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    Geld ist schizophren - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 24.03.03 22:13:06 von
    neuester Beitrag 07.04.03 21:33:50 von
    Beiträge: 40
    ID: 711.988
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      Avatar
      schrieb am 24.03.03 22:13:06
      Beitrag Nr. 1 ()
      Unser Geld bestimmt unser ganzes Leben,

      unt trotzdem machen wir uns kaum Gedanken darüber, wie es funktioniert.

      Von der Wiege auf haben wir mit Geld zu tun, wir lernen von Geburt an, das Geld gut ist, weil wir uns mit Geld unsere Grundbedürfnisse sowie universelle Wünsche erfüllen können.


      Also streben wir das ganze Leben nach Geld, auf tausendfacher Weise, sogar unbewußt...

      Doch was ist wenn unser Geldsystem auch negative Seiten hat?

      Wie sollen wir damit umgehen?

      Da man nicht wertfrei unser Geld betrachten kann, wehrt man sich gegen jedwede negative Kritik.

      Und selbst wenn man unser Geldsystem hinreichend verstehen lernt, will man die negativen Rollen nicht wahrhaben...


      Doch es gibt sie.


      Das ist schizophren.


      Ich werde hier versuchen zu zeigen, wie die meisten Probleme unserer Zeit nur an unserem Geld liegen, welches wir selbst geschaffen haben und nicht gottgegeben so ist wie es ist...
      Mir geht es hier denn auch primär nicht um andere Lösungen, hier treten zu schnell Denkblockaden auf, wenn man sich mit den Alternativen beschäftigt.


      Wichtig ist mir zuallererst die Erkenntnis zu verbreiten, dass Geld eben nicht nur positiv wirkt, und zum nachdenken über diesen Umstand anzuregen!
      Avatar
      schrieb am 24.03.03 22:30:27
      Beitrag Nr. 2 ()
      Kleines Beipsiel aus der Tierwelt:


      Darwins "Survival of the fittest" wird gern überinterpretiert als Überleben des Stärkeren.
      Der Stärkere hat dann ja auch automatisch recht...

      Das ist natürlich so nicht richtig!


      Hier steht es gut erklärt:


      #41 von Punk24 19.03.03 08:50:29 Beitrag Nr.: 8.924.548 8924548

      Nur noch mal zur Erklärung. Ich bin von meiner Ausbildung her Biologe (auch wenn ich nie als solcher gearbeitet habe ). Jedesmal wenn ich so eine krasse Fehlinterpretation der Evolutiontheorie wie in #34 lese, beißen mich die Sackratten (pediculus pubis)

      Ich hab in diversen Threads die sog. Pseudodarwinisten sachlich widerlegt. Diese sind aber offensichtlich nicht lernfähig . Da verliere ich dann auch schon mal die Geduld.

      Noch mal in Kürze die Irrtümer der Pseudodarwinisten im Allgemeinen und #34 im speziellen.

      1. Survival of the fittest heißt nicht, dass der stärkere überlebt, sondern der am besten an seine Umwelt angepasste (engl. to fit). Diese Anpassung misst sich in der Reproduktionsrate. In welchen Völkern ist diese am größten

      2. Evolution basiert neben Konkurrenz auch auf Kooperation. Es würde sonst weder herde und Rudel, noch Symbiosen geben. Übermäßige Konkurenz führt zum Untergang eine Population.

      3. Der mensch als denkendes Wesen kennt die Prinzipien der Evolution (oder sollte diese kennen ) und kann diese für seinen forbestand nutzen. Die in uns verankerte Humanität ist auch ein Teil der Evolution.

      Die Verteilung der Güter in einer Zinsgesellschaft gehorcht nicht den Prinzipien der biologischen Evolution, sondern simpler Statistik. Ein exponentiell wachsendes System bevorzugt grundsätzlich diejenigen, die schon am anfang mehr hatten als die anderen und baut dies Unterschiede dann aus


      ***********************************************************

      Um die Metapher der Marktwirtschaft als "Spiel" und die freien Marktgesetze als elementare "Spielregeln" aufzugreifen: Ihr vertretet die äußerst schlechten Verlierer! Denn nur diese wollen gleich das ganze Spiel in seinen Grundzügen ändern, anstatt die natürlichen Regeln um unsere Grundwerte zu ergänzen und dann optimal auszunutzen. Diese wollen das Spiel ändern - aber zu ihren Gunsten selbstverständllich und zu Lasten der Mehrheit, denn die Natur des Marktes/der Menschen schlägt zurück!

      und

      Unsinn! In der Natur bzw. Evolution gibt es NUR "totale Konkurrenz". Denn nichts auf der Welt kann sich jemals sicher sein, völlig konkurrenzlos zu existieren, sonst würde es ja unendlich wachsen können und alles dominieren. Es konkurriert also prinzipell alles mit jedem.

      von wavetrader




      Kleine Metapher, um in der Tierwelt zu bleiben...


      Ein Rudel Löwen erlegt Beute, der stärkste frißt zuerst, die anderen den Rest. Alles in Butter.
      Das Rudel profitiert vom Eigennutz des Stärkeren, aber alle werden satt...

      Nun stellt euch mal vor, das stärkste Tier erfindet ein System, das er frißt, und die anderen ihn noch zusätzlich Fressen abgeben müssen.
      Und das auch noch von Jahr zu Jahr mehr, obwohl die Zahl der Beutetiere nicht zwingend zunehmen muß oder kann.



      Bis er auf einem Berg von Fressen hockt- was würde geschehen?

      Und die anderen Löwen wundern sich, warum es ihnen immer schlechter geht und schon einige Hunger leiden...

      Sicher würde dieser Berg Futterneid hervorrufen und vielleicht sogar ( oder bestimmt ! ) zu Gewalt führen.

      Deswegen muß der Löwe die anderen unter Kontrolle halten, am besten in dem er kontrolliert Fressen umverteilt.
      Und diese Kontrolle darüber bedeutet uneingeschränkte Macht...Ob das immer gerecht ist bleibt fraglich, zumal irgendwann einfach nicht mehr alle Tiere Beute abgeben können, weil es schlichtweg keine mehr gibt!



      Und dieses System heißt Geld...


      In der Natur würde solch ein System niemals vorkommen, diese falsche fatalistische Darwinistische Haltung von der normalen Ordnung der Gewinner und Verlierer ist einfach nur Humbug!
      Avatar
      schrieb am 25.03.03 00:20:46
      Beitrag Nr. 3 ()
      Ich glaube Du sitzt da einem Bären auf,
      Kooperation wächst in der Tierwelt graduell mit
      dem Verwandtschaftsgrad. Ohne Zweifel ist auch
      die menschliche Kooperation innerhalb einer Familie
      sehr gut. Die Familie ist hierbei die Analogie zum
      Rudel. Betrachtet man hingegen die Kooperation innerhalb
      einer Gesellschaft oder gar zwischen verschiedenen
      Völkern, so ist diese (im darwinistischen Sinne)
      nur sinnvoll wenn beide Seiten davon profitieren
      (win-win situationen). Da solche Situationen eher
      selten sind, wiederspricht unser Finanzsystem
      nicht dem evolutionsbedingten Kooperations-
      prinzip. Um bei Deinem Bsp zu bleiben: Man
      findet auch zwischen verschiedenen Löwenrudeln Kämpfe.

      Teilweise hast Du aber recht: Die Nonkooperation darf
      nie so weit gehen, dass alle darunter leiden.
      So kommt es zB. in Ländern mit starken sozialen
      Gegensätzen zu größerer Unsicherheit
      (Rebellenbewegungen in 3te Weltländern, oder auch
      Mordrate in den USA)
      Die Optimierung des Systems der Nonkooperation
      ist wohl die soziale Marktwirtschaft, bei der zwar
      weiterhin nur wenige stark profitieren, die Gegensätze
      aber nie so gross werden, dass sich dies für die
      Profitierenden negativ auswirkt.
      Avatar
      schrieb am 25.03.03 06:42:40
      Beitrag Nr. 4 ()
      @ FloatingPenny: Richtig, auch verschiedene Rudel bekämpfen sich, allerdings immer in echten Ressourcenkämpfen, der Gegner wird dabei nie komplett ausgelöscht.

      Unsere Kriege uterscheiden sich da evident in einigen Punkten von-
      Tiere können andere Tiere nicht als Nichttiere darstellen, weil sie kein Bewußtsein haben und dies nicht empfinden können. Wir schon. Wenn wir andere Menschen als Menschen wahrnehmen gibt es den Fakt des Mitleids, der vor totaler Auslöschung rettet. Dieser wird bewußt ausgeschaltet.

      In wessen Namen?


      Und das zweite stimmt! Dafür haben wir die soziale Marktwirtschaft eingeführt. Doch warum sollte sie nun abgelöst werden durch einen Neoliberalen Kurs?

      Sind wir nicht zu sehr auf die "Wunder"wirtschaft USA fixiert? Bei näherer Betrachtung gibt es keine Wunder, sondern sogar noch stärkere Probleme als bei uns!


      Hier einige Gedanken von Robert Kurz und geldcrash.de gepostet von saismo:


      Was hat uns soweit gebracht?"


      1. Wirtschaftliches Wachstum als Selbstzweck bzw. Verwandlung von Geld in mehr Geld als Selbstzweck, abgekoppelt von jeglichen existentiellen und metaphysischen Fragen. Die Menschen merken nur, dass die Bedeutung des Geldes immer mehr steigt während ihre eigene sinkt.

      2. Die Menschen sind zu Zugochsen der abstrakten Arbeit gemacht worden, nämlich einer fremdbestimmten, jenseits der eigenen Bedürfnisse und außerhalb der eigenen Kontrolle liegenden Tätigkeit unterworfen worden.

      3. Die abhängige Lohnarbeit und damit die unaussprechliche Selbsterniedrigung des Sichverkaufen-Müssens, wurde zum Inbegriff menschlicher Freiheit umredigiert. Diese Besudelung des Freiheitsbegriffs, die im Lobpreis der Selbstprostitution gipfelt, hat die erstaunlichste Karriere in der Geschichte des menschlichen Denkens gemacht.

      4 .So tendiert dieses System dazu, jedes Gemeinwesen (Familien, autonome Selbstversorgunsgemeinschaften) vollständig aufzulösen und an die Stelle kulturell bestimmter Gemeinsamkeit und gegenseitiger sozialer Verpflichtung die reine Geldbeziehung treten zu lassen

      #14 von Saismo 22.01.03 23:22:44 Beitrag Nr.: 8.388.641 8388641


      Der Zins spielt eine wesentliche Rolle in dieser Entwicklung. Durch den Zins wächst das Geldvermögen jedes Jahr weiter an. Was der eine als Zinsgewinn hat, muß ein anderer als Verschuldung verbuchen . Aus diesem Grund würde der produzierende Bevölkerungsanteil ohne Wirtschaftswachstum verarmen. Deshalb sind die Entscheidgunsträger in Politik und Wirtschaft bemüht, die Wirtschaftsleistung so weit wie möglich zu erhöhen, um den steigenden Anteil der Kapitalverzinsung in der Volkswirtschaft bezahlen zu können und einen Systemzusammenbruch zu verhindern. Dies ist vergleichbar mit einem Krebskranken, der sein Körperwachstum immer mehr steigerte, damit der Anteil des wachsenden Tumors konstant bliebe. Sobald sein Wachstum auch nur etwas langsamer oder aufhören würde, hätte das zur Folge, daß der Anteil der Tumorzellen letzlich die Oberhand gewinnen würde und das Ende nur noch eine Frage der Zeit wäre!!!

      Da das Wirtschaftswachstum aufgrund des Zinssystems ständig gesteigert werden muss, treten gerade ökologische Belange in den Hintergrund, denn ständiges Wirtschaftswachstum erfordert einen immer höheren Energie- und Rohstoffverbrauch, während die produzierte Müllmenge kontunuierlich ansteigt.


      Das Leitbild des Wirtschaftsliberalismus stellt den Menschen als konkurrenzsubjekt noch unter die Tierwelt, denn derart auf einen „Krieg aller gegen alle“ sind nicht einmal die tierischen Instinkte konditioniert.

      Rücksichtslose Konkurrenz ist jedoch dem Menschen nicht angeboren, sondern ist die Folge der erfolgreichen Konditionierung, der wir seit etwa 5 Jahrhunderten ausgesetzt sind. Dies zeigen u.a. die hohen Selbstmordraten sowie der hohe Anteil an psychisch Kranken in unserer "Wohlstandgesellschaft" im Vergleich zu traditionelleren Gesellschaften bzw. Naturvölkern. Es ist in diesem Zusammenhang interessant zu beobachten, dass diese Begleiterscheinungen (Selbstmord, psychische Krankheiten) auch vermehrt in Entwicklungsländern auftreten, je mehr diese sich dem Diktat der Geldvermehrung als selbstzweck unterwerfen.

      Das menschliche Wohlbefinden ist in fast allen Dingen nur durch befriedigende soziale Beziehungen und in einem Raum sozialer Geborgenheit und Kooperation möglich.


      "Der Markt ist im Liberalismus sogar die soziale Veranstaltung schlechthin."

      Meine Rede! Und darin liegt das Problem:

      So tendiert der Wirtschaftsliberalismu dazu, jedes Gemeinwesen (Familien, autonome Selbstversorgunsgemeinschaften) vollständig aufzulösen und an die Stelle kulturell bestimmter Gemeinsamkeit und gegenseitiger sozialer Verpflichtung [B) die reine Geldbeziehung treten zu lassen.

      Deine Aussage "der Markt ist im Liberalismus sogar die soziale Veranstaltung schlechthin" bedeutet nichts anderes, als dass der gesellschaftliche Zusammenhang der Einzelnen nur noch negativ durch die ökonomische Konkurrenz hergestellt wird.

      Thomas Hobbes (1588-1679) einer der Gründungsväter des Wirtschaftsliberalismus sah bereits den Menschen als abstrakten Einzelnen, der um seine individuelle Selbsterhaltung kämpft. Hobbes läßt auch keinen Zweifel daran, welcher Natur die Freiheit ist, der sich die Bürger erfreuen würden: "Sie haben die Freiheit zu kaufen und zu verkaufen und miteinander Handel zu treiben". Die Menschen sollen nicht mehr, sich nach eigenen Bedürfnissen und Vereinbarungen kooperativ zu verhalten, sondern nur noch unter dem Diktat der Geldwirtschaft. Und es sollte ein Wesenszug des Liberalismus bis heute bleiben, daß er jede Kooperation und jeden sozialen Zusammenschluß, der die Ohnmacht des Einzelnen gegenüber den Gesetzen des Geldes aufzuheben droht, mit Mißtrauen verfolgt und notfalls administrativ verfolgt wird.

      So stellte Hobbes den Menschen als ein prinzipiell egoistisches Wesen, das angeblich "von Natur aus" einsamer als ein Tier ist:

      "Das Zusammenleben ist den Menschen also kein Vergnügen, sondern schafft ihnen viel Kummer, solange es keine übergeordnete Macht gibt, die sie alle im Zaun hält (der Staat)... So sehen wir drei Hauptursachen des Streites in der menschlichen Natur begründet: Wettstreben, Argwohn und Ruhmsucht. Und hieraus folgt, dass Krieg herrscht, solange Menschen miteinander leben ohne eine oberste Gewalt, die in der Lage ist, die Ordnung zu bewahren. Und es ist ein Krieg, den jeder Einzelne gegen jeden führt" Thomas Hobbes - Der Leviathan

      Und so mußten Eigenschaften (Egoismus, Geldgier, Gaunerei, Konkurrenz bis aufs Blut), die in der Menschheitsgeschichte bis dahin immer als schlecht, bösartig und minderwertig gegolten hatten, in den moralischen Adelsstand erhoben werden: die liberale Heiligsprechung der niedrigsten antisozialen Instinkte.




      Ich bleibe bei meinem Beispiel und binde niemanden einen Bären auf! ;)
      Avatar
      schrieb am 25.03.03 15:49:04
      Beitrag Nr. 5 ()
      Aber die von Dir "Verzinsung" genannte Vermehrung des
      Wohlstandes ist doch kein Nullsummenspiel, bei der der eine
      nur nehmen kann wenn der andere gibt.

      Wohlstandsvermehrung (wobei ich damit nicht sozialen
      sondern nur materiellen Wohlstand meine) kann
      eine Vielzahl von Gründen haben. Der langfristig
      wichtigste Grund ist technologischer Fortschritt.
      Um ein Beispiel zu geben:

      Ein Bauer konnte vor 1000 Jahren mit einem Hektar Land
      vielleicht etwa 10 Leute ernähren. Heute kann er mit
      demselben Land tausend Menschen ernähren. Das bedeutet,
      um den selben materiellen Wohlstand wie vor 1000 jahren
      zu erreichen müsste er heute nur noch ein hundertstel soviel
      arbeiten. Dies ist natürlich nicht der Fall. Stattdessen
      geht ein Teil dieses Mehrwerts in die von Dir genannte
      Verzinsung und ein anderer Teil in die eigene materielle
      Wohlstandsmehrung.

      Obwohl zweifelsohne der Besitzer der Bank die dem
      Bauer Geld für seine Maschienen leiht, aufgrund der
      Verzinsung viel mehr vom technologischen Fortschritt
      profitiert hat, belibt auch für den Bauern ein plus.

      Wenn Hobbes mit dem Konkurrenzstreben die Notwendigkeit
      des Staates begründet, so heisst das nicht unbedingt, dass er
      Anti-Liberalist war, sondern nur Anti-Anarchist.

      Liberalismus eines gesunden Ausmasses (in seiner
      Extremform geht er in Anarchie über) kann durchaus den
      Wohlstand aller mehren. Ein wichtiges Element des
      technologischen Fortschritts ist die Konkurrenz
      und der Egoismus von diesem Fortschritt stärker
      zu profitieren als andere.

      Den Grund für den Verfall sozialer Bindungen in unserer
      Gesellschaft sehe ich viel weniger in einer Verzinsungs-
      gesellschaft, sondern in einer technisierten Gesellschaft,
      die soziale Bedürfnisse zu befriedigen scheint ohne es
      wirklich zu tun ohne dass sich der Mensch dieser
      Tatsache bewusst wird: Fernsehen ist wie eine Packung
      gesalzene Erdnüsse. Ganz lecker aber kein echter Nährwert.

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      Avatar
      schrieb am 25.03.03 18:13:24
      Beitrag Nr. 6 ()
      endlich mal jemand mit Niveau-

      diesen Wohlstandseffekt bestreite ich auch gar nicht-
      aber leider merken auch die Bauern die Macht des Marktes...


      Obwohl zweifelsohne der Besitzer der Bank die dem
      Bauer Geld für seine Maschinen leiht, aufgrund der
      Verzinsung viel mehr vom technologischen Fortschritt
      profitiert hat, bleibt auch für den Bauern ein plus.



      Und nun schau dich bitte im landwirtschaftlichen Gewerbe um, wie die Realität aussieht.

      Ohne massive Konzentration von Arbeit durch technische Innovation ist auf Grund des Kostendruckes gar keine Landwirtschaft mehr möglich!
      Milchkühe lohnen überhaupt erst ab 100 Stück, Rinder, Kälber, Land, alles nur noch in ungeheuerlicher Menge lohnend, trotz Subventionen ohne Ende!
      Und die gesundheitliche Seite will ich lieber außen vor lassen, wenn Profit die oberste Moral ist, leiden Tierschutz und Gesundheit der Menschen- Vorschriften hin oder her!

      Den Grund für den Verfall sozialer Bindungen in unserer
      Gesellschaft sehe ich viel weniger in einer Verzinsungs-
      gesellschaft, sondern in einer technisierten Gesellschaft,
      die soziale Bedürfnisse zu befriedigen scheint ohne es
      wirklich zu tun ohne dass sich der Mensch dieser
      Tatsache bewusst wird: Fernsehen ist wie eine Packung
      gesalzene Erdnüsse. Ganz lecker aber kein echter Nährwert.



      Woher kommt der Zwang zur zunehmenden Technisierung und Arbeitsteilung? Er entsteht ja wohl nicht von selbst, sondern ist direkte Folge unser Wachstumswirtschaft, die nur deswegen wachsen muß, weil wir den Zins kennen...
      Avatar
      schrieb am 26.03.03 01:35:02
      Beitrag Nr. 7 ()
      Ich verstehe noch nicht ganz was die von dir
      propagierte Alternative ist. Wie würde eine
      Gesellschaft und Wirtschaft die ohne Zins-
      prinzip auskommt aussehen?

      Die Zinswirtschaft ist auch kein unregulierter
      Kreislauf der sich immer weiter aufschaukelt bis er
      nicht mehr funktionieren kann. Die Prozesse der
      Bereinigung von Ungleichgewichten sind einfach:
      Konkurs und Inflation

      Nichts anderes geschieht im Grossen gerade in Argentinien.
      Die Gläubiger verlieren ihr Geld. Die Schuldner
      verlieren ihre Schulden. Dieser Prozess tritt
      in ganz unterschiedlichen Abstufungen immer mal
      wieder auf. Wenn Du es so willst:
      Die Leute häufen Geld an, welches sie dann durch solche
      Ereignisse wieder verlieren. Trotzdem treibt sie
      das Geld zum Fortschritt zur Leistungssteigerung und
      trägt damit zum Wohle aller bei. Viele
      hoffen auch dass sie eine solche Situation voraussehen
      und dann schlauer sind und ihren Reichtum anderweitig
      retten. Den wenigsten gelingt dies aber in ihrer Gier.

      Der Mensch ist damit eine Art Esel der den Wagen namens
      Fortschritt zieht. Vor ihm hängt an einer Stange befestigt eine
      Karotte namens Geld, die er immer zu erreichen hofft, aber nie
      wird. Ein ideales System? Mir schaudert es etwas bei
      dem Wort ideal. Die Welt ist wohl nicht ideal, also
      auch kein System...
      Avatar
      schrieb am 26.03.03 06:53:31
      Beitrag Nr. 8 ()
      Von einem idealen System habe ich bisher auch noch gar nicht gesprochen! ;)

      Die alternativen Ideen, wie ich sie nennen würde,
      will ich hier eigentlich gar nicht breittreten, ich habe genug Threads dazu, werde später drauf zurückkommen...


      OK, so wie du es schilderst ist es richtig-

      Die Gläubiger verlieren ihr Geld. Die Schuldner
      verlieren ihre Schulden. Dieser Prozess tritt
      in ganz unterschiedlichen Abstufungen immer mal
      wieder auf. Wenn Du es so willst:
      Die Leute häufen Geld an, welches sie dann durch solche
      Ereignisse wieder verlieren. Trotzdem treibt sie
      das Geld zum Fortschritt zur Leistungssteigerung und
      trägt damit zum Wohle aller bei.


      1: Wir nehmen diese Krisen als völlig natürlich hin, die meisten wundern sich sogar ob unserer Krisensymptome, wundern sich woher sie kommen, dabei sind es ganz klar schon die ersten Anzeichen von globalen Staatsbankrotten.



      Dieses Mal wird es schlimmer als 1929-1933...

      2: Ich wäre eher dran interessiert, zu untersuchen wer die wirklichen Verlierer solcher Krisen sind.

      Du wirst sagen alle- ich würde behaupten, es trifft "Normalsparer" härter als "Superreiche"

      3: 2 Dinge: Erstens trägt es nicht zum Wohle aller bei, sondern sorgt wie es bisher geregelt ist kurz nach dem Start des Systems noch für eine recht ausgewogenene Wirtschaft, in der viele profitieren, aber je weiter sie fortschreitet desto größer werden die Ungleichgewichte, weil die Umverteilung von unten nach oben ständig größer wird... Wenn man dann den Arbeitenden die Lasten auferlegt oder unsere Unternehmen anschaut, kann man es doch schön sehen, wie unsere Kostenstruktur wirtschaften in diesem Land unrentabel macht.
      Und zweitens: Der Fortschritt zur Leistungssteigerung auch durchaus auch eine Soziologische Komponente- wir werden in fortgeschrittenen Arbeitsgeteilten und Leistungswirtschaften zu Objekten atomistischer Art, welche ständig Angst empfinden müssen vor Knappheit und Verlust bestimmter menschenwürdiger Umstände wie erfüllende Arbeit-
      Avatar
      schrieb am 26.03.03 07:58:49
      Beitrag Nr. 9 ()
      Ich will gar nicht weiter auf den unausgegorenen Unsinn von sbi eingehen. Das macht FloatingPenny schon ganz gut.

      Aber langsam verstehe ich, warum es "ausgebildete" Biologen (oder Wasauchimmers) gibt, die nicht in ihrem Beruf arbeiten. Die werden "Experten" in Deutschland.

      In dem von Punk24 angesprochenen und von sbi weiter angesprochenen Beispiels-Löwenrudel wird ein Aspekt völlig außer Acht gelassen, der die Situation noch in einem komplett anderen Licht erscheinen lässt.

      Übernimmt ein neuer junger stärkerer Löwe nach harten Kampf das Rudel, wird der "Alte" in der Regel getötet, wenn er es nicht schafft schnell genug zu flüchten.
      In den meisten Fällen verendet das oft schwer verletzte Tier jedoch, weil der Unterlegene zu schwach und auch zu unerfahren zum Jagen ist. Dies hängt wiederum damit zusammen, dass die Jagd in einem Löwenrudel die Aufgabe der Löwinnen ist. Der Pascha muss nur fressen, vögeln, saufen und hin und wieder mit Rivalen kämpfen die ihm seinen Platz streitig machen wollen.

      Aber das ist nicht das Gravierende. Die Jungen des letztgeborenen Wurfs (also die Kinder des „Alten“) werden vom „Neuen“ gnadenlos vom Ersten bis zum Letzten getötet. um seinen eigenen Genen den Vorrang bei der Vermehrung zu verschaffen.
      Ein Verhalten, das übrigens auch schon bei den so oft „romantisierten“ Delfinen beobachtet wurde und nicht nur da!

      Wenn schon Beispiele aus der Natur, dann bitte ihre Komplexität nicht außer Acht lassen, sonst führt sich das ganze von selbst ad Absurdum.
      Avatar
      schrieb am 26.03.03 08:23:00
      Beitrag Nr. 10 ()
      es war einmal ein schneider. der erschlug beim frühstück sieben fliegen auf einen streich, die sich auf sein pflaumenmusbrot setzten.
      darauf nähte er sich eine scherpe und zog in die welt hinaus. um des königs tochter zu bekommen (die in der verfilmung blöd und eigentlich auch hesslich war) gab er sich als großer held aus.

      das kennt ihr ja.

      also der held hat mit list und tücke den reichen dummen könig um seine kohle und das halbe königreich gebracht....ohne geld einzusetzen oder zu haben.

      so ergeht es jedem jeden tag. ein schwätzer kommt daher und zockt dich ab weil er dein geld will.

      das ist die schlechte seite des geldes, das es immer ein anderer von einem haben will ohne viel dafür zu tun.

      ;)
      Avatar
      schrieb am 26.03.03 12:48:41
      Beitrag Nr. 11 ()
      Kaperfahrer: Was bringt dir die Komplexität?

      Wenn du ein Modell verstehen willst mußt du bestimmte Prämissen setzen, deine Beispiele mögen zwar richtig sein, ich hoffe Punk sagt noch was dazu, bringen einen aber für die Problembehandlung kein Stück weiter-

      Der Mensch ist zwar auch ein Tier- verfügt aber über Bewußtsein und kann entscheiden, was gut und was schlecht ist.


      Daher würde er nie den eigenen Nachwuchs umbringen, schon klar- aber- wir haben die Möglichkeit, unsere Vermehrungsrate zu zügeln, wenn wir erkennen, das wir über die mögliche Stabilitätsrate beim Verbrauch von endlichen Ressourcen überschreiten- wenn die Ressource gar nicht erst knapp wird- ist die ganze patriachalische Chose überflüssig!

      Deine dumme Bemerkung vom Anfang kannst dir beim nächsten Mal bitte auch schenken. Wenn man Probleme dargestellt bekommt, greift wieder das reflexhafte Abwehrverhalten der Beleidigung und Diffamierung- kenne ich schon zur genüge, bringt uns sachlich aber keinen Schritt weiter! :mad:

      Mit FloatingPenny stimme ich übrigens in den meisten Punkten überein!
      Avatar
      schrieb am 26.03.03 15:17:44
      Beitrag Nr. 12 ()
      zu #9:

      Diese Verhaltensweise, ist bezogen auf das Löwenrudel genau das, was ihnen in der Evolution langfristig das überleben gesichert hat. Ich sehe da keinen Widerspruch zu meinen Aussagen. Konkurrenz und Kooperation gehören zur Evolution. In einigen Spezies überwiegt das eine, in anderen das andere. Selbst Alturismus kann einen Evolutionsvorteil bedeuten. Das ganze ist aber viel zu komplex (Da hat kapernfaher recht), um es in wenigen zeilen zu beschreiben.

      Die einseitige Fixierung der Pseudodarwinisten auf des Überleben des stärkeren und rücksichtsloseren ist und die unreflektierte Anwendung dieser Irrlehre auf menschliche Gesellschaften ist wissenschaftlich gesehen unhaltbar. Eine menschliche Gesellschaft ist kein Löwenrudel und keine Schafherde.
      In menschlichen Gesellschaften werden nämlich neben der DNA auch kulturelle und soziale Informationen an die kommenden Generationen weitergegeben, sonst säßen wir noch in den Höhlen ;).

      Ein anderer, wesentlicher Aspekt des Menschen in der Evolution ist, dass dieser die Umwelt, in der er selbst lebt, viel mehr beeinflusst, als das andere Spezies tun. Das geht letztlich so weit, dass er seine eigene Lebensgrundlage vernichtet. Wir arbeiten gerade intensiv daran. Das ist schon was einmaliges :(.
      Avatar
      schrieb am 26.03.03 15:27:46
      Beitrag Nr. 13 ()
      die beiträge von floatingPenny gefallen mir sehr gut:

      sie lassen jedoch eines unbrücksichtigt: Den ständigen Zwang zu wirtschaftwachstum und produktivitätssteigerung. Dieser ist unmittelbar durch den zins verussacht. Die logische verknüpfung stellt sich in Stichworten so dar:

      Geld ist ein Tauschobjekt für Waren und Dienstleistungen. Nur wenn dieser Gegenwert vorhanden ist, ist auch das Geld mehr Wert, als das bedruckte Papier. Durch zins vermehrt sich Geld, also muss sich auch der Gegenwert(Waren u. Dienstleistungen) erhöhen. dies wird erreicht durch Wirtschaftswachtum und Produktivitätssteigerung. Diese sind jedoch nicht unbegrenzt steigerbar. Da durch Zins die Geldmenge exponentiell und theoretisch unbegrenzt steigen kann, führt dies zwangsläufig irgendwann zum Zusammenbruch und das ganze geht, startend bei einem niedrigeren Level von neuem los.

      Da muss es doch ein besseres system geben :confused:, zumal wir mit jedem Zyklus mehr von unserer Welt zerstören :(
      Avatar
      schrieb am 26.03.03 18:24:14
      Beitrag Nr. 14 ()
      Deine dumme Bemerkung vom Anfang kannst dir beim nächsten Mal bitte auch schenken. Wenn man Probleme dargestellt bekommt, greift wieder das reflexhafte Abwehrverhalten der Beleidigung und Diffamierung- kenne ich schon zur genüge, bringt uns sachlich aber keinen Schritt weiter!

      Entschuldige nach nochmaligen durchlesen, du hast recht, war total überzogen formuliert und soll nicht wieder vorkommen.
      Du hast leider als Blitzableiter für mein "angefressen sein" heute Morgen gedient.
      Ich hoffe wir kommen beim nächsten mal wieder "normal" ins Gespräch.
      Avatar
      schrieb am 26.03.03 19:04:38
      Beitrag Nr. 15 ()
      Klar, kein Problem!
      Avatar
      schrieb am 27.03.03 06:29:34
      Beitrag Nr. 16 ()
      Avatar
      schrieb am 30.03.03 21:30:39
      Beitrag Nr. 17 ()
      danke stormwatch, den hatte ich schon mal gesucht!

      *******************************************************
      Hier ein Schnellkurs von Kurt Tucholsky:

      KURZER ABRISS DER NATIONALÖKONOMIE
      Nationalökonomie ist, wenn die Leute sich wundern, warum sie kein Geld haben. Das hat mehrere Gründe, die feinsten sind die wissenschaftlichen Gründe, doch können solche durch Notverordnungen aufgehoben werden.
      Über die ältere Nationalökonomie kann man ja nur lachen und dürfen wir selbe daher mit Stillschweigen übergehn. Sie regierte von 715 vor Christo bis zum Jahre 1 nach Marx. Seitdem ist die Frage völlig gelöst: die Leute haben zwar immer noch kein Geld, wissen aber wenigstens, warum.
      Die Grundlage aller Nationalökonomie ist das sog. >Geld<.
      Geld ist weder ein Zahlungsmittel noch ein Tauschmittel, auch ist es keine Fiktion, vor allem aber ist es kein Geld. Für Geld kann man Waren kaufen, weil es Geld ist, und es ist Geld, weil man dafür Waren kaufen kann. Doch ist diese Theorie inzwischen fallen gelassen worden. Woher das Geld kommt, ist unbekannt. Es ist eben da bzw. nicht da - meist nicht da. Das im Umlauf befindliche Papiergeld ist durch den Staat garantiert; dieses vollzieht sich derart, daß jeder Papiergeldbesitzer zur Reichsbank gehen und dort für sein Papier Gold einfordern kann. Das kann er. Die obern Staatsbankbeamten sind gesetzlich verpflichtet, Goldplomben zu tragen, die für das Papiergeld haften. Dieses nennt man Golddeckung.
      Der Wohlstand eines Landes beruht auf seiner aktiven und passiven Handelsbilanz, auf seinen innern und äußern Anleihen sowie auf dem Unterschied zwischen dem Giro des Wechselagios und dem Zinsfluß der Lombardkredite; bei Regenwetter ist das umgekehrt. Jeden Morgen wird in den Staatsbanken der sog. >Diskont< ausgewürfelt; es ist den Deutschen neulich gelungen, mit drei Würfeln 20 zu trudeln.

      Was die Weltwirtschaft angeht, so ist sie verflochten.
      Wenn die Ware den Unternehmer durch Verkauf verlassen hat, so ist sie nichts mehr wert, sondern ein Pofel, dafür hat aber der Unternehmer das Geld, welches Mehrwert genannt wird, obgleich es immer weniger wert ist. Wenn ein Unternehmer sich langweilt, dann ruft er die anderen und dann bilden sie einen Trust, das heißt; sie verpflichten sich, keinesfalls mehr zu produzieren, als sie produzieren können sowie ihre Waren nicht unter Selbstkostenverdienst abzugeben. Daß der Arbeiter für seine Arbeit auch einen Lohn haben muß, ist eine Theorie, die heute allgemein fallengelassen worden ist.

      Eine wichtige Rolle im Handel spielt der Export. Export ist, wenn die anderen kaufen sollen, was wir nicht kaufen können; auch ist es unpatriotisch, fremde Waren zu kaufen, daher muß das Ausland einheimische, als deutsche Waren konsumieren, weil wir sonst nicht konkurrenzfähig sind. Wenn der Export andersrum geht, heißt er Import, welches im Plural eine Zigarre ist. Weil billiger Weizen ungesund und lange nicht so bekömmlich ist wie teurer Roggen, haben wir den Schutzzoll, der den Zoll schützt sowie auch die deutsche Landwirtschaft. Die deutsche Landwirtschaft wohnt seit fünfundzwanzig Jahren am Rande des Abgrunds und fühlt sich dort ziemlich wohl. Sie ist verschuldet, weil die Schwerindustrie ihr nichts übrig läßt, und die Schwerindustrie ist nicht auf der Höhe, weil die Landwirtschaft ihr zu viel fortnimmt. Dieses nennt man den Ausgleich der Interessen. Von beiden Institutionen werden hohe Steuern gefordert, und muß der Konsument sie auch bezahlen.
      Jede Wirtschaft beruht auf dem Kreditsystem, das heißt auf der irrtümlichen Annahme, der andere werde gepumptes Geld zurückzahlen. Tut er das nicht, so erfolgt eine sog. >Stützungsaktion>, bei der alle, bis auf den Staat, gut verdienen. Solche Pleite erkennt man daran, daß die Bevölkerung aufgefordert wird, Vertrauen zu haben. Weiter hat sie ja dann auch meist nichts mehr.
      Wenn die Unternehmer alles Geld im Ausland untergebracht haben, nennt man dieses den Ernst der Lage. Geordnete Staatswesen werden mit einer solchen Lage leicht fertig; das ist bei ihnen nicht so wie in den kleinen Raubstaaten, wo Scharen von Briganten die notleidende Bevölkerung aussaugen. Auch die Aktiengesellschaften sind ein wichtiger Bestandteil der Nationalökonomie. Der Aktionär hat zweierlei wichtige Rechte: er ist der, wo das Geld gibt, und er darf bei der Generalversammlung in die Opposition gehen und etwas zu Protokoll geben, woraus sich der Vorstand einen sog. Sonnabend macht. Die Aktiengesellschaften sind für das Wirtschaftsleben unerläßlich: stellen sie doch die Vorzugsaktien und die Aufsichtsratsstellen her. Denn jede Aktiengesellschaft hat einen Aufsichtsrat, der rät, was er eigentlich beaufsichtigen soll. Die Aktiengesellschaften haftet dem Aufsichtsrat für pünktliche Zahlung der Tantiemen. Diejenigen Ausreden, in denen gesagt ist, warum A.-G. keine Steuern bezahlen kann, werden in einer sogenannten >Bilanz< zusammengestellt.

      Die Wirtschaft wäre keine Wirtschaft, wenn wir die Börse nicht hätten. Die Börse dient dazu, einer Reihe aufgeregter Herren den Spielklub und das Restaurant zu ersetzen. Die Börse sieht jeden Mittag die Weltlage an: dies richtet sich nach dem Weitblick der Bankdirektoren, welche jedoch meist nur bis zu ihrer eigenen Nasenspitze sehn. Schreien die Leute auf der Börse außergewöhnlich viel, so nennt man das: die Börse ist fest. In diesem Fall kommt - am nächsten Tage - das Publikum gelaufen und engagiert sich, nachdem bereits das Beste wegverdient ist. Ist die Börse schwach, so ist das Publikum allemal dabei. Dieses nennt man Dienst am Kunden. Die Börse erfüllt eine wirtschaftliche Funktion: ohne sie verbreiteten sich neue Witze wesentlich langsamer.

      In der Wirtschaft gibt s auch noch kleinere Angestellte und Arbeiter, doch sind solche von der neuen Theorie längst fallen gelassen worden.
      Zusammenfassend kann gesagt werden: die Nationalökonomie ist die Metaphysik des Pokerspielers.
      Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben gedient zu haben, und füge noch hinzu, daß sie so gegeben sind wie alle Waren, Verträge, Zahlungen, Wechselunterschriften und sämtliche anderen Handelsverpflichtungen -: also ohne jedes Obligo
      Avatar
      schrieb am 31.03.03 14:39:58
      Beitrag Nr. 18 ()
      Thema: Reichtum und Religion - oder warum ein Calvinist der reichste Mann der Welt wurde [Thread-Nr.: 714987]

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      Blue Max
      31.03.03 14:34
      31.03.03 14:35 AdHocAktie im FokusAllgemeinesAsienAuslandswerteforumAustralienBiotech-AktienBoardtreffenBreitband/Medien/i-TVCharttechnikDAX/MDAXDaytrader/FuturesDepotbesprechungDie 50-erDow Jones / NasdaqEinsteigerforumEuropaEx-SAC-ForumFinanzsoftwareFinanzstrategienFondsFundamentalanalyseGeschlossene FondsGold-AktienGrüne AktienHot StocksImmobilienInformationsquellenInternat. WährungenInternetInvestmentclubsKarriereKaufempfehlungKreditelive:traderMakleraktienModeratorenNanotechnologieNeuemissionenNeuer MarktNeuer Markt (reg.)OptionsscheineOptionsscheine (reg.)OsteuropaOTC-BBPolitikRecht & SteuernRenten/GeldanlagenSchweizSMAX / NebenwerteSport & MotorTecDAXTelekommunikationVerkaufsempfehlungVersicherungenVorbörsliche Wertew:o Feedbackw:o Newsw:o trading GmbHwallstreet:sofawallstreet:sofa (reg.)ZertifikateÖsterreich


      #1 von Blue Max 31.03.03 14:34:33 Beitrag Nr.: 9.037.396 9037396
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      MOMENTE DER ENTSCHEIDUNG (5)
      "Geldverdienen ist eine Gottesgabe"

      John D. Rockefeller erbaute ein Ölimperium. Konkurrenten trieb er in den Ruin, und am Sonntag fegte er die Kirche

      Von Wolfgang Uchatius

      Die Geschichte des John D. Rockefeller beginnt 303 Jahre vor seiner Geburt, und sie beginnt damit, dass Gott ein Freund des Geldes wird.

      Oder zumindest, dass die Menschen anfangen, das zu glauben.

      Es geschieht im Jahr 1536 nach Christus, und es geschieht in Basel. Der Reformator Johannes Calvin gibt erstmals seine Institutio Christianae religionis, Unterweisung in der christlichen
      Religion, heraus. Er schreibt von armen Seelen, die von Geburt an für die Hölle bestimmt sind, und von Auserwählten, auf die das Himmelreich wartet. Eine Frage aber bleibt: Woran mag
      der Mensch erkennen, wozu Gott ihn ausersehen hat?

      Calvin stirbt, doch die Calvinisten leben weiter, und sie geben eine Antwort: Gottes Gunst lässt sich am Geld ablesen, am Lohn für die Fleißigen und Sparsamen. Damit ist geschaffen, was
      der deutsche Soziologe Max Weber später den kapitalistischen Geist nennen wird. Der Reichtum hat den Gestank verloren. Wer im Leben etwas leistet, hat nach dem Tod nichts zu
      fürchten. Größer könnte der Anreiz zum Arbeiten nicht sein.

      Vom Vater zum Sohn, vom Bruder zum Nachbarn der neue Glaube verbreitet sich über Länder, Ozeane und Jahrhunderte, er erfüllt Handwerker und Kaufleute, Bauern und Fabrikanten
      und beseelt schließlich einen Mann, der am 8. Juli 1839 in Amerika zur Welt kommt, in einem Städtchen namens Richford im Bundesstaat New York.

      Einen Mann, der als kleiner Junge kiloweise Süßigkeiten ersteht und sie mit Gewinn an seine Geschwister weiterverkauft.

      Einen Mann, der jedes Jahr seinen Jobday feiert: den Tag, an dem er seine erste Arbeitsstelle antrat.

      Einen Mann, der sagt: Die Gabe, Geld zu verdienen, ist eine Gabe Gottes, ein Pfund, mit dem wir wuchern müssen, so gut wir können.

      Einen Mann, der der reichste Mensch der Welt werden sollte.

      Sein Name ist John Davison Rockefeller.

      Seine Welt ist der wilde amerikanische Osten, Mitte des 19. Jahrhunderts. Millionen Einwanderer aus aller Welt strömen ins Land und wollen leben. Wo gestern noch Bäume wuchsen,
      stehen auf einmal Häuser und Fabriken, rollen Fuhrwerke und rattern Dampfmaschinen. Mittendrin: Johns Vater, ein Hausierer, der sich in den Dörfern gelegentlich als Arzt ausgibt und
      Ahnungslosen allerlei Essenzen als Medizin verkauft. Und Johns Mutter, eine gottesfürchtige Bauerntochter, die ihre Kinder mit Bibel und Birkenrute erzieht.

      Das Paar hat vier Söhne und zwei Töchter, aber zu wenig Geld, sie anständig zu kleiden. In der Schule dürfen John und sein Bruder nicht aufs Klassenfoto, ihre Anzüge sind zu schäbig. Ich
      erinnere mich nicht, jemals vernachlässigtere Kinder gesehen zu haben , wird ein ehemaliger Nachbar sagen, viel später, als die halbe Welt den Rockefeller kennt und die Journalisten und
      Biografen sich auf die Suche nach seiner Vergangenheit machen.

      Sie stellen fest, abgesehen von seiner Kleidung fiel der blasse und humorlose Schüler John den meisten Leuten nicht weiter auf. Seine Leistungen sind nicht überragend, außer in
      Mathematik. Kopfrechnen kann er wie wenige andere, und insofern ist es nur passend, dass John, inzwischen 16 Jahre alt und mit den Eltern nach Cleveland, Ohio, umgezogen, nach der
      Highschool eine Stelle als Buchhalter in einem Handelshaus antritt. Am 26. September 1855, dem Jobday.

      Er sitzt dann mit Armschonern an seinem Schreibtisch und addiert Zahlen. Überträgt die Ergebnisse. Addiert. Überträgt. Addiert. Überträgt. Erledigt eine Arbeit, die andere Menschen
      langweilen würde, die ihn jedoch begeistert. Die Systematik der Geldbeträge findet Rockefeller herrlich . Schon morgens um halb sieben ist er im Büro, wo er oft die halbe Nacht verbringt,
      obwohl er die freiwilligen Überstunden nicht bezahlt bekommt. Arbeit befreite ihn, Arbeit gab ihm eine neue Identität , wird der Rockefeller-Biograf Ron Chernow später folgern. Nur den
      Sonntag hält John sich frei. Da feiert er den Gottesdienst, da fegt er die Kirche, führt das Protokoll in den Sitzungen des Pfarrgemeinderates und unterrichtet die Kinder aus der Bibel. Von
      Anfang an spendet er einen Gutteil seines Einkommens der Kirchengemeinde, lebt anspruchslos und voller Abscheu gegenüber allem Geprasse.

      Der amerikanische Bürgerkrieg kurbelt die Geschäfte an

      Die Arbeit und der Glaube an Gott sind die Pfeiler in Rockefellers noch jungen Leben und werden es bis zum Ende bleiben, weitere Stützen braucht er nicht, um den Beifall der Menschen
      kümmert er sich wenig. Der Psychoanalytiker Carl Gustav Jung wird Rockefeller in einer Vorlesung einmal als einen Menschen bezeichnen, in dessen Bewusstsein nur Platz für ein einziges
      Wort war: ich.

      Dreieinhalb Jahre nach dem ersten Jobday verweigert sein Chef ihm die gewünschte Gehaltserhöhung. Rockefeller glaubt, genug gelernt zu haben, er gibt seine Stelle auf und gründet ein
      eigenes Handelshaus, gemeinsam mit einem englischen Freund, Maurice Clark.

      Die Geschäfte laufen glänzend. Weiterhin strömen die Einwanderer ins Land, Amerika wächst, der beginnende Bürgerkrieg kurbelt die Nachfrage noch an. Die Soldaten und Fabrikarbeiter
      benötigen Essen, die Bauern brauchen Saatgut. Clark & Rockefeller verkaufen es ihnen. Sie handeln in Ohio mit Bohnen, in Michigan mit Weizen, in Illinois mit Salz und Schweinefleisch,
      und bald fangen sie an, ein neues Produkt zu verkaufen, das in immer mehr Häusern des Landes die bisher meist mit Walfischtran betriebenen Lampen füllt: Erdöl aus Pennsylvania.

      Mit dem Öl verhält es sich in diesen Tagen ähnlich wie Jahrzehnte später mit Computern oder dem Internet: Die einen glauben, es sei von nun an ein anderes Wort für Gold, die anderen
      fürchten, besonders lange werde sich damit kein Geschäft machen lassen. Auch Rockefeller zweifelt zunächst, doch dann kaufen er und Clark eine kleine Raffinerie, und da sie Gewinn
      abwirft, nimmt Rockefeller einen Kredit nach dem anderen auf, um das Ölgeschäft zu erweitern. Die Raffinerie wächst und wächst. Als Clark ob der schnellen Expansion Bedenken
      anmeldet, kommt es zum Bruch. Die Firma wird aufgelöst und zur Auktion angeboten. Sowohl Clark als auch Rockefeller beschließen, das Unternehmen zu ersteigern.

      So kommt es, dass Anfang Februar 1865, an einem der letzten Tage des amerikanischen Bürgerkriegs, in einem kargen
      Büroraum in Cleveland zwei gegensätzliche junge Männer ihre finanziellen Kräfte messen. Der eine, Clark, fürchtet das
      unternehmerische Risiko, gibt sich privat aber gern pompös. Der andere, Rockefeller, hebt jede Paketschnur und jedes Stück
      Packpapier auf, aber wenn er einmal an eine Geschäftsidee glaubt, scheut er keine Gefahr. Clark nennt ihn den größten
      Schuldenmacher, dem ich je begegnet bin . Dieser asketische Erzkapitalist pariert ungerührt jedes Gebot seines Gegners mit
      einem höheren Betrag, sagt schließlich 72500 Dollar! und hat gewonnen. Clark gibt auf, Rockefeller ist Herr über die bei
      weitem größte Raffinerie der Stadt. Später wird er sagen: Ich verweise immer auf diesen Tag als den Anfang des Erfolges, den
      ich im Leben hatte.

      Es hätte leicht auch der erste Tag seines Untergangs sein können. Zwar wächst auch nach Ende des Bürgerkriegs der Hunger
      nach Öl. Immer mehr Lampen benötigen Leuchtstoff, immer mehr Maschinen brauchen Schmiermittel. Statt der Baumwolle
      regiert jetzt das Öl die Welt des Handels , schreibt 1865 der amerikanische Kongressabgeordnete James Garfield.

      Aber auch immer mehr Menschen wollen mit dem in Pennsylvania geförderten Öl Geld verdienen. Ob Cleveland, Pittsburgh,
      New York, Philadelphia oder Boston überall stehen die Raffinerien, und bald sind es zu viele. Da sich das von ihnen
      hergestellte Petroleum und Schmieröl kaum unterscheidet, können sie miteinander nur über den Preis konkurrieren. Wer am
      kostengünstigsten produziert, gewinnt.

      Der Gewinner heißt Rockefeller. Anders als Gottfried Daimler, der Erfinder des Automobils, entwickelt er kein neues Produkt. Anders als Henry Ford, der Vater des Fließbands, entdeckt er
      kein neues Produktionsverfahren. Worauf Rockefeller baut, ist so banal wie revolutionär. Es ist die Macht der Masse. Mit seinem neuen Partner Henry Flagler, einem ehemaligen
      Salzfabrikanten, gründet er die Standard Oil Company, die erste Erdölgesellschaft der Vereinigten Staaten. Als eines der ersten Industrieunternehmen der Geschichte macht sich Standard
      Oil im großen Stil zunutze, was heute zum Grundwissen jedes Betriebswirtschaftlers gehört: die Economies of Scale, die Vorteile der Größe.

      Rockefeller kauft Wälder und Dampfschiffe, er produziert eigene Ölfässer und verfrachtet sie selbst über die Kanäle und Seen, um sich nicht mehr von plötzlich steigenden Holz- oder
      Transportpreisen die Gewinnmargen verkleinern zu lassen. Er arbeitet mit Strohmännern und Spionen, kauft konkurrierende Raffinerien auf, legt einige still, legt andere zusammen. Er erhöht
      die Produktion, senkt dadurch zuerst die Stückkosten und dann die Preise, wodurch er weitere Rivalen zur Aufgabe und zum Verkauf zwingt. Innerhalb eines Jahres übernimmt Standard Oil
      allein in Cleveland 22 seiner 26 Konkurrenten.

      Die riesigen Mengen an Öl, über die Rockefeller bald befiehlt, machen ihn zum begehrten Verhandlungspartner der Eisenbahngesellschaften, die sich darum reißen, das Öl Amerikas zu
      transportieren. Nur Rockefeller kann garantieren, ihre Züge zu füllen, und so muss sich im April 1868 der ergraute Eisenbahn-Magnat Cornelius Vanderbildt, genannt der Commodore, in das
      Büro dieses 29-jährigen gefühlskalten Emporkömmlings begeben, um ihn zum Vertragsabschluss zu bewegen. Rockefeller schlägt ein, die Eisenbahn gewährt ihm großzügigen Rabatt, was
      er dazu nützt, die Preise weiter zu senken und weitere Konkurrenten zum Schwitzen zu bringen , wie er sagt.

      Wenige Jahre später hat sich das Spielfeld verändert, Öl wird jetzt in Pipelines quer durchs Land befördert, die wichtigste Spielregel aber ist immer noch dieselbe: Der Größte gewinnt.
      Rockefeller kauft ganze Landstriche auf, damit die Konkurrenz dort keine Rohre verlegen kann, und überzieht den Westen Pennsylvanias mit einem riesigen eigenen Pipeline-Netz. Sobald
      ein Ölsucher auf Öl stieß, war Standard Oil da, um seine Quellen anzuschließen das sicherte die Existenz des Ölproduzenten ebenso wie seine unwiderrufliche Abhängigkeit vom
      Konzern , so Rockefeller-Biograf Chernow.

      Die mächtige Unternehmensmasse wächst zum Monopol. Anfang der 1880er Jahre kontrolliert die Standard Oil mit ihren Tochterfirmen, inzwischen zusammengefasst in einer Holding mit
      Sitz am Broadway 26 in New York, rund 90 Prozent des amerikanischen Raffineriegeschäfts. Rockefeller konzentriert fast die gesamte Produktion auf drei riesige Raffinerien, die viel
      rentabler arbeiteten als die zuvor übliche Vielzahl kleinerer Anlagen. Jahrzehnte später wird der Harvard-Ökonom Alfred D. Chandler zu dem Schluss kommen, dass dieser Schritt die
      Gewinnspannen noch einmal fast verdoppelt und damit das Fundament gelegt habe für eines der größten Vermögen der Industriegeschichte.

      Rockefeller verkauft sein Petroleum bis nach Asien und vor allem nach Europa, auch nach London, wo 1883 ein Mann stirbt, der wenige Jahre zuvor einen Satz sagte, der auf niemanden
      besser passt als auf den alle Rivalen verdrängenden Rockefeller: Je ein Kapitalist schlägt viele tot. Es ist Karl Marx.

      Rockefeller hasst Gewerkschaften und jede Art von Arbeiterbewegung, trotzdem ist er eine Art positiver Marxist. Wie der 20 Jahr ältere deutsche Philosoph glaubt auch er an die
      Unvermeidbarkeit von immer weiter wachsenden Unternehmen, von Kartellen und Monopolen. Während Marx in den Monsterunternehmen jedoch die Symptome eines siechenden
      Kapitalismus sieht, hält Rockefeller sie für lebenswichtig. Nur so lasse sich Ordnung in die chaotische Welt des Marktes bringen. Rockefeller, der Freund Gottes und des Geldes, empfindet
      sich als den Retter der Ölindustrie.

      Kein Wunder, dass er nicht recht versteht, weshalb ihm zunehmend Hass entgegenschlägt. Es würde all die kleinen, aus dem Markt gedrängten Ölunternehmer womöglich besänftigen, hätte
      Rockefeller einfach das bessere Produkt. Doch ihnen bleibt bloß das Gefühl, von einem Riesen ruiniert zu werden, der nicht intelligenter ist, sondern nur stärker. Und vor allem hungriger.

      Die Wut schwelt, langsam wächst in Politik und Öffentlichkeit das Gefühl, dass ein freier Markt den Schutz des Gesetzes braucht, um frei zu bleiben. Der Monopolist Rockefeller wird zum
      Symbol unheimlicher Wirtschaftsmacht. Doch es dauert Jahrzehnte, bis aus dem Gedanken ein Paragraf, bis aus dem Unmut ein Gerichtsverfahren und aus der Anklage ein rechtskräftiges
      Urteil wird. Erst im Jahr 1911 ordnet der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten die Zerschlagung von Standard Oil an.

      Er verschenkt sechs Milliarden Dollar

      Der Riese wird in 34 Teile zerlegt, aus denen Ölkonzerne wie Exxon, Chevron, Mobil und Amoco hervorgehen, aber da hat sich Rockefeller längst aus dem Management zurückgezogen.
      Hat von außen erlebt, wie die Glühbirne die Petroleumlampe überflüssig macht und wie das Raffineriegeschäft trotzdem weiterlebt, weil fast gleichzeitig das Automobil den Pferdekarren
      ersetzt. Hat sich ein wenig öfter seiner Frau und seinen fünf Kindern gewidmet, aber nur ein wenig, denn noch immer meidet er den Müßiggang, noch immer ist er viel beschäftigt. Jetzt nicht
      mehr damit, Geld zu verdienen, sondern es auszugeben.

      Der reichste Mann der damaligen Welt wird auch ihr größter Spender. Nicht aus schlechtem Gewissen, wie manche mutmaßen, sondern weil er dies für den Wunsch Gottes hält. Das Geld,
      das der Herr ihm gab, will er nicht für sich behalten. Rockefeller ermöglicht die Gründung der University of Chicago, er finanziert das modernste medizinische Forschungsinstitut Amerikas, er
      stiftet Schulen, Museen und Bibliotheken. Insgesamt verschenkt er, nach heutigem Geldwert, sechs Milliarden Dollar.

      Für sich und seine Familie hat er nicht ganz so viel übrig, er raucht nicht, trinkt nicht, geht nicht auf Partys und nicht ins Theater, seine Kinder bekommen weniger Taschengeld als ihre
      Mitschüler, und als der größte Kapitalist aller Zeiten 1937 im Alter von 97 Jahren stirbt, hat er ein Leben gelebt, das sich nicht so sehr von dem eines frommen Bauern aus Ohio
      unterscheidet. Er ist früh aufgestanden, hat hart gearbeitet, ging gleich danach ins Bett, und am Sonntag war er in der Kirche.

      Nur dass er es nicht gern hatte, wenn der Bauer vom Nachbarhof ihm Konkurrenz machte.

      (c) DIE ZEIT 27.03.2003 Nr.14
      ZUM ARTIKELANFANG
      Avatar
      schrieb am 04.04.03 00:00:33
      Beitrag Nr. 19 ()
      Schizophrenes Geld
      Um es auf den Punkt zu bringen: unser herkömmliches Geld soll mehrere Funktionen bzw. Aufgaben gleichzeitig erfüllen. Die Aufgaben, um die es hier besonders geht, bestehen darin, daß es
      a) als Tauschmittel
      b) als Vermögensgegenstand

      und außerdem noch als Preismaßstab dienen soll. Als Preismaßstab ist es natürlich auch sehr wichtig, aber es werden hier vor allem die beiden ersten Funktionen untersucht, da sie einen "unlösbaren" Widerspruch, ein Dilemma, hervorrufen.

      Ein Tauschmittel kennzeichnet sich dadurch, daß es weitergegeben wird; ein Vermögensgegenstand aber gerade dadurch, daß er nicht weitergegeben wird. Geld als Tauschmittel zu benutzen bedeutet folglich, es als Vermögensgegenstand aufzugeben, wohingegen es als Vermögensgegenstand nicht gleichzeitig als Tauschmittel benutzt werden kann (weder von einem selbst, noch von all jenen, die es in der Folge bekommen hätten, wenn man es benutzt hätte).

      Ein reines Tauschmittel müßte eine öffentliche Einrichtung sein, die allen zur Verfügung steht, die an Tauschprozessen teilnehmen. Ein Vermögensgegen-stand ist aber ein ausgesprochen privates Gut, das alle anderen Teilnehmer von der Benutzung ausschließt


      http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/probst/


      Deflationen in unseren Tagen sind also nicht mehr Folge ungenügender Geldversorgung oder Geldverknappung durch die Notenbanken, sondern Folge gestörter Geldnutzung, also die Folge von Kaufkraftblockierungen. Jede Unterbrechung des Geldkreislaufs aber erzeugt liegen bleibende Waren, reduzierte Nachbestellungen und Neuproduktionen und damit, bei ungekürzten Arbeitszeiten, sogar Arbeitslosigkeit. Während also Inflationen heute nur dann entstehen können, wenn die Notenbanken die Geldmenge vorher über den Bedarf hinaus vermehrt haben, kann es zu Deflationserscheinungen auch bei ausreichend vorhandener Geldmenge kommen, wenn die Kaufbereitschaft der Bevölkerung zurückgeht. Die Notenbanken können dann nur noch versuchen, die Nachfrage durch Absenkung der so genannten Leitzinsen zu stimulieren, der Staat durch höhere Verschuldung und die Vergabe öffentlicher Aufträge. Kurz, das was wir heute Deflationen nennen, kann - genau betrachtet - eine ganz natürliche Entwicklung auf Grund zunehmender Sättigungen sein.



      http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/creutz/creutz-deflati…

      Eine zentrale Ursache für die Krisen-
      entwicklung und damit ein Dilemma unserer sozialen Marktwirtschaft, daß mittlerweile so effektiv und so viel produziert wird, daß es immer schwieriger wird, für die erzeugten Produkte Nachfrage zu finden oder zu schaffen. Absatzstockungen aber reduzieren die Rentabilität und damit in Folge die Investitionen. Eine anhaltende Stagnation führt schließlich zur Senkung der Kapitalrendite und einer Geldzurückhaltung mit deflationären Symptomen. Das bedeutet: Anhaltende Kaufzurückhaltung, Produktionsrückgang, Entlassungen. Erst wenn der Mangel an Gütern so groß geworden ist, daß sich Investitionen wieder ‹lohnen› weil wieder ‹vernünftige› Preise zu erzielen sind, kann die Krise überwunden werden.



      Es sind zeitlich begrenzte Zuspitzungen, mit besonders deutlich wahrnehmbaren Veränderungen in der Gesellschaft, die als Krisen bezeichnet werden.

      Daß die Überproduktion von Waren und Dienstleistungen zur Wirtschaftskrise und damit zu Versorgungsengpässen führt, ist für sich genommen widersinnig und unnötig. Es ist nur damit zu erklären, daß Geld den notwendigen Tausch- und Investitionsvorgängen vorenthalten werden kann.


      Wenn die Rentabilität des Finanzkapitals eines Tages nicht mehr gewährleistet werden kann, wird das Finanzsystem kollabieren und unsere Gesellschaft in Not und Elend stürzen.


      http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/popp/zinswahn/


      Die klassische Deflation, ausgelöst durch einen tatsächlichen Geldmangel, ist nach wie vor mit Recht ein Schreckgespenst, vor allem im Hinblick auf die sich beschleunigende und schwer zu bremsende Abwärtsspirale.
      Wenn aber in einer gesättigten Wirtschaft Verbrauchszunahme und Wachstumsraten zurückgehen und im Gleichschritt damit die Zinsen und Preise, ist das keine problematische, sondern eher eine natürliche und wünschenswerte Entwicklung. Ebenfalls ist es ganz normal, dass unter diesen Gegebenheiten auch das Wachstum der Investitionen und der Kreditaufnahmen rückläufig ist. Problematisch ist dabei jedoch, dass mit diesen rückläufigen Entwicklungen die ausgegebene Geldmenge nicht im Gleichschritt reduziert wird, sondern deren Überschüsse sich in den privaten Tresoren sammeln. Denn mit dieser sich ansammelnden Differenz zwischen der ausgegebenen und der notwendigen aktiven Geldmenge, bildet sich ein aufgestautes Nachfragepotential, das bei einem Anspringen der Konjunktur und einer Wiederbelebung des Wachstums zu einem Inflationsschub führen muss. Die damit wieder ansteigenden Zinsen aber könnten bei den hohen Schulden in Lande für die Wirtschaft "tödlich" sein, vor allem für den überschuldeten Staat.


      http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/creutz/creutz-deflati…


      ***********************************************************



      Wenn man das Gehaben und Streben der Menschen betrach-
      tet, ihr Tun und Lassen, ihr Jagen nach Reichtum, Ansehen
      und Macht, möchte man meinen, es würde die ewige Seligkeit
      von der Erreichung dieser Ziele abhängen. Wenn man aber
      weiss, wieviel Heuchelei, Kriecherei und Rücksichtslosigkeit, wieviel Unwürdigkeit, Charakterlosigkeit und Gewissenlosigkeit zur Erreichung dieser Ziele vielfach erforderlich ist und wieviele Mitmenschen unter diesem Machtstreben zu leiden haben, wenn man andererseits sieht, wie der ewige Gleichmacher Tod von aller Macht und Herrlichkeit nur ein Stoppelfeld
      übrig lässt, drängt sich jedem die Erkenntnis geradezu auf,
      dass das Streben nach diesen materiellen Gütern nicht im
      Sinne einer ewigen Ordnung liegen kann


      http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/ellocco/theseus/


      Der erste Mensch, der damit begonnen hat, als Schutz gegen die Unwägbarkeiten der Zukunft eine Menge Güter anzuhäufen, mußte damit automatisch seinen Besitz gegen den Neid und die Bedürfnisse anderer Menschen verteidigen. Wenn eine Gesellschaft Angst vor Knappheit hat, wird sie eine Atmosphäre schaffen, in der die Ängste wohlbegründet sind. Es handelt sich hier um eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.
      Die Angst vor Mangel, die Folge unseres Geldsystems, erzeugt Gier und das Horten von Geld. Dadurch wird dem Geldkreislauf Geld entzogen, was wiederum Knappheit und somit Mangel nach sich zieht



      http://www.holis.de



      Die Phönizier haben das Geld erfunden - aber warum so wenig?


      Sprichwort



      «Die Schwierigkeit liegt nicht in den neuen Ideen, sondern darin, den alten Vorstellungen zu entkommen.»

      John Maynard Keynes

      Aus dem Vorwort der "Allgemeinen Theorie", nach Campester, in "Der Dritte Weg", 5/1995, S. 21
      Avatar
      schrieb am 05.04.03 11:56:26
      Beitrag Nr. 20 ()
      Dein Geld ist dein Stimmzettel !
      Systemfehler-forum

      Geschrieben von Beobachter am 03. April 2003 22:02:09:


      Dein Geld ist dein Stimmzettel, die Kassen sind Wahlurnen !
      Lieber Leser oder Leserin ,

      dein Geld ist dein Stimmzettel - und damit stimmst Du jeden Tag, beim Einkaufen, oder Geldüberweisen, darüber ab, was Du GUT findest, und unterstützen willst - egal, ob Du es so sehen willst, oder nicht !

      Man hört immer wieder : das Geld regiere die Welt - und es stimmt ! D.h. eigentlich, nicht das Geld regiert, sondern Menschen mit Geld, indem sie es für etwas ausgeben, oder eben nicht ausgeben. Und Du ? Du besitzt doch auch Geld, zumindest etwas davon, und gibst es fast täglich aus, oder ? Also, Du regierst mit !

      Das Geld hat die Eigenschaft, daß es immer nur für etwas Bestimmtes ausgegeben werden kann - und zwar nur einmal. Diese Ware, oder Dienstleistung, wird von jemand Bestimmten produziert, von einem Unternehmen, in einem bestimmten Land. Indem Du eine bestimmte Ware oder Dienstleistung kaufst, unterstützt und stärkst Du das jeweilige Unternehmen, den jeweiligen Unternehmer, und das jeweilige Land, d.h. deren Wirtschaftskraft und Wohlstand, und deren gesellschaftliche oder (welt)politische Macht.

      Die Geldkassen, in den Supermärkten und anderswo, und die Bankkonten sind die wahren, oder eigentlichen, Wahlurnen ! Dort landen täglich die Stimmzettel der Konsumenten, welche man Geldscheine nennt. Es werden Produkte bestimmter Unternehmen, die Dienstleistungen bestimmter Anbieter, "angekreuzt" und GEWÄHLT, sprich : gekauft, und die der anderen eben nicht gekauft. Das hat Konsequenzen : die einen wachsen, werden stärker, die anderen "schrumpfen" dahin, werden schwächer - Unternehmen wie Länder. Sie werden eben "gewählt", oder nicht gewählt.

      Wofür, für wessen Produkte, an Wen gibst Du dein Geld aus ?
      Die eigentliche Demokratie, das eigentliche VolksBEGEHREN, die eigentlichen Wahlen finden beim Einkaufen, oder beim Geldüberweisen/-spenden, statt. Die anderen, sog. Parlamentswahlen, alle 4 oder 5 Jahre, sind nur eine Ablenkung - sie entscheiden über (fast) nichts ! Ist es dir noch nicht aufgefallen ? Egal, wozu einzelne Politiker sich bekennen, bevor sie an die Macht kommen, Du kannst sie hinterher nicht mehr voneinander unterscheiden. Es ist ein Spiel : egal, was die Regierung sagt, die Opposition sagt das Gegenteil davon, obwohl sie dasselbe gesagt hätte, wäre sie an der Macht.

      Einmal an der Macht, ist auf einmal alles Denkbar, alles Machbar, alles Opportun - wenn angeblich "die Umstände es erfordern, um Schaden von diesem Land abzuwenden". Und der größte Schadensfall würde wohl eintreten, so denken sicherlich die meisten Politiker, wenn sie nicht gewählt bzw. wieder gewählt würden. Und so kommt es, daß der selbsterklärte Pazifist auf einmal einen Krieg führen will, ein zu Macht gekommener "Basisdemokrat" plötzlich für eine "Machtkonzentration in wenigen Händen" (natürlich in den eigenen ..) plädiert, oder ein "Sozialer" auf einmal die soziale Wohlfahrt des Staates niederreißt. Damit ein Politiker gewählt, oder wieder gewählt werden kann, braucht er, bzw. seine Partei, Geld, Geld für den Wahlkampf, für die Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit. Und damit sind wir wieder beim Ausgangspunkt : dem Geld ! Von wem bekommt er dieses Geld ?

      Also nochmal : die sog. Wahlen, alle 4-5 Jahre, bringen es nicht - sie ändern (fast) nichts ! Die eigentliche Volksabstimmung findet täglich an den Kassen der Warenhäuser, und an den Bankschaltern statt. Denn das Geld ist der eigentliche Stimmzettel in dieser Art von Demokratie, und es regiert die Welt, wennauch "durch die Politiker hindurch", sozusagen !

      Und hier finden wir auch eine wichtige Ungleichheit - den "Systemfehler der Demokratie gegenwärtiger Prägung", sozusagen : die Menschen haben nicht etwa eine einzige "Wählerstimme", oder etwa die gleiche Anzahl von "Stimmzetteln". Nein, den Menschen wird es verschwiegen, daß der Geldschein der eigentliche Stimmzettel ist, und daß die eigentlichen Wahlen mit den Geldscheinen, an den Kassen, und an den Bankschaltern stattfinden. Und diese, einzig und allein "wirksamen Stimmzettel" werden ihnen täglich "abgeluchst" - für irgendetwas, einfach so, ohne daß es auffällt ! Dafür sorgt schon die Produktwerbung.

      Stelle dir vor : die Hälfte der Konsumenten in ganz Europa würde bestimmte Produkte nicht mehr kaufen, oder nur vorübergehend nicht - nicht im Supermarkt, nicht an der Tankstelle, nicht bei der Bank. Unglaublich, welche Wirkung und "politischen Druck" das auslösen würde, und zwar sofort, oder bereits nach wenigen Wochen - wenn sehr viele Konsumenten sich abstimmen würden ! Selbst die größten Konzerne würden "das Fürchten lernen"!

      Geldausgabe ist Stimmabgabe - tagtäglich !
      Denke daran beim nächsten Einkauf, bei der nächsten Geldüberweisung !

      http://f23.parsimony.net/forum52169/messages/25164.htm
      Avatar
      schrieb am 05.04.03 12:39:25
      Beitrag Nr. 21 ()
      ...ihr habt ja alle soooo recht :)
      Avatar
      schrieb am 05.04.03 23:54:11
      Beitrag Nr. 22 ()
      ....empfehle dazu die Lektüre des Buches -Das Geldsyndrom-
      von Helmut Creutz, sowie einen Blick in die Bibel, 2. Buch Mose, Kapitel 22, Vers 24.
      Solange es ein Geldsystem mit Zinszahlungen gibt, ist eine Kreislaufwirtschaft nicht möglich, d.h. es werden fortlaufend natürliche Resourcen sowie menschliche Arbeit ausgebeutet.
      Zinsen lassen sich natürlich nicht per Dekret abschaffen, dies muss marktwirtschaftlich über eine andere Definition des Status von Geld erfolgen.
      Als Tauschmittel ist Geld sehr wichtig und nützlich, man kann es auch als gespeicherte Lebensenergie bezeichnen.
      Für dieses Geld hat man selbst gearbeitet oder andere haben dafür gearbeitet. Wer Zinsen zahlt, arbeitet für andere, wer Zinsen erhält,für den arbeiten andere.
      Da der Zinseszinseffekt langfristig ein größeres Wachstum erfordert, als es durch die arbeitenden Menschen und die natürlichen Resourcen erlauben (trotz technologischen Fortschrittes, sind katastrophale Brüche (Kriege usw.) unvermeidlich. Die heutigen Regierungen sind sich dieses Problems nicht bewusst oder wollen es nicht wissen. Hier muss langfristig durch Aufklärung eine entsprechende Grundstimmung in der Bevölkerung entstehen, damit die Regierenden diese Problem anfassen. Da dieses Problem bereits im 19. Jahrhundert bekannt war, sehe ich realistischer Weise erst gegen Ende des 21. Jahrhundert die Chance, das dieses Problem angegangen wird. Bis dahin wird noch viel geschehen. Schließlich gibt es genügend einflussreiche Gruppen, die diesen Zustand nicht verändern wollen.
      Avatar
      schrieb am 06.04.03 00:14:39
      Beitrag Nr. 23 ()
      Der Hinweis mit der Kirche ist richtig und gleichzeitig seltsam- weil ebenfalls schizophren, was die Kirchen daraus machen...


      Aus Roland Geitmann
      Bibel Kirchen Zinswirtschaft



      Mosaische Gesetze


      Zu den göttlichen Gesetzen, die Mose nach dem Auszug aus Ägypten vom Berge Sinai dem Volk Israel verkündete, gehört auch das Zinsverbot:

      "Wenn du (einem aus) meinem Volke Geld
      leihst, einem Armen neben dir, so handle an
      ihm nicht wie ein Wucherer; ihr sollt ihm
      keinen Zins auflegen."



      2. Mose (Exodus) 22.25 nach der Über-
      setzung der Zürcher Bibel; s.auch 3.
      Mose (Leviticus) 25.35-37 und 5. Mose
      (Deuteronomium) 23.19 und 20


      Jeder Zins, unabhängig von seiner Höhe, gilt hiernach als verbotener Wucher. Der Hinweis auf den armen Bruder als Zinszahler deutet zwar darauf hin, daß primär das Konsumdarlehen gemeint ist. Dies erlaubt aber noch nicht
      den in neuerer Zeit gezogenen Gegenschluß,
      daß das verzinste Produktivdarlehen folglich erlaubt sei.

      Denn das Zinsverbot ist eingebettet in weitere Regeln: das `Erlaßjahr` (5. Mose 15,1-11), wonach in jedem 7. Jahr alle Schulden zu erlassen sind, und das "Halljahr" (3.Mose 25), das im 50. Jahr den Grundbesitz an die ursprünglichen Eigentümer zurückfallen läßt, so daß der Boden nicht auf Dauer veräußert werden kann und sich sein Preis am Wert der noch ausstehenden Ernten bemißt. Diese für seine
      Durchsetzbarkeit notwendige Einbettung in Erlaßregeln und Bodenrecht hat das Zinsverbot im Laufe der Geschichte verloren - mit schwerwiegenden Folgen.

      Mose beschränkt das Verbot auf das Zinsnehmen gegenüber dem eigenen Volke und erlaubt es gegenüber Ausländern (so ausdrücklich 5.Mose 23,20). Diese Unterscheidung treffen die Juden bis heute, was einen Teil ihrer tragischen
      Geschichte ausmacht.



      2. Propheten

      Daß das Volk Israel sich bald nach dem Tode von Mose und Josua von diesen Geboten abwandte und welche schlimmen Folgen das hatte, schildert uns das Alte Testament sehr eindrücklich. Trotzdem nahmen die Propheten zumindest in diesem Punkt keine Anpassung an die Wirklichkeit vor, sondern verschärften das Zinsverbot. Während der babylonischen Gefangenschaft um 597 v.Chr. warnt der Prophet Ezechiel (Hesekiel):

      "Wer auf Zins leiht und Zuschlag nimmt,
      sollte der am Leben bleiben? - Er wird nicht
      am Leben bleiben!... Er muß sterben! Sein
      Blut komme über ihn!" (18,13)


      S. auch 22.12; auch Psalm 15.5; Sprüche
      l.l8f, 28.8; Nehemia 5.1 ff


      Die Beschränkung auf Israeliten gegebene Darlehen ist entfallen. Doch erst die Makkabäer setzten im 2. Jahrhundert v.Chr. Zinsverbot, Erlaß- und Halljahr für kurze Zeit durch, bis die Römer die Herrschaft übernahmen.



      3. Christliche Botschaft

      Noch weiter geht Jesus Christus in seinen Forderungen. In seiner Bergpredigt sagt er:

      "vielmehr liebet eure Feinde und tut Gutes
      und leihet, ohne etwas zurückzuerwarten.
      Dann wird euer Lohn groß sein und ihr wer-
      det Söhne des Höchsten sein... "(Lukas, 6,35)


      Damit wird das Verbot des Zinsnehmens als selbstverständlich vorausgesetzt und darüber hinaus gefordert, gegebenenfalls auch auf die Rückgabe des Geliehenen zu verzichten. Dies wird noch deutlicher bei der Wiedergabe der Bergpredigt bei Matthäus (5,38 ff.), wo das Thema `Borgen` im Zusammenhang mit der Aufforderung angesprochen wird, nach einem Schlag auf den rechten Backen auch den anderen darzubieten, sowie dem, der den Rock will, auch den Mantel zu lassen. Anschließend
      heißt es:

      "Gib dem, der dich bittet, und wende dich
      nicht von dem ab, der von dir borgen will.!"
      (5,42).


      Daß materielles Gewinnstreben und Christusnachfolge unvereinbare Gegensätze sind, wird an vielen Stellen deutlich, etwa in dem Ausspruch, daß ein Kamel leichter durch ein `Nadelöhr` gehe (womit ein Fußgängertor ge-
      meint ist), als daß ein Reicher ins Reich Gottes
      komme (Matthäus 19,24), und in dem markan-
      ten Satz

      "Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mam-
      mon" (Matthäus 6, 24).


      Apostel Paulus verurteilt leistungslose und schmarotzende Einkommen:

      "Wenn jemand nicht arbeiten will, soll er
      auch nicht essen" (2. Thessalonicher Brief
      3.10).


      S. auch Jakobusbrief 5.4 über den vorent-
      haltenen Lohn


      *********************************************************


      Unser derzeitiges Weltwährungssystem hat eine ähnliche Funktion wie das vegetative Nervensystem im menschlichen Körper. Es ist notwendig, damit alles funktioniert, wurde bis heute aber nur unbewußt wahrgenommen und lag jenseits der Willenskraft des einzelnen.

      [Anm. von mir: genau wie Staatsschulden]

      Zitat Bernard Lietaer

      *********************************************************


      Mysterium Schekel
      Die Sumerer nannten ihre erste Münze "Schekel", denn "Sche" bedeutet Weizen, und "Kel" war ein Maß ähnlich einem Scheffel. Somit war die Münze ein Symbol für den Wert von einem Scheffel Weizen. (Das Wort "Schekel" lebt heute im Hebräischen als Bezeichnung für die israelische Währung fort.)

      Der ursprüngliche Zweck des Schekel war, daß man damit für den heiligen Geschlechtsverkehr im Tempel von Inanna/Ischtar bezahlte, der Göttin von Leben, Tod und Fruchtbarkeit. Der Tempel war zum einen ein rituelles Zentrum, zum anderen auch die Lagerstätte der Weizenvorräte, die in Notzeiten die Priesterinnen und die gesamte Gemeinschaft ernährten.

      Die Bauern erfüllten also ihre religiösen Pflichten gegenüber der Gesellschaft und gegenüber der Göttin, wenn sie ihren Anteil Weizen in den Tempel brachten. Im Gegenzug erhielten sie ein Schekelmünze und damit die Berechtigung, zur Festzeit die Priesterinnen zu besuchen.

      2000 Jahre später hatte die patriarchalische Ordnung die Bedeutung und die Natur jener Rituale verändert, und die Bibel bezeichnete die Priesterinnen als "Tempelhuren". Die Vorgänge müssen jedoch in ihrem angestammten kulturellen Kontext gesehen werden. Die "heiligen Huren" waren Vertreterinnen der Göttin, und Geschlechtsverkehr mit ihnen war Geschlechtsverkehr mit der Göttin der Fruchtbarkeit, ganz gewiß keine Belanglosigkeit.

      Damals war Fruchtbarkeit im wahrsten Sinn des Worts eine Sache von Leben und Tod. Bei einer Mißernte mußten alle unweigerlich verhungern oder zumindest bis zum nächsten Jahr Hunger leiden. Und natürlich bot die Erfüllung des magischen Rituals die Gewähr für die Fruchtbarkeit der Felder, der Tiere und der Menschen - all dies Voraussetzungen für künftigen Wohlstand. Geld, Sex und Tod sind deshalb so mächtige Tabus in den abendländischen Gesellschaften geworden, weil sie alle mit dem Archetyp der Großen Mutter zusammenhängen, wie das Beispiel des Schekel zeigt.


      Das letzte offensichtliche Merkmal aller offiziellen nationalen Währungen sind die Zinsen. Wieder glauben wir, daß Zinsen irgendwie naturgemäß dazugehören, und vergessen dabei, daß dies die meiste Zeit in der Geschichte ganz und gar nicht der Fall war; denn wie schon gesagt wurde, haben alle drei »Offenbarungsreligionen« den »Wucher« nachdrücklich verdammt, und Wucher bedeutete jede Form, Zinsen auf Geld einzustreichen. Nur islamische Religionslehrer halten bis heute an diesem Grundsatz fest. Bisweilen gerät in Vergessenheit, daß die katholische Kirche beispielsweise bis ins 19.Jahrhundert an vorderster Front gegen die »Sünde des Wuchers« kämpfte.


      Die Religionen und der Wucher

      Explizit war im Judentum der Wucher nur zwischen Juden verboten.

      "Du darfst von deinem Bruder keine Zinsen nehmen: weder Zinsen für Geld noch Zinsen für Getreide noch Zinsen für sonst etwas, wofür man Zinsen nimmt"
      (Deuteronomium 23,20).

      Dies ermöglichte den Juden, gegen Zinsen Geld an Nichtjuden zu verleihen.

      Im Mittelalter war dies einer der Gründe für die Unbeliebtheit der Juden.

      Der Islam verdammt den Wucher umfassender:

      "Und was ihr auf Wucher ausleiht, um es zu vermehren mit dem Gut der Menschen, das soll sich nicht vermehren bei Allah" (Koran, 30. Sure 38).

      Da sich die Entwicklung der modernen Welt größtenteils unter christlichem Einfluß vollzog, ist für den Zusammenhang unseres Themas der mehrfache Richtungswechsel der christlichen Religion im Laufe der Zeit von besonderem Interesse. Die geschichtliche Bedeutung des Wuchers in den Lehren der christlichen Kirche können wir nur damit vergleichen, welche Bedeutung heute sexuelle Verirrungen und Abtreibung für sie haben.

      Das Verbot des Wuchers war unbestreitbar eines der besonders beständigen Dogmen der Kirche. Ein früher Kirchenvater, Clemens von Alexandria, führte aus:

      "Die Gesetze verbieten einem Bruder, Wucher anzunehmen, und ein Bruder ist nicht nur der, der von denselben Eltern geboren ist, sondern auch einer von derselben Abstammung und Denkungsart...Glaubt nicht, dieses Gebot sei von Menschenliebe bestimmt."

      Die Liste der Konzile, auf denen der Wucher als eine besonders schlimme Sünde verdammt wurde, ist eindrucksvoll: die Konzile von Elvira (305-306), Arles (314), Nizäa (325), Karthago (348), Taragona (516), Aachen (789), Paris (829), Tours (1153), das Laterankonzil (1179), die Konzile von Lyon (1274) und von Wien (1311).

      Das letztgenannte Konzil urteilte noch radikaler als die früheren: Jeder Herrscher, der nicht alle Wucherer in seinem Herrschaftsbereich aburteilte, sollte exkommuniziert werden (auch wenn der Herrscher selbst sich nichts hatte zuschulden kommen lassen!). Da die Zinszahlungen oft mit verschiedenen Vorwänden kaschiert wurden, mußten die Geldverleiher den kirchlichen Autoritäten ihre Bücher zeigen. Das fünfte Laterankonzil (1512 bis 1517) bekräftigte noch einmal die Definition von Wucher als "jegliche Zinszahlung auf Geld".

      Im Jahr 1545 legalisierte Heinrich VIII. nach seinem Bruch mit dem Papst erstmals in der abendländischen Welt die Zinszahlung. Innerhalb der katholischen Kirche wurde die Lehre zum ersten Mal 1822 in Frage gestellt. Eine Frau aus dem französischen Lyon hatte Zinsen für Geld genommen, und ihr sollte so lange die Absolution verweigert werden, bis sie den unrechtmäßigen Gewinn wieder zurückgezahlt haben würde. Bischof Rhedon suchte um Klarstellung in Rom nach und erhielt folgenden Bescheid: "Laß die Bittstellerin wissen, daß ihre Anfrage zur gegebenen Zeit beantwortet werden wird...; unterdessen mag sie das Sakrament der Absolution empfangen, wenn sie uneingeschränkt bereit ist, sich den Lehren des Heiligen Stuhls zu unterwerfen."

      Eine baldige Entscheidung wurde noch einmal 1830 in Aussicht gestellt und von der Propaganda-Kongregation erneut 1873. Doch die versprochene Klarstellung kam nie. Die Sünde des Wuchers wurde nie offiziell gestrichen, sondern geriet einfach in Vergessenheit. Das kanonische Gesetz aus dem Jahr 1917 (Kanon 1523), das bis heute gilt, verlangt von Bischöfen zu investieren: "Die Pflichten der kirchlichen Vermögensverwalter ergeben sich aus dem allgemeinen Grundsatz, daß sie ihr Amt mit der Sorgfalt eines guten Hausvaters verwalten müssen... Sie haben die Pflicht..., überflüssige Gelder soweit als möglich zum Nutzen der Kirche fruchtbringend anzulegen." Kein Wort über Zinsen.

      Später jedoch wird Wucher definiert als die Berechnung überhöhter Zinsen.


      Es muß ein Zufall sein, daß die Sünde des Wuchers genau zu dem Zeitpunkt "in Vergessenheit" geriet, als die Kirche selbst Kapitaleignerin geworden war (d.h. eine Quelle von Geld) und nicht mehr wie traditionell in der Geschichte nur Landbesitzerin (d.h. Nutzerin von Geld) war.

      Estelle und Mario Carota, zwei mexikanische Katholiken, richteten in der Hoffnung, sie könnten die lateinamerikanischen Länder in der Schuldenkrise der 80er Jahr von ihrer drückenden Last befreien, 1985 ein formelles Ersuchen an den Vatikan, seine Position zum Wucher darzulegen. Sie wurden von keiner geringeren Instanz als der Kongregation für die Glaubenslehre unter der Leitung von Kardinal Ratzinger beschieden, daß die Lehre über den Wucher nie neu formuliert worden sei, daß sich nichts geändert habe.

      Informell wurde ihnen weiter mitgeteilt, daß es unglücklicherweise keinen einzigen Experten zu dieser Frage mehr in Rom gebe, weil sich unterdessen alle auf die Themen Sexualität und Abtreibung spezialisiert hätten. Die beiden Mexikaner suchten weiter nach einem Experten bei den Jesuiten, Augustinern, Dominikanern, Salvatorianern und befragten sogar Professoren der Moraltheologie, die in Seminaren über die Dritte Welt eine Theologie der wirtschaftliche Gerechtigkeit lehrten. Doch sie fanden niemanden, der sich noch an das Verbot des Wuchers erinnerte.


      alles von www.futuremoney.de
      Avatar
      schrieb am 06.04.03 00:27:50
      Beitrag Nr. 24 ()
      das erste Kirche war natürlich Bibel! ;)
      Avatar
      schrieb am 06.04.03 08:16:35
      Beitrag Nr. 25 ()
      Der Sündenfall der Kirche begann damit, als sie Staatsreligion wurde. Damit wurde sie mächtig und übte Macht aus. Seitdem besteht ein Interessenkonflikt zur eigenen Botschaft.
      Diese Botschaft ist mir als Christ wichtig, allerdings schaue ich mir genau an, was damit erreicht werden soll.
      .....an den Früchten sollt ihr sie erkennen.
      Das ich dabei auch nicht konsequent handle, sieht man daran, das ich mich als Spekulant hier im Board herumtreibe.
      Avatar
      schrieb am 06.04.03 08:45:25
      Beitrag Nr. 26 ()
      Wenn der Zusammenhang zwischen Zins, der die Geldmenge exponentiell und theoretisch unendlich steigen lässt und Wachstum, dass zwangsläufig Grenzen unterliegt, so offensichtlich ist, warum findet diese Tatsache dann kaum Beachtung im volkswirtschaftlichen Mainstream :confused:

      Man könnte fast meinen, dass hier von interessierter Seite dafür gesorgt wird, dass diese Zusammenhänge ignoriert werden. Da ist schließlich viel Geld im Spiel ;).

      Selbst hier im Board hatte ich schon Diskussionen mit Usern, die tatsächlich meinten, Wirtschaft könne unendlich wachsen :eek:....und da waren studierte BWLer/VWLer darunter. Warum wird so ein Unsinn an den Unis gelehrt?

      Der "Club of Rome", der sich auf hochdotierten Wissenschaftlern zusammensetzt, hat das Wachstumsproblem schon in den 60er jahren erkannt. Diese Tatsachen wurden jedoch "verdrängt". Mit ihren Prognosen lagen sie im nachhinein betrachtet um 10-15 Jahre falsch, aber nur weil sie die Kreativität der US-Bilanzierung und Zahlenmanipulation nicht beachtet haben ;).. naja, der Untergang des Zins/Wachstumssystems kommt dann halt etwas später, aber er kommt :(
      Avatar
      schrieb am 06.04.03 10:30:22
      Beitrag Nr. 27 ()
      zu #26 uneingeschränkte Zustimmung.
      Wachstum kann zeitweise natürlich auch in neue Wirtschaftszweige stattfinden, wie z.B. Mobilfunk, Internet usw. Dennoch setzt sich die Umverteilung von den Armen zu den Reichen weiter fort, irgendwann wird es dann doch zum Bruch kommen.
      Wie schwer sich diese Einsicht durchsetzen lässt, kann jeder bei sich selbst erkennen.
      Ich bin zumindest derzeit nicht bereit, bei meinen Bankguthaben auf Zinsen zu verzichten. Dies dürfte auf den Großteil der Gesellschaft zutreffen.
      Avatar
      schrieb am 06.04.03 10:37:53
      Beitrag Nr. 28 ()
      Wachstum kann nie größer sein als die Steigerung aller Volkseinkommen.

      Da der Zinsanteil automatisch wächst,
      und das Zwangsweise Wachstum ja auch irgendwo herkommen muß,
      ist meist nur ein Verdrängungswachstum möglich-
      die Summe des Volkseinkommens kann ja nur einmal ausgegeben werden.

      Hat man das Bedürfnis nach Handys, kann man sich etwas anderes nicht mehr leisten, es sei denn man arbeitet mehr óder bekommt eine Gehaltserhöhung oder so etwas...


      Avatar
      schrieb am 06.04.03 10:51:30
      Beitrag Nr. 29 ()
      @ Punk: so wie ich die Lage einschätze ist die Problematik doch einigen bewußt- dafür spricht die doch auch recht weit verbreitete "Schweigen im Walde-Mentalität"

      Wirklich widersprochen wird ja immer nur von einigen wenigen mit den immer gleichen Argumenten,
      das ist so, aber es ist das beste was es gibt,
      warum soll man dann über Alternativen nachdenken.

      Für Otto-Normalverbraucher sind solche Dinge jenseits der Vorstellungskraft.

      Es gibt wirklich Interessen, die gegen Alternativenforschung sind- vor allem die Superreichen und das Militär- bei dem ich nicht weiß, wie mächtig diese Kreise heute sind, mir aber übles schwant.

      Und gelehrt wird in Deutschland immer, wie man bestehende Wissensgebiete anwenden kann, nicht wie man sich selber neue erforscht.

      Es war kein Zufall, das Sylvio Gesell kein Studierter war-
      so jemand wäre nie auf die Idee gekommen, bestimmte Dinge die für uns natürlich scheinen in Frage zu stellen-
      vielleicht daher.

      Das Internet gibt es erst seit einigen wenigen Jahren-
      es ist unsere Chance, zu forschen und Fragen zu stellen,
      und mögliche Antworten zu verbreiten!

      Denn was man früher totschweigen konnte- geht heute nicht mehr! :)
      Avatar
      schrieb am 06.04.03 13:55:23
      Beitrag Nr. 30 ()
      @sittin bull inv
      .... denn totschweigen geht heute nicht mehr.
      Ich bin mir nicht sicher, wie lange das Internet noch offen bleibt. Wenn ich mir die Medienlandschaft in totalitären Staaten und Entwicklungen in westlichen Staaten anschaue, dann glaube ich, dass es auch hier zu großen Einschränkungen kommen kann. Soweit ich weis, ist das Internet in China zensiert. Wenn z.B. in Italien eine Zeitung (im Fernsehen und Rundfunk gar nicht möglich) negatives über Berlusconi berichtet, wird diese Zeitung mit Prozessen überhäuft. In USA sind die Medien auch in den Händen derer, die kein Interesse an einer wirtschaftlichen Veränderung haben. Dort wird im Rahmen der Terrorbekämpfung an einer umfangreichen Überwachung auch der privaten Kommunikation per Telefon u. E-Mail gearbeitet. Kann mir gut vorstellen, dass dabei auch Beiträge im Internet mal unterdrückt werden. Für die Masse der Bevölkerung findet ja auch nur die Wirklichkeit statt, die über die Medien verbreitet wird.
      Avatar
      schrieb am 06.04.03 14:21:16
      Beitrag Nr. 31 ()
      Ich lese gerade das Buch "Die neuen Grenzen des Wachstums" von Meadows/Randers, erschienen im rororo Verlag.

      Man möchte sich bei der Lektüre am liebsten in einem Erdloch eingraben oder aus dem Fenster springen, so dramatisch sieht es aus :eek:. Die Autoren sind selber promovierte Wirtschaftswissenschaftler und haben das Buch in Zusammenarbeit mit dem "Club of Rome", darunter einigen Wirtschaftnobelpreisträgern geschrieben.

      Das Wissen um diese Zusammenhänge ist seit vielen Jahren da. entweder es wird bewußt oder unbewußt verdrängt :confused:
      Avatar
      schrieb am 06.04.03 14:42:54
      Beitrag Nr. 32 ()
      das Buch habe ich schon ein paar Jahre! ;)

      Was nicht sein kann, was nicht sein darf-
      und weil wir atomistisch handeln und denken

      Robert Kurz mag zwar Kommunist sein, in seiner Gesellschaftskritik hat er IMO aber recht!

      Robert Kurz: Mit Volldampf in den Kollaps

      Wir leben heute in einer sehr seltsamen Situation; noch nie in der Geschichte der Modernisierung - also in den letzten zwei- bis dreihundert Jahren - hat es eine Situation gegeben, die von einer weltweiten sozialen Krise geprägt wurde, in der ein derartiges ökologisches Zerstörungspotential aufgebaut worden ist und in der so viel kulturelle Zerstörung und Verwahrlosung um sich gegriffen hat, bis hin zu Tendenzen in Richtung einer neuen Barbarei.

      Und das Seltsame und Paradoxe dabei ist gleichzeitig, daß in den letzten dreihundert Jahren die Gesellschaftskritik noch nie so stark abgerüstet hat wie heute. Diese Paradoxie gilt es zu erklären, denn die Welt war noch nie so kritikwürdig wie heute. Oberflächlich ist der Grund für diesen Widerspruch leicht auszumachen, er läßt sich in den Kontext des Zusammenbruchs des Staatssozialismus im Osten stellen. In den letzten Jahrzehnten war jene Theorie, welche das Zentrum der Gesellschaftskritik der letzten hundert Jahre gebildet hat, nämlich der Marxismus, stark vom Bezug auf diesen Staatssozialismus eingefärbt. Selbst jene KritikerInnen im Westen, welche ein kritisches Verhältnis zur Sowjetunion oder zu China hatten, nahmen, wenn auch untergründig, in ihrer Basisargumentation Bezug auf diesen Staatssozialismus. Die Folge ist, daß es uns in gewisser Weise allen die Sprache verschlagen hat.

      Das Problem, das hier drinsteckt, läßt sich wohl nur lösen, wenn man den Bezugsrahmen erweitert und nicht nur die Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg und den sogenannten Systemkonflikt als Bezugsrahmen nimmt.

      Den Systemkonflikt hat der Westen gewonnen. Wenn man aber den zeitlichen Rahmen erweitert und sich statt dessen auf jene letzten zwei- oder dreihundert Jahre bezieht, könnte man ironisch feststellen, daß der Staatssozialismus beinahe pünktlich zum zweihundertjährigen Jubiläum der Französischen Revolution zusammengebrochen ist.

      Für den kurzen Zeitraum nach dem Zweiten Weltkrieg erscheint es hingegen selbstverständlich, daß mit dem östlichen Staatssozialismus auch jegliche postkapitalistische Alternative am Ende ist. Und so soll es bis in alle Zukunft sein, will man der schönen Rede vom Ende der Geschichte des Herrn Fukujama und anderen Glauben schenken. Aus dieser Perspektive kann sich alles, was an Kritik formuliert wird, nur noch in den Bezugsrahmen der westlichen marktwirtschaftsdemokratischen Ordnung stellen.

      Der weitere Bezugsrahmen bringt einen jedoch auf ganz andere Gedanken: Was jetzt in die Krise gekommen ist, sind die gemeinsamen Grundlagen jener zweihundert oder mehr Jahre Modernisierungsgeschichte. Hier handelt es sich um eine gemeinsame Krise von Ost und West, welche nicht im Systemkonflikt und dessen Kriterien aufgeht, sondern viel tiefer reicht. Es mag einerseits für eineN gestandeneN Gesellschafts- und KapitalismuskritikerIn trostreich sein, daß, obwohl der Kapitalismus zwar übriggeblieben ist, er als nächstes auch in die Krise kommt.

      Andererseits ist es gleichzeitig schmerzhaft, heißt es doch, daß die bisherige Gesellschaftskritik, der Marxismus - zumindest so, wie wir ihn verstehen und wie er im theoretischen und öffentlichen Bewußtsein existiert -, daß dieser Marxismus und die mit ihm verbundenen Gesellschaftsformationen selber Teil dieser Modernisierungsgeschichte waren und somit Teil dessen, was jetzt insgesamt in die Krise kommt.

      Ich möchte nun versuchen, dieses Problem neu zu definieren. Meistens wurde das Problematische am Staatssozialismus mit dem Begriff der »nachholenden Industrialisierung« verbunden. Aber diese Reduktion bedeutet, das Problem bloß auf der quasi technischen Ebene der Industrialisierung und ihrer Kosten zu suchen und nicht von den gesellschaftlichen Formbestimmungen auszugehen. Nachholende Industrialisierung, das konnte nur ein Problem der - vom modern-kapitalistischen Standpunkt aus - relativ rückständigen Regionen der Welt sein: Rußland, China, der später sogenannten Dritten Welt, der postkolonialen Regionen. Überall dort stand nicht das Problem an, die westlich-kapitalistische Gesellschaft zu überwinden - was nicht da ist, kann logischerweise auch nicht überwunden werden -, im Gegenteil: Es wurden auf eine spezifische Art und Weise Formen wiederholt, wie wir sie im Westen vor hundertfünfzig oder zweihundert Jahren auch gekannt haben. Ich erinnere nur an die staatsökonomischen Systeme des Merkantilismus im 17. und 18. Jahrhundert, da fand sich vieles, was es auch im Staatssozialismus gab: Außenhandelsmonopol, staatliche Preisfestsetzung, staatliches Eigentum an den fortgeschrittensten Produktionsmitteln (das waren damals die Manufakturen). Das ist alles nichts völlig Neues, nur hat das im Westen schon viel früher stattgefunden und ist längst mehr oder weniger in Vergessenheit geraten. In diesem Sinn hat sich die westliche Entwicklung wiederholt, inklusive der revolutionären Formen.

      Von diesem Standpunkt aus gesehen, wäre die berühmte Oktoberrevolution eine Nachholung der Französischen Revolution im Osten, und auch die späteren nationalen Befreiungsbewegungen, die Revolution in China und ähnliche Revolutionen wären jeweils sozusagen das Imitat oder die nachholende Einlösung dessen, wofür im Westen die Französische Revolution steht, inklusive der Fahnen, der Barrikaden, des bewaffneten Kampfes und allem, was da an Mythologie mitschwingt. Das bedeutet natürlich für die westliche Linke die bittere Erkenntnis, daß man hier gewissermaßen einer optischen Täuschung erlegen ist. Nicht, daß die Geschehnisse unsinnig waren - es ist sowieso ein fragwürdiger Ansatz, geschichtliche Abläufe und Entwicklungen nach Gesichtspunkten wie richtig oder falsch oder gar gut und böse beurteilen zu wollen -, es sind epochale Formationen, in denen unter bestimmten Bedingungen Akteure aufgetreten sind, die nicht über ihren Schatten springen konnten, genauso wie wir heute nicht über unseren Schatten springen können. Doch ist dies ein anderer Schatten, weil wir achtzig oder hundert Jahre weiter sind und von heute aus auf diese Geschichte wie auf eine riesige Trümmerlandschaft zurückblicken können. So ist es eigentlich die gemeinsame Modernisierungsgeschichte, welche diese sogenannten Systemkonflikte hervorgebracht hat, viel mehr durch die historische Ungleichzeitigkeit in den verschiedenen Weltregionen als durch andere, postkapitalistische Inhalte bedingt.

      Das ist keine Verurteilung der Geschichte, ich möchte vielmehr den Charakter der heutigen Krise aufzeigen, welche eine gemeinsame Krise des jetzigen einheitlichen Weltsystems ist.

      Daß auch der Westen in der Krise ist, war schon vor dem Zusammenbruch des Staatssozialismus nicht gänzlich aus der Welt. Seit Anfang der achtziger Jahre ist das Stichwort von der Krise der Arbeitsgesellschaft auch im Westen aufgetaucht. Ich kann mich genau erinnern, wie besorgniserregend es war, als in Deutschland Anfang der achtziger Jahre die Arbeitslosigkeit erstmals die Millionengrenze überschritt. Heute wäre das schon wieder eine Erfolgsmeldung; damals hat man sich gefürchtet, es wurden sogar Stimmen laut, ob der Osten vielleicht doch die bessere Systemalternative sei. Sogar das gab es damals noch. Und dann kam dieser große Zusammenbruch.

      Das ganze System im Osten hat sich wie eine Mumie in Staub aufgelöst, und in der Folge hat man die eigene Krise erst mal ein bißchen verdrängt und vergessen, obwohl ja die sozialen Prozesse, die damit verbunden waren, die Massenarbeitslosigkeit und neue Armut, immer noch da waren. Schon zehn Jahre vorher sind in großen Teilen der Dritten Welt ganze Nationalökonomien zusammengebrochen. Die Misere Afrikas fing damals an, in Lateinamerika begann die Epoche der Hyperinflation und der Deindustrialisierung. Das verlorene Jahrzehnt, wie es dann Ende der achtziger Jahre genannt wurde. Man hat es also erst mal verdrängt und den Zusammenbruch des vermeintlichen Gegensystems zum Anlaß genommen, sich etwas in die Tasche zu lügen.

      Damit verknüpft wurde die Erwartung, daß sich mit der Öffnung des Ostens wunderbare neue Märkte auftun würden, ein neuer Akkumulationsschub des Kapitals wie nach dem Zweiten Weltkrieg zu erwarten sei und der Westen seine Krise gerade mit dem Zusammenbruch des Ostens lösen könne. Mittlerweile sind wir nahezu eine halbe Dekade weiter, und es zeigt sich immer deutlicher, daß diese Hoffnungen Trugbilder sind, die man sich aus dem Kopf schlagen kann. Im Gegenteil: Nicht nur kehrt die Krise in den Westen zurück (streng genommen war sie ja nie weg), sie wird auch in ihrem Ausmaß immer deutlicher erkennbar. Die Rückkoppelungsprozesse aus den Zusammenbrüchen im Osten ereilen auch uns allmählich, es kommt also eher Negatives aus diesen Zusammenbruchsregionen auf die westliche Ordnung zu. Das läßt sich in verschiedene Richtungen ausleuchten.

      Ein Aspekt dabei ist sicherlich, daß die Krise im Osten »Flüchtlingsströme«, Arbeitsimmigration, neue Formen von Massenkriminalität hervorbringt - früher hatten wir die Mafia nur im Süden, jetzt haben wir sie auch im Osten -, die unter anderem Anlaß für rassistische Reaktionen in der westlichen und gerade auch in der deutschen Bevölkerung sind. Das sind Erscheinungen dieser Krise, die sich mit ihrem Andauern fortsetzen werden. Wesentlich ist, daß sich die Hoffnung auf die neuen Märkte nicht erfüllt hat und daß, so paradox es vom Standpunkt der alten Kapitalismuskritik auch klingen mag, diese riesigen Massen im Osten für das westliche Kapital größtenteils nicht ausbeutungsfähig sind. Auf jeden Fall haben die großen Investitionsströme nach Osten bis jetzt nicht stattgefunden. Es gibt auch keine erkennbaren Tendenzen oder Absichten, diese geöffneten und sozusagen wehrlosen riesigen Regionen in einer anderen Weise zu annektieren, sie sich anzueignen, unter den Nagel zu reißen - sie stellen die verbrannte Erde der Marktwirtschaft oder der Modernisierung dar, und der Westen weiß nicht was er damit anfangen soll. Der Osten jagt ihm wieder Angst ein, vielleicht sogar stärker als zu Zeiten der alten Sowjetunion, denn jetzt könnte es ja sein, daß diese riesige, waffenstarrende, mit Atombomben vollgestopfte Region plötzlich völlig unkontrollierbare Gestalten hervorbringt, die wesentlich weniger berechenbar sind, als es der gute alte Breschnjew war.

      Was nun die gemeinsame Krise angeht, geisterte bei uns ein schönes Stichwort im Hinblick auf die deutsche Vereinigung durch die Zeitungen: statt Aufschwung Ost Abschwung West. Das bezog sich eher auf die Konjunktur und die Rezession der letzten beiden Jahre. Jetzt macht man sich wieder Hoffnungen auf Konjunkturbelebungen, aber es ist selbst in den offiziellen Kommentaren spürbar, daß dieser Aufschwung wohl auf sich warten lassen wird - zumindest ist ein säkularer Boom, der die jetzige Krise beheben könnte, nicht absehbar.

      Das hat etwas damit zu tun, daß wir es nicht mehr mit einer rein zyklischen Bewegung zu tun haben. Der sozusagen normale Zyklus der kapitalistischen Bewegung wird überlagert von einem anderen Problem, oft strukturelle Krise genannt. Deswegen spricht man mittlerweile von struktureller Massenarbeitslosigkeit und nicht mehr bloß von zyklischer. Das bedeutet, daß die Arbeitslosigkeit im sogenannten zyklischen Aufschwung der Konjunktur nicht mehr zurückgeht, sich statt dessen sogar eher noch ausdehnt.

      Das hat es in der Geschichte der Modernisierung noch nie gegeben. Die Massenarbeitslosigkeit (sofern es sie gab, vor allem während der Weltwirtschaftskrise) stellte ein zyklisches Phänomen dar, das mit dem ebenfalls zyklischen konjunkturellen Aufschwung immer wieder abgebaut wurde. Marx nannte das die »industrielle Reservearmee«. Die Arbeitslosen wurden nur als Reservearmee für den nächsten Aufschwung betrachtet und damit für die Reabsorption ihrer Arbeitskraft in die Verwertungsbewegung des Kapitals bereit gehalten. Das scheint nun vorbei zu sein. Denn von Zyklus zu Zyklus, ganz unabhängig von dessen Auf und Ab, hat sich die sogenannte Sockelarbeitslosigkeit erhöht. Ich habe vorhin erwähnt, für die Bundesrepublik Deutschland wäre es heute eine Erfolgsmeldung, »nur« eine Million Arbeitslose zu haben, mittlerweile sind es ca. vier Millionen. Und dabei ist das gar nicht die reale Zahl, denn in Wirklichkeit ist die Massenarbeitslosigkeit viel größer, würde man die ganzen Auffangmaßnahmen - Vorruhestand, ABM (sogenannte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ) - und die statistischen Tricks einbeziehen. Dieses Wegretouchieren eines Teils der Massenarbeitslosigkeit durch statistische Tricks ist in fast allen Ländern heute üblich, welche überhaupt noch eine Arbeitslosenstatistik führen. Für die Bundesrepublik heißt das, daß man sich bis vor ein paar Jahren noch auf die Gesamtzahl der ArbeitnehmerInnen bzw. die Lohnabhängigen bezogen hat. Inwischen bezieht man sich auf die Gesamtzahl der sogenannten Erwerbspersonen, inklusive sämtlicher Selbständiger und mithelfender Familienangehöriger, und wie die statistischen Bezeichnungen lauten, um damit die Statistik zu schönen. Dies nur als Beispiel; diese Tricks sind von Land zu Land verschieden, werden aber angewandt.

      Steigende Sockelarbeitslosigkeit ist also unabhängig von Zyklen, das ist nicht nur ein deutsches oder mitteleuropäisches, sondern ein globales Phänomen.
      Im Frühjahr 1994 hat die Internationale Arbeitsorganisation in Genf eine Analyse herausgebracht, wonach heute im Weltmaßstab real dreißig Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung arbeitslos sind, de facto arbeitslos. In dieser kritischen Analyse wurden einige der erwähnten Tricks durchleuchtet; diese Zahl kommt der Wahrheit näher als die offiziellen Statistiken, sie übersteigt die Arbeitslosenrate der Weltwirtschaftskrise von 1929/33. Vor allem hatte die damalige Weltwirtschaftskrise, trotz ihres Namens, nicht so globale Auswirkungen wie die heutige strukturelle Massenarbeitslosigkeit. Man kann also in der Tat von einer veritablen Krise der Arbeitsgesellschaft sprechen. Dabei gibt es zwei Merkwürdigkeiten: Die eine ist, daß sämtliche Modernisierungsideologien, Marxismus und Liberalismus eingeschlossen, Arbeit als eine ontologische oder anthropologische Grundgegebenheit verstehen. Man geht davon aus, daß die Menschen, seit es sie gibt, »gearbeitet« haben, und Arbeit erscheint als etwas, das außerhalb der Geschichte liegt. Wenn man nun von der Krise der Arbeitsgesellschaft redet, widerspricht man der eigenen Basisideologie, wonach die Arbeit etwas sei, was den Menschen vom Tier unterscheide. Und dann kann natürlich die Arbeit als solche nie in die Krise kommen.

      Der Widerspruch zeigt sich darin, daß hier ein Zusammenhang in die Krise kommt, der bisher nicht als historischer, das heißt als gewordener und wieder vergehender, betrachtet worden ist, sondern als menschlicher Grundsachverhalt schlechthin. Es handelt sich nicht um das, was Marx als Stoffwechselprozeß mit der Natur bezeichnet hat, der ist unaufhebbar, solange es Menschen gibt. Heute scheint vielmehr der Begriff des Verwandlungsprozesses von Arbeit in Geld in die Krise zu kommen, was Marx die abstrakte Arbeit nennt, nämlich die Verausgabung von Nerv, Muskel und Hirn in die gesellschaftliche Geldform und damit die Reproduktion des Menschen im Kontext von Arbeit, Geld und Warenkonsum - diese Verknüpfung von Arbeit mit Geld ist historisch und keineswegs überhistorisch.

      Das zweite, was paradox erscheint, ist, daß wenn man früher von der möglichen Krise oder zukünftigen Krise des Kapitalismus sprach, meinte man die Krise der Geldverwertung, und das scheint heute mega-out zu sein. Das Kapital ist ja anscheinend überhaupt nicht in der Krise, nur die Arbeit. Das ist insofern paradox, als diese beiden Momente Pole ein- und desselben Verhältnisses sind. So wie es unmöglich ist, daß sich dieses Abstraktum der Moderne, die Arbeit, vom Kapital emanzipieren und für sich alleine weiterarbeiten kann, wie das die Staatsreligion im Osten war oder auch die Grundauffassung des Marxismus darstellt, ebensowenig ist es möglich, daß die Arbeit für sich alleine in die Krise kommt und das Kapital munter weiterakkumuliert - dann würde ich eher an die katholische Transsubstantiationslehre oder an die unbefleckte Empfängnis glauben als daran, daß ein Kapital sich ohne eine entsprechende Höhe an Vernutzung von abstrakter Arbeitskraft, rein als Geldvermehrung, weiterverwerten kann.
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      schrieb am 06.04.03 14:47:53
      Beitrag Nr. 33 ()
      Was hat uns soweit gebracht?"


      1. Wirtschaftliches Wachstum als Selbstzweck bzw. Verwandlung von Geld in mehr Geld als Selbstzweck, abgekoppelt von jeglichen existentiellen und metaphysischen Fragen. Die Menschen merken nur, dass die Bedeutung des Geldes immer mehr steigt während ihre eigene sinkt.

      2. Die Menschen sind zu Zugochsen der abstrakten Arbeit gemacht worden, nämlich einer fremdbestimmten, jenseits der eigenen Bedürfnisse und außerhalb der eigenen Kontrolle liegenden Tätigkeit unterworfen worden.

      3. Die abhängige Lohnarbeit und damit die unaussprechliche Selbsterniedrigung des Sichverkaufen-Müssens, wurde zum Inbegriff menschlicher Freiheit umredigiert. Diese Besudelung des Freiheitsbegriffs, die im Lobpreis der Selbstprostitution gipfelt, hat die erstaunlichste Karriere in der Geschichte des menschlichen Denkens gemacht.

      4 .So tendiert dieses System dazu, jedes Gemeinwesen (Familien, autonome Selbstversorgunsgemeinschaften) vollständig aufzulösen und an die Stelle kulturell bestimmter Gemeinsamkeit und gegenseitiger sozialer Verpflichtung die reine Geldbezieung treten zu lassen



      Der Zins spielt eine wesentliche Rolle in dieser Entwicklung. Durch den Zins wächst das Geldvermögen jedes Jahr weiter an. Was der eine als Zinsgewinn hat, muß ein anderer als Verschuldung verbuchen . Aus diesem Grund würde der produzierende Bevölkerungsanteil ohne Wirtschaftswachstum verarmen. Deshalb sind die Entscheidgunsträger in Politik und Wirtschaft bemüht, die Wirtschaftsleistung so weit wie möglich zu erhöhen, um den steigenden Anteil der Kapitalverzinsung in der Volkswirtschaft bezahlen zu können und einen Systemzusammenbruch zu verhindern. Dies ist vergleichbar mit einem Krebskranken, der sein Körperwachstum immer mehr steigerte, damit der Anteil des wachsenden Tumors konstant bliebe. Sobald sein Wachstum auch nur etwas langsamer oder aufhören würde, hätte das zur Folge, daß der Anteil der Tumorzellen letzlich die Oberhand gewinnen würde und das Ende nur noch eine Frage der Zeit wäre!!!

      Da das Wirtschaftswachstum aufgrund des Zinssystems ständig gesteigert werden muss, treten gerade ökologische Belange in den Hintergrund, denn ständiges Wirtschaftswachstum erfordert einen immer höheren Energie- und Rohstoffverbrauch, während die produzierte Müllmenge kontunuierlich ansteigt.



      Das Leitbild des Wirtschaftsliberalismus stellt den Menschen als konkurrenzsubjekt noch unter die Tierwelt, denn derart auf einen „Krieg aller gegen alle“ sind nicht einmal die tierischen Instinkte konditioniert.

      Rücksichtslose Konkurrenz ist jedoch dem Menschen nicht angeboren, sondern ist die Folge der erfolgreichen Konditionierung, der wir seit etwa 5 Jahrhunderten ausgesetzt sind. Dies zeigen u.a. die hohen Selbstmordraten sowie der hohe Anteil an psychisch Kranken in unserer "Wohlstandgesellschaft" im Vergleich zu traditionelleren Gesellschaften bzw. Naturvölkern. Es ist in diesem Zusammenhang interessant zu beobachten, dass diese Begleiterscheinungen (Selbstmord, psychische Krankheiten) auch vermehrt in Entwicklungsländern auftreten, je mehr diese sich dem Diktat der Geldvermehrung als selbstzweck unterwerfen.

      Das menschliche Wohlbefinden ist in fast allen Dingen nur durch befriedigende soziale Beziehungen und in einem Raum sozialer Geborgenheit und Kooperation möglich.



      "Der Markt ist im Liberalismus sogar die soziale Veranstaltung schlechthin."

      Meine Rede! Und darin liegt das Problem:

      So tendiert der Wirtschaftsliberalismu dazu, jedes Gemeinwesen (Familien, autonome Selbstversorgunsgemeinschaften) vollständig aufzulösen und an die Stelle kulturell bestimmter Gemeinsamkeit und gegenseitiger sozialer Verpflichtung [B) die reine Geldbezieung treten zu lassen.

      Deine Aussage "der Markt ist im Liberalismus sogar die soziale Veranstaltung schlechthin" bedeutet nichts anderes, als dass der gesellschaftliche Zusammenhang der Einzelnen nur noch negativ durch die ökonomische Konkurrenz hergestellt wird.

      Thomas Hobbes (1588-1679) einer der Gründungsväter des Wirtschaftsliberalismus sah bereits den Menschen als abstrakten Einzelnen, der um seine individuelle Selbsterhaltung kämpft. Hobbes läßt auch keinen Zweifel daran, welcher Natur die Freiheit ist, der sich die Bürger erfreuen würden: "Sie haben die Freiheit zu kaufen und zu verkaufen und miteinander Handel zu treiben". Die Menschen sollen nicht mehr, sich nach eigenen Bedürfnissen und Vereinbarungen kooperativ zu verhalten, sondern nur noch unter dem Diktat der Geldwirtschaft. Und es sollte ein Wesenszug des Liberalismus bis heute bleiben, daß er jede Kooperation und jeden sozialen Zusammenschluß, der die Ohnmacht des Einzelnen gegenüber den Gesetzen des Geldes aufzuheben droht, mit Mißtrauen verfolgt und notfalls administrativ verfolgt wird.

      So stellte Hobbes den Menschen als ein prinzipiell egoistisches Wesen, das angeblich "von Natur aus" einsamer als ein Tier ist:

      "Das Zusammenleben ist den Menschen also kein Vergnügen, sondern schafft ihnen viel Kummer, solange es keine übergeordnete Macht gibt, die sie alle im Zaun hält (der Staat)... So sehen wir drei Hauptursachen des Streites in der menschlichen Natur begründet: Wettstreben, Argwohn und Ruhmsucht. Und hieraus folgt, dass Krieg herrscht, solange Menschen miteinander leben ohne eine obrste Gewalt, die in der Lage ist, die Ordnung zu bewahren. Und es ist ein Krieg, den jeder Einzelne gegen jeden führt" Thomas Hobbes - Der Leviathan

      Und so mußten Eigenschaften (Egoismus, Geldgier, Gaunerei, Konkurrenz bis aufs Blut), die in der Menschheitsgeschichte bis dahin immer als schlecht, bösartig und minderwertig gegolten hatten, in den moralischen Adelsstand erhoben werden: die liberale Heiligsprechung der niedrigsten antisozialen Instinkte.
      Avatar
      schrieb am 06.04.03 14:58:26
      Beitrag Nr. 34 ()
      @ sbi: das Buch habe ich auch schon länger, aber ich habe erst letzte Woche angefangen, es zu lesen (war in einem Umzugskarton "verschollen" ;) ). Normalerweise lese ich nur Marvel-Comics und Perry Rhodan :D
      Avatar
      schrieb am 06.04.03 17:20:32
      Beitrag Nr. 35 ()
      Möglicher Ausweg?
      Vorstellung des "Dritten Weges" / Alternative zu Kapitalismus und Kommunismus / Vollendung der freien und sozialen Marktwirtschaft
      Von Matthias Miguel Braun und Bijan Nowrousian

      Wir haben uns schon fast daran gewöhnt: Jeder Tag bring neue Hiobsbotschaften mit sich. Hungerkatastrophe in Afrika, Vernichtung der EG-Lebensmittelüberschüsse, wachsende Armut auch in den Industriestaaten, Obdachlosigkeit, Haushaltsdefizite, Abholzung der Regenwälder, Ozonloch ... diese Liste ließe sich beliebig lange so fortsetzen. Angesichts solcher Meldungen empfinden immer mehr Menschen Hilflosigkeit und resignieren.

      Wird aber System in diese Fülle von Katastrophen und Fehlentwicklungen gebracht, so kristallisieren sich neben der drastischen Zunahme der Weltbevölkerung folgende Problemgruppen heraus:

      Eine weltweit zunehmende Arbeitslosigkeit bei theoretisch durchaus vorhandenen Beschäftigungsmöglichkeiten (z. B. Verbesserung der Infrastruktur in Osteuropa).
      Eine weltweit steigende Gesamtverschuldung (öffentliche und private Haushalte, Unternehmen).
      Ein ständiges Auseinanderdriften der Einkommen von immer mehr Armen und immer weniger Reichen, sowohl global, als auch innerhalb der einzelnen Nationen.
      Eine bedrohliche Umweltzerstörung, vor allem als Folge einer zwanghaften Zunahme von Produktion und Verbrauch (Umweltzerstörung wird letztendlich in Kauf genommen, um die Konjunktur, d. h. ein möglichst ständiges Wachstum der Wirtschaft zu garantieren).
      Tabuisierte Bereiche aufbrechen
      Welche Diagnose würde ein Arzt unserer Erde, diesem kranken Organismus, stellen? Wo sind die Ursachen dieser Entwicklung? Es mag an dieser Stelle verwundern, wenn wir nun von Geld- und Bodenordnung reden werden, denn weder in der öffentlichen Diskussion, noch in wissenschaftlichen Fachkreisen, wird ein Zusammenhang zwischen den oben beschriebenen Phänomenen und der Problematik der Geld- und Bodenordnung gesehen. Aber scheitert nicht gerade die gesamte herkömmliche Volkswirtschaftslehre mit ihren Denk- und Erklärungsschemata bei dem Versuch, brauchbare Lösungsvorschläge zu erarbeiten?

      Es ist daher unumgänglich, bisher ausgeklammerte und tabuisierte Bereiche unserer Wirtschaftsordnung auf ihre Funktionsweise und ihre Bedeutung für die Wirtschaft hin zu untersuchen. Alle Güter müssen, sobald sie hergestellt worden sind, auch angeboten werden: Wer eine Kiste Äpfel besitzt, muß diese möglichst schnell auf den Markt bringen, da sonst die Äpfel verderben. Aber auch Produkte, die nicht verderben, müssen möglichst bald angeboten werden, da sie zum Beispiel Lagerhaltungskosten verursachen, oder die Nachfrage nachläßt oder von anderen befriedigt wird. Man kann also bei allen Gütern einen Angebotszwang feststellen.

      Lediglich das Geld unterliegt keinem Angebotszwang. Es verdirbt nicht, verursacht keine Lagerkosten und wird jederzeit nachgefragt. Dies macht es, neben seiner Universalität, allen anderen Gütern überlegen. Insofern ist eine Hortung von Geld theoretisch möglich. Die Folge einer solchen Hortung ist aber, daß das Geld dem Wirtchaftskreislauf entzogen wird und somit nicht mehr dem Austausch von Waren dienen kann; Geld besitzt also eine "Streikfähigkeit". Für jede Volkswirtschaft ist es jedoch von höchster Wichtigkeit, daß das Geld im Umlauf bleibt. In unserem jetzigen Wirtschaftssystem wird dies auf zweierlei Weise erreicht: Durch das "Zuckerbrot" der Zinsen und die "Peitsche" der Inflation.

      Inflation = "Peitsche"
      In einem Wirtschaftssystem mit inflationärer Währung ist jedes Wirtschaftssubjekt daran interessiert, ob der drohenden Entwertung das Geld so schnell wie möglich wieder auszugeben. In einem solchen Falle unterliegt also auch das Geld einem Angebotszwang. Die Aufgabe der Inflation als Umlaufsicherung des Geldes ist einer der Gründe dafür, daß keine Währung der Welt ohne Inflation auszukommen scheint. Dies hat allerdings den Nachteil, daß das Geld seine Funktion als stabiler Preismaßstab und als gleichbleibendes Wertaufbewahrungsmittel, die ihm eigentlich neben seiner Funktion als Tauschmittel zukommen sollte, verliert. Deshalb ist diese Art der Umlaufsicherung allein ihrer sozialen Ungerechtigkeit wegen für die gesamte Gesellschaft äußerst negativ.

      Die zweite Art der Umlaufsicherung in unserem Wirtschaftssystem ist der Zins. Dabei bekommt das Wirtschaftssubjekt, welches sein Geld nicht hortet, sondern dem Wirtschaftskreislauf über den Bankensektor erneut zur Verfügung stellt, eine Prämie. John Maynard Keynes sprach in diesem Zusammehang vom Zins als "Liquiditätsprämie". Um Wesen und Wirkung des Zinses darzustellen, müssen wir etwas weiter ausholen, als dies bei der Beschreibung der Inflation notwendig war.

      Zuerst muß verdeutlich werden, daß Zins über den Zinseszins-Effekt zu einem exponentiellen Anwachsen der Geldvermögen führt. Dies sei an folgendem Beispiel kurz erläutert:

      Hat man eine Spareinlage von 10 000 Mark bei einer jährlichen Verzinsung von 6%, so hat man nach 50 Jahren alleine durch den einfachen Zins (Verzinsung nur des Grundkapitals, also jedes Jahr 6% Zins für 10 000 Mark) einen Kapitalzuwachs von 30 000 Mark. Durch den Zinseszins (Verzinsung des Grundkapitals plus bisher angefallener Zinseinkommen) kommt dazu noch einmal ein Betrag von 134 000 Mark. Innerhalb von 50 Jahren hat sich das Guthaben also von 10 000 auf 174 000 Mark erhöht!!

      Dieses Beispiel verdeutlicht zuerst einmal, daß es sich beim Zins eben nicht, wie häufig angenommen, um eine einfache Bezahlung der Dienstleistung des Geld-zur-Verfügung-Stellens handelt.

      Entscheidend jedoch ist die Frage, wem der Guthabenbesitzer aus unserem Beispiel seine wundersame siebzehnfache Geldvermehrung denn eigentlich verdankt. Den Zinseinnahmen muß schließlich auch eine Arbeitsleistung gegenüberstehen. Die Banken sind ja keine selbstlosen Wohltäterinnen, die aus einem unerschöpflichen Füllhorn Geldgeschenke an sparsame Bürger verteilen. Allen Zinseinnahmen müssen daher auf der anderen Seite Schulden, d. h. Zinsenlasten, gegenüberstehen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, darauf hinzuweisen, daß nicht nur Schuldner Zinsen zahlen, sondern wir alle! Insofern nämlich alle Unternehmer gezwungen sind, die Zinsenlasten ihrer Kredite auf den Preis umzuschlagen, zahlt auch jeder indirekt Zins. Zur Zeit beträgt der Zinsanteil im Warenpreis durchschnittlich 30%! Man muß also mehr als 30% seines Einkommens aus Zinsgewinnen bestreiten, um zu den Gewinnern des Systems zu gehören.

      Der Zins führt lediglich zu einer ständigen Umverteilung des Geldes von den Ärmeren zu den Reicheren, von der Arbeit zum Besitz. Insofern also auf der einen Seite die Zinsvermögen und Zins-einnahmen, auf der anderen Seite aber auch die Zinsenlasten und damit der Geldbedarf ständig steigen, handelt es sich hierbei um einen "positiv rückgekoppelten Kreislauf", d. h. eine sich selbst beschleunigende Entwicklung. (Die nachfolgende Grafik verdeutlicht diesen Sachverhalt noch einmal)

      Neben den bereits erklärten Phänomenen des ständigen Auseinanderdriftens von Arm und Reich sowie der ständig wachsenden weltweiten Verschuldung ist auch der Wachstumszwang, dem unsere Wirtschaft unterliegt, eine Folge dieses monetären Teufelskreises: Insofern die Verschuldung, wie gezeigt, ständig wächst, wächst auch der Anspruch des Zinses auf die Arbeitseinkommen. Ein immer größerer Teil des Einkommens muß aufgewendet werden, um den Zins zu bedienen. Will man die dadurch vorprogammierte Verarmung breiter Bevölkerungsschichten verhindern, ist man gezwungen, die Arbeitsleistung ständig zu steigern. In einem Zinssystem ist die Wirtschaft also gezwungen, ständig zu wachsen, um den wachsenden Zins zu bedienen (in Deutschland ist die "Notwendigkeit" zum Wachstum sogar per Gesetz, dem Gesetz für Stabilität und Wachstum, festgelegt). Vergegenwärtigt man sich nun jedoch, daß die Ressourcen der Erde, auf deren Verarbeitung letztendlich jede Wirtschaft beruht, begrenzt sind und daß in einem begrenzten Raum kein unbegrenztes Wachstum möglich ist, erkennt man, daß ein fortwährendes Wirtschaftswachstum zwangsläufig zur Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen führt.

      In dem bestehenden System bleibt demzufolge nur die Wahl zwischen dem ökologischen oder dem sozialen Kollaps.

      Phänomen Arbeitslosigkeit
      Wenn der Leser sich nun an die vier eingangs aufgelisteten Problemfelder erinnert, so wird deutlich, daß die unter 2. bis 4. erwähnten Probleme (Verschuldung, Auseinanderdriften von Arm und Reich, Umweltzerstörung/Wachs-tumszwang) bereits erklärt sind.

      Einer Erläuterung bedarf nur noch das Phänomen der Arbeitslosigkeit. Auch hier spielt der Zins eine wichtige Rolle: Bei jeder volkswirtschaftlichen Investi-tion ist man gezwungen, mindestens soviel Gewinn zu machen, wie das Kapital bringen würde, wenn es verzinst auf der Bank läge. Kann ein wirtschaftliches Unterfangen diese Bedingung nicht erfüllen, so ist es so gut wie unmöglich, Geld dafür zu bekommen. Das Kapital verweigert sich, der Zins wird zum Investitionshemmer. Man spricht in diesem Zusammenhang vom sogenannten Rentabilitätsprinzip (das Gegenteil dazu ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip, d. h. ein Unterfangen lohnt sich bereits dann, wenn es sich selbst trägt).

      Die fatalen Folgen dieses Prinzips lassen sich gerade in Deutschland gut erkennen: Es gibt über vier Millionen Arbeitslose, obwohl es an Aufgaben, die gemacht werden müßten, gerade in den neuen Ländern wahrlich nicht mangelt. Das Kapital jedoch, anstatt sich bei geringerer Rendite dem Aufbau in den neuen Ländern zur Verfügung zu stellen, zieht renditeträchtige Langzeitverzinsungen der Devisen- und Aktienspekulationen vor. Wo das Geld wirklich gebraucht wird, ist es nicht, und wo es ist, wird es eigentlich nicht gebraucht.

      Neben der ungerechten Geldordnung ist die herrschende Bodenordnung das zweite Grundübel unseres Wirtschaftssystems. Diese wird genausowenig wie die Geldordnung als Problem erkannt, da das Recht auf Bodenbesitz vielen Menschen ebenso selbstverständlich ist, wie das Recht auf den Besitz an Gütern. Boden ist aber in vielerlei Hinsicht nicht mit anderen Gütern zu vergleichen: Zum einen ist Boden ein Gut, das jeder Mensch zum Leben braucht, zum anderen ist Boden nicht vermehrbar. Da man Boden also weder herstellen, noch verbrauchen kann (es sei denn, man vergiftet ihn!) sondern er eigentlich nur genutzt wrden kann, dürften am Boden eigentlich nur Nutzungsrechte bestehen. Dabei sollte jeder nur soviel Boden bekommen, wie er braucht bzw. bearbeiten kann.

      Diesen Forderungen wird die heutige Bodenordnung nicht gerecht. Boden wird als spekulative Kapitalanlage mißbraucht, durch Zurückhaltung künstlich zusätzlich verknappt und ist Quelle ungerechtfertigter Bereicherung einzelner. Über Mieten, Pachten und damit letztendlich allen Preisen entsteht auch hier, wie beim Zins, ein Geldstrom von der Arbeit zum Besitz.

      Die heutige Geld- und Bodenordnung, die ungerechtfertigte, arbeitsfreie Einkommen einiger auf Kosten der Allgemeinheit zur Folge hat, ist mithin die eigentliche Ursache zahlreicher Probleme unserer Zeit!

      Dritter Weg
      Es stellt sich nun natürlich die Frage, welcher Weg aus dieser Situation herausführen kann. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus fällt dieser als Alternative weg. Daß es jedoch ein Trugschluß ist, anzunehmen, der Kapitalismus sei nun wohl oder übel das einzig funktionierende Systm, das halt trotz seiner "kleinen Fehler" akzeptiert werden müsse, zeigt sich an der offenen und verdeckten Ratlosigkeit, mit der sich Wissenschaft und Politik den Problemen "mutig" stellen. So hat z. B. der Nobelpreisträger für Ökonomie von 1976, Milton Friedman von der renommierten Chicago School, vor kurzem angeregt, den monetären Problemen durch eine staatlich kontrollierte Hyperinflation beizukommen!!

      Das Ende des Kommunismus bedeutet also nicht etwa den Sieg des Kapitalismus, sondern vielmehr sein Übrigbleiben!

      Um den Lösungsansatz, den die sogenannte freiwirtschaftliche Schule bietet und den wir hier als "dritten Weg" vorstellen, nachvollziehen zu können, ist es notwendig, sich noch einmal daran zu erinnern, was ganz zu Beginn über das Geld gesagt wurde: Geld unterliegt keinem Angebotszwang, kann folglich dem Wirtschaftskreislauf entzogen werden. Insofern dieses für eine Volkswirtschaft höchst schädlich ist, besteht prinzipiell immer die Notwendigkeit, es mit einer Umlaufsicherung zu belegen, d. h. die Wirtschaftssubjekte dazu zu bringen, ihr Geld dem Kreislauf erneut zur Verfügung zu stellen. In unserer Wirtschaft geschieht dies durch Inflation und Zinsen, mit allen daraus resultierenden Folgen.

      Der freiwirtschaftliche Lösungsansatz besteht nun darin, die schädliche Umlaufsicherung Zins und Inflation durch eine andere Umlaufsicherung zu ersetzen: Geld muß, wie alle anderen Güter auch, einem Angebotszwang unterworfen werden. Es müssen "Lagerhaltungskosten" für das Geld eingeführt werden, indem Gebühren für Geld entstehen. Konkret kann dies zum Beispiel bedeuten, daß Geldscheine nur dann gültig sind, wenn der jeweilige Besitzer am Monatsende eine zu erwerbende Marke darauf klebt (wie in Freigeldversuchen der 30er erfolgreich praktiziert wurde), oder daß bestimmte Geldserien nach dem Zufallsprinzip von der Notenbank aufgerufen (laut Bundesbankgesetz kann die Bundesbank schon heute Geldserien einziehen) und gegen einen etwas geringeren Betrag eingetauscht werden. Um die Grundidee noch einmal ganz deutlich zu machen: wurden bisher diejenigen, die ihr Geld dem Kreislauf erneut zur Verfügung stellten, "belohnt" (mittels Zins), so sollen nach freiwirtschaftlichen Vorstellungen diejenigen, die ihr Geld nicht erneut dem Kreislauf zur Verfügung stellen, "bestraft" werden (mittels Nutzungsgebühr). Jeder wäre also gezwungen, sein Geld entweder direkt dem Kreislauf zur Verfügung zu stellen, indem er es ausgibt, oder indirekt, indem er es bei einer Bank zinsfrei anlegt, die es dann zinsfrei gegen geringe Gebühren verleiht. (Es bestünde also kein Konsumzwang!)

      Damit das Geld aber auch seine Funktion als Wertmaßstab und Wertaufbewahrungsmittel erfüllen kann, muß es inflationsfrei sein. Diese Forderung ist in einer freiwirtschaftlich organisierten Wirtschaft schon deswegen viel leichter zu realisieren, da die Inflation in ihr ihre Funktion als Umlaufsicherung verliert. Daneben bedarf es einer unabhängigen Notenbank, die mittels einer Beobachtung des Großhandelsindex die Geldmenge dem Bedarf ständig anpaßt und so eine Entwertung des Geldes verhindert (Der Großhandelsindex beziffert die Preise, die der Großhandel für Produkte zahlt. Er reagiert sehr viel schneller auf Veränderungen, so daß die Geldmenge angepaßt werden kann, bevor die Verbraucherpreise sich ändern.).

      Die Bodenfrage läßt sich sowohl steuer-, als auch sachrechtlich lösen, indem entweder ungerechtfertigte Gewinne durch Steuern abgeschöpft werden, oder auf evolutionärem Wege mittels Erb- und Bodenrecht das Privateigentum an Boden durch ein Erbpachtsystem ersetzt wird.

      Während der Kapitalismus das private Eigentum und die private Nutzung an Boden vorsieht und der Kommunismus das staatliche Eigentum und die staatliche Nutzung, sieht die Freiwirtschaft einen gemeinschaftlichen Besitz (z. B. durch die Gemeinden) und private Nutzung (Erbpacht) vor.

      Die Durchführung dieser Reformen wäre problemlos im Rahmen des Grundgesetzes möglich: Lediglich das Bundesbankgesetz sowie Passagen des Erb-, Boden- und Wirtschaftsrechtes müßten geändert werden, um aus der kapitalistischen eine freiwirtschaftliche Ordnung zu machen!

      Silvio Gesell
      Die oben ausführlich dargestellten Vorschläge wurden zum erstenmal von Silvio Gesell (1862 - 1930) in seinem 1916 veröffentlichten Buch "Die natürliche Wirtschaftsordnung" NWO unterbreitet. In diesem Buch forderte er u. a. auch damals völlig utopische Dinge wie die Abschaffung der Golddeckung der Währung und eine unabhängige Notenbank sowie eine Indexwährung. Heute sind diese Dinge selbstverständliche Realität.

      Dies spricht ebenso für die Realisierbarkeit freiwirtschaftlicher Ideen wie die Freigeldversuche zu Beginn der 30er, von denen insbesondere der erfolgreiche Versuch in der österreichischen Marktgemeinde Wörgl/Tirol zu nennen ist, der gerade wegen seines Erfolges von der Regierung per Erlaß beendet wurden (da sich ca. 170 weitere Gemeinden für das Experiment interessierten, sah die Nationalbank ihr Monopol gefährdet!).

      Wir halten diese Ideen für äußerst beachtenswert. Auch wenn die Details für eine Durchführung in einer ganzen Volkswirtschaft natürlich noch nicht ganz ausgereift sein mögen, so glauben wir doch, daß sich hier tatsächlich ein Ausweg auftut.


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      Dieser Beitrag erschien erstmalig im November 1993 in der Schülerzeitung "Ex & Hopp" des Carl-Humann-Gymnasiums, Essen-Steele. Wir danken den Autoren für die freundliche Nachdruckgenehmigung. (Die Redaktion)


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      Abgedruckt in DER DRITTE WEG, Zeitschrift für die natürliche Wirtschaftsordnung, 25. Jahrgang/Nr. 1, Januar 1994
      Avatar
      schrieb am 06.04.03 19:40:38
      Beitrag Nr. 36 ()
      zu #35
      Die aufgeführten Probleme und die genannten Lösungen sind identisch im Buch -Das Geldsyndrom- von Creutz zu finden.
      Das zeigt, das die Problematik seit langem bekannt ist, es wird m.e. jedoch nichts dagegen unternommen. Ich glaube deshalb, dass es zur Katastrophe kommen wird und dass selbst nach dieser noch kein Umsteuern erfolgt.
      Mich würde interessieren wie Ihr Euch in dieser Lage praktisch verhaltet in Hinblick auf die
      - gesellschaftliche
      - familiäre
      - berufliche
      - finanzielle
      persönliche Situation.
      U.a. versuche ich, Schulden möglichst zu vermeiden.
      Avatar
      schrieb am 07.04.03 12:52:05
      Beitrag Nr. 37 ()
      Nun, erst einmal nicht resignieren oder in Defätismus aufgehen.

      Wer nicht kämpft hat schon verloren!


      Trost erhalte ich aus der Verbreitung von Wissen,
      den Diskutieren mit Gleichgesinnten, dem geben von Denkanstößen.


      Persönlich ist es wieder Wissen, was der größte Schatz ist-
      alle materiellen Dinge können uns weggenommen werden oder sich überraschenderweise in Luft auflösen-
      das Wissen selbst nicht-

      wer sich etwas in Geschichte und Wirtschaft auskennt bemerkt sehr schnell, wie oft Wissen wieder vergessen oder verdrängt wurde.


      Und ich tendiere zur Zeit in eine ganz gezielte Richtung Wissen- die Nähe zur Naturalwirtschaft, vergessene Haushalstechniken, Wasseraufbereitung, Selbstversorgung, alternative Stromerzeugung-

      das Wissen darüber kann lebenswichtig werden, es schadet aber auch nicht, falls schlimmste Befürchtungen nicht eintreten...


      Stichwort John Seymour über amazon.de, zum Beispiel!


      Ansonsten kämpfe ich um die Verbreitung liberaler Ideen,
      altem Wissen, welches Mütterkulte, Schenkungsgesellschaften, Naturvölker und Indianer hatten,
      sowie die Gedanken der Freiwirtschaft, eben damit es nicht zum schlimmsten kommt.
      Avatar
      schrieb am 07.04.03 12:54:21
      Beitrag Nr. 38 ()
      Finanziell ist fast kaum was zu machen,
      zu stark sind bisherige Systemzwänge vorhanden.


      Wir müssen so lange mitschwimmen wie es eben möglich ist!



      Falls du keine Schulden hast ist es natürlich gut,
      es kann entscheiden, ob du zu den freien oder Unfreien gehören wirst.
      Avatar
      schrieb am 07.04.03 20:11:04
      Beitrag Nr. 39 ()
      habe selbst einen Garten gepachtet und experimentiere mit der Nachzucht von Kräutern, Blumen und Gemüse. Darf natürlich keine Hybridkreuzung sein, da gelingt keine Nachzucht. Ringelblumen und Zinien lassen sich so wunderbar vermehren.
      Das reicht natürlich nicht aus, um die Familie notfalls durchzubringen, aber es macht Spaß und man eignet sich noch einige Kenntnisse an.
      Mit einen Garten hat man einige Optionen mehr.
      Die alten Haushaltstechniken würde ich nur in Notlagen einsetzen, früher war der Haushalt eine richtige Plackerei, die heute weitgehend von der Technik ersetzt wird. Es ist für die Frauen (an denen doch das meiste im Haushalt hängt) eine Befreiung, wenn sie sich nicht mehr so schinden müssen. Allerdings ist diese freie Zeit auch erforderlich, da sie häufig berufstätig sein müssen und es auch wollen. Haushaltsarbeit kann sehr stumpfsinnig sein,
      die Kommunikation mit Kollegen sowie die Bestätigung im Beruf ist doch auch für jeden wertvoll.
      Finanziell versuche ich überflüssige Ausgaben zu vermeiden, ohne dabei zu geizen und meine Lebensqualität zu beschneiden. Aber man muss sich nicht jeden Blödsinn anschaffen. Dabei entwickelt man auch ein Bewusstsein für die wichtigen Ausgaben, von den eingesparten Geldern wird ein Teil (aus Dankbarkeit) für Spenden eingesetzt.(z.B Brot für die Welt, Cap Anamur, Amnesty International). Ich hoffe damit auch, Veränderungen mit bewegen zu können.
      Avatar
      schrieb am 07.04.03 21:33:50
      Beitrag Nr. 40 ()
      @ Lemmus: Falls du denkst, ich will all die Jahre Fortschritt wieder rückgängig machen habe ich das falsch ausgedrückt-
      es wird eher so sein, das man einfachste Dinge einfach vergessen wird und neu erlernen muß-
      so war es bisher immer, wenngleich heute die Chance besser ist, Wissen nicht wieder zu verlieren.

      Wir versuchen zusaätzlich noch eine Rückbesinnung auf Nichtgeldliche Dinge zu bekommen, Spieleabende mit Freunden und Familie, geselliges Zusammensein ohne dafür großartig Geld auszugeben.

      Wer weitere Vorschläge hat nur zu-

      eben las ich davon kein Plastikgeld mehr zu benutzen, statt dessen bar zu bezahlen und den Plastikkartengeldaufschlag auf die Preise wegzuverhandeln...


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