Vier Jahre lang regierten Anarchisten die Hauptstadt Reykjavik. - 500 Beiträge pro Seite
eröffnet am 28.05.14 11:47:30 von
neuester Beitrag 28.05.14 12:57:27 von
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Mehr Punk, weniger Hölle!
In Island fand ein einzigartiges politisches Experiment statt: Vier Jahre lang regierten Anarchisten die Hauptstadt Reykjavik. Und diese Amateure haben Erstaunliches vollbracht.
Was war in die konservativen Wähler von Reykjavik gefahren? Sie taten am 27. Mai 2010 etwas, wovon sonst alle immer nur redeten: Sie entzogen den Politikern die Macht. Und übertrugen sie den Amateuren. Und so begann ein einzigartiges politisches Experiment: Wie würden Nicht-Politiker regieren? Wie Punks? Wie Anarchisten? Mitten in der Krise?
«Es war Gruppensex»
Um die Kühnheit der Wähler von Reykjavik zu würdigen, genügt es, die wichtigsten Wahlversprechen der Besten Partei nachzulesen. Sie versprach:
Gratishandtücher in den Schwimmbädern.
Einen Eisbären im Zoo.
Den Import von Juden, «damit endlich jemand, der etwas von Wirtschaft versteht, nach Island kommt».
Ein drogenfreies Parlament bis 2020.
Tatenlosigkeit: «Wir haben ein Leben hart gearbeitet und wollen uns nun vier Jahre gut bezahlt erholen.»
Ein Disneyland mit wöchentlichem Gratiseintritt für Arbeitslose, «wo sie sich mit Goofy fotografieren dürfen».
Mehr Nähe zur Landbevölkerung: «Jeder isländische Bauer soll gratis ein Schaf ins Hotel nehmen dürfen.»
Gratis-Bustickets. (Mit dem Zusatz: «Wir können mehr versprechen als alle anderen Parteien, weil wir jedes Wahlversprechen brechen werden.»)
Entstanden war die Beste Partei aus einem Konzept für eine Sketchsendung. 2008 hatte Gnarr die Figur eines schleimigen Politikers entworfen, der alles versprach. Das Konzept starb, als die Massen nach dem Bankencrash vor dem Parlament demonstrierten: Die Zeiten waren zu ernst für Scherze.
Im Wahlkampf
«Unsere Strategie für den Wahlkampf war, eine komplette Gegenwelt zu entwerfen», erklärte Wahlkampfmanagerin Heida Helgadottir später. «Politik ist von alten Männern dominiert, die rituell Giftpralinen austauschen. Wir dagegen setzten auf Lebenserfahrung, Aufrichtigkeit, Humor. Und wir hatten den perfekten Kandidaten. Jon ist Stand-up-Comedian: gut im Timing und gut im Lesen des Raums. Er beherrschte, worum es bei guter Politik geht: die Wahrnehmung der Umgebung.»
Lustige Aktionen:
Die Stadtkasse war leer. Also setzte der Bürgermeister auf symbolische Aktionen. etwa das tätowierte Stadtwappen. Die Forderung an die chinesische Handelsdelegation, Dissidenten freizusetzen. (Sie reiste empört ab.) Den Auftritt in Frauenkleidern der Gay Parade. Den Wettbewerb um die fetteste Katze Reykjaviks als offizielle Weihnachtskatze. Der Gang an die Wahlurne als Jedi-Ritter. Den Guten-Tag-Tag, angekündigt in einem haarsträubend schleimigen Video, mit der Aufforderung, dass sich die Bürger an diesem Tag höflich grüssen sollten. (Es funktionierte.) Und nach dem Tod seiner Mutter erschien Gnarr, wie er schrieb, zum Zeichen der Trauer in ihren Kleidern im Amt ...
Am Wahlabend formulierte die Beste Partei die Bedingung für den Koalitionspartner: Sie sollten alle fünf Staffeln von «The Wire» gesehen haben.
Die Bilanz
Die Bilanz von vier Jahren Anarchisten an der Macht ist ziemlich unerwartet: Die Punks haben die Finanzen saniert. Dazu kommen einige sehr gelungene Reden, ein paar Dutzend Kilometer Veloweg, ein Zonenplan, eine neue Schulorganisation (über die sich heute niemand mehr beklagt) und eine entspannte, boomende Stadt: Der Tourismus wächst jährlich um 20 Prozent. (Und manche sagen, das ist die neue Blase.) Präsident Grimson lobt nun in Reden nicht mehr den Killerinstinkt, sondern die Kreativität des Isländers. Die Immobilienpreise steigen wieder, man sieht wieder Range Rovers.
In den Umfragen letzten Oktober erreichte die Beste Partei den Rekord von 38 Prozent. Kurz darauf kündigte Jon Gnarr an, aufzuhören. Und die Beste Partei aufzulösen. Er begründete das mit: «Ich bin Komiker, nicht Politiker.» Und: «Ich war vier Jahre Taxifahrer, ein wirklich guter Taxifahrer sogar, aber ich habe auch damit aufgehört.»
http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Mehr-Punk-weniger…
GROßARTIG!
In Island fand ein einzigartiges politisches Experiment statt: Vier Jahre lang regierten Anarchisten die Hauptstadt Reykjavik. Und diese Amateure haben Erstaunliches vollbracht.
Was war in die konservativen Wähler von Reykjavik gefahren? Sie taten am 27. Mai 2010 etwas, wovon sonst alle immer nur redeten: Sie entzogen den Politikern die Macht. Und übertrugen sie den Amateuren. Und so begann ein einzigartiges politisches Experiment: Wie würden Nicht-Politiker regieren? Wie Punks? Wie Anarchisten? Mitten in der Krise?
«Es war Gruppensex»
Um die Kühnheit der Wähler von Reykjavik zu würdigen, genügt es, die wichtigsten Wahlversprechen der Besten Partei nachzulesen. Sie versprach:
Gratishandtücher in den Schwimmbädern.
Einen Eisbären im Zoo.
Den Import von Juden, «damit endlich jemand, der etwas von Wirtschaft versteht, nach Island kommt».
Ein drogenfreies Parlament bis 2020.
Tatenlosigkeit: «Wir haben ein Leben hart gearbeitet und wollen uns nun vier Jahre gut bezahlt erholen.»
Ein Disneyland mit wöchentlichem Gratiseintritt für Arbeitslose, «wo sie sich mit Goofy fotografieren dürfen».
Mehr Nähe zur Landbevölkerung: «Jeder isländische Bauer soll gratis ein Schaf ins Hotel nehmen dürfen.»
Gratis-Bustickets. (Mit dem Zusatz: «Wir können mehr versprechen als alle anderen Parteien, weil wir jedes Wahlversprechen brechen werden.»)
Entstanden war die Beste Partei aus einem Konzept für eine Sketchsendung. 2008 hatte Gnarr die Figur eines schleimigen Politikers entworfen, der alles versprach. Das Konzept starb, als die Massen nach dem Bankencrash vor dem Parlament demonstrierten: Die Zeiten waren zu ernst für Scherze.
Im Wahlkampf
«Unsere Strategie für den Wahlkampf war, eine komplette Gegenwelt zu entwerfen», erklärte Wahlkampfmanagerin Heida Helgadottir später. «Politik ist von alten Männern dominiert, die rituell Giftpralinen austauschen. Wir dagegen setzten auf Lebenserfahrung, Aufrichtigkeit, Humor. Und wir hatten den perfekten Kandidaten. Jon ist Stand-up-Comedian: gut im Timing und gut im Lesen des Raums. Er beherrschte, worum es bei guter Politik geht: die Wahrnehmung der Umgebung.»
Lustige Aktionen:
Die Stadtkasse war leer. Also setzte der Bürgermeister auf symbolische Aktionen. etwa das tätowierte Stadtwappen. Die Forderung an die chinesische Handelsdelegation, Dissidenten freizusetzen. (Sie reiste empört ab.) Den Auftritt in Frauenkleidern der Gay Parade. Den Wettbewerb um die fetteste Katze Reykjaviks als offizielle Weihnachtskatze. Der Gang an die Wahlurne als Jedi-Ritter. Den Guten-Tag-Tag, angekündigt in einem haarsträubend schleimigen Video, mit der Aufforderung, dass sich die Bürger an diesem Tag höflich grüssen sollten. (Es funktionierte.) Und nach dem Tod seiner Mutter erschien Gnarr, wie er schrieb, zum Zeichen der Trauer in ihren Kleidern im Amt ...
Am Wahlabend formulierte die Beste Partei die Bedingung für den Koalitionspartner: Sie sollten alle fünf Staffeln von «The Wire» gesehen haben.
Die Bilanz
Die Bilanz von vier Jahren Anarchisten an der Macht ist ziemlich unerwartet: Die Punks haben die Finanzen saniert. Dazu kommen einige sehr gelungene Reden, ein paar Dutzend Kilometer Veloweg, ein Zonenplan, eine neue Schulorganisation (über die sich heute niemand mehr beklagt) und eine entspannte, boomende Stadt: Der Tourismus wächst jährlich um 20 Prozent. (Und manche sagen, das ist die neue Blase.) Präsident Grimson lobt nun in Reden nicht mehr den Killerinstinkt, sondern die Kreativität des Isländers. Die Immobilienpreise steigen wieder, man sieht wieder Range Rovers.
In den Umfragen letzten Oktober erreichte die Beste Partei den Rekord von 38 Prozent. Kurz darauf kündigte Jon Gnarr an, aufzuhören. Und die Beste Partei aufzulösen. Er begründete das mit: «Ich bin Komiker, nicht Politiker.» Und: «Ich war vier Jahre Taxifahrer, ein wirklich guter Taxifahrer sogar, aber ich habe auch damit aufgehört.»
http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Mehr-Punk-weniger…
GROßARTIG!
Antwort auf Beitrag Nr.: 47.060.206 von sonnenblume1 am 28.05.14 11:47:30In den Umfragen letzten Oktober erreichte die Beste Partei den Rekord von 38 Prozent. Kurz darauf kündigte Jon Gnarr an, aufzuhören. Und die Beste Partei aufzulösen. Er begründete das mit: «Ich bin Komiker, nicht Politiker.»
Na dann ist ja alles gut... Wir werden schließlich auch von Komikern regiert
Ich möchte nur wissen was die mit den Schafen auf Hotelzimmern machen
Doch nicht etwa das was die Bayern mit den Kühen früher....
Na dann ist ja alles gut... Wir werden schließlich auch von Komikern regiert
Ich möchte nur wissen was die mit den Schafen auf Hotelzimmern machen
Doch nicht etwa das was die Bayern mit den Kühen früher....
Aus dem Link:
«Meine Frage war immer: Wie ficken wir das System?», kommentierte Einar Örn. «Und die Antwort war: Wir zeigen, dass Nicht-Politiker den Job auch machen können. Aber aufzuhören, mit dem sicheren Wahlsieg vor Augen: Das ist wirklich das System gefickt!»
«Meine Frage war immer: Wie ficken wir das System?», kommentierte Einar Örn. «Und die Antwort war: Wir zeigen, dass Nicht-Politiker den Job auch machen können. Aber aufzuhören, mit dem sicheren Wahlsieg vor Augen: Das ist wirklich das System gefickt!»
Antwort auf Beitrag Nr.: 47.060.402 von Doppelvize am 28.05.14 12:09:26Sic!
Solche Politik könnten die Deutschen auch bekommen, wenn sie "Die Partei" wählen würden.
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