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    Es war nicht alles schlecht! - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 27.10.07 20:36:45 von
    neuester Beitrag 30.10.07 16:48:59 von
    Beiträge: 84
    ID: 1.134.502
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      schrieb am 27.10.07 20:36:45
      Beitrag Nr. 1 ()


      :laugh: :cool: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 20:44:10
      Beitrag Nr. 2 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.175.891 von AdHick am 27.10.07 20:36:45Fuer den SPIEGEL gibt es bei mir schon lange keine Gnade mehr. Der ist einfach nur noch gnadenlos schlecht.
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 20:52:57
      Beitrag Nr. 3 ()
      Die 68-er Revolution


      1968 – was für ein Jahr! Da stürzte eine befreite, entfesselte Jugend die morsche Moral der deutschen Nachkriegsgesellschaft vom Sockel, tobte darüber hinweg und trat lachend in den Staub, was doch seit Jahrhunderten als höchste Tugend gegolten hatte: keusche Enthaltsamkeit, sittsames Sich-Bescheiden, fromm ergebener Gehorsam und untertäniger Respekt vor Gesetz und Obrigkeiten ... und frech und fröhlich ging diese Jugend daran, ihre neue Welt aufzubauen, ihr eigenes Leben zu leben, ihre eigene Moral zu finden.


      "Ziemlich genau eine Generation ist es her, dass die letzte grosse Kulturrevolution die westliche Welt durchfuhr wie ein Wirbelsturm. Wie jede echte Revolution war es eine Jugendrevolte; sie richtete sich gegen das Alte und die Alten, gegen das Bewährte und falsch Bewahrte, gegen das Bestehende, das Establishment.

      Die 68er-Revolte erfasste alle Bereiche des Denkens und Lebens – die Philosophie mit der Kritischen Theorie und dem Neomarxismus – die Mode mit Jeans, Langhaarfrisur und Minirock – das Lebensgefühl des Aussteigens, Tabubrechens, Drogenkonsums, der Wohngemeinschaften und antiautoritären Erziehung. Sie erfasste die Politik, die als ausserparlamentarische Opposition auf die Strassen ging; vor allem aber die Popkultur und Popmusik ..."*

      "68 ist ein Mythos"* geworden: Das war der Anbruch einer ganz neuen Zeit, mit einem neuen Menschenbild – es ging um den freien, selbstbestimmten Menschen, der sich nicht mehr von oben verwalten lässt, sondern sich eine neue, freiheitlich demokratische Welt schafft, darin er seine Persönlichkeit allseitig entfalten kann.

      "Revolution", sagte damals Rudi Dutschke, einer der führenden Köpfe der 68-er Bewegung, "ist nicht eine Sache von Tagen, wo geschossen wird und Auseinandersetzungen stattfinden. Revolution ist ein langer, lang andauernder Marsch und Prozess um die Schaffung von neuen Menschen, die fähig sind, nicht eine alte Clique durch eine neue zu ersetzen nach der Revolution, sondern massenhafte Demokratisierung von unten" zu entwickeln und "bürokratischer Herrschaft von oben" entgegenzusetzen: "In diesem Kampf habt ihr eure Bedürfnisse zu entfalten, und an diesem Kampf ist jeder beteiligt, wo er sich auch immer in dieser Welt befinden mag" – und dieser lange, lang andauernde Prozess ist noch längst nicht zu Ende.

      UNTER DEN TALAREN
      MUFF VON 1000 JAHREN




      Die Nachkriegsgesellschaft war prüde und stockkonservativ. Man hatte Krieg und Hitler-Herrschaft überlebt, schwieg über die eigenen Verstrickungen in das Nazi-Regime und fürchtete doch ständig, sie könnten ans Licht kommen. Bloss nicht auffallen, war allgemeine Lebensregel. Alles musste, zumindest nach aussen, strikt in der Norm bleiben – in der Norm, die man unseren Eltern in ihrer Jugend eingebläut hatte: im Moral- und Gesellschaftsverständnis der Kaiserzeit und des neunzehnten Jahrhunderts.
      In der Familie herrschten strenge Regeln, deren oberste war, dem Vater stets bedingungslos zu gehorchen – das galt für Ehefrau und Kinder gleichermassen, denn der Mann war Haushaltungsvorstand per Gesetz, war für alles zuständig, er allein kannte sein Einkommen und das Guthaben auf dem Sparbuch, er plante und tätigte die notwendigen Anschaffungen, er teilte Haushaltsgeld und Taschengeld zu, und er hatte in allen Entscheidungen das letzte Wort.


      Kinder hatten brav zu sein und der Familie keine Schande zu machen; wir wurden herausgeputzt: mit 13 bekam ich Bügelfaltenhosen, Hemd und Schlips und ging so geschniegelt zur Schule, das Haar straff gescheitelt und mit Creme an den Kopf geklebt; was die Kinder in der Schule oder nachmittags machten, kümmerte viele Eltern nicht, solange keine Klagen kamen; dann jedoch setzte es Strafen, und es wurde allgemein viel und kräftig geprügelt, mit Kochlöffeln, Kleiderbügeln, Ledergürteln und in der Schule mit dem Rohrstock. Ohrfeigen und Kopfnüsse teilte jeder aus: Eltern, Lehrer, Pastor, Schutzmann, Lehrmeister, auch der Nachbar, wenn er sich belästigt fühlte; beklagte man sich zu Hause, fing man sich noch eine ein.


      Der Lebensbereich der Frau war durch die drei 'K' – Küche, Kinder, Kirche – umschrieben: Mutter war dem Vater gegenüber verantwortlich für den Haushalt sowie für Erziehung und schulische Leistungen der Kinder, und wenn sie daneben noch Zeit fand, konnte sie sich gerne im Bibelkreis oder in karitativen Einrichtungen betätigen.
      Berufstätigkeit der Frau galt als Schande für den Mann, der offenbar seine Familie nicht ernähren konnte. Noch 1963 hielten 60% der Frauen eine Berufstätigkeit von Frauen für 'nicht normal'. Sie wurde zudem stark unterbezahlt: Eine Frau bekam, bei gleicher Arbeit wie ein Mann, bis zu einem Drittel weniger Lohn.
      Eine Berufskarriere schafften nur ganz vereinzelte, bestaunte und belächelte Frauen; die leitenden Positionen in Wirtschaft oder Politik waren grundsätzlich mit Männern besetzt.

      Schule und Erziehung waren, nach den hoffnungsvollen Anfängen der Reformpädagogik in den zwanziger Jahren, von den Nazis wieder so organisiert worden wie im 19. Jahrhundert, und in der Nachkriegszeit ging man noch einen Schritt weiter zurück und führte die Konfessionsschule wieder ein:
      Die 'Volksschulen' waren nach Religionszugehörigkeit eingeteilt, die 'höheren Schulen' nach Geschlecht: Es gab die Evangelische Volksschule und die Katholische Volksschule, die Jungen-Realschule und Mädchen-Realschule, das Gymnasium für Knaben und das Lyzeum für Mädchen – alles sittsam getrennt, und an den Mädchen-Schulen gab's viel Hauswirtschaft und ein 'Pudding-Abitur', das niemand ernst nahm.
      In der Klasse sassen wir auf festgeschraubten Holzbänken, alle frontal nach vorn ausgerichtet, wo die Landkarte hing, auf der Ostpreussen noch deutsch war, und der Lehrer hinter seinem massigen Pult auf einem zwei Stufen hohen Podest thronte; Ende der fünfziger Jahre bekamen wir Tische und Stühle, wieder in soldatischer Formation frontal gruppiert, wo das Lehrerpult immer noch auf seiner Empore stand.
      Die Lehrmethoden stammten weitgehend, wie die Lehrer auch, aus der Nazi-Zeit: Gefordert wurden erstens Gehorsam, zweitens Disziplin und drittens Auswendiglernen. Bei nur sehr wenigen Lehrern gab es gelegentlich Raum für Diskussionen und selbstständiges Lernen.
      Zu dieser Zeit beschloss ich, selber Lehrer zu werden und es später mal besser zu machen.


      Die Berufsausbildung war durch die Preussische Gewerbeordnung von 1866 geregelt, die dem Lehrherrn noch ausdrücklich das Recht zur körperlichen Züchtigung seiner Lehrlinge gab. Sie war auf die handwerklichen Berufsbilder des 19. Jahrhunderts zugeschnitten und konnte der modernen Arbeitswelt im Zeitalter der Maschinen, Automaten und der gerade aufkommenden Elektronik längst nicht mehr gerecht werden.


      An den Hochschulen galt immer noch das Reglement der Ordinarienuniversität mit ihren Jahrhunderte alten Traditionen, ihrer elitären Abgehobenheit, ihren undemokratischen Strukturen und ihren veralteten, lebensfernen Lehrinhalten. Hier war die Nazi-Vergangenheit besonders gegenwärtig: "Etliche Professoren, die sich während der Zeit des Faschismus durch ihre systemtreue 'wissenschaftliche' Arbeit hervorgetan hatten, konnten ihre Karrieren nach dem Krieg bruchlos fortsetzen."*
      Eine studentische Mitbestimmung gab es nicht, und eine tiefe Kluft trennte die Studenten und die Hochschullehrer, die bei feierlichen Anlässen – gemäss der Königlich-Preussischen Kleiderordnung von 1810 – in langen Talaren mit weisser Halskrause und unförmigen Professorenhüten erschienen.

      Doch 1967 setzen sich in Hamburg zwei mutige Studenten unversehens vor den Einmarsch der so albern gewandeten Professoren und tragen ein grosses Transparent vor ihnen her mit den Worten 'Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren' – was einer der Professoren prompt bestätigt, als er die Studenten wütend anzischt: "Sie gehören alle ins KZ!"*


      DIE SCHULE DER NATION IST
      DIE SCHULE





      Als Bundeskanzler Kiesinger die Bundeswehr als 'Schule der Nation' bezeichnet, geht ein Aufschrei durch das Land. Die Älteren kennen solche Sprüche noch zu gut aus der Hitlerzeit, und die Jungen wollen endlich eine demokratische Schule. Jugendverbände protestieren, die Lehrergewerkschaft und viele andere demokratische Kräfte und natürlich die Schüler, Lehrlinge, Studenten und jungen Lehrer in der 68-er Bewegung, die seit Jahren an den verkalkten Strukturen des Jahrhunderte alten Schulsystems rütteln – was sie sich in diesen wenigen Jahren erkämpfen, kommt einer wahren Revolution des gesamten Bildungswesens gleich:

      Längst fällige Schulreformen erfolgen jetzt Schlag auf Schlag:
      1967 wird der Beginn des Schul- und Studienjahres von Ostern verschoben auf den Sommer – eine überfällige Anpassung an internationale Normen und unerlässliche Voraussetzung für den bald einsetzenden Austausch von Schülern, Lehrern und Dozenten mit dem Ausland;
      1968 werden die Konfessionsschulen aufgelöst;
      1968 wird die alte 'Volksschule' aufgeteilt in eine Grundschule und die weiterführende Hauptschule, in der jetzt auch Englisch unterrichtet wird;
      statt der bisher acht Schulbesuchsjahre wird ein obligatorisches neuntes und bald auch ein optionales zehntes Hauptschuljahr eingeführt;
      bald richten die weiterführenden Schulen Orientierungsstufen ein und stimmen die Lehrpläne ab, um Durchlässigkeit zu gewährleisten;
      die Geschlechtertrennung an den weiterführenden Schulen wird aufgehoben;
      Prügelstrafe wird abgeschafft;
      die ersten Gesamtschulversuche werden gestartet, um eine fortschrittliche Alternative zu dem herkömmlichen dreiklassigen Schulsystem zu bieten ...


      Neue Unterrichtsformen ziehen ein:
      Gruppenunterricht, Gesprächskreis, Partnerarbeit ... viele neue Formen des Lehrens und Lernens werden nun offiziell empfohlen und lösen die althergebrachte frontale Ausrichtung aufs Lehrerpult ab;
      die Klassen werden kleiner und durchlässiger: klassenübergreifende Arbeitsgemeinschaften und Projektunterricht werden allen Schülern angeboten;
      Förderstunden für Lernschwache und kompensatorischer Unterricht für Schüler aus bildungsfernen Schichten rücken die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Schülers in den Vordergrund ...

      Die Schule wird demokratisiert:
      Schulverfassungen treten in Kraft, Schüler-Mitverwaltung und Eltern-Beiräte werden ins Leben gerufen, organisieren sich landesweit und werden ein massgeblicher Faktor zur Korrektur staatlicher Bildungspolitik; Schüler- und Elternvertreter erhalten Sitz und Stimme in den Schulkonferenzen;
      Lehrlinge erhalten dieselben Mitbestimmungsrechte an ihren Berufschulen und bald auch eine Jugendvertretung im Betrieb;
      eine Hochschulreform öffnet den Weg zu studentischer Mitbestimmung und Selbstverwaltung ...


      Die Bildungsreform verändert die Studieninhalte radikal:
      Neue Studiengänge werden geschaffen, herkömmliche werden auf ihre Relevanz für unsere heutige Zeit abgeklopft, alte Zöpfe abgeschnitten und moderne Inhalte eingefügt. Als ich nach zwanzig Dienstjahren als Lehrer ein Aufbaustudium beginne, muss ich die pädagogische Wissenschaft von Grund auf neu lernen – und jetzt gefällt sie mir, denn nun ist sie im Schulalltag eine echte Hilfe.
      Über die Schule bricht eine wahre Flut neuer Lehrpläne herein – in Lose-Blatt-Form, weil sie dauernd noch nachgebessert werden ...


      1969 tritt ein neues Berufsausbildungsgesetz an die Stelle der Preussischen Gewerbeordnung von 1866 und regelt die Berufsausbildung völlig neu:
      Dass der Lehrherr jetzt 'Ausbilder' heisst und der Lehrling 'Auszubildender', kennzeichnet die Abkehr von der Orientierung auf den handwerklichen Meisterbetrieb als Ausbildungsort hin zur industriellen, modernen Berufswelt.
      Neue Berufsbilder werden angeboten, veraltete ausgesondert. Das ganze Ausbildungssystem ist jetzt flexibler an neue technische und wirtschaftliche Entwicklungen anzupassen.
      Das umstrittene 'duale System' von Ausbildung in staatlicher Berufschule und privatem Ausbildungsbetrieb wird beibehalten, aber alle Lehr- und Ausbildungspläne werden modernisiert und unterliegen staatlicher Kontrolle ...

      Am Ende der sechziger Jahre ist das deutsche Bildungswesen nicht mehr wiederzuerkennen: Hochschule, Schule und Berufsausbildung sind gründlich entrümpelt. Doch bleibt vieles noch unvollkommen, und auch in den folgenden Jahrzehnten werden noch gewaltige Veränderungen folgen: Dass die 68-er Revolution nicht nur ein einmaliger Riesenschritt vorwärts war, sondern auch sehr langfristige Prozesse ausgelöst hat – das wird auf keinem Gebiet so deutlich wie auf dem Bildungssektor.

      TRAU KEINEM ÜBER 30




      Unsere Revolution war jung, hatte viel Witz, viel Situationskomik, und auch wenn wir nie unser revolutionäres Ziel aus dem Auge verloren, geriet manche politische Aktion zum Happening. Die fetzigen Slogans, die immer bunter, fröhlicher, frecher gestalteten Demonstrationen, die neuen Aktionsformen amerikanischer Studenten wie Go-Ins, Sit-ins, Teach-ins, Sleep-ins – das machte einfach Spass ... und nicht zu vergessen die Love-ins!

      "68 wird häufig die Epoche der Politikaster und verbiesterten Theoretiker genannt – aber das ist ein gewaltiges Missverständnis. Diese Jahre bebten vor Sinnlichkeit. Zwar gab es auch Stubengelehrte und Polit-Asketen; das weitaus Interessantere an 68 aber waren die Liebesgrüsse aus Amerika: 'Make love, not war'. Was die Jugend zur APO trieb, war vor allem die Aussicht auf freie Liebe, auf Stones und Bob Dylan aus den Boxen und auf ein Haschisch-Pfeifchen zu den nicht enden wollenden Diskussionen über Orgasmus und Weltrevolution."*

      Wenn man diese bunte Bewegung auf einen Begriff bringen will, dann auf diesen: 'anti-autoritär'.

      Wir waren nicht gegen echte Autoritäten, also Menschen, die uns etwas Wesentliches zu sagen hatten, was uns weiterhalf – die wurden anerkannt, ihre Bücher wurden studiert und weitergereicht, wir konnten ihnen stundenlang zuhören und ihre Ideen nächtelang diskutieren.

      Aber die aufgeplusterten Autoritären, die uns mit Befehlen, Gesetzen, Vorschriften kamen, die wir nicht einsahen – die wurden ausgelacht, und ignoriert. Solche autoritären, obrigkeitsgläubigen Leute hatten in diesem Land immer wieder selbst unmenschliche Gesetze und verbrecherische Befehle bedenkenlos ausgeführt. Wir aber waren entschlossen, mit dieser verhängnisvollen Tradition des bedingungslosen Gehorsams gegenüber allem, was 'von oben' kam, ein für allemal zu brechen.

      'Anti-autoritär' in diesem Sinne sollten auch unsere Kinder gleich von Anfang an aufwachsen:
      Wer erziehen will, muss eine Autorität sein und sich die Anerkennung der Kinder erwerben durch Wissen und Können, durch Zuneigung, durch Achtung vor der Persönlichkeit eines jeden Kindes und auch durch klare Regeln und deren konsequente Durchsetzung.


      Aber wer nicht auf die Kinder eingeht, ihre Persönlichkeit nicht respektiert, sondern sie beleidigt, verächtlich macht oder beschimpft, wer seine Regeln selber nicht einhält, wer nur Befehle brüllt und Kinder herumschubst oder schlägt – das ist ein dummer, hilfloser, aufgeblasener 'autoritärer Fatzke' und kein richtiger Erzieher.
      Anti-autoritäre Erziehung sollte die Kinder früh dafür sensibilisieren, autoritäres Verhalten zu erkennen, sich dadurch weder einschüchtern zu lassen noch derartige Verhaltensmuster nachzuahmen – und, wenn eben möglich, autoritäre Anordnungen zu boykottieren, um dem 'autoritären Fatzke' zu zeigen, dass Erziehung so nicht funktioniert.


      Das bekamen wir Eltern am meisten zu spüren, und so erzogen wir und unsere Kinder uns gegenseitig anti-autoritär – schliesslich ging es auch hier um den neuen Menschen, der Anweisungen nicht deshalb ausführt, weil sie 'von oben' kommen oder laut genug gebrüllt werden, sondern weil er ihren Sinn einsieht und bejaht.

      Die 68-er Bewegung war ja nicht nur Studentenrevolte. Das war der Aufstand der Nachkriegs-Jugend, die Rebellion von Millionen junger Menschen – Schülern und Lehrlingen bis hin zu den studierenden und berufstätigen jungen Frauen und Männern – gegen die Verlogenheit und Anmassung ihrer Eltern-Generation, die Hitler an die Macht gewählt und in Treue fest gedient hatten, dies alles nun verleugneten und doch immer noch auf dieselbe autoritäre, selbstherrliche Weise regierten.

      Und 68 war auch nicht nur '1968'. Das fing viel früher an und dauerte viel länger, in seinen Auswirkungen ist es bis heute spürbar. 1968 war nur der Höhepunkt, das Jahr der grössten Hoffnungen, der härtesten Auseinandersetzungen und der tiefsten Enttäuschungen und das Jahr des Durchbruchs, in dem alles, was wir uns zuvor in zähen Auseinandersetzungen an kleinen Siegen erkämpft hatten, schliesslich unumkehrbar wurde – das Jahr der Revolution.

      Vorausgegangen waren Jahre, in denen wir allmählich erkannten, dass es nicht gelingen kann, sich individuell von der Moral der Erwachsenen zu befreien, solange sie die Macht haben, die Einhaltung ihrer Moral auf Schritt und Tritt zu erzwingen.

      Und weil die herrschende Moral stets die Moral der Herrschenden ist, müssen wir erst die Macht der etablierten Machthaber, vom Familienvater bis zum Regierungschef, die Macht dieses ganzen 'Establishments' brechen, um uns selbst befreien zu können – diese Erkenntnis, die in diesen Jahren in Tausenden von jungen Köpfen heranreift, ist letztlich der innere Motor der ganzen 68-er Revolution.

      BRECHT DEM STAAT DIE GRÄTEN
      ALLE MACHT DEN RÄTEN





      Die politischen Ereignisse der sechziger Jahre hatten uns nach und nach alle Illusionen über diesen Staat und seine Politiker genommen:

      Der Mauerbau in Berlin am 13.August 1961 symbolisierte für uns das endgültige Scheitern aller Wiedervereinigungsträume: Adenauers sture Westbindung und seine arrogante Zurückweisung aller Verhandlungsangebote aus dem Osten waren daran ebenso schuld wie Ulbrichts Absicht, der DDR-Bevölkerung das letzte Fluchtloch in den Westen zuzumauern.


      Die 'Spiegel-Affäre' im Oktober 1962 warf ein Schlaglicht auf den autoritären Umgang der Adenauer-Regierung mit der Rechtsstaatlichkeit unseres Landes:
      Ein kritischer Manöverbericht in der Zeitschrift 'Der Spiegel' vom 10.Oktober 1962 – laut Adenauer 'ein Abgrund von Landesverrat' – diente als Vorwand für polizeiliche 'Nacht- und Nebelaktionen' gegen dieses unbequeme Nachrichtenmagazin mit Durchsuchungen und Verhaftungen.
      Die Öffentlichkeit protestierte, es gab die ersten spontanen Strassendemonstrationen in der Geschichte der Bundesrepublik.
      Später musste die Regierung zugeben, dass die Vorwürfe gegen den 'Spiegel' haltlos waren, und musste wegen seiner besonders schweren Rechtsverstösse ihren Verteidigungsminister Strauss entlassen.
      Konnte man dieser Regierung noch trauen?

      Im Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963 bekamen wir durch die Zeugenaussagen erstmals einen direkten Eindruck von dem entsetzlichen Grauen in den Vernichtungslagern und fanden die Bundestagsdebatten über die Verjährung der Nazi-Verbrechen, mit der die Generation der Täter sich selbst amnestieren wollte, nur noch empörend und erbärmlich.


      Die Westmächte verloren bald ihr hohes Ansehen als Befreier und Beschützer: Frankreich führte einen grausamen Krieg gegen die Bevölkerung in Algerien und die USA einen Vernichtungsfeldzug in Vietnam.
      Die westliche Moral wurde uns suspekt: Niemand von uns wollte so 'beschützt' werden wie die Vietnamesen!

      Die wirtschaftliche Rezession ab 1965, die Schliessung der Kohlezechen an Ruhr und Saar, das Ansteigen der Arbeitslosigkeit und die vorzeitige Ablösung des erfolglosen 'Wirtschaftswunder-Kanzlers' Erhard 1966 erschütterten den Glauben an das vielgepriesene Modell der kapitalistischen Marktwirtschaft.


      Wir bewunderten Gandhis erfolgreichen gewaltlosen Kampf für die Befreiung Indiens aus britischer Kolonialherrschaft und sympathisierten mit den Befreiungsbewegungen in den übrigen Kolonien.
      Aber dass wir, die reichen Staaten dieser Erde, auch die selbständigen Länder der dritten Welt ausbeuten, dass unsere Entwicklungshilfe oft an wirtschaftliche Knebelverträge gebunden ist und zudem oft in den Taschen einer dünnen Oberschicht verschwindet und die Bevölkerung weiter im Elend lebt – das empört uns.

      Als im Dezember 1964 der kongolesische Diktator Tschombe, der drei Jahre zuvor als Provinzgouverneur von Katanga seinen Ministerpräsidenten Patrice Lumumba ermorden liess und sich selbst an die Macht geputscht hatte, in unserem Land mit allen Ehren empfangen wird, gibt es die ersten Proteste: Berliner Studenten bewerfen seine Staatskarosse mit blutroten Tomaten.


      Beim Besuch des persischen Schah im Mai/Juni 1967 erleben wir, wie unser Land zum Polizeistaat wird. Wo immer der hohe Staatsgast auftritt, schirmen ihn Tausende von Polizisten weiträumig ab. Autobahnen werden für den Verkehr gesperrt, die Rheinschifffahrt stillgelegt, Strassen und anliegende Häuser von Polizisten besetzt, Geschäfte geschlossen. Allein die mitgebrachten persischen Geheimpolizisten, als 'jubelnde Bevölkerung' verkleidet, können sich frei bewegen.
      Der Schah hat allen Grund, sich zu fürchten: Sein Volk lebt in Armut, Krankheit und Unwissenheit, 85% sind Analphabeten, während er ausländische Subventionen für sein eigenes Luxusleben missbraucht. Kritiker kann er im eigenen Land einfach erschiessen lassen, aber nicht bei uns:
      Als sich am 2.Juni vor der Berliner Oper eine mächtige Demonstration sammelt, dreschen die Jubelperser mit den langen Latten ihrer Transparente auf die Demonstranten ein. Schliesslich geht die Polizei dazwischen und jagt die Demonstranten auseinander, während die Jubelperser vom Deutschen Roten Kreuz Kaffee bekommen, und ein Zivilbeamter der Politischen Polizei verfolgt den flüchtenden Studenten Benno Ohnsorg und erschiesst ihn von hinten, direkt in den Kopf.
      'Notwehr', erkennt das Gericht später, und spricht ihn frei.


      Zu diesem Zeitpunkt erhoffen wir uns längst nichts mehr von dieser Gesellschaft und ihrem Staat.

      Wir wollen eine Revolution, wir wollen die Menschen in unserem Land aufrütteln, sich zu erheben und dieses verkrustete, verfilzte, von alten Nazis beherrschte System mitsamt seinem ungerechten, profitgeilen Kapitalismus hinwegzufegen und ein neues, wahrhaft demokratisches, solidarisches Gemeinwesen zu schaffen, mit einem Räte-System vielleicht, wie es in der Revolution von 1918 spontan entstanden war, mit basisdemokratischer Wahl, Rechenschaftspflicht und Abwählbarkeit der Abgeordneten auf allen Ebenen ...

      Wir studieren Marx und Engels und die grossen Revolutionäre unseres Jahrhunderts: Lenin, Rosa Luxemburg, Gandhi, Mao, Che – wir wollen aus ihren Erfolgen und aus ihren Fehlern lernen und es mal besser machen: ohne Gewalt gegen Menschen, friedlich und demokratisch.

      HOCH DIE INTERNATIONALE SOLIDARITÄT




      1968 ist ein Jahr, das Revolutionären Mut macht: Wohin wir schauen, überall in der Welt erblicken wir Mitkämpfer und die rote Fahne der Rebellion:

      In Berkeley/Kalifornien haben die Studenten seit 1964 mit ihrem 'Free Speech Movement' eine Bewegung ins Rollen gebracht, die nun auch andere Länder erfasst: In England, Belgien, Italien, Polen und verschiedenen Ländern Lateinamerikas kommt es zu Studentenprotesten. In Deutschland greift besonders der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) die Ziele und Aktionsformen der amerikanischen Studenten auf.


      Auch in der CSSR demonstrieren die Studenten und erzwingen eine Regierungsumbildung: Im März kommt Alexander Dubcek an die Macht und will mit demokratischen und marktwirtschaftlichen Reformen einen 'Sozialismus mit menschlichem Antlitz' schaffen.

      In Japan demonstriert die Studenten-Dachorganisation Zengakuren für soziale Reformen auf den Strassen aller grossen Städte.


      Als am 4. April in den USA Martin Luther King erschossen wird, kommt es in über 100 Grossstädten zu Aufständen und bürgerkriegsähnlichen Zuständen.

      In Mexiko protestieren Hunderttausende vor und während der Olympischen Spiele gegen die korrupte Regierung.


      In Paris bauen 30.000 Studenten am 11.Mai Barrikaden rund ums Universitätsviertel aus Protest gegen die Politik der Regierung de Gaulle, etwa eine Million Menschen ergreifen auf Solidaritätskundgebungen Partei für die Studenten, und die drei grossen Gewerkschaften rufen den Generalstreik aus; de Gaulle verlässt das Land ...


      Aber de Gaulle kommt zurück und kündigt in einer aufrüttelnden Rede an die 'Grande Nation' am 30.Mai umfangreiche soziale Verbesserungen an – die Gewerkschaften sind zufrieden, der Aufstand ist vorbei.
      Auch die übrigen Proteste nehmen ein rasches Ende, werden zum Teil äusserst brutal und blutig niedergeschlagen:
      In die CSSR rollen am 21. August die Panzer der 'Bruderstaaten' ein und walzen den 'Prager Frühling' nieder.
      In den USA kommen bei den Unruhen 46 Menschen zu Tode, 2600 werden verletzt und 21.000 verhaftet.
      In Japan begegnet die Polizei den Studenten-Demonstrationen mit äusserster Gewalt und kann den Widerstand erst nach tagelangen blutigen Strassenschlachten unterdrücken.
      In Mexiko gibt es 500 Tote, als die Regierung am 2. Oktober gegen eine Massendemonstration von 500.000 Menschen Panzer, Hubschrauber und Maschinengewehre einsetzt.

      Was jedoch nicht verstummen will in diesem stürmischen Jahr, in den USA selbst wie überall in der Welt, das sind "die zahlreichen Demonstrationen in Amsterdam, Ankara, Athen, Belgrad, Berkeley, Brüssel, Chicago, Dakar, Istanbul, Kopenhagen, Lissabon, London, Madrid, Manila, Milano, New York, Rio, Rom, Sidney, Tokio, Venedig, Warschau, Washington, Zürich" gegen "das Verbrechen, das die Grossmacht USA in Vietnam beging"*.


      HE, KOMMT RUNTER VOM BALKON
      UNTERSTÜTZT DEN VIETCONG





      Am 5.Februar 1965 demonstrieren 2500 junge Menschen in Berlin gegen die Flächenbombardements der US-Luftwaffe auf vietnamesische Städte und Dörfer, 500 ziehen anschliessend vor das Amerikahaus und setzen die US-Fahne auf halbmast.

      Die Öffentlichkeit ist schockiert, die Zeitungen, besonders die des Springer-Konzerns, verurteilen die Demonstranten, und der Regierende Bürgermeister Willy Brandt entschuldigt sich beim US-Stadtkommandanten.

      Aber die Proteste gehen weiter, weiten sich aus. Beim Ostermarsch 1966 sind in der ganzen Bundesrepublik an die hunderttausend Menschen auf der Strasse, und am 22.Mai 1966 beim Vietnam-Kongress in Frankfurt hält der Berliner Professor Herbert Marcuse vor 5000 Gewerkschaftern und Studenten das Hauptreferat und endet mit dem Appell:

      "Es gibt keine Notwendigkeit ... die rechtfertigen könnte, was in Vietnam geschieht: das Abschlachten der Zivilbevölkerung, von Frauen und Kindern, die systematische Vernichtung von Nahrungsmitteln, Massenbombardierungen eines der ärmsten und wehrlosesten Länder der Welt ... dagegen müssen wir protestieren, selbst wenn wir glauben, dass es hoffnungslos ist, einfach um als Menschen überleben zu können – und vielleicht auch, weil dadurch der Schrecken und das Grauen abgekürzt werden könnten, und das ist heute schon unendlich viel."*

      Unsere Sympathien sind eindeutig bei dem kleinen vietnamesischen Volk, das sich verzweifelt gegen die militärische Übermacht der Invasoren wehrt. Wir sammeln Geld für Vietnam, veranstalten Basare und Flohmärkte und schicken den Erlös an Solidaritätsfonds; wir tragen Ringe aus dem Metall abgeschossener US-Bomber, haben Aufkleber 'Amis raus aus Vietnam' auf unseren Autos; auf unseren Demonstrationen lassen wir den vietnamesischen Revolutionär Ho-Tschi-Minh hochleben und tragen die Fahnen Nord-Vietnams und der Südvietnamesischen Befreiungsfront mit; wir denken uns vielfältige Aktionen aus, um die Grausamkeiten dieses Krieges publik zu machen ...
      Als sich später auf der grossen Gewerkschafts-Demonstration am 1.Mai 1975 wie ein Lauffeuer herumspricht, dass die letzten Amerikaner soeben fluchtartig Vietnam verlassen haben, fallen wir uns vor Freude in die Arme.

      Unser Protest war ein persönliches Bekenntnis gegen diesen bestialischen Krieg in Vietnam und gegen Krieg überhaupt. Ich habe 1967 den Kriegsdienst verweigert, und überall stieg die Zahl der Kriegsdienstverweigerer in diesen Jahren sprunghaft an.

      Wir verstanden unseren Protest aber auch als moralischen Appell an die US-Regierung, das Morden endlich zu beenden, und an die amerikanische Bevölkerung, ihre Regierung zur Einstellung des Krieges zu zwingen.

      Vor allem jedoch richtete sich unser Protest an die Bundesregierung, die diesen Krieg moralisch und logistisch unterstützte und das 'Engagement' der Amerikaner in Vietnam immer wieder lobte als Beweis für 'die dankenswerte, aufopfernde Bündnistreue der USA im Kampf für unser aller Freiheit' – was von allen Medien und in besonderer Schärfe von den Zeitungen des Springer-Konzerns nachgebetet wurde.


      HAUT DEM SPRINGER AUF DIE FINGER




      Der Axel-Springer-Verlag hatte 1968 mit
      39% der Tageszeitungen,
      82% der überregionalen Zeitungen,
      90% der Sonntagszeitungen und
      48% der Programmzeitschriften
      eine marktbeherrschende Position und damit ein Meinungsmonopol, dessen Tendenz durch das politische Credo des Verlagsinhabers Axel Cäsar Springer vorgegeben war:
      christlich-konservativ, pro-westlich und anti-kommunistisch.


      Daraus ergab sich die prinzipiell voreingenommene, einseitig negative, falsche und teilweise bewusst verfälschende Berichterstattung der Presse über die gesamte 68-er Bewegung, die sich ja zu grossen Teilen als sozialistisch-revolutionär verstand und zudem noch gegen die westliche Grossmacht USA für das kommunistische Vietnam Partei ergriff.

      Springers 'Bild-Zeitung', mit 4 Millionen Lesern die grösste deutsche Tageszeitung überhaupt, diffamierte die Jugendrevolte durch besonders üble Beschimpfungen, Verleumdungen und Fälschungen. Die 'Revoluzzer' wurden als 'Krawallmacher', 'Rabatz-Studenten', 'rote SA', 'langhaarige Affen', 'Politgammler' und 'Pestbeulen' bezeichnet und durchweg als böse Schläger mit dicken Keulen oder struwwelige Bombenleger karikiert.

      "Jahrelang hatten die Blätter des frommen, konservativen Grossverlegers gegen die Protestbewegung gehetzt: 'Polizeihiebe auf Krawallköpfe, um den möglicherweise doch vorhandenen Grips locker zu machen' – so Bild 1966."* Als im April 1967 US-Vizepräsident Humphrey Berlin besuchte, wollten die Spassvögel der 'Kommune I' ihn mit Pudding bekleckern. Die 'Bild-Zeitung' machte einen Mordanschlag daraus und brachte tags darauf in Riesenlettern die Schlagzeile:
      "Geplant: Berlin – Bombenattentat auf US-Vizepräsidenten"
      und kommentierte: "Mit diesen Bombenlegern werden wir fertig! Die Mehrheit der Deutschen hat Verständnis für den Kampf der Amerikaner in Asien."*

      Die Protestbewegung wehrt sich. Die Forderung, den Springer-Konzern wegen seiner marktbeherrschenden Stellung zu entflechten, findet in der Losung 'Enteignet Springer!' radikalen Ausdruck und wird bald Bestandteil jeder Demonstration. Selbstverständlich werden alle Springer-Produkte boykottiert, insbesondere die 'Blöd-Zeitung'.

      Ihren Höhepunkt erreichen die Anti-Springer-Proteste am Gründonnerstag, dem 11.April 1968.

      Die Nachricht, dass an diesem Tag ein Mordanschlag auf Rudi Dutschke verübt wurde, erreicht uns abends während einer Veranstaltung in unserem Club. Wir brechen die Diskussion sofort ab – allen ist klar: Das ist die Frucht der permanenten Hetze der Springer-Presse! Hatte die 'Bild-Zeitung' mit Schlagzeilen wie "Stoppt den Terror der Jungroten jetzt!", "Jetzt wird aufgeräumt!" und "Man darf nicht die ganze Drecksarbeit der Polizei überlassen!"* zu Anschlägen wie diesem nicht geradezu aufgerufen?

      Wir sind erregt und wütend, und das soll die Welt erfahren. Wir suchen unsere 'Enteignet Springer'-Transparente heraus und unsere roten Fahnen, zerschneiden grosse Pappkartons, nageln sie an Besenstiele und schreiben

      MORDANSCHLAG AUF RUDI DUTSCHKE:
      'BILD' HAT MITGESCHOSSEN!
      und
      JETZT IST SCHLUSS:
      DER SPRINGER-PRESSE AUF DIE FRESSE!

      und Schlimmeres darauf, finden auch noch ein paar Fackeln und ziehen dann los, ein kleines Häuflein von vielleicht 50 Mann, und brüllen unsere Wut durch die menschenleeren nächtlichen Strassen.

      Anderen Orts, wo es Redaktionen oder Druckereien des Springer-Konzerns gibt, sammeln sich dort die Demonstranten. Man erwartet sie bereits: Die Gebäude sind mit Stacheldraht umgeben, dahinter sind Polizeiketten aufmarschiert. Das steigert die Wut nur noch. In mehr als 20 Städten bauen die Demonstranten Barrikaden um die Auslieferungslager, um die Verteilung der 'Bild-Zeitung' zu verhindern.

      Als die Springer-Lastwagen versuchen, die Sperren zu durchbrechen, und die Polizei die Barrikaden stürmt, kommt es zu erbitterten, blutigen Strassenschlachten: "Auf der Strecke bleiben zwei Tote, über 400 Schwer- und Leichtverletzte und der Anspruch der Bundesrepublik, ein intakter demokratischer Staat zu sein."*

      In Essen und Köln gelingt es tatsächlich, die Auslieferung der Bild-Zeitung für einen Tag zu verhindern. In Berlin sind die Auseinandersetzungen besonders spektakulär: Hier gehen die Springer-Lastwagen in Flammen auf. Doch den Plan dazu hatten nicht die Demonstranten ausgeheckt – "er stammte von ganz anderer, höherer Stelle. Der 'Verfassungsschutz'-Agent Peter Urbach hatte einen grossen geflochtenen Weidenkorb dabei, vollgepackt mit zündfertigen Molotow-Cocktails. Er fand unter den Demonstranten bereitwillige Abnehmer für seine heisse Ware. Wenig später brannten die Auslieferungsfahrzeuge des Springer-Verlages, angesteckt mit Peter Urbachs Molotow-Cocktails. Die Fotos der lodernden Lastwagen gingen als Beleg für die 'Gewalttätigkeit der Berliner Studenten' durch die Zeitungen."*

      Über 400.000 Menschen beteiligen sich bundesweit an den Protesten, aber Springers Presse-Imperium überlebt alles unbeschadet, auch die Bild-Zeitung bleibt stramm auf Rechtskurs und blamiert sich noch 30 Jahre später mit einer Bildfälschung, die den 'Grünen'-Bundesumweltminister im Kreise vermummter, mit Schlagstock und Bolzenschneider bewaffneter Demonstranten zeigen sollte.*

      Immerhin wird im Betriebsverfassungsgesetz von 1972 erstmals gesetzlich geregelt, inwieweit ein Verleger die Tendenz seiner Blätter bestimmen kann und wo dieser Tendenzschutz seine Grenzen findet gegenüber Rechtsgütern wie Pressefreiheit und betrieblicher Mitbestimmung. Dieser erste Versuch, die Macht von Presse-Zaren wie Axel Springer einzuschränken, bleibt noch unbefriedigend, stellt aber dennoch einen bemerkenswerten Fortschritt für Meinungsvielfalt und Demokratie im Pressewesen dar, der nicht zuletzt durch die Anti-Springer-Proteste der 68-er Bewegung angestossen und befördert wurde.


      WER HAT UNS VERRATEN? – SOZIALDEMOKRATEN




      Im Mai 1965 wird bekannt, dass die SPD umgefallen ist und ihre bisherige strikte Ablehnung der Notstandsgesetze aufgegeben hat: Die Fraktionsspitzen von CDU/CSU und SPD im Bundestag verständigen sich darauf, das Grundgesetz im Sinne einer Notstandsverfassung zu ändern; Benda (CDU) und Schäfer (SPD) arbeiten bereits an einem gemeinsamen Entwurf.

      Im Dezember 1966 wird die Umfallpartei belohnt: Sie darf mitregieren, CDU/CSU und SPD bilden eine Grosse Koalition: Der frühere Antifaschist Brandt wird Aussenminister unter dem früheren Nazi Kiesinger, und Notstandsexperte Benda wird Innenminister.

      Diese Regierung kann nun praktisch machen, was sie will – das Zusammengehen der beiden grossen Parteien liefert jede erforderliche Mehrheit; das Parlament verkommt zur Akklamationsmaschine, eine Kontrolle der Regierung durch eine wirksame parlamentarische Opposition gibt es nicht mehr.

      Es ist kennzeichnend für den rebellischen Geist dieser Zeit, dass sich spontan die APO bildet – eine 'Ausser-Parlamentarische Opposition' all derer, die den Kampf gegen die Notstandsgesetze nicht aufgeben. 1966 wird das Kuratorium 'Notstand der Demokratie' ins Leben gerufen von so namhaften Persönlichkeiten wie Heinrich Böll, Erich Kästner und Martin Walser, den Nobelpreisträgern Max Born und Fritz Strassmann, Weltkirchenratspräsident Martin Niemöller, den Vertretern von sechs DGB-Gewerkschaften, dem SDS und der Ostermarsch-Kampagne für Abrüstung. Ihr erster Kongress 'Notstand der Demokratie' findet am 30.Oktober 1966 in Frankfurt statt, an der Abschlusskundgebung nehmen über 20.000 Menschen teil.

      In den folgenden zwei Jahren wächst die APO zu einer breiten Volksbewegung an – am bundesweiten Aktionstag gegen die Notstandsgesetze im Mai 1968 kann sie eine Viertelmillion Menschen auf ihren Protestveranstaltungen versammeln. Ziel all dieser Aktionen ist es, von aussen ins Parlament hineinzuwirken, die Abgeordneten an ihre staatsbürgerliche Verantwortung und an ihr Gewissen zu erinnern, dem allein sie verantwortlich sind, und so die Annahme der Notstandsverfassung zu verhindern.

      Die Notstandsgesetze – von uns nur kurz 'NS-Gesetze' genannt – stellen ein ganzes Paket von Verfassungsänderungen und Gesetzen dar, die es im Falle eines inneren oder äusseren Notstandes der Regierung ermöglichen, Grundrechte wie Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis, Recht auf Freizügigkeit oder freie Berufswahl aufzuheben, in Länderrechte, z.B. das Polizeiwesen, einzugreifen, das Ernährungs-, Wasser- und Verkehrswesen zwangszuverwalten, bis hin zur Beschlagnahme aller Privat-Pkw's, und bei inneren Unruhen Bundesgrenzschutz und Bundeswehr auch gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen; ein 'Rumpfparlament' aus wenigen ausgesuchten Mitgliedern des Bundestages und Bundesrates soll dann derartige Regierungsmassnahmen demokratisch legitimieren.

      Durch diese Gesetze, so warnt der Philosoph Karl Jaspers, "kann das Instrument geschaffen werden, mit dem in einem verhängnisvollen Augenblick durch einen einzigen Akt die Diktatur errichtet, das Grundgesetz abgeschafft, ein nicht reversibler Zustand der politischen Unfreiheit herbeigeführt werden kann."*

      "Das Gesetzesinstrumentarium wirkte wie geschaffen, um mit verfassungsrechtlichen Mitteln den Ausnahmezustand zu definieren und das Parlament ausschalten zu können. In der Aussicht, dass ein solches Vorhaben einmal Wirklichkeit werden könnte, wurde das alte Trauma endgültig wieder wach. Bestand das Verhängnis des deutschen Parlamentarismus doch gerade darin, dass die Nazis es vermocht hatten, ihre Herrschaft ohne formalen Verfassungsbruch, nämlich durch die Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes anzutreten."*

      Was wir in diesen Jahren an Staatsgewalt erleben – prügelnde Polizisten, Wasserwerfer und Tränengas gegen Massendemonstrationen, Freispruch für Todesschützen der Polizei, berittene Polizisten, die rücksichtslos in friedliche Demonstrationen hineinreiten, überall 'Verfassungsschutz'-Agenten, die alles filmen und jeden fotografieren – das schürt nur noch das allgemeine Misstrauen in die Staatsmacht.

      Und was überhaupt ist 'innerer Notstand', der nur sehr vage als 'Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung' definiert ist und leichte Handgabe für missbräuchliche Interpretationen bietet:
      – ein Generalstreik der Gewerkschaften?
      – oder Massenkundgebungen gegen die Regierungspolitik?
      – oder ein Marsch von zigtausend Demonstranten auf Bonn?

      Der nämlich findet am 11.Mai 1968 statt: Das Kuratorium 'Notstand der Demokratie' hat zu einem 'Sternmarsch auf Bonn' aufgerufen.

      Spät abends sammeln wir uns, fahren die ganze Nacht hindurch und sind morgens in Bonn, werden weit vor der Stadtgrenze von Polizisten angehalten, die unseren Bus auf einen Parkplatz dirigieren, und laufen kilometerweit, bis wir auf den machtvollen Demonstrationszug stossen: 'Benda, wir kommen!'

      NIE WIEDER NS-GESETZE!

      steht auf den Transparenten,

      MEIN AUTOMOBIL BLEIBT ZIVIL!

      und
      NOTSTANDSGESETZE =
      NOTSTAND DER DEMOKRATIE!

      Sozialdemokraten tragen Schilder:

      ICH BIN SPD-MITGLIED:
      KEINE ZUSTIMMUNG ZU NS-GESETZEN!

      Zur Abschlusskundgebung sammeln sich schliesslich 70.000 Menschen im Hofgarten, passen gar nicht alle auf den riesigen, von Bäumen gesäumten Platz und drängen sich noch auf den Wegen und in den Seitenstrassen ...
      Zu gleicher Zeit versammeln 15.000 Gewerkschafter auf einer Protestveranstaltung des DGB in Dortmund, und in Frankfurt, München, Göttingen, Hamburg, Berlin und Freiburg gibt es weitere Protestkundgebungen mit insgesamt 150.000 Teilnehmern.


      Jetzt vergeht kaum ein Tag ohne Demonstrationen und Kundgebungen gegen die Notstandsgesetze. In Berlin, München, Essen, Frankfurt, Esslingen, Hannover, Hamburg und vielen anderen Städten finden Protestversammlungen statt. Anlässlich der 2. Lesung der Notstandsgesetze im Bundestag kommt es in etlichen Betrieben zu Warnstreiks ...

      Doch ungerührt durch alle Proteste nimmt der Bundestag am 30.Mai 1968 die Notstandsgesetze an. Einige Sozialdemokraten stimmen dagegen – gerade so viele, dass die Annahme nicht gefährdet ist ...

      Die Hoffnung der vielen linken Sozialdemokraten und Gewerkschafter, der Nobelpreisträger und Schriftsteller, der Christen und Liberalen und der gesamten 68-er Bewegung, gemeinsam als Ausser-Parlamentarische Opposition die Notstandsverfassung verhindern zu können, ist zerstoben.

      Doch die APO lebt weiter, und das Bündnis wird noch breiter, wenn es darum geht, rechtsradikale Tendenzen zu bekämpfen.

      EIN ADOLF WAR SCHON ZUVIEL




      Was immer sich die neuen Rechten unter Hitlers Drittem Reich vorstellen – hinter der protzigen Fassade der Aufmärsche und dem zackigen Herrenmenschen-Gehabe der grossen und kleinen Führer war das Leben damals ärmlich, kleinkariert, prüde, verlogen und spiessbürgerlich bis auf die Knochen.
      Alles war reglementiert, selbst die Gefühle waren genormt, wen man zu bejubeln und wen zu hassen hatte, und jeder hatte sich beflissen einzufügen und durfte sich keinen Ausrutscher erlauben.
      Jeder passte auf den anderen auf: Ich konnte kaum sprechen, da krähte ich schon, als eine Frau hereinkam und 'Guten Tag' sagte, durch den rammelvollen Bäckerladen: "Heiss nich 'Duten Tag', heiss 'Heil Hitler'!", worauf die arme Frau dann tatsächlich mit hochrotem Kopf pflichtgemäss ihr 'Heil Hitler' stammelte.
      Das war die Nazi-Zeit: eine spiessige, kleinkarierte Welt voller Denunzianten, Aufpasser und Duckmäuser ...

      Dieses Klima des ängstlichen Gehorsams jeder Obrigkeit gegenüber und des kollektiven Hasses dieser Millionen grauer Mäuse auf alle bunten Vögel, die es wagen sollten, die allgemeinen Normen zu durchbrechen – dieser erstickende Mief lag auch noch über den 50-er Jahren. Zwar war die Führungsriege des Dritten Reiches abgetreten, doch nun kamen die Männer aus dem zweiten Glied ans Ruder:

      Oberländer, Adenauers Vertriebenen-Minister, musste seinen Hut nehmen, als bekannt wurde, dass er als SA-Hauptsturmführer mit seiner Sondereinheit mindestens 3000 polnische Männer, Frauen und Kinder ermordet hatte;


      Globke, Staatssekretär des Bundeskanzlers Adenauer, war nicht länger zu halten, als die Öffentlichkeit erfuhr, dass er der Kommentator der berüchtigten Nürnberger Rassegesetze war;

      Krüger musste seinen Ministersessel in Ehrhards Kabinett wieder räumen, als publik wurde, dass er als Sonderrichter in Polen für Todesurteile und Hinrichtungen verantwortlich gewesen war;


      Lübke dagegen wurde als Bundespräsident sogar wiedergewählt, obwohl er den durch Dokumente belegten Vorwurf, Baupläne für das KZ-Aussenlager Peenemünde ausgearbeitet zu haben, nie entkräften konnte;

      Carstens, vormals in der noblen Reiter-SA, wurde ebenfalls Bundespräsident;


      Kiesinger wurde Bundeskanzler trotz seiner früheren Mitarbeit in Goebbels' Propagandaministerium ...

      Alle diese Herren waren selbstverständlich Mitglieder der NSDAP gewesen, Oberländer und Krüger schon Teilnehmer am Hitler-Putsch 1923 und Träger des exklusiven 'Blutordens' – trotzdem hatte man sie der höchsten Ämter im Staate für würdig befunden. Und das war nur die Spitze des braunen Haufens:

      Die Nazi-Polizisten waren wieder Polizisten,


      die Nazi-Richter immer noch Richter,

      die Nazi-Pofessoren auch immer noch Pofessoren,


      die Nazi-Lehrer waren bald wieder Lehrer,

      und Nazi-Generäle waren auch bald wieder Generäle ...


      und die Väter, die uns zu Zeiten der grossen Siege ihr Uniformschiffchen auf den Kopf gesetzt hatten und 'Links zwo drei ... Halt! Stillgestanden!' mit uns exerzierten, tönten heute noch im selben Kasernenhofton: 'Sitz gerade!', 'Geh mal zum Friseur!', 'Gib keine Widerworte!', 'Mach die Negermusik aus!'.

      In diesem Klima gründet sich 1964 die NPD. Sie gibt sich seriös und bieder, modern und demokratisch und bekennt sich offiziell zum Grundgesetz, vertritt aber in ihren Publikationen und bei öffentlichen Veranstaltungen unverhohlenen Rassismus und Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit und Kampf gegen 'Rassenvermischung', Kampf gegen die Gewerkschaften und die traditionellen Arbeiterparteien, Verharmlosung und Infragestellung der Nazi-Verbrechen und die Forderung nach Wiederherstellung Deutschlands in den Grenzen von 1914 mit Gebietsansprüchen an Belgien, Frankreich, Tschechien, Polen, Litauen und Dänemark.

      Am 27.September 1968 erklären das Landgericht Hannover und am 28.Februar 1969 das Oberlandesgericht Celle:
      "Die NPD ist arbeitnehmerfeindlich, antidemokratisch, neonazistisch, rechtsradikal."
      Und doch findet diese Partei in dieser braun grundierten Nachkriegsgesellschaft genug Wähler, um auf Anhieb in sieben der neun Landtage der damaligen BRD gewählt zu werden, und setzt nun alles daran, 1969 in den Bundestag einziehen zu können.


      Die NPD scheint über unerschöpfliche Geldquellen zu verfügen, lässt die Innenstädte und selbst Landstrassen kilometerlang mit Plakaten bepflastern, die ihren Spitzenkandidaten Adolf von Thadden in teurem Vierfarbdruck zeigen, lässt Tausende von Flugblättern von Lastwagen flattern und Kandidatenbriefe per Postwurfsendung verteilen.

      Den 68-ern müssen kleine Spuckzettel genügen, die sie dem NPD-Adolf auf die Nase pappen, mit einem stilisierten, rot durchgestrichenen Hitler-Kopf drauf und dem Spruch 'Ein Adolf war genug!' – später, nach einigen internen Diskussionen, wird daraus 'Ein Adolf war schon zuviel!'

      Wo immer die NPD sich öffentlich zeigt, sind auch Gegendemonstranten mit Transparenten und Trillerpfeifen dabei. Jedesmal sind dichte Polizeiketten aufmarschiert, und Wasserwerfer, Hundestaffeln und Mannschaftswagen mit Verstärkung sind in den Seitenstrassen versteckt, um dieser gerichtsnotorisch antidemokratischen Partei eine demokratische Plattform zu sichern, notfalls mit aller Gewalt.

      Die Aktionen gegen die NPD erregen Aufsehen. Natürlich stellt die Presse die APO als die Unruhestifter hin, nicht die rechten Biedermänner in Leder und Loden mit ihren Brandstifterparolen. Dennoch gelingt es, viele Demokraten wachzurütteln und darauf aufmerksam zu machen, was sich da am rechten Rand des politischen Spektrums entwickelt. Gewerkschafter, Sozialdemokraten, Kommunisten und Christen werden hier zu Verbündeten, und von Mal zu Mal werden die Demonstrationen mächtiger.

      Schliesslich ist es geschafft: Bei der Bundestagswahl 1969 verfehlt die NPD, wenn auch nur knapp, die Fünf-Prozent-Hürde und bleibt draussen. Bei den nächsten Landtagswahlen scheidet sie nach und nach auch aus den Länderparlamenten wieder aus, Bald schwächen Abspaltungen enttäuschter Parteigenossen die NPD, die mal so forsch als grosse Sammlungsbewegung für alle Rechten angetreten war zum Siegesmarsch durch alle Parlamente – bis die 68-er Bewegung sie stoppte.

      WER ZWEIMAL MIT DERSELBEN PENNT
      GEHÖRT SCHON ZUM ESTABLISHMENT





      Die Befreiung der Sexualität war sicherlich einer der aufregendsten Aspekte der 68-er Revolution. Denn neben der braunen Vergangenheit, die man durch kollektives Verschweigen glaubte, aus der Welt schaffen zu können, war Sexualität das stärkste Tabu der Nachkriegszeit.

      Über sexuelle Dinge wurde grundsätzlich nicht gesprochen. Wir wurden weder zu Hause noch in der Schule aufgeklärt, und nie haben wir Vater oder Mutter unbekleidet gesehen.

      Als Jungen hatten wir höchst abenteuerliche Vorstellungen über das Sexualleben, zusammengetragen aus zufällig aufgeschnappten Erwachsenengesprächen, belauschten Eltern oder neugierigen Blicken durch Astlöcher in Umkleidekabinen. Jeder neue Einblick in diese verbotene Welt war eine Sensation und wurde sofort allen Freunden mitgeteilt. Trotzdem blieb alles ungewiss und geheimnisvoll. Selbst die Geburt blieb uns rätselhaft, da wir keine Ahnung von der weiblichen Anatomie hatten: Babys wurden wohl entweder herausoperiert oder durch den After geboren. Dagegen war die repressive Unweisheit in aller Munde, dass Onanieren zu Rückenmarkschwund und frühem Tod führe.

      Noch zu Anfang der sechziger Jahre bekam ich als Student ein Zimmer nur unter der Auflage, dort niemals Damenbesuch zu empfangen, und die Vermieter hatten gute Gründe dafür: Wer unverheirateten Paaren die Möglichkeit zum Beischlaf bot, machte sich nach dem Kuppelei-Paragrafen 201 StGB strafbar und riskierte bis zu fünf Jahre Zuchthaus. Paare mussten sich bei einem Vermieter schon als Ehepaar ausweisen können, sonst bekamen sie keine Wohnung.

      Als 1961 die Anti-Baby-Pille aufkam, wurde sie auf Anweisung der Ärztekammer grundsätzlich nur verheirateten Frauen mit Kindern verschrieben, und auch dann hing es noch sehr von den persönlichen moralischen Prinzipien des einzelnen Arztes ab, ob er die Pille verschrieb, wenn nicht zwingende medizinische Gründe dafür vorlagen – Tips, wie man diese vortäuscht, wurden damals ebenso heiss gehandelt wie die Adressen der wenigen Ärzte, die mit den Rezepten freigiebiger waren.

      Jedermann spielte den Tugendwächter, und jeder hatte die erzwungene Moral der Enthaltsamkeit verinnerlicht. Noch 1966 waren nach einer Umfrage 66% der Studentinnen Jungfrauen, und wir Studenten diskutierten ganz ernsthaft über die allgemein verbreitete Ansicht, vorehelicher Geschlechtsverkehr sei schädlich, weil dadurch das Schönste an der Zweisamkeit vorweggenommen würde und die Ehe dann schal und langweilig wäre.

      Dabei schliefen wir natürlich alle längst mit unserer Angebeteten, sooft wir die Keuschheitsvorkehrungen der Erwachsenen überlisten konnten, aber immer mit dem schlechtem Gewissen, gegen alle Moral und Gesetzlichkeit zu verstossen und – auch angesichts der mangelnden Aufklärung über Verhütungsmassnahmen – böse Konsequenzen heraufzubeschwören. Nach aussen jedenfalls mussten wir unbedingt den Schein der Enthaltsamkeit wahren. Die spiessige Moral der Erwachsenen erzog uns systematisch zu Heuchelei, Betrug und Duckmäusertum, das war uns bald klar.

      Darum ist es wie eine Explosion, als die Jugend plötzlich den Mut findet, die Heuchelei abzuschütteln und sich das Recht zu nehmen, sich zu lieben, wie und wo und wann sie will.

      Zündfunke ist die 'Kommune I', die sich um die Jahreswende 1966/67 in der Berliner Wohnung des Schriftstellers Uwe Johnson gründet. Hier finden sich Studentinnen und Studenten, die sich als Künstler in der Tradition von Dadaismus und Surrealismus verstehen und nun durch eine spektakuläre, provozierende Selbstdarstellung eine 'Subversive Aktion' zur Befreiung der 'Sexualität als Dreh- und Angelpunkt aller inneren wie äusseren Unterdrückung' starten.

      'Kommune I' stellt sich bewusst ins Rampenlicht der Medien und versteht es, sich rasch zum Bürgerschreck Nr.1 hochzustilisieren: Dieses wüste Zusammenleben von jungen Männern und Frauen, die freie Liebe auf einem riesigen Matratzenlager, mit so schrägen Gestalten darunter wie dem 'Spass-Guerillero' Fritz Teufel und dem 'Obermufti des Chaos' Dieter Kunzelmann, dazu ihre unerhörten Nacktfotos, ihre schrillen, makabren Selbstinszenierungen ...

      Die Presse präsentiert das alles genüsslich der schockierten Öffentlichkeit bundesweit als Gipfel kommunistischer Unmoral – und bringt die aufmüpfige Jugend auf ganz neue Ideen.

      Überall entstehen Wohngemeinschaften, zuerst in illegal besetzten leerstehenden Häusern, dann auch ganz legal: Ein verheiratetes Paar mietet die Wohnung an und holt die anderen als 'Untermieter' nach. Mancher Vermieter drückt auch ein Auge zu, denn Wohngemeinschaften bevorzugen gerade die riesigen Altbauwohnungen, die sonst so schwer zu vermieten sind. Bald kann der Kuppelei-Paragraf gar nicht mehr angewendet werden: 1972 sind bereits 300.000 Wohnungen an Nicht-Verheiratete vergeben, und 1974 wird, von der stürmischen Entwicklung überrollt, der veraltete Begriff der Kuppelei offiziell aus dem Strafgesetz gestrichen.

      In den Wohngemeinschaften probt man ganz neue Formen des Zusammenlebens: Hier ziehen junge Familien zusammen und teilen sich Küchenarbeit und Kinderbetreuung, dort finden sich lauter Alleinstehende; da herrscht inniges Leben und Lieben innerhalb der Gruppe, woanders liebt und lebt jeder für sich; hier werden Dienstpläne für Staubsaugen und Fensterputzen aufgestellt und abgehakt, dort geht alles seinen chaotischen Gang ...

      Eine jugendgemässe Alternative zu Familie und Ehe ist gefunden und wird, anfangs noch verschrien als 'anarchistische Kommune', bald als ganz normale 'WG' akzeptiert, wo man billig wohnt und immer eine sturmfreie Bude hat für die Liebe.

      Mit jugendlicher Unbekümmertheit und revolutionärer Radikalität erobern wir uns diese neue Welt der Sexualität, überwinden unsere Verklemmtheit, brechen lachend alle Tabus, werfen alle Konventionen über Bord.

      Vorehelicher Geschlechtsverkehr ist nun längst kein Thema mehr. Man geniesst die Freiheit, lässt sich Zeit, bis man den richtigen Partner gefunden hat, und warum soll man überhaupt noch heiraten? Die Ehe als bisher einzige 'Lizenz zum Lieben' verliert an Bedeutung, auch wer verheiratet ist, sieht das nicht mehr so eng.

      Homosexuelle Paare wagen sich zu offenbaren, ziehen zusammen, und niemand findet etwas dabei, obwohl gleichgeschlechtliche Liebe nach dem Strafgesetzbuch noch immer als 'widernatürliche Unzucht' verfolgt und hart bestraft wird. Doch auch diese Schranke wird durch die sexuelle Revolution einfach überrollt: 1968 wird der Paragraf 175 StGB gestrichen, und bald entstehen Schwulen- und Lesben-Vereinigungen, Cafés und Clubs mit dem Regenbogen-Zeichen als öffentliche Treffpunkte, und 1971 kommt ein Film von Rosa von Praunheim in die Kinos: 'Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt'.

      Sexualität ist plötzlich das Thema Nr.1: Jugendzeitschriften bringen Aufklärungsserien und Verhütungstips, und die Schulen bekommen neue Biologiebücher. Kunstwerke, Aktbilder und Skulpturen, die in den prüden Jahren als 'Pornografie' beschlagnahmt worden waren, werden zurückgegeben und öffentlich ausgestellt.

      Ob unsere Eltern immer noch das Unnennbare nicht aussprechen können, ob manche Lehrer sich immer noch um den Aufklärungsunterricht herumdrücken, ob die Reaktionäre sich medizinisch verkleiden ('Promiskuität fördert die Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten!') oder moralistisch geben ('Wer viel wechselt, wird bald Kleingeld!') – wen kümmert das noch?
      Sie haben verloren. Wir haben die Festungen ihrer veralteten Moral gestürmt und bis auf den Grund geschleift, Kein Sieg der 68-er Revolution ist so total und so offensichtlich wie die Befreiung der Sexualität.


      MEIN BAUCH GEHÖRT MIR




      Das freie Leben in Wohngemeinschaften und die Befreiung der Sexualität eröffnen den Frauen eine ganz neue Lebensperspektive. Schrieben Gesetze und herrschende Moral ihnen bisher vor, bis zur Heirat den Eltern und nach der Heirat dem Manne untertan zu sein, so erfahren sie jetzt ihre Selbstständigkeit und gewinnen Selbstbewusstsein. Sie ergreifen einen Beruf und werden ökonomisch unabhängig, leben genau so frei wie der Mann, können selbst ihre Partner wählen und – dank der mittlerweile auch allgemein verfügbaren Pille – angstfrei lieben.

      Selbst eine Frau mit Kindern kann berufstätig bleiben, auch wenn sie keinen Platz in einem der wenigen Kindergärten für sie findet: Entweder übernimmt die Wohngemeinschaft die Kinderbetreuung, oder sie macht, zusammen mit anderen, einen eigenen Kindergarten auf. Dies ist die Zeit, in der überall im Land Tausende von 'Kinderläden' entstehen, organisiert von jungen Müttern und Vätern, die leerstehende Ladenräme, hell und zentral gelegen, anmieten und dort die Kinderbetreuung selbst übernehmen. Viele dieser 'freien' Kindergärten werden zu festen Einrichtungen und halten noch lange an den freiheitlichen Erziehungsidealen der 68-er Bewegung fest. Doch jetzt entdecken auch Kommunen und Kirchen den Bedarf und treiben den flächendeckenden Ausbau des Kindergartennetzes voran.

      Mit diesem neuen Selbstbewusstsein gehen die 68-er Frauen daran, erstmal in der Bewegung selbst die Männerherrschaft zu brechen: Studentinnen im SDS gründen in Berlin einen 'Aktionsrat zur Befreiung der Frau' und in Frankfurt einen 'Weiberrat', um gegen die autoritären Verhaltensstrukturen ihrer männlichen Genossen zu protestieren. Wer den 'Weiberrat' nicht ernst nimmt, wird ausgepfiffen und mit Tomaten bombardiert.

      Wesentlicher allerdings sind die Widerstände in der von Männern und Männerinteressen beherrschten Gesellschaft. Diese Gesellschaft spricht Frauen zum Beispiel das fundamentale Recht ab, über ihren Körper selbst zu bestimmen. Darum wird schon bei den 68-er Demonstrationen die Forderung laut, den besonders frauenfeindlichen Paragrafen 218 abzuschaffen, der die Frauen zwingt, ein Kind auch gegen ihren Willen auszutragen, und jeden Versuch einer Abtreibung strikt verbietet und unter schwere Strafe stellt. Als dann die 68-er Revolten dann langsam abebben, verselbstständigt sich die Frauenbewegung und macht "sich lächelnd an die gewaltfreieste und erfolgreichste Revolution des 20.Jahrhunderts"*.

      Etwa ab 1971 entwickelt sich mit Demonstrationen und Kundgebungen gegen den Abtreibungsparagrafen 218 eine breite Kampagne, in der die Journalistin Alice Schwarzer bald die Sprecherrolle übernimmt und das Anliegen der Frauenbewegung in Veröffentlichungen und spektakulären Fernsehauftritten vertritt.

      1974 ist das Tabu gebrochen. Gegen den erbitterten Widerstand aller Abtreibungsgegner – die fast ausnahmslos Männer sind – wird der Paragraf 218 so modifiziert, dass in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft unter bestimmten Voraussetzungen eine Abtreibung erlaubt wird.

      1975 klagt Alice Schwarzer in ihrem viel diskutierten Bestseller "Der 'kleine Unterschied' und seine grossen Folgen" die von sexueller Gewalt geprägte Vorherrschaft der Männer in der Familie an.

      1977 fällt mit dem Vorrecht des Mannes, automatisch als Haushaltungsvorstand zu fungieren, die Jahrtausende alte patriarchalische Familienordnung. Der Ehemann kann nun nicht mehr – was bis jetzt sein gesetzliches Recht war – seiner Frau z.B. die Berufstätigkeit verbieten, sondern beide Ehepartner regeln Haushalt und Beruf nun 'im gegenseitigen Einverständnis': Der Weg zu einer partnerschaftlichen, demokratischen Familienordnung ist geöffnet.

      Vieles bleibt noch zu tun, um die Gleichberechtigung der Frau im Alltag Wirklichkeit werden zu lassen. Aber was die Frauen "nach 4000 Jahren unerschütterlicher Männerherrschaft" in dieser kurzen Zeit "erreicht haben, ist überwältigend. Und das, obwohl ihnen von Anfang an schärfster Gegenwind ins Gesicht blies", kann Alice Schwarzer 30 Jahre später resümieren. "Die Erwartung, mit der eine junge Frau heute in die Welt geht, unterscheidet sich fundamental von dem, was ihre Altersgenossin in den Fünfzigern und Sechzigern auch nur hoffen konnte. Innerhalb einer einzigen Generation hat es eine Revolution in den Köpfen gegeben."*

      REVOLUTION IST MACHBAR, HERR NACHBAR




      1918 soll Lenin einmal gespöttelt haben: "Wenn die Deutschen bei ihrer Revolution einen Bahnhof besetzen wollen, dann kaufen sie sich vorher eine Bahnsteigkarte".
      1968 hätte er nicht schlecht gestaunt: Unsere politischen Ziele waren uns allemal wichtiger als Vorschriften und Gesetze.

      "Zivilcourage", nämlich "das Richtige sagen und tun, gerade auch dann, wenn dies in Opposition zur herrschenden Meinung geschieht", "muss sich, in bestimmten Situationen, auch über Gesetze hinwegsetzen", urteilt Rechtsanwalt und MdB Hans-Christian Ströbele heute. "Das war nicht nur in der Nazi-Zeit so, sondern auch in den 60er, 70er Jahren."*

      Einen Alt-Nazi wie den damaligen Bundeskanzler Kiesinger, der schon unter Goebbels Propaganda gemacht hatte, bei seinen Wahlkampfreden mit Tomaten und Pfeifkonzerten zum vorzeitigen Rückzug zu bewegen
      – das war sicher mindestens Landfriedensbruch und Nötigung ...


      Ihn in der Öffentlichkeit zu ohrfeigen
      – das war Körperverletzung ...

      Nachts den Klebekolonnen der rechtsradikalen Parteien nachzufahren und ihre Plakate, kaum geklebt, wieder abzureissen
      – das könnte man als Sachbeschädigung auslegen ...


      In ein Uni-Seminar einzudringen, um dann statt altgotischer Grammatik dort die brandaktuellen Notstandsgesetze zu diskutieren
      – das war mindestens Hausfriedensbruch ...

      Eine Strassenkreuzung durch eine Sitzblockade zu sperren
      – das war sicher gegen die Strassenverkehrsordnung ...


      Eine rote Fahne vom Auto herunterzureissen und den Stock übers Knie zu brechen
      – das war mindestens Sachbeschädigung ...

      den Fahrer dann auch noch anzuschreien: 'Wenn du jetzt noch was vor die Fresse kriegen willst, dann komm raus!'
      – das war eine böse Gewaltandrohung ...

      ... mir ins Gesicht gebrüllt von einem Polizisten beim Ostermarsch 1968. Ich bin ausgestiegen, da wollte nur noch meinen Führerschein sehen. Es waren eben aufgeregte Zeiten damals, und wir sahen das alle nicht so eng.

      Wenn es uns überhaupt bewusst wurde, eine Vorschrift zu übertreten, so nahmen wir das schon mal in Kauf, auch die Strafanzeigen, die es nach mancher Aktion hagelte.
      Da half dann die Solidarität: Junge Anwälte leisteten Rechtshilfe, und notfalls wurde gesammelt, um die Bussgelder zu bezahlen.
      Als 1967 ein Demonstrant angeklagt wurde, mit seinem Schild 'Der Schah ist ein Mörder' den hohen Staatsgast beleidigt zu haben, schickten wir der Staatsanwaltschaft binnen kurzem 72.000 Selbstanzeigen, in denen wir uns alle derselben Aussage bezichtigten – die Anklage musste fallengelassen werden, ebenso wie 1971 die Ermittlungen gegen Alice Schwarzer, die öffentlich erklärt hatte, gegen den Abtreibungs-Paragrafen 218 verstossen zu haben, eingestellt wurden, als 374 weitere Frauen öffentlich bekannten: "Auch wir haben abgetrieben!" und die Justiz eine ähnliche Lawine von Selbstanzeigen befürchten musste.

      Damit wollte niemand das Rechtssystem aushebeln. Auch die 'Systemveränderer', die mit Macht einen anderen Staat wollten, hatten keine Pläne für gewaltsamen Umsturz: Alle Hoffnungen, alle Aktionen waren darauf gerichtet, mit dem revolutionären Schwung der 68-er Bewegung jene umfassende Demokratisierung des ganzen Landes zu erreichen, aus der das neue, freie Gemeinwesen erwachsen sollte.

      "Revolution", sagte Rudi Dutschke damals, "könnte nur heissen: Eine Mehrheit dieser bestehenden Bevölkerung ist bewusst geworden in einem langen Prozess von Aufklärung und Aktion und akzeptiert die bestehenden Institutionen nicht mehr – erst dann ist Revolution möglich"*. Aber "wenn die freie Gesellschaft sehr unwahrscheinlich ist, bedarf es um so grösserer Anstrengungen, die historische Möglichkeit zu verwirklichen", "und wenn wir es nicht schaffen, dann haben wir eine historische Periode verloren."*.


      Es gibt es keinen Aufruf zu Gewalt, auch nicht für den Fall, dass der friedliche Weg scheitern sollte, sondern immer wieder die feste Orientierung auf die langfristige Strategie eines gewaltlosen und geduldigen Kampfes für mehr Demokratie. Und erst als sich der Sturm der Ereignisse langsam legt, wird sichtbar, wie vielgestaltig die 68-er Bewegung eigentlich ist und wie unterschiedlich die Vorstellungen der einzelnen Strömungen sind darüber, wie diese Mobilisierung der Bevölkerung für die umfassende Demokratisierung unserer Gesellschaft vor sich gehen könnte:

      Etwa 60.000 junge Menschen schliessen sich den ab 1968 aus dem Boden schiessenden zahlreichen kommunistischen Gruppen und Parteien an und setzen auf den 'schlafenden Riesen' – auf die Arbeiterklasse, die man nur aufklären und mobilisieren müsse, damit sie als demokratische Mehrheit in diesem Land die Macht übernehme.


      Die SPD bekommt 300.000 neue Mitglieder – jeder dritte SPD-Genosse ist plötzlich ein 68-er. Sie wollen auch hier eine Rückbesinnung auf die Arbeiterklasse durchsetzen und die revolutionären Traditionen der alten Arbeiterpartei wieder aufleben lassen.

      Einige tausend radikal-demokratische Jugendliche treten in die damals stark rechts orientierte FDP ein, deren Vorsitzender Mende sich gern mit Hitlers Ritterkreuzorden zeigt; die Jungen, partei-intern als 'Rote Garde' verschrieen, bringen 'mit Mendes Ende die grosse Wende': Die F.D.P. bekommt 1968 drei Pünktchen, einen neuen Vorsitzenden und einen links-liberalen Kurs, der sie 1969 in eine Regierungskoalition mit der SPD führt.


      Aber der grösste Teil der 68-er Bewegung mag sich nicht in hierarchische Parteistrukturen einbinden lassen. Sie sehen den Ansatz für die allgemeine Demokratisierung eher in der individuellen Selbstverwirklichung, und viele befassen sich mit Psychologie und Psychoanalyse, um erst das eigene Ich und dann, einen nach dem anderen, die ganze Gesellschaft von unten her zu verändern.

      Die ökologische 'grüne' Bewegung beginnt damit, dass ein Teil der 68-er aufs Land zieht, um mit bewusstem Konsumverzicht, mit selbstgewebten Kleidern und biologischen Anbaumethoden der masslosen Wegwerfgesellschaft einen Spiegel vorzuhalten und sie zurück zum einfachen Leben, zurück zur Natur zu führen, damit dort ein neues gesellschaftliches Bewusstsein aufkeime.


      Anarchisten knüpfen Netzwerke, unsichtbar und verflochten wie Graswurzeln, zur gegenseitigen Information, Beratung und Mobilisierung für die 'Graswurzel-Revolution', in der durch Macht von unten alle Formen von Gewalt und Herrschaft abgeschafft werden sollen.

      Die sich nach 1968 eigenständig entfaltende Frauenbewegung kämpft gegen Männerprivilegien und Frauendiskriminierung in der Bundesrepublik und will mit der vollen Durchsetzung des Grundrechts auf Gleichberechtigung im Alltag eine partnerschaftlich-solidarische demokratische Gesellschaft erreichen.


      Wer sich bis dahin nicht in einer dieser Richtungen fest engagiert hat, zieht sich bald ins Private zurück.

      Der Wirbelsturm der Revolution ist vorbei. Aber die Arbeit geht weiter.

      KEINE GEWALT




      Mit den Polit-Desperados der siebziger Jahre und ihren spektakulären Aktionen haben wir nur noch wenig gemeinsam. Ihre Protesthaltung macht sie uns sympathisch, ihre Methoden stossen uns ab. Diese neue Generation spricht eine andere Sprache, wählt andere Mittel, hat andere Ziele.

      Von all den Namen, die in diesem Jahrzehnt des Terrors Schlagzeilen machen, ist mir aus den sechziger Jahren überhaupt nur Ulrike Meinhof bekannt. Seit ihrer ersten öffentlichen Rede als kaum zwanzigjährige Studentin auf der Anti-Atomwaffen-Kundgebung in Münster im Mai 1958 hat sie sich als Journalistin in vielen klugen Artikeln für Frieden und soziale Gerechtigkeit engagiert. Aber als nach den Schüssen auf Benno Ohnesorg und Rudi Dutschke auch unter den 68-ern viel über Gewalt und Gegengewalt diskutiert, Gewalt gegen Menschen aber immer wieder prinzipiell abgelehnt wird, geht sie ihren eigenen Weg, taucht Ende 1969 ab in den Untergrund, um mit einer winzigen Gruppe, die sich grossspurig 'Rote Armee Fraktion' nennt, gezielte Attentate auf die Mächtigen dieses Landes auszuüben und so das Volk zur bewaffneten Revolution zu ermutigen. Diese verstiegene Ideologie überzeugt niemanden, die Gruppe bleibt völlig isoliert und führt schliesslich einen aberwitzigen Krieg der "6 gegen 60 Millionen"*. Als Ulrike Meinhof 1972 verhaftet wird, werden ihr 5 Morde und über 50 Mordversuche angelastet. 1976 erhängt sie sich in ihrer Zelle.

      Indessen mordet eine 'zweite Generation der RAF' weiter, und ab 1973 machen 'Revolutionäre Zellen' von sich reden, die mit Sprengstoff- und Brandanschlägen auf ausgesuchte Objekte andere zur Nachahmung ermutigen wollen – sie bomben noch in den neunziger Jahren, aber die erhoffte Kettenreaktion mit dem Ziel einer breiten militant-revolutionären Protestbewegung bleibt aus.

      Gleichzeitig entstehen die bunten 'Sponti'-Gruppen, die leerstehende Häuser besetzen und mit einfallsreichen Aktionen für mehr Kindergärten und gegen Fahrpreiserhöhungen oder Kernkraftwerke protestieren. Doch als harter Kern dieser Gruppen bilden sich bald jene Strassenkämpfer heraus, die vor allem den Nahkampf mit der Polizei suchen – bis sie sich 1976 selbst eingestehen, dass sie bloss "zwischen Hoffnungslosigkeit und blindem Aktionismus hin- und herschwenken"*.

      Alle Gewaltaktionen müssen letztendlich scheitern. Gewalt, als ein Privileg des Staates, ist eine Sprache, die der Staatsapparat in jedem Fall besser beherrscht als ein paar zornige Amateure. Unsere 68-er Revolution war ja gerade deshalb erfolgreich, weil wir keine aggressiven Gewaltaktionen planten – gegen die fröhliche, gewaltlose Massenbewegung von Millionen junger Menschen blieben die Waffen der Staatsgewalt letztlich machtlos.

      Die Gewalttäter der 70er Jahre erreichen nur eines: Die von der 68-er Revolution an die Wand gedrängten konservativen Kräfte können nun endlich zum Gegenschlag ausholen:

      Steckbriefe mit den Fotos der Terroristen – maximal 30 an der Zahl – hängen in jedem Laden und an jeder Plakatsäule. Wenn gerade kein Brandanschlag oder Mordversuch zu melden ist, halten die Medien das Interesse wach mit Mutmassungen über wahrscheinliche Verstecke der Terroristen, die von der aufgescheuchten Bevölkerung allerorten gesichtet werden. Bald weiss jeder, woran man eine konspirative Wohnung erkennt, und wie Holger Meins mit und ohne Bart aussieht, und schaut jedem BMW-Fahrer scharf ins Gesicht. Bei jedem Banküberfall oder Waffendiebstahl sind's erstmal die Terroristen gewesen, oder ihre Sympathisanten, die's ja überall im Lande geben soll. Die Hatz auf alle Linken wird zur Bürgerpflicht. Wer sich als Sozialist oder gar Kommunist zu erkennen gibt, gilt schon als potentieller Terrorist.


      In diesem aufgeheizten Klima können die konservativen Landesregierungen 1972 Kanzler Brandt zum 'Radikalen-Erlass' bewegen: Bundesweit werden daraufhin insgesamt eineinhalb Millionen Beamtenanwärter geheimdienstlich überprüft, und wer sich früher links von der SPD engagiert hatte, bekommt Berufsverbot – bis Brandt selbst, vom Ausland getadelt und mehrfach offiziell von der Internationalen Arbeits-Organisation der UNO gerügt, dies 1978 als 'Irrtum' einsieht – was die meisten CDU-regierten Länder aber nicht hindert, bis weit in die 80er Jahre hinein an der Beamtenbespitzelung und Berufsverbotspraxis festhalten.
      Formell ist der 'Radikalen-Erlass' bis heute nicht aufgehoben. Er wird nur (zeitweilig?) nicht angewendet.


      Unter dem Vorwand, 30 (in Worten: dreissig) Terroristen zu jagen, wird der Staatsapparat notstandsmässig ausgebaut:
      Innerhalb der fünf Jahre 1969-1974 erhöhen die Länder ihre Ausgaben für Polizei von 2,5 auf 5,1 Mrd. DM;
      der Etat für den Geheimdienst 'Verfassungsschutz' wird verdoppelt,
      der Etat des Bundeskriminalamtes (BKA) wird versechsfacht.

      Die Länder-Polizei und der Bundesgrenzschutz, der mehr und mehr die Befugnisse einer Bundespolizei erhält, bilden schwerbewaffnete Mobile Einsatzkommandos (MEK).


      Ausrüstung und Bewaffnung der Polizei allgemein wird bürgerkriegsmässiger, ihre Methoden werden rüder:
      Rasterfahndungen mit Hunderten von Festnahmen, Strassenkontrollen mit vorgehaltener Maschinenpistole oder Hausdurchsuchungen ohne richterliche Anordnung mit eingetretenen Türen und zerschlagener Wohnungseinrichtung überraschen bald niemanden mehr.
      Die wenigen Proteste gegen solche Polizeistaatsmethoden, zum Beispiel Heinrich Bölls Buch 'Die verlorene Ehre der Katharina Blum', finden in diesem aufgeladenen Klima nur wenig Resonanz.

      Haftbedingungen werden verschärft; Isolationshaft, die die Häftlinge als seelische Folter empfinden, wird monatelang ausgedehnt; die Rechte ihrer Verteidiger werden mehr und mehr beschnitten.


      Das ist, alles in allem, längst nicht mehr unsere 68-er Revolution, und wer das nicht klar trennt, ist entweder dumm oder will andere verdummen, indem er "drei historische Teilabschnitte der Protestbewegung vermengt, die in Wahrheit nur wenig gemeinsam haben:

      Da sind, erstens, die späten Sechziger, in denen die Revolte die Modefarbe Rot bevorzugte – rot wie die Fahnen, die Studenten zum 'Ho-Ho-Ho-Tschi-Minh'-Stakkato schwenkten; rot wie der Plastikeinband der als Zeitgeist-Accessoire massenhaft verbreiteten 'Mao-Bibel'; rot wie das allgegenwärtige Plakat mit Marx-Engel-Lenin und dem Bundesbahnslogan 'Alle reden vom Wetter – wir nicht'.

      Da sind, zweitens, die Siebziger, in denen ... der Protest zunehmend Schwarz trug – schwarz wie die Fahnen der Anarchos und die 'Hasskappen' der vermummten Stahlkugelschleuderer an den Bauzäunen von Atomprojekten; schwarz wie die legendären 'Baader-Meinhof-Wagen', jene BMW, mit denen die deutschen Todesschwadronen von Tatort zu Tatort kariolten; schwarz wie die Trauerkleidung beim Begräbnis von Toten aus der Terrorszene, an deren Gräbern die Kombattanten schworen: 'Der Kampf geht weiter.'

      Und da sind schliesslich, drittens, die Achtziger, in denen Grün zur Farbe der Wahl wurde – grün wie der damals spriessende deutsche Ableger von Greenpeace; grün wie die aufblühende Ökobewegung, die gegen Wasserverschmutzung und Luftverpestung antrat; grün wie die 1980 auf Bundesebene gegründete, bis dahin nur regional vertretene 'Anti-Parteien-Partei' der Ex-Sozialdemokratin Petra Kelly."*

      ALLE DIE JETZT AUFGESTANDEN SIND
      SOLLEN SICH WIDERSETZEN





      Die 68-er Revolutionäre haben sich inzwischen wieder auf Familie und Beruf besonnen, werden "Richter, Werber, Professoren, Journalisten, Rechtsanwälte. Einige sind Sozialarbeiter in schwierigen Stadtteilen oder arbeiten als Betriebsräte – damals zur revolutionären Berufspraxis aufgebrochen, dann steckengebieben im reformistischen Alltag. Sie sind Leute, die sich ums Gemeinwohl kümmern, immer noch, und immer noch halten sie gern Distanz zum 'System'."*

      Sie treten 'den langen Marsch durch die Institutionen' an, der sie eines Tages an die Schaltstellen der Macht führen wird: 1999 wird der Bundeskanzler ein JuSo-Vorsitzender aus marxistischen Stamokap-Zeiten sein, der in Gorleben gegen die Atomindustrie demonstrierte*, der Aussenminister ein ehemaliger Hausbesetzer, der sich gegen prügelnde Polizisten zu wehren wusste*, und der Umweltminister ein früherer Maoist*; die Entwicklungshilfeministerin ist nach eigenen Worten "unter dem Wasserwerfer aufgewachsen"*, und der Innenminister war einst "liberaler Kommunist"* und ein Anwalt, der die Rechte der APO verteidigte.

      Viele wollen Lehrer werden, den anti-autoritären, demokratischen neuen Menschen erziehen. Der Ansturm versetzt konservative Bildungspolitiker in Panik, und mit dem 'Radikalen-Erlass' können sie so manchen ausgrenzen. Viele schaffen's trotzdem. Der Geist der Erneuerung und Demokratisierung ist ohnehin nicht mehr aus der Schule zu verbannen, und der unkonventionelle, sozial engagierte Lehrer, der mit Bart, Lederjacke und Jeans immer noch so in den Unterricht geht, als ginge er zur Demonstration, wird bald zum Inbegriff des Alt-68ers.

      Rebellen bleiben die meisten, denn sie haben erlebt, wie Selbstbefreiung und Befreiung der Gesellschaft Hand in Hand gehen, einander befördern und letztlich einander bedingen: Der einzelne kann sich nur befreien, indem er alle befreit. Darum ist und bleibt der einzelne verantwortlich für die Gesellschaft, in der er lebt, und wenn diese Gesellschaft einen antidemokratischen Kurs einschlägt, muss er sich gegen den Strom stemmen, um sich seine persönliche Freiheit, seine Selbstbestimmung zu bewahren. "Die Ansprüche an das Leben, gewachsen in den Jahren, als Geschichte wie das Produkt der eigenen Selbstverwirklichung schien, sind die wenigsten wieder losgeworden."*

      Und was ist aus der Revolution geworden, aus den grossen Zielen der 68-er Bewegung? – Abwarten! Wer Sieg oder Scheitern der 68-er daran messen will, was damals in diesen zwei, drei Jahren wirklich erreicht wurde, kann sicher eine Menge an grossartigen Erfolgen wie auch eine Reihe von Niederlagen aufzählen, aber er greift in jedem Fall zu kurz:

      Revolutionen sind die Lokomotiven der Geschichte, und wer nur auf die Lokomotive schaut, auf die Riesenkraft der Bewegung und auf die Menschen, die sie vorantreiben und immer nur nach vorn blicken, bis in utopische Fernen, und die von Zielen sprechen, die sie vielleicht nie erreichen werden – der ist am Ende möglicherweise enttäuscht. Denn keine Revolution hat je alle ihre Ziele erreicht.

      Aber wer genauer hinschaut, nachdem die Lokomotive erstmal mit Rauch und Getöse vorbeigerauscht ist, der erkennt den langen Zug der Ereignisse, den sie nach sich zieht ... Und der 68-er Zug rollt und rollt und bringt bis heute Erfolge, von denen wir selbst in den stürmischen sechziger Jahren nicht mal träumten:

      1968 wurde Homosexualität von der offiziellen Diffamierung als 'widernatürliche Unzucht' und von gesetzlicher Strafverfolgung befreit.
      – 2001 öffnet das 'Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften und Lebenspartnerschaften' allen Homosexuellen den Weg zum Standesamt.


      Um 1968 wurde der frontal ausgerichtete Unterricht durch neue Arbeitsformen abgelöst, die in der Folgezeit immer wieder verändert und verbessert wurden
      – bis der Schüler des Jahres 2000 schon in der Grundschule im 'offenen Unterricht' seine Arbeitsorganisation weitgehend selbst bestimmt.

      Bald nach 1968 wurde die Prügelstrafe in der Schule abgeschafft.
      – 2001 wird das Prügeln auch innerhalb der Familie verboten.


      1968 mussten wir selbst 'Kinderläden' organisieren, um einen Kindergarten für unsere Kinder zu schaffen.
      – Heute hat jedes Kind einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz.

      1969 wurde der Einzug der NPD in den Bundestag verhindert.
      – 2001 berät das Bundesverfassungsgericht darüber, diese Partei ganz zu verbieten.


      1972 waren dreihunderttausend Wohnungen illegal an Nicht-verheiratete vergeben.
      – 1998 sind es über drei Millionen nicht-verheiratete Lebensgemeinschaften, die in unserem Land ganz legal zusammenwohnen.

      1974 fiel das generelle Abtreibungsverbot, 1977 die patriarchaliche Familienordnung.
      – 1982 wird ein Erziehungsurlaub für Mütter oder Väter eingeführt, der 1997 auf drei Jahre erweitert wird;
      seit 1994 haben Frauen das Recht, ihren Namen bei der Heirat zu behalten; die diskriminierende Anrede 'Fräulein' wird gestrichen;
      1995 bekommt mit der Fristenlösung des Paragraf 218 die Frau die Entscheidung über die Abtreibung;
      1997 wird die Vergewaltigung in der Ehe strafbar;
      2001 werden Gleichstellungsgesetze beraten, die die Chancengleichheit der Frau im Berufsleben regeln.


      Die Notstandsgesetze haben wir 1968 nicht verhindern können.
      – Aber wir haben eine allgemeine, umfassende Demokratisierung in Gang gesetzt, die heute schon die Verwaltungen und Behörden und selbst die Bundeswehr durchdringt. Der Wille zur Selbstbehauptung durch demokratische Mitbestimmung ist in unserem Lande längst so weit entwickelt, dass jeder Versuch, mit Hilfe der Notstandsgesetze eine Diktatur zu errichten, auf breiten, erbitterten Widerstand in der Bevölkerung stossen wird.

      "In der deutschen Nachkriegsgeschichte spielt 1968 jetzt die Rolle eines Ursprungsmythos"*: "Es war im Grunde ein zweites Gründungsdatum der Republik"*, an dem die 1949 verordnete 'Staatsform Demokratie' endlich auch ihr 'demokratisches Staatsvolk' erhielt: Der Begriff 'Demokratie', bisher nur als Wahlform verstanden, wurde nun Lebensform und bekam den ganz neuen Sinn einer ständigen Mitwirkung, Information und Kontrolle über das politische Geschehen. "Ein ganz grosses Verdienst der Achtundsechziger-Bewegung liegt darin, dass sie wesentlich dazu beigetragen hat, aus diesem doch sehr autoritären Deutschland eine relativ normale westliche Demokratie zu machen."*

      Dies bestreitet heute eigentlich nur noch, wer anstelle der heutigen demokratischen Freiheits- und Gleichheitsrechte lieber wieder, wie in der Adenauer-Zeit, einen autoritären, auf Befehl und Gehorsam gegründeten Staat hätte – und, natürlich, wer in jenen wilden Jahren selbst zu brav war, sich der aufmüpfigen Jugendbewegung anzuschliessen, und heute das ungute Gefühl nicht los wird, die bewegendsten und bewegtesten Jahre dieser Republik nicht mitgelebt zu haben: "Hass auf 68 ist ein weit verbreitetes Hobby unter denen, die damals jung waren und ihre Verachtung an dem Leben abarbeiten, das sie nicht geführt haben."*

      So wird 68 immer wieder kontrovers eingeschätzt werden, solange die Generation der 68-er lebt. "Ausser Hitler (und der Nazi-Herrschaft) ist kein Ereignis der jüngeren deutschen Geschichte derart ausgiebig, leidenschaftlich und ergebnislos diskutiert worden wie jene letzte 'Revolution'"*, und "ob es sich zum 10., 20., 25. oder 30. Mal jährt, jedesmal wird intensiv des Ereignisses gedacht"*.

      Die Gedenktage wird man eines Tages vergessen, die 68-er auch, denn längst haben jüngere Generationen die Bildungsreform, die Demokratisierung der Gesellschaft, die Gleichberechtigung der Frau, den Kampf gegen Faschismus und Krieg und dazu neue Probleme wie die Integration von Einwanderern, den Ausstieg aus der Atomenergie oder die Bekämpfung rechter Gewalt in ihre Hände genommen und treiben sie auf ihre Weise voran.

      Uns 68-ern bleibt "der klammheimliche Stolz", "diese Jahre voller heimlicher Macht erlebt zu haben, in denen man gleichzeitig narzisstisch und solidarisch sein konnte"*, weil individuelle Befreiung nur im kollektiven Freiheitskampf zu haben war – damals.

      Heute versteht das niemand mehr. "Jene letzte 'Revolution', die heute so weit entfernt scheint wie der Mond"* – das sind "halb versunkene Zeiten, die auf viele Deutsche inzwischen fremder wirken als das Mittelalter"*.

      Und dass alle Phantasie der Heutigen nicht ausreicht, sich diese spiessige, engstirnige, obrigkeitsgläubige, autoritäre, prüde, verlogene Duckmäuser-Gesellschaft vorzustellen, die noch vor gut drei Jahrzehnten dieses Land bewohnte – ist das nicht der schlagendste Beweis für den Sieg der 68-er Revolution?


      © Kai Kracht 2001
      Englische Übersetzung: The Revolution of 1968

      * Quellenangaben: Bitte auf den Stern am jeweiligen Zitat-Ende klicken! "

      (http://www.kaikracht.de/68er/)
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 20:54:02
      Beitrag Nr. 4 ()
      Gibt es auch einen Link für den Text?
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 20:57:38
      Beitrag Nr. 5 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.176.115 von Depotmaster am 27.10.07 20:54:02Steht genau über dir. ;)

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      schrieb am 27.10.07 21:00:31
      Beitrag Nr. 6 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.176.163 von AdHick am 27.10.07 20:57:38waren das die Autobahnen dieser verwahrlosten und gescheiterten Generation ? :confused:
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 21:07:43
      Beitrag Nr. 7 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.176.205 von big_mac am 27.10.07 21:00:31Wovon sprichst du? :confused:
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 21:38:08
      Beitrag Nr. 8 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.176.100 von AdHick am 27.10.07 20:52:57schön mal wieder so deutlich zu lesen was uns damals bewegt hat,und was sich alles positiv verändert hat,das heute viele als selbstverständlich ansehen,aber aus dummheit nur über die fehler der 68ziger hier herziehen.
      duckmäuser die nicht bereit sind einem schäuble sich zu widersetzen,hedonistische maulhelden,die als sesselpfurzer und überhebliche arbeitgeber,anderen nicht mal dem dreck unter dem fingernagel gönnen und sich selbst steuerlich ausgraubt sehen.
      dümmliche kriegsgeile ärsche,die gerne auf spekulativ darauf absahnen wollen und auch noch können und moral und verstand dem unterordnen.man sehe sich hier um und wird diese typen zahlreich vertreten finden.
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 21:40:05
      Beitrag Nr. 9 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.176.100 von AdHick am 27.10.07 20:52:57:laugh::laugh::laugh: die letzte grosse Kulturrevolution :laugh::laugh::laugh:
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 21:47:28
      Beitrag Nr. 10 ()
      68 wurde auch viel Gutes bewirkt. Nur ist im Laufe der 40-jährigen Revolution der Bogen überspannt worden. Die Revolution als Selbstzweck hat ausgedient. Daher gehören die 68er genau wie ihre Vorgängergeneration in die Bedeutungslosigkeit verbannt, damit wieder Neues und Besseres entstehen kann.

      :)
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 21:53:40
      Beitrag Nr. 11 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.176.807 von diggit am 27.10.07 21:47:28einverstanden vieles war auch mist,nur die nachfolger haben wohl zu wenig gemacht,sondern nur die früchte geerntet.selbstreflexion fehlt,warum sie ihre fehlerhaftigkeit positiv etwas zu verändern,gerne die 68ziger als schuldige daran erklären.
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 21:55:44
      Beitrag Nr. 12 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.176.807 von diggit am 27.10.07 21:47:28Tja, der Marsch durch die Instanzen wurde gewonnen, heute ist man selbst eine.
      (ggf. bei Steine-Taxi-Joschka mal nachfragen) ;)
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 22:01:45
      !
      Dieser Beitrag wurde moderiert. Grund: Beleidigung
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 22:02:46
      Beitrag Nr. 14 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.176.807 von diggit am 27.10.07 21:47:28Bezweifle ich massiv. Schon vor den 68-ern gab es in D massive gesellschafliche Veränderungen und gab es die Beatles und Elvis nicht schon vor den 68-ern. Die Geschlechtergleichstellung im Recht ist weitgehend ein Produkt der 50-er Jahre. So miefig, wie sie von den 68-ern gemacht wird, war die Adenauer Zeit nicht, das ist Geschichtsklitterung (s. z.B. die Sünderin mit der Knef). Außerdem ist es dämlich, die 50-er Spiesser in die Tradition der NS Zeit zu stellen. In den 50-ern interessierten die Leute Kaugummi, Hula Hupp, Autokinos, Waschmaschinen, Elvis und der AFN. Westdeutschland in den 50-ern, das waren die USA im Westentaschenformat.
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 22:14:03
      Beitrag Nr. 15 ()
      Mit den 68´ern begann Deutschlands Nachkriegsabstieg.
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 22:17:35
      Beitrag Nr. 16 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.176.963 von derbewunderer am 27.10.07 22:02:46Interessant finde ich, wie die deutschen Alt 68-er versuchen, den Summer of Love zu deinternationaliseren, ihn zu germanisieren, ihn zu einem politischen Aufschrei gegen die Nazis und die verspiesserte Gesellschaft umzudeuten. Das war er nicht und das war er auch in D (ausser bei einigen Sektierern vornehmlich nicht). Oder kämpften die 68-er in Prag gegen die Nazis, oder in Frankreich oder den USA? Nein, 68 symbolisiert die Suche nach neuen Ausdrucks- und Lebensformen (politisch oder völlig unpolitisch.
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 22:19:47
      Beitrag Nr. 17 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.177.056 von raceglider am 27.10.07 22:14:03Das nun auch wieder nicht. Zu viel der Ehre. Das Ausmass der Bewegung wird heute gern übertrieben. Auf dem platten Land kam davon nichts an. Da regierten nicht the Greatful Dead, sondern Heintje.
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 22:24:14
      Beitrag Nr. 18 ()
      wer tatsächlich meint, dass es die 68-er waren, die es möglich gemacht haben, endlich an der neuen freiheit schnüffeln zu dürfen, der sollte mal darauf achten, dass selbige hier bei WO tag und nacht kein auge zumachen mögen, um ungenehme meinungen jederzeit fernzuhalten und gleichzeitig gegen andersdenkende zu hetzen .. :look:
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 22:25:17
      Beitrag Nr. 19 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.176.870 von shitpalaver am 27.10.07 21:53:40Shitpalaver,
      Die 68er haben Deutschland zum Selbstbedienungsladen gemacht, und wundern sich nun warum sich alle selbst bedienen. Der Egoismus hat gewonnen, Freiheit wurde zum egomanischen Individualismus umgemünzt. Als der Staat zum Feind wurde, war unter den Bürgern nur die Frage zu klären, wer D als erstes ausbeutet. Die Sache ist vollkommen aus dem Ruder gelaufen, und die 68er stehen nun zwangsläufig vor den Trümmern ihrer Auswüchse.
      Es wurden über Jahre falsche Werte und falsche Zielevorstellungen eingeimpft, denen sich die nachfolgende Generation nicht entziehen konnte. Leider ist nur ein geringer Teil der Menschheit zur Selbstreflexion fähig, die meisten rennen den Mainstream hinterher.

      :)
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 22:29:48
      Beitrag Nr. 20 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.177.056 von raceglider am 27.10.07 22:14:03Außerdem, das meine ich. 68 war überall. Warum also speziell Deutschland? Cohn-Bendit lümmelte sich in Frankreich rum und die Franzosen waren 68 viel politisierter als etwa in D. Da gab es ja fast eine Revolution oder nimm Italien, wo die Roten Brigaden später fast eine Massenbasis aufbauen konnten. Wesentlich heftiger als hier.

      Das Problem ist, die Herren gehen jetzt in Rente und da ist viel Wichtigtuerei dabei, wie auch der Beitrag in #3 verdeutlicht.
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 22:31:59
      Beitrag Nr. 21 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.177.103 von derbewunderer am 27.10.07 22:19:47Von wegen auf dem flachen Land kam nichts an.Die Überwachungsmechanismen des Staates liefen voll an.Einige male bin ich in Polzeikontrollen geraten.Man wurde ganz schön durchsucht, wenn man etwas längere Haare hatte. Dieses Mörderpack hat ein ganzes Land terrorisiert.
      Die sexuelle Freiheit fing wesentlich früher an.Pornohefte konnte man schon Anfang der 60er frei kaufen.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 22:49:12
      Beitrag Nr. 22 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.177.199 von Wilbi am 27.10.07 22:31:59Danke, noch ein Zeitzeuge. Zum Friseur gehen musste man, wenn man aussah wie ein - übles Schimpfwort, das jetzt folgt - Beatle oder Beatnik. Lange Haare bedeutete, Ohren bedeckt.

      Nein, ich bitte diffenziert nachzudenken und 68 war zweifellos ein wichtiges Jahr. Das Land hat es wirtschaftlich nicht zerstört, die Basis für dieses Werk wurde mit der offiziellen Gründung der Deutschland AG irgendwann um 1985 geschaffen. Und nach 1985 wollen ja alle zurück, nicht nach 1968.
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 23:00:15
      Beitrag Nr. 23 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.177.330 von derbewunderer am 27.10.07 22:49:12Mit Deutschland AG meine ich den Zeitraum, wo die Herren v. Pierer, Reuter, Schrempp, Hahn u.v.a dieses Land unglaublich zielsicher auf den Abgrund zuführten, wo sich eine unglaubliche Trägheitskultur aufbaut hat. Der Job des Vorstandsvorsitzenden war in den 80-ern und 90-ern ein sehr gut bezahlter Beamtenjob inklusive Unkündbarkeit, Aufsichtsratsposten noch schlimmer. Frühstücksdirektorenposten waren Deutschlands begehrteste Jobs. Alles erkauft mit faulem sozialen Frieden. Der Müll wird über die letzten Jahre langsam abgebaut. Aber der Masse hat es gefallen. Alle Parteien wollen wieder dahin. Das ist nicht die Schuld der 68-er.
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 23:10:15
      Beitrag Nr. 24 ()
      Soweit ich weiß, begann es vorher in England und USA.

      Die Deutschen 68\'er sind eine billige Kopie. Zweite Liga, immer geblieben bis heute.


      Avatar
      schrieb am 27.10.07 23:22:22
      Beitrag Nr. 25 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.177.475 von long rider am 27.10.07 23:10:15Ja, das stimmt eben. 68 war eben kein deutsches Ereignis (getrieben denn so hätte man es gern von der Franfurter Schule), das war ein fast globales Ereignis. Und die paar SDS-ler in D waren eben nicht die 68-er, sie versuchen nur ihre Ansprüche auf die ideologische Vorreiterrolle anzumelden. Vergebens, da sind wir wohl einig.

      Light my Fire und The End von den Doors stammen aus dem Januar 1967.
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 23:40:22
      Beitrag Nr. 26 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.177.475 von long rider am 27.10.07 23:10:15Jack Kerouacs On the Road (das Kultbuch der 68-er) wurde 1957 veröffentlicht, der Steppenwolf von Hesse 1927. Totaler Quatsch der 68-er zu behaupten, sie erst hätten Deutschland von den geistigen Fesseln der Nazis befreit. Meine Grossmutter sieht jedenfalls die 50-er als grossen Rückschritt gegenüber den 20-ern, aber auch 30-er mit Josephine Baker, Thomas Mann, Picasso, dem blauen Reiter, Zarah Leander oder Marika Röck.
      Avatar
      schrieb am 27.10.07 23:58:51
      Beitrag Nr. 27 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.177.693 von derbewunderer am 27.10.07 23:40:22Obwohl ich jein Fan der 68-er bin. Es waren die 80-er jahre in denen sich langsam ein Leichentuch über Deutschland senkte, ein Gefühl totaler Selbstzufriedenheit und ein Gefühl totaler Überlegenheit. Deutschland war ein Modell, das es zu kopieren galt. Die Deutschland AG was unschlagbar. Die Renten waren sicher. Mehr soziale Wohltaten für alle. Den Höhepunkt der Sattheit hatte dieses Gefühl 1989 erreicht, dem Zeitpunkt der Wende in der DDR. Machen wir doch alles locker aus der Portokasse, und Boris war der beste Tennisspieler, wir hatten eine überragende Fussballmannschaft mit dem Kaiser als Trainer, wir hatten die Steffi und das beste Autobahnnetzwerk der Welt. (Alles war hier besser, das wurde uns laufend erzählt). Igitt, in den Staaten gibt es feindliche Übernahmen, wir haben den Konsens zwischen den Sozialpartnern, die soziale Marktwirtschaft war das beste Modell der Welt. Übermut folgt vor dem Fall.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 01:26:27
      Beitrag Nr. 28 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.177.103 von derbewunderer am 27.10.07 22:19:47es konnte nicht jeder wie du auf dem land aufwachsen,deshalb wundert mich ja des bewunderers meinung nicht.
      mama und die zillertaler holzhackerbuam kamen aber erst später bei dir zu ehren.:p
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 02:30:39
      Beitrag Nr. 29 ()
      die 60 ziger jahre waren die besten in meinen leben.ich moechte sie gern noch mal erleben
      der bewunderer liegt schon sehr richtig
      ich hab in den 60zigern eigentlich nur spass gehabt.wir hatten keinen stress .arbeitslosigkeit kannten wir nicht.lehrstellen konnte man sich aussuchen.von der musik will ich garnicht reden.
      meine frau ist in den 80zigern grossgeworden.mir tut diese genaration eigentlich leid.den wurde eigentlich nur immer erzaehlt lerne fuers leben was dann meist in jugendarbeitslosigkeit endete
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 02:00:40
      Beitrag Nr. 30 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.178.118 von shitpalaver am 28.10.07 01:26:27Wer kennt heute noch Quicksilver Messender Service oder Canned Heat oder Iron Butterfly oder Traffic oder Jefferson Airplane oder Velvet Underground?

      Zillertaler kenne ich nicht. Wohl eher dein Revier.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 02:23:40
      Beitrag Nr. 31 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.178.194 von arbeitpferd am 28.10.07 02:30:39asterix und ein joint dazu war schon klasse.
      afghanistan,libanese,maroccaner und grüner türke zeigten unsere internationale einstellung,da war kein fremdenhass dafür.:cry:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 02:28:49
      Beitrag Nr. 32 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.178.194 von arbeitpferd am 28.10.07 02:30:39arbeitpferd die 80er die ich kenne, dafür brauch ich kein Mitleid.
      Danach würde ich mir alle 10 Finger schlecken und du würdest das auch tun, wenn du wüsstest wie es gewesen ist :D
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 02:34:06
      Beitrag Nr. 33 ()
      unter spass meinte ich eigentlich was anderes.ich hab immer in der zeit wo die ander:laugh:en ein vollgekift waren ihre frauen vernacht
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 02:34:24
      Beitrag Nr. 34 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.178.223 von shitpalaver am 28.10.07 02:23:40Asterix? Seyfried! :laugh:

      http://www.seyfried-berlin.de/Arnulf-07-web.jpg
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 02:43:14
      Beitrag Nr. 35 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.178.229 von arbeitpferd am 28.10.07 02:34:06Ich habe in der Zeit die Frauen von Typen die vollgekiffte Frauen vernaschten mit nach Hause genommen, zum Kiffen und Briefmarkenalbum ansehen :laugh:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 09:02:24
      Beitrag Nr. 36 ()
      Ich bin froh, ein 80er zu sein. AC / DC und Status Quo waren musikalisch auf dem Höhepunkt und dann kam die Neue Deutsche Welle.
      Viele wie Joachim Witt ( Goldene Reiter ) oder Peter Schilling ( Major Tom ) hatten zwar nur einen Hit, aber Trio, Ideal, Spider Murphy Gang, Falco und vor allem Hubert Kah waren großartig.

      Ich bin mit den RAF- Fahndungsfotos aufgewachsen. Die waren damals wirklich überall, sogar an der Tür beim Metzgerladen.

      Ansonsten war alles im Überfluß vorhanden. Die AOK bezahlte alles und wer Arbeitslos wurde, bekam sofort Kohle, egal, ob man sich um eine neue Stelle bemühte oder nicht.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 10:04:01
      Beitrag Nr. 37 ()
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 11:17:11
      Beitrag Nr. 38 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.176.205 von big_mac am 27.10.07 21:00:31:(:eek::confused::cry::O:keks:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 11:20:23
      Beitrag Nr. 39 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.175.891 von AdHick am 27.10.07 20:36:45Zur Thematik gibt es einen guten Strang auf wo:

      Exil - Land für 68er

      Zum nachlesen bitte hier klicken:
      Thread: Exil - Land für 68er
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 12:16:37
      Beitrag Nr. 40 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.177.199 von Wilbi am 27.10.07 22:31:59>>>Die Überwachungsmechanismen des Staates liefen voll an.Einige male bin ich in Polzeikontrollen geraten.Man wurde ganz schön durchsucht, wenn man etwas längere Haare hatte. Dieses Mörderpack hat ein ganzes Land terrorisiert.<<<:confused:



      Da bin ich aber baff!

      Wer hat wen ermordet?

      Die dich in den 60er Jahren kontrolliert haben, das waren 68er? :laugh::laugh::laugh:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 12:40:11
      Beitrag Nr. 41 ()
      Die Polizei hat damals nicht nur wild geprügelt, geknüppelt und getreten,
      ist nicht eingeschritten als 150 "Jubelperser" eines Diktators (von den USA an die Macht gebracht und mit dem Westen befreundet! ) gegen das Unrechtsregime Protestierende mit Holzlatten, Schlagstöcken und Stahlrohren schwer verletzten,
      sie hat am 2. Juni 67 den Studenten Benno Ohnesorg aus nächster Nähe von hinten (!) erschossen.
      Es folgte Vertuschung und Freispruch des Täters.

      Radikalisierung war die Folge ...
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 12:42:36
      Beitrag Nr. 42 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.179.655 von Waldsperling am 28.10.07 12:16:37ich glaube, die sind va durch die medien so"groß" geworden.
      cura
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 12:57:43
      Beitrag Nr. 43 ()
      Das ist ein Teil des Spiegelartikels von heute. Ich finde er ist die ganze Aufregung nicht wert.
      Der Spiegel ein Tummelplatz der Beliebigkeit.
      Es gab mal ne Zeit, da hat der Spiegel Themen gesetzt, jetzt läuft er nur noch dem 'Zeitgeist' hinterher:

      Bürgerlich bis in
      die Knochen

      Kindermangel, Familienkrise, Werteverfall und Schuld haben
      die 68er? Ein Wochenende lang stritten 16 Rebellen darüber,
      was aus ihnen geworden ist und warum die Gesellschaft sich so
      ganz anders entwickelt hat, als sie sich das vorgestellt haben.

      Als die Sachbuchautorin Eva Herman
      kürzlich die Geschichte bemühte,
      um auf ihr neues Buch aufmerksam
      A
      zu machen, jonglierte sie mit Erkenntnis-
      sen über zwei Diktaturen: die Herrschaft
      der Nazis und die Herrschaft der 68er. Die
      einen, sagte Herman, waren schlimm, aber
      sie waren immerhin gut für deutsche Müt-
      ter, Kinder und Familien; die anderen wa-
      ren so schlimm, dass alles, —was gut warfi,
      also Werte, Familien, Mütter, Kinder, —das
      wurde abgeschafftfi.
      Als sei Ende der sechziger Jahre, so hör-
      te sich das an, ein schlimmes Regime über
      die Deutschen gekommen, das Macht hat-
      te bis in die Schlafzimmer, das die Medien
      Die Macht der 68er ist eine Projektion in
      den Köpfen ihrer Kritiker, die eingebildete
      Herrschaft einer Kaste von Gleichgesinn-
      ten. In Wirklichkeit sind die Bewohner
      dieser Festung längst von der Höhe der
      Weltanschauung hinabgestiegen ins Tal
      des Lebens und sehen kopfschüttelnd
      zu, wie immer neue Truppen anstürmen
      gegen etwas, was für ihr Vermächtnis ge-
      halten wird.
      Die, um die es in diesen Debatten immer
      geht, sitzen heute in der SPD, bei den Grü-
      nen oder in der FDP, sie sind links, rechts,
      konservativ oder unpolitisch, sie sind
      Single, geschieden oder verheiratet, sie
      sind kinderlos oder kinderreich, sie sind
      noch unterschiedlicher, als sie damals wa-
      ren, und deshalb haben sie keine gemein-
      same Stimme in diesem Debattenzirkus.
      Darum hatten ein paar dieser Aufsässi-
      gen a. D. eine simple Idee: Warum diesem
      ganzen schrillen Geschrei um —68fi und
      seinen schrecklichen Folgen nicht mal eine
      ordentliche Abrechnung entgegensetzen?
      Warum nicht mal für ein langes Wochen-
      ende zusammenkommen, um darüber zu
      reden, was aus dem geworden ist, das sie
      damals wollten?
      Sie das sind 16 Menschen aus Bremen,
      die damals die Welt verändern wollten und
      nun als Staatsanwälte, Werber, Ärzte, Jour-
      nalisten, Hochschullehrer, Manager und
      Politiker ein bürgerliches Leben führen,
      das anders ist, als sie erwartet haben.
      Sie lebten damals nicht in den studen-
      tischen Metropolen, an ihnen kann man
      beobachten, wie tief —68fi in die deutsche
      Normalität einschnitt.
      In Bremen waren die 68er jünger als in
      Berlin, Frankfurt oder München, weil
      Bremen keine Universität hatte und noch
      keine revolutionären Studenten; die
      Schüler waren das, was man zu jener Zeit
      revolutionäre Subjekte nannte. Sie blo-
      ckierten Straßenbahnen, sie kifften zu-
      sammen, sie warfen im Haus des Bil-
      dungssenators alle Scheiben ein, sie tanz-
      ten mit Schlips und Kragen im Beat-Club,
      sie drohten mit Bomben, sie stahlen ihren
      Lehrern die Zensurenbücher, sie schütte-
      ten NPD-Autos Zucker in den Tank, sie
      machten also all diese Sachen, von denen
      man sich gern am 50. oder 60. Geburtstag
      vorschwärmt.
      Gut, haben sich diese 16 Selbstkritiker
      gesagt, tun wir den Kritikern den Gefallen,
      machen wir noch einmal die Lichter an,
      hissen die Fahnen, schmeißen die Musik-
      box an, greifen zur Flasche, bieten wir
      noch mal ein Wochenende lang die große
      68er-Show, lassen wir den Spaß wiederauf-
      erstehen und die Debatten, die Irrtümer,
      die Hoffnungen, betrachten wir sie mit der
      Weisheit unserer fünfzig Jahre und stellen
      ein paar Fragen an unser Leben: Welche
      Kritik an den 68ern ist berechtigt? Warum
      sind die wenigsten von uns politisch ak-
      tiv? Was machen wir im Verhältnis zu un-
      seren Kindern anders als unsere Eltern im
      Verhältnis zu uns? Wie haben wir die Ge-
      sellschaft verändert, im Guten wie im
      Schlechten?
      Aus der Schweiz und aus München, aus
      Jena, aus Köln, aus Berlin und Hamburg
      sind sie deshalb nach Worpswede bei Bre-
      men gekommen; dort fuhren sie schon als
      Schüler hin, um über die nächste Etappe im
      revolutionären Kampf zu beraten.
      Der Diskussion stellten sich moderiert
      vom Journalisten Christian Berg die
      Generalstaatsanwältin Angela Uhlig-van
      Buren, die Bundestagsabgeordnete Krista
      Sager, der Rechtsanwalt Bernhard Docke,
      die Journalistin Tissy Bruns, der Hoch-
      schullehrer Christoph Köhler, der Sozial-
      manager Joachim (—Barlofi) Barloschky, der
      Stadtteilbürgermeister Robert Bücking, der
      Werbeunternehmer Jork de la Fontaine,
      der Anwalt Wolf Leschmann, die WDR-
      Redakteurin Irmela Hannover, die Pädago-
      gin Barbara Brokamp, die Geschäftsführe-
      rin Katja Barloschky, die Kulturveranstal-
      terin Karin Hopfe, die Anwältin Ingeburg
      Lösekann, der Arzt Matthias Kleij, der
      SPIEGEL-Ressortleiter Cordt Schnibben.

      Anschließend kommt ein Gespräch nach dem Motto:

      When i was young!
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 13:04:17
      Beitrag Nr. 44 ()
      Radikalisierung war die Folge ...ja AdHick, die Deutschen sind eben nicht locker genug.


      Für uns 80er waren die deutschen 68er sowas wie bedeutungslose kriminelle Spinner, uninteressant. Bis Heute.

      Die wirkliche Bereicherung kam wie gesagt aus England und den USA. George Lucas entführte uns in den 80ern in fremde Welten, Science Fiction kam groß raus.
      Und dann kam Francis Coppola und drehte Apocalypse Now.:D Ein Feuerwerk des Wahnsinns.

      Nach ihm dürfte es andere Kriegsfilme eigentlich gar nicht mehr geben, schrieb damals Die Zeit. Sie hatte recht, es kam bis auf Full Metal Jacket nichts mehr.
      Naja, Das Boot war auch nicht schlecht.:)
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 13:04:17
      Beitrag Nr. 45 ()
      Man könnte fast Denken, ohne die 68er wären die Nazis nicht möglich gewesen. :mad:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 14:02:22
      Beitrag Nr. 46 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.179.768 von AdHick am 28.10.07 12:40:11Von diesem Trauma scheinst du heute noch betroffen.

      Ich bin etwas jünger, kenne aber welche, die durch die damaligen Ereignisse aus einer SDS-Sitzung aufgeschreckt wurden und bei der Verabschiedung des Trauerzuges nach Hannover in Dreilinden mit Spezial Guest, Pfarrer Heinrich Albertz und den freundlichen Vopos dabei waren.

      Bei dem Plausch anlässlich der Gnadengesuche der RAF lugte die Kränkung noch nach einem halben Jahrhundert deutlich hervor. Und wahrscheinlich fühlen die sich im Zweifelsfall wegen der Jubelperser aus Prinzip auch heute noch eng der iranischen Revolution verbunden.

      Der Triumphzug Chomeneis aus dem französischem Exil nach Theheran... stehengeblieben.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 14:22:48
      Beitrag Nr. 47 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.162 von Tutnix am 28.10.07 14:02:22stimmt,ein bisserl ist immer an wahrheit drann.
      man hat dem sturz des schhas begrüßt,konnte aber nicht voraussehen was dieser chomeni aus Persien (Iran) machen würde.
      dies kann man auch den basaris unterstellen,die ja damals der eigentliche machtfaktor zum sturz des potentaten waren.
      da wie fast immer die amerika ihr finger wo drinnen haben zur installation von diktatoren,sei es persien,griechenland und anderswo,ging es in Persien mal schief,weil ohne sie und noch dazu feindlich ihnen gegenüber eingestellt.
      aber diese vermeintliche verbundenheit ,besteht wohl mehr aus deiner einbildung,bis auf die wenigen die sich auf ihre ursprüngliche herkunft aus dem land der arier berufen möchten,aber tiefbraun, wenig mit den 68zigern zu tun haben.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 14:26:34
      Beitrag Nr. 48 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.179.883 von long rider am 28.10.07 13:04:17Die revolutionsromantisierende Verklärung der Geschichte kennen wir doch schon von den Ex-RAFlern, Alt-68ern, der Hausbesetzerszene, etc.

      Alle MUSSTEN ja so gewalttätig handeln, weil der Staat so böse und gemein war damals....:rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 14:45:26
      Beitrag Nr. 49 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.268 von CaptainFutures am 28.10.07 14:26:34Dass du gewisse Leute niemals kritisieren würdest, ist kein Geheimnis.

      Dass andrerseits z.B. die Agent-Orange und Napalm-Orgien deiner Busenfreunde bei ethisch etwas Anspruchsvolleren auf - gelinde gesagt - Ablehnung trafen, ist zumindest mir verständlich.

      Avatar
      schrieb am 28.10.07 14:49:24
      Beitrag Nr. 50 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.162 von Tutnix am 28.10.07 14:02:22Ich bleibe dabei, keine Einbildung, stehengeblieben. Sie würden sagen, sich selbst treu.

      Es ging auch um Kurnarz und Steinmeier, die Bomben auf Belgrad, wobei mir haarklein vorgerechnet wurde, dass ich ein Rassist sei weil sich meine Aversion überwiegend gegen Vertreter einer Ethnie richte.

      :D

      Ich bin aber Dank dieses Forums, des Internets bestens darauf eingestellt und präpariert gewesen.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 15:12:08
      Beitrag Nr. 51 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.333 von AdHick am 28.10.07 14:45:26Unvergessen:

      My Lai, Vietnam.

      "Die Soldaten vergewaltigten Frauen und erschossen fast alle Bewohner des Dorfes:
      503 Zivilisten,
      davon 182 Frauen,
      172 Kinder,
      89 Männer unter 60 Jahren
      und 60 Greise.

      Kaum ein Soldat verweigerte den Befehl zum Mord. Lediglich der amerikanische Hubschrauberpilot Hugh Thompson zwang die Soldaten durch die Drohung, seinen Bordschützen mit dem MG auf sie feuern zu lassen, elf Frauen und Kinder zu verschonen, die er evakuierte.
      Für ihr Eingreifen wurde die Hubschrauberbesatzung exakt dreißig Jahre später mit der Soldier's Medal ausgezeichnet.

      Unmittelbar nach dem Vorfall versuchten führende Offiziere, das Massaker zu vertuschen. "


      Dreißig Jahre gebraucht für ein bisschen ethische Einsicht!

      Kotz, brech!

      http://de.wikipedia.org/wiki/My_Lai
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 15:14:03
      Beitrag Nr. 52 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.427 von AdHick am 28.10.07 15:12:08"Nach offizieller Darstellung waren in My Lai rund 20 Zivilisten im Rahmen von Kampfhandlungen gegen den Vietcong unbeabsichtigterweise ums Leben gekommen."

      Gelogen haben sie damals schon, dass die Schwarte krachte!

      (Quelle wie oben)
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 15:21:03
      Beitrag Nr. 53 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.432 von AdHick am 28.10.07 15:14:03Begonnen wurde der Vietnamkrieg natürlich mit, na?
      klar, einer Lüge.

      "Als Tonkin-Zwischenfall (auch Tonking-) bezeichnet man die Ereignisse im Golf von Tonkin vor der Küste des damaligen Nordvietnam im August 1964, bei denen ein US-amerikanisches Kriegsschiff angeblich in ein Gefecht mit nordvietnamesischen Schnellbooten verwickelt wurde. Der Zwischenfall wurde von der amerikanischen Regierung um Lyndon B. Johnson als Vorwand für die offizielle Beteiligung der USA an den damals stattfindenden Feindseligkeiten zwischen den beiden Landesteilen benutzt, die sich in der Folge zum Vietnamkrieg (1964–75) ausweiteten.

      1971 veröffentlichte der Pentagon-Mitarbeiter Daniel Ellsberg einen als Pentagon-Papiere bekannt gewordenen Bericht, der die Darstellung des Zwischenfalls durch die frühere Regierung als bewusste Falschinformation entlarvte. Zu diesem Zeitpunkt hatten der Krieg in Vietnam und die amerikanische Beteiligung bereits ihren Höhepunkt erreicht. Am 30. November 2005 gab der US-Geheimdienst NSA geheime Dokumente frei und bestätigte damit indirekt, aber offiziell, dass der Vietnamkrieg infolge einer Falschmeldung an Präsident Johnson begann."

      (http://de.wikipedia.org/wiki/Tonkin-Zwischenfall)
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 15:26:18
      Beitrag Nr. 54 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.449 von AdHick am 28.10.07 15:21:03Akute Posteritis!

      Da hilft nur drei mal täglich Stecker zieh´n und Festplatte mit kalten Ümschlägen einwickeln.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 15:30:06
      Beitrag Nr. 55 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.460 von Tutnix am 28.10.07 15:26:18:laugh: Tourette-Syndrom :laugh:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 15:54:01
      Beitrag Nr. 56 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.427 von AdHick am 28.10.07 15:12:08
      Wenn die Ablehnung der US-Kriegsverbrechen und Lügen in Vietnam dazu geführt hätte, dass die damalige Generation Leute wie Albert Schweitzer, Gandhi oder Dag Hammarskjöld zu ihren Vorbildern erklärt hätte, wäre mir die Bewegung richtig sympathisch gewesen.

      Zumindest der Teil der Bewegung, der mit millionenfachen Massenmörder wie Mao sympathiersierte oder später in den 70er den Genozid von Pol Pot in Kambodscha negierte (Zitat des KBW; „Das Volk von Kampuchea verwandelt sein Land in einen blühenden Garten“)muss sich den Glashaus- Vorwurf gefallen lassen.

      Leider war die USA unfreiwillig einer der Wegbereiter von Pol Pot (Putsch gg. Sihanouk), so dass sich hier der Kreis wieder schließt.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 15:59:48
      Beitrag Nr. 57 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.333 von AdHick am 28.10.07 14:45:26der Cäptn würde sagen,die soldaten helfen kindern vor einem von den vietkongs gelegten waldbrand zu fliehen,wie doch das bild beweisst.
      man muss nur das bild richtig deuten können und nicht den kommunisten und alt68ziger alles glauben.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 16:06:16
      Beitrag Nr. 58 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.347 von Tutnix am 28.10.07 14:49:24und das ist doch nicht wahr tutnix?,wie böse man dir mitgespielt hat mit solchem verdacht.
      nein sowas,weiss doch jeder das du dich immer für freiheit und menschenrechte im positivsten für andere ethnien eingesetzt hast,so lange sie deiner ansicht nicht entgegen standen.:cry:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 16:13:48
      Beitrag Nr. 59 ()
      @ AdHick
      Der Vietnamkrieg war wirklich schlimm, aber für mich und auch für CaptainFutures geht es, wie sein Name schon andeutet, um die Zukunft.


      Die Vietnamesen haben den USA schon längst verziehen und denken an die Zukunft.

      Auf dem X. Parteikongress der KPV, der vom 18.-25. April 2006 in Hanoi stattfand, verabschiedeten 1.178 Delegierte den Fünf-Jahres-Plan für den Zeitraum 2006-2010. Bezeichnenderweise hielt sich gleichzeitig Microsoft-Chef Bill Gates auf Einladung der vietnamesischen Regierung ebenfalls in Hanoi auf. Im Mai 2006 wurde bekannt, dass Vietnam und die USA im Juni 2006 ein bilaterales Handelsabkommen abschließen wollen. Im November 2006 fand in Hanoi zudem das Gipfeltreffen der APEC -Staaten statt, an dem auch US-Präsident George W. Bush teilnahm. Zum 11. Januar 2007 trat Vietnam der Welthandelsorganisation bei.


      Bush: „Das zeigt, wie Völker sich versöhnen können”.

      Bush sieht in Vietnam einen Beleg dafür, daß die Geschichte sich auch zum Guten wenden könne, daß Gesellschaften und das Verhältnis der Länder sich ändern könnten. Besonders beeindruckt sei er davon, daß der vietnamesische Ministerpräsident Phan Van Khai, der noch als Vietkong gegen die Amerikaner kämpfte, seine Kinder auf eine Schule in die Vereinigten Staaten geschickt habe. „Das zeigt, wie hoffnungsvoll die Welt sein kann und wie Völker sich versöhnen können“.

      :kiss:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 16:22:42
      Beitrag Nr. 60 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.614 von long rider am 28.10.07 16:13:48Der gestandene deutsche Linke ist einfach der patriotischere Vietkong als irgendein globalisierter 08/15 Vietnamese.

      Er bleibt sich treu.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 16:23:21
      Beitrag Nr. 61 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.333 von AdHick am 28.10.07 14:45:26ethisch etwas Anspruchsvolleren












      Avatar
      schrieb am 28.10.07 16:23:41
      Beitrag Nr. 62 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.579 von shitpalaver am 28.10.07 15:59:48man muss nur das bild richtig deuten können und nicht den kommunisten und alt68ziger alles glauben.

      Das stimmt in der Tat, dass man solche Bilder einordnen können muss. Dazu sind viele leider nicht in der Lage.

      Der Journalist, die dieses Bild gemacht hat, wurde in den USA mit Preisen überhäuft, weil dort die Aufklärung von Kriegsverbrechen und die Berichterstattung darüber als Heldentat gilt.

      Von den schrecklichen Kriegsverbrechen der Helden der 68er namens Mao Tse Tung, Pol Pot und Ho-Ho-Ho-Tschi-Minh etc. gibt es keine Photos. Bei denen hätte kein Journalist überlebt, der es wagte solche Bilder zu schiessen. Über die Millionen Opfer dieser Verbrecher während der Kulturrevolution, des Pol-Pot-Regimes oder der Schreckensregierung in Vietnam, der die Leute mit Booten zu entfliehen versuchten und zu zig-tausenden jämmerlich ersoffen sind, gibt es keine Bilder, ebensowenig wie von den ganzen Kriegen ihrer Helden gegeneinander.

      Deshalb können die USA-Hasser der 68er Generation immer noch genüsslich regelmässig die alten Bilder ausgraben, und niemand wird sie mit Bildern der schrecklichen Verbrechern ihrer Helden konfrontieren.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 16:58:09
      Beitrag Nr. 63 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.177.560 von derbewunderer am 27.10.07 23:22:22hi zusammen:)

      die 68 hatten als prinip peace und love:) die grundsätze der menschheit! die generation lernt jetzt mit polaritäten umzugehen.
      man nennt es auch dualität.....die evolution schreitet auch bei den 68 voran;)! friede wahrheit licht und liebe....die kabalen werden auch geliebt *lach*.....ob die das mögen*lach*....


      lg
      Astralblue
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 17:35:16
      Beitrag Nr. 64 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.268 von CaptainFutures am 28.10.07 14:26:34Stimmt, wäre der Staat rechtzeitig auf diese Leute zugegangen um wenigstens mit ihnen zu reden wäre uns viel Unheil erspart geblieben.:eek:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 19:00:53
      Beitrag Nr. 65 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.614 von long rider am 28.10.07 16:13:48Ein Handelsabkommen ist eine Sache,
      eine andere ist diese:

      "Laut Angaben des Vietnamesischen Roten Kreuzes leiden circa 500.000 Vietnamesen an den Spätfolgen von Agent Orange. Diese sind: Missbildungen (insbesondere Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten), Immunschwächen und nachhaltige Erbgutveränderungen. Andere Schätzungen setzen die Zahl der Opfer erheblich höher auf ca. 4 Millionen an. Viele vietnamesische Neugeborene kommen auch drei Generation nach dem Einsatz von Agent Orange noch mit schweren Missbildungen zur Welt. Auch Krebs zählt zu den Spätfolgen. Es gibt zwar bis heute keine Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen der Exposition mit Agent Orange und der Tumorentstehung bestätigen, jedoch ist Dioxin als krebserregend bekannt.

      Der Einsatz von Agent Orange erreichte seinen Höhepunkt in der intensivsten Phase des Krieges in den Jahren 1967 und 1968 und wurde 1971 eingestellt. Insgesamt wurden schätzungsweise rund 72 Millionen Liter Herbizide über Vietnam, Kambodscha und Laos versprüht, davon 55 Prozent, oder 40 Millionen Liter, Agent Orange.

      Die US-Regierung und das Militär leugnen bis heute einen kausalen Zusammenhang zwischen Agent Orange und den oben genannten Krankheiten. Agent Orange wurde vom US-Militär als harmloses Entlaubungsmittel beschrieben, das keinerlei Nebenwirkung aufzeigt. So wurden während des Abzugs der amerikanischen Streitkräfte aus Vietnam tausende Liter Agent Orange auf dem Boden ausgeschüttet.

      Auch im Vietnamkrieg eingesetzte US-Soldaten sind von diesen Symptomen betroffen. Als der Zusammenhang zwischen den Gesundheitsschädigungen und dem Dioxin anerkannt wurde, erhielten die betroffenen Soldaten, nach einem Gerichtsbeschluss von 1984, von den Herstellerfirmen Dow Chemical und Monsanto 180 Millionen Dollar als Entschädigungszahlungen. Im selben Jahr wurden auch Soldaten, die aus einem englischsprachigen Land kamen, außergerichtlich entschädigt. Korea 1999: 6.800 von 20.000 Klagenden wurden von der Fa. Dow Chemical & Monsanto entschädigt.

      Eine Gruppe vietnamesischer Opfer hat gegen die amerikanischen Hersteller Klage eingereicht, die jedoch im März 2005 abgewiesen wurde, da im Falle der Anerkennung der Ansprüche dies „die Türen der Gerichte des amerikanischen Rechtssystems für Bürger und Soldaten früherer Feinde, die behaupten, von den Streitkräften der Vereinigten Staaten während des Krieges geschädigt worden zu sein, öffnen würde.“[2]"

      Kommentar wohl überflüssig.

      http://de.wikipedia.org/wiki/Agent_Orange
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 19:57:22
      Beitrag Nr. 66 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.181.328 von AdHick am 28.10.07 19:00:53 @AdHick

      Ähnlich wie im Contergan- Skandal oder bei Aspest hat man von diesen schrecklichen Nebenwirkungen nichts gewußt, sonst hätte man sowas nicht eingesetzt.
      Die Vietnamesen wissen das.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 20:34:23
      Beitrag Nr. 67 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.181.669 von long rider am 28.10.07 19:57:22natürlich hat man von den schrecklichen nebenwirkungen nichts gewusst,sonst hätte man sie ja auch nicht eingesetzt.
      man hatte nur vor den boden zu düngen und beim napalm einsatz war nicht das grillen von menschen geplant,sondern nur geeignete landwirtschaftlich zu nutzende gebiete von maroden wäldern zu befreien.die vietnamesen wissen dies sehr genau,nur die saublöden amerikaner und einige europäer scheinen dies immer noch nicht zu wissen.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 20:53:21
      Beitrag Nr. 68 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.181.669 von long rider am 28.10.07 19:57:22Am 6. August 1945 wurde über Hiroshima die erste Atombombe abgeworfen. 130.000 Menschen waren sofort tot. Ungefähr dieselbe Anzahl starb in den darauffolgenden sechs Monaten an Verbrennungen und Strahlenschäden. Am 9. August erfolgte ein weiterer Abwurf auf Nagasaki. Auch dieser Angriff forderte zahlreiche Menschenleben. Die Anzahl der Langzeitopfer ist bis heute nicht abschätzbar. Noch immer werden Kinder mit Mißbildungen geboren.




      Auch die Nebenwirkungen von Uran und Plutonium waren noch nicht so bekannt, sondern hätten die USA sicher der unmittelbar bevorstehenden Kapitulation Japans den Vorzug gegeben.




      Am 26. Juli 1945 forderten die USA Japan zur bedingungslosen Kapitulation auf. Diese Forderung wurde von Tokyo allerdings abgelehnt, da in ihr eine für Japan wichtige Zusage fehlte: den japanischen Kaiser, den Tenno, unbehelligt im Amt belassen zu können. Für die USA wäre diese Zusage ohne jegliche machtpolitische Relevanz gewesen, Japan hätte es die Möglichkeit geboten, trotz der Kapitulation sein Gesicht zu wahren.


      Warum die USA diesbezüglich nicht einlenkten, ist bis heute umstritten. Eine These lautet, daß die USA die Atomwaffe zum Einsatz bringen wollten und an einer kampflosen Kapitulation Japans - zumindest kurzfristig - kein Interesse hatten.



      http://www.friedenskooperative.de/themen/hirosh01.htm
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 20:57:06
      Beitrag Nr. 69 ()
      Na, der thread hat ja eine schöne Kurve genommen, von den durchaus guten Verbrechen der 68er Mörder bis hin zu den verbrecherischen Kriegsverbrechen der Amis.! Wer sponsert eigentlich diesen thread ? Ad hick, rück mal raus ?:D
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 21:04:43
      Beitrag Nr. 70 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.181.967 von Brama am 28.10.07 20:57:06weisst du doch,alle wege führen nach moskau,amerika besitzt überhaupt keine wege,weshalb die Cowboy,s überall hinreiten müßen.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 21:08:06
      Beitrag Nr. 71 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.181.967 von Brama am 28.10.07 20:57:06Die Amis haben Verbrechen begangen? Das kann doch nicht sein! Das paßt doch nicht in Dein Weltbild?:cry:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 21:23:39
      Beitrag Nr. 72 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.180.907 von ConnorMcLoud am 28.10.07 17:35:16:laugh::laugh::laugh:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 21:48:15
      Beitrag Nr. 73 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.181.967 von Brama am 28.10.07 20:57:06Seitdem ich weiß, nach welchen Kriterien der seine Wäsche sortiert, ist es für mich Gewissheit, AdHick ist pedantisch bis in die letzte Haarspitze. Hättest erstmal dem sein Avatar sehen sollen - der kann demnach auf Dauer gar keine Kritik an seiner Überzeugung aushalten, selbst wenn er seinen eigenen Thread damit kaputt macht.

      Diese Tonking-Story oder das Bild mit dem Bomberangriff hat allein ein gewisser Deep Thought hier schon etliche Dutzend male gepostet. An diese moralisierende Defensivausrichtung hätte ich beim lustigen Titelblatt des Spiegels im ersten Beitrag nicht im Traum gedacht.
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 22:08:54
      Beitrag Nr. 74 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.182.010 von ConnorMcLoud am 28.10.07 21:08:06Connor, Spinner, Du verstehst nichts, lies mal den sräd-titel durch !:laugh:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 22:51:45
      Beitrag Nr. 75 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.181.669 von long rider am 28.10.07 19:57:22:eek::keks:
      Avatar
      schrieb am 28.10.07 23:01:04
      Beitrag Nr. 76 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.181.669 von long rider am 28.10.07 19:57:22>>>Die Vietnamesen wissen das. <<< :mad:

      Dann ist es ja scheinbar "gut".

      Unsere lieben amerikanischen Freunde haben 51000 eigene junge Männer in Vietnam "verheizt".

      Allein das halte ich für ein unglaubliches Verbrechen.
      Avatar
      schrieb am 29.10.07 11:53:47
      Beitrag Nr. 77 ()
      Viele der "Errungenschaften", die sich die 68er auf ihre Fahnen schreiben, hätte es auch ohne sie gegeben, da sich in der Geschichte immer konservativere Phasen mit freieren Phasen abwechseln, dieses Pendel schlägt immer ein paar Jahrzehnte in die eine oder in die andere Richtung aus.

      Der Kulturhistoriker Norbert Elias erklärt dies u. a. schlicht mit der Verbreitung ansteckender Krankheiten, besonders mit sexuell übertragbaren Krankheiten: So folgte auf eine massive Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten im Zuge von Phasen sexueller Freizügigkeit immer eine Phase rigider Prüderie.

      Dazu kam, dass im Nachkriegsdeutschland Millionen von Frauen eben sehr spezielle Erfahrungen mit Besatzersoldaten gemacht haben. Dass diese Frauen dann nicht mal eben locker flockig im 68er Stil durch die Betten sprangen und die freie Liebe predigten, ist m. E. nur zu verständlich.

      Aber auch in den zwanziger Jahren hat es Bewegungen der Freikörperkultur, freier Liebe usw. gegeben, und das ganz ohne Pille.

      Das alles ist überhaupt keine Erfindung der 68er.

      Was mich aber weitaus mehr stört sind eigentlich zwei Hauptaspekte:

      Zum einen das wackere Leugnen und Wegsehen, wenn es um Verbrechen der Kommunisten geht, egal ob in der Sowjetunion, in der DDR (wo ja einige KZs aus der Nazi-Zeit nahtlos weitergeführt wurden) oder in Asien. Das ist einfach unglaubwürdig, sich vordergründig für Menschenrechte etc. ins Zeug zu werfen - aber immer nur bei bestimmten Völkern/Tätern usw. Das hat sich ja bis heute erhalten: diese Messen nach zweierlei Maß und dass Menschenrechte eben nur dann interessant sind, wenn sich politisch daraus Kapital schlagen lässt. Das hat mich schon immer angekotzt.

      Zweiter Punkt: Was mir wirklich wahnsinnig auf den Geist geht, das ist dieses Phänomen, dass viele 68er irgendwie genau dort stehen geblieben sind, nämlich in 1968: die gleichen Phrasen, die gedroschen werden. Kein Gespür dafür, dass sich die Welt inzwischen weitergedreht hat, dass die Feinde von damals heute vielleicht nicht mehr die schlimmsten Feinde sind, kein Gefühl dafür, dass sich die Rahmenbedingungen geändert haben. Man muss sich doch nur mal den Ströbele anschauen, der immer noch ohne Internet-Anschluss in seinem Büro hockt mit seinen Seyfried-Plakaten an den Wänden und immer noch vom Schah-Besuch faselt und überhaupt nicht geschnallt hat, dass wir gegenwärtig mit völlig anderen Konstellationen zu tun haben.

      Ich kann zwar eine gewissen Nostalgie verstehen, jedoch nur in Bezug darauf, dass man damals eben jung war, abenteuerlustig, verliebt und hoffnungsfroh für das zukünftige Leben. Dies geht allerdings fast allen Menschen so. Ich kann auch verstehen, wenn Leute sagen, dass für sie das Jahr 1945 das Schönste ihres Lebens war, weil sie da das erste Mal verliebt waren. Mit Politik oder Mythen oder gar Weltverbesserung hat dies jedoch nur sehr subaltern zu tun. Das muss man schon trennen können.
      Avatar
      schrieb am 29.10.07 12:14:46
      Beitrag Nr. 78 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.185.892 von LadyMacbeth am 29.10.07 11:53:47kein mensch erwartet von dir ,zu allen themen eine einleitung über deutsche verbrechen abzugeben,warum verlangst du es von anderen?.
      "freie liebe" eine erfindung der 68ziger ,wer hat sowas behauptet?,die einstellung dazu ist immer einem zeitenwandel unterworfen,den haben die 68er eben für sich wahrgenommen.
      das die welt sich gewandelt hat ,ist sicherlich auch bei ströbele&co angekommen,musst ja du nicht unbedingt bemerkt haben.
      mal die eigenen phrasen überprüfen würde dir nicht schaden,unabhängig davon ,das ich vieles gerne von dir lese.
      Avatar
      schrieb am 29.10.07 14:41:12
      Beitrag Nr. 79 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.186.226 von shitpalaver am 29.10.07 12:14:46Ich meine ja nicht dich damit. Ich denke dabei eher an meine Lehrer, die zu einem erheblichen Teil aus dem 68er-Spektrum stammten oder an Leute wie diesen Wippermann. Die haben quasi ausnahmslos bestritten, dass es im Kommunismus überhaupt Verbrechen gegeben hat und wenn, dann natürlich nur aus "humanitären" Gründen. Gleichzeitig wurde im Geschichtsunterricht so gut wie nichts außer der Nazi-Zeit abgehandelt (zu ca. 95 %). Alles andere habe ich mir nach der Schule selbst aneignen müssen.

      Ziemlich haarsträubend finde ich auch, was Leute wie der Kempowski nach acht Jahren Bautzen als politischer Häftling anschließend in der BRD mit den 68ern erleben musste. Kannste ja mal nachlesen, da stehen einem wirklich die Haare zu Berge.

      Der Ströbele ist in der Tat ab von allem. Der war bisher nach eigenen Angaben "ein oder zweimal im Internet". Und predigt immer noch die gleichen Thesen wie vor vierzig Jahren. Aber in der Tat gibt es auch einige, die da den kritischen Absprung geschafft haben, ohne sich selbst zu verleugnen. Zum Beispiel hätte ich das vom Wallraff und Klaus Staeck nicht unbedingt erwartet, dass die imstande sind, sich neu zu positionieren. Der Seyfried ist übrigens schon längst aus Kreuzberg weggezogen mit der Diagnose: das sei ja nicht mehr MultiKulti, sondern nur noch Monokulti (gemeint war die türkische Monokulti). Der hat gemerkt, dass dieses "piepiepiep, wir ham uns alle lieb" eben nicht mit jedem so reibungslos funktioniert. So gesehen gibt es manchmal auch positive Überraschungen.

      Wenn ich mir aber z. B. die Programmdirektoren und Redakteure der öffentlich-rechtlichen Sender ansehe und was die so produzieren, ebenso wie etliche Zeitungen: da sind wir von der DDR nicht mehr weit entfernt. Das ist wirklich eine Gehirnwäsche, die einem da geboten wird, das ist unglaublich. Ich wüsste nicht, wo wir in dieser Nation heute stünden, wenn es das Internet nicht gäbe. An Meinungsfreiheit und umfassender Information sind die meisten 68er und deren im Kielwasser schwimmenden Nachfolger genausowenig interessiert wie alle anderen Ideologen auch.
      Avatar
      schrieb am 29.10.07 15:29:50
      Beitrag Nr. 80 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.188.829 von LadyMacbeth am 29.10.07 14:41:12man wird wohl immer von bestimmten einseitig ausgerichten leuten als verräter,gekauft oder sonstwas bezichtet werden,weil sie es als gerüßt ihrer selbst benötigen.damit müssen alle leben,die sich dem jeweiligem mainstream nicht unterordnen wollen.hab als anzughasser nie soviel getragen wie in den 60zigern,war der parka ,jeans etc.ja fast vorschrift,ebenso lange haare und bart,sowie runterbeten was am kapitalismus schlecht und am sozialismus gut ist.mag sich ja alles ins gegenteilige verschoben haben,bzw. neu positioniert haben,so sind die vorwürfe ja doch sehr ähnlich.was wallraff und staeck betrifft,hatte ich nie den eindruck das sie sich verändert haben,sondern immer gesellschaftskritisch argumentieren,wo verlogen etwas anderes suggeriert wird. wallraff ist ja in der türkei schon sehr gefeiert worden und kurz darauf das gegenteil,als er die dortigen verhältnisse für den kleinen bürger auch ansprach.das beide keine repressiven verhältnisse wie dort bei uns wünschen ,kann eigentlich niemanden verwundern der ihrem weg bisher beachtet hat.
      mich stört es auch nicht das z.b. broder sich gegen dem moscheeenbau so engagiert,nur wäre es mir auch lieber er würde selbige kritische fähigkeiten auch auf anderen gebieten zum ausdruck bringen und in punkto israel nicht so einseitig sein.eine gehirnwäsche durch medien wie in der ex sehe ich noch lange nicht als gegeben an,würde mir aber mal eine pro und kontra diskussion zwischen wallraff und broder wünschen.;)
      Avatar
      schrieb am 29.10.07 16:54:23
      Beitrag Nr. 81 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.188.829 von LadyMacbeth am 29.10.07 14:41:12Bei Komunisten (auch hier im Board) ist diese agitatorische Art doch üblich. Die Verbrechen der Kommunisten waren für die doch rechtmäßig.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 30.10.07 07:59:51
      Beitrag Nr. 82 ()
      Âus dem gedruckten "Spiegel" über '68:

      "Ein globaler Aufstand, aber nur in Deutschland wird er bis heute verbissen diskutiert"

      Woran das nur liegt? :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 30.10.07 11:03:37
      Beitrag Nr. 83 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.176.100 von AdHick am 27.10.07 20:52:57Adhick,

      Du hast recht es war nicht alles schlecht damals, bis auf die 68er
      Weltverbesserer und Leistungsfeinde.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 30.10.07 16:48:59
      Beitrag Nr. 84 ()
      Nichts gegen die Lehrer.
      Meine besten Gymnasium Lehrer waren aus den 68'ern!
      Bei denen hatte man das Gefühl dass sie etwas mehr vermitteln wollen als den regulären Unterricht. Vom Stoff blieb nach 5 Jahren nur wenig hängen, aber von der Lebenserfahrung die sie weitergaben kann ich heute noch schwärmen. Und fast 7 Jahre nach dem Abi kann ich nur sagen sie hatten mit fast allem Recht gehabt.


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