressenen Körper liegen rund 20 weitere Leichname, die im Gegensatz zu den "Vorzeige-Kadavern" in schwarze Plastikplanen eingewickelt sind und unbeschreiblich stinken. Das Fleisch auf den Knochen ist noch gut zu erkennen, ebenso wie die Maden. Zudem hat sich die Haut noch nicht gänzlich schwarz gefärbt. In nahezu allen Schädeln klaffen große Löcher, die von großkalibrigen Waffen herrühren. Die Leichname in den Plastiksäcken sind nicht älter als zehn Tage. Die Rebellen des MJP aber halten Man seit mehr als einem Monat besetzt. Die Dame von der Propaganda kann sich das beim besten Willen nicht erklären.
      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.01.2003, Nr. 21 / Seite 5
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 18:51:23
      Beitrag Nr. 10 ()
      LAGOS, Nigeria -- Many are feared dead after a massive explosion levelled an apartment building in Lagos on Sunday.

      Initial reports put the death toll between 25 and 50, with many more reported trapped in the rubble.

      CNN`s Jeff Koinange, who arrived at the scene soon after the blast, said there was chaos and confusion.

      He said many of the building`s residents returned from church services to find their homes destroyed, and joined others in recovering both the wounded and the dead from the debris.

      At least two dozen bodies had been pulled from the rubble, witnesses told Koinange.

      He also said a nearby bank had been destroyed and was being looted.

      "There`s very little emergency services here," Koinange said.

      "I can only see two police officers."

      One rescue worker told Reuters that more than 20 people had been killed, while local resident Omololu Kassim told The Associated Press he saw 40 dead and as many injured.

      Local television and radio stations said 50 bodies had been recovered from the scene of the blast.

      The explosion occurred about 12:30 p.m. on Lagos Island -- the centre of the business district of the city.

      Last year, a series of explosions at an army munitions depot in Lagos killed more than 1,000 people.
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 19:03:01
      Beitrag Nr. 11 ()
      Juvenile, interessante Texte, danke.
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 19:05:44
      !
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      Avatar
      schrieb am 02.02.03 19:08:03
      Beitrag Nr. 13 ()
      Hä? Mit was sabbert mich da ein Prolet von der Seite an?
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 19:10:00
      Beitrag Nr. 14 ()
      Und wer liest das?

      Liebe Grüße aus Wien
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 19:11:33
      Beitrag Nr. 15 ()
      HappyVienna, wer sich dafür interessiert, natürlich. Bzw. den Horizont dazu hat.
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 19:27:34
      Beitrag Nr. 16 ()
      @moonbeyondsun
      Wer den Horizont für irgendetwas hat, kann seine Meinung in wenigen Sätzen vertreten, dazu gehört nämlich Intelligenz. Wenn dies dann lesenswert erscheint, kann man Details für überprüfenswert halten und sich damit intensiv auseinandersetzen. Ich werde sicher nicht über ein x-beliebiges Thema, welches einfach nur kopiert wurde, vermutlich vom Threaderöffner nicht mal selbst komplett gelesen, mich a) informieren und b) dann darüber diskutieren.

      Vermutlich bist Du aber nur eine Doppel-ID.

      Liebe Grüße aus Wien
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 20:05:42
      Beitrag Nr. 17 ()
      HappyVienna, ich weiß nicht, warum du hier einen so aggressiven Ton anschlägst.

      Ich habe eine recht junge Bekannte, die gerade Abitur macht. Die hat mich vor einigen Wochen nach Informationen über "Tantalum" gefragt und was das mit Afrika zu tun haben könnte. Obwohl ich dachte, ein gutes Abi gemacht zu haben, hatte ich von dem Thema noch nie etwas gehört. Ich konnte ihr leider nicht helfen. In Allgemeinbildung muss man halt regelmäßig investieren. Nun bin ich zufällig auf diesen Thread gestoßen, und fand das natürlich entsprechend interessant.

      Kein Grund, um dich zu schlagen.
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 20:15:39
      Beitrag Nr. 18 ()
      @moonbeyondsun
      Ersten, ich schlage mich nicht, ich argumentiere (fast) immer. :)

      Zweitens, ich habe noch immer nicht diesen Thread gelesen, weil ich kein Interesse habe 30 Minuten irgendetwas zu lesen, was mich vielleicht überhaupt nicht tangiert.

      Daher ... siehe #15 und #16

      Liebe Grüße aus Wien
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 20:19:21
      Beitrag Nr. 19 ()
      Wenn du Horizont bzw. Intelligenz hättest, würdest du die Fähigkeit besitzen, Texte in kurzer Zeit daraufhin zu testen, ob sie für deine Interessengebiete relevante Informationen enthalten. Aber wie gesagt: Ich weiß immer noch nicht, warum du dich hier meldest und mich so blöd anmachst, so ähnlich wie "Prolet". Schreibt doch dem Threaderöffner eine BM.
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 20:33:08
      Beitrag Nr. 20 ()
      Wenn jemand #11 und #13 postet, was sagt uns das?

      98% Doppel-ID, wo er sich selbst lobt.

      Und, sorry ich kann Texte nicht in kurzer Zeit wirklich testen, manchmal ist das WICHTIGE nur ein Satz.

      Liebe Grüße aus Wien
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 20:36:23
      Beitrag Nr. 21 ()
      HappyVienna, dann viel Erfolg mit deiner Beschränktheit. Du wirst ihn brauchen. Das Doppel-ID-Gerede ist doch lächerlich, genau so gut könntest du #12 sein, der mich da angemacht hat. Mein Tipp: Entspann dich, dann klappts auch mit den (WO-)Nachbarn.
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 20:44:03
      Beitrag Nr. 22 ()
      Dieses linke Afrika-Getue ist tatsächlich out.

      Reg Dich ab, Linker!!
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 20:47:44
      Beitrag Nr. 23 ()
      MrGangster, ich habe mir noch kein abschließendes Urteil darüber gebildet. Wenn es immerhin auf Gymnasien Unterichtsstoff ist, kann es nicht ganz unwichtig sein. Und selbst wenn: "Wer die Zukunft kennen will, muss in der Vergangenheit lesen"
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 20:50:02
      Beitrag Nr. 24 ()
      @moonbeyondsun
      Ich versuche nochmal Deinen Horizont zu erweitern.
      #11 (Unmotivierte??) Lobhudelei ohne Aussage ;)
      #12 :confused: auf wen und was bezieht sich das :confused:
      #13 Reaktion auf #12, der wenn er nicht auch Threaderöffner, mit #12 vielleicht gar nichts am Hut hat. :eek:

      #15 Erste Beleidigung statt Argumente
      ...

      Ein Schelm wer da denkt ...

      Liebe Grüße aus Wien
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 20:53:04
      Beitrag Nr. 25 ()
      MrGangster

      also, ich dürfte nicht im Verdacht stehen, Linker zu sein.

      In Afrika geht es in erster Linie um Menschen, die durch diverse Interessenslagen, aber auch durch ihr eigenes Verhalten meist nicht gerade auf der Sonnenseite der Menschheit stehen.
      Wer selbst mal dort war, wird sehen, wie reich eigentlich die Länder sein könnten, aber wie arm die Menschen sind.

      Leider ist Afrika nicht so im Blickpunkt und (das kann ich aus eigener Erfahrung sagen) unsere Entwicklungshilfe ist auch nicht das Gelbe von Ei, weil man dort wesentlich mehr machen könnte und es sogar die berühmte, immer angestrebte "Win-Win Situation" geben kann.

      Fahre mal hin und sehen es Dir an.
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 20:53:36
      Beitrag Nr. 26 ()
      HappyVienna, bitte erläutere, inwiefern #15 DICH beleidigt... :) :D
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 21:00:01
      Beitrag Nr. 27 ()
      @Konns

      Du bist ein Halblinker!
      Ich fahr dort ganz sicher nicht hin.
      Bei der Entwicklungshilfe kann man auch ein bischen weniger machen, wir haben Schulden wie die Sautreiber.

      CU
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 21:05:53
      Beitrag Nr. 28 ()
      @moonbeyondsun
      Mea culpa, Du hast natürlich sofort meinen einfachen Stil durchschaut, der für JEDERMANN verständlich sein sollte. Korrekt muss es natürlich heissen: #15 "Erster Beleidigungsversuch"

      Aber frech kann man halt nur zu einer Respektsperson sein. Beleidigen kann man nur wenn man selbst ein gewisses Potential hat ...

      Also frech war ich sicher nicht Dir gegenüber ...

      Liebe Grüße aus Wien
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 13:20:53
      Beitrag Nr. 29 ()
      African Union backs Ivorian peace deal


      Mbeki is optimistic about peace in the Great Lakes

      The African Union has reiterated its support for a peace deal which has been controversial in Ivory Coast.
      We are certainly against going to war [in Iraq]



      Thabo Mbeki
      AU Chairman

      AU Chairman and South African President Thabo Mbeki said that the deal was the best framework for progress, although some amendments may be necessary.

      The African leaders meeting in Addis Ababa also said in a final communique that any action in Iraq should be decided by the Security Council of the United Nations.

      The first extraordinary AU summit was closed on Tuesday morning, hours ahead of schedule, after delegates reportedly rattled through the agenda more quickly than expected.

      `Serious consequences`

      The 28 heads of state and six prime ministers gave their backing to the Ivorian peace accord, but no details were given as to the amendments which they said may need to be made.

      Mr Mbeki also rejected allegations that the AU was "toothless", saying that the organisation was involved in peace negotiations in Burundi and the Democratic Republic of Congo.

      He said he was actually optimistic concerning the resolution of the conflicts in the two countries.


      Colonel Gaddafi failed with a United States of Africa

      On Iraq, the AU warned that a war would destabilise the Middle East region and would have serious consequences for Africa.

      "We are certainly against going to war," Mr Mbeki said.

      He said no unilateral action should be allowed and any decision should be found within the UN.

      "We should avoid the use of force."

      The African Union replaced the Organisation of African Unity (OAU) in June last year to bolster economic and political co-operation.

      Libyan leader Colonel Muammar Gaddafi`s call for a United States of Africa was rejected last month by AU foreign ministers.
      Avatar
      schrieb am 08.03.03 20:59:45
      Beitrag Nr. 30 ()
      Elfenbeinküste

      Neue Chance für den Frieden

      Die fünf Konfliktparteien der Elfenbeinküste haben ein Abkommen zur nationalen Versöhnung unterschrieben. In dem seit einem halben Jahr andauernden Konflikt kamen mehr als tausend Menschen ums Leben.

      Accra - Zwei Tage lang berieten die Kontrahenten in der ghanaischen Hauptstadt Accra bis sie eine für alle Seiten tragbare Vereinbarung gefunden hatte. Sie soll nach Medienberichten den Weg zu einer Regierung der Nationalen Einheit ebnen und die Gefahr eines Bürgerkrieges bannen.

      Der neue Plan sieht die Bildung eines 15-köpfigen Nationalen Sicherheitsrates vor, um den fünfmonatigen Konflikt zu beenden. Ihm sollen Präsident Laurent Gbagbo, Ministerpräsident Seydou Diarra und Vertreter der Rebellengruppen, der Streitkräfte und der Polizei angehören. Eine Regierung der Nationalen Einheit soll in der nächsten Woche gebildet werden.

      Gemäß einem im Januar in Paris ausgehandelten Friedensplan wird Gbagbo seine Macht an Diarra übergeben. Die Sicherheit des Krisenlandes werde von französischen Soldaten und einer westafrikanischen Friedenstruppe garantiert, hieß es.

      Laut Medienberichten haben die Rebellen auf ihre Forderung nach Besetzung des Verteidigungs- und des Innenressorts verzichtet. Die wichtigste Rebellengruppe, die Patriotische Bewegung der Elfenbeinküste, begrüßte das Abkommen als "Sieg aller Bürger".
      Avatar
      schrieb am 07.04.03 08:34:04
      Beitrag Nr. 31 ()
      Tausend Zivilisten getötet
      Blutbad im Kongo

      Bei einem Blutbad in der Demokratischen Republik Kongo (früher: Zaire) sind nach einem Bericht des britischen Senders BBC nahezu 1.000 Menschen getötet worden. Wie der Sender unter Berufung auf Überlebende weiter meldete, wurden die Zivilisten am vergangenen Donnerstag in der nordostkongolesischen Unruheprovinz Ituri niedergemetzelt.

      Vertreter der UN-Friedensmission im Kongo (MONUC) seien nach Drodro in der Nähe der Grenze zu Uganda geflogen, wo sie am Wochenende mit Überlebenden sprachen. Der MONUC-Sprecher in Kinshasa, Hamadoun Toure, sagte, die Bewohner der Stadt hätten 966 Opfer aufgelistet, die in dem dreistündigen Angriff getötet worden seien. Sie hätten insgesamt 20 Massengräber vor Ort inspiziert. Dort habe man Spuren von Blut und Kleidung der Opfer gefunden. 49 Überlebende der Gräueltat befänden sich im Krankenhaus von Drodro. Sie wiesen Verletzungen durch Machetenhiebe und Schusswunden auf.

      Erst im März hatten UN-Vertreter ein Abkommen vermittelt, um die Welle der Gewalt in der Provinz zu beenden. Während die internationalen Gegner im vier Jahre langen Kongokrieges im vergangenen Jahr gemeinsam mit einer Regierung der nationalen Einheit in der Hauptstadt Kinshasa einen Friedenskurs eingeschlagen haben, kam der Osten des Landes bislang nicht zur Ruhe. Tausende Menschen starben in Kämpfen zwischen Volksstämmen der Hema und Lendu sowie Rebellengruppen. Über 150.000 Menschen flohen vor den Kämpfen.

      2,5 Millionen Tote

      Der Bürgerkrieg in Kongo, bei dem sich neben den Rebellen auch Invasionstruppen aus den Nachbarländern gegenüberstanden, war mit rund 2,5 Millionen Toten nach UN-Angaben die schlimmste kriegerische Auseinandersetzung der Gegenwart. Ruanda und Kongo hatten Ende Juli 2002 einen Friedensvertrag unterzeichnet und den Abzug der 20.000 ruandischen Soldaten aus Ost-Kongo vereinbart.
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      schrieb am 07.04.03 08:41:50
      Beitrag Nr. 32 ()
      Irgendwie wenig überraschend, daß sich die Kämpfe dort intensivieren. In einem anderen Thread hatte ich schon geschrieben, daß die kongolesischen Rebellentruppen, die in der Zentralafrikanischen Republik von dem neuen Präsidenten und seinen tschadischen Helfern vertrieben wurden, nun wieder im Kongo ihr Unwesen treiben werden. Den durchschnittlichen Friedensdemonstranten interessieren solche Details natürlich nicht, obwohl hier an manchen Tagen mehr Zivilisten ermordet werden als im ganzen Irak-Krieg!
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      schrieb am 07.04.03 19:11:40
      Beitrag Nr. 33 ()
      ja, 44zim allerdings stürzen sich die Medien auch nicht unbedingt auf diese Region. Wieso laufen in Zentralafrika keine Journalisten an der Front herum? Die Durchschnittsbürger werden sicher keine Nachrichten über den Kongo, Ruanda oder Tschad in der Bild lesen. Von unseren Politikern wären auch ein paar mehr Worte über diese Region gewünscht. Mr. Bush intervenieren sie im Kongo, dann wird die Welt auch endlich aufmerksam :D
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      schrieb am 06.05.03 10:45:58
      Beitrag Nr. 34 ()
      Südafrika

      ANC-Kämpfer Walter Sisulu ist tot

      Er war einer der prominentesten Anti-Apartheidskämpfer. An der Seite von Nelson Mandela und Oliver Tambo bekämpfte er das rassistische Regime in Südafrika. Jetzt ist der frühere Generalsekretär des ANC wenige Tage vor seinem 91. Geburtstag gestorben.

      Walter Sisulu (1989)
      AP
      GroßbildansichtWalter Sisulu (1989)
      Johannesburg - Wie südafrikanische Medien berichteten, starb Sisulu gestern Abend. Er gehörte dem Afrikanischen National-Kongress seit 1940 an, von 1949 bis 1954 stand er ihm als Generalsekretär vor. Mehrmals wurde Sisulu während der Apartheid wegen seines politischen Engagements inhaftiert. 1963 ging er in den Untergrund, wurde aber noch im selben Jahr entdeckt und verhaftet. 1964 wurde er wegen Sabotage und anderer Delikte zusammen mit dem späteren südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela zu lebenslanger Haft auf der berüchtigten Gefängnisinsel Robben Island verurteilt. Erst im Oktober 1989 kam er wieder frei.
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      schrieb am 11.06.03 10:29:39
      Beitrag Nr. 35 ()
      Bundeswehr-Mission

      Auch die Union will den Kongo retten

      Auch die Union möchte deutsche Soldaten an der Kongo-Mission beteiligt sehen. Der Auftrag der deutschen Soldaten müsste aber begrenzt bleiben, schränkte sie ihre Unterstützung während einer Bundestagsdebatte ein.

      AP
      Flüchtlinge im Kongo
      Berlin - Die Union wolle einen klar begrenzten Einsatz von deutschen Soldaten im Rahmen der Uno-Mission unter der Leitung der EU mittragen, erläuterte der Abgeordnete Friedbert Pflüger (CDU) während einer Bundestagsdebatte. "CDU/CSU werden sich nicht entziehen", sagte Pflüger. Deutschland müsse aber seinen begrenzten finanziellen und operativen Möglichkeiten Rechnung tragen.

      "Wir können nicht überall auf der Welt, wo es Krisen gibt, an vorderster Front tätig werden", sagte Pflüger. "Es wird keine deutschen Kampftruppen und auch keine Fallschirmjäger im Kongo geben." Verteidigungsminister Peter Struck hatte in den vergangenen Tagen klar gestellt, dass sich die deutsche Hilfe auf Logistik, Transport und den Einsatz des fliegenden Hospitals MedEvac beschränken werde. Dabei werde die Bundeswehr ihren Stützpunkt in Uganda aufbauen. Der Kongo-Einsatz mit 1400 Soldaten ist der erste eigenständige EU-Kampfeinsatz. Pflüger sagte, er habe die Sorge, "wir überheben uns als EU in diesem schwierigen Konflikt".

      Abgeordnete aller Fraktionen betonten in der Debatte die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft für die Verhinderung eines Völkermordes im Kongo. "Wir müssen dem Eindruck entgegenwirken, Afrika sei ein vergessener Kontinent", sagte die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Kerstin Müller. Die Grünen-Politikerin unterrichtete den Bundestag über ihre zehntätige Reise in die Region.

      "Wir tragen Verantwortung für die Durchsetzung der Menschenrechte dort", sagte Müller und verwies auf Folter, Exekution, Verstümmelungen und Massenvergewaltigungen im Kongo. "Die internationale Gemeinschaft kann diesem Morden nicht länger zusehen."

      Drei Millionen Tote in fünf Jahren

      Von den 250.000 Einwohnern Bunias seien nur noch etwa 20.000 in der Stadt, berichtete Müller. Etwa 50.000 Menschen seien in die Wälder geflohen. 90 Prozent der Stadt seien geplündert. Uno-Soldaten hätten bisher 500 Leichen gefunden. 30 Prozent der Soldaten der kongolesischen Konfliktparteien seien Kinder. Seit Beginn der Kongokriege vor fast fünf Jahren seien rund drei Millionen Menschen getötet und 2,2 Millionen vertrieben worden.

      Auch der wirkungsvollste militärische Einsatz könne den politischen Prozess in Richtung Frieden nicht ersetzen könne. Zunächst einmal gehe es um die Bildung einer zentralen Übergangsregierung in der Hauptstadt Kinshasa. Deutschland wolle den Aufbau der Übergangsverwaltung unterstützen.

      An die Verantwortung der Europäer gegenüber Afrika erinnerte Gert Weisskirchen (SPD): "Wir können uns dieser Verantwortung nicht entziehen." Dabei sei klar, dass den begrenzten operativen Fähigkeiten der Bundeswehr Rechnung getragen werden müsse und dass Bundeswehrsoldaten nicht in Gefahr gebracht werden dürften. "Noch ist es Zeit, eine große Katastrophe und ein massenhaftes Blutvergießen zu verhindern", sagte Ulrich Heinrich (FDP).
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 10:30:31
      Beitrag Nr. 36 ()
      Kongo-Mission

      Experte hält bis zu 100.000 Soldaten für notwendig

      Die EU will mit eigenen Friedenstruppen das Morden im Kongo beenden. Was die Erfolgsaussichten in dem riesigen afrikanischen Land betrifft, ist ein Experte allerdings skeptisch.

      AP
      Kongo: Kindersoldaten im Einsatz
      Berlin - Wollte man eine dauerhafte Lösung ähnlich wie im Kosovo finden, seien 50.000 bis 100.000 Soldaten im Kongo nötig, sagte der Geschäftsführers des Zentrums für Internationale Friedenseinsätze (Zif), Winrich Kühne, über die Möglichkeiten im Kongo. "Da kommen sie in Zahlen rein, die jenseits aller politischen Möglichkeiten liegen", so Kühne.

      "Der Kongo ist so groß wie Westeuropa", erläutert der Experte. Staatliche Ordnung und Infrastruktur fehlten in dem zentralafrikanischen Land nahezu vollständig. "Man muss sich Westeuropa mal ohne Staat und Infrastruktur vorstellen. Dann würden sich alle wundern, wie 5000 Blauhelme, von denen nur 1400 Kampftruppen sind, da eigentlich Frieden schaffen sollen", meinte Kühne.

      Außerdem seien die Verhältnisse in der Unruheprovinz Ituri im Nordosten des Landes sehr unübersichtlich. In der rohstoffreichen Region griffen die Interessen mehrerer Staaten wie Uganda oder Simbabwe und verschiedener Volksgruppen ineinander. "Man kann im Moment nur versuchen, bestimmte Regionen zu stabilisieren", meint Kühne.

      Die Truppe unter Leitung der Franzosen könne nur versuchen, die Gewalt unter Kontrolle zu bekommen, um humanitäre Hilfe zu ermöglichen. "Das werden sie wohl auch schaffen, aber sie werden das Problem nicht lösen können", glaubt der Experte.

      Das im Juni 2002 gegründete Zif wird vom Auswärtigen Amt finanziert. Zu seinen Aufgaben gehören die Vorbereitung, Bereitstellung und Betreuung von zivilem Personal für internationale Einsätze.


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