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    Börsenpsychologie - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 13.09.01 02:13:02 von
    neuester Beitrag 21.11.01 02:10:30 von
    Beiträge: 6
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      schrieb am 13.09.01 02:13:02
      Beitrag Nr. 1 ()
      Hallo! Hier im Forum "Fundamentalanalyse" scheinen mir die klugsten Köpfe zu sein.
      Deshalb stelle ich hier meine Frage:
      Ich bin Psychologe mit Nebenfach Betriebswirt, bin aber an der Börse noch relativ unerfahren.
      Begeistert habe ich mir kürzlich ein Buch mit dem Titel "Börsenpsychologie" reingezogen, da ich dachte, dass müsste ja zu meiner Ausbildung passen.
      Ich war aber schwer enttäuscht, wie oberflächlich ein paar banale psychologische Mechanismen (z.B. Irrationale Uebertreibung, Disziplinlosigkeit bei Stopp-Loss) vorgestellt wurden, die auch nicht 1 zu 1 in die Praxis umzusetzen sind.
      Ist also "Börsenpsychologie" nur ein Schlagwort und in der Praxis wenig bedeutend?
      Oder habe ich mit meinem psychologisches Wissen (und ev. etwas mehr Praxiserfahrung) an der Börse einen Vorteil???
      Avatar
      schrieb am 19.09.01 12:09:09
      Beitrag Nr. 2 ()
      Ich hab mir in der Vergangenheit viel an Literatur zum Thema Börse reingezogen und für mich in verständlicherweise niedergeschrieben. Hab hier nur mal ein paar Ausschnitte reingestellt, vielleicht hilfts ja ein bischen weiter.Kann aber teilweise zusammengewürfelt und unvollständig sein.

      C. Börsenpsychologie

      „Spekulation ist die Vorhersage
      der Psychologie des Marktes“

      (John Maynard Keynes)


      Um was geht es dem Investor eigentlich, wenn er sich am Aktienmarkt engagiert? Es geht ihm um Geld. Geld ist nicht nur ein einfacher Rechnungsposten auf dem Kontoauszug, es ist mehr. Geld bedeutet für viele Freiheit, auch Macht und Statussymbol. Die meisten Menschen sind daher von Geld fasziniert und können nicht genug davon bekommen. Dieser Trieb nach immer mehr, verbunden mit den Chancen an der Börse, setzt immer wieder die Risikobereitschaft in vielen Menschen frei, sich über den Aktienmarkt ein Vermögen zu erwirtschaften. Dies führt aber in den meisten Fällen zu einer Selbstüberschätzung des Anlegers, welche er sich dann erst eingesteht, wenn es zu spät ist und die Verluste enorm sind. Hier ist nicht nur der private Anleger gemeint, sondern auch viele Institutionelle. Gerade bei diesen „Profis“ sollte man jedoch annehmen, dass sie die Wirtschafts- und Marktbewegungen, aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel am besten einschätzen können. Aber auch ihnen sind bei der Prognose des Wirtschaftswachstums anhand rational bestimmbarer Faktoren (Fundamentalanalyse) die Hände gebunden. Allein mit diesen rationalen Faktoren kann die Vorlaufeigenschaft der Aktienkurse auf bestimmte Ereignisse eben nicht begründet werden. Hier muss nun der Ansatz verfolgt werden, dass jede Beziehung zu Geld, auch psychologische Seiten haben kann. Keinem Börsenpsychologen würde die Behauptung einfallen, dass Wirtschaftsfaktoren nicht wichtig sind. Aber da es um Geld geht, werden die Aktienkurse auch von den Gefühlen einzelner Menschen beeinflusst, welche im Gesamten die Stimmung des Anlegerpublikums verkörpern. So reflektieren Aktienkurse auch Hoffnungen und Befürchtungen, Vermutungen und damit Stimmungen von Käufern und Verkäufern. Diese Stimmung des Publikums und deren zugrundeliegende Psychologie muss zusätzlich verstanden werden, um die Vorlaufeigenschaften der Kurse gegenüber der Wirtschaft richtig interpretieren zu können und ein Gefühl für Übertreibungen zu Entwickeln. Die Börse stellt sich insofern als ein Markt von Erwartungen dar, auf dem die Grenze zwischen einer sachlich begründeten und einer emotionalen Verhaltensweise nicht eindeutig zu ziehen ist. Für den Anleger ist es daher überaus wichtig, sich mit der Marktpsychologie auseinander zusetzen und seine Anlageentscheidungen losgelöst von der Masse zu treffen.

      I. Marktpsychologische Phasen

      An den Finanzmärkten gab es in der Vergangenheit immer wieder Phasen der Über- bzw. Untertreibung. So kann als Beispiel die Tulpenspekulation der Jahre 1633-1637 herangezogen werden. Um diese Zeit konnte Holland, als eines der am besten entwickelten Länder, in Finanzsachen bezeichnet werden. Es war möglich von Banken Kredite zu erhalten und es hatte sich in Amsterdam ein börsenähnliches System entwickelt. Aus unerklärlichen Gründen schaukelte sich der Preis für Tulpenzwiebeln auf astronomische Höhen empor. Zunächst handelten nur die reichen Kaufleute, während mit der Zeit auch der Mittelstand Interesse zeigte. Es wurden sogar Häuser verkauft, um das nötige Geld für die Spekulation in Tulpen zu besitzen. Es wird von einem Kaufmann berichtet, der umgerechnet in heutigem Geld 244.000 Dollar für eine Zwiebel bezahlte. Erst 1637 viel der Preis wieder auf ein normales Niveau ab. Viele Menschen hatten sich verschuldet, in dem Glauben, der rational nicht begründbar war, dass eine Tulpe mehr Wert sein könne, als ihr Gewicht in Gold.
      Ein weiteres sehr bekanntes Beispiel stellt der Florida Landboom dar. Er wird als Anfang vom Ende bezeichnet, als auslösendes Moment des wohl bekanntesten Crash, dem der Wall Street 1929. Anfang der zwanziger Jahre stiegen die Grundstückspreise in Florida an. Investoren konnten dabei Land kaufen, indem sie nur zehn Prozent des eigentlichen Preises entrichten mussten. Mit dieser Anzahlung erlangten sie das Recht, auf die restlichen neunzig Prozent eine Hypothek auf das Land aufzunehmen. Es war daher möglich Land zu für 10.000 Dollar zu kaufen, 1.000 Dollar anzuzahlen und auf den Restwert eine Hypothek aufzunehmen. Verkaufte man später für 15.000 Dollar, hat man 5.000 Dollar Gewinn abzüglich der Hypothekenzinsen gemacht. Nach einem Wirbelsturm sanken die Grundstückspreise, behielten jedoch noch einiges an Wert, so dass den Investoren diese Spekulationsblase nicht auffiel, im Gegenteil, sie wollten weiter an der Börse mitmischen. Jetzt wurde in Technologieaktien investiert, teilweise mit einer ähnlichen Investitionsmethode wie beim Florida Landboom, der Käufer musste nur zehn Prozent des Preises bezahlen. Solange die Aktien stiegen, forderten die Händler zunächst keine weitere Bezahlung. Mit der Zeit forderten die besorgten Händler aber immer höhere Anzahlungen, was zu einer immer höheren Verschuldung der Menschen führte. Als die Kurse dann am 23. Oktober 1929 anfingen zu fallen, setzte das große Erwachen ein, welches erst im Juni 1932 sein vorläufiges Ende fand. Solche Phasen gab und wird es immer wieder geben. Nicht nur bei Indizes, sondern auch bei Branchen und einzelnen Unternehmen. Jede dieser Phasen verläuft dabei immer nach dem selben Muster, das Anlegerverhalten verändert sich je nach Börsenlage immer gleich. In der frühen Aufschwungphase, der Phase der Hoffnung und des Glaubens, bestimmen Fundamentaldaten (30%) und Kennzahlenbewertung (50%) den Markt. Psychologische Faktoren fallen nur mit 20 Prozent ins Gewicht. Am Ende einer wirtschaftlichen Boomphase, der Phase der Euphorie und Gier, bestimmt die Psychologie zu 60 Prozent den Markt und Fundamentaldaten werden nur noch zu 20 Prozent beachtet. Dem Absturz der Börse folgen die psychologischen Phasen der Angst und Panik und die Demoralisierung. Auch hier bestimmt die Psychologie noch zu 60 Prozent den Markt.
      In ansteigenden Märkten verdrängt das Vertrauen der Investoren in die goldene Zukunft zunehmend den Faktor Risiko. An ursprünglich rational begründeten Entscheidungen wird zunehmend aus emotionalen Gründen nicht mehr festgehalten. Das Kursniveau steigt in solchen Phasen immer weiter an, es kommt zu einer Hausse. Entsprechend, nur mit umgekehrten Vorzeichen, zeigt sich dieser psychologische Faktor bei einem anhaltenden Fallen der Kurse.

      II. Marktteilnehmer

      Um diese emotionale Seite der Börse zu verstehen, müssen die einzelnen Marktteilnehmer näher betrachtet werden. Nur so kann man ein Verständnis für deren Verhalten erlangen und sich dieses zunutze machen.
      Es sind dies:
      · „sicheren Hände“
      · „unsicheren Hände“
      · Analysten

      Eine Unterscheidung von privaten Anlegern und Institutionellen muss nicht unternommen werden, da diese sowohl bei den „Sicheren“ wie auch bei „Zittrigen“ zu finden sind.

      1. Die „sicheren Hände“

      Die „sicheren Hände“ sind Investoren, deren Entscheidungen von Überlegungen zur Entwicklung der Wirtschaft, der Politik und der Gesellschaft getragen werden. Aus diesen Überlegungen heraus entwickeln sie ihre Strategie, die immer wieder mit den aktuellen Geschehnissen abgeglichen wird. Dabei werden die Kurse objektiv und nicht emotional betrachtet. Diese Art der Investoren versucht dabei über den mittel- bis langfristigen Ansatz überproportionale Kursgewinne zu verwirklichen, und gerade nicht durch unüberlegte Transaktionen, basierend auf kleineren Kursschwankungen und vorübergehenden Stimmungsfaktoren, dem Markt hinterherzulaufen. Sie verfolgen dabei übergeordnete Kriterien, wie Geldpolitik, Wirtschaftswachstum, Handelsbilanzen, Geschäftsberichte usw. und berücksichtigen Ausführungen der Tagespresse, Analysten und Medien kaum.

      2. Die „unsicheren Hände“

      Sie werden teilweise auch als „Zocker“ oder „Spieler“ bezeichnet, deren Anzahl bei ansteigenden Märkten rapide wächst. Sie setzten auf kleinste Kursbewegungen. Diese Strategie funktioniert in einer Hausse, denn wenn man hier auf steigende Kurse setzt, ist die Chance groß, steigende Kurse zu erwischen. Sie ist aber umso kleiner, wenn die Kurse stagnieren oder fallen. Sie kümmern sich weiniger um Fundamentals, als um Ad-Hoc-Mitteilungen, Gerüchte, Analystenempfehlungen und „heiße Tips“. Ihnen fällt es im Gegensatz zu den „sicheren Händen“ schwerer, an ihren Investments festzuhalten, wenn sich der Markt nicht in die gewünschte Richtung bewegt oder sie verschließen die Augen in dem Moment, wenn sie besser verkaufen sollten, in der Hoffnung auf baldige Besserung.


      2.1 Kognitive Dissonanztheorie

      Nach Leon Feistinger sind zwei Elemente dann dissonant, wenn eine Aussage das logische Gegenteil der anderen darstellt. Auf die „unsicheren Hände“ übertragen, bedeutet das Vorliegen einer Dissonanz, eine psychologische Unannehmlichkeit, die durch eine Wahrnehmungsreduzierung einer der sich widerprechenden Aussagen, verringert wird. Dadurch verschaffen sie sich selbst und anderen eine vernünftige Erklärung für ihr Verhalten.

      In einer Hausse werden viele „unsichere Hände“ die beiden folgenden dissonanten Aussagen glauben:

      1. Die Aktienkurse sind zu hoch und damit überbewertet.
      2. Wenn ich nicht weiter investiert bleibe wie alle anderen, entgeht mir ein noch höherer Gewinn.

      Normalerweise wird der Anleger diese Dissonanz reduzieren, indem er jede Information, welche auf eine Überbewertung der Aktien schließen lässt, ignoriert. Wenn er investiert ist, wird er vielmehr für Meldungen, welche die zweite Aussage stützen, empfänglich sein. Er wird weiter investiert bleiben. Ab diesem Moment baut der Anleger aber eine emotionale Bindung zu seinen Aktien auf, die einen späteren Verkauf erschwert, denn dann muss nicht nur eine Position in Frage gestellt werden, sondern auch der eigene psychologische Einsatz, was wiederum zu einem Ansteigen der Dissonanz führt. Die meisten dieser Investoren, welche sich einer kognitiven Dissonanz nicht stellen, werden auch bei sinkenden Kursen ihr Investitionsverhalten rechtfertigen und immer wieder nach positiven Meldungen suchen. Sie werden dies durch die Phase der Angst und Panik bis in die Phase der Demoralisierung hinein betreiben und erst verkaufen, wenn die Kurse nahe ihren Tiefstpunkten sind.


      2.2 „Sell on good news”

      Für viele der „unsicheren Hände“ erscheint die Börse irrational und unlogisch. Da hat man kurz vor einer guten Unternehmensmeldung noch ein paar Aktien gekauft und traut nach der Veröffentlichung seinen Augen nicht; der Kurs fällt. Das Spekulieren an der Börse bezieht sich auf ungewisse, in der Zukunft liegende Ereignisse. Trifft dieses Ereignis dann ein, ist es Realität, Tatsache, welche für die Entwicklung des Kurses nicht mehr von Bedeutung ist. Die Börse hat dies bereits in der Vergangenheit in den Kurs eingepreist. Viele haben sich, in Erwartung dieser Nachricht (beispielsweise Gewinnsteigerung) schon lange vorher mit Aktien eingedeckt, was bereits im Vorfeld der Meldung zu steigenden Kursen geführt hat. Trifft nun die Meldung die Erwartungen, muss der Kurs zwangsläufig zurückgehen. Einige der ersten Käufer werden Gewinne mitnehmen, andere, die zu spät und teuer gekauft haben, werden versuchen ihren Verlust durch Verkäufe möglichst niedrig zu halten. Einzig und allein die Erwartung bestimmt den Kurs. Fällt der Gewinn niedriger aus als diese, werden alle verkaufen, auch wenn der Gewinn für die momentane Situation gar nicht schlecht erscheint. Diese Phänomen kann oft nach langen Haussephasen beobachtet werden, wenn die Gewinnprognosen der Analysten von den Unternehmen nicht mehr eingehalten werden können.

      3. Analysten

      Die meisten namhaften Analystenhäuser stehen heutzutage vor einem problematischen Konflikt. Ihre Analystensparte ist dabei meistens nur ein winziger Teil in einer riesigen Investmentbank. Diese bietet neben Analysen noch alle möglichen anderen Dienstleistungen an, wie beispielsweise Fonds, Firmenübernahmen, Aktienemissionen usw. Schon oft hat sich daher die Frage gestellt, ob diese Vielfalt, auch als „integrierter Service“ bezeichnet, nicht zu Interessenkonflikten zwischen den Analysten, der Investmentbank und dem Kunden führt. Die Analysten als Angestellte der Investmentbanken, könnten sich daher dem Druck ausgesetzt sehen, eher für ihr Unternehmen Geld zu verdienen, als dem Kunden den „richtigen“ Rat zu geben. Dies kann beispielsweise daher rühren, dass die Analysten im Auftrag eines Unternehmens tätig sind. Untersuchungen haben ergeben, dass Analysten, die für ein Unternehmen tätig sind, negative Analysen sehr viel später veröffentlichen, und eine Aktie noch auf „halten“ empfehlen, während ein Großteil der anderen unabhängigen Analysten, dies auf „verkaufen“ setzten. Auch kann mithilfe solcher Analysen ein Kunde (Finanzgruppe, Syndikat) versuchen, dem breiten Publikum gewisse Aktien zu verkaufen. Durch positive Meldungen werden die Papiere zu überhöhten Preisen dann an den Markt abgegeben, der erst später bei fallenden Kursen und schlechten Meldungen registriert, dass das Unternehmen doch nicht so gut aufgestellt ist. Bedenken muss man auch, dass eine veröffentlichte Analyse, nicht mehr neu ist. Die in der Analyse enthaltenen Fakten werden nicht umgehend veröffentlicht, sonder nach reiflicher Prüfung, erst einigen Großkunden (Banken, Unternehmen) bereitgestellt. Hier entsteht für diejenigen ein Informationsvorsprung, die nahe an der Quelle sitzen. Bis der Kleinanleger diese Information dann erhält und verarbeitet, haben die Institutionellen bereits mit Käufen oder Verkäufen reagiert. Vor allem aber sollten mehrere Analysen verglichen werden, denn oft genug werden Analysen teilweise übernommen und so nur „altes“ in „neues“ verpackt. Auch sollte dabei immer der Betrachtungszeitraum beobachtet werden. Viele dieser Analysen sind kurzfristiger Natur, da der schrumpfende Zeithorizont, aufgrund neuer Datenverarbeitung, die Analysten zu immer kurzfristigeren Prognosen zwingt, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Der einzelne Anleger sollte daher selbst und in eigener Analyse für ihn interessante Unternehmen finden. Im Anschluss daran sollte man die eigene Unternehmensanalyse aber mit den verschiedensten Analystenaussagen konfrontieren und kritisch hinterfragen. Vor allem konservativere Analystenschätzungen sollte besonderes Augenmerk geschenkt werden. Vielleicht ist einem das eine oder andere entgangen, was sich dann in einer höheren eigenen Unternehmensbewertung niederschlägt. Ein Vergleich der eigenen Analyse mit „institutionellen“ Analysen sollte daher immer stattfinden.

      III. Das Verhalten der Teilnehmer in marktpsychologischen Phasen

      Neben der von der Zentralbank gesteuerten Liquidität spielt das Verhalten der Marktteilnehmer eine große Bedeutung. Dieses Verhalten ist mitentscheidend, ob es zu steigenden oder gar haussierenden Kursen kommt. Nach bzw. am Ende eines starken Kursrückgang oder eine langen volatilen Seitwärtsbewegung kommt es meistens dann zu einen Aufschwung der Kurse, wenn niemand damit rechnet und auch die fundamentalen Rahmendaten diesen noch nicht rechtfertigen. In dieser Zeit der Phase der Depression neigen die „sicheren Hände“ dazu, sich allmählich mit ersten Positionen einzudecken. Sie kaufen die Bestände der „unsicheren Hände“ auf, welche diese aus Verzweiflung, Angst und Panik auf den Markt werfen. Mit der Zeit findet der Aktienmarkt aber ein Niveau, auf dem die Kurse trotz weiterer schlechter Unternehmensmeldungen nicht mehr weiter zurückgehen, da diese bereits schon vorweggenommen worden sind (siehe „Sell on good news“ nur im umgekehrten Stil). Dies sind erste Anzeichen dafür, dass sich das Geld in den „sicheren Händen“ befindet. Bessern sich nun allmählich, aber noch im verborgenen, die fundamentalen Rahmendaten fangen weitere „sichere Hände“ an zu kaufen, was zu steigenden Kursen führt. Nun merken auch die ersten „unsicheren Hände“, dass es mit den Kursen wieder stabil aufwärts geht. Beim Übergang von dieser Frühphase der Erholung in den Bullenmarkt (Phase der Hoffnung und des Glaubens) spielen Analystenempfehlungen, Presseveröffentlichungen und Börsenbriefe wieder eine zunehmend bedeutendere Rolle. Sie besitzen eine Orientierungsfunktion für die Mehrzahl der „unsicheren Hände“ und verstärken den bestehenden Aufwärtstrend. Keiner von ihnen möchte den nächsten Aufschwung verpassen. So kommt es das Tausende auf den fahrenden Zug aufspringen. Alle schwimmen mit der Masse. Keiner der „unsicheren Hände“ kann sich der vorherrschenden Stimmung entziehen. Sie bemerken dabei aber nicht, wie die von den „sicheren Händen“, zu Tiefstpreisen gekauften Aktien langsam an die „unsicheren Hände“ abgegeben werden. Im Endstadium einer Hausse herrscht die Euphorie. Jetzt werden wirtschaftlich nicht mehr begründbare Kursveränderungen ausgelöst, welche die Anleger zu Fehleinschätzungen verleiten. Gewinnprognosen von Analysten rechtfertigen immer höhere Kurse, Zinserhöhungen werden nicht mehr wahrgenommen und urplötzlich finden die „unsicheren Hände“ keine Käufer mehr für ihre Aktie, obwohl es noch keine schlechte Unternehmensnachrichten gibt. Die Kurse fangen an zu stagnieren oder bröckeln ab. Viele Aktienbesitzer beschleicht die Angst. Aufgrund nun einsetzender fallender Kurse werden Schuldige gesucht. Erste Gewinnwarnungen von kleineren Unternehmen werden noch ignoriert. Fangen jedoch die Schwergewichte und Marktführer an zu warnen, wird aus der Angst Panik. Die Meldung zu einem Unternehmen wird auf alle Aktien der gleichen Branche übertragen. Jeder möchte seine Aktien möglichst schnell verkaufen. Nur treffen diese Verkaufsangebote auf zu wenig Nachfrage, was den Kurs noch schneller fallen lässt. Jetzt kommt die Zeit der „sicheren Hände“ wieder. Sie habe zu billigen Kursen gekauft und zu hohen Kursen verkauft. Sie fangen jetzt wieder an, allmählich die noch fallenden Aktien einzusammeln und der Kreislauf beginnt von neuem.
      An einem Punkt besteht dann wieder soviel Nachfrage wie Angebot, was zu einer Stabilisierung der Aktienmärkte führt. Oft hört man dann das Wort „Bodenbildung“. Immer mehr „sichere Hände“ decken sich nun ein und die Kurse fangen wieder an zu steigen, obwohl die fundamentalen Wirtschaftsdaten dies noch nicht rechtfertigen. Mithilfe der Börsenpsychologie könnte damit ein Erklärungsversuch gegeben sein, die Vorlaufeigenschaften der Aktienmärkte zu begründen.
      Es erscheint auch logisch, dass im Bereich des größten Optimismus, der Euphorie, jeder investiert ist. Wenn aber alle investiert sind, wer soll dann noch kaufen? Die meisten kommen dann nur noch als Verkäufer in Frage. Gleiches gilt dann, wenn alles in Depression versinkt, wer soll dann noch verkaufen?. So kommt es, dass sich der Optimismus beziehungsweise Pessimismus der Marktteilnehmer, in der heutigen Zeit zunehmender Beachtung, in Form eines Kontraindikators, ausgesetzt sieht.
      Avatar
      schrieb am 14.10.01 18:53:39
      Beitrag Nr. 3 ()
      Hallo,

      lest doch mal Kostolany´s Börsenpsychologie.

      macd
      Avatar
      schrieb am 10.11.01 09:55:31
      Beitrag Nr. 4 ()
      Kostolany war nicht nur der große Börsenguru, denn trotz aller Börsenpsychologie und Börsenwissen erlitt auch er mehrfach Totalverluste an der Börse. Man sollte sich also nur die entsprechenden Passagen aus dem Buch raussuchen. Eventuell sollte man auch andere Bücher von Kostolany (z.B Geld und Börse)lesen.
      Avatar
      schrieb am 17.11.01 19:33:20
      Beitrag Nr. 5 ()
      Ich glaube, daß nicht nur die Psychologie eine entscheidene Rolle spielt. Auch technische Chartanalyse und Fundamentalanalyse sind sehr wichtig. Ich bin auch ein Fan von Kostolany, aber in Zeiten von Computerbörsen, wo automatische Abläufe z.B. bei Stop/Loss passieren, sind alle drei Faktoren wichtig und für einen Anleger zu beachten.

      Ich mache es heute so. Zuerst schaue ich mir den Gesamtmarkt an. Geht`s bergauf oder bergab. Dann schaue ich auf Einzeltitel, welche Perspektive das Unternehmen hat und wie es derzeit an der Börse bewertet wird. Nur wenn es vom Markt noch nicht erkannt wird, also ich einen Schritt voraus bin, kaufe ich diese Aktie. Und damit einher geht meistens auch die technische Chartanalyse, d.h. wenn der RSI z.B. bei 40 liegt. Gegen den Markt zu kaufen ist sinnlos, also macht kaufen erst Sinn, wenn die Psyche des Gesamtmarktes positiv eingestellt ist. Das erkennt man meistens an langsam aber stetig steigenden Kursen. Und dann muß man nur noch die Unternehmen raussuchen, die gut aber noch nicht gelaufen sind.

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      Avatar
      schrieb am 21.11.01 02:10:30
      Beitrag Nr. 6 ()
      @thethosch

      Deinen Aussagen stimme ich voll zu!

      Gestatte mir aber einen kleinen Nachtrag dazu, wie man erkennen kann, ob man einsteigen oder aussteigen soll, d.h., ob ein Trendwechsel bevorsteht:

      Was die Börse treibt oder lähmt, ist 1. die Menge des Geldes, das im Markt ist (oder nicht im Markt ist). Bei hohen Zinsen fließt mehr Geld vom Aktienmarkt in Rentenpapiere, bei niedrigen Zinsen fließt es wieder zurück in die Aktien. Dieses stetige Hin und Her ist ein Fakt. Der Zeitpunkt, wann der Geldfluss sich in die eine oder andere Richtung bewegt, wird von den Zinsentscheidungen der Notenbanken (bes. der Fed.) beeinflusst mit einer Verzögerung von ca. 6 bis 9 Monaten nach einem Strategiewechsel. Ist Geld vorhanden, das in Aktien muss, werden die Börsen steigen. Wie z.B. jetzt, kurz vor Jahresende: Die Fondsmanager und andere Großinvestoren baden in Cash, sie müssen in Aktien investieren.

      Was die Börse treibt oder lähmt, ist aber 2. auch die Gier der Massen. Wird die Masse der Anleger (ich verwende den Begriffe "Lemminge" nicht gern, aber er passt) von den Medien (Börsenbriefe, Börsensendungen im TV, Yellow-Press) entsprechend angeheizt, können, wie wir wissen, maßlose Übertreibungen nach oben und nach unten die Folge sein. Man muss nur erkennen, ob die Börse sich gerade in einer solchen Phase befindet.

      mig


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