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    Warum die Indizes fallen sollten u. weitere int. Berichte - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 03.09.03 20:04:43 von
    neuester Beitrag 02.03.09 23:23:28 von
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      schrieb am 03.09.03 20:04:43
      Beitrag Nr. 1 ()
      ab jetzt werde ich hier die Essays posten.

      Die geposteten Artikeln werden auch Wirtschaftsnachrichten, aber ab und zu auch andere interessante Berichte enthalten.
      Ziel ist es viele interessante Artikel in einem Thread zu sammeln und damit vielen Usern einen guten Überblick(hoffe ich) zu verschaffen.
      Avatar
      schrieb am 03.09.03 20:31:04
      Beitrag Nr. 2 ()
      Weiter, immer weiter und noch etwas weiter

      von Jochen Steffens

      Alle – wirklich alle wichtigen Widerstände der beobachteten Indizes sind nach oben gebrochen. Selbst der breit gefasste S&P 500 konnte aus seiner drei Monate andauernden Seitwärtsbewegung ausbrechen. Sollte sich dieser Bruch als nachhaltig herausstellen, dann hat die Rallye noch einiges Potential nach oben. Das Doppeltop im Dax hat sich damit nicht bestätigt.

      Durch diese Brüche entstanden neue charttechnischen Ziele: Der Nasdaq100 hat nun zunächst ein Kurspotential bis 1390 Punkte. Der Dow hat ein Potential bis 9750 Punkten und der Dax bis ca. 3720 Punkte. Am beachtlichsten ist das (theoretische) Kursziel des S&P 500. Der kann nun um die Spanne seiner Seitwärtsbewegung nach oben laufen, 55 Punkte, also bis 1070 Punkte. (Die Gefahr von einem "false Break" ist zwar gegeben, aber im Moment ist es noch zu früh um darüber zu spekulieren.)

      Sie werden sich sicherlich nun fragen, ob ich jetzt zum Bullen mutiert bin. Nein, natürlich nicht. Ich sehe noch keine wirklich harten Beweise für eine ausreichende konjunkturelle Erholung, ich sehe einige "weiche" Konjunkturdaten und viel Manipulation. Im Moment habe ich den Eindruck, viele sind aus dem Urlaub gekommen und sehen: Huch, die Börse ist ja gestiegen, da muss ich noch rein, und haben gekauft. Andererseits kriegen viele der Shorties kalte Füße und kaufen ihre Positionen zurück. Hauptsache die drei Monate dauernde nervige Seitwärtsbewegung hat ein Ende. Es passiert endlich etwas.

      Der Euro befindet sich auch wieder auf Talfahrt, ich warte immer noch auf die 1,05 Dollar. Der Euro könnte, aufgrund zyklischer Berechnungen, Ende September sein vorläufiges Tief ausbilden. Gold hält sich recht stabil.

      Eine Beobachtung, die ich gemacht habe, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten: Ich habe mir den langfristigen Monats-Chart des Dax angeschaut und gesehen, dass er seit 1978 stetig gestiegen ist und jeweils innerhalb von 5–6 Monate heftig konsolidierte. Zum Hoch im Jahre 2000 wurden dann die Konsolidierungen kürzer, zunächst vier Monate (1997) und dann nur noch drei Monate (1998). Das zeigte die zunehmende Dynamik in diesen Jahren an. Gleichzeitig ein Indiz der Überhitzung. Die oben genannten Konsolidierungen traten, wie allgemein bekannt, gerne in den Sommermonaten auf.

      Doch nun ist offenbar alles anders. Der Dax steigt vom Gesamtbild nicht mehr, er fällt seit März 2000. Und offenbar geht es nun genau andersrum. Er fällt viele Monate und konsolidiert dann kurze Zeit, in der es zu steigenden Kursen kommt. So war es zumindest im Oktober 2001 ca. 6–7 Monate dauerte die Konsolidierung, danach brach er wieder bis März 2003 ein und konsolidiert gerade wieder im sechsten Monat (offenbar dauert eine Konsolidierung nach oben ein bis zwei Monate länger).

      Wenn nun alles umgekehrt ist, warum ist es dann nicht naheliegend, dass es in den Sommermonaten zu steigenden Kursen kommt? Also alle alten Börsenregeln, wie zum Beispiel: "Sell in May and go away" "Verkaufe im Mai und verlasse die Börse", muss man nur einfach umdrehen. Frei nach dem Motto: Kaufe im Mai und werde reich oder verkaufe im Herbst und gehe in den Winterschlaf.

      Das würde dafür sprechen, dass es noch zu steigenden Kursen im September kommen wird und dann im Oktober die Kurse wieder wegbrechen. Vielleicht sind ja die Quartalsergebnisse der Firmen im dritten Quartal wieder nur mäßig besser. Ein Grund dafür könnte sein: Viele Firmen können ihre Sparmaßnahmen kaum noch ausweiten, sie sind sozusagen auf Anschlag. Nur hat bisher eine Rezession noch nicht dazu geführt, dass die großen Konkurrenten weniger geworden sind. Eher das Gegenteil: Der Konkurrenzkampf wird stetig größer.

      Dazu kommt die wachsende Konkurrenz aus China. Wenn ich mir anschaue, dass China seine Wechselkurse nicht anpassen will und damit Amerika sozusagen auf den Teller spukt. Ein möglicher Wirtschaftskrieg geht seinen ersten Schritt. Wird Amerika zu protektionistischen Maßnahmen greifen? Mit all den Folgen?

      Aber auch Japan kommt wieder ins Spiel. So hat Toyota die Marktführerschaft auf dem amerikanischen Auto-Markt erreicht. Wie lange kann die amerikanische Wirtschaft dem Druck von allen Seiten stand halten. Im Moment sehe ich kein Potential für neue Arbeitsplätze. Eher das Gegenteil. Der Konkurrenzkampf fordert höhere Produktivität und noch billigere Herstellungskosten. Das heißt gleichzeitig: noch mehr Stellenabbau.

      Immer mehr amerikanische Firmen werden unter diesem hohen Druck aufgeben müssen. Noch mehr Arbeitslose. Nur wer soll dann noch konsumieren? Das ist die alles entscheidenden Frage. Eine Konjunkturerholung ohne Arbeitsmarkt ist, so gerne das auch einige Analysten hätten, schier unmöglich.

      Aber Alan Greenspan stützt weiter. Mich verwundern diese seltsamen, plötzlich auftauchenden starken Käufe, die die Kurse in den letzten umsatzschwachen Wochen stützten und weiter nach oben trieben. Sind es Fonds, die ihre Shorts zurückkaufen müssen? Sind es die Pensionsfonds, die sich mit Aktien eindecken oder kauft die Fed Aktien, um die Börse zu stützen? Vielleicht alles zusammen? Ich weiß es nicht.

      Aber ich habe in einem Internetforum folgendes "Gebet" gefunden, dass ich Ihnen nicht vorenthalten will:

      "Alan unser, der du bist bei der FED, geheiligt werde dein Karma, deine Manipulation komme, deine Intervention geschehe, wie im Dow so auch im Nasdaq, unseren täglichen Upmove gib uns heute, und vergib uns unser Unwissen, wie auch wir vergeben anderen Unwissenden. Und führe uns nicht zum Gold! Sondern bringe uns zum Dollar, denn Dein ist die (Geld-)Pumpe und der open market und der Future in Ewigkeit Amen."

      P.S. Bill Bonner und Addison Wiggin halten sich derzeit in Bonn auf. Leider konnte ich an dem gestrigen Treffen nicht teilnehmen, da ich gestern doch noch ziemlich erkältet war. Heute geht es mir wesentlich besser. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen noch für Ihre guten Tipps und interessanten Erläuterungen danken.

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      Xetra-Handelszeiten werden verkürzt

      von Jochen Steffens

      Da hat sich die Deutsche Börse wieder etwas Nettes einfallen lassen. Ab dem 3. November 2003 wird der umsatzstarke Xetra Handel nur noch bis 17.30 Uhr stattfinden. Begründet wird dieser Schritt so: Die Deutsche Börse habe damit dem Wunsch vieler Marktteilnehmer entsprochen. Besonders auch ausländischen Anleger seien berücksichtigt worden, da diese Reglung ein Schritt zu europaweit einheitlichen Handelszeiten sei.

      Soweit ich weiß, wollten hauptsächlich die Großbanken einen verkürzten Handel. Warum die Deutsche Börse dann nicht auch den Handel an Feiertagen abgeschafft hat, ist mir allerdings ein Rätsel.

      Noch abstruser ist, dass in Frankfurt auf dem Parkett weiterhin bis 20 Uhr gehandelt werden wird. Es drängt sich der Eindruck auf, dass mit diesem Schritt der Handelsplatz Frankfurt "gestützt" werden soll, der in letzter Zeit unter sehr schwachen Umsätzen litt. Andererseits ermöglicht genau diese Regelung den Kleinanlegern, noch auf größere Schwankungen in Amerika nach 17.50 Uhr zu reagieren.

      Im Moment ist diese Umstellung erst einmal auf ein Jahr befristet. Man kann etwas spöttisch sein und der Börse ein wirklich schlechtes Timing unterstellen. Denn sollte diese Rally weiter gehen, werden auch wieder vermehrt Kleinanleger an die Börse drängen. Spätestens dann werden die Großbanken und Broker wieder das "große Geld" wittern und erneut auf längere Öffnungszeiten pochen.


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      September historisch schlechter Börsenmonat

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      Offensichtlich ist Aktienkaufen nicht nur in New York wieder angesagt; es ist eine weltweite Mode. Aber wie lange noch wird diese Mode anhalten? Wann wird das Aktienverkaufen der letzte Schrei werden? Die Aktien sind teuer, aber sie sind jetzt schon eine ganze Zeitlang teuer ... und sie steigen trotzdem. Nichtsdestotrotz sind teure Aktien besonders anfällig gegenüber Verkäufen, und besonders im Monat September.

      "Der Kalender ist schlecht für US-Aktien", so beobachten Bloomberg News geheimnisvoll. "Der September war für den S&P 500 im letzten halben Jahrhundert der schlechteste Monat, laut Ned Davis Research Inc."

      Natürlich ist der Monat Oktober der berüchtigtste Monat der Geschichte des US-Aktienmarktes. Die großen Crashs von 1929 und 1987 fanden beide im Oktober statt. 1987 brach der Dow Jones um 23 % ein – das war der größte Ein-Tages-Verlust, den es je gegeben hat. Aber dennoch ist der September statistisch gesehen ein schlechterer Monat, was die Performance der US-Aktien betrifft. Der Dow Jones ist seit 1952 in 30 von 51 Septembermonaten gefallen. Und im gesamten letzten Jahrhundert ist der Dow Jones im September durchschnittlich um 1,2 % gefallen.

      Trotz der Vorgeschichte des Monats September sind die Aktienmärkte mit bemerkenswertem Dampf in diesen Monat gestartet. Der S&P 500 und der Dow Jones sind jetzt 6 Monate in Folge gestiegen, und der Nasdaq hat sogar 7 Monate in Folge zugelegt. Der S&P 500 hat seit seinen Tiefs vom März heftige 26 % zugelegt. Dennoch bleibt dieser Index immer noch etwas unter dem Hoch, das er letzten Juni erreicht hatte.

      "Der Markt – gemessen am S&P 500 – hat sich seit dem Start der Gartenparty-Saison kaum bewegt", beobachtet Michael Santoli vom Barron`s Magazin, "Der Index bewegt sich seit Anfang Juni in einer engen Range von 6 % ... der S&P 500 berührte die Marke von 1.000 Punkten am 6. Juni ..."

      Mit anderen Worten: Der S&P 500 dreht sich im Kreis. Aber das ist nicht das schlimmste Szenario für den US-Aktienmarkt. Das könnte für die nächsten Monate sogar das BESTE Szenario sein. Denn ohne die heroische Performance von einigen Sub-Sektoren würde der S&P 500 insgesamt deutlich unter dem aktuellen Niveau notieren. Deshalb werden zusätzlich Indexgewinne zusätzliche heroische Akte erfordern.

      Bedenken Sie zum Beispiel, dass der Halbleiter-Sektor seit Jahresanfang um fast 60 % nach oben geschossen ist – das ist mehr als das Dreifache der Gewinne des S&P 500. Intel ist der größte Gewinner im Dow Jones in diesem Jahr, dank einem prickelnden Zuwachs von 84 %. Als Resultat dieses Anstiegs hat die Aktie jetzt ein KGV von 40, basierend auf den Gewinnen des laufenden Jahres. Natürlich könnten die Intel-Aktien noch weiter steigen – aber warum sollten sie?

      Über diese und viele andere gewichtige Fragen dachte ich gestern nach. Ich dachte über die wirtschaftlichen Trends nach, die sich in den USA ausbilden könnten – in einer Woche, in der die Arbeiter der Nation nach dem Feiertag "Labor Day" am Montag wieder ihre Arbeit aufgenommen haben. Und sie erhöhen das Bruttosozialprodukt, aus ihren Büros, Schulen, Kohleminen und Striptease-Bars.

      Werden diese Leute weiterhin mehr ausgeben, als sie verdienen? Und werden sie weiterhin zuviel für Aktien zahlen, und für Anleihen, deren Rendite zu niedrig ist? Oder werden sie sich von ihren Konsum- und Investmentgewohnheiten abwenden und beginnen, Dollarscheine und Goldmünzen unter ihren Matratzen zu deponieren?

      Die Antworten auf diese gewichtigen makroökonomischen Fragen kenne ich nicht. Glücklicherweise hält mich meine Ignoranz nicht davon ab, eine Meinung zu haben. Und meine Meinung ist es, dass der S&P 500, der Dollar und die US-Staatsanleihen alles Investments sind, die mehr Risiko als Chance bieten. Es ist auch meine Meinung, dass sich in den nächsten Monaten und Jahren der Goldpreis wahrscheinlich besser entwickeln wird als der S&P 500.

      Aber ich bemerke, dass Licht und Schatten nah beieinander liegen – denn auch am Aktienmarkt gibt es exzellente Investments, zwischen horrormäßigen Investments. Und ich bemühe mich – wie immer – möglichst viele der ersten und möglichst wenige der zweiten Kategorie zu finden ...

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      USA: Lage am Arbeitsmarkt bleibt angespannt

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner, derzeit in Bonn

      *** Ein bisschen Erholung. Letzte Woche sagte uns die Herald Tribune, dass die Amerikaner diesen Sommer weniger in Urlaub fuhren – weil sie entweder überarbeitet waren, nach Jobs suchten oder Angst hatten, dass sie ihren Job verlieren würden.

      Jetzt kommt eine weitere Enttäuschung.

      "Die amerikanischen Arbeiter fühlen sich gestresst und zittrig", so die gestrige Ausgabe der Herald Tribune, "weil in den USA weiterhin Monat für Monat Arbeitsplatzverluste registriert werden, und die Löhne steigen langsamer als die Inflationsrate."

      Was halten Sie davon? Der durchschnittliche amerikanische Arbeiter verliert reales Einkommen. Können Sie das glauben, liebe(r) Leser(in)? Während der Rezession wurde die durchschnittliche Person ärmer – ihre Vermögensgegenstände und ihr Einkommen schrumpften –, aber dies Person konsumierte weiterhin fleißig, dank dem Cocktail der niedrigen Zinsen, den die Fed von Alan Greenspan anbot. Jetzt befinden wir uns in einer wirtschaftlichen Erholung; alle Zeitungen sagen das. Aber das reale Einkommen des durchschnittlichen Amerikaners fällt immer noch!

      Frage: Was für eine "Erholung" ist das, in der die Leute weniger Geld verdienen?

      Antwort: Eine Schein-Erholung. Ein Betrug. Eine Scharlatanerholung.

      Frage: Können Sie uns mehr Details geben?

      Antwort: Ja. 2,7 Millionen Jobs sind abgebaut worden, seit vor 3 Jahren der Abschwung begann. Aber dieser Abschwung soll angeblich im November 2001 geendet haben. Seitdem sind aber 1 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen. Der durchschnittliche Arbeitslose braucht 19 Wochen, um einen neuen Job zu finden, länger als je zuvor in den letzten 20 Jahren. Und es gibt fast 2 Millionen Leute, die seit mehr als 26 Wochen arbeitslos sind – das sind dreimal so viel wie zum Zeitpunkt, als die Rezession angeblich endete. Frage: Haben die USA jemals so etwas erlebt?

      Antwort: Ja, während der Weltwirtschaftskrise.

      Frage: Also was ist der Grund?

      Antwort: Das ist das Ergebnis von Sünden; es ist das Ergebnis des von Nixon geschaffenen Systems des Dollarstandards. Kurz gesagt: Die Amerikaner hörten damals auf, zu sparen, und sie begannen, zu kaufen. Sie wurden zum "Mund der Welt", bereit, alles zu konsumieren, das die Welt produzierte. Aber man wird durchs Konsumieren allein nicht reich. Man wird durch Sparen reich. Natürlich fühlt man sich zunächst reich, wenn man vom Sparen zum Geld ausgeben wechselt – denn der Lebensstandard steigt zunächst. Aber irgendwann muss man das Geld, das man sich geliehen hat, zurückzahlen. Und das ist hart, denn die Geschäfte – denen reale Ersparnisse und Investitionen fehlen – sind nicht mehr wettbewerbsfähig; auch ihre Gewinne sind gefallen. Und sie können es sich nicht leisten, die Löhne zu erhöhen. Die durchschnittlichen Gewinne stagnieren nominal – und fallen real. Die Unternehmensgewinne als Anteil am Bruttoinlandsprodukt haben seit Beginn des Systems des Dollarstandards entweder stagniert – oder sie sind zurückgegangen.

      Frage: Wird es noch schlimmer werden?

      Antwort: Warten Sie einfach ab, bis der Dollar wieder fällt. Gemessen in Gold oder ausländischen Währungen werden die amerikanischen Löhne fallen. Andererseits ... wenn die Amerikaner ihre Ausgaben zurückschrauben und ihre Ersparnisse erhöhen werden ... dann werden sie vielleicht ein Comeback erleben, obwohl wir das vielleicht nicht mehr erleben werden. Verglichen mit dem Rest der Welt werden die Amerikaner vielleicht niemals wieder so reich sein.

      *** Kurz vor dem Erscheinen meines neuen Buchs lehne ich mich zurück und sehe mir die derzeitigen Spekulationsblasen an, die von unserem furchtlosen Führer, Alan Greenspan, geführt werden. Besonders auffällig ist die Spekulationsblase am US-Immobilienmarkt. Aber es ist nicht so, als ob ich die nicht hätte kommen sehen ...

      Jimmy Rogers schreibt in der Einleitung zu meinem Buch: "Wie der Investor`s Daily demonstriert, sind die künstlich niedrigen Zinsen und die rapide Kreditexpansion, die auf Alan Greenspan und die Fed zurückzuführen sind, der Grund für die Spekulationsblase der späten 1990er bei den US-Aktien. Jetzt macht die Politik, die von der Fed verfolgt wird, die Spekulationsblase schlimmer. Sie wird von einer Spekulationsblase am Aktienmarkt zu einer Spekulationsblase beim Konsum und am Immobilienmarkt."

      "Und wenn diese Spekulationsblasen platzen, dann wird das schlimmer sein als das Platzen der Spekulationsblase am Aktienmarkt, denn es gibt mehr Leute, die etwas mit Konsum und Immobilien zu tun haben. Wenn alle diese Leute herausfinden, dass die Immobilienpreise nicht für immer steigen, und diese Leute haben hohe Kreditkartenschulden, dann wird es eine Menge wütender Leute geben."

      Letzten Juni hat sich die Rally am US-Anleihenmarkt umgekehrt, und die Hypothekenzinsen schossen gen Norden ... und sie führten zu einem Kaufrausch bei Häusern, bevor "es zu spät werden würde." Potenzielle Käufer werden sich weiterhin um Hypotheken bemühen – aber weniger werden sich jetzt dafür qualifizieren; und selbst wenn sie es tun, dann können sie sich mit dem gleichen Geld jetzt weniger Haus als vorher leisten. Die Glücklichen, die bereits ein Haus besitzen, werden herausfinden, dass der Marktwert ihres Hauses nicht mehr so exzellent aussieht ... und diejenigen, die zu flexiblen Zinssätzen finanziert haben, werden jetzt die Hitze spüren.

      In der Spekulationsblase scheint nicht mehr viel Platz für weitere heiße Luft zu sein. Addison schrieb dazu letztens – ähnlich wie Jimmy Rogers: "Der große Knall war noch nicht da. Aber wenn er passiert, dann wird es eine Menge wütender Leute geben."

      Wie groß kann diese Spekulationsblase noch werden? Ich weiß es nicht, liebe(r) Leser(in). Aber wir werden es herausfinden.

      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 03.09.03 20:37:02
      Beitrag Nr. 3 ()
      Wirtschaftspolitik
      DIW: 2003/2004 Defizitquoten von “reichlich vier Prozent“


      03. September 2003 Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) erwartet 2003 und 2004 weiter steigende Defizite der öffentlichen Haushalte in Deutschland und in beiden Jahren Defizitquoten von “reichlich vier Prozent“. Damit würden Defizitgrenze und Defizitziel “abermals weit verfehlt“, heißt es im aktuellen, am Mittwoch veröffentlichten DIW-Wochenbericht.

      Das Defizit bei Bund, Ländern und Gemeinden werde im laufenden Jahr auf 80 Milliarden Euro ansteigen und damit um 20 Milliarden über dem des Jahres 2002 liegen. Im kommenden Jahr dürfte der Fehlbetrag nach Einschätzung der DIW-Experten mit 87 Milliarden Euro noch höher ausfallen.

      Auch Grenze beim Schuldenstand wird überschritten

      Dies dürfte laut DIW der Fall sein, wenn die dritte Stufe der Steuerreform auf 2004 vorgezogen wird. “Legt man die Abgrenzung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung bei der Schätzung zugrunde, die für die Errechnung des Defizits gemäß Maastricht relevant ist, so errechnen sich für beide Jahre Defizitquoten von jeweils 4,3 Prozent des nominalen Bruttoinlandsproduktes (BIP)“, schreiben die DIW-Konjunkturexperten. Auch die Grenze eines Schuldenstandes von 60 Prozent des BIP werde voraussichtlich 2003 mit 64 Prozent und 2004 mit 67 Prozent deutlich überschritten.

      Faktisch habe sich die Politik von den Zielen des Stabilitätsprogramms gelöst. Gleichwohl sei sie weiter bestrebt, nicht den Eindruck eines “unsoliden Finanzgebarens entstehen zu lassen“. Für 2003 und 2004 sei jedoch keine Entspannung der Finanzlage zu erwarten. Die Entwicklung des Steueraufkommens werde weiterhin von der wirtschaftlichen Schwäche in Deutschland geprägt. “Auch im nächsten Jahr ist eine durchgreifende Wende nicht in Sicht, so daß die öffentlichen Haushalte weiterhin konjunkturellen Belastungen ausgesetzt sein werden“, heißt es im DIW-Wochenbericht.

      Vorziehen der Steuerreform angemessene Reaktion

      Nach DIW-Schätzung können Bund, Länder und Gemeinden mit Steuereinnahmen von 450 Milliarden im laufenden Jahr und von 444 Milliarden Euro im kommenden Jahr rechnen. Das entspreche 2003 einem Plus von 1,9 Prozent und 2004 einem Minus von 1,3 Prozent, das sich auch aus den geplanten umfangreichen Steuersenkungen erkläre. Dennoch habe die Finanzpolitik mit dem geplanten Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform aus konjunktureller Sicht angemessen auf die rezessive Entwicklung der deutschen Wirtschaft reagiert.

      Konsolidierungskurs mittelfristig nicht aufgeben

      “Ohne diesen Schritt hätte die Finanzpolitik die wirtschaftliche Erholung behindert“, heißt es im DIW-Wochenbericht. Aus “stabilisierungspolitischer Sicht“ seien derzeit weitere Ausgabenkürzungen nicht zu vertreten. “Kurzfristig sollte der ausgabeseitige Konsolidierungskurs nicht noch verstärkt werden“, schreiben die DIW-Experten. Mittelfristig dürfe das Konsolidierungsziel allerdings nicht aufgegeben werden. “Wenn aus konjunkturellen Erwägungen das Vorziehen der Steuerreform weitgehend über das Instrument der Kreditfinanzierung angeraten ist, so darf mittelfristig das Konsolidierungsziel nicht aus den Augen verloren werden“, warnen die Forscher.

      Öffentliche Investitionstätigkeit bereitet Sorge

      Die Politik sollte sich nach ihrer Auffassung nicht auf ein Defizitziel, sondern auf eine Ausgabenlinie verbindlich festlegen, “wobei die Zuschüsse zur Bundesanstalt für Arbeit ausgeklammert bleiben sollten“. Zusätzliche Sparmaßnahmen sowie ein breit angelegter Subventionsabbau sollten verzögert in Kraft treten, damit der Aufschwung nicht schon blockiert werde, ehe er begonnen habe. Sorge bereitet den DIW-Experten die öffentliche Investitionstätigkeit. Sie schrumpfe abermals. “Zu geringe Infrastrukturausgaben können als Wachstumsbremse“ wirken.

      Eine grundlegende Voraussetzung für vermehrte öffentliche Investitionen sei eine bessere Finanzausstattung der Gemeinden. Nach DIW-Meinung ist hierzu auch ein größerer Anteil an “eigenbestimmten Steuereinnahmen der Gemeinden notwendig“, heißt es im DIW-Wochenbericht.

      Text: vwd
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 03.09.03 20:38:20
      Beitrag Nr. 4 ()

      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 03.09.03 20:42:20
      Beitrag Nr. 5 ()
      Betrug am Bau kostet den Staat Milliarden
      Tricks mit der Umsatzsteuer - Bundesrechnungshof fordert schärfere Gesetze und mehr Kontrollen

      von Hans-Jürgen Mahnke


      Besonders am Bau verschwinden Steuern in Milliardenhöhe
      Foto: ddp
      Bonn - Bund und Ländern entgeht jedes Jahr vor allem durch Betrug Umsatzsteuereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe. Den Ausfall allein beim Bau beziffert der Bundesrechnungshof mit 64 Mrd. Euro. Der Prof. Dieter Engels, Präsident der Behörde, empfiehlt der Bundesregierung deshalb, zahlreiche Gesetzeslücken zu schließen, die Kontrollen zu verbessern und mehr Steuerfahnder einzustellen.


      Allein das Umsatzsteuerkarussell innerhalb der Europäischen Gemeinschaft führt nach Angaben des Rechnungshofes zu Steuerausfällen von rund zwölf Mrd. Euro im Jahr. Dabei liefert ein Unternehmen hochwertige Teile an Scheinfirmen und innergemeinschaftliche Vertragspartner und erhält sie zum fast gleichen Preis zurück.


      Innergemeinschaftliche Lieferungen sind seit dem Schengener Abkommen umsatzsteuerfrei, nicht dagegen Lieferungen innerhalb Deutschlands. Das Problem: Zwar sind die Scheinfirmen innerhalb Deutschlands verpflichtet, Umsatzsteuer abzuführen, aber sie setzen sich häufig ins Ausland ab, wie der Bundesrechnungshof ermittelt hat. Sie verwenden die Umsatzsteuer entweder für sich oder sie drücken im Wettbewerb die Preise.


      Seit Anfang des vergangenen Jahres ist das "Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz" in Kraft. Gebracht hat es nach Meinung des Rechnungshofes bisher wenig. Als ein Ausweg schlägt er vor, die Haftung für die Umsatzsteuer auf solche Firmen auszudehnen, die von dem Betrug ihrer Partner wissen konnten. Dieses dürfte der Fall sein, wenn die Waren zu ungewöhnlich günstigen Preisen angeboten werden.


      Die Steuerausfälle, nicht nur bei der Umsatzsteuer, sind beim Kettenbetrug am Bau noch höher. Betroffen sind rund eine halbe Millionen Arbeitskräfte. Die Steuerausfälle werden vom Rechnungshof auf 64 Mrd. Euro veranschlagt. Hinzukommen noch 56 Mrd. Euro Versicherungsbeiträge.


      Der Bundesrechnungshof plädiert dafür, das Freistellungsverfahren restriktiver zu handhaben. Überdies sollten die Freistellungsanträge besser kontrolliert werden. Zudem empfiehlt der Bundesrechnungshof einen Wechsel der Steuerschuldnerschaft im Baubereich. Das Bundesfinanzministerium sollte auch über eine steuerliche Generalunternehmerhaftung nachdenken.


      Globalzessionen und Grundstückgeschäfte durch insolvente Unternehmen führen nach Schätzungen des Bundesrechnungshofes jeweils zu jährlichen Umsatzsteuerausfällen in dreistellige Millionenhöhe. Weitere Steuern entgehen dem Staat durch bewusst geplante Insolvenzen von Leasingnehmern oder sonstige Insolvenzen.


      Nach Ansicht des Rechnungshofes ist es durchaus üblich, dass "Unternehmen als letzten Akt ihrer gewerblichen Tätigkeit den Vorsteuerabzug geltend machen", wie Engels sagte, auch wenn sie den Rechnungsbetrag nicht mehr zahlen können. Der Bundesrechnungshof regt an, zur alten Regelung zurückzukehren, die es bis Anfang 1999 gab. Danach hatten die Finanzbehörden im Insolvenzverfahren eine Vorzugsstellung.


      Artikel erschienen am 4. Sep 2003


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      schrieb am 03.09.03 20:44:31
      Beitrag Nr. 6 ()
      Avatar
      schrieb am 03.09.03 20:56:04
      Beitrag Nr. 7 ()
      Patienten müssen mehr zahlen
      (mehr zahlen für die gleiche Leistung und das nennt sich Reform):mad: :(

      Berlin - Höhere Zuzahlungen für Patienten, Streichung von Kassen-Leistungen und die Ausgliederung von Zahnersatz und Krankengeld sind die Hauptpunkte der kommenden Gesundheitsreform. Im Gegenzug sollen die Krankenkassenbeiträge von derzeit durchschnittlich 14,5 Prozent im kommenden Jahr auf 13,6 Prozent und 2006 auf 12,15 Prozent sinken.


      - Zahnersatz: Von 2005 an werden Zahnleistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gestrichen. Die Versicherten müssen ihn aber für etwa 5 bis 7 Euro monatlich zusätzlich versichern. Kinder bleiben kostenlos mitversichert.


      - Krankengeld: Arbeitnehmer sollen den ab der siebten Krankheitswoche gezahlten Lohnersatz von 2006 an allein, das heißt ohne Arbeitgeberzuschuss, versichern. Die Versicherten müssen dafür einen Sonderbeitrag von 0,5 Prozent vom Einkommen zahlen.


      - Zuzahlungen: Bei einem Arzt- oder Zahnarztbesuch muss der Patient bis zu zehn Euro je Quartal und Behandlungsfall zahlen, außer bei Behandlung auf Überweisung. Im Krankenhaus beträgt die Zuzahlung täglich zehn Euro für höchstens 28 Tage im Jahr. Für häusliche Heilmittel sind zehn Euro Praxisgebühr plus zehn Prozent der Kosten zu zahlen.


      - Streichungen: Die Kassen beteiligen sich nicht mehr an den meisten Taxifahrten zur ambulanten Behandlung. Gestrichen werden auch Sterbegeld, Sterilisation aus nicht-medizinischen Gründen und das Entbindungsgeld. Brillen und Kontaktlinsen erstattet die Kasse nur noch für Jugendliche bis 18 und schwer Sehbehinderte. Eine Reihe rezeptfreier Medikamente wird nicht mehr bezahlt.


      - Ärzte: Die freie Arztwahl bleibt für Patienten erhalten; die Kassen dürfen sich nicht - wie die SPD ursprünglich geplant hatte- aussuchen, mit welchen jungen Fachärzten sie zusammenarbeiten wollen und welchen nicht. Fortbildungen werden verpflichtend. Die schlechte Nachricht für Ärzte: Im kommenden Jahr gibt es bei den Honoraren eine Nullrunde.


      - Medikamente: Für neue Medikamente ohne erkennbaren Zusatznutzen soll es - niedrigere - Festbeträge geben. Die Preisbindung für rezeptfreie Mittel fällt, Re-Importe müssen billiger abgegeben werden. Die Pharmafirmen werden insgesamt mit drei Mrd. Euro belastet. "Echte" Innovationen unterliegen aber weiterhin keiner Preisgrenze.


      - Apotheken: Versandapotheken werden zugelassen. Apotheker dürfen bis zu drei Filialen in der eigenen Region oder der Nachbarregion besitzen. Apotheken erhalten künftig je Packung ein Abgabehonorar von 8,10 Euro und einen Zuschlag von drei Prozent auf den Apothekeneinkaufspreis.


      - Patientenbonus: Bei nachgewiesener Vorsorge der Patienten dürfen Kassen einen Finanzbonus geben. Auch Beitragsrückerstattungen oder Tarife mit Selbstbehalt sollen für freiwillig Versicherte möglich sein. Ambulante Behandlungen im EU-Ausland werden bezahlt; für Klinikaufenthalte ist eine Genehmigung nötig.


      - Entlastung: Die Kassen sollen allein 2004 um rund zehn Mrd. Euro entlastet werden. Drei Mrd. Euro können sie verwenden, um Schulden zu tilgen, der Rest soll den Beitragssatz drücken. Von 2004 an sollen die Kassen ihre Rücklagen um jährlich zwei Mrd. Euro auffüllen. AvG




      Artikel erschienen am 4. Sep 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 03.09.03 21:05:22
      Beitrag Nr. 8 ()
      Familienfreundlichkeit rechnet sich

      Prognos-Studie zeigt Unternehmen Nutzen entsprechender Investitionen auf




      BERLIN (epd/dpa). Mittelständische Unternehmen können durch Familienfreundlichkeit mehrere zehntausend Euro im Jahr sparen. Das ist das Ergebnis einer Kosten-Nutzen-Analyse des Prognos-Instituts im Auftrag des Bundesfamilienministeriums. Für ein Modell-Unternehmen mit 1500 Beschäftigten hat Prognos folgenden Nutzen errechnet: Einem Aufwand von rund 300 000 Euro für familienfreundliche Projekte stehe eine Kostensenkung von 375 000 Euro gegenüber. .

      In familienfreundlichen Unternehmen seien die Motivation der Beschäftigten höher, die Fluktuation niedriger und die Fehlzeiten geringer, sagte Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD). Dies senke deutlich die Personalkosten. Sie appellierte an die Wirtschaft, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Angestellte Kinderwunsch und Arbeit miteinander vereinbaren können. Die Studie, für die zehn Unternehmen in ganz Deutschland mit einer Größe von 100 bis 13 000 Beschäftigten untersucht wurden, ergab, dass sich die Fluktuations- und Rekrutierungskosten für Personal um 31 Prozent verringern lassen. Das ist der Studie zufolge etwa darauf zurückzuführen, dass Beschäftigte schneller und häufiger aus der Elternzeit zurückkehren. Insgesamt ergibt sich laut Prognos ein Einsparpotenzial von 55 Prozent. Nach den Erfahrungen der Forscher geben bislang aber neun von zehn Unternehmen an, aus Kostengründen keine familienfreundlichen Projekten wie Betriebskindergärten oder Teilzeit anbieten zu können.

      Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Ludwig Georg Braun, forderte daher die Unternehmen auf, sich antizyklisch zu verhalten. Wenn die Nachfrage wieder anziehe, fehlten den Firmen künftig Fachkräfte. Das könnten sie durch familienfreundliche Bedingungen vermeiden.

      Ministerin Schmidt hält weitere Gesetze zur Familienförderung in Betrieben für nicht notwendig. Wenn die Flexibilisierung der Elternzeit, wie sie das Gesetz ermögliche, von Arbeitnehmern wahrgenommen werden könne, sehe sie keinen weiteren Bedarf. Zusätzliche Gesetze könnten die Vielfalt der Schritte in den einzelnen Betrieben auch einschränken.

      Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt reagierte positiv auf das Ergebnis der Studie. Vor allem auf Grund der demographischen Entwicklung sei eine höhere Vereinbarkeit von Familie und Beruf dringend erforderlich, sagte er. Auch Hundt befürwortet den Ausbau der Kinderbetreuung und eine flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit. Als Beispiel nannte er die Telearbeit. Dabei haben Beschäftigte die Möglichkeit, ihre Arbeit per Computer von zu Hause aus zu erledigen. Von der Bundesregierung verlangte Hundt, für mehr Kindergartenplätze und mehr Ganztagsschulen zu sorgen.



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      Erscheinungsdatum 03.09.2003
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      schrieb am 03.09.03 21:10:45
      Beitrag Nr. 9 ()
      Konsumflaute kostet Stellen

      Gastgewerbe und Handel bauen Arbeitsplätze ab



      WIESBADEN (dpa/ap). Im deutschen Gastgewerbe und im hiesigen Handel sind in den ersten sechs Monaten des Jahres wegen der anhaltenden Konsumflaute weitere Arbeitsplätze abgebaut worden. Das teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit.

      Im Gastgewerbe wurden 4,3 Prozent weniger Menschen beschäftigt als noch im Vorjahreszeitraum. Besonders drastisch war der Abbau der Vollzeitarbeitsplätze um 6,7 Prozent. Bei den Teilzeitstellen meldet die Statistikbehörde zumindest für Mai (plus 0,3 Prozent) und Juni (plus 1,1 Prozent) einen leichten Anstieg. Zuletzt war der Bestand an Teilzeitbeschäftigung bei den Hotels und Gaststätten im Dezember 2001 ausgeweitet worden.

      Im Einzelhandel ging die Zahl der Vollzeitstellen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2002 um 4,3 Prozent zurück. Die Anteil an Teilzeitstellen sank ebenfalls: um 1,2 Prozent. "Für den Einzelhandel ist auffallend, dass eine Reduzierung der Teilzeitstellen - wenn auch in abnehmender Größenordnung - in allen sechs Monaten des ersten Halbjahres 2003 stattfand", erklärten die Statistiker. Die seit Juni verlängerten Öffnungszeiten hätten sich daher zumindest bei ihrer Einführung nicht positiv auf die Beschäftigung ausgewirkt, fassen die Wiesbadener zusammen.

      Die Zahl der Arbeiter und Angestellten im Großhandel sank von Januar bis Juni dieses Jahres um 2,9 Prozent. Während in dieser Branche 3,8 Prozent der vollen Stellen abgebaut wurden, stieg die Zahl der Teilzeitarbeitsplätze dort im Unterschied zum Einzelhandel allerdings um 0,9 Prozent.

      Im Gastgewerbe waren im gesamten Jahr 2002 insgesamt rund 1,04 Millionen Menschen beschäftigt, im Einzelhandel waren es 2,53 und im Großhandel 1,17.




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      Erscheinungsdatum 03.09.2003
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      schrieb am 03.09.03 21:19:30
      Beitrag Nr. 10 ()
      kostenfaktor alter

      Arme Rentner – anno 2020

      Nie war die Altersarmut so gering wie heute. Das ändert sich, wenn die Pläne der Rürup-Kommission wahr werden


      Von G. Hamann und E. Niejahr




      Die Sozialdemokratie scheint von einem unstillbaren Hunger nach Gutachten befallen zu sein. Gerade erst hat die Regierungskommission des Darmstädter Ökonomen Bert Rürup ihre Empfehlungen zur Zukunft der Sozialsysteme abgeliefert, da beauftragt die SPD-Bundestagsfraktion weitere Professoren mit weiteren Expertisen – zum gleichen Thema. Bis Ende Oktober sollen sie fertig sein.

      Offiziell mag das niemand als Gegengutachten bezeichnen, aber natürlich ist genau das bestellt: Mit einigen Vorschlägen zur Rente tun sich die SPD-Abgeordneten schwer – und suchen Beistand.

      Die Rürup-Kommission rät derweil,

      –das Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre anzuheben – aber erst in ferner Zukunft. Von 2011 an soll die Lebensarbeitszeit pro Jahr um einen Monat steigen. Nur für die heute 30-Jährigen würde die Grenze von 67Jahren gelten.

      –wer vorzeitig in Ruhestand geht, soll auf mehr Rente verzichten als bisher.

      –ein neuer „Nachhaltigkeitsfaktor“ soll den Anstieg der Renten verlangsamen. Damit werde auf mittlere Sicht verhindert, dass der Beitrag über 22 Prozent steigen muss.





      SPD-Abgeordnete wie der Fraktionsvize Michael Müller halten diese Vorschläge für sozial unausgewogen. Mit der Hilfe von Gutachtern wie Diether Döring, Professor für Sozialpolitik an der Universität Frankfurt, wollen sie die Debatte auf eine Kernfrage zurückführen: Was in den vergangenen Wochen als „Krieg der Generationen“ daherkam und zuletzt sogar Bundespräsident Johannes Rau (SPD) erregte, ist im Grunde ein Konflikt zwischen Arm und Reich. „Die Reform wird dazu führen, dass die Einkommensunterschiede im Alter deutlich zunehmen“, sagt Sozialökonom Winfried Schmähl von der Universität Bremen. „Es geht nicht nur um Gerechtigkeit zwischen den Generationen, sondern vor allem um die Verteilung innerhalb einer Generation.“

      Die wirklich einschneidenden Vorschläge der Rürup-Kommission träfen schließlich nur jene hart, die „heute 30 bis 50 Jahre alt sind“, sagt Stefanie Wahl vom Institut für Wirtschaft und Gesellschaft (IWG) in Bonn – sie werde vor allem der verringerte Rentenanstieg belasten. Auch Bert Rürup macht keinen Hehl daraus, dass die Rentner von morgen deutlich länger einzahlen müssen, um eine Absicherung auf dem Niveau der heutigen Sozialhilfe zu erhalten – und dass es für viele der heutigen Arbeitslosen kaum möglich sein wird, genug Beitragsjahre zu erreichen.

      „Es wird in Zukunft deutlich mehr Altersarmut geben“, warnt auch Sozialökonom Döring. Nach seinen Berechnungen kommen schon jene, die statt 45 Beitragsjahre nur 40 Jahre lang einzahlen, auf lediglich 34 Prozent des Bruttoeinkommens. „Das Alterseinkommen eines Durchschnittsverdieners entspricht dann der staatlichen Grundrente in Holland oder der Schweiz“, sagt Döring. Er plädiert deshalb, wie die Rürup-Kommission, für einen späteren Renteneintritt.



      Heutige Rentner müssen, geht es nach dem Willen der Regierungsberater, künftig mit langsamer steigenden Renten rechnen. Außerdem soll die Rente im kommenden Jahr nicht zum 1. Juli, sondern ein halbes Jahr später angehoben werden – die Kommission spricht sich quasi für eine halbe Nullrunde aus.

      Beides wird an der Lebenssituation der heutigen Ruheständler nichts Grundlegendes ändern. Nie zuvor waren ihre Einkommen so hoch, und nie waren ihre Lebensumstände so ähnlich.

      Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung dokumentiert: Unter den wohlhabendsten zehn Prozent der Haushalte, die im Jahr 1998 ein Vermögen von durchschnittlich 460000 Euro und ein verfügbares Einkommen von monatlich 7760 Euro besaßen, waren weniger Rentner, als es ihrem Anteil an der Bevölkerung entsprach.

      Gleichzeitig erhalten von den 19,5 Millionen Rentnern deutlich weniger Sozialhilfe als in der Generation ihrer Kinder. Das liegt nicht daran, dass sie freiwillig verzichten, wie neuere Studien belegen. Zuletzt wies das Statistische Bundesamt 309000 Sozialhilfeempfänger über 60 Jahre aus, was 1,55 Prozent der Altersgruppe entspricht. Bei Minderjährigen beträgt die Quote 7,2Prozent.

      Ohne ausblenden zu wollen, dass es einem Viertel der allein lebenden alten Frauen finanziell schlecht geht – die Lebensverhältnisse der Rentner gleichen einander mehr als die in anderen Altersgruppen. Vor allem im Osten herrschen nach wie vor nahezu sozialistische Verhältnisse. Nur wenige Rentner haben Vermögen, aber auch extrem wenige sind arm. Die Alterseinkommen spiegeln die Lebensbedingungen in der DDR wider: Fast alle Frauen waren berufstätig und haben deshalb, anders als im Westen, eigene Rentenansprüche. Aber weniger Menschen hatten ein Haus – oder gar zwei.



      Künftig werde „die Ungleichheit größer werden“, sagt Stefanie Wahl vom IWG. Es trifft alle, die während des Berufslebens nicht in der Lage waren vorzusorgen.

      Insofern sind die Verlierer von morgen schon abzusehen: Es werden die Langzeitarbeitslosen und Langzeitstudenten von heute sein, auch die gering verdienenden Selbstständigen. Sie zahlen in die Rentenkassen kürzer ein und erwerben weniger Ansprüche. Wer Arbeitslosenhilfe und künftig das Arbeitslosengeld II bezieht, muss einen großen Teil seiner Ersparnisse auflösen, bevor er mit staatlicher Unterstützung rechnen kann. Auch Alleinerziehende leben häufiger als der Durchschnitt der Bevölkerung von Sozialhilfe. Wissenschaftler Döring wird der SPD deshalb empfehlen, mehr gegen Altersarmut zu tun und die bestehende, staatlich finanzierte Grundsicherung auszubauen. Rürup hat ähnliche Vorstellungen.

      Die SPD-Fraktion wird über ihr Gegengutachten also staunen: Döring und Rürup denken gar nicht so unterschiedlich, auch wenn Kommissionschef Rürup in seinem Bericht nichts zur Grundsicherung geschrieben hat. Das wird er aber sicher bald tun können, auf die SPD ist ja Verlass: Der nächste Gutachten-Auftrag kommt bestimmt.



      (c) DIE ZEIT 28.08.2003 Nr.36

      ZUM ARTIKELANFANG
      http://www.zeit.de/2003/36/Rentner-Analyse
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      schrieb am 03.09.03 21:21:54
      Beitrag Nr. 11 ()
      STAATSVERSCHULDUNG NIMMT DRAMATISCHE AUSMASSE AN


      Bund der Steuerzahler fordert Rückkehr zum Sparkurs




      Der Staat muss in diesem Jahr fast 70 Milliarden Euro allein für Zinsen
      ausgeben. Das Aufkommen aus der Lohnsteuer beträgt gut 136 Milliarden
      Euro. Das bedeutet: Mehr als die Hälfte der Lohnsteuer geht mittlerweile
      direkt für Zinszahlungen drauf.
      :eek:

      Im Zuge der Defizitmeldung nach Brüssel fordert der BdSt die verantwortlichen
      Politiker dazu auf endlich aufzuhören, "..rein einnahmeorientiert zu denken
      und stattdessen damit zu beginnen, Staatsausgaben zurückzuführen."

      Mehr Infos unter...
      steuernetz.de - Verlagsgruppe Praktisches Wissen"
      Avatar
      schrieb am 03.09.03 21:39:29
      Beitrag Nr. 12 ()
      Schweden und die EU

      zf. Am 14. September stimmen die Stimmbürger in Schweden über die Einführung des Euro ab. Aus diesem Anlass lassen wir Stimmen aus Schweden zu Worte kommen. Johan Lindblad von der Zeitschrift «Frit Norden» weist daraufhin, dass die Einführung des Euro ein politischer Entscheid ist, der keine wirtschaftlichen Vorteile für die Bevölkerung hat - im Gegensatz zur skandinavischen Kronenallianz (1875 bis 1924), die durchaus sinnvoll war, aber andere Bedingungen zur Grundlage hatte, als die Einführung des Euro. Rune Lånestrand von «Småbrukaren» stellt sich die Frage, warum die politische Elite Schwedens mit aller Kraft in die EU möchte, während das Volk von diesem Projekt nur Nachteile zu erwarten hat.



      Warum eine skandinavische Kronenallianz?
      von Johan Lindblad, Redaktor von der Zeitschrift «Frit Norden», Schweden
      zf. Am 3. April 2003 wurde in Schweden eine neue Organisation, die «Skandinavische Kronenallianz» gegründet, mit dem Ziel, auf eine Nichtannahme des Euro hinzuarbeiten, um danach in Richtung einer gemeinsamen skandinavischen Krone gehen zu können. Der folgende Artikel stammt von Johan Lindblad, dem Vorsitzenden dieser Vereinigung. Mehrere Unternehmer haben ihr Interesse an einer Kronenallianz bekundet, und es findet eine rege Diskussion in diesen Kreisen statt.

      In den Jahren 1873 bis 1924 hatten Schweden, Dänemark und Norwegen (seit 1875) eine gemeinsame Währung. Erst seit 1873, der Einführung der skandinavischen Währung, wurde diese «Krone» genannt. Am 23. Mai war es genau 130 Jahre her, seit die skandinavische Krone in Schweden und Dänemark eingeführt wurde. Am 14. September findet die Abstimmung über die Einführung des Euros in Schweden statt. Ein Ja zum Euro würde bedeuten, dass die Krone für immer weg ist und dass keine Möglichkeit mehr besteht, eine eigene Valutapolitik zu führen. Dänemark hat schon darüber abgestimmt und den Austausch der Währung abgelehnt. Es scheint aber, dass während der nächsten Jahre eine neue Abstimmung über den Euro und die anderen dänischen Vorbehalte abgehalten werden wird.

      Der Euro ist keine wirtschaftliche Entscheidung
      Was geschieht, falls die Schweden bei der Euro-Abstimmung nein sagen? Was sicher geschehen wird, ist, dass immer wieder neue Abstimmungen über den Euro angesetzt werden, solange, bis der Euro entweder angenommen wird oder die Währungsunion kollabiert ist. Die meisten Wirtschaftsleute sind sich darüber einig, dass die EU kein optimales Währungsgebiet ist. Im Gegensatz dazu wäre dies gemäss denselben Beurteilern der Norden. Die Einführung des Euros ist keine ökonomische Frage, sondern eine politische. Es gibt keine guten ökonomischen Gründe, die Krone gegen den Euro einzutauschen, im Gegenteil! Der Euro ist ein politisches Projekt mit dem Ziel, Europas Wirtschaften zu integrieren. Ein Ja zum Euro ist eine politische Stellungnahme, nicht eine wirtschaftliche. Es ist auch keine kleine isolierte Entscheidung, sondern die Einführung einer gemeinsamen Währung für die EU stellt einen bewussten Schritt in Richtung «Vereinigte Staaten von Europa» dar. Die skandinavische Kronenallianz nimmt dazu nicht direkt Stellung, ist aber darum besorgt, dass den Bürgern klar wird, dass eine gemeinsame Währung auf Dauer zu einem europäischen Staat führt, entweder absichtlich oder aus «Notwendigkeit».

      Falls Schweden nein zur europäischen Währungsunion sagt
      Ein Nein bei der Euro-Abstimmung führt sicher dazu, dass die Regierung die nächste Abstimmung über dieselbe Angelegenheit zu planen beginnt. Es kann auch sein, dass die schwedische Krone eine Schwächung erlebt und dass das Vertrauen in die schwedische Krone und Schweden als Reaktion auf das Abstimmungsresultat zeitweilig geschwächt werden. Falls Schweden hingegen sich aktiv einer Alternative zum Euro anschliesst, verringert sich die Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten 20 Jahren wieder eine Abstimmung stattfinden wird. Dies könnte auch eine unmittelbare Vertrauensspritze für Schweden darstellen, indem man deutlich sieht, dass Schweden der Frage mit neuen Ideen begegnet. Wenn man schon im voraus signalisiert, dass ein Nein zum Euro heisst, die Arbeit anzugehen, sich eine skandinavische Krone als Alternative zu überlegen, könnte dies negative Reaktionen bei einem ablehnenden Abstimmungsresultat verhindern.

      Vorteile einer skandinavischen Währungsunion
      Dänemark, Norwegen und Schweden bilden zusammen ein klassisches Beispiel, wie ein Gebiet sein sollte, in dem eine Union funktionieren kann.

      Die Länder sind sich wirtschaftlich und kulturell ähnlich und sind geographisch benachbart.
      Die Länder haben ungefähr gleich viele Einwohner.
      Es besteht ein hinreichendes gegenseitiges Sprachverständnis.
      Der Lebensstandard ist ungefähr derselbe.
      Der Ausbildungsgrad ist gleichwertig.
      Die industriellen Strukturen sind ähnlich.
      Das politische System ist in allen drei Ländern grundsätzlich gleich.
      Sie haben wichtige Handelsverbindungen.
      Schon seit längerem führen sie eine ähnliche ökonomische Politik.
      Die Länder besitzen seit einigen Jahrzehnten einen gemeinsamen, funktionierenden Arbeitsmarkt mit einer grossen Arbeitskraftmobilität.
      Zusätzlich hat der Norden auf Grund der wirtschaftlichen Verflechtungen weitgehend parallel verlaufende Konjunkturzyklen.

      Somit steigt das politische und ökonomische Interesse an einem Skandinavien mit einer gemeinsamen Währung. Es wird eine grössere Währungsregion geschaffen, die in gewisser Weise vor Währungsspekulationen schützt. Verglichen mit dem Euro würden die skandinavischen Ökonomien stabiler und die ökonomischen Risiken im Zusammenhang mit der Annahme des Euro blieben ihnen erspart.

      Quelle: Frit Norden, Nr. 2, 2003


      --------------------------------------------------------------------------------
      Politischer Adel will Freiheit und Selbstbestimmung opfern
      von Rune Lanestrand, Redaktor der schwedischen Kleinbauernzeitung «Småbrukaren», Schweden
      Der neue politische Adel ist dazu bereit, die Freiheit und die Selbstbestimmung, die sich unsere Vorfahren, die Bauern und das einfache Volk, über Jahrhunderte erkämpft haben, zum Spottpreis zu veräussern. Wer Gustav Wasa oder den Roman «Reit heute Nacht» (die deutsche Übersetzung dieses Romans wurde von den Nazis verboten) des schwedischen Schriftstellers Vilhelm Moberg gelesen hat, weiss, dass immer, wenn sich Schweden mit den Grossmächten einliess oder selbst versuchte, Grossmacht zu spielen, dies der Bevölkerung nur Elend brachte.

      Nach dem Fall der Sowjetunion ist es für den normalen Bürger unbegreiflich, weshalb man um jeden Preis in etwas hinein will, was sehr an das erinnert, was die Kommunisten im Osten geschaffen hatten. Waffengewalt und Arbeitslager sind durch die Übermacht der Eliten über die Propagandamittel abgelöst worden. Man kann zu Recht von einer Mediengewalt gegen das Volk sprechen. In der Geschichte gibt es viele Beispiele von grossen Imperien, die trotz der Verfolgung von Befreiungsbewegungen zerfielen und das Volk anstelle des unterdrückenden Blendwerkes ihrer Herren die Freiheit wählte. Die EU und die Europäische Währungsunion sind bereits in ihren Grundfesten erschüttert.

      Was die Befürworter wirklich irritiert, ist die gesunde Skepsis des Volkes gegen ein Staatsgebilde, das die nationale Macht übernimmt, welche man trotz allem noch beeinflussen konnte. In der Landwirtschaft haben sich alle unsere Befürchtungen bezüglich der zentralen Steuerung, des Formularwahns und der Detailregelungen leider bewahrheitet. Vor einem Jahr wurden in Bohuslän fünf friedlich grasende Kühe auf der Weide erschossen, nur weil die gelben EU-Marken an ihren Ohren fehlten.

      Oft begegne ich folgender Frage: Warum wollen so viele unserer führenden Politiker die Freiheit und die Selbstbestimmung, die uns während mehrerer Jahrhunderte Frieden und nationale Sicherheit brachte, aufgeben? Schweden stellt keine Bedrohung dar, sondern hat im Gegenteil dank seiner Neutralität als Friedensfaktor in der Welt gewirkt. Statt dessen wird nun unsere Aussenpolitik von Grossmachtinteressen bestimmt und zieht auch unser Land in kriegerische Konflikte hinein. Die Frage ist nicht leicht zu beantworten.

      Ich kann keine bessere Antwort finden, als dass es den führenden Befürwortern an Nationalstolz fehlt. Ihnen ist der «Kleinbetrieb» Schweden zu klein. Sie wollen in die Festsäle der Schlösser hinein und Herrenvolk spielen. Sie bilden sich ein, mit den Grossen der Welt ebenbürtig zu sein, und wollen im Rat und bei der feinen Tafel mit am Tisch sitzen. Das wird zur Flucht vor der Unzufriedenheit der eigenen Bevölkerung, die schon den politischen Bluff um den grösseren Einfluss durchschaut hat. Eine Bevölkerung, die sich leider nicht politisch engagiert oder die guten Volksvertreter unterstützt, sondern das Feld dem neuen, immer häufiger werdenden, frechen Typ von Politikern übergibt.

      Die scharfsinnige Schriftstellerin Pia-Maria Boëthius hat Recht, wenn sie schreibt, dass wir heute in Schweden Politiker haben, die uns nicht mehr mögen. Das Gefühl hat man wirklich. Sie treten wie Quislinge auf und verkaufen uns ihrer eigenen persönlichen Interessen wegen. Nun sind es nicht nur bestimmte lukrative Posten als Generaldirektor oder Regierungsbezirkspräsident, die gierige Politiker nach ihrer Pensionierung locken, sondern auch Aufgaben in der Union mit grossen Honoraren, schwindelerregenden Pensionen und anderen Vorteilen.

      Eine weitere starke Triebfeder ist die wachsende Horde von staatlichen Beamten, die hier sehr viele Möglichkeiten für einen gutbezahlten Job mit einer angenehmen Distanz zum Volk sieht. Mit der Europäischen Wirtschaftsunion wird es noch schlimmer, mit der EU zu leben. Deshalb: Nein zur Europäischen Wirtschaftsunion!

      Quelle: Småbrukaren, Nr. 2, Sommer 2003

      http://www.zeit-fragen.ch/
      Avatar
      schrieb am 03.09.03 21:40:59
      Beitrag Nr. 13 ()
      Zauberlehrling» Greenspan

      Hubert Günter von der LGT Bank in Liechtenstein zur aktuellen Politik des US-Zentralbank-Präsidenten Alan Greenspan und den damit verbundenen Gefahren:

      «Alan Greenspan, der Maestro, beherrscht virtuos die Kunst der Manipulation der Erwartungen der Finanzmarktjongleure. Die Frage ist jedoch, welchem Zweck seine hohe Kunst dienstbar gemacht wird.

      Im Frühjahr letzten Jahres liess er die Welt wissen, dass sich die amerikanische Zentralbank von der klassischen Politik der Steuerung der realen Wirtschaft über die Liquidität der Geschäftsbanken verabschiedet hat. Statt dessen sei die Hauptaufgabe der Federal Reserve Board (FED) nunmehr die Beeinflussung (sprich Manipulation) der (Preis- und Rendite-)Strukturen an den Finanzmärkten.

      Amerika ist mit dieser Ðmarked-based financial economyð ein Experiment eingegangen, von dem noch niemand weiss, wie es weitergeht. Meine Vermutung geht dahin, dass es bereits zu einem unzähmbaren Moloch denaturiert ist, der permanent spekulative Übersteigerungen (Bubbles) in stets wechselnden Marktsegmenten produziert. Ein solches Finanzsystem wird zwangsläufig von den Ðanimal instinctsð der spekulativen Finanzgemeinde und den Ðcredit producersð dominiert, denen die FED ihre Gewinne praktisch garantiert. Aus dem Finanzmarkt ist mit absichtsvoller Dauerpräsenz der FED, mit deren direkter und indirekter Manipulation, fast schon eine zentral gelenkte Veranstaltung geworden. Dieser Moloch wächst und wächst und Mr. Greenspan wird es am Ende nicht anders gehen können als dem Zauberlehrling, der die Geister nicht mehr los wird, die er rief. Niemand kann heute schon sagen, wann und wie die systematischen Risiken dieses Experiments aufbrechen werden. Sicher ist nur, dass es höchst instabil ist und permanenter Expansion bedarf.

      Nachdem der Bondmarkt dank Greenspans Deflationsgespenst zunächst seinen Dienst getan hat, erscheint nun in Greenspans Skript der Aktienmarkt in der Rolle des Protagonisten dieses Theaters. Es wird ein heisser Sommer.»

      Quelle: Vertrauliche Mitteilungen vom 19.8.03
      http://www.zeit-fragen.ch/
      Avatar
      schrieb am 04.09.03 01:16:59
      Beitrag Nr. 14 ()
      Sehr interessante Essays, bluemoons!

      Ich werde diesen Thread auch weiterhin lesen.

      MfG
      Hajo
      Avatar
      schrieb am 04.09.03 23:09:09
      Beitrag Nr. 15 ()
      Zahlen, Zahlen und noch mehr Zahlen

      von Jochen Steffens

      Zwei Nachrichten, zunächst unabhängig voneinander: "Dieses Jahr sind deutlich weniger Amerikaner in den Urlaub gefahren." "Der Konsum hat im Vorjahresvergleich zugelegt." Na, kein Wunder, wenn die Amis zu Hause sind, konsumieren sie mehr. Warum das so interessant ist? Es geht um das dritte Quartal. Werden die US-Unternehmen die relativ hoch gesteckten Erwartungen erfüllen?

      Genau das ist die entscheidende Frage. Erstere Nachricht wurde als Argumentation für die weiter anziehende Wirtschaft hergezogen. Die zweite Nachricht relativiert die erste wieder ein wenig. Es wird maßgeblich auf diesen September ankommen. Nach dem relativ gut ausgefallenen Beige Book, sah man gestern im späteren US-Handel Verkäufe in den startenden Anstieg, so dass dieser "abgewürgt" wurde. Positionieren sich die ersten Investoren auf ein schlechteres drittes Quartal? Es spricht einiges dafür.

      Von einer US-Branche wissen wir nun, dass ihre Schwierigkeiten zunehmen. Die US-Hersteller General Motors, Ford und auch Chrysler, haben trotz massiver Kaufanreize weniger Autos verkauft. General Motors bekommt nun von zwei Seiten Druck, vom Bereich Autoverkauf und vom Bankenbereich (siehe Ausführungen gestern). Da bin ich auf die nächsten Zahlen gespannt.

      Die rückläufigen Verkaufszahlen haben Auswirkungen: Chrysler steigt nun doch wieder in den Preiskampf ein. So sollen Kaufanreize und Preisnachlässe auf die Fahrzeuge des Modelljahres 2004 ausgeweitet werden. Kein Wunder, um 4,7 % war der Chrylserabsatz im Juli zurückgegangen. Sicherlich auch eine Folge davon, dass Chrysler versucht hatte, sich aus dem Preiskampf zurückzuziehen. Keine gute Nachrichten für die DaimlerChrysler Aktie. Chrysler wird den Gesamtkonzern weiter belasten. Ich frage mich, wo Mercedes stände, wenn er nicht Chrysler übernommen – Verzeihung – nicht mit Chrysler fusioniert hätte. Andere deutsche Autohersteller, insbesondere Porsche, konnten hingegen auf dem US-Markt zulegen.

      Auch aus Deutschland kamen weitere Konjunkturnachrichten: Der Auftragseingang der deutschen Industrie ist im Juli wieder rückläufig. Allerdings nur um 0,1 %. Damit bleibt die Nachfrage weiter auf niedrigem Niveau. Konjunkturerholung wir kommen! Heute zitiert sogar die FTD einen Analysten, der sagt, dass die harten Konjunkturdaten noch nicht die Umfrageergebnisse, z.B. ZWE-Index, Ifo-Index, untermauern. Aber Hoffnung ist schließlich genug da. Gut, etwas erfreulicher hat sich die Inlandsnachfrage mit einem Anstieg von 1,1 % entwickelt. Das ist sicherlich positiv zu bewerten.

      Wesentlich weniger erfreulich entwickelt sich die Auslandsnachfrage, diese sank um 1,5 %. Dazu passt, dass der teure Euro den deutschen Exporteuren besonders im Handel mit Amerika zu schaffen macht. Im ersten Halbjahr gingen die Exporte in die USA um 4,9 % zurück. Auch die Exporte nach Japan gingen zurück, um 4,7 %. Die Exporte in die mittel- und osteuropäischen Länder stiegen hingegen um 6 %. Auf das Halbjahr gesehen haben die Exporte insgesamt um 2 % zulegen können.

      Nach diesen vielen Zahlen kommen wir zu einer Null. Denn genau um den Wert wurden die Zinsen in Europa gesenkt. Etwas anderes war allerdings nicht erwartet worden, da die ersten Anzeichen einer Konjunkturerholung ein weitere Zinssenkung zurzeit unsinnig erscheinen lassen
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      US-Konjunkurdaten – schlechte Nachrichten vom Arbeitsmarkt

      von Jochen Steffens

      Oh, oh. Vielleicht erinnern Sie sich, ich hatte erwartet, dass sich einige Amerikaner erst nach der Urlaubszeit arbeitslos melden werden. So verwundert es nicht, dass in dieser Woche die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosigkeit auf 413.000 angestiegen ist. Der Wert liegt wieder deutlich über der 400.000er Marke.

      Damit ist Alan Greenspan in seinem Wettlauf mit der Konjunktur wieder etwas zurückgefallen. Allerdings bin ich auf die Arbeitslosenrate gespannt, die morgen veröffentlicht wird.

      Die Märkte können durchaus nach dieser Nachricht konsolidieren, das ist noch kein Zeichen für ein false Break im S&P . Erst wenn der S&P wieder deutlich in seine Range reinfällt, könnte man das in Erwägung ziehen.

      Um 16.00 Uhr wurde der ISM Service-Index für August 2003 veröffentlich. Wie erwartet fiel er besser als erwartet aus. Er notiert unverändert hoch bei 65,1 Punkten. Erwartet wurde er lediglich bei 62,0 Punkten. Aus meiner Sicht eine Stabilisierung auf hohem Niveau, jedoch diesmal kein Anstieg.

      Zur gleichen Zeit wurden die Daten zu den US-Industrieaufträgen veröffentlicht. Diese sind wieder gestiegen, jedoch nur um 1,6 % auf 329,4 Mrd. Dollar, nach einem Anstieg von 1,9 % im Juni. Es wurde jedoch nur ein wesentlich geringerer Anstieg von 0,8 bis 1,0 % erwartet. Die Neuaufträge bei relativ kurzlebigen Konsumgütern – mit einer Nutzungszeit von üblicherweise weniger als drei Jahren – stiegen um 2,4 %. Die Bestellungen langlebiger Güter wie Autos oder Kühlschränke kletterten dagegen nur um 1,0 %.

      Diese Zahl weist zumindest weiterhin auf eine leichte Belebung des Konsums hin. Insgesamt sind jedoch die Arbeitsmarktdaten die relevanteren Zahlen. Die anderen Konjunkturdaten müssten schon eine dramatische Verbesserung aufzeigen, um die schlechten Arbeitsmarktdaten auszugleichen. Doch warten wir die Arbeitslosenquote morgen ab, diese Zahl wird Zünglein an der Waage sein.
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      Hitlers Generäle und die Investoren der Gegenwart

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Den Beweisen nach könnten wir beide falsch liegen. Die "Fakten" sprechen für keinen von uns. Die Produktion wächst so schnell wie nie in den letzten 8 Monaten. Die Arbeitsplatzverluste verlangsamen sich zumindest. Die Häuser werden zu so hohen Preisen wie nie verkauft ... und die Neubauten von Häusern stehen auf einem 17-Jahreshoch. Fast alle Analysten und TV-Kommentatoren würden gegen mich aussagen. Gute Zeiten voraus, sagen sie.

      Auf der anderen Seite hat auch die Zahl der Pleiten einen neuen Rekordwert erreicht, 9,7 % Plus in den letzten 12 Monaten. Die Schuldenquote der privaten Haushalte steht auf einem Allzeithoch ... und das Handelsbilanz- und Haushaltsdefizit der USA ist nicht mehr nur grotesk, sondern komplett absurd.

      Ich würde meinen Freund John Mauldin als Zeugen für mich sprechen lassen. Seine Einschätzung? Die US-Wirtschaft ist in einer "Durchwurschtel"-Phase. John ist ein größerer Pessimist als ich; aber irgendwie glaubt er, dass das mit dem Durchwurschteln klappen wird.

      Ich will mich nicht mit John darüber streiten. Aber ich habe meine eigene Ansicht: Dinge können sich "durchwurschteln" ... bis sie dann, in einem klärenden Moment, mit dem Durchwurschteln aufhören.

      So einen Moment muss es auch für Hitlers Generäle gegeben haben. In den Steppen der Ukraine oder in den Trümmern von Stalingrad ... irgendwann 1942 ... muss es sie getroffen haben wie ein Teil eines Schrapnells: Sie konnten sich an der Ostfront nicht durchwurschteln. Sie waren weit von zu Hause entfernt. Ihnen fehlten Truppen. Sie hatten zu wenig Panzer und Munition. Ihnen fehlte Nachschub, und Flugzeuge. Und das fürchterliche Wetter war gegen sie ... Hitlers Inkompetenz ... und die weite Sowjetunion erwachte aus ihrem dummen Schlaf.

      Sie konnten sich überhaupt nicht durchwurschteln. Irgendwann müssen die Illusionen geplatzt sein. Plötzlich müssen sie nach draußen gesehen haben und klar gemerkt haben: Die Kampagne war hoffnungslos und schwachsinnig. Sie würden sich zurückziehen, wenn sie Glück hätten, oder sterben, wenn sie keins hätten ... und dann, was? Selbst wenn sie sich sicher hinter die Oder zurückziehen könnten ... wie könnten sie dann die Barbaren aufhalten?

      Dieser Moment des Klarsehens steht den Investoren noch bevor – der Moment, wenn die Leute realisieren, dass die US-Wirtschaft sich nicht einfach durch den Kollaps des Systems des Dollarstandards hindurchwurschteln kann. Wie weit dieser Moment noch entfernt ist, weiß ich nicht. Aber "nicht zu weit", würde ich schätzen.

      Während die Aktien, die Anleihen und der Dollar mir sagen, dass ich falsch liege, steht das Gold hinter mir. Das gelbe Metall selbst sagt zwar nichts, aber sein Preis schreit; er ist seit dem Beginn des Bärenmarktes an der Wall Street um rund 40 % gestiegen, und zusammen mit dem Dollar ist er in den letzten Wochen weiter gestiegen, und steht jetzt kurz vor seinem Topp vom letzten Februar. Selbst jetzt kostet es noch 26 Feinunzen Gold, um alle 30 im Dow Jones enthaltenen Aktien kaufen zu können. Normalerweise und bald auch wieder – so meine Einschätzung – wird das nur 5 bis 6 Unzen kosten.

      Gold befindet sich in einem Bullenmarkt, weil eine wachsende Zahl von Investoren aus dem Fenster sieht und die Katastrophe kommen sieht. Deflation, Arbeitslosigkeit, Bärenmärkte, Pleiten – das ist alles da draußen ...

      Aber hier ist Eric mit den letzten News:
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      Hochgesteckte Erwartungen müssen erfüllt werden

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      Gestern hatte ich darauf hingewiesen, dass der September für Aktien die schlechteste 30-Tages-Spanne des gregorianischen Kalenders ist. Aber der September begann für die Aktienkurse exzellent. Und selbst wenn der September schlecht werden würde: "Der Dow Jones hat seit Jahresbeginn 13 % zugelegt, der Nasdaq rund 35 % und der S&P 500 etwa 15 %", so Bloomberg News.

      Der September hat begonnen, aber die Investoren weigern sich, vor dem angeblich "gefährlichen September" Angst zu haben. Im Gegenteil – die meisten haben ihre Liebe mit den Aktien erneuert. Sie wollen jeden Tag mit Aktien kuscheln ... und jeden Monat ... und in jedem Land. Laut Bloomberg haben alle 62 größeren Aktienindizes der Welt seit Jahresbeginn zugelegt.

      Währenddessen stoßen die Investoren ihre Anleihen ab, so wie Monate alte Bananen. Die amerikanischen, japanischen und europäischen Staatsanleihen sind in den letzten Tagen gefallen – offensichtlich wegen Anzeichen dafür, dass sich die Weltwirtschaft erholt. Besonders der Markt für US-Staatsanleihen leidet unter einer besonders harten Behandlung: Die Rendite der 10jährigen Anleihen ist innerhalb weniger Tage von 4,46 % auf 4,60 % gestiegen.

      Steigende Zinsen sind für die "Super-Verleiher" der Nation, die Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac, gar nicht gut. Aber man braucht gar nicht erst versuchen, das den Analysten von Merrill Lynch oder den Investoren, die auch gestern wieder deren Aktien kauften, zu sagen.

      Merrill Lynch hat das Rating für diese beiden Hypothekenbanken von "Neutral" auf "Kaufen" erhöht, basierend auf der Begründung, dass "die Bodenbildung abgeschlossen ist". Unglaublich – die hoffnungsvollen Kommentare von Merrill Lynch zu Fannie Mae haben dazu geführt, dass die Aktie am Dienstag um fast 5 % nach oben schoss. Und das an einem Tag, an dem die Zinsen auf ein neues Jahreshoch gestiegen sind. Offensichtlich ist ein euphorischer Investor kein kritischer Investor. Allerdings sind es die euphorischen Investoren, die in verrückten Marktphasen reich werden, während die kritischen Investoren nur zusehen.

      Die Tatsache, dass die Zinsen steigen, ist kaum eine Überraschung. Die Besetzung des Irak ist für die amerikanische Nation zu einer jährlichen Steuer von 100 Mrd. Dollar geworden. Dabei explodiert das Haushaltsdefizit schon ohne diese zusätzliche Belastung, die Fed hat "Erfolg" mit ihrer Wiederbelebung der Inflation und die Wirtschaft zeigte Lebenszeichen.

      Hoffnungsvolle News von der volkswirtschaftlichen News tröpfeln herein, so wie der ISM-Index, der im August auf 54,7 % gestiegen ist, nach 51,8 % im Juli. Und die Zahl der geplanten Entlassungen ist im August um 6 % gegenüber dem Niveau vom Juli zurückgegangen (Quelle: Challenger, Gray & Christmas). Das war auch der vierte Monat in Folge, in dem die Zahl der angekündigten Entlassungen unter 100.000 lag. Ein Trend, den man seit dem Jahr 2000 nicht mehr gesehen hatte.

      Deshalb rufe ich jetzt ein "Hipp Hipp Hurrah!" aus für die Wirtschaft, denn sie stampft voraus, wie eine Herde Schildkröten. Aber das ist die eine Seite – dem Aktienmarkt hingegen sollte ich vielleicht nicht applaudieren. Wenn das durchschnittliche KGV schon bei 20 liegt, dann scheint der Aktienmarkt großartige Dinge bereits vorwegzunehmen. Vielleicht sogar kleine wirtschaftliche Wunder.

      Aber vielleicht wird die Wirtschaft die hochgesteckten Erwartungen ja erfüllen.

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      Alle Schlagzeilen im Finanzsektor auf Richard Nixon zurückzuführen


      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      *** Einige Zahlen sind revidiert worden. Vor kurzem hieß es noch, dass die USA für 67 % des weltweiten Wirtschaftswachstums zwischen 1995 und 2000 verantwortlich waren. Jetzt sollen es 96 % sein. Das kann zwei Dinge bedeuten. Entweder waren die USA in diesem Zeitraum wirklich für fast das gesamte weltweite Wirtschaftswachstum verantwortlich ... oder der Dollar hat die wirklichen Relationen verzerrt. Wenn der Dollar nur noch 50 Cent wert wäre, dann wäre auch das US-Bruttoinlandsprodukt nur noch halb so hoch.

      *** Der Dollar ist weiter gestiegen. Für 1,08 Dollar erhält man jetzt einen Euro. Das sieht wie ein guter Trade aus. Später wird es wahrscheinlich 1,50 Dollar oder mehr kosten, einen Euro zu kaufen.

      *** Wer findet in den USA derzeit Arbeit? Eine Zeitung aus Cleveland sagt uns, dass besonders unter den Leuten, die 55 und älter sind, die Beschäftigung zunimmt. Warum? Nun, wahrscheinlich weil diese Leute verlässlich und günstig sind ... und wegen der niedrigen Zinsen können diese Leute noch nicht von ihren Ersparnissen leben.

      *** "Kalifornische Weinbauern unter einer Wolke", so eine Schlagzeile in der Financial Times vom Dienstag.

      Wie Sie wissen, liebe(r) Leser(in), führe ich jede Schlagzeile im Finanzsektor auf Richard Nixon zurück. An jedem Ort eines finanziellen Verbrechens suche ich nach seinen Fingerabdrücken. Es ist überraschend, wie oft ich fündig werde.

      Selbst die kalifornischen Weinbauern sind von den Auswirkungen von Nixons Entscheidung im Jahr 1971 betroffen. Sie wissen: Damals hatte Nixon die Bindung des Dollars an das Gold aufgegeben und damit den Dollarstandard eingeführt. Damals begann eine Konsumwelle, die bis heute anhält. Das Geld und die Kredite, die aus den USA explodierten, setzten die Märkte fast überall unter Feuer – und besonders im Fernen Osten. Dann reinvestierten die Ausländer – mit Billionen Dollar in ihren Händen – das Geld in den USA, was dort in den späten 1990ern zu einer Spekulationsblase führte, die immer noch nicht unter Kontrolle gebracht ist.

      Und nirgendwo in den USA waren die Flammen größer als im nördlichen Kalifornien.

      Die Financial Times erläutert: "Die kalifornische Weinindustrie, die für 95 % der gesamten amerikanischen Weinindustrie verantwortlich ist, ist ein Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden. Vor ein paar Jahren war der Himmel das Limit, als die Einwohner von San Francisco und des Silicon Valley mit Geld aus dem Technologieboom überschüttet wurden."

      Es wurden auch jede Menge neuer Weinberge angelegt, zehntausende Hektar neue Traubenanbaufläche. Und auf Aufschwung folgt Abschwung, wie ich oft betone. Auf den Markt kam soviel neuer Wein, dass die Preise fielen. Jetzt können die Amerikaner eine Flasche guten Cabernet Sauvignon für nur 2 Dollar kaufen. "Two-buck Chuck", ein Anbieter, bei dem alles 2 Dollar kostet, gewinnt Marktanteile. Das zwingt die anderen Anbieter, ihre Preise zu senken. Die Winzer antworten typisch – es wird erwartet, dass sie allein in diesem Jahr 6 % der Traubenanbauflächen wieder aufgeben.

      Sie sehen, liebe(r) Leser(in), hier gibt es eine positive Entwicklung.

      Ja, das System des Dollarstandards von Nixon hat die amerikanische Wirtschaft ruiniert. Aber wenn man eine Flasche guten Weins für 2 Dollar bekommen kann ... warum sollte man sich dann darum kümmern?

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      Populistische, aber wirtschaftlich schädliche Maßnahmen der US-Administration

      von Sean Corrigan

      "Politiker und Lobbyisten, die die Interessen der amerikanischen Arbeiter in einigen Industriezweigen vertreten, haben versucht, die Aufmerksamkeit der Präsidentschaftskandidaten auf die chinesische Währung zu lenken."

      "Ihr Argument ist – China hat den Yuan manipuliert, um in niedrig bewertet zu halten. Chinas Ziel sei angeblich, den chinesischen Exporteuren zu helfen, deren billige Produkte viele amerikanische Arbeiter arbeitslos gemacht haben. Die Kritiker, die glauben, dass China den Wert des Yuan manipuliert, nehmen an, dass jede Währung der Welt frei am Markt floaten sollte, (aber) diese Annahme selbst ist porös."

      - China Daily Editorial -

      Am Dienstag zeigte sich US-Präsident Bush, Gottes gesalbter Verteidiger der Zivilisation, in einer schamlosen Propaganda-Pose: Er sprach vor Industriearbeiten im Mittleren Westen – mit einer Gewerkschaftsmütze auf dem Kopf und einer Bomberjacke. Währenddessen weilte sein Finanzminister John Snow in China, und dort provozierte er hochgezogene Augenbrauen, als er mit seinen asiatischen Gastgebern über den Wert ihrer Währungen sprach. Gähn ...

      Haben wir das alles nicht schon vorher einmal gesehen? Das ist derselbe alte Protektionismus, auf den politisch fähige, aber wirtschaftlich unwissende und moralisch bankrotte Bürokraten normalerweise zurückgreifen, wenn es im eigenen Land Probleme gibt.

      Derselbe weinerliche Ton findet sich auch in einem Artikel der Washington Post, wo die Tatsache beklagt wird, dass die Regierungen der Welt nicht bereitwillig ihre Söhne in den Nach-Eroberungs-Irak schicken wollen. Nun, "quelle surprise!" wie diese französischen Feinde der Freiheit sagen würden.

      Die Implikationen dieser neuen erhöhten Betonung der Ausländer durch die US-Administration könnten weitreichend sein.

      Zunächst einmal gibt es nichts, das sowohl für die wirtschaftliche Erholung als auch für die persönliche Freiheit so nachteilig ist wie die Doktrin, die Bush mit diesen Worten zusammengefasst hat: "Wir haben eine Verantwortung dafür, dass sich die Regierung bewegen muss, wenn jemand einen Schaden erleidet."

      Eine feine Aussage, kein Zweifel. Aber in der Praxis bedeutet das, dass man von den Erfolgreichen Geld nimmt und das unter den Verlierern verteilt, und zwar immer mit einem Ohr darauf gerichtet, wir den größten politischen Lärm macht. Welche kurzfristigen Effekte protektionistische Maßnahmen auch bringen – man kann sicher sein, dass sie langfristig sowohl für private Unternehmen als auch für privates Kapital von Nachteil sein werden.

      So wie die ausgabefreudigen Könige des Mittelalters die venezianischen Banker oder die jüdischen Geldverleiher für ihre eigenen Fehler verantwortlich machten, so bestehen jetzt internationale Bedenken, dass die größten Gläubiger Amerikas bei den amerikanischen Wahlen keine Stimme haben. Seitdem die Spekulationsblase im Jahr 1995 begann sind insgesamt fast 4,1 Billionen Dollar in die USA geflossen. Das sind fast 70 % der 6 Billionen Dollar, die in den letzten 50 Jahren in die USA geflossen sind – eine Tatsache, die die Finanzminister und Investment-Komitees rund um die Welt einen Moment nachdenken lassen sollte.

      Wir sind konfrontiert mit der Aussicht auf Handelsbarrieren, die vom größten Markt der Welt – gleichzeitig dem weltweit größten Schuldner – errichtet werden. Da die internationalen Beziehungen wegen des kriegerischen Attitüde der derzeitigen US-Administration schon stark strapaziert sind, gibt es die klare Gefahr, dass eine Serie von eskalierenden Handelsstreitigkeiten den "Freihandel" beseitigen könnte, um existierende finanzielle Bürden, die durch das Platzen der Blase verursacht wurden, scheinbar bewältigen zu können. Es sollte erkannt werden, dass das ein Schlüsselfehler unter einer ganzen Reihe von politischen Fehlern war, die zum Börsencrash von 1929 und der Weltwirtschaftskrise führten.

      Wenn die USA deutlich über ihre Verhältnisse leben, dann werden sie vielleicht eine größere Anpassung ihrer Währung erhalten, als sie gerade erhandeln wollen. Viele im Westen – nicht nur in den USA – haben lange zu gut auf Kosten von einfach neu gedrucktem Geld gelebt. Wir werden alle entweder heldenhafte Produktionsbemühungen durchführen müssen, um die Balance wiederherzustellen, oder wir werden erkennen müssen, dass wir nicht so reich sind, wie wir derzeit glauben. Eine drastische Anpassung der Währungsparitäten könnte ein Teil davon sein.

      Allerdings: Wenn eine größere Korrektur des US-Dollar plötzlich stattfindet und sie nicht durch größere Sparsamkeit in den USA selbst zusammenfällt – was leider der Fall sein wird –, dann werden die Importpreise deutlich steigen und die Kurse am Anleihenmarkt werden weiter fallen. Die Ausländer, die ihr Kapital aus den USA abziehen und es zurück nach Hause bringen, werden Salz in die Wunden reiben, die der eigenen Dummheit der Fed zu verdanken sind.

      Es ist schwer, die Risiken zu übertreiben, die mit einem Anwachsen der politischen Xenophobie Hand in Hand gehen werden. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass Alan Greenspan das tun wird, was man unter diesen Umständen tun sollte; nämlich das notwendige Abführmittel zu geben, damit das Gift so schnell wie möglich ausgeschieden wird. Stattdessen wird er weiterhin den Markt bekämpfen, indem er die Kreditexpansion fortführen wird, und wir werden deshalb mit der realen Gefahr einer vernichtenden galoppierenden Inflation konfrontiert werden.

      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 04.09.03 23:13:01
      Beitrag Nr. 16 ()
      Fonds
      Spitzer beschuldigt Fonds illegaler Handelsmethoden


      04. September 2003 Der New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer wirft mehreren amerikanischen Banken und Fondsgesellschaften „illegale Handelsmethoden“ vor, mit denen ein Hedge-Fonds beim Kauf von Wertpapieren begünstigt worden seien. Dabei soll es Hedge-Fonds ermöglichst worden sein, Anteile an offenen Immobilienfonds zu Preisen zu erwerben, die den meisten anderen Investoren nicht angeboten worden seien.

      Zumindest in einem Fall scheint Spitzer einen Treffer gelandet zu haben: Der Hedge-Fonds Canary Capital Partners und sein Hauptmanager Edward Stern haben sich einverstanden erklärt, 30 Millionen Dollar an Erträgen und eine Strafe von zehn Millionen Dollar zu zahlen, wie Bloomberg News meldet.

      „System wurde manipuliert“ - Investoren geschädigt

      „Einige Unternehmen und Individuen haben die Gelegenheit gehabt, das System zu manipulieren“, rügte Spitzer. Die Fondsgesellschaften, darunter Bank of America Corp., Bank One Corp., Janus Capital Group Inc. und Strong Capital Management Inc. hätten Canary spezielle Handelsmöglichkeiten wie nachbörsliches Handeln geboten, um andere Investoren auszuschließen. Im Gegenzug habe sich Canary bereit erklärt, in ihre Fonds zu investieren, berichtete die Wirtschaftsagentur.

      Canary sei im Laufe der Zeit somit zu einem der größten Kunden der Bank of America geworden. Die Bank erklärte, mit der Staatsanwaltschaft kooperieren zu wollen. Weiter wollte sich das Unternehmen nicht äußern. Spitzer erklärte, die Fonds hätten die Gesetze verletzt. Mögliche Strafzahlungen wollte er nicht auschließen. Die illegalen Aktivitäten sind laut Spitzer in der Industrie weitverbreitet und kosten Investoren solcher Fonds mehrere Milliarden Dollar.

      „Überraschend, schockierend und aufreibend“

      In der Finanzbranche haben die Erkenntnisse Spitzers und der Zugeständnis von Canary für Aufsehen gesorgt: „Das ist überraschend, schockiend und aufreibend“, sagte Howard Schneider, Berater von Vermögensverwaltern und früherer Mitarbeiter von Fondsgesellschaften, zu Bloomberg. „Wenn sich die Anklagepunkte oder irgendetwas entsprechendes als wahr herausstellen sollte, haben diese Fondsgesellschaften etwas aufzuklären.“

      Schneider hob hervor, die Fondsindustrie mit 9,5 Billionen Dollar Anlagevolumen und 95 Millionen Anlegern in Amerika sei zu einem bevorzugten Mittel für Investments geworden, weil sie nachvollziehbaren Kriterien folge. Der Begriff Investmentfonds stehe für die Regel, daß alle Anleger gleich behandelt würden.

      Branche schmückt sich mit Skandal-Freiheit

      Die Anschuldigungen treffen diesen Industriezweig auch aus einem anderen Grund hart: Führende Vertreter der Fondsbranche haben stets darauf hingewiesen, seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über Invetsmentfonds ohne Skandale ausgekommen zu sein. „Die moderne Fondsindustrie ist niemals mit solche Dingen in Verbindung gebracht worden“, sagte Paul Stevens, Partner einer Anwaltskanzlei und früher beim Investment Company Institute in leitendeer Funktion beschäftigt.

      Um die Tragweite der Manipulation zu erklären, bemühte der Generalstaatsanwalt ein Bild aus dem Sport: Was die von ihm beschuldigten Institute getan hätten, entspreche der Möglichkeit, Wetten zu plazieren, wenn die Pferde schon im Ziel seien.

      Text: Bloomberg/dpa/vwd/@thwi
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 04.09.03 23:18:09
      Beitrag Nr. 17 ()
      Auch Fondsmanager haben kein Erfolgs-Abo
      Dauerhafte Outperformance ist eher die Ausnahme - Auszeichnungen sind von Anlegern mit Vorsicht zu genießen

      von Leo Fischer

      Düsseldorf - Sind die Sieger von heute auch die Gewinner von morgen? Seit 1990 wird alljährlich der Fondsmanager des Jahres gekürt - eine gewiss ungemein prestigeträchtige Auszeichnung. Und die Siegerliste des den Preis verleihenden Fachmagazins "Finanzen" liest sich tatsächlich wie ein "Who his Who?" der Fondsbranche. Doch hat eine solche Wahl auch einen wirklichen Nutzwert? Hat es sich für den Anleger ausgezahlt, auf die Sieger zu setzen? Dieser Frage ist die Fondsberatungsfirma SJB Fonds Skyline nachgegangen. Und Firmenchef Gerd Bennewirtz bringt das ernüchternde Ergebnis auf den Punkt: "Privatanleger brauchen keine Heilsbringer, sondern gute und kontinuierliche Marktinformationen."


      Denn in der Regel konnten die Fondsmanager des Jahres in den auf ihre Wahl folgenden Jahren die hohen Erwartungen nicht erfüllen. Neun von zwölf - also drei Viertel der Siegerfonds - schafften es in den zwei darauf folgenden Jahren nicht, sich unter den ersten fünf ihrer Fondskategorie zu platzieren. Den schlimmsten Absturz erlebte dabei der von Rudy Pomper (Fondsmanager des Jahres 2000) verwaltete Warburg Defensiv Fonds. In den Jahren 2001 und 2002 belegte dieser mit einer negativen Wertentwicklung Platz 40 von 44 Fonds beziehungsweise Rang 50 von 51.


      Auch im Falle Kurt Ochner folgte dem Höhenflug sehr schnell die Bruchlandung. 1998 wurde Ochner als Verwalter des Julius Bär Special German zum Fondsmanager des Jahres gekürt. Seinen Erfolg verdankte der Manager vor allem heißen Spekulationen am Neuen Markt. Glück hat ihm die Auszeichnung indes nicht gebracht. Im Frühjahr 2001 wurde der einst gefeierte Neue-Markt-Manager nach dem Platzen der Technologiehausse von seiner Kapitalanlagegesellschaft Julius Bär in die Wüste geschickt.


      Doch ebenso verkehrt wäre es, die Auszeichnung "Fondsmanager des Jahres" als Kontraindikator zu verwenden und diese Fonds als potenzielle Verlierer generell zu meiden. Denn immerhin gibt es eine spektakuläre Ausnahme von der aus dem Box-Geschäft bekannten Regel "They never come back". Jürgen Kirsch, der 1996 mit einer Jahresperformance von 156,3 Prozent zum ersten Mal ausgezeichnet wurde, schaffte fünf Jahre später erneut den Sprung auf das Siegerpodest. Diesmal mit seinem eigenen Fonds, dem Griffin Eastern European und mit einem Wertzuwachs von 26,04 Prozent.


      Jürgen Kirsch ist auch der ausgemachte Favorit von Eckhard Sauren, der ebenfalls ein Fondsberatungsunternehmen führt. Vor einigen Jahren, als die Dachfonds in Deutschland zugelassen wurden, hat er sich aus dem direkten Fondsverkauf weitgehend zurückgezogen. Denn er ist überzeugt, mit Dachfonds eine effizientere Vermögensverwaltung als mit Einzelfonds anbieten zu können. Seine Devise lautet: "Wir kaufen keine Fonds, sondern Fondsmanager." Paradebeispiel für sein Auswahlprinzip ist immer wieder Jürgen Kirsch. Aber unter den Fondsmanagern, die Sauren für seine Dachfonds bevorzugt, ist derzeit kein Fondsmanager des Jahres zu finden.


      "Anleger stürzen sich mit Vorliebe auf die Siegerfonds, ohne zu fragen, wie die überragende Performance zu Stande gekommen ist und wie die Chancen stehen, dass der Erfolg wiederholt werden kann", so Volker Schmidt-Jenrich, Geschäftsführer und Gesellschafter der SJB. So hätten nicht wenige Fondssparer im Jahr 2000 unbedingt den Invesco GT Japan Enterprise kaufen wollen, der im Jahr zuvor 553,84 Prozent zugelegt hatte. Auf den Einwand, dass diese Performance kaum wieder zu erreichen sei, habe er immer wieder die Antwort gehört: "Mir reichen auch 100 Prozent." Tatsächlich fuhr der Fonds ein Minus von 59,84 Prozent ein. Der Rat von Schmidt-Jenrich ist eindeutig: "Anleger sollten sich darüber im Klaren sein, dass bei den ausgezeichneten Fonds in jedem Fall auf einem hohen Kursniveau und damit möglicherweise zum falschen Zeitpunkt einsteigen."

      Der erste Fondsmanager des Jahres, Rudolf Chomrak, der längst seine Pension genießt, dem DIT aber noch durch einen Beratervertrag verbunden ist, war jedenfalls auch selbst immer skeptisch gegenüber solchen Auszeichnungen. Als Schlüsselerlebnis empfand er die Wahl von Heinz Schimmelbusch, den Chef der Metallgesellschaft, zum Manager des Jahres. Unmittelbar danach begann der Niedergang der Metallgesellschaft. Riskante Öltermingeschäfte hatten das Unternehmen an den Rand der Pleite geführt. Immer wieder riet Chomrak daher zur Vorsicht bei Aktien von Unternehmen, deren Chef als Manager des Jahres ausgezeichnet wurde.


      Artikel erschienen am 5. Sep 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 04.09.03 23:22:49
      Beitrag Nr. 18 ()
      Kassen wieder tief in roten Zahlen

      Einnahmen brechen weg - Beiträge sollen dennoch sinken
      Berlin - Die gesetzlichen Krankenkassen schreiben auch in diesem Jahr tiefrote Zahlen. Im ersten Halbjahr betrug das Defizit 1,8 Mrd. Euro. Ohne das Sparprogramm, das die Bundesregierung Ende letztes Jahr als Notmaßnahme geschnürt hatte, läge der Fehlbetrag sogar noch um eine Mrd. Euro höher, sagte der Staatssekretär im Bundessozialministerium, Theo Schröder, am Donnerstag bei der Präsentation der Halbjahresbilanz. Angesichts der ungünstigen Einnahmeentwicklung rechnet das Ministerium nicht damit, dass die Kassen das Defizit bis Jahresende noch ausgleichen können. Erwartet wird für 2004 ein Finanzloch in Höhe von mehr als zwei Mrd. Euro. Dennoch sollen die Kassen die Beiträge im kommenden Jahr im Zuge der Gesundheitsreform absenken. Die aufgelaufenen Schulden sollen innerhalb der nächsten vier Jahre abgebaut werden.


      Der Anstieg der Ausgaben konnte in den ersten beiden Quartalen deutlich abgeflacht werden. Der Zuwachs lag mit einem Prozent deutlich unter den Vorjahreswerten. Allerdings war der Anstieg der Einnahmen mit 0,1 Prozent noch viel geringer. Im Arzneimittelbereich gaben die Kassen sogar weniger aus als im Vorjahr. Ohne die Rabattregelungen des Sparpakets, die die Apotheken, den pharmazeutischen Großhandel und die Pharmaindustrie im Jahr 2003 mit rund 1,4 Mrd. Euro belasten, wären die Arzneimittelausgaben allerdings erneut deutlich angestiegen. Moderat ist nach Angaben Schröders auch die Ausgabenentwicklung im Krankenhaussektor gewesen.


      Schröder warnte mit Blick auf die Gesundheitsreform Kassen und Ärzteschaft vor einer Verunsicherung der Patienten, um unbegründete Vorzieheffekte zu vermeiden. "Jeder der glaubt, sich jetzt noch schnell Zahnersatz machen zu lassen, irrt", versicherte Schröder. Im nächsten Jahr ändere sich beim Zahnersatz gar nichts. Der Zahnersatz wird 2005 aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausgegliedert.


      Sinkende Ausgaben verzeichneten die Kassen beim Krankengeld, was auf den gesunkenen Krankenstand zurückgeführt wird. Durch die Halbierung des Sterbegeldes gingen auch hierfür die Ausgaben zurück. Deutliche Zuwächse registrierten die Kassen dagegen bei den Fahrtkosten, die nach dem Willen der Regierung demnächst nicht mehr erstattet werden sollen. Auch die Verwaltungsausgaben legten erneut mit drei Prozent überdurchschnittlich zu. Mit 3,8 Prozent kletterten auch die Ausgaben für Heilmittel relativ stark.


      Die Finanzentwicklung unterstreiche die Notwendigkeit einer Gesundheitsreform, sagte der Staatssekretär. Die Krankenversicherung müsse konsolidiert und die Beitragssätze spürbar gesenkt werden. Das erneute Defizit gefährde die von der Regierung für 2004 in Aussicht gestellte deutlich Beitragssenkung nicht. dsi




      Artikel erschienen am 5. Sep 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 04.09.03 23:25:48
      Beitrag Nr. 19 ()
      KOMMENTAR

      Fehldiagnose



      Auf den ersten Blick sehen die Zahlen so schlimm gar nicht aus: Seit Jahren gehören Verluste zur gesetzlichen Krankenversicherung wie die Erkältung zum Spätsommer. Immerhin fiel das Defizit der ersten sechs Monate dieses Mal geringer aus als in der Vorjahresperiode. Zudem scheint die Kostenexplosion gebannt: Nur um ein läppisches Prozent haben die Ausgaben zugelegt. Die zum Jahresbeginn gestiegenen Beiträge sollen wieder sinken, versprechen Regierung und Union. Das klingt, als sei das malade Gesundheitswesen auf dem Weg der Rekonvaleszenz.

      Falscher könnte eine Diagnose kaum sein. Tatsächlich verbergen sich hinter der Halbjahresbilanz von AOK, Barmer & Co. nämlich alarmierende Entwicklungen. Nur weil die Regierung den Anbietern im Gesundheitswesen nach der Wahl eine radikale Nullrunde verordnete, bleibt der Verlust halbwegs im Rahmen. Ohne diese Notoperation, die sich keineswegs jedes Jahr wiederholen lässt, wäre das Defizit auf 2,8 Milliarden Euro oder mehr hochgeschossen. Ob das ehrgeizige Ziel für das Gesamtjahr erreicht wird, erscheint gleichwohl fraglich. In geradezu dramatischer Weise brechen nämlich die Einnahmen der Krankenkassen weg. Die alleinige Koppelung der Beiträge an die Einkommen der Arbeitnehmer erweist sich in Zeiten hoher Erwerbslosigkeit als fatal.

      Keines dieser strukturellen Probleme nimmt Rot-Grün mit der Gesundheitsreform, die nächste Woche den Bundestag beschäftigt, ausreichend ins Visier. Weder werden die Wirtschaftlichkeitsreserven im System durch die Einführung eines echten Wettbewerbs bei Ärzten und Apothekern gehoben. Noch traut sich die große Konsens-Koalition an eine nachhaltige Veränderung der Einnahmebasis heran, die das System der sozialen Sicherung - etwa durch die Belastung von Zinseinnahmen - unempfindlicher machen würde gegen die konjunkturellen Schwankungen.

      So mag Rot-Grün vielleicht recht behalten, und zum Jahreswechsel sinken die Beiträge. Doch den Preis dafür müssen die Arbeitnehmer selbst bezahlen - mit Praxisgebühren beim Arzt, Eigenleistungen beim Optiker und in der Apotheke, einer Extraversicherung für Zahnersatz und einem Sonderbeitrag fürs Krankengeld. doe



      Wirtschaft: Kassenpatienten sollen Milliardenloch nicht fürchten



      fr-aktuell.de



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      Copyright © Frankfurter Rundschau online 2003
      Dokument erstellt am 04.09.2003 um 18:04:05 Uhr
      Erscheinungsdatum 05.09.2003
      Avatar
      schrieb am 04.09.03 23:29:03
      Beitrag Nr. 20 ()
      Morgens Putzjob, mittags Unternehmerin

      Wie Hartz mit Mini-Jobs und Ich-AG die letzten Fundamente der traditionellen Arbeitsgesellschaft untergräbt


      Von Gabriela Simon



      Dass der Arbeitsgesellschaft unweigerlich die Arbeit ausgeht, ist eine alte Geschichte, die niemand mehr hören will. Da sind die Erfolgsmeldungen der neuen Arbeitsmarktpolitik um einiges attraktiver: mehr als 40 000 gegründete Ich-AG und fast eine Million neue Minijobs, das klingt nach Zukunft. Aber wer genau hinhört, kann eine ganz alte Melodie erkennen, wenn auch eigenartig verfremdet. "Morgens Jäger, mittags Fischer, abends kritischer Kritiker." In diesem idyllischen Bild hat Karl Marx einmal seine Utopie der Arbeit zusammengefasst.

      Morgens Putzjob, mittags Unternehmerin im eigenen Fingernagelstudio; morgens freiberuflicher Tapezierer, abends Wachdienst; morgens Schriftsteller, abends Taxifahrer; morgens Gymnastiklehrerin, abends Tänzerin - so könnten die von den Hartz-Reformen auf den Weg gebrachten Biographien in Zukunft aussehen. Im Unterschied zur Marxschen Vision sind ihre Tätigkeiten meist nicht aus der Neigung, sondern aus der Not geboren, und von der ständigen Sorge um die materielle Existenz begleitet.

      Nüchtern betrachtet, besteht die zentrale Neuerung der arbeitsmarktpolitischen Reformagenda darin, dass sich immer mehr Menschen auf Arbeitsverhältnisse einlassen, von denen sie nicht leben können. Sie gründen Ich-AG ohne aussichtsreiche Geschäftskonzepte. Sie "gründen sich" in eine neue Existenz der prekären Arbeit, der Mini-, Zweit- und Nebenjobs, der bleibenden Abhängigkeit von staatlicher Subvention oder familiärer Hilfe.

      Von einem Plakat der Bundesanstalt für Arbeit blickt uns eine illusionslose junge Frau mit ausgelatschten Turnschuhen und Billig-Klamotten entgegen - eine "Unternehmerin", erfahren wir, Gründerin einer Ich-AG. Sieht so die Ikone der neuen Arbeitswelt aus?

      Die Debatten über die Zukunft der Arbeit waren bis vor kurzem noch von einem anderen Kultbild getragen. Es war männlich, von solider beruflicher Qualifikation, aufstiegsorientiert und selbstbewusst. Er war die Weiterentwicklung des männlichen Facharbeiters, dem die moderne Ökonomie zusätzliche Kompetenzen, mehr Eigenverantwortung, aber auch neue Risiken bescherte. Hier erschien die abhängige Erwerbsarbeit in ihrer lichtesten Gestalt: als Medium für persönliche Entwicklung und sozialen Aufstieg, als Basis für Gleichberechtigung und materielle Sicherheit.

      Bei der Gründerin einer Ich-AG ist dieser Glanz verloren gegangen. Sie ist nicht zufällig weiblich, denn sie verdient wenig, wahrscheinlich nicht genug zum Leben, sie hat keine Sicherheiten und keine Karriereperspektiven. Vom gut situierten Niveau des qualifizierten, fast schon gleichberechtigten Arbeitnehmers ist die Vision der Arbeit abgestiegen in die Welt der Geringverdiener, die ihre Ansprüche zurückstecken, um - wie auch immer - ein bisschen Geld zu verdienen.

      Tatsächlich hat das Bild des fest angestellten, fachlich qualifizierten Arbeitnehmers nie die ganze Realität der Arbeit widergespiegelt. Es galt im wesentlichen für den männlichen Teil, also für die Hälfte der Gesellschaft. Das "Normalarbeitsverhältnis", ein Leben in kontinuierlicher Erwerbsarbeit als biographische Normalität, war schon immer eine Lebenslüge der Arbeitsgesellschaft. Auf dieser Lebenslüge beruht heute noch die fixe Idee, dass Vollbeschäftigung nur eine Frage der "richtigen" Arbeitsmarktpolitik sei. Wolfgang Clement hat diese Botschaft dem ungläubigen Publikum in den vergangenen Monaten immer wieder verkündet: Vollbeschäftigung bis zum Jahre 2008 sei möglich, bei kategorischem Ausschluss von Arbeitszeitverkürzungen.

      Tatsächlich nimmt das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen seit Jahrzehnten stetig ab, über alle Wachstumsphasen hinweg. Zwischen 1966 und 1996 sank es in Westdeutschland um 20 Prozent, in der gesamten Republik seit 1991 um etwa zwölf Prozent, Tendenz ungebrochen. Auch die neuen Jobs der Hartz-Reformen konnten am sinkenden Trend des Arbeitsvolumens bis jetzt nichts ändern.

      Um gegen den säkularen Trend an der Vollbeschäftigungsidee festzuhalten, wird heute genau das geopfert, worauf die Integrationskraft der Arbeitsgesellschaft beruht: die Kombination von materieller Sicherheit, persönlicher Entwicklung, Respekt und sozialer Anerkennung durch Erwerbsarbeit.

      In der Welt der Mini- und Nebenjobs, der prekären Arbeit und ungesicherten Existenz, in der Gratwanderung zwischen Überlebenskampf und Lebenskünstlertum, entstehen Biographien, die nicht mehr durch Arbeit "in Wert gesetzt" werden. Das hat auch eine positive Seite: Immer mehr Menschen werden ihre Lebensziele außerhalb des Arbeitsmarktes definieren und verfolgen. Sie sind gezwungen, den Wert und Sinn ihres Lebens - teilweise auch ihr Auskommen - woanders zu suchen, zum Beispiel in künstlerischer Tätigkeit, in persönlichen Netzwerken oder der Familie. Dabei stellt sich die Frage, wie sinnvolle Tätigkeit, gesellschaftliches Engagement und Kreativität auf neue Weise mit der Sicherung der materiellen Lebensbasis verbunden werden können, mit nie da gewesener Dringlichkeit.



      Wirtschaft: Nürnberg vom Erfolg der Ich-AG-Idee überrascht
      Deutschland: Stellenmarkt kommt erst Mitte 2004 in Schwung




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      Dokument erstellt am 04.09.2003 um 18:04:14 Uhr
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      schrieb am 04.09.03 23:30:44
      Beitrag Nr. 21 ()
      Ärzte spüren wenig Schmerzen

      Lobby lobt Abschaffung der Budgets / Visite im Ministerium




      doe BERLIN. So richtig deutlich mag Manfred Richter-Reichhelm, der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), seine Zufriedenheit mit der geplanten Gesundheitsreform nicht zeigen. Keineswegs, betont er, kämen die Doktores ungeschoren davon: "Jeder muss seinen Beitrag leisten." Bei einem Gespräch mit Ministerin Ulla Schmidt (SPD) mahnte der Lobbyist zahlreiche Detailänderungen etwa bei der Umsetzung der Praxisgebühr, der Korruptionsbekämpfung und der Angleichung der Ost-Mediziner-Honorare ans West-Niveau an.

      Doch im Grunde kann der KBV-Boss nicht klagen: Die Reform erspart seiner Organisation nicht nur den gefürchteten freien Wettbewerb der Fachärzte. Sie bringt vor allem - von der Öffentlichkeit bislang wenig beachtet - die Abschaffung der von den Medizinern seit langem bekämpften Honorarbudgets. "Das ist unser zentraler Erfolg", freut sich Richter-Reichhelm und nennt die neue Vergütungssystematik gar "das Herzstück der Reform". Tatsächlich soll nach den Plänen der Konsensrunde von Regierung und Union im Jahr 2007 die bisherige Deckelung der Arzthonorare fallen. Anders als bisher sollen sich die Ausgaben dann nicht mehr primär an der Maxime der Beitragsstabilität, sondern am medizinischen Bedarf orientieren. Steigen aufgrund des medizinischen Fortschritts oder der Alterung der Gesellschaft die Kosten, müssen dafür die Krankenkassen aufkommen. Hingegen tragen die Mediziner das Risiko weiter steigender Arztzahlen, die ihre Honorare mindern.

      Nach den Plänen sollen Kassen und Kassenarztverbände von 2007 an jährlich ein am Versorgungsbedarf orientiertes Regelleistungsvolumen vereinbaren. Jeder Arzt erhält für seine Leistung dann feste Punktwerte. Solange er nicht mehr Patienten mit einem bestimmten Krankheitsbild behandelt, als vereinbart, bekommt er das volle Honorar. Nur bei Überschreitung des Volumens würde die Vergütung gekürzt.



      Wirtschaft: Kassenpatienten sollen Milliardenloch nicht fürchten




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      schrieb am 04.09.03 23:33:00
      Beitrag Nr. 22 ()
      Klassenkampf von oben

      Gats-Abkommen leistet Lohndumping auf dem Arbeitsmarkt Vorschub


      Von Albrecht Kieser



      Das Gats-Abkommen trat 1995 in Kraft und ist eine der Säulen der Welthandelsorganisation (WTO). Gats heißt "General Agreement on Trade in Services" (Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen). Die Vereinbarung soll nicht nur Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, Handel, Transport und Tourismus, sondern auch Wasser- und Energieversorgung, Bildungssektor, Gesundheitswesen und soziale Dienstleistungen dem globalen Markt unterwerfen.

      Das vertraglich festgezurrte Prinzip von Gats treibt auch die Liberalisierung der so genannten Daseinsvorsorge voran - auch wenn EU-Kommissar Pascal Lamy versichert, die Europäische Union wolle auf der Verhandlungsrunde in Cancún den europäischen Markt für Gesundheit, Bildung und soziale Dienstleistungen nicht öffnen. Denn in Artikel 19 heiß es: "Entsprechend den Zielen dieses Übereinkommens treten die Mitglieder in aufeinander folgende Verhandlungsrunden ein, um schrittweise einen höheren Stand der Liberalisierungen zu erreichen. Die Verhandlungen zielen darauf ab, die nachteiligen Auswirkungen von Maßnahmen auf den Handel mit Dienstleistungen zu vermindern oder zu beseitigen, um dadurch einen effektiven Marktzugang zu erreichen."
      Damit forciert Gats eine Entwicklung, die schon länger im Gange ist. So ist die deutsche Krankenversicherung längst teilprivatisiert und die private Assekuranz schließt "Risikogruppen" aus; private Schulen bieten Ausbildung für hohes Schulgeld, private Altenheime sind einer zahlungskräftigen Klientel vorbehalten. Die Aufspaltung der Daseinsvorsorge in Reich und Arm wird allerdings beschleunigt, wenn diese Märkte mithilfe von Gats erst einmal vollständig und "gleichberechtigt" international agierenden Konzernen geöffnet sind: Wenn die zum Beispiel in die sozialen Dienste eindringen, so müssen ihnen Gats zufolge dieselben Zugangschancen eingeräumt werden wie gemeinnützigen Vereinen oder den Trägern der freien Wohlfahrtspflege - ohne dass sie deren soziale Ausrichtung übernehmen müssen. Gleiche Zugangschancen aber heißt, dass die gewinnorientierten Konzerne dieselbe öffentliche Förderung erhalten müssen wie gemeinnützige Vereine. So bleiben caritative Verbände, die sozialverpflichtet zu höheren Kosten arbeiten, im Kampf um staatliche Zuschüsse auf der Strecke. Auch Bildung und Gesundheit werden bei der Privatisierung durch Gats zur Ware. Wenn zum Beispiel Bildungskonzerne auf dem Weltmarkt, dessen Wert auf zwei Billionen Dollar geschätzt wird, ihre Dienste anbieten, dann nach dem Grundsatz, dass hohe Bildung ihren Preis hat. Vorreiter sind hier die USA und Großbritannien, wo Oberschichtkinder praktisch nur noch Privatschulen besuchen. Der öffentliche Schulsektor verfällt, das Menschenrecht auf Bildung in der UN-Menschenrechtskonvention wird ausgehebelt.

      Nach Ansicht der Gats-Kritiker wird das Primat gewinnorientierten Wirtschaftens früher oder später alle Sektoren der Daseinsvorsorge aus der staatlichen Sozialverpflichtung lösen und so den zumindest in Europa weithin gültigen Grundsatz aushöhlen, jedem Menschen sei der Zugang zu diesen Diensten zu sichern.

      Weil Gats international agierenden Konzernen auch erlaubt, ihre eigenen Beschäftigten in ausländischen Filialen arbeiten zu lassen, wird auf diesem Wege zudem die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt erhöht. Denn Gats globalisiert zwar die Freiheit, jede Dienstleistung zu exportieren, einschließlich dazu gehöriger billiger Arbeitskräfte. Aber Gats globalisiert nicht Mindestlohnstandards oder Schutzbestimmungen für Arbeitnehmer. Wenn also ein Konzern seine Beschäftigten von einem Niedriglohnland aus hierher exportieren darf, gerät das hiesige Lohnsystem aus den Fugen.

      DGB und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi haben deshalb ihren Widerstand gegen diese Form von Gats-gestütztem Lohndumping angekündigt.

      Dossier: Grenzen der Globalisierung




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      Dokument erstellt am 04.09.2003 um 18:04:09 Uhr
      Erscheinungsdatum 05.09.2003
      Avatar
      schrieb am 04.09.03 23:37:42
      Beitrag Nr. 23 ()
      Analyse

      Die Manipulation des US-Wachstums,
      externe Analyse


      Mit freundlicher Genehmigung von Folker Hellmeyer, von der Bremer Landesbank.

      Das US-Wachstum ist stärker als das europäische Wirtschaftswachstum, dass hören wir täglich von Experten rund um den Globus. Aus diesem Grund solle man sich nicht über den steigenden US-Dollar und eine starke Börse wundern.

      Nun kennen Sie meine Einschätzung, dass die Börse von Liqidität getrieben wird und ein Großteil der US-BIP Berechnung auf falschen Tatsachen beruht bzw. wissentlich manipuliert wurden.

      Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank vertritt folgende Auffassung:

      "Wesentlich ist zur Konjunkturlage zu bemerken, dass insbesondere in den USA die Exzesse der Boomphase nicht neutralisiert worden sind, sondern sogar weiter
      fortgeschrieben wurden durch Fed und US-Administration. Dementsprechend steht weder nachhaltiges noch selbsttragendes Wachstum auf der Agenda der
      US-amerikanischen Konjunkturentwicklung."

      Dabei geht es vor allem um die Berechnug des BIP-Wachstums für das erste Halbjahr 2003 und, dass der wesentliche Anteil am Wachstum nur durch die Staatsausgabenerhöhungen, sprich eine Erhöhung des Verteidigungshaushaltes zustande kam. Diese Politik kann weder als nachhaltig noch als vorrausschauend gelten. Lesen Sie deshalb, welche Punkte Folker Hellmeyer kritisiert und weshalb das Wachstum in den USA vielleicht doch nicht so stark ist, wie die Marktteilnehmer heute glauben.


      04.09.03 (al)

      hier geht weiter....Treasury Focus 4/2003 PDF anklicken

      http://www.asia-economy.de/php_fe/index.php?sektion=reiter&t…


      http://www.asia-economy.de/php_fe/index.php?sektion=reiter&t…
      Avatar
      schrieb am 04.09.03 23:43:47
      Beitrag Nr. 24 ()
      Synarchistische Utopie: "Weltwährung und Weltzentralbank"

      (EIR, Wall Street Journal)
      Bei einem Treffen in einem Schloß aus dem 15. Jahrhundert im italienischen Siena besprachen kürzlich führende Bankiers und Ökonomen einen Plan, die nationalen Währungen abzuschaffen und durch eine einzige "Weltwährung" unter Aufsicht einer supranationalen "Weltzentralbank" zu ersetzen. Der Plan entspricht offensichtlich dem Ziel einer synarchistischen Utopie, bei der jede nationale Souveränität und Macht repräsentativer Regierung in der Wirtschaft beseitigt ist. Der bisher einzige Bericht über das Treffen von Siena erschien am 30. Juni im Wall Street Journal; der Autor ist der "emeritierte Herausgeber" des WSJ, Robert Bartley, ein bekannter Gegner LaRouches. Seit 1971 lädt der kanadische Ökonom Robert Mundell alle paar Jahre Wirtschaftswissenschaftler und Finanziers in sein Schloß in Siena ein, das er in den 60er Jahren von den Nachfahren des Pandolfo "Il Magnifico" Petrucci, der bis 1512 in Siena herrschte, gekauft hat.

      In seinem Artikel mit der Überschrift "Weltgeld am Palazzo Mundell" schreibt Bartley: "Braucht die Weltwirtschaft eine Weltwährung?... Wenn der Euro den Franc, die Mark und die Lira ersetzen kann, warum kann dann nicht eine neue Weltwährung den Dollar, Euro und Yen ersetzen?" Dies wäre natürlich "die größte Reform überhaupt, eine supranationale Zentralbank". Bartley ist ein langjähriger enger Mitarbeiter Mundells. Seit den 60er Jahren, angefangen mit der Tätigkeit in der Forschungsabteilung des IWF, hat Mundell viele Bücher und Schriften über die "Zusammenlegung nationaler Währungen" verfaßt. Gegner wie Befürworter des Euro zitierten Mundell, der immer ein begeisterter Fürsprecher der gemeinsamen europäischen Währung war. In den 70er Jahren erfanden er und sein Kollege Arthur Laffer von der Universität Chikago die "angebotsorientierte" Wirtschaft; sie forderten insbesondere große Steuersenkungen als Mittel zur Überwindung von Wirtschaftsschwächen. 1999 verlieh ihm die schwedische Königliche Akademie den Wirtschaftsnobelpreis. Weitere Teilnehmer des Treffens in Siena waren:

      Jacob Frenkel, IWF-Chefökonom von 1987-91, dann ab 1991 Chef der israelischen Zentralbank. 2000 ging Frenkel zur US-Investmentbank Merrill Lynch und wurde ihr internationaler Präsident.
      Steve Hanke von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore. Hanke vertritt leidenschaftlich die Idee eines "Währungskontrollrats", wo die Währungspolitik automatisch an den Umfang des Zustroms ausländischen Kapitals gekoppelt ist.
      Domingo Cavallo, der als Finanzminister Anfang der 90er Jahre entscheidend an der Zerstörung der Wirtschaft Argentiniens beteiligt war.
      Paul Volcker, der frühere Chef der Federal Reserve, der die Idee der "Weltwährung" offen unterstützt hat. Am 9. November 1978 sagte Volcker: "Kontrollierte Desintegration in der Weltwirtschaft ist ein legitimes Ziel." Einige Monate später wurde er Fed-Chef und begann eine "Schocktherapie" der US- und Weltwirtschaft mit extrem hohen Zinsen um 20%.

      bueso.de
      Avatar
      schrieb am 05.09.03 00:00:55
      Beitrag Nr. 25 ()
      Ende des Hypothekenbooms
      ++ Zinssensitive Finanzwerte ++

      Von Claus Vogt
      Vor wenigen Wochen haben wir uns etwas ausführlicher der Bedeutung steigender Zinsen für die US-Volkswirtschaft gewidmet. Da sich die Situation in diesem Bereich nicht wieder entspannt, sondern sogar noch etwas verschlechtert hat, bleibt dieses Thema weiterhin hochbrisant. Dank der überdurchschnittlichen Kurssteigerung während der letzten Monate haben Finanzwerte eine Gewichtung von 21 Prozent im S&P 500-Index erreicht. Sie sind damit die stärkste Gruppe innerhalb des Index. Das allein ist Grund genug, sie mit einer gewissen Vorsicht zu behandeln. Auf Zeiten hoher Gewichtung folgen Zeiten niedriger und umgekehrt. Wir erinnerten an die Gruppe der Energieaktien, die im Jahr 1980 eine Gewichtung von 33 Prozent erreichten, bevor sie sich auf einen langen Leidensweg sehr unterdurchschnittlicher Performance machten, in dessen Verlauf ihre Bedeutung im Index auf magere 5 Prozent schrumpfte. Jetzt also sind die Finanzwerte der am stärksten gewichtete Sektor.

      Nun sind Finanzwerte bekanntlich sehr zinssensitiv. Der scharfe Zinsanstieg an den Anleihemärkten muß heftige Spuren bei Banken und Versicherungen hinterlassen haben. Nachdem sie im zweiten Quartal aufgrund der ausgeprägten Rallye am Aktienmarkt, die den Privatanleger wieder in Scharen zur Aufgabe von Kauforders animierte, boomender Hypotheken- und steigender Rentenmärkte sehr gute Gewinne erwirtschafteten, bläst ihnen jetzt erneut der Wind scharf ins Gesicht. Noch wissen wir nicht, wer die großen Verluste an den Rentenmärkten gemacht hat. Die kommende Berichtssaison wird es uns zeigen. Damit dürfte der Finanzsektor sein Potential in dieser Bearmarket-Rallye voll ausgereizt haben und erster Kandidat für massive Enttäuschungen sein. Nicht nur aufgrund der hohen Indexgewichtung sollte das ausreichen, um am gesamten Aktienmarkt die von uns weiterhin erwartete Wiederaufnahme des langfristigen Bärenmarktes zu beginnen. Ein weiterer Punkt kommt hinzu. Zahlreiche Unternehmen aus völlig anderen Sektoren betreiben zusätzlich zu ihrem angestammten Geschäft auch Finanzgeschäfte. Beispielsweise verkaufen die Automobilhersteller ihre Produkte dank günstiger Finanzierungen an Menschen, die sich eigentlich kein neues Auto leisten können, und große Einzelhandelsketten geben ebenfalls großzügig Kredit, um ihre Produkte an den Mann zu bringen. Damit sind auch diese Unternehmen in ihrem Geschäftsverlauf zunehmend abhängig von Zinsveränderungen geworden.

      ++ Erstes Opfer ++

      Erste deutliche Bremsspuren am Hypothekenmarkt sind mittlerweile unübersehbar. Der Refinanzierungsindex der Mortgage Bankers Association of America befindet sich im freien Fall. Im Mai erreichte er einen Rekordstand von mehr als 10.000 Zählern, Mitte August stand er bei rund 3.200. Ein erstes Opfer der dramatischen Zinswende ist ebenfalls zu beklagen. Mit Capitol Commerce Mortgage wurde Mitte August eine Hypothekenbank mit mehr als 300 Mitarbeitern geschlossen. Das halten wir für um so interessanter, als das Institut noch im Juli mit 3,7 Milliarden US-Dollar vergebener Hypothekenkredite den höchsten Umsatz seiner 17jährigen Firmengeschichte verkünden durfte. Aufgrund der Geschwindigkeit und des Ausmaßes des Zinsanstieges und der Dimension des vorangegangenen Booms müssen wir mit weiteren erheblichen Schieflagen im Finanzsektor rechnen. Vor dem Hintergrund der in anderen, weniger ausgeprägten Zinszyklen gemachten Erfahrungen wäre alles andere eine Sensation. Auf die von den beiden Hypothekenbankriesen Fannie Mae und Freddie Mac ausgehenden Risiken haben wir bereits mehrfach hingewiesen. Beide Aktien notieren derzeit in der Nähe ihrer März-Tiefs. Damit haben sie also die während der seither laufenden Bearmarket-Rallye erzielten stattlichen Gewinne bereits wieder eingebüßt. Sind diese beiden im Zentrum des Hypotheken- und Immobilienbooms stehenden Institute ganz spezielle Einzelfälle, oder geben sie uns einen deutlichen Wink auf den bevorstehenden Verlauf des gesamten Marktes? Wir befürchten das Letzteres.


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.


      ++ Zinssensitive Finanzwerte ++
      ++ Erstes Opfer ++
      [ Montag, 01.09.2003, 15:19 ]

      instock.de
      Avatar
      schrieb am 05.09.03 00:02:33
      Beitrag Nr. 26 ()
      ---------------


      Die Mär vom Gewinnwachstum


      Von Dirk Harbecke
      Die New Yorker Börsianer haben sich mit einem Paukenschlag aus ihrem Urlaub zurückgemeldet. Am ersten Handelstag nach der inoffiziellen Sommerpause an der Wall Street trieben sie den Dow Jones über die 9.500er-Marke, den S&P 500 auf ein 15-Monats-, den Nasdaq Composite gar auf ein 17-Monats-Hoch – und die Bewertungen der Unternehmen in immer schwindelerregendere Höhen. Das wäre gerechtfertigt, wenn die Konjunktur tatsächlich deutlich anspringen würde und die Verbraucher durch eine starke Nachfrage die Unternehmensgewinne sprudeln ließen. Doch die Realität sieht anders aus.

      Obwohl die amerikanische Notenbank versucht, die Wirtschaft durch historisch niedrige Zinsen, billige Kredite und hohe Liquidität zu stützen, sind die Beschäftigtenzahlen nach wie vor enttäuschend. So deutet der nationale Einkaufsmanagerindex in den USA zwar auf eine Konjunktur-Erholung hin, doch die Komponente Beschäftigung fiel wieder einmal – und weist seit nunmehr 35 Monaten auf Schrumpfung hin. Während das Bruttoinlandsprodukt in Amerika durch verschiedene statistische Anpassungen (beispielsweise bei den Preisindizes) künstlich erhöht wird, zeigt die Zahl der US-Beschäftigten unverfälschte Daten: Innerhalb der vergangenen sechs Jahre sank die Zahl der Beschäftigten um 3 Millionen, allein im zweiten Quartal dieses Jahres um 170.000. Die entscheidende Frage zur zukünftigen Bewertung der Börse ist aus meiner Sicht: Werden die Unternehmen zukünftig ihre Gewinne steigern, um neue Mitarbeiter einstellen und investieren zu können?

      Im vergangenen Jahr lagen die zusammengefassten Nachsteuer-Gewinne aller US-Unternehmen (ohne Finanzinstitute) bei 197 Milliarden Dollar und damit niedriger als im Rezessionsjahres 2001 mit 205,3 Milliarden Dollar. Woher kommen aber die Meldungen von den stetig steigenden Gewinnen? Die Unternehmen haben im amerikanischen Bilanzrecht Möglichkeiten, ihre Profite aufzublähen. In den vergangenen Monaten profitierten sie beispielsweise von großen Lager-Gewinnen durch steigende Öl- und Rohstoffpreise. Die vorhandenen Lagerbestände wurden mehr wert und entsprechend verbucht. Hinzu kamen Währungsgewinne durch den schwächeren Dollar. Gleichzeitig haben die US-Konzerne, Schätzungen von Wirtschaftswissenschaftlern zufolge, die Finanzierung ihrer Pensionsfonds stark vernachlässigt. Diese sind deutlich unterfinanziert, was die Risiken in die Zukunft verschiebt. In ständiger Diskussion steht auch die Verbuchung der Aktien-Optionsprogramme für Mitarbeiter. Finanzexperten wie Warren Buffett fordern, diese Optionsprogramme als Teil der Gehälter zu werten, weil sie Gehälter sind, und somit als Kosten zu verbuchen, wogegen sich die Mehrheit der Konzerne vehement sträubt.

      Der Einsatz dieser Bilanzpraktiken hilft unterm Strich nicht, den realen Gewinn zu steigern und Arbeitsplätze zu schaffen. Die Bedrohung, die aus diesem Versäumnis resultiert, hängt wie ein Damoklesschwert über den Finanzmärkten: Falls die Amerikaner wieder mehr sparen und weniger ausgeben und die Notenbank mit der Inflationierung der US-Wirtschaft scheitert, drohen erneute Einschnitte bei den Unternehmensgewinnen und somit bei den Aktienkursen.


      Dirk Harbecke ist Börsenexperte und Finanzkolumnist.


      [ Mittwoch, 03.09.2003, 16:01 ]
      instock.de
      Avatar
      schrieb am 05.09.03 00:05:56
      Beitrag Nr. 27 ()
      Malik Aktuell


      04.09.2003
      Kein Grund für ein neues Szenario

      - Viel Geduld nötig
      - Nicht von der Stimmung verführen lassen
      - Bearmarket hat kaum begonnen


      Als ich den Titel für die letzte Aktuell-Kolumne vor Beginn der Urlaubszeit wählte - "Spannende Sommerwochen" - wusste ich nicht, wie gross die Spannung werden würde. Woche um Woche quälten sich die Kurse - seitwärts. Auf welche Seite würden sie ausbrechen? Meine Meinung war: nach unten, obschon ich die Möglichkeit, dass es auch nach oben gehen könnte, nicht ausgeschlossen hatte. Ich hatte dafür aber eine deutlich geringer Wahrscheinlichkeit angenommen.

      Nun ist die Frage entschieden; es gabe einen Breakout nach oben. Der Markt ist immer für Überraschungen gut. Wie aber in der letzten Kolumne schon festgestellt, ändert das nichts an meiner prinzipiellen Auffassung:
      Wir sind in einem grossen Bearmarket, weit von seinem Ende entfernt. Es bildet sich eine Bullenfalle, wie es sie so nicht oft gegeben hat.

      Das Publikum und die Wallstreet Industrie frohlocken, weil sie glauben, die früheren Verluste zurückzugewinnen und per Jahresende Nettogewinne einfahren zu können. Die Analysten sind so bullish wie selten zuvor. Lediglich 1,3% der Empfehlungen sind Verkaufsempfehlungen. Die Leute kaufen erneut nach wie vor überbewertete Aktien; die alten Renditewahnvorstellungen sind wieder in den Köpfen. Tatsachen interessieren nur wenige. Zum Beispiel, dass die Ex-Dividende Rendite sämtlicher rollender 20-Jahres-Perioden im Dow Jones seit 1900 bescheidene 4,77 % beträgt, bis 1995 nur 4%. Alle rollenden 10-Jahresperioden haben eine Rendite von 5,1%; in über 50% der Fälle liegt sie deutlich unter 5%. Es gibt keinen Grund, von Mega-Renditen als Normalfall zu träumen.

      Die Halbjahresabschlüsse der Finanzunternehmen waren viel positiver, als man Ende des 1. Quartales auch nur entfernt hoffen durfte; das Kursrally hat sie aus dem Tief geholt. Vorstände durften aufatmen.

      Allenthalben macht sich Konjunkturoptimismus breit. Alles scheint darauf hinzudeuten, dass ein neuer Bullmarket begonnen hat. Der Tenor der einschlägigen Medien ist überschlagend positiv.

      Aber: Smart Money ist seit Wochen massiv short in den Indices, und zwar sowohl die Commercials als auch die Large Speculators, während die Small Traders eine grosse Longposition aufgebaut haben. Sie liegen immer falsch.

      Die Insider haben massiv verkauft, nämlich im Verhältnis 53:1, d. h. auf eine Kauftransaktion durch Insider sind 53 Verkaufstransaktionen zu verzeichnen. Pro gekaufte Aktie werden rund 1800 Stück verkauft.

      Ich halte an meinem Szenario fest, auch wenn manche das als Sturheit und übertriebenen Pessimismus ansehen mögen:
      Aktien werden massiv fallen; der Bearmarket hat gerade erst begonnen.

      Für Gold und Silber bin ich weiterhin bearish; die Commercials haben die historisch grösste Shortposition; dieser Indikator war bisher zu 100% korrekt, was nicht heissen soll, dass es nicht auch einmal Ausnahmen geben kann. Das Risk-Reward-Verhältnis ist hier aber vorzüglich.

      Zinsen werden nach einer kurzen Verschnaufpause weiter steigen. Das letzte Bollwerk der US-Liquiditätspumpe, der Housing Market, hat deutliche Risse. Von einer ernsthaften Konjunkturerholung kann nicht die Rede sein.

      In Kürze werde ich ein Update zur Wirtschaftsituation machen.

      http://www.mzsg.ch/
      Avatar
      schrieb am 05.09.03 00:07:30
      Beitrag Nr. 28 ()
      Avatar
      schrieb am 05.09.03 00:14:13
      Beitrag Nr. 29 ()
      Inland
      Tim Neumann

      Brutalstmöglicher Sparkommissar

      Hessens Regierungschef Koch kündigte Kürzungen in allen Bereichen und Mehrarbeit für Beamte an


      Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat es gern spektakulär. Präsentierte er sich noch während der Schwarzgeldaffäre der Hessen-CDU als »brutalstmöglicher Aufklärer«, gefällt er sich neuerdings als eiserner Sparkommissars. »Das größte Sparpaket in der hessischen Geschichte« kündigte der Regierungschef am Dienstag in Wiesbaden an. So schmerzhaft die Einschnitte auch würden, so unerläßlich seien diese angesichts der dramatischen Haushaltslage. Kein Bereich werde von dem Kürzungsprogramm verschont, das die Regierung »Operation sichere Zukunft« getauft hat.

      Nach den Plänen der CDU-Regierung sollen Hessens Beamte mit Beginn des nächsten Jahres länger arbeiten – statt heute 38,5 Stunden je nach Alter 40 bis 42 Stunden pro Woche. Kochs Hoffnung: Durch die Mehrarbeit soll sich bis 2008 ein »Produktivitätsgewinn« von rund 4750 Stellen ergeben. Weitere 5000 Stellen sollen durch Effizienzsteigerungen und Verwaltungsreformen »eingespart« werden. Weihnachts- und Urlaubsgeld sollen in den kommenden Jahren gekürzt beziehungsweise ganz gestrichen, Subventionen und freiwillige Leistungen des Landes um ein Drittel zurückgefahren werden. Koch schloß auch betriebsbedingte Kündigungen ausdrücklich nicht aus. Für den Fall, daß sich die anderen Bundesländer seiner Linie nicht anschließen würden, kündigte der Ministerpräsident den Ausstieg Hessens aus der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) an.

      Nicht die prophezeite »sichere Zukunft«, sondern »Panik auf der Brücke der Hessen-Titanic« macht der SPD-Fraktionsvorsitzende Jürgen Walter aus. Der jahrelange Verzicht auf Konsolidierungsmaßnahmen fordert jetzt seinen Tribut – mit Zins und Zinseszins«, äußerte sich Walter per Pressemitteilung.

      »Wortbruch« lautet der Vorwurf des Landesverbands der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Koch habe den Beamten vor der Landtagswahl und noch im Frühjahr schriftlich zugesichert, diese nicht schlechter als Angestellte zu behandeln, heißt es in einer Stellungnahme. Darin kündigt der GEW-Landesvorsitzende Jochen Nagel die »scharfe Ablehnung« der geplanten Arbeitszeitverlängerung an. Er hält der Landesregierung außerdem vor, daß das Haushaltsloch insbesondere durch den von Koch unterstützten Verzicht auf die Wiedererhebung der Vermögenssteuer entstanden sei. Diese Steuer sei noch vor zehn Jahren der zweitgrößte Einnahmeposten im Landeshaushalt gewesen, so Nagel


      http://www.jungewelt.de/2003/09-04/014.php
      Avatar
      schrieb am 05.09.03 00:33:12
      Beitrag Nr. 30 ()
      Avatar
      schrieb am 05.09.03 23:50:57
      Beitrag Nr. 31 ()
      US/China Wirtschaftskonflikt 2. Schritt

      von Jochen Steffens

      Hier hilft nicht einmal mehr Kopfschütteln. Ein verzweifelt hilfloser Gesichtsausdruck wäre schon angebrachter. Wie kann der mächtigste Staat dieser Erde von einem Menschen regiert werden, der offensichtlich nur ein einfaches Strickmuster der Diplomatie/Politik beherrscht: Wer nicht für mich ist, ist gegen mich. In diesem Fall, wer nicht das macht was ich will, ist mein Feind.

      Die amerikanische Regierung bemüht sich seit Wochen, die chinesische Regierung zu einer Neubewertung des Yuan zu bewegen. Der billige Yuan verschafft der chinesischen Wirtschaft eindeutige Wettbewerbsvorteile. Auch in Amerika ist bekannt, dass die billigen Waren aus China den eigenen Firmen Schaden zufügen. Besonders die Textilindustrie ist betroffen, es kam schon zu einigen Firmenschließungen.

      So wurde der Finanzminister John Snow nach Peking geschickt. Dieser erhielt zumindest die Zusage, dass die chinesische Regierung längerfristig die Absicht habe, die Dollarbindung des Yuans zu lösen. Nun trumpft Bush auf und droht China, die Währungspolitik Chinas sei nicht fair, die USA werde entsprechend darauf reagieren.

      China ist aber nicht der Irak oder Nordkorea. Ich bin nicht sehr bewandert in der chinesischen Kultur, aber soweit ich weiß, verlieren Chinesen ungern ihr Gesicht. Sollte die chinesische Regierung auf diese Drohung eingehen, wäre das aus ihrer Sicht ein Eingeständnis ihrer Schwäche. Ich vermute Bush hat mit dieser Aussage die Tür einer gütlichen Einigung endgültig zugeschlagen.

      Natürlich wird die chinesische Regierung nicht vor Angst erzittern. Meiner Meinung nach wird sie alles tun, um ihr Gesicht zu wahren. Und wenn ich mir das genau anschaue, vermute ich, dass die USA unter einem "Wirtschaftskonflikt" mit China wesentlich mehr zu leiden hätten. Ich frage mich also, was Bush mit dieser Drohung bezwecken will? Legt er es auf einen solchen Konflikt an, um durch protektionistische Maßnahmen sein Land vor Waren aus China zu schützen? Was ist dann mit den ganzen US-Firmen, die sich nach China ausgerichtet haben? Fehlinvestition? Wie so oft verursacht die auf dem Gebiet der Diplomatie blinde US Regierung, meiner Meinung nach, wieder mehr Probleme als nötig.

      Aber China steht nicht allein. Die Finanzminister der APEC (Asia Pacific Economic Cooperation)haben heute zum Abschluss ihrer Konferenz in Thailand lediglich eine Forderung zu einer "angemessenen Wechselkurspolitik" verkündet. Damit wurde Snow eine klare Absage erteilt, der auf eine Forderung nach "flexiblen Wechselkursen" bestanden hatte.

      Hier zeigt sich die japanische Regierung bei weitem diplomatischer. Auch Japan kritisiert seit längerem den künstlich niedrigen Wechselkurs. Sicherlich sind die Japaner auch vertrauter im diplomatischen Umgang mit China: Die japanische Delegation zeigte sich über die vorsichtige Formulierung im Abschlussdokument der Konferenz zufrieden. Nett ausgedrückt.

      Der zweite Schritt in diesenm Wirtschaftskonflikt ist gemacht. Keine Frage, wir werden den dritten Schritt bald erleben.

      Beim Thema Irak versuchen die USA weiterhin die UNO dazu zu bewegen, endlich Truppen in den Irak zu entsenden. Aber die USA will die Kontrolle behalten. Es zeigt sich, so ganz ohne die UNO geht es wohl nicht. Kein Wunder, dass die UNO sagt: So nicht.

      Man kann nicht zuerst die Instanz UNO in Frage stellen und sich dann hilfesuchend an eben diese Instanz wenden, wenn es schwierig wird. Bush wird den Amerikanern bald sagen müssen, wie viel ein weiteres Engagement im Irak den Staat kosten wird. Es wird mit weiteren 80 Mrd. Dollar gerechnet.

      Die USA wird nun mit den Folgen ihrer Politik des Alleingangs konfrontiert. Lernt sie daraus? Wenn ich mir das Spektakel mit China ansehe: Nein!

      --------------------------

      US-Arbeitsmarkt schlechter als erwartet

      von Jochen Steffens

      Ich bin etwas überrascht. Eigentlich hatte auch ich damit gerechnet, dass das leichte Anziehen der US-Konjunktur zumindest zu Schaffung neuer Stellen führen würde. Deswegen hatte ich mich gestern etwas vorsichtiger geäußert. Aber das war nicht der Fall. Die Zahl der insgesamt US-Beschäftigten außerhalb vom Agrarsektor ging um 93.000 (!) zurück. Damit verdoppelt sich der Rückgang sogar noch zum Vormonatswert von 44.000, der nachher allerdings auf 49.0000 revidiert wurde. Analysten hatten sogar mit einem Anstieg von 18.000 bis 25.000. gerechnet.

      Wenn man nun den Wochenwert von über 413.000 Erstanträge auf Arbeitslosigkeit der letzten Woche dazu rechnet, scheint sich die schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt nach den Urlaubsmonaten dramatisch zu verfestigen. Ein Anziehen der Konjunktur am Arbeitsmarkt vorbei, ist jedoch auf Dauer nicht möglich. Alan Greenspan ist im Wettlauf mit der Konjunktur gerade stehen geblieben und holt japsend Luft.

      Ich hatte die Gründe für diese Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt bereits mehrfach beschrieben: Die Firmen sind einem großen Konkurrenzkampf ausgesetzt und müssen die Produktionskosten senken. Das geht zu Gunsten der Produktivität und zu Lasten der Arbeitnehmerzahlen. Kein Wunder, dass die Produktivität im zweiten Quartal um 6,8 % gestiegen ist. Die Lohnkosten sanken gleichzeitig um 2,8 %. Logische Folge diese beiden Zahlen: Die Zahl der Erwerbstätigen muss zurück gehen. Es scheint, dass meine These aufgeht.

      Und hier beginnt der Kreislauf. Weniger Arbeitnehmer= weniger Konsum. Weniger Konsum = größerer Konkurrenzkampf. Größerer Konkurrenzkamp= höhere Produktivität. Höherer Produktivität = weniger Arbeitnehmer und so weiter.

      Und denken Sie daran. Die Gewinner des Spiels sind zunächst die Marktführer: Sie können sich besser behaupten und "übernehmen" die Umsätze von kleineren Konkurrenten, die aufgeben mussten. Somit sind die Marktführer mit ihren Zahlen nicht wirklich aussagekräftig genug. Es müsste im dritten Quartal schon zu einem deutlichen Umsatzanstieg kommen, um diese Arbeitsmarktdaten auszugleichen. Eine Korrektur an den Börsen ist überfällig.

      Die Arbeitslosenquote ist leicht von 6,2 auf 6,1 % gesunken. Das hängt damit zusammen, dass viele Arbeitslose wohl einfach aufgegeben haben und nicht mehr weiter suchen.

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      Was sagt Ihr jetzt, Ihr Berufspessimisten?"

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Ist es möglich, dass die unter uns, die mit einem Crash der Märkte rechnen, 180 % falsch liegen?"

      Die Leser des Investor`s Daily beginnen sich zu wundern:

      "Fast alle Zeichen sprechen dafür, dass wir in eine neue Phase des Aufschwungs eintreten", so ein Leserbrief.

      "Asien beginnt sich zu erholen, China boomt, Japan erwacht wieder zum Leben, selbst die amerikanischen Exporte steigen! Hartgesottene Bären kapitulieren (vielleicht ist das allerdings ein signifikanter Contra-Indikator) und akzeptieren, dass das Schlimmste doch nicht passieren wird, und dass nach 3 Jahren Rezession wieder Wachstum angesagt ist."

      "Könnte es sein, dass wir auf dem falschen Weg waren? Werden wir anstatt von einer Krise von einer weltweiten neuen Wachstumsphase überwältigt, mit China als neuem Mitglied der Weltwirtschaft? Wird das Reichtum für uns alle bedeuten? Können sich selbst die riesigen US-Defizite unter einer riesigen Welle neuen Wachstums relativieren? Werden der Boom am britischen und amerikanischen Immobilienmarkt ein Wachstumshafen für die weitere Wirtschaft sein, anstatt eine nicht haltbare Anomalie, die vor einer massiven Korrektur steht?"

      "Versichern Sie mir bitte, was der Fall sein wird! Ich habe in den letzten zwei Jahren geglaubt, dass es mit der Welt bergab geht. Könnte es sein, dass es besser wird?"

      Ich kann sie fast hören:

      "Nun, was sagt Ihr jetzt, Ihr Berufspessimisten?"

      Sie reden mit mir.

      Ich sagte, dass die Welt zum Teufel gehen würde. Stattdessen scheint sie in den Himmel gestiegen zu sein. Wo sonst könnte man reich werden, indem man Leuten Geld leiht, die das nicht zurückzahlen können?

      Das Verhältnis von Schulden zu Einkommen steht bei den amerikanischen Konsumenten auf dem höchsten Stand, den es je gab. Und dennoch wird erwartet, dass sie immer weiter Schulden machen und Geld ausgeben. Letztes Jahr haben die Amerikaner neue Hypotheken im Volumen von 2,5 Billionen (!) Dollar aufgenommen. Dieses Jahr werden schätzungsweise für 3,2 Billionen Dollar neue Hypotheken aufgenommen werden – das sind rund 65 Mrd. Dollar pro Woche! Mit diesem geliehenen Geld kaufen sie sich nicht nur neue Häuser ... sondern sie finanzieren sich damit auch neue Autos, und sie gehen in die Süßwarenläden, mit diesem Geld in der Tasche.

      So ist das z.B. Geschäft mit Doughnuts bei Krispy Kreme in den letzten Monaten um fast 30 % gestiegen, und auch die Gewinne sind gestiegen. Die Investoren scheinen keine Grenze zu sehen für die Zahl der Doughnuts, die Konsumenten verzehren oder sich leisten können. Die Aktie von Krispy Kreme wird derzeit mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 50 bewertet.

      Alan Abelson schreibt im Barron`s Magazin, dass Krispy Kreme die Geschäfte, die an Franchisenehmer vergeben worden sind, aufkauft – und sie bezahlen zwischen dem Drei- und dem Zehnfachen der jeweiligen Gewinne vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen. Also bezahlen Krispy Kreme bis zu 10 Dollar für jeden Dollar, den ein solcher Franchisenehmer verdient. Aber warum bezahlen die Aktionäre von Krispy Kreme so viel mehr? Zahlt Krispy Kreme seinen Franchisenehmern zu wenig? Oder zahlen die Investoren zuviel für die Krispy Kreme-Aktien?

      Ich habe meine Meinung. Die Kleinanleger haben ihre Meinung.

      Es gibt an der Wall Street drei Arten von Geld, liebe(r) Leser(in). Es gibt das smarte Geld, und das dumme Geld ... und dann gibt es so gehirngeschädigtes Geld, dass es wehtut. Im Moment hat das dumme Geld die Oberhand. Während die smarten Insider den Markt verlassen, kauft das dumme Geld ... und die Kurse steigen, wie sie es in den letzten Tagen wieder getan haben.

      Und die heutige Presse bringt gute News aus der ganzen Welt; vielleicht ist das dumme Geld doch gar nicht so dumm. Die US-Konsumenten ... die unerschütterlichen Einkäufer, von denen die gesamte Weltwirtschaft abhängt ... graben sich immer tiefer im Schuldenloch ein. Als Resultat davon hat in den USA die Fed die wirtschaftlichen Aussichten in ihrem sogenannten "Beige Book" als durchaus positiv eingeschätzt, so die Financial Times. Deutschland hingegen scheint derzeit eine Ruhepause einzulegen. Japan befindet sich endlich in einem Aufschwung.

      Aber was ist das? Die Neuanträge auf Hypotheken sind letzte Woche wieder gefallen – die vierte Woche in Folge. Die Leute kaufen immer noch neue Häuser – und zwar so viele wie nie zuvor – aber angesichts höherer Hypothekenzinsen erhöhen sie bestehende Hypotheken nicht mehr so stark wie zuvor.

      Könnte es sein, dass sich jeder Zahlen der jüngsten Vergangenheit ansieht ... anstatt das Gesicht der Zukunft zuzuwenden?

      Die US-Immobilien- (und Finanz-) Industrie war wahrscheinlich für mindestens die Hälfte des weltweiten Wirtschaftswachstums der letzten 12 Monate verantwortlich (der Rest war Militärausgaben und Doughnuts zuzuschreiben ...). Aber was, wenn der Immobilienboom wirklich vorbei wäre?

      "Die Hauptkraft, die den Immobilienmarkt beflügelt hat – die niedrigsten Zinssätze seit 40 Jahren – erlebt einen brutalen Umschwung", so das Magazin FORTUNE. "Seit Juni ist der Zinssatz für 30 jährige Hypotheken von knapp unter 5 % auf 6,1 % gestiegen. Eine neue Hypothek über 500.000 Dollar kostet einen Hauskäufer jetzt pro Monat 2.540 Dollar an Zinsen, verglichen mit 2.040 Dollar im Juni, ein Zuwachs von 25 %. Plötzlich verdünnen sich die Reihen derjenigen, die unbedingt bestehende Hypotheken auf ihre Häuser zu Schnäppchenzinsen erhöhen wollten. Die Zahl der wöchentlichen entsprechenden Anträge ist gegenüber ihrem Topp im Mai bereits um 80 % zurückgegangen, und das ist kein Ausrutscher. Der Markt hat so befremdliche Höhen erreicht, dass ein hässlicher Absturz einfach unausweichlich geworden ist."

      Ich weiß natürlich nicht, ob das wirklich so ist. Der Gastautor Steve Sjuggerud hat am Dienstag in seinem Artikel im Investor`s Daily argumentiert, dass der Boom am Immobilienmarkt noch einen langen Weg vor sich habe. Und vielleicht hat er das auch. Aber smartes Geld ist vorsichtiges Geld. Smartes Geld würde die Krispy Kreme-Aktie zu derzeitigen Kursen nicht kaufen – selbst wenn diese Gesellschaft ihre Doughnuts von gestern an die Aktionäre verschenken würde.

      Und unserem Leser, der Hilfe sucht, kann ich sagen: Selbst wenn die Dinge im Moment besser zu werden scheinen – in Wirklichkeit werden sie schlechter. Denn je länger die Korrektur der Spekulationsblasen auf sich warten lässt, desto schlimmer wird sie werden. Die US-Immobilienpreise können weiter steigen, oder nicht. Aber sie können nur weiter steigen, wenn sich die Hausbesitzer noch weiter verschulden als schon jetzt.

      Richtig, Eric?

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      USA: Schulden explodieren – beim Bund, den Bundesstaaten und den Kommunen

      von unserem Korrespondenten Eric Fry an der Wall Street

      Positive Kommentare von Cisco Systems haben die Investoren dazu ermutigt, weiterhin die überteuerten Hightech-Aktien inklusive Cisco selbst zu kaufen. Die Aktien des Netzwerk-Giganten sind um 3,3 % auf ein frisches 52-Wochen-Hoch gestiegen, nachdem der Vorstandsvorsitzende John Chambers erklärt hatte, dass die Auftragseingänge seiner Firma im August "besser als erwartet" ausgefallen waren. Chambers vergaß, zu erwähnen, was denn "erwartet" gewesen war, und die Investoren schienen sich nicht um die Details zu kümmern, so lange das, was Cisco im August erlebt hatte, "besser" war als das, was laut den Erwartungen hätten passieren sollen.

      Allgemein gesagt hat sich das Umfeld in der Hightech-Industrie ein bisschen verbessert. Aber das Umfeld bei den Hightech-Aktien hat sich sehr substanziell verbessert. Der Nasdaq 100 der Gesellschaften aus dem Nicht-Finanzsektor hat seit den Tiefs im letzten Oktober fast 70 % zugelegt, und die Aktien von Cisco Systems haben sich mehr als verdoppelt ... entweder schauen die Investoren nach vorne – sehr, sehr weit nach vorne – hin zu einer Periode des substanziellen Ertragswachstums, oder sie schauen nach hinten, zurück zu den Tagen, als Cisco selbst mit einem KGV von 100 noch "billig" war, und die Gesellschaft mit dem größten Marktwert der Welt.

      Die Wahrheit ist manchmal hart, aber die Internet-Manie, die einst den Aktienmarkt nach oben schießen ließ, ist tot und vorbei. Und als sie starb, sind auch ein paar Billionen Dollar Aktionärs-Vermögen verdampft, und ein paar Milliarden Dollar Steuereinnahmen. Die Aktien mögen sich an der Wall Street erholen – aber die Steuereinnahmen befinden sich immer noch in einem tiefen Bärenmarkt.

      Bis Ende März beliefen sich in den USA die Haushaltsdefizite der Bundesstaaten auf insgesamt 94 Mrd. Dollar ... was kein Kleingeld ist. Stellen Sie sich nur die wunderbaren Dinge vor, die man mit 94 Mrd. Dollar kaufen könnte. Mit diesem Geld könnte die US-Armee den Irak ein ganzes Jahr lang besetzt halten! Oder der Bundesstaat Kalifornien könnte damit sein Haushaltsdefizit für 2 Jahre lang abdecken!

      "Von Maryland bis Oregon entlassen die Regierungen der Bundesstaaten Angestellte oder sie erhöhen die Steuern – und manchmal beides –, gleichzeitig mit Ausgabensenkungen", so Bloomberg News. "Robert Ehrlich Jr., Gouverneur von Maryland, sagte, dass er 82 Angestellte entlassen hat und die Ausgaben im aktuellen Haushaltsplan um 280 Millionen Dollar zurückgefahren hat. Der Gouverneur von Oregon, Ted Kulongoski, hat zugestimmt, die Ausgaben um 1 Mrd. Dollar zu reduzieren und die Steuern um 800 Millionen Dollar zu erhöhen, in einem 2-Jahres-Haushaltsplan, der Ende August ( ...) gebilligt wurde ..."

      Der Grund für die Einnahmeausfälle bei den Steuern in 50 US-Bundesstaaten ist kein Mysterium. In den letzten drei Jahren waren die Bundesstaaten mit einer toxischen Kombination aus zurückgehender Beschäftigung und fallenden Aktienkursen konfrontiert. Gleichzeitig setzten die Ausgaben der Bundesstaaten ihren unerbittlichen Anstieg fort.

      Die katastrophale Haushaltssituation auf Ebene der Bundesstaaten und Kommunen, die ihren Ausdruck im Haushaltsdefizit von Kalifornien findet – satte 38 Mrd. Dollar – hat die Investoren zur Zurückhaltung gegenüber Anleihen der Bundesstaaten und Gemeinden veranlasst. Besonders gegenüber solchen, die vom angeblich "goldenen Staat" Kalifornien emittiert wurden. "Eine Anleihe des Staats Kalifornien, die bis 2022 läuft, stand letzten Freitag bei 96,59 Dollar und einer Rendite von 5,29 %", so Bloomberg. "Das sind 44 Basispunkte mehr als der Bloomberg-Index für vergleichbare Anleihen mit dem höchsten Ranking AAA, der letzten Freitag bei 4,85 % Rendite stand."

      Mit anderen Worten – die Anleiheninvestoren sind ein kleines bisschen vorsichtiger geworden, was das Verleihen von Geld an Staaten, die ihre Schulden vielleicht nicht zurückzahlen werden, angeht. Aber nur ein KLEINES bisschen ...


      "Die Anleihen der regionalen Körperschaften sind auf Kurs für ein neues Rekordjahr, was das Volumen der Emissionen betrifft", so Dow Jones News. "Da erwartet wird, dass die Haushalte der Bundesstaaten weiterhin mit Defiziten konfrontiert bleiben, und die Geldflüsse von den Bundesstaaten an die Gemeinden weiterhin eng begrenzt bleiben, haben die kleinen Gemeinden keine Wahl, als Schulden zu machen, um wichtige Projekte finanzieren zu können, selbst wenn sie andere Ausgaben kürzen." Das neu emittierte Anleihenvolumen der regionalen Körperschaften könnte in den USA dieses Jahr 400 Mrd. Dollar erreichen, was über dem bisherigen Rekordwert von 357,1 Mrd. Dollar liegen würde – der erst letztes Jahr erreicht wurde.

      "Die US-Regierung wird auch einen neuen Schuldenrekord in diesem Jahr erreichen", beobachtet Doug Noland von Prudent Bear. "Und auch die Neuemission von Unternehmens-Schuldverschreibungen – die zuletzt deutlich unter dem Spekulationsblasenniveau der späten 1990er blieb – erhöht sich gerade wieder deutlich. Wir befinden uns auf dem Weg hin zu einem Rekordjahr, was die Emissionen von Anleihen mit relativ niedrigem Emittenten-Ranking angeht. Insgesamt befinden wir uns mitten in einem Rekord-Kreditwachstum."

      Bravo, Mr. Greenspan! Seine Kampagne zur Förderung der Spekulationsblasen macht schöne Fortschritte.

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      Hintergrundinformationen zu Arnold Schwarzenegger

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      *** Und was ist das? China hat den Mindestreservesatz für seine Banken von 6 % auf 7 % erhöht. Warum sollten wir uns darum kümmern? Es ist so, dass China die letzte "Spekulationsblasen-Volkswirtschaft" ist – begünstigt durch den Dollarstandard. Chinesische Offizielle haben beobachtet, was in Lateinamerika, Japan, Malaysia, Thailand und den USA passiert ist – wie sich eine Flut von Dollarnoten über die ganze Welt verteilt hat. Haben sie daraus etwas gelernt? Versuchen sie, Luft aus der Spekulationsblase im eigenen Land zu lassen, bevor diese zu groß wird? Werden sie das tun können, was Alan Greenspan nicht konnte – eine Spekulationsblase erkennen und sie frühzeitig einstechen? Mehr dazu und zu anderen Dingen (inklusive Investment-Möglichkeiten in China) ... nächste Woche ...

      *** In der Zeitung Le Monde konnte ich am Mittwoch auf der Titelseite mehr über den Mann lesen, der der nächste Gouverneur von Kalifornien werden könnte. Sie kennen ihn alle: Arnold Schwarzenegger.

      "1966 beherrschte ein Ehepaar (Wag und Dianne Bennett) die Londoner Bodybuilder-Szene. Wag saß in der Jury für den Wettbewerb `Mister Universum`, an dem ein 19 Jahre alter Österreicher – ein gut aussehendes Kind, das nur rudimentär Englisch sprach – teilnahm."

      "Instinktiv realisierte Wag, dass er einen Star sah. `Schwarzie` – so nannten sie ihn damals – zog zu den Bennetts und ihren 6 Kindern in ihr Haus in der Romford Road. `Arnold hatte alle Attribute, um ein Champion zu werden. Seine Beharrlichkeit beim Training war unglaublich`, erinnert sich Dianne Bennett."

      "Zwei Jahre lang schlief dieser Mensch aus Graz auf der Couch der Bennetts. Er ging kaum aus, er vermied die Pubs, und machte den jungen Mädchen, die in der Sporthalle arbeiteten, seine Aufwartung. Dianne bügelte seine Hemden und seine Hosen. Jeden Morgen machte sie ihm das Frühstück, ein Omelett aus 8 Eiern und einem enormen Steak."

      "1968 folgte Arnold dem Rat der Bennetts und wanderte in die USA aus ..."

      *** Ich lese oft die ausländische Presse, nur um zu sehen, was sie über die Amerikaner schreibt. Auf der Titelseite vom Le Monde wundert sich Patrick Jarreau über die technischen Fähigkeiten der Amerikaner: "Keiner wagt es, an der technischen Meisterschaft und Professionalität der Amerikaner zu zweifeln", beginnt er. Dennoch ging in den letzten drei Jahren alles, das technisch gesehen falsch gehen konnte, auch schief. Zunächst einmal, so bemerkt er, war selbst das Zählen der Stimmen (bei der letzten Wahl des Präsidenten) in Florida eine Herausforderung, die durch den Obersten Gerichtshof gelöst werden musste. Ein Jahr später offenbarten Terroristen, die nur mit Messern bewaffnet waren, eine außerordentliche Schwäche des Sicherheitssystems der Nation. Dann, im Februar 2003, stürzte das Space Shuttle ab. Und schließlich, so Jarreau weiter, ist es schlimm genug, dass sie das Elektrizitätssystem im Irak nicht zum Funktionieren bringen – aber sie waren ja noch nicht einmal fähig, zu Hause die Lichter am Brennen zu halten."

      *** Die französische Presse schwitzt immer noch unter der schon vergangenen Hitzewelle. Jede Woche wird über die Todesfälle der Hitzewelle diskutiert.

      "Es hätte früher eine Warnung geben sollen", so ein Artikel im Figaro. Ich frage mich, was für eine Warnung das hätte sein sollen:

      "Vorsicht, es ist heiß! Bleiben Sie cool, oder Sie könnten sterben!"

      Vielleicht hätte die Regierung Freiwillige finden sollen, die alte Leute besucht hätten – um sie zu zwingen, Wasserflaschen zu trinken.

      *** Wo wir gerade von Warnungen sprechen – die Franzosen sind sogar noch verrückter als die Amerikaner, wenn es um Zigaretten geht. Man kann zwar fast überall rauchen, aber jetzt steht auf den Zigarettenpackungen ganz dick gedruckt: "Zigaretten töten!" Oder: "Rauchen führt zu einem langsamen und schmerzvollem Tod!" Oder: "Das Rauchen von Zigaretten macht Männer impotent!"

      Niemanden scheint es zu kümmern, dass die Warnungen ein Schwindel sind. So weit ich weiß, ist noch nie gezeigt worden, dass das gelegentliche Rauchen einer Zigarette Schaden anrichtet. Und die Warnungen erwähnen auch nicht, dass das Rauchen auch positive Effekte hat. Wenn man z.B. sich so fühlt, als ob man jemanden töten will – dann kann man sich hinsetzen und eine rauchen. Und wenn man zu Ende geraucht hat, dann ist dieser fatale Instinkt vorüber. Oder – wenn man den französischen Warnungen glaubt, dann ist man selber tot.

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      investorverlag.de
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      schrieb am 05.09.03 23:54:00
      Beitrag Nr. 32 ()
      Der fragile Höhenflug des US-Dollar - Aus der Asche zurück in die Asche
      (05.09.2003)

      Der amerikanische Dollar ist seit Juni aufgestiegen wie Phönix aus der Asche. Nun scheint er zum Rudern überzugehen, denn er muss feststellen, dass die Auftriebskräfte schwinden und keine Höhengewinne mehr zulassen. Folgt alsbald ein neuerlicher Absturz in den Müll?

      Die realen Kapitalströme werden es zeigen. Im Augenblick strebt Kapital vor allem aus dem Euroraum in den Greenback, als gäbe es morgen keine Dollars mehr. Doch das ist, wie jeder weiß, ausgeschlossen. Nach Lage der Dinge werden auch in Zukunft Dollars in Hülle und Fülle gedruckt und von den USA aus in alle Welt verteilt.

      Wer aber wird auf Dauer etwas zu hohen Preisen kaufen, wenn es, wie der Dollar, auf unabsehbare Zeit im Überfluss vorhanden ist? Da müssten sich hinter dem, was der Dollar repräsentiert, schon unentdeckte Werte verbergen.

      Denkbar sind sowohl materielle wie auch immaterielle Werte. Fangen wir mit letzteren an. Sie stehen hoch im Kurs, wenn sich ein Land durch eine Führung auszeichnet, die aus dem Ruder gelaufene Dinge wieder aufs richtige Gleis zu bringen verspricht. Dies bietet dann die Aussicht aus das Heranwachsen materieller Werte.

      Immaterielle Werte spielen auch dann eine Rolle, wenn sich ein Land politisch, militärisch, monetär und konjunkturell in einer gefährlichen geopolitischen Lage als nicht erschütterbarer Fels in der Brandung darstellt. Dort fühlt sich Kapital in solchen Situationen wenigstens vorübergehend gut aufgehoben.

      Die Checkliste fällt in diesen Punkten nicht gut aus für die USA und für den Dollar.

      Was die materiellen Werte anlangt, so tun sich erhebliche Zweifel daran auf, dass die USA ausländischen Anlegern gegenwärtig noch viel zu bieten haben und, was wohl noch wichtiger ist, auch bieten wollen.

      Amerikanische Aktien sind, wie zum Beispiel die von uns hoch geschätzten Londoner Strategen von Dresdner Kleinwort Wasserstein darlegen, heute so teuer wie seit 1929 nicht mehr, wenn man von der „Greenspan Bubble“ der späten neunziger Jahre absehe. Das müsste sowohl normalen Anlegern als auch jenen, die auf Fusionen und Übernahmen abzielen, zu denken geben.

      Staats- und Unternehmensanleihen aus den USA bieten nominale Renditen, die im Euroraum etwa auch zu erzielen sind. Betrachtet man das Währungsrisiko und schließt einen totalen ökonomischen Untergang des Euroraums mit seinen vielen verkommenen, aber wieder restaurierbaren materiellen Werten aus, gebietet es die Vernunft, solche Papiere noch nicht einmal anzufassen.

      Der Immobilienmarkt in den USA ist überteuert und schon wegen der kräftig gestiegenen Kapitalmarktzinsen reif für einen gefährlichen Rückschlag.

      Was bleibt dann noch zu Gunsten des Dollar? Antwort: Nichts, außer vielleicht noch einigen nostalgischen Erinnerungen oder haltlosen Illusionen.

      Selbst die Regierung Bush mag den Dollar zu seinem gegenwärtigen Preis nicht mehr. Sie spricht zwar hin und wieder von einer ungebrochenen „Politik des starken Dollar“, doch geschieht das bemerkenswerterweise nur noch, wenn sie ihren Anspruch als Weltmacht auch monetär untermauern möchte. In Wirklichkeit arbeiten Bush & Co. intensiv daran, den Greenback abzuwerten, um so den Export der USA zu stützen.

      Wer das nicht sieht und keine Konsequenzen zieht, darf sich nicht beklagen, wenn sein in Dollar untergebrachtes Kapital zusammen mit dem Greenback bald wieder in der Asche landet.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber


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      Wussten Sie schon, dass ...?
      (05.09.2003)

      Die amerikanische Notenbank hat sich auf ein riskantes Spiel eingelassen, als sie von realen Deflationsgefahren zu sprechen begann. Je länger es dauert, die Nachfrage zu beleben, desto schlechter werden die Aussichten.


      (Prudential Securities, New York)

      www.taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 05.09.03 23:57:35
      !
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      Avatar
      schrieb am 06.09.03 00:04:32
      Beitrag Nr. 34 ()
      Neuer Trend

      Marken sind out

      Wenn die Luxuskonzerne nicht aufpassen, haben sie bald ein Riesenproblem: Teure Labels kommen immer mehr aus der Mode.

      Von Lars Jensen







      Luxus-Labels: gestern in, heute in der Bredouille.
      Foto: dpa


      Ein Bus hält an der New Yorker Fifth Avenue und heraus steigen drei Dutzend Touristen aus Oklahoma. Sie haben eine supergünstige Pauschalreise nach New York gebucht – inklusive Musical, Dinner auf dem Empire State Building und: Shopping-Nachmittag in den Boutiquen der Fifth Avenue.

      Ohne ein paar Mitbringsel von Dior oder Burberry fahren die Touristen nicht heim nach Oklahoma. Also steigen sie aus dem Bus und eilen in das nächste klimaanlagengekühlte Geschäft, den Flagship Store von Gucci.

      Ein freundlicher Herr öffnet die Tür mit dem silbernen »G« drauf und begrüßt sie wie gern gesehene Gäste. Das Verkaufspersonal scheint erfreut zu sein, dass überhaupt ein paar Passanten den Weg in ihr Geschäft finden.



      Die Europäer haben Depressionen
      Denn wochentags geht nicht mehr viel in der Straße mit den weltweit höchsten Mieten: Die großzügigen Japaner bleiben neuerdings in Japan. Die Europäer haben Depressionen, die Araber fühlen sich nicht mehr willkommen in den USA und die New Yorker Internetmillionäre verkaufen jetzt selbst Klamotten bei Gap.

      Also bedient man neuerdings gern die Sparfüchse aus der Provinz. Für diese Art Verkaufsgespräch sind die Mitarbeiter von Gucci zwar nicht unbedingt ausgebildet, aber was soll’s: Ein Pärchen steht am verchromten Tresen, er mit Kobe-Bryant-Trikot und Steghose, sie im pastellgelben Nicki-Anzug. Beide sind dick. Ihre Beine schwabbeln bei jeder Bewegung.



      » Was haben Sie für unter hundert Dollar da? «

      Gucci-Kunde in New York
      Er: »Was haben Sie für unter hundert Dollar da?« Verkäufer: »Schlüsselanhänger, Täschchen, Handytasche und so weiter.« Er: »Aber da muss Gucci draufstehen.« Verkäufer: »Das steht auf all unseren Produkten.«

      Das Pärchen entscheidet sich für die Handytasche zu 48 Dollar. Ein guter Kauf, heute gibt es alles zum halben Preis. Mit ihren Tüten trotten die beiden hinüber auf die andere Straßenseite, wo Prada und Dior locken: »Alle Teile bis zu 70% billiger.«



      Dilemma
      Diese Szene, erlebt an einem Dienstag im Juli an der Fifth Avenue, zeigt das ganze Dilemma von Luxuskonzernen wie Gucci: Im ersten Quartal 2003 fiel der Umsatz bei Gucci im Vergleich zum bereits miserablen Vorjahr um sieben Prozent, das Unternehmen machte zum ersten Mal einen Verlust im operativen Geschäft, seit es vor acht Jahren eine Aktiengesellschaft wurde: 24,4 Millionen Euro verlor der zweitgrößte Luxuskonzern der Welt in drei Monaten.

      Dem Marktführer, der französischen Gesellschaft Moët Hennessy Louis Vuitton (LVMH), gelang es nur durch Verkäufe von Unternehmensteilen, seine Schulden im letzten Jahr um rund zwei Milliarden Dollar zu reduzieren. Und Prada, der dritte große Konzern, verschob seinen Börsengang schon zum dritten Mal.





      Heute schön - morgen schön arbeitslos?
      Foto: AP




      Der schwache Markt sei schuld, sagte Prada. Doch nun wird es eng. Ist der Börengang bis 2005 nicht vollzogen, muss Prada seinen Investoren mehr als 800 Millionen Dollar an Obligationen zurückzahlen.

      Der Vorstandsvorsitzende von Gucci, Domenico De Sole, erklärt den dramatischen Einbruch mit der Weltlage: »Wir stehen einer schwachen Konjunktur, der Angst vor Terror, einem Krieg und einer Seuche gegenüber, die die Leute vom Reisen abhielt – alles Dinge, auf die wir keinen Einfluss haben. Wenn das vorbei ist, geht es wieder aufwärts. Spätestens im Herbst.«

      De Sole gilt als der cleverste Manager der Branche und vermutlich weiß er ganz genau, dass die Krise nicht einfach mit dem Krieg im Irak und SARS verschwinden wird.

      Bernard Arnault, Chairman bei LVMH, sieht die Lage realistischer. Der Branchenzeitung Women’s Wear Daily sagte er: »Unsere Industrie ist in einer heiklen, ja vielleicht in einer alles entscheidenden Phase. Aber leider sind die Umstände so unüberschaubar, dass kein Mensch voraussagen kann, was die nächsten Jahre bringen.«



      Früher Luxus, heute Massenware
      Das wahre Problem von De Sole, Arnault und ihren Kollegen lautet: Sie haben in ihrer Gier die Luxusfirmen zu Massenproduzenten umgeformt – und damit ihr wertvollstes Kapital zerstört: die Exklusivität. Der Käufer eines Kleides von Dior oder einer Tasche von Louis Vuitton möchte nicht nur eine elegante Tasche kaufen oder ein sexy Kleid, sondern das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu besitzen.

      Doch wenn die Nachbarin, die Kollegin und die Tante das gleiche Teil tragen, macht es keinen Spaß, Tausende von Euros dafür zu bezahlen. Je mehr uninteressante Menschen die Produkte einer bestimmten Marke tragen, desto weniger wird diese Marke begehrt.

      Das Mailänder Beratungsunternehmen InterCorporate veröffentlichte gerade eine Studie zur Lage der Luxus-industrie: Seit zwei Jahren stagniert der Umsatz bei sechzig Milliarden Dollar; gleichzeitig entstehen weltweit neue teure Boutiquen; Firmen wie Dior, Versace, Givenchy oder Burberry verwässern ihr Image mit Billiglinien (Thomas Burberry) und Einsteigerprodukten (Schlüsselanhänger bei Givenchy für dreißig Euro).

      Nur die superteuren Marken, die sich wie Hermès oder Chanel an die wirklich Reichen wenden, haben noch Erfolg.



      Die neue Gleichgültigkeit der Kunden
      Doch das schlimmste Phänomen dieser neuen Epoche ist die Gleichgültigkeit der Kunden. Wer vor einigen Jahren eine Party in der Medien/Kunst/Film/Musik-Welt besuchte, konnte davon ausgehen, dass jeder Gast informiert war über die jüngste Kollektion seines Lieblingsdesigners.

      Menschen waren stolz, sich mit Mode auszukennen, guter Geschmack war damals wichtiger als ein guter Witz. Das ist vorbei, die Mode ist sozusagen aus der Mode, sie langweilt einfach nur noch. Es gibt schließlich so viele spannendere Themen auf der Welt: Wie finde ich einen neuen Job? Oder: Wird Bush uns alle umbringen?

      Der Ursprung der McDonaldisierung des Luxus war eine irrwitzige Wachstumsstrategie, die die Konzerne in den Neunzigern verfolgten: Angefeuert von den Milliarden, die die Börsengänge einbrachten, übernahmen
      sie im Monatstakt neue Firmen und bauten für diese weltweit identische Boutiquen. De Sole und sein Partner Tom Ford kauften für Gucci unter anderem Yves Saint Laurent, Balenciaga, Bottega Veneta und finanzierten Stella McCartney und Alexander McQueen eigene Labels.

      Tom Ford erklärte vor zwei Jahren, dass ein Luxuskonzern nur überleben könne, wenn er mit vielen Marken operiere, denn eine Marke habe nur eine begrenzte Lebensdauer. Sein berühmter Spruch lautete: »Mein Ziel ist es, die Welt zu beherrschen mit meinem Stil.« Geblieben ist mit Gucci eine Marke, die wegen Massenverbreitung ihren Glanz verloren hat.



      Bombastische Filialen - leider menschenleer
      Noch in diesem Jahr haben Stella McCartney, Alexander Mc-Queen und Balenciaga in New York bombastische Filialen eröffnet und man kann dort Stunden verbringen, ohne einen Kunden anzutreffen. Im August wurden die Preise zum dritten Mal innerhalb von Monaten gesenkt: Ein 400-Dollar-T-Shirt von Balenciaga hängt jetzt für achtzig Dollar im Laden. Trotzdem will es keiner haben.

      Und bei Louis Vuitton hängen in jedem Laden überall auf der Welt die gleichen braunen Beutel mit den goldenen LV-Logos. Aber beinahe jede Frau in der zivilisierten Welt hat schon so ein Teil. Also druckt LV neuerdings bunte Logos auf weiße Taschen. Auf diese Weise sind sie immerhin noch ein paar Millionen Exemplare losgeworden.

      Wie soll es nur weitergehen mit der Luxusindustrie? An der Produktion zu sparen lohnt nicht, denn die macht ohnehin nur zehn Prozent der Kosten aus (zum Vergleich: Ins Marketing gehen vierzig bis fünfzig Prozent). Die Qualität der Stücke ist oft so miserabel, dass die Sachen nicht mal die erste Reinigung überstehen.



      Luxusfirmen lassen in Billiglohnländern produzieren
      Wer jemals ein Kleid von Balenciaga oder ein Hemd von Helmut Lang gewaschen hat, weiß, wie teuer schlampige Verarbeitung sein kann. Große Teile ihrer Kollektionen und Lizenzprodukte produzieren die Luxusfirmen in Billiglohnländern. Nicht mal das »Made in Italy«-Zeichen am Kragen stellen sie in Italien her. Aber weil es in Italien eingenäht wird, gilt dann der ganze Pullover als »Made in Italy«.

      Trotz all dieser Probleme ist nirgends ein Aufbruch oder eine Vision erkennbar. Raf Simmons blamiert sich mit einer Terroristen-Kollektion und der Texaner Tom Ford schlägt für Gucci den »George Bush hackt Holz auf seiner Farm«-Stil vor.

      Überhaupt dieser Tom Ford: Er lässt sich gern als das Designgenie seiner Generation feiern, doch seine Arbeit hat wie die keines anderen dazu beigetragen, dass sich immer weniger Leute für Mode interessieren.

      Nachdem er sich im Januar 2000 zum Chefdesigner der Pariser Mode-Institution Yves Saint Laurent (YSL) ernannt hatte, lautete sein Auftrag an die Designabteilung angeblich, man solle mal bitte ins Archiv gehen, ein paar schicke Teile aus den Sechzigern zusammensuchen, dann die Ausschnitte grö-ßer und die Röcke kürzer machen und das in allen Farben produzieren lassen.



      YSL als Softporno
      Am Tag vor der Modeschau kreuzte Ford wieder auf und suchte aus dem riesigen Haufen Klamotten die freizügigsten Teile aus. YSL sah plötzlich aus wie eine Softporno-Version von Gucci.

      Einziger Weg aus der Krise, so scheint es, sind neue Konzepte für den Vertrieb. Doch die Manager tun sich schwer damit zu erahnen, in welcher Umgebung die Kunden in Zukunft einkaufen wollen. Prada entschied sich Mitte der Neunziger für das Konzept »Stararchitekt entwirft Shopping-Palast«. Der Laden von Rem Koolhaas in New York enttäuschte allerdings, ebenso der von Herzog & de Meuron in Tokio.

      Ein ähnliches Konzept für San Francisco hat Prada vor kurzem abgeblasen. Geschäftsführer Patrizio Bertelli erklärte, die Welt brauche im Moment keine neuen Geschäfte, die Mode wie moderne Kunst präsentieren. Louis Vuitton hat zwar soeben am Hamburger Neuen Wall auf vier Stockwerken eine gigantische Boutique eingeweiht, das Konzept stammt allerdings aus der Zeit, als vor den Geschäften in Paris, Mailand und Rom Horden japanischer Touristen auf Einlass warteten.

      Offensichtlich hat sich die Kofferfirma entschlossen, einfach so weiter zu expandieren wie bisher. Nur mit erhöhtem Tempo. Einen anderen Weg gehen Chanel und Versace. Sie schließen unrentable Läden und eröffnen intime Geschäfte mit individuellem Design.

      Paola Durante, bei Merrill Lynch als Analystin für die Luxusbranche beschäftigt, prophezeite der New York Times, dass dieser Weg die Zukunft sei: »Die Leute wollen in einer fremden Stadt Läden finden, die anders aussehen als die zu Hause.«



      Sehnsucht nach Individualität
      Die Sehnsucht nach mehr Individualität und weniger Corporate Identity verhilft sogar Kleinstfirmen zu Erfolgen. Im Mai eröffnete Loulou de la Falaise ein Geschäft für ihre eigenen Entwürfe. Sie hatte dreißig Jahre lang Yves Saint Laurent als Muse gedient und wurde so zur Ikone der Modewelt.

      Ihr Geschäft sieht aus wie ein Rokokozimmer und ihre Mode ist für die meisten Menschen untragbar. Doch Suzy Menkes, die gnadenlose Kritikerin von der International Herald Tribune, feierte sie: »Ein Geschäft mit einer persönlichen Handschrift ist heute der ultimative Luxus für stilbewusste Menschen.

      Die weltweite Verbreitung von Luxusketten, das war in den Neunzigern. Dieses Jahrhundert handelt von Originalität.« Unterdessen hat sich auch Tom Ford eine Strategie gegen die Krise überlegt: Er verkaufte für 38 Millionen Dollar einen Teil seiner Gucci-Aktien – allerding zu einem Kurs, der deutlich niedriger war als der Höchststand aus dem Jahr 2000.



      sueddeutsche.de
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      schrieb am 06.09.03 00:10:03
      Beitrag Nr. 35 ()
      Inland
      Mag Wompel

      Negativbilanz

      Wo bleibt der massenhafte Protest gegen die Pläne der Hartz und Co.?


      Vor knapp über einem Jahr stand an dieser Stelle, die Vorschläge der Hartz-Kommission stellten den größten Angriff auf alle Lohnabhängigen seit dem Bestehen der Bundesrepublik dar. Diese Diagnose ist mittlerweile fast jede Woche angebracht, wenn neue Gesetzentwürfe, Gesetzesvorhaben, Kommissionsberichte vorgestellt werden – oder neue Versuchsballons jedweder parteipolitischer Couleur, meist über die Bild-Zeitung, gestartet werden.

      Damals hieß es: Ein großer Fehler wäre es, die Vorstöße der Hartz-Kommission als Wahlkampfklamauk abzutun. Es war Wahlkampf, aber es war den Herrschenden auch ernst mit »fürsorglicher Belagerung« (Originalzitat aus den Kommissionsvorschlägen) von Transferleistungsbeziehern im überparteilichen Konsens. Eine solche Fürsorge ist und bleibt kein Klamauk, am wenigsten für die »Belagerten«. Die Belagerung wird nun immer dramatischer, von Fürsorge wird kaum noch geredet. Der Lebensunterhalt von Langzeitarbeitslosen wird unter das Sozialhilfeniveau gesenkt, was wiederum mit Sicherheit die Absenkung der Sozialhilfe nach sich ziehen wird, obwohl vielmehr ihre Anhebung dringend geboten wäre. Um dies zu verhindern, werden abstruse Sonderfälle aus Florida medial aufgebauscht. Die hier möglichen »Einsparungen« würden nicht einmal die Portokosten der Sozialministerin von einem Tag decken. Und selbst wer glaubt, sich wegen einer Arbeitsstelle glücklich schätzen zu dürfen, finanziert hiervon nun auch Steuersenkungen für Reiche und eigene Gesundheitsaufwendungen. Was wegfällt, ist die Vorfreude auf das Rentendasein. Und künftig wohl auf jeglichen Kündigungsschutz.

      Aber kann die Diagnose des seit einem Jahr praktizierten sozialen Kampfes gegen alle vermeintlich Unrentablen noch deutlicher beschrieben werden?

      Arbeitszeitverkürzung bleibt weiter ein Tabuthema. Es gilt immer noch: Einer der wichtigsten Faktoren für die Arbeitslosigkeit ist die kontinuierlich steigende Arbeitsproduktivität – die Erwerbstätigen beseitigen sich durch ihren Fleiß selbst. Man könnte das auch anders betrachten: wir arbeiten immer intelligenter, damit wir weniger arbeiten müssen. Das ist im Prinzip gut so, denn es ermöglicht die einzige und einfache Lösung des Problems Erwerbslosigkeit: Radikale Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohn- und Personalausgleich. Statt dessen hat sich gleichzeitig mit steigenden Arbeitslosenzahlen die faktische Arbeitszeit durch tariffreie Zonen und massive, oft unbezahlte Überstunden längst wieder verlängert. Gegen diese Arbeitsintensivierung durch zu knappe Personalbemessung, die die letzten Zeitreserven in der Arbeit vernichtet, hilft nur die Reduktion des Leistungsumfangs oder die Aufstockung des Personals. Früher vorhandene Zeit- und Personalreserven als Puffer für die Störungen, die zum Normalfall des Arbeitsalltags gehören, müssen zurückerobert werden. Denn heute werden in der Tat Menschen als Puffer benutzt – und damit mißbraucht.

      Wie macht es Sinn, daran immer wieder zu erinnern, wenn Gewerkschaften den Kampf um Zeit und Gleichberechtigung verdrängen und statt dessen um die Anerkennung durch eine Partei der sozialdemokratischen Ungerechtigkeit buhlen?

      Ebenfalls im letzten Sommer hieß es in dieser Kolumne, daß es rational wäre – auch im Besitz eines unbefristeten Arbeitsvertrages in einer boomenden Branche –, sich um Sozialpolitik zu kümmern und gegen Sozialabbau zu kämpfen. Sicherlich eine Binsenweisheit. Sie kann aber offensichtlich nicht oft genug wiederholt werden: Ein Sozialstaat, der den Namen verdient, ermöglicht ein würdevolles Leben im Falle von Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Alter und verhindert Erniedrigung. Irrational wie unsozial bleibt es, daß die aktuelle menschenverachtende Politik breite Zustimmung findet, weil sie Ressentiments gegen faule, also eigentlich zu beneidende Arbeitslose anspricht. Auch im Eigeninteresse von arbeitenden Menschen hätten diese gegen die Hartz-Pläne der Lohnsenkung und »Flexibilisierung« der Arbeitsverhältnisse massiv auf die Straße gehen müssen.

      Seitdem hat sich ein breites bundesweites Bündnis gegen Hartz, Agenda 2010, Rürup und wohl auch gegen alles was noch kommen möge, gegründet. Wie realistisch sind aber Proteste zu den geplanten Terminen 20. Oktober und 1. November, wenn der größte Angriff auf alle Lohnabhängigen seit dem Bestehen der Bundesrepublik bei Millionen der direkt Betroffenen höchstens ohnmächtige Wut auslöste, die die Gewerkschaften immer wieder im Dialog zu beschwichtigen suchen? Wenn diese nur dann erbitterten Widerstand ankündigen, wenn es an die Tarifautonomie geht – die sie ganz autonom zur Tarifierung von Lohndumping mißbrauchen?

      Es sei auch an den Satz von Gerhard Schröder erinnert: »Wie sehr die deutschen Gewerkschaften in der Lage sind, eine gemeinwohlorientierte Politik auch dann zu unterstützen, wenn sie an Details Kritik haben, das verdient Respekt.« Diese andauernde politische Selbstaufgabe der Gewerkschaften muß endlich von unten verhindert werden. Auch wenn sich die Frage stellt, wie oft es Sinn macht, einem Lebensmüden die Rasierklinge wegzunehmen, hier ist die Kurve zum Optimismus möglich: Trotz alledem am 1. November auf die Straßen gehen und ein breites Bündnis der »Unrentablen« knüpfen – ohne sich dabei umzudrehen und zu schauen, ob die Gewerkschaftsführungen folgen.

      http://www.jungewelt.de/2003/09-06/015.php
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      schrieb am 06.09.03 00:22:45
      Beitrag Nr. 36 ()
      Für viele Anleger entpuppen sich die Policen als Minusgeschäft


      Glanz der Lebensversicherung verblasst


      Von Caspar Dohmen


      Beim Thema Altersvorsorge setzen die deutschen Anleger seit Jahrzehnten auf die Kapitallebensversicherung – drei von vier Haushalten sparen eine oder sogar mehrere Policen an.





      DÜSSELDORF. Und Heerscharen von Vertretern bringen massenhaft neue Verträge unters Volk, obwohl die Branche am laufenden Band negative Schlagzeilen produziert: dass die Versicherer wegen Börsenbaisse und Anlagefehlern Milliardensummen abschreiben mussten, dass mit der Mannheimer Lebensversicherung faktisch der erste deutsche Versicherer seit dem Zweiten Weltkrieg pleite ging, dass die Überschussbeteiligungen auf breiter Front sinken. Beschlossene Sache ist zudem für das nächste Jahr die Senkung des gesetzlichen Garantiezinses für Neuverträge von 3,25 auf 2,75 Prozent.

      So warnen viele Verbraucherschützer derzeit vor Kapital bildenden Lebensversicherungen: „Wir raten von Neuabschlüssen ab. Der Gewinn steht in den Sternen“, sagt Wolfgang Scholl vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. „Fällt der Steuervorteil, ist das Produkt endgültig tot“, meint Frank Braun vom Bund der Versicherten.

      Sollte der Anleger also generell die Finger von einer solchen Lebensversicherung lassen? „Nein“, meint Manfred Poweleit vom Branchenreport Map, „als Basisversorgung ist sie für die meisten Verbraucher unschlagbar.“ Dagegen sagt Versicherungsexperte Scholl, nur in Einzelfällen könne sich die Lebensversicherung für Selbstständige oder im Rahmen von Gehaltsumwandlung für Angestellte lohnen.

      Eine Kapital bildende Lebensversicherung bündelt zwei Produkte: eine Risikolebensversicherung, die nur im Todesfall fällig wird, und einen Sparvertrag. Zudem kommen Anleger in der Regel erst Jahrzehnte später wieder an ihr Geld. Daher sollten Anleger vor dem Abschluss einer solchen Police ihren Versicherungsschutz und ihre finanzielle Belastungsfähigkeit genau prüfen.

      Experten raten, erst die Berufsunfähigkeit abzusichern. Dies sollte früh geschehen und solange man gesund ist. „Schließlich bekommt schon manch ein 30-Jähriger Probleme, einen Versicherer zu finden“, sagt Poweleit. Dabei sollte eine Rente von 1 500 Euro sicher sein. Familien empfiehlt sich als zweites Sicherheitsnetz der Kauf einer Risikolebensversicherung. Hier halten Experten einen Todesfallschutz von 300 000 Euro für nötig.

      Nur wer nach dem Abschluss dieser Policen noch über ausreichende Liquidität verfügt, der kann an den Abschluss einer Kapital bildenden Lebensversicherung denken. Sicher, wer früh beginnt, der profitiert von dem Zinseszinseffekt. Allerdings nutzt dies wenig, wenn Versicherte aus Geldnot ihre Police frühzeitig kündigen müssen. Die vorzeitige Auflösung von Lebensversicherungen ist ein Minusgeschäft – vor allem, weil von den Beiträgen in den ersten Jahren die üppigen Provisionen der Vermittler abgezogen werden. Jeder zweite Lebensversicherte läuft in diese Falle. „Hände weg, wer nicht sicher ist, die Zwölfjahresfrist bis zur Steuerfreiheit der Anlage durchhalten zu können“, warnt denn auch Braun. Nach Ansicht von Poweleit sollte sich niemand aus steuerlichen Gründen für eine Lebensversicherung entscheiden. „Eine Kapital bildende Lebensversicherung läuft im Schnitt über 27 Jahre, sie muss viele Regierungen überstehen.“ In der Tat kocht die Diskussion über eine Streichung des Steuerprivilegs für Lebensversicherer derzeit erneut hoch. Verbraucherexperte Scholl erwartet, dass die Steuerbefreiung bald fällt.

      Schwierig ist die Auswahl des richtigen Anbieters. Oft unterschätzen Anleger die Kosten einer Lebensversicherung. Denn die Rendite wird nur auf den Sparanteil der Lebensversicherung gezahlt, das heißt auf das, was nach Abzug von Provisionen, Verwaltungskosten und der Risikoprämie übrig bleibt. Aspekte wie die aufschlussreichere Vertragsrendite oder der Rückkaufswert fließen etwa in die Ratings von Morgen & Morgen oder Map-Report ein – hier finden sich Hinweise auf renditestarke Anbieter. Zudem bieten die Unternehmensratings von Ratingagenturen wie Standard & Poor’s, Moody’s, Fitch oder AM Best Hinweise auf die wirtschaftliche Stärke eines Anbieters.


      HANDELSBLATT, Freitag, 05. September 2003, 10:45 Uhr

      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
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      schrieb am 06.09.03 00:48:17
      Beitrag Nr. 37 ()
      Auf dem Hinterhof kämpfen USA und EU um Einfluss

      Freihandel soll Stellung in Lateinamerika sichern


      Am Mittwoch beginnt im mexikanischen Cancún die Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO). Dort geht es um die weitere Liberalisierung des globalen Handels mit Waren und Dienstleistungen. Die Armen fürchten, dabei von den Reichen über den Tisch gezogen zu werden. Die Mexikaner etwa wissen warum: Sie leben zusammen mit US-Bürgern und Kanadiern bereits in einer Freihandelszone (Nafta). Während in Mexiko viele die Grenze mit dem Nachbarn im Norden wieder schließen wollen, geht den USA Nafta nicht weit genug: Washington will Freihandel mit ganz Lateinamerika. Brasilien und Argentinien bremsen diese Pläne am stärksten. Beide Staaten setzen auf ihr Projekt: den Mercosur.

      Von Sven Astheimer








      Protestierende Indígenas in Quito (rtr)

      Wenn Alberto Arroyo über Alca redet, dann kommen die Lippen unter dem buschigen Schnurrbart kaum zur Ruhe. Das Thema versetzt den Mexikaner in Aufregung. "Alca ist eine Gefahr", glaubt der Soziologe. Deshalb ist er ein entschiedener Gegner des Projekts und reist durch die halbe Welt, um die Menschen von dessen Problematik zu überzeugen. In Berlin hat der Wissenschaftler kürzlich auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung Station gemacht auf seinem Feldzug gegen Alca.

      Alca steht für "Área de Libre Comercio des las Américas". Es geht um ein gigantisches Vorhaben: Eine panamerikanische Freihandelszone von Alaska bis Feuerland, die 34 Länder einschließt. Nur Fidel Castros Kuba ist mal wieder außen vor. 1994 gab US-Präsident Georg Bush Senior auf dem Amerika-Gipfel den Anstoß für das Großprojekt, der Sohn soll es nun bis zum 1. Januar 2005 vollenden. Es könnte der Startschuss sein für den (fast) grenzenlosen Handel in einer Region, in der dann mehr als 800 Millionen Menschen leben würden, die wiederum 13 Billionen Dollar erwirtschafteten. Das entspräche 40 Prozent der gesamten, rund um den Globus erbrachten wirtschaftlichen Leistung.

      Alca wäre damit der größte Handelsblock der Welt, dominiert von der Weltmacht USA. Deren Bruttosozialprodukt ist zehnmal so hoch wie das aller lateinamerikanischen Staaten zusammen. Dank Alca hätte die Bush-Administration ökonomisch wie politisch die Zügel straff in der Hand in einer Region, die die Supermacht nicht erst seit dem kalten Krieg als ihren "Backyard", ihren Hinterhof betrachtet. Die Nachbarn aus dem Süden werden mit der Aussicht auf Prosperität und Wohlstand gelockt: Alca als Wachstumwunder.







      Freihandelszonen in Amerika (FR-Infografik)

      Doch die Wohlstandsnummer zieht längst nicht mehr bei allen. Arroyo etwa hat Erfahrung mit der - noch so eine Abkürzung - Nafta. Diese Freihandelszone existiert bereits seit fast einem Jahrzehnt. Damals fielen die handelshemmenden Zölle zwischen den nordamerikanischen Anrainern Kanada, USA und Mexiko: Unbegrenzter Marktzugang für alle.

      Zunächst schien die Rechnung aufzugehen: Der Binnenhandel legte schnell zu, heute wickeln die USA rund 40 Prozent ihres Warenaustausches mit den beiden Nafta-Partnern ab. Das arme Mexiko konnte mit zweistelligen Wachstumsraten der eigenen Ökonomie aufwarten. Doch die Freude währte nicht lange.




      FREIHANDEL

      Ökonomen bezeichnen damit den Güterhandel zwischen Staaten, der frei von jeglicher handelspolitischer Beeinflussung ist. Bei einer Freihandelszone werden also zwischen den Partnern schrittweise alle Zölle sowie Kontingente für Ein- und Ausfuhren abgebaut, nach außen werden diese Barrieren aber aufrecht erhalten. Bei einer Freihandelszone behalten die Partner ihre eigene Handelspolitik gegenüber Drittländern bei. Ein Beispiel dafür ist die Nafta, die aus den USA, Kanada und Mexiko besteht. Geben die Partner ihre handelspolitische Autonomie dagegen auf und agieren gegenüber Dritten geschlossen mit einer Stimme, spricht man von einer Zollunion. Sie ist meistens die Vorstufe zum Gemeinsamen Markt, auch Wirtschaftsunion genannt. Ein Gemeinsamer Markt wie in der Europäischen Union schließt auch die Harmonisierung weiterer Politikfelder ein. Es gibt aber nicht nur regionale Abkommen: Die Welthandelsorganisation (WTO) zählt 250 Freihandelsverträge zwischen Staaten. Am Mittwoch unterzeichnete US-Präsident George W. Bush ein solches Abkommen der USA mit Chile: Die Zölle zwischen beiden Staaten sollen gesenkt und längerfristig völlig abgebaut werden. sas


      "Nafta hat unserer Regierung ihre Handlungsfähigkeit genommen", behauptet Arroyo. Dafür habe es die Macht der multinationalen Konzerne potenziert. Ein Beispiel dafür sei der Fall Metalclad, eine Entsorgungsfirma aus den USA, die den mexikanischen Staat auf Schadensersatz verklagt hatte, weil sie keine Mülldeponie bauen durfte. Die lokalen Behörden hatten ihre Entscheidung mit einem Gutachten begründet, dass eine Kontaminierung des Trinkwassers durch die Anlage nicht ausschloss. Der Konzern erhielt Recht und eine Entschädigung von 16,7 Millionen Dollar. Diese Rechte ausländischer Investoren sind in Kapitel elf des Nafta-Vertrages festgeschrieben, dessen Regelungen teilweise in den Entwurf für den Alca-Vertrag übernommen wurden. Einige Passagen wurden aus Sicht der Kritiker sogar noch verschärft, weshalb Arroyo bei dem neuen Werk auch gerne von "Nafta-Plus" redet.

      Auch vom angeblichen wachsenden Wohlstand, den Nafta den Mexikanern bringe, will der Forscher nichts hören. In den Grenzregionen zu den USA seien zwar so genannte Maquiladoras entstanden - Firmen, die Arbeiter zu Billiglöhnen und ohne ausreichenden Arbeitsschutz beschäftigen, um vorgefertigte US-Produkte weiterzuverarbeiten. Doch würden hier weder einheimische Rohstoffe verarbeitet, noch profitiere die Zulieferindustrie vor Ort von diesen "Produktionsinseln".

      Statt dessen überschwemmten US-Agrarprodukte wie Mais und Soja den mexikanischen Markt, weshalb die Campesinos verarmten. Und die weltgrößte Supermarktkette Wal-Mart mache sich jetzt auch südlich des Río Grande breit, was dem Einzelhandel die Luft abzuschnüren drohe. "Was also", fragt Arroyo, "hat uns Nafta an Vorteilen gebracht?"


      2 VON 2









      Die Welt der Exporte (dpa-Grafik)

      Wie er denken bereits viele Menschen in Lateinamerika. Sie haben Angst vor der engen Umarmung der Supermacht aus dem Norden und sie machen ihrem Unmut Luft bei Demonstrationen, die Zehntausende Menschen auf die Straßen von Rio, Quito oder Santiago de Chile treiben. Es rumort auf dem Hinterhof.

      Seit Ende der 90er Jahre haben die Globalisierungskritiker auch eine gemeinsame Plattform: Die Alianza Social Continental (ASC). Ein Netzwerk, das Gewerkschaften, Organisationen und Wissenschaftler aus Lateinamerika, der Karibik sowie den USA und Kanada vereint. Die stärkste Opposition ist in Brasilien beheimatet. Man strebe "ein Plebiszit an", berichtet die Ökonomin Sandra Quintella, um Staatspräsident Luiz Inácio Lula zum Stopp der Alca-Verhandlungen zu bewegen.

      Viele Experten weisen Lula und der südamerikanischen Regionalmacht eine Schlüsselrolle zu in der Frage, wie eng Lateinamerikas Schicksal künftig an die USA gekettet sein wird. Hoffnungsträger Lula und sein neuer argentinischer Kollege Néstor Kirchner setzen im Machtkampf mit der Nordhälfte des Kontinents auf die Karte Mercosur, ein weiteres regionales Integrationsprojekt. Im Gegensatz zu den rein wirtschaftlich konzipierten Brüdern Nafta und Alca hat der "Mercado Común del Sur" aber auch eine politische und eine soziale Komponente. Der Aufbau ist eng angelehnt an die Europäische Union (EU).

      Lula kämpft derzeit an drei Fronten: Zunächst lenkt er zusammen mit US-Präsident George W. Bush als Vorsitzender den Fortgang der Alca-Verhandlungen. Gleichzeitig will er den Mercosur stärken. Erst im August gab es einen Erfolg zu vermelden, als Perus Präsident Alejandro Toledo die Beitrittsurkunde seines Landes unterschrieb. Sollte Ende des Jahres auch das geplante Abkommen mit der Andengemeinschaft zu Stande kommen, wäre das Ziel erreicht, alle Länder Südamerikas unter dem Mercosur-Dach vereint zu haben.

      Drittens will Lula auch noch die Europäer mit ins Boot holen. Denn die alte Welt befindet sich derzeit im Wettlauf mit Uncle Sam um den Einfluss in Lateinamerika. In Mexiko scheint das Rennen schon entschieden: Zwei von drei investierten Dollar stammen dort aus den USA. Anders dagegen in Brasilien, dem zweiten großen Markt der Region: Hier liegt der Anteil der US-Unternehmen an den ausländischen Direktinvestitionen nur bei 20 Prozent. Und für die Länder des Mercosur ist Europa der wichtigste Handelspartner. Deshalb basteln EU und Mercosur zeitgleich zu den Alca-Runden ebenfalls an einem Assoziierungsabkommen.

      Der Deal hat gute Chancen, glaubt Barbara Konner, die zuständige Referatsleiterin des deutschen Industrie und Handelskammertags. Die deutsche Wirtschaft sehe noch "sehr viel Potenzial" in Lateinamerika.







      Welthandelsströme (dpa-Grafik)

      Doch derzeit ruhen die Gespräche zwischen beiden Blöcken. Man wartet auf die Ergebnisse, die das Treffen der Welthandelsorganisation (WTO) nächste Woche im mexikanischen Cancún bringen wird. Auf übergeordneter Ebene sollen die Handelsminister Vorgaben machen bei sensiblen Themen wie Landwirtschaft und Dienstleistungen. Für die Zeit danach stehen die Unterhändler bereits in den Startlöchern.

      Alca, Nafta, Mercosur, Andengemeinschaft und EU - wer hat am Ende die Nase vorn beim Buhlen um den Freihandel mit Lateinamerika? Wer mit wem?

      Die Wissenschaftlerin Susanne Gratius hat sich in der Studie "Sackgasse Alca?" dieser Frage angenommen. Ihr zufolge zeichnen sich vier Szenarien ab:

      1. Alca als "Dachverband", der bestehende bilaterale Abkommen der USA mit Lateinamerika bündelt. Dies wäre zwar ein "verwässertes Abkommen ohne Substanz", dass laut Studie trotzdem langfristig den Einfluss der Europäer in Lateinamerika schwächen könnte.

      2. Ein "Patchwork" ohne Alca, das aus vielen Einzelabkommen zwischen Ländern und Regionalbündnissen besteht und in dem EU und USA in etwa gleich wichtige Partner für Lateinamerika wären.

      3. Eine "Nord-Süd-Teilung": Eine um Zentralamerika und die Karibik erweiterte und auf die USA fixierte Nafta steht einem auf ganz Südamerika ausgedehnten Mercosur gegenüber, der sich unter Brasiliens Führung stärker an Europa anbindet.

      Und 4. ein "Gesamtpaket", das die volle Umsetzung der Alca-Vertragsziele bedeuten würde und auf eine deutliche Schwächung der Position Europas in Lateinamerika hinausliefe. Entschiedene Gegner des letztgenannten Szenarios wie der Mexikaner Arroyo mag trösten, dass selbst Freihandelprediger angesichts der bevorstehenden US-Präsidentenwahl, schwieriger WTO-Verhandlungen und wachsender Kritik davon ausgehen, dass der Alca-Zeitplan bis 2005 nicht einzuhalten ist.

      Weitere Berichte im Dossier Grenzen der Globalisierung



      Wirtschaft: "Mit der Globalisierung ist nicht das Ende sozialstaatlichen Handelns gekommen"






      fr-aktuell.de


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      Copyright © Frankfurter Rundschau online 2003
      Dokument erstellt am 05.09.2003 um 18:08:03 Uhr
      Erscheinungsdatum 06.09.2003
      Avatar
      schrieb am 06.09.03 00:56:25
      Beitrag Nr. 38 ()
      Devisenmarkt
      Euro legt nach amerikanischen Arbeitsmarktdaten zu


      05. September 2003 Ein überraschender Rückgang der Beschäftigtenzahlen in Amerika hat dem Euro am Freitag einen neuen Schub gegeben. Die Gemeinschaftswährung klettert in New York bis gegen 20.15 Uhr auf Kurse um 1,11 Dollar, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) den Referenzkurs noch vor Veröffentlichung der August-Arbeitsmarktdaten mit 1,0923 (Donnerstag 1,0818) Dollar ermittelt hatte. Bereits am Donnerstag hatten amerikanische Arbeitsmarktdaten dem Euro Rückenwind gegeben.

      Wie das amerikanische Arbeitsministerium in Washington mitteilte, sank die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft im August zum Vormonat überraschend um 93.000. Von Reuters befragte Volkswirte hatten hingegen mit einem Zuwachs von 12.000 Stellen gerechnet. Die Arbeitslosenquote ging aber auf 6,1 Prozent zurück, nachdem sie im Juli bei 6,2 Prozent gelegen hatte. Die Zahlen bestätigten die Befürchtung von Analysten, daß die konjunkturelle Erholung bislang ohne positive Effekte auf die Beschäftigung geblieben ist. Die Daten wiesen auf eine „Jobless Recovery“ - eine Konjunkturerholung ohne Schaffung neuer Arbeitsplätze - hin.

      Euro mit Chance auf Stabilisierung

      Schon die wöchentlichen Zahlen zu den Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe waren am Vortag höher - und damit schlechter - ausgefallen als erwartet. „Der Markt hat mit Dollarverkäufen auf die Zahlen reagiert, die den Fluß bisher fast durchgehend positiver amerikanischer Daten unterbrochen haben", sagte ein Devisenhändler. Die Zahl der Erstanträge stieg in der abgelaufenen Woche auf 413.000 von 398.000 in der Vorwoche. Analysten hatten dagegen mit einem Rückgang auf 390.000 gerechnet.

      Nach Einschätzung der Analysten der Helaba Trust durchlief die Volkswirtschaft in Amerikan in den vergangenen neun Monaten einen markanten Stellenabbau. „Dabei wurde der vermeldete Rückgang der Beschäftigung vom Konsensus regelmäßig unterschätzt", schrieben die Analysten in einem Marktkommentar. Nach Einschätzung der Analysten wird eine möglicherweise gedämpfte Wachstumseuphorie zwar nicht dazu ausreichen, den Abwärtstrend des Euro zum Dollar umzukehren, eine zeitweise Stabilisierung des Euro sei aber wahrscheinlich.

      Letztes Aufbäumen oder erneute Trendumkehr

      Zum japanischen Yen tendierte der Dollar dagegen behauptet, zumal auf japanischer Seite erneut Interventionsgerüchte aufgekommen waren. Der Dollar notierte im New Yorker Nachmittagshandel mit 116,89 Yen nach 116,78 Yen am Vorabend. Entsprechend stärker stieg auch der Euro gegenüber dem Yen auf Kurse von knapp unter 129 Yen.

      Damit ist die europäische Einheitswährung in beiden Fallen wieder nahe an die bis unlängst zugunsten des Euro bestehenden, dann aber gebrochenen Aufwärtstrends herangelaufen. Und in den nächsten Tagen wird sich der Markt entscheiden müssen, ob es sich dabei nur um ein letztes Aufbäumen handelt oder um eine erneute Trendumkehr. Die Antwort darauf, in welche Richtung es letztlich geht, können aber vermutlich erneut nur die nächsten Konjunkturdaten geben.



      Im Chart sehen Sie die Entwicklung der Parität Euro-Dollar.

      Text: Reuters
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 06.09.03 01:08:38
      Beitrag Nr. 39 ()
      Die Infrastruktur zerfällt"

      Die US-Infrastruktur braucht Investitionen in Billionenhöhe, um Wirtschaft und Lebensqulität aufrecht zu erhalten




      Washington - Nur wenige Wochen nach dem größten Stromausfall in der Geschichte der USA haben Experten am Donnerstag vor den Folgen weiterhin ausbleibender dringender Investitionen in die landesweit marode Infrastruktur gewarnt.

      Die Kosten für ein Fünfjahresprogramm zur Sanierung von Straßen, des Trinkwassersystems bis hin zu den Schulen seien seit der letzten Schätzung vor zwei Jahren auf 1,6 Billionen Dollar (1,48 Billionen Euro) von damals 1,3 Billionen Dollar angewachsen, machte die American Societe of Civil Engineers (ASCE) am Donnerstag in Washington deutlich.

      Versäumnisste

      "Die Infrastruktur die für das Funktionieren unserer Wirtschaft und unserer Lebensqualität notwendig ist, zerfällt. Wir haben es versäumt, angesichts unserer wachsenden Bevölkerung in erforderliche Erweiterungen und Erneuerungen zu investieren, nicht zu sprechen von unseren wachsenden Bedürfnissen", sagte ASCE-Präsident Tom Jackson. Amerika riskiere gegenüber anderen Ländern zurückzufallen, warnte er.

      Für den Stromausfall Mitte August, der Metropolen von New York über Detroit und Cleveland bis hin zu den kanadischen Städten Ottawa und Toronto lahm gelegt hatte, machen Experten der Elektrizitätsbranche eine veraltete Infrastruktur verantwortlich. Die Chancen für eine rasche Behebung der Mängel sind allerdings gering, da die US-Regierung angesichts eines erwarteten Defizits in dem am 1. Oktober beginnenden Haushaltsjahr 2004 von rund 480 Mrd. Dollar sparen muss. Zudem stecken die US-Bundesstaaten in der tiefsten Haushaltskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. (APA/Reuters)

      Arbeitsmarkt

      "Die Infrastruktur zerfällt"

      http://derstandard.at/?id=1410495
      05. September 2003
      09:58 MEZ
      Avatar
      schrieb am 06.09.03 01:13:34
      Beitrag Nr. 40 ()
      "Unser Staat ist völlig überschuldet.
      (der hat`s begriffen:look: )

      Eine Rückzahlung dieser Schulden, - das dürfen sie ruhig schreiben - das ist nicht nur meine Meinung, sondern da wett ich drauf. Eine Rückzahlung der heutigen Staatsschulden, die wir in Deutschland haben, ist auf normalem Wege nicht mehr möglich. Das wird nie mehr auf normalem Wege möglich sein - diese Staatsschulden zurückzuzahlen. Und jetzt darf jeder weiterdenken, wie diese Schulden zurückgezahlt werden."

      Vorsitzender der deutschen Bauindustrie
      Ignaz Walter:
      http://f23.parsimony.net/forum52169/messages/32275.htm
      Avatar
      schrieb am 07.09.03 23:25:49
      Beitrag Nr. 41 ()
      Begründete Zweifel an der Qualität des US-BIP Wachstums im zweiten Quartal!


      Mit der freundlichen Genehmigung von Folker Hellmeyer, Bremer Landesbank, werden hier seine Einwände zum Zustandekommen des jüngsten US-Bruttoinlandsproduktes wiedergegeben und mit Charts ergänzt.

      Das Bureau of Economic Analysis hat in der jüngsten Veröffentlichung der vorläufigen BIP-Daten für das zweite Quartal 2003 die Finanzmärkte positiv überrascht.
      Der von 2,4 % auf 3,1 % nach oben revidierte Wert für das reale US-BIP unterstützt an den Finanzmärkten das für den USD und die USA positive Marktumfeld. Auf den ersten Blick ergibt sich eine massive Divergenz zwischen dem Wachstum in den USA gegenüber dem Wachstum der Eurozone.


      Gleichzeitig stellt sich die Frage nach der Qualität des US-Wachstums. Handelt es sich um selbsttragendes Wachstum und ist das Wachstum nachhaltig? In dieser Analyse beschäftigen wir uns von daher bewusst nicht mit den Teilen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die negative Beiträge geliefert haben. Dementsprechend liegen die addierten nachfolgenden positiven Wachstumsbeiträge in der Summe über 100 % des BIP-Wachstums des zweiten Quartals 2003.......

      .........
      weiter

      http://www.markt-daten.de/themen/hellmeyer-bip.htm
      Avatar
      schrieb am 07.09.03 23:28:31
      Beitrag Nr. 42 ()
      Wir haben es vorhergesagt: Bald Maut für alle?

      Die Nachrichtennetzwerke berichten heute übereinstimmend, daß die EU an einem Mautsystem für alle Fahrzeuge arbeite. Insbesondere sollen angeblich ab 2005 alle Fahrzeuge über 3,5 Tonnen in das Mautsystem gezwungen werden, und ab ca. 2010 soll die Mautpflicht sämtliche Fahrzeuge erfassen. Damit bestätigt sich eine Vorhersage des BWL-Boten, der dies schon vor einiger Zeit prognostiziert hat.

      Daß nahezu alle Parteien diesem Vorschlag zustimmen, verwundert nicht, ist doch der Autofahrer traditionell die Melkkuh der Nation. Stirnrunzeln dagegen erregt, daß Fritz Kuhn von den Grünen dem Magazin "Focus" gesagt haben soll: "Vorausgesetzt die LKW-Maut funktioniert zuverlässig, könnte das System auch für den KFZ-Verkehr zum Zuge kommen". Zwingend dafür sei jedoch, daß die Maut für Autofahrer eines Tages kostenneutral sein müsse. Das hieße, die Kfz-Steuer abzuschaffen und die Mineralölsteuer deutlich zu senken. Daß der Staat dies ins Werk setzt, bezweifle ich bis zum Beweis des Gegenteils - möglich ist nur, daß dem Regime bei der richtig drastischeen Gestaltung der Abzocke von der EU assistiert werden muß, so wie derzeit bei der Verweigerung einer ja ursprünglich geplanten Ausgleichsleistung für die Maut, die die Spediteure ab November zahlen sollen.

      Freilich zeigt dies, daß das Aufkommen neuer Kontroll- und Überwachungstechniken auch in diesem Bereich zu einem wahren Dammbruch führt, denn die Verschärfung einer Maßnahme öffentlich zu diskutieren, bevor die zu verschärfende Maßnahme selbst überhaupt eingeführt ist, ist auch für die derzeitige Abzockementalität immerhin noch nicht alltäglich. So steht also zu erwarten, daß selbst mit der Maut für alle Fahrzeuge auf allen Straßen das Ende der sprichwörtlichen Fahnenstange noch nicht erreicht ist, wie wir dieses Frühjahr in London lernen konnten, wo eine richtig hohe Innenstadt-Maut eingeführt wurde. Das grünt uns also auch, wobei eine "modernere" Lösung der flexiblen Preisgestaltung abhängig etwa von Art und Größe des Fahrzeuges und dem Fahrtziel wahrscheinlicher als eine für alle gleiche Maut ist. Und das wird uns dann wohl als "Marktwirtschaft" verkauft werden...

      http://www.bwl-bote.de/index.htm
      Avatar
      schrieb am 07.09.03 23:29:41
      Beitrag Nr. 43 ()
      Avatar
      schrieb am 07.09.03 23:38:15
      Beitrag Nr. 44 ()
      Quergedacht: Was viele denken aber wenige auszusprechen wagen
      Anstößige Texte zum Runterladen und Weiterverbreiten
      spatzseite.de

      Über Energie und Wirtschaft: 07.09.2003
      DIESE WOCHE
      Diese Woche denkt der Spatz über Energie und Wirtschaft nach. Wie immer treffend einfach und logisch demonstriert er den Zusammenhang zwischen Energieflußdichte und materiellem Wohlstand. Er zeigt, weshalb eine funktionierende Wirtschaft zunächst eine schlagkräftige Energieversorgung braucht, und welchen Nutzen es haben könnte, daß Energie verknappt, verteuert und bald vermutlich rationiert wird - ein Beitrag zum Nachdenken und Aufwachen!
      !

      Vom Winde verweht


      Zu keiner Zeit ihrer 2 Millionen Jahre währenden Geschichte verfügte die Menschheit über bessere Mittel, um den Stoffwechsel mit der Natur zu ihren und den Gunsten der Biosphäre wirksamer zu betreiben. Es gibt keinen realen Grund mehr für Mangel, materielle Not und schon gar nicht für menschliches Elend. Es gibt solches Elend aber ringsum auf Erden, es nimmt immer verheerendere Formen an, es wird die Regel. Nach der New York Times vom 3.9. nahm die Armut in den USA in diesem Jahr um 1,3 Millionen von 12,1 auf 12,4% der Bevölkerung zu, das sind immerhin 34,8 Menschen im Musterland des Westens. Schlimmer, dieser Zustand wird von Menschen nicht nur verteidigt, sondern absichtlich gefördert und mit religiöser Inbrunst verehrt. Hunger, Not, Elend, unzeitgemäßer Tod wird in Kauf genommen, ist gewollt, Armuts-Aktivisten werden freiwillig in politische Ämter, offensichtlich inkompetente Manager leiten Banken, multinationale Unternehmen, Nationen. Die Leute schauen zu, und das mit keiner anderen Begründung als dem impotenten, "was bleibt uns anderes übrig?" Das heißt dann Demokratie!

      Weil Energie die materielle Grundlage aller Versorgung mit materiellen Gütern ist, ein Beispiel aus der Energiewirtschaft. Man hat überall, auch in Kalifornien die Energieversorgung "privatisiert". Sie war es ursprünglich aus gutem Grunde nicht. Die Menschen wollten nicht von Privatleuten abhängig sein, die sie nicht "politisch" kontrollieren konnten. "Es wird für euch billiger, wenn es privatisiert ist. Dafür sorgt die Konkurrenz!", lockten die Experten in den Medien. Die Marktkonkurrenz bewirkte: Die Unternehmen investierten nicht mehr, sondern benutzten ihre traditionell hohen Gewinne, um sich gegenseitig aus den Markt zu drängen. Etwas Preisdruck half, doch am teuersten waren die "Übernahmeschlachten", das sind Bestechungsversuche, um bisherige Eigentümer zum Verkauf zu verlocken. Entscheidend war der finanzielle Druck auf Gemeinden und ihre Zweckverbände, der sie zum Verkauf zwang.

      Von den konkurrierenden Firmen obsiegten solche mit den besten Verbindungen zu Geldgebern und Banken. War die Zahl der "player" dann überschaubar klein geworden, forderte man das verausgabte Geld zurück und zwar völlig marktgerecht. Man drosselte das Angebot und ließ die Preise steigen. Jedermann behielt die "Freiheit", sich den Strom so billig wie möglich zu beschaffen. Er konnte sich ja auch ein eigenes Kraftwerk in den Garten stellen. Wollte er das nicht, mußte er eben Marktpreise bezahlen - seine freie Entscheidung. Für die Preise ist niemand verantwortlich zu machen, denn dergleichen entscheidet kein Mensch sondern der Markt. Alles andere ist "Verschwörungstheorie". Kaliforniens Gouverneur Davis wurde anderer Meinung, nach dem die Stromanbieter dank der Verknappung im Jahr 2000/2001 bei deutlich weniger Stromlieferung 8,9 Mrd. US$ mehr Geld abgezockt hatten als im Jahr zuvor.

      Davis wollte strengere Regulierungen. Das richtete sich gegen die Freiheit der Freien. Deshalb soll Davis jetzt abgewählt und durch einen freiheitlicheren Gouverneur, nämlich Arnold Schwarzenegger ersetzt werden. Außerdem gibt es im Land der Freiheit sogar schon eine Regulierungsbehörde. Diese Federal Energy Regulatory Commission (FERC) hatte sogar schon eingegriffen, und unlautere Machenschaften der Energieanbieter verfolgt, gerügt und bestraft. Wenn Davis mehr will, ist er offensichtlich unfreiheitlich und muß demokratisch abgewählt werden. Das sollte jeder rechtschaffende Demokrat einsehen.

      Nun, die Strafe die die FERC ausgesprochen hat, belief sich nach Paul Krugman (New York Times vom 30.8.2003) auf ganze 836.000 US$, nicht sonderlich schmerzlich angesichts der hinzuverdienten 8,9 Mrd. US$. Aber moderne Strafen sollen freiheitliche Menschen bessern und nicht vergelten oder gar wiedergutmachen. Was Krugman an der Sache störte ist, daß Vizepräsident Cheney ausgerechnet Kenneth Lay von der berüchtigten Firma Enron damit beauftragt hatte, die Personen der FERC zusammenzustellen, was er - wie man sieht - im Interesse der Freiheit getan hat. Doch was hat das mit uns zu tun, sollen die Amis doch...

      ...auch uns, wie dem Irak und der ganzen Welt, ihre Freiheit bringen. Das haben sie hier ja weitgehend schon getan. Leider ist nicht bekannt, wer für sie jeweils die Regierung der "Partner-Länder" zusammenstellt, welche der Wähler dann als guter Demokrat brav zu wählen hat. In Deutschland ließ sich die lukrative Verknappungspolitik wegen verbleibender Reste an Gemeinsinn zunächst schwieriger durchzusetzen, doch tat die Medienberieselung inzwischen das ihre. Ausstieg aus der Kernenergie, Windrädchen und Sonnenenergie, was könnten sich internationale Verknappungswirtschaftler Besseres wünschen. Nur daß die Chinesen hierbei noch nicht mitspielen, ärgert sie zunehmend. Aber, versprach ihr Präsident (nach Washington Post vom 2.9.) den Arbeitern in Ohio: Ihr bekommt wieder Jobs, dazu werden wir den Chinesen Druck machen, damit sie ihre Währung aufwerten (Wie 1969 in Deutschland, als die sozialliberale Koalition die Große ablöste, weil sich die CDU der schädlichen DM-Aufwertung widersetzte - doch das ist längst vergessen; wir haben uns inzwischen an den stärkeren Tobak unserer kriminellen Regierung aller Farben gewöhnt).

      Die jetzige Regierung ist besonders schlau. Selbstverständlich befolgt sie nicht Weisungen der Konkurrenz, sondern eine "fortschrittliche, alternative" Energiepolitik, die zugleich noch das Arbeitslosenproblem lösen hilft. Und wenn die Regierung das sagt, muß es stimmen und alle sind dafür. Sie will das Problem Arbeitslosigkeit durch die Rückkehr zu ineffizienten, arbeitsintensiver Technologien mit geringer Produktivität überwinden. Leuchtet ein! Stellen Sie sich vor, das Transportgewerbe stiege von LKW und Eisenbahn wieder auf Eselskarren um: Wie viel Kutscher fänden hierbei zusätzlich Arbeit? Gesendet, gewählt!

      Damit steigen leider die Kosten. Aber Geld spielt für Stipendienempfänger, Politiker und Frauen gutverdienender Männer keine Rolle: Geld ist vorhanden, man muß es nur lockermachen! Da sich noch so umweltbewußte Fuhrunternehmer damit schwerer tun, gibt es für sie Handsalben. Subventionen kosten Geld und die Regierung hat schon alle Steuergelder wahlverhaltensteuernd ausgegeben. Die Staatsknete ist verspielt. Für echte Politiker kein Problem! Die Regierung entscheidet, daß Fuhrunternehmen, die noch mit LKW und Eisenbahn arbeiten und vielleicht sogar mit der Magnetbahn liebäugeln, die Mehrkosten der Eseltreiber zu tragen und entsprechende Karawansereien (Eseleien zum Wohl der Tiere) zu unterhalten haben. Wenn es nicht den Transport sondern die Energie betrifft und so - wie hier angedeutet - gemacht wird, ist für Marco Bülow (MdB und Berichterstatter der SPD-Fraktion am 12.8.2003) "die Förderung der Windenergie keine Subvention" - sondern ein "Umlagesystem, das die Mehrkosten verursachergerecht auf die Endkunden umlegt".

      So kann man die staatliche Zwangsabgabe nach dem "Erneuerbaren Energien Gesetzes" (EEG) in Orwells Neusprech wohl nennen. Aber was heißt "verursachergerecht"? Wer verursacht denn die Kosten, doch wohl der Eseltreiber oder Windenergieanlagen-Betreiber oder genauer - der Politiker, der ihn durch teure Handsalben dazu verleitet.

      Wen wundert es, wenn man - nun wieder im Bild des Transports - bald nur noch ausländische Fuhrunternehmer auf deutschen Straßen antrifft und überall stinkenden Mist. Nur das Problem der Arbeitslosigkeit ist nicht gelöst. Denn nicht nur die alt eingesessenen Fuhrunternehmer verlassen fluchtartig das Land, sondern mit ihnen die Firmen, die etwas zu kutschieren haben, die also Güter herstellen und nicht nur über das Internet raffinierte Finanzschnäppchen oder brutale Kriegsspielchen verkaufen. Sie alle suchen sich neue Standorte - und wo wohl? - bei den Auftraggebern unserer Regierung, bei der ausländischen Konkurrenz.

      "Aber eine moderne Windturbine läßt sich mit einem Eselkarren nicht vergleichen!", ließe sich einwenden. Windenergieanlagen sind modern, auf dem neuesten Stand der Technik und vor allem, "Windenergie gibt es umsonst". Aber welche Energieform gibt es nicht "umsonst". Kohle hat zum Beispiel einen Preis, weil man sie vor dem Einsatz aus der Erde graben muß. Dort steckt sie aber "umsonst". Also, Kosten verursacht lediglich die Umwandlung einer "kostenlosen" Primärenergiequelle in eine Nutzenergie, damit sie dann, wenn man sie braucht, zur Verfügung steht. Und in dieser Beziehung sieht es bei Wind und Sonne bekanntlich besonders schlecht aus.

      Und wer sagt denn, daß Eselkarren - um im Bild zu bleiben - nicht mit den modernsten Radsystemen oder freischwebenden, fast reibungslosen Magnetlagern auszustatten sind. Die raffiniertesten wissenschaftlichen und technischen Neuerungen und Verbesserungen machen aus einer vorsintflutlichen Technologie keine zeitgemäße. Denn, was fortschrittlich ist, richtet sich nicht nach der Mode, sondern nach wissenschaftlichen Kriterien. Im Falle der Energieversorgung sind das vor allem zwei: 1. ein Höchstmaß an Stetigkeit und 2. die Energiedichte (w/m²). Weil die Wind- und Sonnenenergie hier nicht mithalten kann, ist man - von Nischen-Anwendungen abgesehen - schon vor über hundert Jahren aus diesen Energiequellen ebenso ausgestiegen, wie aus dem Esel- oder Pferdefuhrwerk, bis superschlaue Medienleute und ihre Politiker sie uns wieder aufschwätzen konnten.

      Das ist Ihnen alles zu abstrakt! Gut ein Beispiel: die Firma Vestolit in Marl stellt mit 700 Angestellten PVC her. Ihre Produktion ist wegen des hohen Strompreises im Land jährlich um 8 Millionen Euro (2,5% ihres Umsatzes) teurer als wenn sie mit den gleichen Anlagen in Frankreich arbeiten würde. Denn wir bezahlen dank unserer Energiepolitik die höchsten Strompreise in der EU. Die Beschäftigen bei Vestolit und weitere in ihren Zuliefer- und Dienstleisterfirmen haben nun "freiwillig" auf ihr Weihnachtsgeld verzichtet, um die Firma im Land und sich selbst von den Kosten für Arbeitslose fern zu halten. In den Aluminium-, Zement- und anderen energieintensiven Werken sieht es nicht anders aus, wenn auch die betriebswirtschaftlichen Entscheidungen anders gefällt werden dürften.

      Die bei Vestolit zeigen ein allerseits (von bösen Gewerkschaften abgesehen) begrüßtes Wohlverhalten. Denn mit dem Weihnachtsgeld entfallen auch Weihnachtseinkauf und Weihnachtsgeschäft. Aber wer will schon soweit denken, wo doch das Weihnachtsfest im Sinne rot-grüner Gutmenschen dadurch weniger "konsumorgienhaft" wird. Deshalb gedenkt die Regierung mit der Novelle zum EEG die Stromkosten bis zum Jahr 2010 um weitere 30% zu verteuern.

      Ach ja, was gehen uns die Amis an? Wir haben vor der eigenen Haustür zu kehren, wenn man uns in Nazi-Land nur ließe. Aber ehrlich! hindern Sie am Kehren wirklich nur die US-Truppen in Ramstein und "privatisierte" Sicherheitskräfte da und dort im Untergrund?
      Avatar
      schrieb am 07.09.03 23:40:56
      Beitrag Nr. 45 ()
      Insider haben in der 1. September- Woche noch einige Kohlen nachgelegt und massiv verkauft. Dies sind historisch äußerst extreme Werte !







      http://www.stockmove.de/
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 00:05:11
      Beitrag Nr. 46 ()
      Prediction: The future of the USA stock market




      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 00:10:03
      Beitrag Nr. 47 ()
      5.9.03 Berlin will Banken bei Insolvenzen bevorzugen
      Von Maximilian Steinbeis

      Die Insolvenzverwalter laufen Sturm gegen einen neuen Gesetzentwurf der Bundesregierung. Danach können Banken künftig Wertpapiere, Barguthaben oder Unternehmensbeteiligungen insolventer Kunden ungehindert verwerten, ohne sich um den Insolvenzverwalter und die anderen Gläubiger kümmern zu müssen.

      DÜSSELDORF. Mit dieser Privilegierung der Banken werde das geltende Insolvenzrecht „völlig durchlöchert“, kritisiert Bruno M. Kübler vom Gravenbrucher Kreis, der Vereinigung der deutschen Insolvenzverwalter.

      Der Kabinettsbeschluss ist nach Einschätzung von Insolvenzverwaltern nicht zuletzt durch den politischen Druck der Banken zu Stande gekommen. Die Insolvenzverwalter warnen, der Gesetzentwurf gefährde die Sanierung des betroffenen Unternehmens – obwohl die seit 1999 geltende Insolvenzordnung den Schwerpunkt auf die Rettung des insolventen Unternehmens legt. Sie hat bereits in mehreren spektakulären Pleitefällen eine Sanierung ermöglicht. So gelang es Insolvenzverwaltern, den Berliner Schreibwarenhersteller Herlitz vor dem Konkurs zu retten. Auch bei dem Oberhausener Anlagenbaukonzern Babcock Borsig und bei der Kirch-Gruppe half die Insolvenzordnung, die meisten Arbeitsplätze zu erhalten. „Dass die Banken die Verwertung ihrer Sicherheiten selber in die Hand nehmen können, sollte durch das neue Insolvenzrecht gerade abgeschafft werden“, kritisiert Kübler den Kabinettsbeschluss. ... (Handelsblatt.com, 5.9.03)




      Kommentar: Wenn in Zukunft die Banken bei einer Firmenpleite die Werte sofort veräußern dürfen – dann wird dies dem angeschlagenen Unternehmen den Rest geben. Mit solchen Maßnahmen heizt man die Deflation erst richtig an und steigert die Arbeitslosigkeit.

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      Teilentwarnung für Lebensversicherte

      Experten erwarten Stabilisierung der Renditen - Kapitalmärkte sorgen für Entspannung


      von Thomas Exner

      ... Grund für die vergleichsweise optimistischen Prognosen ist vor allem der Klimawandel an den Kapitalmärkten. Der Deutsche Aktienindex Dax ist seit Jahresanfang um rund 15 Prozent gestiegen. Dies mildert die in den vergangenen zwei Jahren aufgelaufenen stillen Lasten in den Bilanzen der Versicherer erheblich. Bei einem Dax-Stand von 3800 Punkten Ende 2003 sehen einige Branchenkenner das Problem sogar bereits weit gehend wieder entschärft. Und die positive Entwicklung der Rentenmärkte gerade in den ersten sechs Monaten hat den Portfoliomanagern der Assekuranzen kräftige Kursgewinne beschert. ... Tatsächlich beobachten Marktkenner schon seit einiger Zeit verstärkte Aktivitäten der Versicherer an den Kapitalmärkten. So werden sukzessive die Sicherungspositionen bei den Aktienbeständen aufgelöst, was dem Markt Unterstützung gibt. "Vor allem aber gibt es derzeit massive Umschichtungen aus börsennotierten Anleihen beispielsweise in Genuss- oder Schuldscheine", stellt Michael Schramm von der Berenberg Bank fest. ... (Welt, 3.9.03)


      Kommentar: Wenn die Aktien steigen, dann geht es den Lebensversicherungen gut. Nur was soll passieren, wenn die heute ohne fundamentalen Gründe hochspekulierten Kurse eines Tages wieder verfallen? Dann werden die Lebensversicherungen in massiven Problemen stecken. Wenn dann erst die Deflation richtig greift, werden Bankenpleiten und Versicherungsbankrotte die Ersparnisse vernichten und die deflationäre Abwärtsspirale weiter anheizen. Mehr in der Buch-Neuerscheinung: „Deflation – die verheimlichte Gefahr“

      Kommentare v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 00:45:50
      Beitrag Nr. 48 ()
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      Kapitalistische Widersprüche
      von Yves Engler
      ZNet 30.08.2003


      Die Veranstaltungstreffen der WTO in Cancun rücken näher, die Stimmen im Lager der kapitalistischen Globalisierung werden lauter - genau der richtige Zeitpunkt also, um deren Ideologie zu analysieren, nicht zuletzt hinsichtlich der Frage, worum es im Kapitalismus moderner Prägung eigentlich geht. Die ‘Globalisierungs’-Verfechter behaupten, ein erwartbares Nebenprodukt des internationalen Wettbewerbs sei ökonomischer Fortschritt. Daher will man auch in die bevorstehenden WTO-Verhandlungen das Thema ‘Wettbewerbspolitik’ einbringen - will heißen, Regierungen könnten sich künftig gezwungen sehen, ihre sämtlichen öffentlichen Verträge vor multinationalen Konzernen offenzulegen. Ins gleiche Horn bläst der Ruf nach Kürzungen bei den Regierungsausgaben. Das Argument: Konzerne könnten Dienstleistungen viel effizienter erbringen, und selbst wo dies nicht der Fall sei, Regierungseinmischung schade der Wirtschaft nur.

      Selbst die Gegner der ‘Globalisierung’ (ich nehme mich nicht aus) bringen jene Ideologie - Neoliberalismus genannt - regelmäßig so auf den Punkt: freier Handel, freie Investitionstätigkeit, Privatisierung, Deregulierung u. Reduktion der Sozialausgaben. Im Grunde sei Globalisierung nichts anderes als das Überleben der Fittesten am globalen Markt. Natürlich ist diese Auffassung zum Teil wahr - aber eben nur zum Teil - das zeigt auch die kürzliche Erteilung eines europäischen Patents an die Bioengineering-Firma Monsato. Wie Seth Shulman in der September-Ausgabe von ‘Technology Review Magazine’ schreibt, hat Monsato dadurch exklusiv die rechtliche Kontrolle über alle Formen von genetisch verändertem Soja in der EU erworben! Dies nur als jüngstes Beispiel, das belegt, es herrscht ein immer stärkerer Konzern-Monopolismus - aufgrund gestärkter Patentgesetze u. einer erweiterten Definition dessen, was ein Patent eigentlich ist. Folglich betreiben Konzerne nicht etwa Lobbyarbeit für den ‘freien’ Markt vielmehr für Patentkontrolle. Auf diese Weise treiben sie ihre Profite hoch. Das Ganze trägt zudem zum bereits überall sichtbaren Prozess der Privatisierung von Gemeingut bei.

      Einige Beispiele: Zwischen 1975 u. 1994 meldete Microsoft pro Jahr im Durchschnitt 4 Patente an. Zwischen 1995 u. 2000 stieg die Zahl im Durchschnitt auf 240 (1) pro Jahr an. IBM brach 2001 alle Rekorde - mit 3 411 Patentanmeldungen in den USA - mehr Patente hatte (2001) kein anderer Patentnehmer erworben. Die Zahl lag um fast 20 Prozent über IBMs Vorjahreszahl. Inzwischen hält IBM weltweit über 37 000 Patente (2). Ein klares Muster ist erkennbar. In den letzten 20 Jahren nahm die Zahl der in den USA jährlich ausgestellten Patente um fast das Dreifache zu (3). Noch 1902 gab das US-Patentamt 1 Million Patente aus. Im Jahr 2002 waren es 5 Millionen. Bis Ende 2004 wird ein weiterer Anstieg auf 7 Millionen erwartet (4).

      Konzerne rufen nach dem ‘freien Markt’, wenn jemand ihre Aktivitäten reguliert bzw. sie ihre Waren über Grenzen hinweg verschieben wollen; oft sind es genau dieselben Konzerne, die Patente anmelden - scheinbar unnötige Patente, die nur angemeldet werden, FALLS sie irgendwann mal nützlich, sprich, profitabel, sein sollten. Denn dies ist eine Möglichkeit, wie sich oligopole Konzerne die Kontrolle über ihren Wirtschaftszweig sichern. Und falls ein Patent für ein Unternehmen nichts bringt, wird es eben an ein anderes weiterlizensiert; soetwas geschieht regelmäßig. So vermeldet ‘Canadian Business’ zum Beispiel für die USA einen Anstieg der Einnahmen aus (Patent-) Lizensierungen von 15 Milliarden US-Dollars im Jahr 1990 auf mehr als 110 Milliarden im Jahr 1999 (5). 1982 wurde in den USA das nationale Berufungsgericht ‘U.S. Court of Appeals for the Federal Circuit’ eingerichtet - eine für Patentanwärter (wie von den (Gerichts-)Verfechtern vorhergesehen) äußerst nützliche Einrichtung. Patentkritiker William W. Fisher III: “Vor den 1980gern hatten sich sowohl das ‘Patent Office’ als auch die Gerichte der Patentierung von Software-Programmen verweigert, vor allem, weil diese aus mathematischen Algorithmen bestehen und daher kein patentierbares natürliches Phänomen darstellen. Aber 1981 signalierte der Oberste Gerichtshof der USA eine leicht aufgeweichte Sicht in dieser Frage, indem er die Patentierung eines (in den Computer eingebauten) Computerprogramms stützte, das zur konstanten Temperaturüberwachung in einer synthetischen Gummiform diente. Seit dieser Zeit nahm der ‘Federal Circuit’ eine mehr und mehr empfängliche Haltung ein, und heute ist es so, dass praktisch jedes Software-Programm (vorausgesetzt es ist neu und nicht selbstverständlich, etc.) patentierbar ist, falls der Antragsteller es als etwas beschreibt, das in einen normalen Zwecken dienenden Computer zu programmieren ist. Das vorhersehbare Resultat war eine enorme Zunahme an Patentanträgen im Bereich der Software” (6).

      Die Vorstellung, bei der Globalisierung des Kapitalismus drehe sich alles um die Ökonomie des ‘freien Marktes’ ist ebenso veraltet wie das Bild vom einsamen Schöpfer/der einsamen Schöpferin, der oder die in seiner/ihrer Mansarde kreativ tätig ist. Sowas gibt’s kaum noch. Heutzutage entstehen Neuprodukte meist in Gemeinschaftsarbeit, unter der Kontrolle großer Konzerne. Konzerne haben ein Monopol auf Monopole (übrigens war Patentierung ursprünglich als Mechanismus gedacht, um genau jene einsamen Schöpfer vor den übermächtigen Konzernen zu schützen. So ändern sich die Zeiten...) Ein ebenso wichtiger Punkt: Es wird immer deutlicher, wie sehr ErfinderInnen mit ihren Produkten inzwischen von Vorgänger-Erfindungen abhängen / diese Erfindungen in ihre Produkte integrieren. Fisher macht deutlich, Patente u. Copyrights waren (sind), wie andere Monopole auch, gefährliche Mittel; Berechtigung haben sie nur dort, wo sie einem dringenden, klarumrissenen öffentlichen Interesse dienen (7).

      Mit ein Grund für die gestiegenen Arzneimittelkosten und den daraus resultierenden immensen Profitanstieg der Pharmakonzerne war eine Stärkung des Patentschutzes durch die US-Regierung im Jahr 1984. So sind die geheiligten Patentrechte der Pharmaindustrie mit der wichtigste Grund, weshalb Tausende, ja Millionen, nicht in den Genuss von lebensrettenden Generika kommen. Ein zentrales WTO-Anliegen (siehe TRIPS: ‘Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums’) ist ja gerade die globale Harmonisierung des Patentschutzes auf hohem Niveau - das heißt, auf dem Niveau der USA. Der Grund, weshalb die USA u. andere G-7-Länder zu den Verfechtern von TRIPS gehören, ist, dass es Konzernen mit Sitz in G-7-Ländern nützt. So schreibt Steve Lohr auf der Wirtschaftsseite der N.Y. Times: Träte ein weltweites Abkommen über die Rechte des geistigen Eigentums voll in Kraft, die entwickelten Länder unter Führung der USA würden davon am meisten profitieren - so die Einschätzung der Weltbank. Die Entwicklungsländer hingegen müssten draufzahlen. Die USA, Deutschland, Japan u. Frankreich zusammen würden $34,9 US- Milliarden jährlichen Gewinns verzeichnen - überwiegend auf Kosten Chinas, Mexikos, Indiens, Brasiliens, aber auch anderer. (8). Grund: Moderne Technologien werden ganz überwiegend in den Zentren des Kapitalismus entwickelt. Folge: Das meiste neuzupatentierende Material liegt im Kontrollbereich der G 7. Es gibt Leute, die behaupten, die USA wären nur noch wegen TRIPS Mitglied der WTO. Anders gesagt, genau jener Teil der WTO, der im Grunde den Wettbewerb behindert, ist der eigentlich entscheidende. Das Gleiche trifft auch auf andere Handelsabkommen zu. Auch das Zentralamerikanische Freihandelsabkommen (CAFTA), das derzeit zwischen den zentralamerikanischen Ländern und der USA verhandelt wird, konzentriert sich auf einen verbesserten Patentschutz. Die Regierung Bush verlangt, diese Länder müssten ihren Patentschutz auf 25 Jahre verlängern - länger als selbst in den USA der Standard (und es ist unwahrscheinlich, dass irgendein zentralamerikanisches Land eine Binnenwirtschaft besitzt, die von einem gestärkten Patentrecht profitierte). Hier wiederholt sich im Grunde dasselbe wie damals bei der NAFTA- Unterzeichnung, dem Nordamerikanischen Freihandelsabkommen. Damals wurde Mexiko darauf verpflichtet, den Patentschutz zu verstärken.

      ‘Big business’ im Herzen der kapitalistischen Welt ist zunehmend patent-abhängig. Und es will die Regeln, die ihm in den Kram passen, der ganzen Welt aufzuzwingen. Besonders schädlich erweist sich dies für Länder, die mitten in der Industrialisierung stecken. Ihre Abhängigkeit von den Kernländern (des Kapitalismus) - dort, wo die Technologie patentiert wird -, setzt sich so fort. Historisch gesehen entwickeln sich Länder durch Technologiediebstahl. Während der Zeit der Industriellen Revolution war das zum Beispiel überall in Westeuropa der Fall. Ein Patentschutz, wie er jetzt in den WTO-Vereinbarungen u. anderen Handelsabkommen kodifiziert ist, erklärt die technologische Überlegenheit reicher Nationen quasi zum Gesetz - und wird damit zur Gefahr für die Wirtschaftsentwicklung vieler Länder. Aber nicht nur im Bereich des Patentrechts versuchen Unternehmen einen größeren Monopol-Schutz durchzudrücken. Da ist zum Beispiel der Bereich Copyright. Das Urteil des Obersten Gerichtshof der USA von Anfang diesen Jahres, das eine Ausweitung des Copyrights stützte, ist ein weiterer Hinweis auf eine zunehmende Konzern- Monopolisierung. 1998 hatten Disney (kurz vor Ablauf des Copyrights für Mickey Maus) u. weitere ‘major players’ der Unterhaltungsindustrie Lobbyarbeit im Kongress betrieben, damit dieser eine Verlängerung des Copyright-Schutzes beschließen sollte. Also gab man zwei Jahrzehnte zu: 95 Jahre beträgt nun die Frist für das Konzern-Copyright, 70 Jahre (über den Tod des Erfinders / der Erfinderin hinaus) für das individuelle Copyright. Nur eines von vielen Urteilen, die einen Trend zum gestärkten Copyright erkennen lassen. In den letzten 40 Jahren hat der Kongress das Copyright insgesamt 11 Mal erweitert (9).

      Die kapitalistische Globalisierung hat die Monopolbildung der Konzerne vorangebracht. Auf der anderen Seite verstärkt sie den Wettbewerb zwischen Regierungen bzw. zwischen den Arbeiterschaften. So erklärte diese Woche die Führung des indischen Bundesstaats Gujarat, man plane die Einrichtung einer Freihandelszone im Staat, um ausländische Investoren anzulocken - siehe die mexikanischen Maquilladoras bzw. (vergleichbare) Zonen überall in Ostasien. In diesen Zonen genießen Unternehmen Steuerfreiheit, normale Arbeitsgesetze verlieren ihre Gültigkeit. Und während IBM sein Monopol mittels Patentierung ausbaut, steht in der ‘Business Week’ von dieser Woche, das Unternehmen werde seine Fabriken in Ungarn schließen und nach China transferieren, wo die Arbeiter 75 Prozent weniger verdienen als in Osteuropa (10). Noch etwas: IBM profitiert von Patenten, es profitiert vom freien Handel / von freier Investmenttätigkeit aber ebenso auch von einem sozialen Phänomen, das eigentlich im Gegensatz zum Neoliberalismus steht: ‘social spending’. So berichtet die ‘Montreal Gazette’, Unternehmen wie IBM könnten auf Millionen von Steuergeldern der Provinz rechnen, falls sie sich entschließen, in die Montrealer Region zu ziehen (11).

      Der Neoliberalismus ist verbunden mit einem Generalangriff auf staatliche Ausgaben wie Sozialhilfe, Krankenversicherung oder Bildungszugang - soziale Rechte also. Geht es hingegen um Wohlfahrt für Konzerne, sind tendenziell neoliberale Regierungen weit verhaltener in ihrer Kritik. Ein gutes Beispiel ist gleich hier in Quebec zu besichtigen, wo die Provinzregierung 1996 eine Null-Defizit-Politik beschloss. Die Regierung behauptete damals, die Schulden gerieten außer Kontrolle, wir alle müssten den Gürtel enger schnallen. Die Staatsausgaben müssten gedrosselt werden. Gleichzeitig gewährte man Unternehmen Hilfen verschiedendster Art, 1995/96 in Höhe von $1,2 Milliarden (12), letztes Jahr sogar in Höhe von $3,3 Milliarden. Ich schätze, während wir alle den Gürtel enger schnallten, fand unsere Provinzregierung einen Weg, der Geschäftswelt ein paar Extrareserven zukommen zu lassen. Und auf nationaler Ebene (Kanada): Mitten in der längsten Periode staatlicher Haushaltskürzungen in der Geschichte unseres Landes, hebt die liberale Regierung die ‘Technology Partnerships Canada’ (TPC) aus der Taufe - als Möglichkeit, innovative Unternehmen mit Bargeld zu versorgen. Seit Anfang ihres Bestehens 1996 bis Dez. 2001 wurden durch TPC schon über $24,48 Millionen an Krediten vergeben (oder 2,5% des Portfolios von 947,7 Millionen). Tayper.com: Das Programm sieht vor (siehe TPC-Briefing-notes), dass bis zum Jahr 2020 weitere $6,4 Milliarden an Krediten vergeben werden sollen, geht aber davon aus, dass im selben Zeitraum nur etwas mehr als $2 Milliarden (optimistische Schätzung) zurückfließen werden (13).

      Und die Praxis Kanadas ist leider nicht die traurige Ausnahme - das zeigt ein kürzlicher Brief in der ‘Montreal Gazette’. Darin beklagt sich Peter Smith, Präsident der ‘Aerospace Industries association of Canada’, über mangelhafte Konzern-Wohlfahrt für sein Unternehmen. Smith: Die Beihilfen der kanadischen Regierung für R&D (Forschung u. Entwicklung) von Aerospace beliefen sich auf lediglich 25 Prozent der Kosten, während sich die US-Regierung an Forschung u. Entwicklung von Aerospace mit Investitionen in einer Größenordnung von 65 Prozent beteiligten, Europa mit 50 Prozent (14). Smith: Das seien nunmal die Realitäten von Arbeit in einer globalen Umwelt, die kanadische Regierung solle das schleunigst kapieren. Abgesehen von direkter Konzern-Wohlfahrt gibt es zahllose weitere Möglichkeiten, wie man Sozialausgaben an große Unternehmen umleiten kann. Eine dieser Möglichkeiten: die zunehmende Forschungs- u. Entwicklungstätigkeit an nordamerikanischen Universitäten - auf Kosten der Studierenden. Laut ‘Issues in Science and Technology’ stieg die Summe staatlicher Unterstützung für Grundlagenforschung an Universitäten (in den USA) in den vergangenen 15 Jahren von $5 Milliarden auf $13 Milliarden (15). Laut ‘Reno Gazette’ deckte im Jahr 1986 das durchschnittliche staatliche Pell-Grant-Stipendium für bedürftige Studierende (auf öffentlichen 4-Jahres-Colleges bzw. an Universitäten) noch 98 Prozent der Studienkosten, 1999 aber nur noch 57 Prozent, so der Bericht. Staatliche Beihilfe-Stipendien, die sowohl bedürftigen als auch nicht-bedürftigen Studenten zugute kommen, deckten 1986 noch 75 Prozent der Studienkosten, 1999 nur noch 64 (16). In Kanada fielen die operationellen Zuschüsse (bezogen auf die Dekade, die mit dem Schuljahr 2000/2001 endet) an die Universitäten für jede(n) Vollzeit- Studierende(n) von $8 607 auf $ 6 991 (in ‘constant year-2000 dollars’). Im selben Zeitraum stiegen die staatlichen Forschungsbeihilfen um $455 Millionen jährlich auf insgesamt $1,51 Milliarden (17). Die gleiche Logik auch in Frankreich. Mitte Juli berichtet ‘Le Monde’, der ‘Cercle des Economistes’ (Rat der Ökonomen) fordere von der Regierung eine massive Steigerung ihrer R&D-Ausgaben - bis zum Ausgabenlevel der USA (18). Diese Ökonomen sind der Meinung, gesteigerte Investitionen in R&D machten sich von ganz alleine bezahlt, indem sie künftig das Wirtschaftswachstum ankurbelten. Besonders interessant ist die Äußerung der Ökonomen auf dem Hintergrund einer Reihe von Kürzungen, die die französische Regierung durchführt, um nicht gegen den (neoliberalen) EU-Wachstums-und-Stabilitätspakt verstoßen zu müssen (ihm gemäß darf keine EU-Regierung ein Haushaltsdefizit über 3 Prozent pro Jahr vorweisen). Obige Ökonomen wissen genau, Frankreich steht kurz davor, gegen den Wachstums- und Stabilitätspakt zu verstoßen, dennoch sind sie der Meinung, für R&D müsse eine Ausnahme gemacht werden. Harmlos, das Beispiel - auf den ersten Blick. Nur fragt man sich, warum sollte es sich lohnen für R&D gegen den Pakt zu verstoßen - nicht jedoch für Bildung, Gesundheit u. Sozialunterstützung? Investitionen in das französische Volk - wäre das nicht ebenso eine Zukunftsinvestition zum Wohle Frankreichs? R&D Priorität einzuräumen - und nicht in die einfachen Leute zu investieren - das ist im Interesse der Konzerne. Ebenso soll der zunehmende Konkurrenzkampf - als Folge der Freihandelsabkommen - vor allem Regierungen und die internationale Arbeiterklasse treffen. Die Konzerne dagegen sind davon sicher nicht betroffen. Denn genau diese Freihandelsabkommen weiten gleichzeitig die Patentmöglichkeiten für Konzerne aus und reduzieren so letztendlich den Wettbewerb. Aber die Menschen haben zunehmend genug von den himmelschreienden Doppelstandards der neoliberalen Globalisierung. Etwa 300 000 versammelten sich vor zwei Wochen auf dem Larzac/Frankreich. Ein extrem erfolgreiches Treffen der globalen Gerechtigkeits-Bewegung. Letzten Dienstag beteiligten sich in Honduras mehr als 10 000 Menschen an teils gewaltätigen Demonstrationen gegen Sparmaßnahmen des Internationalen Währungsfonds. Und auch in Cancun, wo sich demnächst die Offiziellen der WTO versammeln, wird die Unzufriedenheit der Leute mit der Globalisierung des Kapitalismus sicherlich deutlich zum Ausdruck gebracht.

      (1) ‘Canadian Business’, 2. Sept. 2003,
      (2) http://www.pc.ibm.com/us/why
      (3) http://www.patentmatics.com/pub72.htm
      (4) ‘Canadian Business’, 2. Sept. 2003
      (5) ‘Canadian Business’, 2. Sept. 2003
      (6) http://eon.law.harvard.edu/property99/history.html
      (7) http://eon.law.harvard.edu/property99/history.html
      (8) N.Y. Times, 14. Okt. 2002
      (9) N.Y. Times, 16. Jan. 2003
      (10) ‘Business Week’, 1. Sept. 2003
      (11) ‘Montreal Gazette’, 19. April 2003
      (12) ‘Montreal Gazette’, 19. April 2003
      (13) Taxpayer.com
      (14) ‘Montreal Gazette’, 18. August 2003
      (15) ‘Issues in Science and Technology Summer 2003`
      (16) ‘Online Reno Gazette Journal 5/1/2002`
      (17) ‘Globe and Mail’, 23. Oktober 2002
      (18) ‘Le Monde’, 8. Juli 2003

      Yves Engler arbeitet an einem Buch über studentischen Aktivismus an der Concordia University / Montreal. Sie können ihn kontaktieren unter yvesengler@hotmail.com




      http://zmag.de/article/article.php?id=801
      [ Übersetzt von: Andrea Noll | Orginalartikel: "Capitalist Contradictions" ]
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      Avatar
      schrieb am 08.09.03 00:50:36
      Beitrag Nr. 49 ()
      --------------------------




      Der Handel zwischen Reichen und Armen – Teil 1
      von George Monbiot
      The Guardian / ZNet 02.09.2003


      Die Welt beginnt so auszusehen wie Frankreich ein paar Jahre vor der Revolution. Es gibt keine zuverlässigen Statistiken über die Verteilung des Reichtums zu jener Zeit, aber die Unterschiede waren sehr wahrscheinlich nicht größer als sie es heute sind. Die reichsten 5% der Menschen auf der Welt verdienen nun 114 Mal soviel wie die ärmsten 5%.[1] Die 500 reichsten Menschen besitzen nun 1.54 Billionen US-Dollar – mehr als das gesamte BIP Afrikas, oder mehr als die zusammengenommenen jährlichen Einkunft der ärmsten Hälfte der Menschheit.[2]

      Heute, genauso wie damals, ist das Ausmaß der Verzweiflung der Armen so groß wie der obszöne Konsum der Reichen. Heute, genauso wie damals, bringen es die Weisen welche von den globalen Aristokraten angestellt werden – an den Universitäten, in Thinktanks, in den Zeitungen und Magazinen, fertig zu argumentieren, dass wir das beste aller möglichen Systeme haben, in der besten aller Welten. In der Festung von Camp Delta in Guantanamo Bay haben wir unsere Bastille, in welcher Männer ohne Anklage oder Verfahren festgehalten werden.

      Wie am Versailler Hof, wird der Reichtum und der Glanz des Neo-Ancien-régime dargeboten werden, und zwar nicht weit von den stinkenden Slums, in welchen der Hunger regiert - nämlich auf der Welthandelskonferenz nächste Woche in Cancun in Mexiko. Zwischen den Banquets und Champagner-Empfängen werden Männer wie der europäische Handelskommissar Pascal Lamy und der US Handelsvertreter Robert Zoellick mit ihrer gewohnten Arroganz die Bedürfnisse der hungrigen Mehrheit zur Seite schieben. Dort werden wir die gleiche Korruption sehen, sowohl in der Art ihrer Ausführung als auch in ihrem Zweck, die gleiche Verwechslung des privaten mit dem öffentlichen Interesse: le monde, c’est nous. Wie Charles Dickens über die Herrscherklasse dieser früheren Zeit schrieb: „Die Seuche der Realitätsferne entstellte jede anwesende menschliche Natur“.[3]

      Die Realitätsferne beginnt in Mexiko mit der Verkündung der Ziele der Welthandelsorganisation. Sie wird, so sagt es ihr Generaldirektor, sicher stellen, dass bei den Verhandlungen „Themen die die Entwicklung betreffen im Zentrum stehen“.[4] Die neuen Gespräche sind, mit anderen Worten, darauf ausgelegt den Menschen der armen Länder dabei zu helfen der Armut zu entfliehen. In fast jeder Hinsicht sind sie dem Gegenteil gewidmet. Jedes Versprechen das die reiche Welt der armen gemacht hat ist gebrochen worden. Jede Forderung nach weiteren Enteignungen des Reichtums der Armen wird mit rücksichtsloser Härte betrieben.

      Man betrachte zum Beispiel das Thema der „Zölle“, bzw. der Steuern auf den Handel. Ein neuer Bericht von Oxfam, der heute herausgegeben worden ist, zeigt, dass je ärmer ein Land ist, umso höher die Steuern sind, welche es für den Export ihrer Güter zahlen muss.[5] Die Vereinigten Staaten legen Importen von Großbritannien, Frankreich, Japan und Deutschland Zölle zwischen null und einem Prozent auf, aber Zölle von 14 oder 15% auf Produkte aus Bangladesh, Kambodscha und Nepal. Die Regierung in Großbritannien macht das gleiche: Sri Lanka und Uruguay müssen acht Mal soviel wie die Vereinigten Staaten bezahlen um ihre Güter hier zu verkaufen.

      Das passiert aus zwei Gründen. Der erste ist, dass die armen Länder nicht zurückschlagen können. Der zweite ist, dass, ohne Zölle, die Armen bessere Angebote machen könnten als die Reichen. Die brutalsten Zölle werden auf Güter wie Textilien und Agrarprodukte erlegt, bei welchen die schwachen Länder einen Produktionsvorteil besitzen. Die derzeitigen Gespräche wurden mit der Versprechung gestartet, dass die Zölle reduziert oder eliminiert werden, „besonders auf Produkte welche für die Entwicklungsländer wichtige Exporte sind“[6] Ein akzeptierter Text für das Treffen in Cancun hätte bis spätestens 31. Mai erstellt werden sollen. Da die reichen Länder jeden Versuch sich bei der Formulierung zu einigen abgeblockt haben ist nichts erstellt worden. Anstelle dessen haben letzte Woche die Europäische Union, die Vereinigten Staaten und Kanada ein neues Dokument veröffentlicht. Es schlägt vor, dass die ärmsten Länder sich sehr dabei ansträngen sollten ihre Zölle zu reduzieren. Bolivien und Kenia sollen ihre Zölle um 80%, die EU um 28% und die USA um nur 24% reduzieren.[7] Es scheint, dass dies eine berechnete Beleidigung ist, welche dafür ausgelegt ist, jede Einigung über dieses Thema zu verhindern.

      Es hat auch keinen Fortschritt dabei gegeben, was die Agrarsubventionen betrifft. 1994 haben die reichen Länder zugestimmt sie langsam auslaufen zu lassen, wenn die armen Länder versprechen würden ihre Märkte für westliche Korporationen zu öffnen. Die armen Länder haben ihr Versprechen gehalten, die reichen ihres gebrochen. Die neue Gesprächsrunde soll angeblich dazu führen, dass „alle Arten von Exportsubventionen auslaufen werden“[8] und ein dies ausdrückender Text hätte bis zum 31. März erstellt werden sollen. Wieder ist das Versprechen gebrochen worden, und wieder ist den Armen gesagt worden, dass die Agrarsubventionen nur dann zu einem Ende kommen werden, wenn sie den Korporationen der reichen Welt noch größeren Zugang zu ihrer Wirtschaft geben.

      Aber die mächtigen Länder stehen mit brutaler Diplomatie hinter ihren eigenen Forderungen, während sie sich weigern die Forderungen der Armen zu diskutieren. Sie bestehen nun darauf, dass die „Entwicklungs-Runde“ dazu benutzt werden soll Länder dazu zu zwingen ausländischen Korporationen die gleichen Rechte wie inländischen zu geben, die öffentlichen Dienste für den Privatsektor freizugeben und alle ausländischen Unternehmen einzuladen diese zu betreiben. Was dies bedeutet ist, da fast alle großen multinationalen Konzerne in der reichen Welt ansässig sind, eine Übernahme der Wirtschaft der armen Länder von den Reichen.

      Lamy und Zoellick und die Regierungen die sie vertreten (solche wie z.B. unsere) müssen wissen, dass es den schwächeren Ländern unmöglich ist diesen Forderungen nachzukommen. Sie müssen wissen, dass die Kombination von gebrochenen Versprechen und unverschämten Bedingungen schwächere Regierungen dazu zwingen könnte sich von den Handelsgesprächen in Cancun zurückzuziehen, wie sie es 1999 in Seattle getan haben. Sie müssen wissen, dass dies das Ende der Welthandelsorganisation bedeuten wird. Und dies scheint nun ihr Ziel zu sein. Untergraben und korrupt wie die WTO ist, bleibt sie doch eine multilaterale Organisation in welcher die armen Länder, zumindest theoretisch, die Reichen überstimmen können. Das passiert nie, da die reichen Länder die Entscheidungsstrukturen umgangen haben. Aber die Gefahr bleibt bestehen, und so wollen die EU und die USA sie offensichtlich eliminieren, und die Welthandelsverträge mit noch brutaleren Abmachungen zwischen einzelnen Ländern ersetzen. Der schmale Pfad auf welchem die AktivistInnen schreiten müssen ist es, die Ungerechtigkeiten der vorgeschlagenen Vereinbarungen zu exponieren, ohne dabei die Agenda der Reichen Welt zu unterstützen, indem sie fordern, dass „die WTO verschwinden muss“.

      Aber schlussendlich muss es, wie in Frankreich, eine Revolution geben. Dies wird wahrscheinlich nur passieren wenn es eine globale Überlebenskrise gibt: eine Weltweite Knappheit an Getreide, zum Beispiel (wie der Mangel welcher auf die schlechte Ernte 1788 folgte), oder – und dies ist derzeit wahrscheinlicher und bedrohender – eine Knappheit an fossilen Brennstoffen. In den vorherigen Kolumnen habe ich Mittel vorgeschlagen (so wie eine kollektive Entwertungsdrohung)[9], welche diese Revolution herbeiführen können. Bevor das Neo-Ancien-régime gestürzt worden ist, und Lamy und Zoellick und ihresgleichen (metaphorisch) von den Masten baumeln, werden die Reichen, wie die Aristokraten Frankreichs, immer neue kreative Mittel zur Enteignung der Armen entwerfen.

      Das ist der erste Teil von George Monbiots dreiteiliger Serie über den Handel. Nächste Woche erscheint: Wie können wir die Forderungen der armen Welt am besten unterstützen?

      www.monbiot.com

      Referenzen:

      [1] United Nations Development Programme, 2003. Human Development Report 2003. Oxford University Press, New York, Oxford.

      [2] John Cavanagh and Sarah Anderson, 2002. World`s Billionaires Take a Hit, But Still Soar. Institute of Policy Studies. http://www.ips-dc.org/projects/global_econ/billionaires.htm

      [3] Charles Dickens, 1859. A Tale of Two Cities (taken from the Wordsworth Classics edition, 1993).

      [4] Supachai Panitchpakdi, 25 November 2002. The Doha Development Agenda: Challenges Ahead. Speech to the European Parliament, Brussels.

      [5] Oxfam, 2nd September 2003. Briefing Paper 53: Running into the Sand: why failure at the Cancun trade talks threatens the world`s poorest people. Oxfam, Oxford.

      [6] World Trade Organisation, November 2001. The Doha Ministerial Declaration, paragraph 16: Market access for non-agricultural products.

      [7] Oxfam, August 2003. New standards in double standards: the EU-US-Canada proposals for non-agricultural market access in the WTO. Oxfam, Oxford.

      [8] World Trade Organisation, November 2001. The Doha Ministerial Declaration, paragraph 13: Agriculture.

      [9] Diese Idee wird in “United People – Manifest für eine neue Weltordnung“ von George Monbiot (2003) ausgearbeitet.



      http://zmag.de/article/article.php?id=806

      [ Übersetzt von: Matthias | Orginalartikel: "Rich/Poor Trade 1" ]
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      Avatar
      schrieb am 08.09.03 14:25:14
      Beitrag Nr. 50 ()
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 15:29:06
      Beitrag Nr. 51 ()
      Haushaltseinkommen
      Weniger als 100 Euro in der Tasche


      Immer weniger Konsumenten leisten sich Markenprodukte.
      (Foto: Archiv)
      Laut einer aktuellen Verbraucher-Analyse ist die Anzahl der Haushalte, deren finanzieller Spielraum unter 100 Euro monatlich liegt, innerhalb der letzten zwei Jahre von 37 Prozent auf 43 Prozent angestiegen. Nur noch knapp 17 Prozent der Haushalte können 300 Euro oder mehr beliebig ausgeben - vor zwei Jahren waren es noch fast 21 Prozent. Weitere 40 Prozent der Haushalte haben zwischen 100 und 300 Euro zur freien Verfügung, das sind zwei Punkte weniger als vor zwei Jahren. (siehe Info-Grafik unten)


      Durchschnitts-Einkommen - Deutsche haben weniger in der Tasche


      Schuld ist die wirtschaftliche Lage
      Ursache für die knappen Kassen sind die schlechte wirtschaftliche Lage und steigende Steuern, Abgaben und Preise. Die Tarifgehälter vieler Arbeitnehmer steigen kaum noch; die Unternehmen streichen Überstunden, übertarifliche Leistungen und Bonuszahlungen zusammen oder schaffen ganze Hierarchie-Ebenen ab. Weniger im Geldbeutel bedeutet gleichzeitig Konsumverzicht - das bekommen vor allem die Markenartikler zu spüren.



      Weniger Geld für Markenprodukte (Infografik: ddp)
      Verbraucher kaufen lieber günstiger
      Generell verbleibt in den privaten Haushalten rund ein Prozent weniger Geld als noch 1991. Dieses geringere Netto-Haushalts-Einkommen bedrohe die Markenartikler, befürchten die Axel Springer AG und die Bauer Verlagsgruppe in ihrer Verbraucher-Analyse 2002. Verbraucher kaufen deshalb lieber günstiger - und verzichten auf den Kauf teurerer Marken.


      Lust auf Konsum - Deutsche würden gerne mehr konsumieren


      Keine Mehr-Ausgaben für Marken
      Neben den finanziellen Gründen, verzichten Verbraucher auch auf Marken, weil sie das Angebot der Discounter zunimmt und Handelsmarken auf dem Vormarsch sind. Auch die Markentreue der Verbraucher sinkt. Außerdem sind immer weniger Konsumenten überzeugt, dass Markenartikel den Handelsmarken qualitativ überlegen sind.


      Action-Spiel "Harry Buster" - Rettet die Finanzmärkte!


      Viele Markenartikel werden verschwinden
      "Die Konsequenzen dieses Trends für Markenartikel sind dramatisch" bestätigt auch Wilfried Wenzel, Leiter Marktforschung der Axel Springer AG, "der fehlende finanzielle Spielraum der Konsumenten mindert die Chancen der Markenartikel. Denn nur Personen mit finanziellem Spielraum sind Marken gegenüber aufgeschlossen." Der Marken-Experte Bernd M. Michael schätzt sogar, dass rund die Hälfte der 50.000 beworbenen Marken in Deutschland in den nächsten Jahren verschwindet.

      Print-Werbung beliebter bei Konsumstarken
      Gerade finanziell gut gestellte Konsumenten werden durch die TV-dominierten Werbestrategien der Markenartikler schlecht erreicht, weil sie weniger fernsehen und verstärkt Zeitungen und Zeitschriften nutzen. Die Discounter, die durch ihre wöchentlich aktuellen Angebote 100-prozentig auf Print setzen, erreichen die für Markenartikel interessante, kaufkräftige Zielgruppe daher besser als mancher Markenartikel-Hersteller.





      Viele Verbraucher haben kaum noch Geld. Die aktuelle Verbraucher-Analyse des Bauer Verlages und der Axel Springer AG zeigt einen neuen Risikotrend für den Handel. Immer mehr Haushalte verfügen über immer weniger frei verfügbares Haushalts-Einkommen. Als Folge der schlechten wirtschaftlichen Lage ist der Anteil der Personen in Haushalten mt einem finanziellen Spielraum von unter 100 Euro monatlich innerhalb der letzten zwei Jahre von 37 Prozent auf 43 Prozent angestiegen. Besonders Hersteller von Markenartikeln sind von der fehlenden Finanzkraft der Konsumenten betroffen.


      IAA 2003 - News und Trend von der
      http://www2.onwirtschaft.t-online.de/dyn/c/09/07/79/907796.h…
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 15:31:38
      Beitrag Nr. 52 ()
      Deutsche würden gerne mehr konsumieren


      Die Deutschen würden gerne mehr konsumieren, wenn sie das Potenzial dazu hätten. Allerdings verhält sich in den meisten europäischen Ländern die Konsumfreude dem Konsumpotenzial entgegengesetzt. Dieser Trend ist in Deutschland besonders stark ausgeprägt. Das zeigen die aktuellen Ergebnisse des Europäischen Verbraucherindex der CreditPlus Bank AG. Beim Vergleich der europäischen Verbraucherindizes liegt Deutschland immer noch auf dem vorletzten Platz. Der Index erfasst das Vertrauen der Bevölkerung in die Wirtschaft, ihre Konsum- und Anschaffungsneigung für Güter des persönlichen Bedarfs sowie ihre Möglichkeiten, diese tatsächlich anzuschaffen.



      Die Deutschen würde gerne mehr Geld ausgeben, wenn sie könnten. (Foto: CreditPlus Bank AG)
      Europäer wollen mehr konsumieren
      Die europäischen Konsumenten möchten mehr Geld ausgeben als bei der letzten Erhebung im März 2003. Insbesondere in Deutschland steigt diese Neigung. Auch bei den Kaufabsichten gewinnt Deutschland neben Italien am meisten dazu, nämlich vier Indexpunkte. Im Gegensatz dazu sinkt das Potenzial für Anschaffungen zum Teil erheblich. Mit einem Verlust von drei Indexpunkten steht Deutschland im Vergleich allerdings nicht ganz schlecht da. Beispielsweise verlor Italien 14, die Niederlande 12 Indexpunkte.



      Beim Verbrauchervertrauen belegt Deutschland den vorletzten Platz in Europa. (Foto: CreditPlus Bank
      Wenig Vertrauen in die Wirtschaft
      Auch das Vertrauen in die Wirtschaft ist bei den Deutschen weiter rückläufig. Dieser Index sinkt um vier Punkte auf 86. Bei der Beurteilung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage verstärkt sich die pessimistische Stimmung.


      Deutscher Verbraucherindex steigt
      Insgesamt erhöht sich der Europäische Verbraucherindex leicht. Auch der deutsche Index verzeichnet einen leichten Anstieg um 2 Punkte auf 96. Im europäischen Vergleich bleiben die deutschen Verbraucher dennoch auf Platz sieben vor Schlusslicht Portugal. Großbritannien führt mit 122 Indexpunkten weiterhin die europäische Hitliste an.


      Repräsentative Umfrage
      Der Europäische Verbraucher Index wird im Auftrag der CreditPlus Bank AG und der CreditPlus-Konzernmutter Sofinco dreimal jährlich vom europäischen Meinungsforschungsinstitut Ipsos erhoben. Zwischen dem 16. und 26. Mai 2003 wurden insgesamt 6612 Konsumenten ab 15 Jahren in acht Ländern der EU zu Ihrem Konsumverhalten befragt.
      http://www2.onwirtschaft.t-online.de/c/03/94/31/394310.html
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 15:32:51
      Beitrag Nr. 53 ()
      Haushalte haben weniger in der Kasse

      Den privaten Haushalten blieb 2002 nach Abzug der Preissteigerungen rund ein Prozent weniger Geld als noch 1991. Und dies, obwohl das Nettoeinkommen mit durchschnittlich 32.100 Euro um 25 Prozent höher lag. Dies teilte das Statistische Bundesamt mit. Einbußen beim realen Einkommen mussten vor allem Empfänger von Arbeitslosengeld und -hilfe hinnehmen, die wegen der gestiegenen Preise fünf Prozent weniger Kaufkraft zur Verfügung hatten als 1991.


      Beamte verdienen gut
      Da aber die Haushalte immer kleiner werden - 2002 lag der Durchschnitt bei 2,14 Personen, 1991 bei 2,27 Personen - erhöhte sich das Nettoeinkommen je Mitglied um 32 Prozent. Dabei erzielten im Jahr 2002 Selbständige wie Ärzte, Anwälte und Landwirte die höchsten Durchschnittseinkommen, und zwar 88.400 Euro pro Haushalt. Mit sehr viel weniger mussten die Arbeitnehmerhaushalte auskommen - sie verfügten über ein Nettoeinkommen von 34.800 Euro. Beamte standen mit 41.500 Euro besser da als Angestellte (37.000 Euro) und Arbeiter (30.000 Euro).


      Den Arbeitslosen bleibt am wenigsten
      Rentner und Pensionäre hatten den Angaben zufolge teilweise im Schnitt sogar mehr zur Verfügung als Erwerbstätige: In Pensionärshaushalten kam jedes Mitglied im Schnitt auf 17.400 Euro und Personen in Rentnerhaushalten auf 13.100 Euro. Am wenigsten Geld erhielten Personen in Arbeitslosenhaushalten mit 8.600 Euro und Haushaltsmitglieder von Sozialhilfeempfängern mit nur 6.100 Euro.


      http://www2.onwirtschaft.t-online.de/c/06/86/22/686228.html
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 17:11:08
      Beitrag Nr. 54 ()
      Was wissen die Insider?

      Von Claus Vogt
      Bekanntlich bedarf es an der Börse stets zweier konträrer Einschätzungen, um eine Transaktion zu ermöglichen. Der Käufer muß den von ihm gebotenen Preis für attraktiv halten und der Verkäufer ebenso. Ersterer erwartet steigende, letzterer hingegen fallende Kurse. Aus dieser Banalität ergeben sich immer dann interessante Einblicke, wenn sich bestimmte Gruppen von Marktteilnehmern ungewöhnlich einseitig positionieren. Derzeit sind es die Unternehmensinsider, die ein überaus einseitiges Verhalten an den Tag legen. Sie verkaufen ihre Aktien als gäbe es kein Morgen mehr. Sie, die als Manager zumindest die aktuelle Lage und die kurzfristigen Geschäftsaussichten der von ihnen geführten Unternehmen besser als jeder andere beurteilen können, steigen in einem Umfang aus ihren Aktienpositionen aus, den man getrost als Massenflucht bezeichnen kann.

      Ein vergleichbares Verhalten dieser bestens informierten Anlegergruppe erlebten wir im Sommer des Jahres 2000. Dieser Zeitpunkt, der S&P 500 notierte bei rund 1500 Zählern, sollte sich als fast perfekte Verkaufsgelegenheit erweisen. Zu einem weiteren, nicht ganz so stark ausgeprägten Anspringen der Insiderverkäufe kam es im Mai 2001. Der S&P 500 war im Rahmen einer Bearmarket-Rallye gerade von 1100 auf 1300 Punkte gestiegen. Auch dieser Zeitpunkt erwies sich aus Sicht der Verkäufer als perfektes Timing. Sofort kommt natürlich die Frage auf, wer die Gegenposition einnimmt. Einen Hinweis erhalten wir aus den Quartalsberichten US-amerikanischer Finanzdienstleister und hier vor allem der Discount Broker. Sie verkündeten erfreut die auffällige Rückkehr der Privatanleger an die Börse. Der Wunsch, das in den letzten Jahren verlorene Geld wieder „zurückzuholen“, scheint sehr viel stärker zu sein als die Angst, erneut unter die Räder zu kommen. Zumindest in den USA ist speziell der Kleinanleger schon wieder fleißig damit beschäftigt, absurd hoch bewertete Aktien zu kaufen. Erneut spielen fundamentale Überlegungen keine Rolle. Es wird gekauft, weil die Kurse steigen. Das ist typisches Bubble-Verhalten. Wir sind der festen Überzeugung, daß es auch dieses Mal in Tränen enden wird, nur mit der Bestimmung des Zeitpunktes tun wir uns derzeit zugegebenermaßen sehr schwer.

      Eine in dieselbe Richtung weisende Statistik ist der Commitment of Traders Report. Er gibt Einblicke in die Aktivitäten an den Terminbörsen. Drei Gruppen von Marktteilnehmern lassen sich an diesen Märkten unterscheiden: Hedger, große Spekulanten und alle anderen. Die ersten beiden Gruppen sind ausschließlich professionelle Marktteilnehmer, die letzte hingegen wird von Privatanlegern dominiert. Während die Hedger seit Mitte Juni massive Short-Positionen aufgebaut haben, haben die Kleinanleger in großem Umfang auf die Long-Seite gesetzt. Veränderungen in dieser Größenordnung in sehr kurzer Zeit sind signifikant und selten. Die Gruppe der Privatanleger gewinnt diese Wette gewöhnlich nicht.


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.


      [ Montag, 08.09.2003, 16:03 ]

      instock.de
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 17:14:46
      Beitrag Nr. 55 ()
      8.9.03 Zinserhöhung noch kurz vor dem Jahresende

      HWWA: Notenbank muss Inflation früh vorbeugen


      Hamburg - Die Europäische Zentralbank wird die Zinsen von ihrem derzeitigen Tiefstand bis zum Jahresende anheben. Das erwartet Prof. Dr. Thomas Straubhaar, Präsident des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs, einem der sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute Deutschlands. "Wenn sich die Prognose nur annähernd bewahrheitet, dass das Wachstum anspringen wird, dann wird das automatisch zu einer gesteigerten Kapitalnachfrage führen und die wird mit steigenden Zinssätzen beantwortet werden", erklärte Straubhaar: "Die Zinssätze werden gegen Ende des Jahres steigen." Zentralbanken und Regierungen in Europa und den USA haben die Schleusen geöffnet, indem sie Zinsen gesenkt, mehr Schulden gemacht und die Staatsausgaben hochgefahren haben, beschrieb Straubhaar.

      Das HWWA erwägt außerdem, die Wachstumsprognose für Deutschland und die USA nach oben zu korrigieren, weil beide Staaten mehr Geld ausgeben als erwartet, fügte Straubhaar hinzu.

      ... Die EZB riskiert, ihr Inflationslimit für die Eurozone zu verfehlen, nachdem sie die Zinsen gesenkt hat, befürchtet der Ökonom. Derzeit sieht die EZB die Inflationsrate bei knapp unter zwei Prozent, auf Höhe des Inflationslimits. Im Juni erklärte die EZB, die Inflation würde sich im Bereich von 1,3 Prozent bewegen. "Man hat unheimlich viel Geld im Kreislauf, sensationell viel Geld", erläuterte Straubhaar. "Der Preis, den wir eines Tages zahlen müssen für den Aufschwung, wird Inflation sein, das lässt sich nicht mehr bremsen.

      ... (Welt, 8.9.03)




      Kommentar: Mit solchen Meldungen wird die Öffentlichkeit wieder irregeführt. Es gibt keinen Aufschwung! Das Ansteigen der Aktienkurse ist reine Spekulation und Manipulation. Da es keinen Aufschwung gibt, zudem die löhne und die Kaufkraft sinkt, existiert auch keine „Inflationsgefahr“. Die Bedrohung liegt ganz woanders: Eine massive Deflation droht – und Deflation ist hundertmal schlimmer als jede Inflation. Mehr in der Buch-Neuerscheinung: „Deflation – die verheimlichte Gefahr“

      Kommentar v. Günter Hannich
      Geldcrash.de

      Deflation und Inflation gleichzeitig?
      oder erst Deflation dann Inflation ?
      oder doch erst Infaltion dann Deflation?
      Die Zukunft wird es zeigen
      :confused: :confused:
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 17:16:54
      Beitrag Nr. 56 ()
      08.09. 16:09
      Wall Street: Beginn eines langen Trading-Marktes ?
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Smith Barneys Tobias Levkovich rechnet im nنchsten Jahr mit Kursrückgنngen beim S&P 500 und Dow Jones Index. Levkovich rechnet damit, dass die Aktienmنrkte nun in eine lange Trading-Phase eingetreten seien, in dem sich die Ertrنge von Sektor zu Sektor sehr stark unterscheiden kِnnen. Den Beginn eines neuen Bullenmarktes sieht er nicht. Ende 2004 werde der Dow Jones bei 9,750 Punkten schlieكen, der S&P 500 bei 1025, wنhrend Levkovich für Ende 2003 10,375 respektive 1075 Punkte vorhersieht. Die Gewinnerwartungen seien bereits sehr hoch, und die Bewertungsindikatoren seien wieder fastneutral. Levkovich rechnet jedoch damit, dass der S&P 500 in diesem Jahr sein Jahresendziel übertreffen kِnnte.
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 17:24:40
      Beitrag Nr. 57 ()
      Auch Arbeitgeber verteidigen die Tarifautonomie

      Vorstoß der Union löst im Unternehmerlager nicht nur Begeisterung aus / DGB: Abschlüsse "flexibler als ihr Ruf"






      rt FRANKFURT A. M. In der Fabrikhalle hängt ein beißender Geruch. "Das sind harmlose Vulkanisationsgase", versichert ein Beschäftigter, der den Gestank gar nicht mehr wahrnimmt. In dem Werk von Contitech Profile in Hannover werden Gummidichtungen für Autos hergestellt. Eine Frau sitzt Kaugummi kauend vor einem Tisch, stanzt Dichtungen aus und bindet die schwarzen Schläuche zusammen. Sie arbeitet - ebenso wie ihre 300 Kollegen - 40 Stunden in der Woche und damit 2,5 Stunden länger als der Tarifvertrag vorsieht. Mehr Geld gibt`s dafür nicht.

      Die Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) hat die Arbeitszeit-Verlängerung ohne Lohnausgleich bereits 1998 abgesegnet, weil die ContinentalTochter damals rote Zahlen schrieb und Jobs gefährdet waren. Denn Dichtungen, die zum Großteil von Hand in Form gebracht werden, lassen sich günstiger in Osteuropa fertigen. Die faktische Lohnsenkung in Deutschland hat dazu beigetragen, dass Contitech Profile heute wieder in der Gewinnzone ist. Damit das so bleibt, akzeptiert die IG BCE weiterhin die längeren Arbeitszeiten.

      Der niedersächsische Betrieb ist ein Beispiel dafür, dass die Tarifparteien durchaus flexibel auf die Sorgen und Nöte einzelner Unternehmen reagieren. CDU und FDP sehen das freilich anders. Das Tarifrecht, klagen die Konservativen, sei zu starr und gewähre "keine ausreichenden Freiräume für betriebliche Lösungen". Deswegen fordert die CDU in einem Gesetzentwurf, dass Firmen von Tarifverträgen abweichen können, wenn Betriebsrat und Belegschaft mit Zweidrittelmehrheit zustimmen. Die Tarifparteien sollen in bestimmten Fällen ein Widerspruchsrecht haben. Ähnliches verlangt die FDP. Heute wird sich der Deutsche Bundestag in einer Expertenanhörung mit den Entwürfen befassen. DGB-Chef Michael Sommer und seine Vize Ursula Engelen-Kefer werden persönlich zu der Anhörung gehen, denn die Gewerkschaften sehen in dem Vorstoß der Opposition einen "Generalangriff" auf die Tarifautonomie. CDU und FDP wollten, dass künftig "an den Gewerkschaften vorbei" Löhne gesenkt und Arbeitszeiten verlängert werden könnten.

      Tarifverträge seien viel flexibler als ihr Ruf, meint der DGB - und viele Arbeitgeber-Vertreter geben ihm Recht. Tatsächlich können Betriebe etwa in der Chemiebranche dank zahlreicher Öffnungsklauseln vom Tarifvertrag abweichen:

      - Ein Unternehmen kann die Tarifeinkommen um bis zu zehn Prozent senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben oder Entlassungen zu verhindern. Die Gewerkschaft und der Arbeitgeber-Verband müssen dem zustimmen. Zurzeit haben 43 Betriebe ihren insgesamt 17 000 Beschäftigten einen Lohnabschlag verordnet.

      - Die Regelarbeitszeit eines Chemie-Beschäftigte beträgt 37,5 Stunden in der Woche. Je nach Auftragslage kann sie jedoch auf 35 Stunden gesenkt oder auf 40 erhöht werden. Dabei können die Leute wochenlang neun oder zehn Stunden am Tag schaffen, und später, wenn etwa ein Projekt fertig ist, ein paar Tage ausspannen.

      - Wer einen Langzeitarbeitslosen einstellt, muss ihm nur 90 Prozent des Tarifeinkommens zahlen.

      - Seit drei Jahren gibt es eine Öffnungsklausel, die das Outsourcen verhindern soll. IG-BCE-Tarifexperte Gottlieb Förster nennt ein Beispiel: Viele Chemiekonzerne haben Tätigkeitsfelder wie Transport, Reinigung und Kantine ausgegliedert. Die Folge: Die Leute leisten jetzt das Gleiche für viel weniger Geld, weil die neue Firma zu einer anderen Branche gehört und damit für die Betroffenen ein neuer Tarifvertrag gilt. Lohnabschläge von 40 Prozent würden durchaus vorkommen. Damit die Einschnitte nicht zu groß ausfallen und tarifvertraglich sonst alles beim Alten bleibt, hat die Gewerkschaft kürzlich akzeptiert, dass die Beschäftigten in der BASF-Kantine rund 20 Prozent weniger Geld erhalten als in der Chemiebranche üblich.

      Der Tarifpolitiker Förster warnt, dass die CDU-Vorschläge womöglich zu weniger statt mehr Flexibilität führen. Wenn ein Betrieb ins Trudeln gerät, könne man nicht davon ausgehen, dass Zweidrittel der Belegschaft mir nichts, dir nichts eine Lohnsenkung akzeptiert. "Jeder geht doch erst mal davon aus, dass er nicht entlassen wird", meint Förster.

      Sogar im Arbeitgeberlager stoßen die Ideen der Konservativen nicht nur auf Zustimmung. Gut findet die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) wesentliche Elemente des CDU-Entwurfs, weil Öffnungsklauseln "an alle möglichen Wenns und Abers geknüpft" seien, sagt BDA-Arbeitsrechtsexperte Roland Wolf. Im Unterschied dazu meint Dietrich Kröncke, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Niedersachsen-Metall, das "Geschwätz" mancher Politiker habe mit der Realität wenig zu tun. "Kritiker, die den Tarifverträgen mangelnde Flexibilität vorwerfen, haben die Tarifverträge nicht gelesen", heißt es in einer Erklärung. Die Niedersachsen wehren sich dagegen, als "Kartell" verunglimpft zu werden. Schließlich würden sich Firmen freiwillig an Tarifverträge halten. Auch für die Chemiebranche "ist der gesetzliche Vorstoß nicht erforderlich", sagt ein Sprecher ihres Arbeitgeberverbands.




      Tarifautonomie

      CDU/CSU und FDP wollen die Tarifautonomie einschränken, obwohl sie eine Grundlage der sozialen Demokratie sei, kritisiert der DGB. Unter Tarifautonomie versteht man das Recht von Gewerkschaften und Arbeitgebern, für ihre Mitglieder die Lohn- und Arbeitsbedingungen auszuhandeln – und zwar unabhängig von staatlichen Eingriffen. Die Tarifautonomie leitet sich aus Artikel 9 des Grundgesetzes ab. In Absatz 3 heißt es: "Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig." 1991 hat das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil auf ein wichtiges Ziel dieser Regelung hingewiesen: "Tarifautonomie ist darauf angelegt, die strukturelle Unterlegenheit der einzelnen Arbeitnehmer beim Abschluss von Arbeitsverträgen durch kollektives Handeln auszugleichen und damit ein annähernd gleichgewichtiges Aushandeln der Löhne und Arbeitsbedingungen zu ermöglichen." rt


      Für Kröncke von Niedersachsen-Metall ist es allerdings ein "Mangel", dass Tariflöhne heute keine Mindesteinkommen mehr seien. So würden in Niedersachsen viele Unternehmen - mit dem Segen der Gewerkschaft - unter Tarif bezahlen. Genau das sollte einfacher möglich sein, damit gewerbliche Arbeitsplätze nicht nach Osteuropa verlagert werden, fordern manche Unternehmer. Die IG Metall hält es dagegen für unmöglich, diesen Trend per Tarifvertrag zu stoppen. Denn in Deutschland können nicht derart niedrige Löhne wie etwa in der Slowakei gezahlt werden, wo manche Metallarbeiter gerade mal 500 Euro erhalten. Der IG-Metall-Chef von Nordrhein-Westfalen, Peter Gasse, gibt sich denn auch selbstbewusst: "In Nordrhein-Westfalen gibt es keine Tarifvorschrift, die Arbeitsplätze gefährdet. Wenn es eine gäbe, würden wir sie abschaffen."
      Wovor Betriebsräten ebenso wie Unternehmen graust, ist die Vorstellung, Tarifverhandlungen im Unternehmen führen zu müssen. Kleine Betriebe hätten dazu überhaupt keine Kapazität, sagt etwa der Personalchef des Maschinenbauers Berstorff, Edmund Schulz. Zudem will er sich nicht "mit dem Betriebsrat kloppen".

      Auch Betriebsräte fühlen sich überfordert, wenn es darum geht, Bilanzen zu prüfen, um zu klären, ob ein Betrieb tatsächlich in Not ist. Die Konservativen wollen Betriebsräten "angeblich viel mehr Macht geben", sagt Volker Scharfe, Betriebsrat bei Siemens in Halle. "Da kann ich nur lachen. Wir haben kein Druckmittel, um die Geschäftsführung dazu zu bewegen, sich flexibel zu zeigen", meint er. "Ich kann nicht sagen, morgen streiken wir."


      Abweichungen vom Tarifvertrag (FR-Infografik)






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      Dokument erstellt am 07.09.2003 um 18:08:27 Uhr
      Erscheinungsdatum 08.09.2003
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 17:27:15
      Beitrag Nr. 58 ()
      Trips für den Profit

      WTO-Abkommen über geistiges Eigentum bevorzugt die multinationalen Konzerne


      Von Albrecht Kieser



      Ist Leben patentierbar? So lautet eine Frage, die derzeit auf allen Kontinenten heftig debattiert wird. Denn die Zukunft von Landwirtschaft und Medizin wird von den Entwicklungen in der Gentechnik geprägt - einem Wirtschaftszweig, in den gewaltige Summen investiert werden. Und der gewaltige Gewinne verspricht - allerdings nur, wenn die wirtschaftlich verwertbaren Erkenntnisse der Genforschung ausschließlich demjenigen zustehen, der sie finanziert hat. Sonst rechnet sich der Einsatz nicht. Sagen etwa die Manager multinationaler Konzerne.

      Deshalb wird schon heute in den Industriestaaten das Wissen über die "Bausteine" von Menschen, Tieren und Pflanzen patentiert. Die wirtschaftliche Verwertung des Wissens ist exklusiv dem Inhaber eines solchen Patentes vorbehalten. Dieses Eigentumsrecht wollen die Industriestaaten mit Hilfe der Welthandelsorganisation (WTO) auf allen Kontinenten gesichert wissen. Das spezielle Abkommen trägt den Namen Trips und steht für "Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights", zu deutsch: Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum.

      Das Abkommen trat mit Gründung der WTO 1995 in Kraft, die Industrieländer übernahmen es in ihr vorhandenes Patentrecht, die Entwicklungsländer sollten es bis zum Jahre 2000 umsetzen. Doch das ist bis heute nicht geschehen. Denn erst im Laufe der Jahre haben die Staaten auf der Südhalbkugel erkannt, welche Entwicklungshemmnisse das Abkommen ihnen bringt - und dass es den Verlust ihrer natürlichen Ressourcen zur Folge hat.

      Ein Beispiel: Die Mehrzahl der Bauern in der Dritten Welt verwendet für die Aussaat zurückbehaltene Ernte vom Vorjahr. Falls ein Landwirt Saatgut von einem Hersteller erworben hat, will Trips verbieten, dass der Bauer Körner aus einer mit gekauftem Gut erzielten Ernte wieder aussät. Die Industrie begründet das Verbot mit dem Patentrecht. Saatgut wird Trips zufolge patentiert, die wirtschaftliche Verwertung steht allein dem Patentinhaber zu. Das sei nur gerecht, so die Industrie, weil die Entwicklungskosten in der Saatgutherstellung immer weiter steigen würden.

      Gegner der Patentierung von Saatgut verweisen darauf, dass die Hersteller ohne die Arbeit der Landwirte überhaupt nicht existieren würden. Die Bauern sorgten sogar wegen der großen ökologischen Vielfalt in den südlichen Ländern immer wieder für kostenlose Einkreuzungen dortiger patentrechtlich nicht geschützter Sorten. Diese in dem von Trips vorgeschriebenen komplizierten Verfahren schützen zu lassen, sei von einzelnen Landwirten dort gar nicht finanzierbar und widerspreche ohnehin dem dort üblichen Umgang mit Saatgut: Denn das ist Allgemeingut. Niemand erhebt einen privaten Besitzanspruch darauf und es wird zwischen Landwirten und Kommunen frei getauscht.

      Die Chemie- und Agrarindustrie versucht im Saatgut-Geschäft mit Hilfe von Trips, sich auch Pflanzen patentieren zu lassen, die sie selber weder entwickelt noch entdeckt hat. So kann der in Indien kultivierte Basmati-Reis heute unter dem Namen "Superior Basmati Rice" exklusiv von der US-Firma Rice Tec vermarktet werden: Grundlage ist ein vom US-Patentamt zuerkanntes Recht auf eben diese Reissorte. Kritiker nennen diese Entwicklung "Biopiraterie" - die räuberische Enteignung kollektiven Wissens durch private Konzerne.

      Ebenfalls gestützt auf das Trips-Abkommen versuchen Pharmaunternehmen und Regierungen der Industriestaaten, die Produktion von Medikamenten in der Dritten Welt zu verhindern, für deren chemische Formeln die großen Konzerne Patente besitzen. Bekannt und zum Skandal geworden ist vor zwei Jahren die Weigerung von amerikanischen und europäischen Unternehmen, Aids-Medikamente durch Firmen in Indien oder Südamerika "nachbauen" und preiswert verkaufen zu lassen.

      Auch hier schützt Trips nicht die Gesundheit der wenig zahlungskräftigen Menschen in den Ländern der Dritten Welt, sondern die Gewinne der pharmazeutischen "Global Player".

      Aus einer anderen Epoche scheint da die Haltung von Doktor Jonas Salk zu stammen. Als er 1955 den ersten Impfstoff gegen Kinderlähmung entwickelte, antwortete er auf die Frage, wem das Patent gehöre: "Den Leuten! Kann man die Sonne patentieren?"
      Dossier: Grenzen der Globalisierung




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      Dokument erstellt am 07.09.2003 um 18:08:29 Uhr
      Erscheinungsdatum 08.09.2003
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 17:30:48
      Beitrag Nr. 59 ()
      KOMMENTAR

      Abseits-Taktik




      CDU/CSU und FDP wollen die Gewerkschaften per Gesetz ins machtpolitische Abseits stellen. Der Zeitpunkt dafür ist denkbar günstig. Die Streikniederlage der IG Metall in Ostdeutschland und der Streit über die rot-grünen Reformpläne haben die Gewerkschaften geschwächt. Viele Bürger rümpfen über Funktionäre die Nase; dass Gewerkschaften zu unserer Demokratie gehören wie Unternehmer zur Marktwirtschaft, ist nicht mehr für jeden selbstverständlich. Zudem ist es durchaus möglich, dass sich die SPD den populistischen Vorschlägen der Konservativen nicht ganz und gar verweigert.

      Vordergründig wollen die Oppositionsparteien die Rolle der Betriebsräte stärken. Unternehmen sollen etwa dann vom Tarifvertrag abweichen dürfen, wenn damit die "Beschäftigungsaussichten" verbessert werden und der Betriebsrat mit Zweidrittelmehrheit zustimmt. Tatsächlich würde diese Regel freilich die Arbeitnehmer-Seite schwächen. Ein Unternehmer kann relativ einfach behaupten, Lohnverzicht diene der Jobsicherheit, und den Betriebsrat so mächtig unter Druck setzen. Wenn die Firma dann trotz gekappter Personalkosten Stellen abbaut, haben die Beschäftigten womöglich Pech gehabt. Die Erfahrung lehrt, dass so manche Betriebsvereinbarung schon nach wenigen Monaten Makulatur ist. Und zum Streik aufrufen dürfen Betriebsräte ohnehin nicht.

      Bemerkenswert ist, dass nicht nur Gewerkschaften, sondern auch Arbeitgeber-vertreter den Flächentarifvertrag verteidigen, insbesondere weil er zusätzlichen Streit über Einkommen aus den Betrieben heraushält. Die Unternehmen sind deshalb ganz und gar freiwillig in einem Arbeitgeberverband und damit an Tarifverträge gebunden. Eine überzeugende Alternative zum heutigen Tarifsystem hat bislang weder die Opposition noch sonst jemand präsentiert, denn Betriebsgewerkschaften will offenbar niemand. Deswegen kann es nur darum gehen, das bestehende System zu verbessern.

      Schon heute reagieren die Tarifparteien flexibel auf betriebliche Belange. Dennoch prangern Konservative und Freidemokraten unverdrossen das "starre" Tarifkorsett an. Dass sich dieses Zerrbild der Wirklichkeit mittlerweile in den Köpfen vieler Bürger festgesetzt hat, liegt auch an den Gewerkschaften selbst. Ihre Spitzenfunktionäre geben sich in der Öffentlichkeit gern hartleibig und stur. In der Praxis sind sie dagegen kompromissbereit und akzeptieren - wenn es denn nötig ist - längere Arbeitszeiten oder Lohnabschläge. Doch darüber haben sie bislang viel zu selten geredet. Immerhin weisen Gewerkschafter inzwischen - mal zögerlich, mal energisch - auf die differenzierte Realität hin. Das dient der Glaubwürdigkeit, und Kritiker haben es dadurch schwerer, Gewerkschaften als ewige Nein-Sager zu diffamieren.

      Man darf gespannt sein, ob es den Gewerkschaften gelingt, in der von der Opposition angezettelten Debatte nicht wieder als Blockierer dazustehen. Drohungen wie die des neuen IG-Metall-Chefs Jürgen Peters, die Tarifautonomie mit "Zähnen und Klauen" zu verteidigen, werden dafür jedenfalls nicht reichen. rt



      Wirtschaft: Auch Arbeitgeber verteidigen die Tarifautonomie




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      Dokument erstellt am 07.09.2003 um 18:08:20 Uhr
      Erscheinungsdatum 08.09.2003
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 17:38:31
      Beitrag Nr. 60 ()
      Sonntag, 7. September 2003
      Teure Post - Pensionen belasten Haushalt

      Hohe Ausgaben für die ehemaligen Bediensteten der Post werden künftig den Bundeshaushalt schwer belasten. Das berichtet "Der Spiegel" und beziegt sich auf das Bundesfinanzministerium.

      Demnach habe Finanzminister Hans Eichel (SPD) für nächstes Jahr 4,95 Mrd. Euro für Postpensionen und Beihilfen in seinen Etatentwurf eingestellt. 2005 werde es eine Mrd. Euro mehr sein. 2006 muss er 6,1 Mrd. Euro für die Ex-Postler aufbringen, 2007 schon 6,3 Mrd. Euro. Die Spitze der Belastung für den Bundeshaushalt werde diesen Berechnungen im Jahr 2034 mit 14 Mrd. Euro erreicht.

      Die Mittel für die Pensionen und Beihilfezahlungen an die ehemaligen Beamten werden vom kommenden Jahr an komplett aus dem Bundeshaushalt finanziert. Bislang standen dafür auch Dividendenzahlungen der Nachfolgeunternehmen Deutsche Telekom und Deutsche Post sowie deren Privatisierungserlöse zur Verfügung.

      http://www.n-tv.de/3182611.html
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 17:40:57
      Beitrag Nr. 61 ()
      Montag, 8. September 2003
      Bundesfinanzministerium
      Wachstumsprognosen wackeln


      Prognosen sind dazu da, sie zu verändern. Sie können angepasst werden - nach oben, aber auch nach unten. Letzteres ist in wirtschaftlich schwierigen Zeiten immer häufiger die Aufgabe des Bundesfinanzministeriums. In der letzten Woche ging es um die EU-einheitliche Defizitgrenze, in dieser Woche handelt es sich um die Wachstumsprognose für das laufende und kommende Jahr.

      „Angesichts dieses von Unsicherheiten und Risiken behafteten außenwirtschaftlichen Umfelds und der nach wie vor bestehenden binnenwirtschaftlichen Schwäche sind die in der Frühjahrsprojektion der Bundesregierung für 2003 ausgewiesenen Wachstumsraten von real rund 0,75 Prozent und für 2004 von rund zwei Prozent gefährdet“, lautet die Einschätzung des Finanzministeriums. Die Wachstumserwartungen anderer nationaler und internationaler Institutionen seien inzwischen signifikant zurück genommen worden und lägen für beide Jahre unterhalb dieser Prognose.

      Aus heutiger Sicht erhöhe sich somit die Wahrscheinlichkeit, dass der reale Bruttoinlandsprodukt-Anstieg unter den von der Bundesregierung erwarteten Werten liegen könne. Wenn das Wachstum nicht stark genug ausfällt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Arbeitslosenzahlen sinken, äußerst gering.

      Das Finanzministerium verweist in diesem Zusammenhang auf die bislang verhaltene Wirtschaftsentwicklung in den USA. Die erheblichen Risiken in den USA im Zusammenhang mit dem hohen Leistungsbilanz- und Staatsdefizit bestünden nach wie vor, hieß es. Dies könne die zuletzt bereits den deutschen Außenhandel belastende Dollar-Schwäche weiter verstärken und die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Zone beeinträchtigen.

      Auch deutsche Konjunkturexperten glauben nicht mehr daran, dass die Regierung ihre frühere Einschätzung halten kann. Dies sei „in sehr weite Ferne gerückt“, sagte DIW-Konjunkturexperte Andreas Cors. „Da müsste im vierten Quartal schon sehr viel passieren. Das ist jedoch extrem unwahrscheinlich.“ Er sei ziemlich sicher, dass die Regierung ihre Vorhersage bei der anstehenden Überprüfung im Herbst nach unten korrigieren werde.

      http://www.n-tv.de/3182739.html
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 17:43:21
      Beitrag Nr. 62 ()
      Probleme mit Lkw-Maut keine Ausnahme


      Deutscher Wertarbeit droht Kurzschluss


      Von Stefan Menzel und Eberhard Krummheuer, Handelsblatt


      Pleiten, Pech und Pannen – die deutsche Industrie leistet sich einen Fehler nach dem anderen. Die aktuellen Probleme bei der Einführung der Lkw-Maut sind alles andere als eine Ausnahme.











      DÜSSELDORF. Seit Jahren kämpft beispielsweise die Deutsche Bahn mit Totalausfällen bei nagelneuen Zügen, die Diesel-Neigetechnik-ICEs mussten sogar ganz für Monate aus dem Verkehr gezogen werden. Im fernen Schanghai brachten durchgeschmorte Kabel die Magnetschwebebahn Transrapid in der Testphase zum Stoppen. Für die Automobilindustrie gehören die Pannen schon zum Alltag: Es gibt kaum noch einen Monat, in dem nicht ein Autotyp wegen technischer Probleme in die Werkstätten zurückgerufen werden muss.

      „Bei Themen, die sich im Grenzbereich der gerade noch erfüllbaren Anforderungen bewegen, hatten wir in Deutschland sicherlich in der letzten Zeit zahlreiche spektakuläre Problemfälle“, sagt Dietrich Neumann aus der Geschäftsführung von A.T. Kearney Deutschland. Der wirtschaftliche Druck sei enorm, betont der Unternehmensberater. Technische Anforderungen und die Komplexität der Projekte hätten sich deutlich erhöht, schmale Budgets und enge Zeitpläne täten ihr Übriges.

      Tim Zimmermann von Roland Berger ist drastischer: „Auf allen innovativen Gebieten sind wir hintendran. Wir versinken in Strukturproblemen und Saturationen.“ Es fehle aber nicht nur an Innovationskraft, sondern auch an Qualität. Häufig werde in den Unternehmen einfach an der falschen Stelle gespart. Ein Beispiel dafür ist die Bahnindustrie, die sich nach düsteren Jahren in den 90-ern neu formierte. Und dabei viel Know-how über Bord warf: Seit Jahren bemängeln große wie kleine Auftraggeber von der Bahn bis zu kommunalen Verkehrsbetrieben, dass das Wissen selbst von bewährter, erprobter Eisenbahntechnik bei den Ingenieuren nur noch unvollkommen vorhanden sei.

      Die Autohersteller tun sich besonders schwer mit Elektronik, die überall im Fahrzeug ihren Einzug gehalten hat. Die Statistik des Flensburger Kraftfahrtbundesamtes spricht Bände: In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Rückruf-Aktionen von jährlich 52 auf 127 mehr als verdoppelt. Schon vor drei Jahren warnte BMW-Entwicklungsvorstand Burkhard Göschel davor, dass die Autobranche die neuen Elektronik-Bauteile nicht ausreichend beherrscht. Doch offensichtlich war der Appell des BMW-Vorstandes nicht laut genug: Beim nagelneuen Flaggschiff der 7er-Baureihe funktionierte anfangs die Benzin-Anzeige nicht. Wer Pech hatte, blieb mit seinem teurem Wagen mit leerem Tank auf der Autobahn liegen. Vor kurzem wurde zudem der Geländewagen X5 in die Werkstätten gerufen, weil ein Bremsschlauch nicht korrekt montiert worden war.

      Von einer generellen Krise der Industrie will der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) nicht sprechen. Dennoch: „Wir haben einen Perfektionierungswahn“, beklagt VDI-Direktor Willi Fuchs. Bei der Einführung neuer Techniken müsse immer mit einigen Schwierigkeiten gerechnet und „Lehrgeld gezahlt“ werden. Allerdings trügen auch die Unternehmen Mitverantwortung: Zu oft seien erfahrene Entwicklungsingenieure über Vorruhestandsregelungen ausgeschieden.

      Ein weiteres Problem der deutschen Industrie: Unternehmen bringen ihre neue Produkte viel zu schnell auf den Markt. A.T. Kearney-Experte Neumann hat dabei besonders den Transrapid im Visier. Bei der Magnetschwebebahn sei der zeitliche Druck extrem groß gewesen. Hinzu kommt der Kostendruck. Dieter Schneiderbauer, Verkehrsexperte von Mercer Management beobachtet, dass dann der Ehrgeiz, mit weniger Ressourcen und Mitteln ein Produkt fristgerecht abzuliefern, zielstrebig zur nächsten Pleite führt.

      Schneiderbauer bleibt gleichwohl Optimist: Solche Entwicklungen gebe es immer wieder. Erst in den 90-er Jahren sei der Maschinen- und Anlagenbau stark betroffen gewesen: „Da sind die Ingenieur-Kapazitäten ähnlich stark heruntergefahren worden. Man musste mehr einstellen, und dann ging es wieder.“


      HANDELSBLATT, Montag, 08. September 2003, 12:02 Uhr


      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 18:53:40
      Beitrag Nr. 63 ()
      Laut Geldmarktteil im akt. Spiegel von heute hat der TecDax ein Durchschnitts-KGV von 86 für 2003!!! Wahnsinn!

      :eek: :eek: :eek:
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 22:44:39
      Beitrag Nr. 64 ()
      Nikkei versus S&P

      von Jochen Steffens

      Es geht immer noch um die entscheidende Frage: Handelt es sich bei der aktuellen Rallye um einen Bullenmarkt oder ist es nur eine Bärenmarktrallye. Eine Frage, die aus verschiedensten Gründen interessant ist. Sollte es sich lediglich um eine Bärenmarktrallye handeln, geht es um langfristige Kapitalsicherung. Es geht dabei auch um die Frage, ob man zum Leben erwachte Aktien aus dem Langfristdepot verkaufen oder noch länger behalten sollte. Denn sollte es sich um den Beginn einer langen Konjunkturerholung handeln, würden solche Aktien noch von weiteren Kursgewinnen profitieren. Zudem würde es sich dann empfehlen, seine Depot nach und nach weiter auszubauen.

      Aus kurzfristiger Sicht ist diese Frage natürlich weniger interessant. So kurzfristiger Sie an den Börsen agiere, desto dichter sollten Ihre Stopps am aktuellen Kursniveau liegen. Mir geht es heute um die längerfristigen Prognosen. So habe ich mal wieder ein Wochenende geopfert, um mir historische Charts anzusehen, um verschiedenste Ansichten durchzulesen. Ich habe mir die Mühe gemacht die Daueroptimisten und Oberbullen zu studieren, genauso wie die Weltuntergangspropheten und Langzeitbären. Natürlich haben beide Seiten zum Teil bestechende Argumente – keine Frage, ein wirkliche Hilfe es jedoch nicht. Dann bin ich auf etwas gestoßen, dass mich stutzen ließ. Ich habe es für Sie aufbereitet und in einem Chart zusammengefasst. Hier die Adresse, die Sie einfach markieren, kopieren und in einem neuen Browserfenster einfügen können:

      http://www.boerse.mynetcologne.de/nik.gif

      Es handelt sich um den charttechnischen Vergleich zwischen der Entwicklung des Nikkei von 1982 bis heute und des S&P zwischen 1992 und heute. Der Kursverlauf des Nikkei ist schwarz eingezeichnet, der des S&P rot (der S&P wurde dabei ganz leicht auf der Zeitachse gedehnt).

      Der Nikkei hatte in den Jahren vor 1990 eine Rallye gestartet, in dessen Verlauf er von 8.000 Punkten auf über 38.000 Punkten anstieg. Dieser Anstieg ist von seiner Art her nahezu identisch mit der Entwicklung des S&P von 1992 bis 2000. Besonders fällt die Konsolidierung in der Mitte (1987/88) auf. Das Beeindruckende ist jedoch die Entwicklung nach dem Hoch. Auch hier erkennt man deutliche Übereinstimmungen. Es scheint fast so, als bewegen sich die Indizes im Gleichschritt.

      Sehr auffällig ist, wie sehr sich die aktuelle Rallye im S&P, mit der Bearmarktrallye im Nikkei 1993 deckt. Der Nikkei stieg damals von 14.000 Punkte auf fast 22.000 Punkte an. Das war eine 50 % Rallye. Ich kann mir vorstellen, dass damals viele japanische Anleger und Analysten ein Ende der Baisse prognostiziert haben. Schließlich brach der Nikkei ebenfalls den langfristigen Abwärtstrend. Vergleichen Sie den Verlauf der Kurse, sehen Sie einen identisch steilen Anstieg. Wie ich bereits mehrfach betonte, die Rallye ist zu steil, um eine gesunde langfristige Entwicklung anzuzeigen.

      Aber auch andere Aspekte ähneln sich. Achten Sie auf die Art der Erholung, die zu den jeweiligen Rallyes führte. Nahezu identisch. Auffällig ist aus charttechnischer Sicht, dass es in beiden Indizes zu keiner großen Bodenformation kam. Etwas, dass ich im Moment in allen großen Indizes vermisse. In Japan hat sich 10 Jahre später gezeigt, warum es nicht zu einer Bodenbildung gekommen war – es war schlichtweg kein Boden, die Kurse erreichten neue Tiefen.

      Natürlich heißt das nicht, dass sich der S&P jetzt unbedingt genauso entwickelt wie der Nikkei damals. Aber es spricht einiges dafür, dass es zu einer ähnlichen Entwicklung kommen könnte. So unterschiedlich die politische und wirtschaftlich Entwicklung in Japan und die heutige Entwicklung der USA auch sein mag (Irakkrieg/Terrorismus), es gibt ebenso viele Überschneidungen. Denken Sie zum Beispiel an die Politik der niedrigen Zinsen.

      Ich finde die letzten Arbeitsmarktdaten weisen genau auf eine Seitwärtsbewegung hin. Durch das billige Geld wird sich die Wirtschaft über Wasser halten können. Aber nur, wenn sie die Produktivität weiter steigert und die Kosten senkt. Das führt unweigerlich zu weiterem Arbeitsplatzabbau. Und so gerne manche Analysten eine Konjunkturerholung ohne Arbeitsmarkt für möglich halten, so blödsinnig ist sie. Ein Land, dass zu 70 % vom Konsum seiner Bewohner abhängig ist, braucht zahlungskräftige Konsumenten. Die Folge dieser Entwicklung: Die amerikanische Konjunktur steht im Moment nicht vor einem ultimativen Kollaps. Gleichzeitig ist nicht von einer nachhaltigen Konjunkturerholung auszugehen. Mit anderen Worten: Seitwärts – wie in Japan. In welcher Spanne sich diese Seitwärtsbewegung aufhalten wird, das wird gerade festgelegt.

      Wirklich bestätigt wird die Theorie der (10-jährigen) Seitwärtsbewegung, wenn wir uns bald wieder in Richtung unserer Tiefs aufmachen. Und denken Sie daran, so schön dieser Chart auch aussieht: An den Börsen kann alles passieren, auch das Gegenteil.
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      http://www.boerse.mynetcologne.de/nik.gif

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      Erste Anzeichen?

      von Jochen Steffens

      Eine Meldung, die zu meiner These passt, dass der US-Konsum im August deswegen so überraschend stark zugenommen hatte, da sich weniger Amerikaner im Urlaub befanden:

      Der amerikanische Einzelhandelskonzern Wal-Mart Stores Inc. hat mitgeteilt, dass er im September zwar seine Umsatzprognose aller Voraussicht erreichen wird, er rechnet allerdings mit einer leichten Abschwächung des Umsatzwachstums im Vergleich zu dem überraschend starken Vormonat August. Damit bekräftigte der Konzern seine früheren Prognosen von einem Umsatzwachstum im September von 3–5 %. Im August hatte Wal-Mart eine Umsatzzuwachs von 6,9 % erzielt.

      Ein erstes Anzeichen dafür, dass der Anstieg im August tatsächlich "urlaubsbedingt" war. Bestätigt sich diese Tendenz, wird Alan Greenspan im Wettlauf mit der Konjunktur eine Runde aussetzen müssen.

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      Die chinesische Blase

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Die Wertschätzung der Währung Chinas ist nur eine Frage der Zeit" ( Mark Faber)

      Was heißt "Blase" auf chinesisch?

      Wir fragen das, weil das zukünftig ein wichtiges Wort sein könnte.

      China war in den Nachrichten, gestern ... und heute wieder. Fast kein Tag geht vorbei, an dem nicht über den inzwischen größten Wirtschaftsraum der Welt berichtet wird ... und wohl einen der interessantesten.

      Während die Weltwirtschaft gerade um 1–2 % pro Jahr wächst, rast Chinas Wirtschaft 4mal schneller voran. Allein die US-Importe sollen in diesem Jahr um fast 40 % gestiegen sein, wobei sie Chinas geschwellte Brust mit Dollars und US-Bonds gefüllt haben.

      1985 betrugen die ausländischen Investitionen in China lediglich 2 Milliarden US$. Bis 2001 ist die Zahl auf fast 50 Milliarden US$ gewachsen. Während der Exporthandel mit China 1985 gerade 69 Milliarden US$, im Jahr 2001 waren es über 500 Milliarden US$.

      Das BIP der USA beträgt ungefähr 11 Trillionen US$, das chinesische BIP ist momentan nur 1/10 so groß. Aber in ländlichen Schichten werden viele Geschäfte nicht in Geld gemessen. Und die örtlichen Preise sind wesentlich niedriger, so dass z.B. ein Mittagessen, das in Schanghai mit 1 US$ bewertet wird, in Manhattan 20 US$ kosten würde. Einige Wirtschaftsexperten versuchen das Problem des Wirtschaftsvergleichs von USA und China dadurch zu lösen, dass sie die Kaufkraft als Basis nehmen. Auf dieser Basis weisen die USA eine jährliche Produktion von 9,6 Trillionen US$ auf, aber Chinas Wirtschaft zeigt sich wesentlich stärker als vermutet: Sie kommt auf eine Produktion von 4,9 Trillionen US$.

      "Sonst sind Sie so skeptisch," begann unser Freund Michel beim Lunch am Mittwoch, "aber in bezug auf China glauben Sie jedes Wort. Sie scheinen zu vergessen, dass China von Kommunisten regiert wird, die nichts als Lügen verbreiten. Gerade ihre Angaben über die Wirtschaftsdaten sind eine Lüge, mit denen sie uns weismachen wollen, wie gut sie dastehen. Das haben schon die Sowjets gemacht, bis ihr ganzes System zusammenbrach. Und die westlichen Ökonomen glaubten ihnen. Und nun glauben sie den Chinesen. Sogar Sie glauben ihnen!"

      Tatsächlich glauben wir den chinesischen Zahlen nicht, lieber Leser. Allerdings glauben wir den amerikanischen Zahlen ebenso wenig. Allerdings behandeln wir die Zahlen wie Farbkleckse auf einem Bild von Seurat oder Pissarro. Keine Zahl ist für sich allein zuverlässig, aber, wenn wir einen Schritt zurücktreten, bekommen wir einen Eindruck von dem, was uns auffällt.

      Das, was sich unserer Meinung nach in China entwickelt, ist das bekannte Gesicht von Richard Nixons Dollar-Standard-System: Geld fließt in ein Land, ein Boom resultiert daraus ..., die Vermögenswerte steigen auf unglaubliche Levels, ... Fabriken und Bürogebäude schießen überall wie Pilze aus dem Boden, ... und schließlich: Überkapazität und Überteuerung produzieren eine Blase, die unweigerlich platzen wird.

      Aber warten Sie – wir sehen noch etwas mehr: Wir sehen – auf längere Sicht – das Ende des ganzen Systems.

      Wenn die Amerikaner mehr und mehr Produkte aus China kaufen, häufen die Chinesen mehr und mehr Dollars an. Im Schnitt spart der Chinese 25 % seines Einkommens, ebenso bauen sich Sparguthaben in der Landeswährung auf – so sehr, dass sich bereits ein Wert von über 1 Trillion US$ auf den Konten befindet. Dieses Geld wird von den Geschäftsbanken ausgeliehen und hat einen typischen Boom ausgelöst, ... auf den eine typische Blase auf Dollar-Standard folgen wird.

      "Schlechte Kredite produzieren eine große Wolke über China", warnt die gestrige Ausgabe der International Herald Tribune. Besucher von China berichten, dass überall Wolkenkratzer aus dem Boden wachsen. Allerdings stehen bereits 17 % der neuen Gebäude leer ... und die Mieten sinken.

      Während die Büros leerstehen, produzieren die Fabriken ständig, Tag und Nacht. Je mehr Amerikaner von den Chinesen kaufen, desto mehr Chinesen fühlen sich ermutigt zu produzieren. Inzwischen erreichen immer mehr Waren den amerikanischen Markt zu immer niedrigeren Preisen. Also muss der Eindruck korrigiert werden. Wenn die Preise fallen, fallen auch die Gewinnmargen. Schon bald werden verschiedene Geschäftsbereiche – sowohl in den USA als auch in China – nicht mehr für neue Investitionen gut sein. Dann sinken auch die Kapitalwerte

      Zur gleichen Zeit, am anderen Ende des Austausches, können die Verbraucher keine angemessene Zahl von Fernsehern und Autos kaufen. In Amerika ist das Durchschnittseinkommen in den letzten 30 Jahren nur sehr schwach gewachsen ... heute sinkt es sogar real. Wie können wir von diesen Leuten erwarten, dass sie mehr Produkte kaufen. Sie haben kein größeres Einkommen, sie haben weniger.

      Und so wird die ganze Abstraktion von Krediten, Geldreserven, Schulden, Gewinnen und Handelsschwankungen plötzlich klar. Wenn wir zurücktreten, sehen wir ein grässliches Bild.

      Wenn wir wieder das normale Leben betrachten, bekommen wir den Eindruck, dass sich alles früher oder später korrigiert: Finanztrends, Reputationen, der Reichtum und die Macht von Nationen. In diesem Tag im Jahr 1939 waren die Deutschen bereits tief nach Polen eingedrungen (am 1. September überschritten sie die Grenze und lösten den 2. Weltkrieg aus). Hitler muss gedacht haben, dass ihn nichts aufhalten könne ..., weil schon so lange nichts gegen ihn ankam. Als er und Stalin die Polen unterworfen hatten, begann der Telefonkrieg mit Frankreich und Großbritannien. Es gab keinen wirklichen Krieg, weil keine Seite den Kampf wollte. Kurze Zeit darauf überfiel er die Franzosen und trieb die Engländer bei Dünkirchen ins Wasser. 1942 kontrollierte Hitler Europa. Wenn er damals aufgehört hätte, wären die Dinge für ihn vielleicht besser gelaufen. Aber alles, was sich aufbläst, sinkt später zur Form zusammen, wo es am Anfang stand. Im Frühjahr 1942 hieß es, das Deutsche Reich würde 1000 Jahre bestehen ...

      Es war fast so als hätte der Führer seine Generäle versammelt und sie gefragt: "Wie können wir aus dieser Situation ein Desaster machen?" Sie hatten ihre Antwort bald gefunden. Sie fanden einen Weg, das nahezu Unmögliche zu tun: Sie verwandelten eine fast unschlagbare Position in Europa in eine Verliererposition ... indem sie Truppen nach Nordafrika schickten, wo sie von der Britischen Navy aufgerieben werden konnten ... indem sie einen Krieg gegen ihren Alliierten, Stalin, begannen ... indem sie den USA den Krieg erklärten! Drei Jahre später waren Hitlers Ansehen, seine Armee, sein Land, seine Finanzen ... und sogar sein Leben ... vollständig "korrigiert".

      Und jetzt sehen wir, dass auch der Dollar-Standard korrigiert wird. Bill Gross beschreibt die Lage so: "Mit seinem monatlichen Handelsüberschuss von 10 Mrd. US$ und mit einem jährlichen Zuwachs seiner Dollarreserven von 120 Mrd. US$ wird eine Zeit kommen, in der Chinas Hunderte von Milliarden, wenn nicht gar eine halbe Trillion Reserven von US-Währung und Aktien als zu riskant angesehen werden. Auf der anderen Seite werden die Hunderte von Milliarden, die die Japaner und andere asiatische Länder gekauft haben, um ihre Währungen gegenüber dem Chinesischen Yuan und dem US-Dollar konkurrenzfähig zu halten, genauso einen Gesundheitscheck brauchen."

      "Die Währung/Bonds/Aktien einer reflationären Wirtschaft, die sich in Waffen und Butter, Hummer und Hummwee in nahezu historischen Proportionen engagiert, sind schlechte Investments. Früher oder vielleicht später werden unsere asiatischen Gläubiger aufwachen und den Kaffee riechen. Vielleicht wird das Aroma eine Neubewertung des Yuan und des Yen hervorrufen. Was es auch ist, wir werden den Preis zahlen: Höhere Importkosten, eine Einschränkung der Ausgaben für billige auswärtige Waren, steigende Inflation, vielleicht chaotische Finanzmärkte und einen sinkenden Lebensstandard."

      "Merke Dir gut, was diese Worte wert sind (nicht viel, werden einige sagen): China besitzt den Schlüssel zu unserem Reichtum und zu unseren Hummern. Seine Bereitschaft, unsere Bonds zu kaufen, seine Philosophie, dessen Währung dem US-Dollar anzupassen, wird eines Tages getestet werden. Und sollte Chinas Geduld auffallen, werden die ganzen benachbarten asiatischen Möchtegern-Chinas sich bald zusammenschließen. Die zweite Runde der Reflation wird beginnen, die US-Zinsen werden steigen, unsere Waren in den Malls und Geschäften werden weniger käuflich sein, und der Prozess des nationalen Gürtel-Engerschnallens und der wachsenden Sparmaßnahmen wird beginnen."

      Heute allerdings, wo wir das gerade schreiben, werden die Gürtel nicht enger geschnallt, sondern gelockert. Diejenigen, die in Krispy Kreme Franchise investieren, fühlen sich immer noch fett und gut. Wir können nicht sagen, wann Eindruck sich ändern wird. Wir können auch nicht sagen, wann die chinesische Blase platzen wird.

      Aber während es zu spät ist, sicher von der US-Blase zu profitieren (die Preise sind zu hoch), glaubt Marc Faber, dass es immer noch hervorragende Gelegenheiten gibt, in chinesische Aktien zu investieren. Einige verkaufen sich wegen des niedrigen Kursgewinnverhältnisses – lediglich 2 – und wegen der hohen Dividenden. Sogar China Telecom wird noch für nur das 8,5fache der Einnahmen verkauft. Shenzhen Expressway für weniger als das 10fache. Beijing Datang, eine große Energie-Gesellschaft, schüttet über 4 % Dividende aus. Die kleine Wing Shing Chemical dagegen wird für weniger als das 2fache der Einnahmen gehandelt. Sie könnten das ganze Unternehmen für gerade 15 Millionen US$ kaufen, sagt Andy Mantel, der für Faber`s Newsletter schreibt.

      Nach Mantel ist der China Mantou Fund mit Sitz in Hongkong das einfachste China-Investment.

      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 22:50:18
      Beitrag Nr. 65 ()
      Sparzwang

      Chrysler offenbar vor weiterem Stellenabbau


      Der harte Wettbewerb auf dem US-Automarkt zwingt Chrysler zu weiteren Sparmaßnahmen. Offenbar denkt Unternehmenschef Dieter Zetsche auch über einen weiteren Abbau von Arbeitsplätzen nach.




      Angesichts der schwierigen Lage auf dem Heimatmarkt erwägt der US-Autobauer Chrysler nach einem Bericht des Wall Street Journal einen Stellenabbau.

      Vertreter des Unternehmens wollten am Montag im Vorfeld der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main mit der Spitze des Mutterkonzerns DaimlerChrysler über Kostensenkungen einschließlich der möglichen Streichung von Arbeitsplätzen beraten, berichtete das Blatt am Montag in seiner Online-Ausgabe unter Berufung auf informierte Kreise.

      Allerdings solle keine Entscheidung fallen, bevor Chrysler klare Zahlen über das dritte Quartal vorliegen habe. Dieses läuft Ende September aus.

      Ein Chrysler-Sprecher sagte der Zeitung, das Unternehmen prüfe eine ganze Reihe von Schritten, um seine Lage zu verbessern.



      Verlust im zweiten Quartal
      Chrysler hatte im zweiten Quartal einen Verlust aus dem laufenden Geschäft von 948 Millionen Euro geschrieben. Das Unternehmen litt dabei unter der schwachen Nachfrage in den USA, die Autobauer zu hohen Rabatten zwingt.

      Obwohl Chrysler die Zahl der Arbeitsplätze bereits um rund 20 Prozent gesenkt und in den vergangenen Jahren auch an anderen Stellen Kosten gespart hat, halten einige Analysten eine weitere Restrukturierung des Geschäfts für unvermeidlich.

      Das deutsch-amerikanische Mutterhaus ging bislang aber noch immer davon aus, dass Chrysler über das Jahr gesehen auf Basis des Betriebsergebnisses leicht im Plus abschneiden wird. Dieses Ziel hatte DaimlerChrysler-Vorstandschef Jürgen Schrempp zuletzt allerdings unter Vorbehalt gestellt: „Auf Grund erheblicher Risiken wegen der möglichen Verschärfung des Wettbewerbsumfelds in den USA wird das ein hartes Stück Arbeit“, sagte er dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel in einem Interview.

      Zudem wurde Chrysler im August bei den Autoverkäufen in den USA von Toyota vom dritten auf den vierten Platz verdrängt.



      sueddeutsche.de
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 22:53:04
      Beitrag Nr. 66 ()
      Studie

      Dosenpfand kostet Arbeitsplätze


      Ein von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement in Auftrag gegebenes Gutachten über die Auswirkungen des Dosenpfandes prognostiziert bis Ende 2004 volkswirtschaftliche Umsatzeinbußen von 578 Millionen bis 1,2 Milliarden Euro und den Verlust von bis zu 9700 Arbeitsplätzen.
      Von Wolfgang Roth



      (SZ vom 6.9. 2003) - Der ökologische Nutzen wird als gering eingeschätzt:

      Die Einsparung von klimaschädlichen Stoffen und von Energie beträgt nach diesen Berechnungen in Deutschland insgesamt höchstens 0,04 Prozent.

      Die Prognos-Studie, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, wird nächste Woche im Wirtschaftsministerium präsentiert, über eine Veröffentlichung ist noch nicht entschieden.

      Die Sprachregelung in Clements Ressort lautet, man werde wegen des Pflichtpfands intensive Gespräche mit Trittins Ministerium führen. Dessen Pressestelle wollte sich nicht zu einem unveröffentlichten Gutachten äußern.

      Während ein erheblicher Teil der Handelsketten weiterhin ein einheitliches Rücknahmesystem für Einwegware boykottiert, beraten in der nächsten Woche die Ausschüsse des Bundesrats über Trittins zweiten Versuch, eine Novelle der Verpackungsverordnung durchzusetzen; für das weitere Schicksal des Pflichtpfands ist dann auch maßgeblich, welche Position die unionsgeführten Länder einnehmen.

      Nach der seit Januar rechtskräftigen Regelung ist ein Pfand von 25 Cent fällig für Bier, Mineralwasser und Erfrischungsgetränke mit Kohlensäure, wenn die Verpackung aus Metall, Kunststoff oder Einweg-Glas besteht.

      Die Novelle sieht vor, dass das Pflichtpfand unabhängig von der Einhaltung von Mehrwegquoten gelten soll und der bisherige Wirrwarr zwischen Getränken mit und ohne Pfandpflicht weitgehend beseitigt wird.

      Dem hat das rot-grüne Kabinett bereits zugestimmt, aber die Tatsache, dass Clement parallel zum Verfahren Gutachten in Auftrag gibt, ist ein deutlicher Hinweis auf seine kritische Haltung.



      Schon als Ministerpräsident Trittin ins Straucheln gebracht
      Er hatte schon als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen dazu beigetragen, dass Trittins erste Novelle im Bundesrat scheiterte.

      In der Sache räumt das Prognos-Gutachten ein, dass die Pfandpflicht nur einer von mehreren Faktoren für die Umsatzentwicklung im Getränkesektor ist.

      Die negativen Beschäftigungsprognosen stehen im krassen Gegensatz zu einer Erhebung der Deutschen Umwelthilfe, wonach vor allem im Mittelstand durch das Pflichtpfand mehr als 14000 neue Arbeitsplätze und somit ein positiver Effekt zu verzeichnen sind.

      Die Prognos-Studie setzt zudem zwar die ökologischen Auswirkungen der Pfandpflicht in Beziehung zu den gesamten Umweltbelastungen in Deutschland, verzichtet aber bei den geschätzten Umsatzeinbußen auf einen derartigen Vergleich; gemessen am Brutto-Inlandsprodukt wäre dabei insgesamt auch nur ein Umsatzdefizit von etwa 0,04 Prozent herausgekommen.


      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/529/17512/
      Avatar
      schrieb am 08.09.03 23:11:46
      Beitrag Nr. 67 ()
      hat mit dem Thema wenig zu tun, trotzdem interessant

      Zwei Jahre nach 9/11

      Mathias Bröckers 08.09.2003
      Auch nach zwei Jahren ist kein wahrer Schuldiger gefasst - und es tobt eine Schlammschlacht gegen "Verschwörungstheorien"

      Vor einem Jahr notierte ich 20 Lektionen, die wir nach den Anschlägen des 11.9. gelernt haben sollten - nach dem zweiten Schuljahr wird es Zeit für ein Update.




      20 Lektionen des 11.September





      1) Wir haben gelernt, dass der "war on terrorism" von Bush & Co. nicht der Ergreifung der Verantwortlichen des 11.9. dient, sondern einer andauernden Kampagne zur Durchsetzung einer globalen Pax Americana, nötigenfalls mit Gewalt.

      Bis heute ist keiner der verantwortlichen Hintermänner überführt und die Tat nach 2 Jahren genauso ungeklärt wie 2 Tage danach. Gegen den Hauptverdächtigen Osama Bin Laden liegen nach wie vor keine gerichtsfesten Beweise vor. Der "Krieg gegen den Terror" hat keinen einzigen der Terroristen des 11.9. dingfest gemacht - sondern die Welt unsicherer und neue Terrornester produziert. Aus Afghanistan/Pakistan wird die höchste Opium/Heroinproduktion seit fünf Jahren gemeldet, d.h. die wichtigste Einnahmequelle von Warlords und Terroristen läuft wieder auf Hochtouren. Die Okkupation des Irak, der bis dahin nicht durch Terrorismus aufgefallen war, hat dort ein neues Terrornest initiiert, von dem jetzt auch international Gefahr ausgeht.

      2) Wir haben gelernt, dass Bush & Co. von den Anschlägen angeblich zwar völlig überrascht wurden, aber bereits einen Tag später 19 Hijacker und ihren Mastermind Bin Laden als Täter namhaft machen konnten. Gerichtstaugliche Beweise für diese Behauptung liegen bis heute nicht vor, die wahre Identität der Täter und ihrer Hintermänner ist nach wie vor im Dunkeln.

      Sechs der "19 Hijacker" hatten sich in den Tagen nach den Anschlägen als lebend gemeldet und ihr Entsetzen über ihr Auftauchen auf der Massenmörderliste des FBI kundgetan. Beim Treffen des saudischen Außenministers mit Präsident Bush am 20. 9. wurde die "Verwechslung" zwar zugegeben, doch die sechs Männer stehen dort bis heute - ohne jeden Hinweis, dass nur ihre Daten benutzt wurden. Wer sich dahinter verbirgt ist unbekannt. Die Untersuchungen stehen also noch ganz am Anfang.

      3) Wir haben gelernt, dass Bush & Co die Ermittlungen des FBI-Anti-Terrorchefs O`Neill gegen Bin Laden, seine Familie und die terroristischen Verbindungen in Jemen und Saudi-Arabien stoppen ließen. Ermittlungen lokaler Polizei-Agenten gegen verdächtige Flugschüler wurden von der FBI-Zentrale blockiert. Im Januar wurde der Oppositionsführer im Parlament, Tom Daschle, gepresst, aus Gründen der "nationalen Sicherheit" keine tiefergehenden Untersuchungen des 11.9. durch einen Kongressausschuss durchzuführen.

      Der Bericht des Kongressausschusses ist mittlerweile erschienen, mit 28 geschwärzten Seiten über eben jene Finanz- und Terrorconnection mit Saudi-Arabien, deren tiefergehende Verfolgung Bush nach seinem Amtsantritt stoppte und seinem Anti-Terrorchef O`Neill im April 2001 sogar Einreiseverbot in den Jemen erteilen ließ, um weitere Ermittlungen zu verhindern. Die tragische Geschichte des Bin Laden-Jägers O`Neill, der daraufhin empört zurücktrat, am 1. 9. Sicherheitschef des WTC wurde und dort zehn Tage später ums Leben kam - DER Stoff für ein Hollywooddrama - wird in den USA nicht erzählt. Stattdessen wurden pünktlich zum 2. Jahrestag auf nahezu zynische Weise die Notrufe der WTC-Opfer veröffentlicht, um jede kritische Frage zu den Abläufen unter einer Welle von Tragik untergehen zu lassen.

      4) Wir haben gelernt, dass es zwar viele konkrete Vorwarnungen und Verdächtige gab, aber dass FBI und CIA versäumt hätten, "die Knoten zu verbinden". Um dies künftig zu vermeiden, wurde kein Verantwortlicher entlassen, sondern die Budgets vor allem der CIA deutlich erhöht.

      Die Geschichte von Pleiten, Pech & Pannen und "not connecting the dots" hängt nach wie vor eng mit der Regierungslegende vom "Überraschungsangriff" zusammen. Wer überrascht worden sein wil,l muss ja ein paar Gründe für seine Unaufmerksamkeit aufzählen können - da passt kaum etwas besser als Bürokratie, und Geheimdienstschlamperei. Dass aber im Land des hire & fire die Verantwortlichen der zwei Großfirmen, die für die Vermeidung solcher Katastrophen zuständig sind, danach belobigt und mit neuen Milliarden ausgestattet werden, ist dann doch äußerst ungewöhnlich - es sei denn, sie hätten letztlich im Sinne ihrer Geldgeber gearbeitet. So wurde denn die FBI-Agentin, deren Bitte um einen Durchsuchungsbefehl gegen verdächtige Flugschüler in der Zentrale abgeschmettert worden war, zwar vom "Time"-Magazin zur "Frau des Jahres" gewählt - ihr Vorgesetzter aber nicht gleichzeitig zum "Versager des Jahres". Stattdessen erhielt er wegen besonderer Leistungen diskret eine Prämie samt Urkunde des Präsidenten.

      5) Wir haben gelernt, dass am Morgen des 11. September die sensibelste "No Fly"-Zone der Erde - über dem Hauptquartier der einzigen militärischen Weltmacht - völlig unbewacht war und dass niemand - in Worten: NIEMAND - über 45 Minuten lang für das Ausbleiben jeglicher Luftverteidigung verantwortlich war.

      Das ist bis heute so: Wer den über 800-seitigen Bericht des Kongress-Untersuchungs-auschusses durchsucht, stößt an zwei Stellen auf die zivile Luftüberwachungsbehörde FAA, die für Abfangjäger zuständige NORAD (Nordamerikanisches Luftverteidigungskommando) wird mit keinem Wort erwähnt. Der neben der Frage nach der Identität der Hijacker vielleicht entscheidendste Punkt, warum jegliche Luftabwehr am Morgen des 11.9. unterblieb, wird in dieser Untersuchung nicht einmal gestellt.

      6) Wir haben gelernt, dass Bush & Co. im Sommer 2001 durch ausländische Geheimdienste mehrfach vor einer bevorstehenden Attacke dieser Art gewarnt wurden, darauf aber ebensowenig reagierten wie auf die Warnungen der nationalen Dienste. Währenddessen verhandelten sie mit den Taliban über den Bau der Pipeline durch Afghanistan, zahlten diesen noch im Mai 2001 43 Millionen Bestechungsgelder und versprachen "einen Teppich voller Gold oder einen Teppich voller Bomben".

      Die Berichte über Bushs Briefing durch die CIA sind im Bericht des Kongress-Untersuchungsauschusses bezeichnender Weise nicht bzw. nur in einer redaktionellen Bearbeitung enthalten. Dass es sich bei der von Condoleezza Rice immer wieder mit tiefen Augenaufschlag wiederholten Ausrede, dass ein Terroranschlag mit Flugzeugen "jenseits des Vorstellbaren" lag, um eine Lüge handelt, ist amtlich. Im Herbst 2000 und Anfang 2001 wurden im Verteidigungsministerium sogar schon Notfallübungen dazu durchgeführt. Szenario der Simulaton: Eine entführte Boeing 757 fliegt ins Pentagon.

      7) Wir haben gelernt, dass die großen Medien ihrem demokratischen Auftrag als unabhängiger, investigativer Gewalt hervorragend nachkommen, wenn es um schwerkriminelle Verfehlungen wie Sex mit Praktikantinnen oder privat genutzte Bonusmeilen von Politikern geht - bei lässlichen Sünden wie dem Terroranschlag am 11.9. aber sofort alle Fünfe gerade sein lassen und zum reinen Propagandabordell verkommen.

      Auch wenn es mich als Nestbeschmutzer viele Zeilenhonorare kosten wird: Von dieser harschen Medienkritik ist auch zwei Jahre danach nichts zurückzunehmen. Die professionelle Publizistik hat in Sachen 9-11 kläglich versagt und ohne Nachfrage und Recherche Halbwahrheiten, Lügen und Propaganda verbreitet. Folge dieses Versagens ist eine große Glaubwürdigkeitskrise der Medien - 70% der Deutschen fühlen sich laut einer aktuellen Forsa-Umfrage schlecht oder falsch informiert.

      8) Wir haben gelernt, dass es so möglich wurde, eine lupenreine Verschwörungstheorie ("Osama war`s!") durch permanente Wiederholung auf allen Kanälen in den Rang einer absoluten, unhinterfragbaren Wahrheit zu heben, auf deren Grundlage bis heute Kriege geführt werden.

      Die offizielle These "Osama war`s!" ist nach wie vor eine lupenreine Verschwörungstheorie. Dass ihr der Status einer allgemein akzeptierten Wahrheit zukommt, ist das Ergebnis einer Gehrinwäscheoperation, die uns den Zusammenhang der in die Türme krachenden Flugzeuge mit der Chiffre "Osama" wie Pawlowschen Hunden implantiert hat.

      9) Wir haben gelernt, dass Bush & Co. die Gesetze zur Einschränkung von Freiheits- und Bürgerrechten (Patriot Act, Homeland Security) schon vor dem 11.9. in der Schublade hatten und angesichts des Schocks durch den Kongress peitschen konnten, ohne dass die Mehrheit der zustimmenden Abgeordneten die neuen Gesetze auch nur komplett gelesen hatte.

      Dieser Vorgang kann als Schulbeispiel für die Manipulation der demokratischen Legislative gelten, das einem Martin Luther King in den Sinn bringt: "Bedenkt immer, alles was Hitler tat, war legal!" Mit der weiteren Verschärfung im Rahmen von "Patriot 2" stößt Justizminister Ashcroft jetzt auf scharfen Widerstand quer durch alle politischen Lager. Ohne einen neuen Anschlag hat "Patriot 2" keinerlei Chancen, sowenig wie "Patriot 1" ohne 9-11 jemals eine gehabt hätte.

      10) Wir haben gelernt, dass diese Gesetze auf einen totalitären Überwachungsstaat im Hitler-Stalin-Stil hinauslaufen: mit Militarisierung der Innenpolitik, aufgeblähten StaSi-Behörden und zivilen Blockwart- und Spitzelsystemen.

      Verglichen mit den 180.000 vorgesehenen Mitarbeitern für die HeiSi- Behörde kann die ehemalige DDR-Stasi in der Tat als Kleinbetrieb gelten. In der DDR waren bestimmte Bücher verboten, in den USA müssen jetzt Buchläden und Büchereien die Lesegewohnheiten ihrer Kunden den Behörden melden.

      weiter geht´s hier:

      http://www.heise.de/tp/deutsch/special/wtc/15588/1.html
      Avatar
      schrieb am 09.09.03 21:28:25
      Beitrag Nr. 68 ()
      Langsame Amerikaner ...

      von Jochen Steffens

      Zumindest in der Politik kommen die Amerikaner so langsam dahinter, dass irgendetwas nicht ganz so läuft, wie die Medien ihnen die ganze Zeit weismachen wollten. Bush verliert das Image des weitsichtigen Staatsmannes, der Amerika schützen wird und alle Terroristen dieser Welt in einem grandiosen Feldzug gegen das Böse, "terminatorgleich" vernichtet.

      Gleichzeitig wird den Amerikanern langsam bewusst, dass Gewalt durchaus auch Gegengewalt erzeugen kann. Aufgrund der vielen Anschläge im Irak und an anderen Orten, glauben mittlerweile 48 % der Amerikaner, dass die Gefahr eines Anschlages auf amerikanischen Boden durch den Irak-Krieg größer geworden ist. Nur noch 40 % sind der Ansicht, dass die Gefahr sich verringert habe. Im April hatten noch 60 % an die Worte Bushs geglaubt, der Irakkrieg werde die Gefahr des Terrorismus verringern.

      Aber immer noch sind 55 % der Amerikaner der Ansicht, Bush mache eine gute Arbeit. Im April waren es allerdings noch 70 %. Festzuhalten bleibt, die Amerikaner zeigen sich zunehmend unzufrieden. Im Moment warte ich auf Aktionen der Bush-Regierung. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Regierung dieser Tendenz in der eigenen Bevölkerung tatenlos zusehen wird. Schließlich finden im nächsten Jahr Wahlen statt.

      Ich befürchte, diese Veränderung der Einschätzung wird sich nicht nur auf die Politik beschränken. Ein bekanntes massenpsychologisches Phänomen ist, wenn einmal Zweifel aufkommen, können diese wie eine Krankheit auch auf andere Themen übergreifen. So könnte ich mir vorstellen, dass auch das Vertrauen in eine konjunkturelle Erholung schwinden wird, natürlich etwas zeitversetzt und – langsam.

      Es sei denn Alan Greenspan reißt noch einmal das Ruder rum. Vieles wird von den nächsten Unternehmens-Zahlen abhängen – Nokia hat heute den Anfang gemacht, dazu gleich mehr. Sollte das Vertrauen in weitere Kurssteigerungen sinken, wird Alan Greenspan reagieren müssen – eine weiter Zinssenkung? Doch verlassen wir den Bereich der wilden Spekulationen und wenden uns den harten Realitäten in Deutschland zu.

      In Deutschland ist Deflation zurzeit kein Thema, eher das Gegenteil. Die Verbraucherpreise stiegen im August zum Vorjahr um 1,1 %. Im Vormonat hatte die Preissteigerung noch 0,9 % betragen. Als ein Grund für diesen Anstieg wurde die hitzebedingte Verteuerung einiger Gemüsesorten genannt. Der gestiegene Ölpreis soll sich hingegen kaum ausgewirkt haben.

      Und zum Schluss noch einen kleinen Ausflug nach Japan. Der Nikkei notiert auf einem 14-Monatshoch. Insbesondere ausländische Investoren haben Japan entdeckt. Sollte nach 13 Jahren die Baisse endlich vorbei sein? Normalerweise dauert eine Baisse 16–20 Jahre.

      Doch es spricht einiges dafür, dass Japan auf dem besten Weg in eine neue Phase des konjunkturellen Aufschwungs ist. Ein sehr wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Nähe zum Wachstumsmarkt China.

      Noch gibt es allerdings ein Problem: Aufgrund der hohen Investitionen ausländischer Investoren, ist es zu einer gestiegenen Nachfrage nach dem Yen gekommen. Der Yen stieg im Vergleich zum Dollar steil an. Die japanischen Währungshüter griffen ein und verkauften Yen. Das wirkte sich nicht nur auf das Yen/Dollar Verhältnis aus, sondern hatte auch Einfluss auf das Yen/Euro Verhältnis und nicht zuletzt auch auf das Euro/Dollar Verhältnis.

      Die aktuelle und entscheidende Frage ist, wie lange kann die Bank of Japan den Yen-Kurs niedrig halten. Es geht schließlich darum, den Export anzukurbeln und die Deflation einzudämmen. Auf den Yen sollte man bei Investitionen in Japan achten. Ein weiterer starker Anstieg könnte die konjunkturelle Erholung in Japan belasten.

      Andererseits zeigt sich auch im Yen/Dollar Vergleich die innere Schwäche des Dollars. Der Euro bleibt nach wie vor ein Kauf. Aber auch Gold steigt zurzeit unermüdlich. Bei 340–350 Dollar haben wir Ihnen zum Kauf geraten. Aktuell steht Gold wieder bei 382 Dollar und macht sich damit wieder zum Jahreshoch bei 389,05 Dollar auf. Der Chart weist daraufhin, dass Gold auch diese Marke bald überwinden wird.

      Und eine Anmerkung in eigener Sache noch. Gestern wurde der falsche Text eingepflegt. Dieser Text von Bill Bonner enthielt noch zwei Zahlen, die aus Versehen bei der Übersetzung nicht korrekt umgewandelt wurden. Wie Sie vielleicht wissen, entspricht eine amerikanische Billion bei uns einer Milliarde und eine amerikanische Trillion entspricht einer Billion. Die Billionen wurden richtig übersetzt, nur die Zahlen mit "Trillionen" müssen Sie auf Billionen runterrechnen. Wir bitten dieses Versehen zu entschuldigen.




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      Dienstag, 9. September 2003

      Nokia enttäuscht mit angehobenen Prognosen

      von Jochen Steffens

      Heute hob Nokia (ISIN FI0009000681) in seinem Mid-Quarter Bericht seine Prognose für den Pro-Forma-Gewinn im dritten Quartal auf einen Wert am oberen Ende der bisherigen Erwartung von 0,15 Euro bis 0,17 Euro je Aktie an. Auch ein Wert darüber sei denkbar, so das Unternehmen. Damit könnte der Wert das Vorjahresergebnis von 0,18 Euro je Aktie erreichen. Begründet wird die bessere Ergebniserwartung mit verbesserten Gewinnspannen im Handysegment.

      Allerdings geht Nokia davon aus, dass der Umsatz im Mobiltelefon-Geschäft stagniert oder sogar leicht sinken wird. Begründet wird das mit dem starken Anstieg des Euro-Wechselkurses im Vergleich zum Vorjahresquartal. Um die Enttäuschung etwas abzumildern, betonte Nokia, dass die Sparte voraussichtlich hoch profitabel bleibe. Viele Analysten hatten mit einer Erhöhung der Umsatzprognose gerechnet. Nokia will trotz dieser Prognose beim Handy-Absatz das Wachstum des Gesamtmarktes übertreffen, das bei 10 % gesehen wird.

      Die Umsatzprognose für die Netzwerksparte sieht weiterhin eher düster aus, hier soll es zu einem Umsatzrückgang zwischen 15 % und 20 % kommen. Insgesamt erwartet Nokia jedoch eine Stabilisierung im diesem Segment. Die Restrukturierungsmaßnahmen im Netzwerkbereich zeigen erste Erfolge, so hofft Nokia im dritten Quartal in die Nähe der Gewinnschwelle zu gelangen.

      Die Nokia-Aktie gab nach Veröffentlichung des Zwischenberichts um 6 % auf 14,39 Euro ab.

      An den europäischen Indizes kam es nach den Nokiaprognosen ebenfalls zu Kursverlusten. Nokia steht wie immer im Blickpunkt des Interesses. Hohe Erwartungen werden an den Marktführer gestellt. Diesmal konnten diese Erwartungen trotz guter Zahlen nicht erfüllt werden. Gewinnsteigerung unter Umsatzrückgang. Sollten andere Firmen mit ähnlichen Ergebnissen aufwarten, könnte der Markt in einer längere Phase der Konsolidierung einmünden.




      Dienstag, 9. September 2003

      DaimlerChrysler verkauft weniger Autos

      von Jochen Steffens

      Heute meldete DaimlerChrysler (ISIN DE0007100000), dass der Konzern im August weltweit mit 87.7000 7,5 % weniger Autos seiner Marke Mercedes-Benz verkauft hat, als ein Jahr zuvor mit 94.900 Fahrzeugen. Durch diesen Wert liegt der Absatz in den ersten acht Monaten mit 725.900 verkauften Fahrzeugen um 2 % hinter dem Vorjahreswert.

      Vor allem in Deutschland kam es zu einem deutlichen Rückgang. Allein hier wurden mit 29.700 17,2 % weniger Fahrzeuge verkauft als im Vorjahr. In den USA gingen die Verkaufszahlen um 4,2 % zurück. Nur Smart hält sich stabil und konnte seinen Absatz um 3,6 % steigern.

      Man muss alles positiv sehen und so betonte Mercedes-Chef Jürgen Hubbert, dass in nahezu allen Teilen der Erde Marktanteile hinzugewonnen werden konnten.

      Die Aktie von DaimlerChrysler sinkt trotz dieser Aussage um 2,88 % auf 34,09 Euro. Gerüchte und Diskussionen über Stellenstreichungen bei Chrysler und die Preisschlacht auf dem amerikanischen Markt lassen die Vermutung zu, dass die nächsten Zahlen eine Enttäuschung werden. Kein Kauf.




      Dienstag, 9. September 2003

      Cayenne rettet Porsche

      von Jochen Steffens

      Porsche (ISIN DE0006937733) konnte seinen Konzernumsatz 2002/03 (zum 31. Juli) um 15 % auf 5,6 Mrd. Euro steigern. "Deutlich zugelegt hat auch das Ergebnis vor Steuern – trotz der Kosten für den Produktionsanlauf und die weltweite Markteinführung des Cayenne", so der Konzern auf die IAA. Der Geländewagen Cayenne rettet den Konzern, bis Ende Juli wurde er 20.603 Mal verkauft. Damit wurden die in ihn gesetzten Erwartungen deutlich übertroffen.

      Diese Erfolgstory braucht Porsche, denn der Sportwagenabsatz brach gleichzeitig um 14,8 % auf 46.200 Fahrzeuge ein. Ohne den Cayenne wäre es also zu katastrophalen Ergebnissen gekommen. Der Konzern begründet diesen Einbruch mit der schwachen Konjunktur auf den Hauptmärkten USA und Deutschland. Insgesamt verkaufte Porsche in diesem Jahr 66.803 Fahrzeuge, nach 54.234 Fahrzeugen im Vorjahr. Das ist ein Anstieg um 23,2 %. Die eigenen Prognosen von 65.000 verkauften Fahrzeugen wurden damit übertroffen.

      Beim Ausblick auf das Geschäftsjahr 2003/04 erwartet Porsche ein weiteres Umsatz- und Absatzwachstum. Dieses Wachstum soll unter anderem auch eine Sechszylinder-Variante des Cayenne verursachen.

      Die Aktie reagiert mit Abschlägen. Anleger machen sich Sorgen um den Sportwagenabsatz, insbesondere da die Verkaufzahlen des Cayenne Anzeichen einer Sättigung zeigen. Doch auch die Aussage von Finanzchef Holger Härter, Porsche wäre mit einem stabilem Ergebnis in diesem Jahr sehr glücklich, wurde als versteckte Gewinnwarnung interpretiert.

      Die Porsche-Aktie gibt um 6,45 % auf 385,25 Euro ab. Vorsicht.




      Dienstag, 9. September 2003

      Lufthansa beförderte weniger Passagiere

      von Jochen Steffens

      Erneut hat die Lufthansa (ISIN DE0008232125) im August weniger Passagiere befördert als im Vorjahresmonat. Die Zahl der Fluggäste ist zum Vormonat um 0,4 % auf 3,9 Mio. gesunken. Auch die Auslastung sank um 1,3 Prozentpunkte auf 75,4 %.

      Interessant ist, dass das Frachtaufkommen um 5,2 % auf 124.000 Tonnen gesunken ist. Das Frachtaufkommen ist ein wichtiger Frühindikator für die weitere Entwicklung der Wirtschaft. Diese Zahl unterstützt meine Annahme, dass es so bald nicht zu einem stärkeren konjunkturellen Anstieg in Deutschland kommen wird.

      Die Aktie der Lufthansa sinkt um 2,98 % auf 12,36 Euro.




      Dienstag, 9. September 2003

      Scheinstatistiken, Scheinrezession

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Oh, der Aktienmarkt hat seine Gewinnstrecke am Freitag unterbrochen und ist um ein paar Punkte gefallen.

      Aber der Dow ist in diesem Jahr um 14 % gestiegen, der Nasdaq um erstaunliche 40 %.

      Wir wissen, was Sie jetzt denken ...

      ... Wenn das das Ende der Welt ist ... ist das die Rechnung, vor der wir gewarnt haben?

      Entscheidende Dinge – wie Korrekturen, Krebs oder Krieg – können eine lange Zeit brauchen, bis sie ausbrechen, und es kann sein, dass man sie schwer wieder los wird.

      Nachdem Hitler und Stalin in Polen einmarschierten, hielt die ganze Welt die Luft an. Frankreich und England erklärten den Krieg. Sie hatten ein Hilfsabkommen mit Polen geschlossen. Aber sie konnten wenig tun, außer zu prüfen, ob ihre Waffen funktionierten.

      Auf See ging es bereits los. Deutsche U-Boote versenkten Handelsschiffe auf dem Weg nach England. Am 14.10.1939 torpedierte Gunther Prien die HMS Royal Oak. Im Dezember stellte die Royal Navy die Admiral Graf Spee. Der deutsche Kapitän versenkte das Schiff und beging Selbstmord.

      Aber an Land war wenig Aktion. Eine Weile lang sah es so aus, als ob der ganze Krieg vorbeiziehen würde. Diplomaten beider Seiden versuchten, eine friedliche Lösung zu finden, die Franzosen glaubten, ihre Maginot-Linie würde sie schützen, obwohl ein französischer Offizier gezeigt hatte, ein Jahr zuvor, dass die Deutschen diese Linie über Belgien umgehen konnten.

      Schließlich endete der Scheinkrieg am 10. Mai 1940, als die Deutschen Frankreich und die Niederlande attackierten. Der echte Krieg hatte begonnen.

      Wir können nicht sagen, wann die echte Korrektur beginnt. Es schien, als hätte sie vor drei Jahren begonnen, als die Wallstreet-Blase platzte. Aber seit dem kam eine Scheinrezession, und sie ging wieder, gefolgt von einer Scheinerholung. Die Nachrichten der vergangenen Woche brachten, dass die Arbeitslosigkeit im August weiter gestiegen ist. 93.000 Jobs weniger (in den USA). Die Arbeitslosenquote steht bei 6,1 %. Sie würde bei 7,8 % stehen, wenn die "Arbeitsteilnahme" konstant geblieben wäre. Allerdings haben einige Leute aufgegeben, einen Job zu suchen und sind wieder in die Schule gegangen.

      Genau wie es einigen Schein in bezug auf Rezession und Erholung gibt. Das Dollarstandardsystem unterminierte die Sparnotwendigkeit und verlagerte die Produktion ins Ausland. Zuhause arbeiteten die Amerikaner länger und länger, für immer weniger Lohn. Nach einem UN-Report verdienen Amerikaner im Schnitt weniger als die Franzosen ... 32 $ gegenüber 35 $. Wenn Sie noch Steuern, Krankenversicherung und Erziehungskosten abziehen, hat der Amerikaner noch weniger.

      Die Amerikaner haben es zurzeit schwer – sie müssen ihre Häuser abbezahlen, gegen immer höhere Schulden ankämpfen, Aktien, Anleihen und Immobilien zu ungeheuren Preisen kaufen. Sie scheinen nicht zu bemerken, dass der Grund unter ihren Füßen verschwindet.

      Aber hier ist Erics heutiger Bericht:




      Dienstag, 9. September 2003

      Gibt es eine Erholung ohne Jobs

      Eric Fry aus der Finanzhauptstadt New York

      Der monatelange Trend setzt sich fort, dass die Wirtschaft genauso schnell Arbeitsplätze streicht wie der Dow Jones Industrial Average Punkte hinzugewinnt. Am Freitag berichtete das Arbeitsministerium, dass im August weitere 93.000 Arbeiter entlassen wurden ... aber der Aktienmarkt grinste. Der Dow stieg um 88 Punkte auf 9.503, während der Nasdaq um 2,6 % auf 1,858 sprang. Der Technologie-Index hat in diesem Jahr schon fast 39 % zugelegt und steigt weiter.

      "Gibt es eine Erholung ohne Jobs?" fragt sich Alan Abelson von Barron`s. "Es ist wie Schokoladenkuchen ohne Schokolade. In den vergangenen sieben Monaten gingen 600.000 Jobs verloren, und in den letzten paar Jahren sind sogar 3 Millionen Jobs gestrichen worden. Das größer werdende Loch bei den Arbeitsplätzen während der aktuellen Wirtschaftssteigerung ist eine irritierende Anomalie."

      Vielleicht ist der ungute Jobtrend gar keine Anomalie. Vielleicht ist das angebliche Wachstum des BIP die tatsächliche Anomalie. In anderen Worten: Die Wirtschaft mag in der Lage sein, einen "starken" BIP-Bericht im vierten Quartal auszuweisen, aber das heißt noch lange nicht, dass das Wachstum auszuhalten ist.

      Es gibt sicherlich eine Art Erholung. Aber deren Stärke und Dauer sind unklar. Leider ist die US-Wirtschaft weiterhin unglaublichem makro-ökonomischen Stress ausgeliefert, die wachsende Arbeitslosigkeit ist nur ein Problem. Die Verschuldung des Bundes, der Staaten und der Gemeinden ist ein weiteres. Die steigenden Pensionsverpflichtungen ein drittes. Probleme wie diese verschwinden nicht über Nacht, so sehr auch die Wall Street sich wünschen mag, dass sie es täten.

      Aber die Notenbank verspricht, diesen und anderen Finanzproblemen damit zu begegnen, dass sie Geld druckt. Die Geld-Druckerpresse ist die Wunschwaffe der FED (wenn auch eigentlich das Finanzministerium für das Gelddrucken verantwortlich ist). Leider ist die Geld-Druckerpresse eine Massenvernichtungswaffe für den Staatsanleihenmarkt. Die Staatsanleihen sind stets gepurzelt, wenn FED-Gouverneur Ben Bernanke versprach, Dollarnoten aus dem Hubschrauber zu werfen.

      Schauen wir schnell in die Geschichte. Seit mehr als zwei Dekaden haben Anleihen sich viel stärker entwickelt als Gold. Aber das Anleihen/Gold-Verhältnis umgekehrt und hat damit einen 2-Dekaden-Trend gebrochen. Ned Davis hält diese Entwicklung für "sehr wichtig".

      Lassen Sie uns diese Entwicklung mal genau beurteilen: Inflation ist eine wachsende Bedrohung. Es ist interessant festzustellen, dass seitdem der Anleihenmarkt seine Spitze am 13. Juni erreicht hat, der HUI-Index der Goldanteile um 31 % gesprungen ist, während der S&P 500 gerade um 4 % gestiegen ist. Der Preis einer Unze Gold ist auf über 370 US$ gestiegen. Das Zeug scheint begehrt zu sein. Obwohl der Aktienmarkt gestiegen und der Dollar stärker geworden ist, wird das Gold immer teurer.

      "Wo steht der Aktienmarkt in sechs Monaten?", fragte kürzlich ein New Yorker Redakteur. "Ich weiß es nicht," antwortete ich. "Ich weiß es nie. Aber es ist schwer, einen Dollar im Börsengeschäft zu machen, wenn man bestimmt, wohin der Markt sich entwickeln soll. Ist es nicht beim Investieren immer dasselbe? Du versuchst, das Zeug zu kaufen, das hochgehen wird, und zu verkaufen, was fallen wird." Aus irgendeinem Grund lachte der Fragensteller.

      "In anderen Worten: Es geht beim Investieren um Wahrscheinlichkeiten," erklärte der Redakteur weiter. "Wenn ich auch nicht weiß, wo der Aktienmarkt in sechs Monaten steht, weiß ich wohl, dass man mit Aktien, die ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 1:35 haben, schwer sein Geld machen kann. Genauso dachte ich, als ich im Mai und Juni den Markt beobachtete, dass der Staatsanleihenmarkt ein hochriskantes Investment sei. Einen 10-Jahres-Pfandbrief, der jährlich weniger als 4 % Zinsen bringt, von einem Staat zu kaufen, der jährlich eine halbe Billion Schulden macht, war wohl keine gute Idee. Es ist auch jetzt so."




      Dienstag, 9. September 2003

      Produktionsgestütztes Wachstum?

      Bill Bonner berichtet aus Paris

      *** "Der asiatische Schuldenrückzug ist eine Bedrohung für das US-Defizit;" lautet eine Überschrift in der Finacial Times. So passiert es. Die FT sagt, dass sie eine "bemerkenswerte Veränderung" weg von den US-Schulden in Asien festgestellt hat.

      *** Die FT erklärt außerdem, dass die Eurozone sich in der Rezession befindet.

      *** Hier ist eine weitere interessante Nachricht. Die US-Regierung berichtet, dass die Renten-Fehlbeträge der US-Firmen auf 80 Milliarden US$ gestiegen sind. Die Prozesse, die gegen die staatliche Renten-Garantie-Vereinigung im Jahr 2002 geführt wurden, waren mehr als alle vorherliegenden zusammen.

      *** Ben Bernanke taucht wieder in den Nachrichten auf. Der FED-Vorsitzende rühmte das "produktionsgestützte Wachstum", was immer das auch sein mag. Die Produktivität, von der Bernanke und Greenspan berichten, bezieht sich zumeist auf den Dienstleistungssektor. Zahlen lügen nicht, aber sie lassen sich auslegen. Der Dienstleistungssektor ist großenteils in den Händen von mittelmäßigen Managern.

      Wie sollen wir wissen, ob sie produktiv sind oder nicht?

      Stephen Roach stellt zum Beispiel fest, dass die Angestellten in der Finanzindustrie im Schnitt 35,4 Stunden pro Woche arbeiten. Wir, die in der Finanz-Informations-Branche arbeiten, kennen niemanden, der so wenig arbeitet. Und wenn, würden wir denjenigen entlassen.

      Anmerkung: Das Wunder der Produktivität ist genauso ein Schein wie der Rest der Wirtschaft.

      *** "Bush fordert 87 Milliarden US$ für Kriege" heißt es in einer CNN-Überschrift. Das ruft ein Gefühl hervor, das wir gerade nach dem 11. September 2001 empfanden, als der Präsident zu 260 Millionen Amerikanern sprach und der Welt erklärte, dass es "keinen Weg zurück" gibt.

      "90 Jahre lang haben wir mit einer Zentralbank gelebt," erklärte der ehrenwerte Ron Paul vor dem Kongress am Freitag, "die in den letzten 32 Jahren keine Zurückhaltung in der Geldpolitik geübt hat. Je länger der Prozess anhält, desto schneller haben die Gelddruckpressen zu arbeiten, um angeblich Stabilität zu behaupten. Momentan arbeiten sie auf Rekordniveau. Es war vorhersehbar und es ist verständlich, dass unsere nationalen Schulden inzwischen auf ein Rekordniveau angestiegen sind."

      "Die panische Anstrengung der Fed, das Wirtschaftswachstum zu stimulieren, führt dazu, dass sie stets von einer günstigen Wirtschaft berichtet," fährt Paul fort. "Aber in den Fußnoten lesen wir, dass die Militärausgaben um erstaunliche 46 % gestiegen sind. Das heißt, natürlich, deficit spending, finanziert von der Fed-Druckerpresse. Im selben Quartal fielen die Nach-Steuer-Einnahmen um 3,4 %. Das ist schwerlich ein Bericht, der von der Gesundheit unserer Wirtschaft zeugt, sondern viel mehr einer, der den Bankrott unserer Wirtschaftspolitik klarstellt."

      *** Ein verwirrter Leser warf uns in einem Brief vor, wir wären "Sozialisten" Über unser Investor`s Daily – Team kann man einiges sagen, aber kein Wort eignet sich weniger als "Sozialisten". Der sozialistische Instinkt trifft auf uns genauso wenig zu wie Großzügigkeit bei einem Steuereintreiber. Denn wir können nicht vieles von jedem zusammenbringen. Wir können kein Rendez-Vous planen, ohne die Hälfte der Gruppe zu verlieren ... und wenn wir unsere Gitarren nehmen und auftreten, stellen die Hörer fest, dass wir alle in einer unterschiedlichen Tonlage singen.


      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 09.09.03 21:30:01
      Beitrag Nr. 69 ()
      Avatar
      schrieb am 09.09.03 22:41:27
      Beitrag Nr. 70 ()
      Hi Bluemoons,

      schoen dass de wieder da bist.

      Puenktlich zum Ende der Rally?
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 19:18:35
      Beitrag Nr. 71 ()
      Keine Angst vor Terror und SARS

      von Jochen Steffens

      Der 11. September jährt sich morgen zum zweiten Mal. Ein Tag, an dem die Medien wahrscheinlich ein letztes Mal diesen Anschlag auf allen Programmen ausführlich von allen Seiten beleuchten werden. Vielleicht damit auch ein Tag, an dem man innerlich mit dem Schock endgültig abschließen kann. Beruhigend ist, dass Terroranschläge in den USA nicht, wie zum Teil befürchtet, Alltag geworden sind. Doch Terror beherrscht immer mehr das Alltagsgeschehen in den Nachrichten weltweit. Weit weg und doch immer noch gefährlich nah.

      Die Börsen sind wie immer eine Spiegel der Massenpsychologie: Euphorie und Optimismus der laufenden Rallye haben es geschafft, die Angst vor diesem Tag zu verdrängen. Gier ist stärker als Angst. Dieser Anschlag rückt damit in die weite Ferne der Vergangenheit?

      So hat die aktuelle Konsolidierung an den Indizes weniger mit der Angst vor einem Anschlag zu tun. Eher sind schlechte Nachrichten dafür verantwortlich. Es macht sich Unsicherheit breit. Offenbar mehren sich die Anzeichen, dass der September die Konsumhoffnungen der Anleger nicht erfüllen wird. Zudem bezweifeln immer mehr Analysten, dass es zu einer nachhaltigen Erholung ohne den Arbeitsmarkt kommen kann. Morgen stehen wieder die US-Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe an, die mit Spannung erwartet werden.

      Diese Unsicherheiten an den Börsen führten auch heute wieder zu weiteren Kursverlusten an den europäischen Indizes. Und nun? Alles verkaufen und in Puts umschichten? Nein, sicherlich nicht. Sie kennen meine Meinung, setzen Sie sinnvolle Stops. Denn auch jetzt ist es durchaus möglich, dass die Rallye noch weiter geht. Aber es wird zunehmend gefährlicher für die Bullen.

      Ich war wirklich überrascht, dass nach dem neuen Hoch im S&P am Montag, der Markt sich gestern nicht stärker zeigte. Auch die Verkäufe in den letzten beiden Handelsstunden gestern Abend lassen Übles ahnen. Aktuell muss man demnach zunächst von einer Konsolidierungsphase ausgehen. Wie weit diese geht? Noch ist der S&P nicht wieder in seinen Seitwärtskanal zurückgefallen. Es könnte also eine kurze Konsolidierung werden. Fällt der S&P jedoch nachhaltig in diesen Kanal (unter 1015 Punkten) zurück, stehen wir am Anfang einer längeren Konsolidierung.

      Ein weiterer Umstand, der sich belastend auf die Börsen auswirkte, ist ein neuer SARS Kranker in Singapur. Mittlerweile kann dieser Fall jedoch nicht mehr für die Kursverluste verantwortlich gemacht werden. Die Befürchtungen, SARS könne wieder neu ausbrechen, stellten sich als unbegründet heraus.

      Der Erkrankte hatte sich offenbar in einem Labor, in dem SARS zu Forschungszwecken gezüchtet wurde, infiziert. Eine Ansteckung von Person zu Person wurde ausgeschlossen. Die Kontaktpersonen des Infizierten wurden vorsorglich unter häuslicher Quarantäne gestellt.

      Weniger Aufmerksamkeit erhielt die Nachricht, dass Argentinien mit der Rückzahlung einer Kreditrate in Verzug geraten ist. Gestern sollte Argentinien eine Summe von 2,9 Mrd. Dollar an den Internationalen Währungsfond (IWF) überweisen. Argentinien begründete seine Verweigerung damit, dass wichtige Verhandlungen über ein Refinanzierungsabkommen mit dem IWF noch nicht abgeschlossen seien. Erst wenn diese Verhandlungen über einen neuen Kredit abgeschlossen sind, werde auch die Rate bezahlt. Eine leichte Form der Erpressung? Im Moment gehen die meisten Analsten jedoch von einer gütlichen Einigung aus.

      Während ich darüber schreibe, dass die Börsen nicht von einem Anschlag ausgehen, kommt die Nachricht über die Ticker, dass in München offenbar ein Sprengstoffattentat von Rechtsradikalen verhindert worden sei. Bei der Recherche fiel mir eine weitere Nachricht ins Auge: Das "Hamburger Abendblatt" schrieb, dass die Frankfurter Polizei möglicherweise einen Anschlag der Hamas auf die IAA verhindert habe. Zu diesem Artikel hat sich die Polizei bisher jedoch nicht geäußert.

      Vielleicht sollten sich die Börse doch etwas fürchten. Ich erinnere mich ans letzte Jahr, als die Börsen noch mehr Angst vor einem neuen Anschlag am 11.September hatten. Im Vorfeld des 11. Septembers war es zu deutlichen Verlusten gekommen. Am 11. September Tag selbst kam es den Tag über, zu immer deutlicheren Kursgewinnen.

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      Wie wir in dieses Durcheinander gekommen sind

      Von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Wir verstehen jetzt, mehr oder weniger, wie wir in diese Krise geraten sind. Nun wollen wir wissen, wie wir da wieder herauskommen.

      Schulden und Krieg führen zu hohen Erwartungen. Aber wie bei Liebesaffären und Camping-Ausflügen gehen die Dinge von Anfang an schief. Die Camper sind nach einem verregneten Wochenende fast immer froh, wenn sie wieder zu Hause sind.

      Am Sonntag lieferte der amerikanische Präsident einige unerfreuliche Nachrichten: Wir werden eine lange Zeit im Irak bleiben, und es wird wesentlich teurer als zunächst erwartet.

      Was die Historiker einst über den Irak-Krieg sagen werden, wissen wir noch nicht. Vielleicht wird darüber geschrieben als ein verrücktes Unternehmen, initiiert von einem Haufen von Idioten – Bush, Rumsfeld, Perle und der ganze Rest. Vielleicht aber wird das Abenteuer eine überraschende Wendung nehmen und die Neo-Konservativen in Genies und Helden verwandeln. Wir werden sehen ...

      Aber was ist mit der Wirtschaftskrise? Sie haben verstanden, wie sie sich entwickelt hat.

      Wenn die Zinsen wieder steigen, wenn die Schulden sowohl die Firmen als auch die Haushalte überfordern, wenn Pleiten und Zusammenbrüche noch schneller zunehmen als bereits jetzt – dann ist der "Wett-Punkt" bald erreicht!

      Es kann passieren ... Amerikaner gehen pleite, ihr Lebensstandard geht zurück, sie müssen sparen, sparen, sparen ... die größte Kreditblase in der Geschichte platzt ...

      Was sagen unsere Experten dazu?

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      Die Aktien steigen – warum eigentlich?

      von unserem Korrespondenten in New York, Eric Fry

      So viele schöne Dinge passieren in der Welt von heute, dass es unmöglich ist zu entscheiden, welches davon für den Anstieg der Aktien verantwortlich ist. Etwa die Tatsache, dass Präsident Bush weitere 87 Mrd. US$ für den Kampf im Irak gefordert hat? Oder der Umstand, dass unsere wirtschaftliche Erholung immer noch für mehr Entlassungen als Anstellungen sorgt? Oder vielleicht die Nachricht, dass die Staatsanleihen schneller steigen als sie es in den Monaten taten, die zum Crash von 1987 geführt haben?

      Egal, was es ist, die Investoren bleiben dabei, jeden Tag Aktien zu kaufen, besonders Technologie-Aktien. Tech- und Biotech-Aktien haben den Nasdaq vorgestern auf ein 18-Monats-Hich gebracht. Er stieg um weitere 1,5 % auf 1.887 Punkte. Der Dow verbesserte sich um 90 Punkte auf 9.593 und nähert sich weiter der 10.000-Marke.

      Interessanterweise sind die Wallstreet-Analysten wesentlich zufriedener über die Erholung des Technologie-Sektors als die Tech-Industrie-Insider selbst. Gestern hat CS First Boston IBM von "neutral" auf "outperforming" aufgewertet.

      Smith Barney erwartet, dass die Industrie-Verkäufe 2004 um 20 % und 2005 um 30 % steigen. Aber wenn die Verkäufe sich nicht in Gewinne umsetzen, wird die Brokerfirma möglicherweise gezwungen sein, ihr Rating der Industrie-Gruppe auf "Leichtgewicht" zu ändern.

      Richard Bernstein von Merrill Lynch nannte den Tech-Sektor gestern "einen nach jeder Bewertungsmethode leeren Wert". Im aktuellen Marktumfeld bedeutet "leerer Wert" etwa so viel wie "Aktie mit großartiger Performance".

      Der Dollar setzte ebenfalls seinen Anstieg gestern morgen fort, indem er frühe Gewinne erzielte. Genauso der Anleihenmarkt. Schatzbriefe brachen gestern eine dreitägige Gewinnstrecke, als die Verzinsung des 10-Jahres-Schatzbrief es von 4,41 % auf 4,35 % gesenkt wurde.

      Es kann sein, dass sich die Leute aus Investorland zu fragen beginnen, wie die USA all die Milliarden US$ aufbringen wollen, um die Okkupation im Irak zu bezahlen, während sie außerdem immer mehr Ausgaben im Land selbst haben.

      Woher will die US-Regierung (und die Gouverneure der Staaten) all das Geld nehmen? Werden sie Geld drucken oder es im Ausland leihen, oder beides?

      Schon bevor Präsident Bush die Notwendigkeit erklärte, dass weitere 87 Mrd. US$ für den Krieg gegen den Terror gezahlt werden müssten, hat der Budget-Ausschuss des Kongresses einen Rekordfehlbetrag von 455 Mrd. US$ in diesem Jahr konstatiert. Im kommenden Jahr wird der Fehlbetrag 480 Mrd. US$ betragen.

      Schatzbrief- und Dollarbesitzer werden verständlicherweise langsam nervös angesichts der steigenden Staatsverschuldung Amerikas ... und verständlicherweise sträuben sie sich immer mehr, ihre Dollars und Schatzbriefe zu behalten. Aber Aktienbesitzer kümmert das nicht. Sie wissen, dass alles o.k. ist, so lange die Cisco-Gewinne im nächsten Quartal steigen und so lange die Verbraucher weiter ihr Geld investieren.

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      Das Verhältnis Frankreich – USA

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      Die Nachricht steht überall in den Frosch-Zeitungen; die Franzosen sind glücklich darüber. Natürlich darüber, dass George W. Bush um ihre Hilfe bittet.

      Wer war es ... Rumsfeld? Perle? Sie erinnern sich, lieber Leser, wir zitierten: Warum sollte irgendjemand etwas dagegen haben, Jacques Chirac zu unterstützen," fragte er, "außer wenn er den Käse verändern wollte."

      Tja, nun fragt Bush die Europäer, ob sie ihm im Irak aus der Patsche helfen wollten. In süßer Schadenfreude kommentiert die französische Presse. Die Überschriften grinsen: "So habe ich es gesagt."

      "Wir sollten einige Fragen stellen, bevor wir über die Hilfe für Amerika diskutieren," schlägt Renaud Girard auf der Titelseite des "Figaro" vor.

      Zum Beispiel, warum Amerika verweigerte, uns zu helfen, als unsere Truppen 1954 in Indochina von den Kommunisten umzingelt waren?

      Oder, warum Amerika 1956 nicht die anglo-französische Kampagne gegen den arabischen Diktator Nasser unterstützte, der klar gegen internationales Recht verstoßen hatte, als er den Suez Kanal beschlagnahmte?

      Oder, warum die USA die Franzosen ständig hintertrieben und kritisierten, als sie versuchten, Algerien zwischen 1954 und 1962 zu halten?

      Beim letzten Punkt beanspruchen die Franzosen größere Erfahrung. Auch sie versuchten, in einem mehrheitlich muslimischen Land zu bleiben, vergeblich, wie sich herausstellte.

      Aber das Pentagon weigert sich, von den Erfahrungen anderer zu lernen.

      Uns hat natürlich keiner um Rat gefragt, damals wie heute. Wären wir gefragt worden, hätten wir allen den selben Tipp gegeben ... De Gaulle, Bush, Gustav Adolf, Napoleon oder Hitler ... Aktienanlegern, Anleihenkäufern, Gläubigern ... Campern und Liebespaaren überall: Passt auf! Der Anfang ist immer schöner als das Ende!

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      Die Ponzi Wirtschaft

      von Kurt Richebächer

      Hoffnung und Hype triumphieren über die Realität

      Das weltweite Vorurteil, dass sich die US-Wirtschaft "erholt", beflügelt gerade die Märkte. Wir stellen fest, dass es drei verschiedene Ansichten gibt: Erstens ein Aufschwungskonsens; zweitens einige zweifelnde Stimmen, unter ihnen die Fed; drittens, darunter die unsrige, die geradewegs die Möglichkeit einer vollständigen Erholung der US-Wirtschaft zurückweist. Wir prophezeien Jahre eines Japan-ähnlichen, schwerfälligen Wachstums für Amerika, wenn nicht schlimmer.

      Nach einer Umfrage unter Investoren sehen 71,4 % einen Aufschwung voraus, lediglich 8,6 % glauben an einen Abschwung. Das ist der höchste Abstand seit August 1987, wenige Wochen vor dem Crash.

      Die Aufschwungsgemeinde verharrt stur in der Meinung, dass die US-Wirtschaft in einer exzellenten Verfassung ist. Der Fed-Vorsitzende Alan Greenspan und mit ihm die große Aufschwungsgemeinde sind sich da ganz sicher.

      Nun zu unserer Meinung: Nach einer gründlichen Analyse sowohl der letzten Wirtschaftsdaten als auch der makro- und mikroökonomischen Bedingungen für die Rückkehr eines starken wirtschaftlichen Wachstums kommen wir zu zwei Schlüssen:

      Erstens: Die US-Wirtschaft hat sich im zweiten Quartal weder verbessert noch beschleunigt. Das angebliche Wachstum von 2,4 % ist weitgehend irreführend. Aus der Qualitätsperspektive hat sie sich ausgesprochen verschlechtert.

      Zweitens: Wenn wir es im Detail erklären wollen, sind die entscheidenden makro- und mikroökonomischen Bedingungen für ein selbsttragendes und selbststärkendes Wirtschaftswachstum einfach nicht gegeben. Notwendige ökonomische und finanzielle Ausgleiche für die vergangenen ökonomischen und finanziellen Fehler rufen Schmerzen hervor. Aber Schmerzen werden in den USA nicht akzeptiert. Zusammengefasst: Die Politiker versuchen, die zurückliegenden Schuldenexzesse mit den gleichen und neuen Exzessen zu bereinigen.

      Alle zurückliegenden Rezessionen hatten ihren Hauptgrund darin, dass das Geld verknappt wurde. Sobald die Fed die Zügel lockerte, gab es prompt einen wirtschaftlichen Aufschwung, hervorgerufen durch höhere Nachfrage. Zum ersten Mal in der Geschichte ist die US-Wirtschaft rezessiv, obwohl die Zinsen immer niedriger und die Kredite leichter werden.

      Die Kräfte, die die Wirtschaft zurzeit herunterziehen, sind radikal anders als es die Erfahrung von früher zeigt. Das typische Hauptungleichgewicht in den Wirtschaftszyklen vor dem Krieg waren die Vorräte. Um es zu korrigieren, verkauften Händler und Hersteller zeitweise ihre Aktien, und die Produktion sank. Wenn die Aktien auf das gewünschte Niveau gesunken waren, kam die Produktion wieder in Gang.

      Dagegen hat der aktuelle Abschwung seine Ursache in der Kombination einer Gewinn und Kapital verbrauchenden Krise: Wir sehen extrem schwache Gewinne, verheerende Bilanzen, exzessiven Druck auf das gesamte Finanzsystem und einen sinkenden Cash flow. In der US-Wirtschaft ist nichts mehr normal, ebenso im Finanzsystem.

      Für die alten Wirtschaftler war das Investieren in feste Vermögenswerte wir Fabriken, Bürogebäude und Anlagen von größter Bedeutung, um sowohl wirtschaftliches Wachstum als auch Wohlstand zu produzieren. Es sorgt für Nachfrage, Beschäftigung und Einkommen, wenn Kapitalgüter produziert werden.

      Die USA hatten immer eine Wirtschaft mit niedrigen Rücklagen und niedrigen Investitionen. Aber auf der anderen Seite: Eine sehr umsatzstarke Wirtschaft. Aber in den letzten Jahren haben sich alle drei Punkte zu nicht vorher da gewesener Form entwickelt. Rücklagen und Investitionen sind auf ein schrecklich niedriges Niveau gesunken, das typisch für unterentwickelte Länder ist.

      Das einfache Erkennen – das große Fehlen der Bildung von Rücklagen und Kapital – ist die Grundlage unseres kontroversen und sehr kritischen Urteils über die Gesundung und Vitalität der US-Wirtschaft, Es ist wahr, die Wachstumsrate war die höchste gegenüber den anderen Industriestaaten seit Jahren. Aber es war die ganze Zeit ein ökonomisches Wachstum der schlechtesten Qualität.

      Die heutigen Wirtschaftler bekommen ihre Informationen in einem Umfang und einer Schnelligkeit wie niemals zuvor. Wir haben aber den Eindruck, dass sie nur geringen Gebrauch davon machen.

      In diesem Zusammenhang haben uns die unmittelbaren euphorischen Berichte über die Wachstumsbeschleunigung im zweiten Quartal.

      Während der 1960er und 70er Jahre übrigens brachten die USA im Schnitt 1,5 US$ zusätzliche Schulden auf für jeden Dollar zusätzlichen BIPs. Denken Sie daran: die BIP-Wachstumsrate von heute ist morgen eine Sache der Vergangenheit, während die Schulden ungehindert weiter wachsen.

      Zusammengefasst: Greenspans Politik ist zusammengebrochen zu unkontrollierter Geld- und Schulden-Kreation, die ganz schnell die Umsätze der neuen Wirtschaftsaktivitäten einschrumpfen lassen würde. Der Ökonom Hyman P. Mynsky würde das die Ponzi Wirtschaft nennen, wo Schuldenzahlungen nicht länger aus dem eigenen Einkommen bezahlt werden, sondern durch neues Leihen. Steigende unbezahlte Rechungen werden kapitalisiert.

      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 19:21:10
      Beitrag Nr. 72 ()
      Die Baisse dauert an!

      Was sagt das Naturgesetz? Die Märkte terminieren!


      Achtung: Sollte sich eine gravierende Terrorattacke in USA oder anderswo ereignen, würde der Aktienmarkt sofort um ca. 40% sinken. Diese latente Gefahr ist gegenwärtig mehr als sonst vorhanden. Die ausgebildete Parabel in der Kursentwicklung seit 12.3.2003 lässt unschwer den bevorstehenden Absturz erkennen. Vergleich: Ein Steinwurf beschreitet eine Parabel. Am Kulminationspunkt oder Scheitelpunkt geht die Wurfkraft in die Gravitation über. Der Stein fällt zu Boden. Das passiert unweigerlich in den Aktienmärkten. Es ist erstaunlich, wie sorglos die Marktteilnehmer agieren. Das "Lumpeninvestoriat" wird wieder reichlich Federn lassen müssen.




      Wie Bill Bonner von Daily Reckoning so schön sagt: Es gibt 3 Arten von Geld an der Wall Street. Es gibt das "smarte Geld", es gibt das "dumme Geld"...und da ist das Geld, derart gehirngeschädigt, dass es praktisch um "Euthanasie" bittet. Während die Smart Investoren den Markt verlassen, kauft das "dumme Geld".... und die Preise steigen. Aber es ist bereits der "Deckel drauf", wie man an der untenstehenden Berechnung sehen kann. Da das "dumme Geld" nicht rechnen kann, versucht es den Markt weiter nach oben zu treiben. Der Tag der Erleuchtung ist nicht fern. Der parabolische Verlauf des Kurses seit dem 12.3.2003 deutet unweigerlich auf den bevorstehenden Absturz hin. Die U.S. Arbeitsmarktdaten für August lagen bei 6,1% (6,2% Vormonat)

      Greenspan gibt vor, die Wirtschaft hat die Kurve gekriegt. Wenn so, dann ist dies die seltsamste Belebung in der Geschichte:

      Investoren verloren 2,4 Billionen in 2002. Entmutigt werden sie beginnen mehr zu sparen und weniger auszugeben.
      Firmen reportierten USD 197 Milliarden nach Steuern Gewinne in 2002, weniger als USD 205,3 Milliarden in 2001. Ohne Gewinne können Unternehmen nicht wachsen.
      Das Handelsdefizit nähert sich USD 500 Milliarden. Jeder Dollar, der nach Übersee geht, ist einer weniger für US Gewinne.
      Die Amerikaner halten USD 1,7 Billionen Schulden. Das ist mehr als USD 5934 pro Kopf und steigt täglich an. Jeder Cent muss zurückbezahlt werden.
      Die Wahrheit ist, dass nur Regierungs- und Verbraucherausgaben die Wirtschaft noch am Laufen erhalten. Der einzige Weg, um das zu erreichen, liegt im Aufblähen, mehr Geld zu drucken. Je mehr Dollar es gibt, umso wertloser wird das Geld. Es dauert nicht mehr lange, dann ist es wertlos.
      Ein steiler Abtrend führt den Aktienmarkt in neue Tiefen. Die von den meisten Analysten angesagte weitere Erholung im Aktienmarkt und der Konjunktur findet natürlich nicht statt. Es gibt ein jähes Erwachen. Wir bleiben bei der "Sell" Empfehlung.

      Die Konjunktur hier und über den großen Teich lahmt und die Arbeitslosigkeit steigt an. Insolvenzen wird es in steigender Rekordzahl geben. Ab Ende Juli wird der Markt Abschläge bescheren. Nach dem Verlassen des Trend-Kanals können wir mit einem beschleunigten Abtrend rechnen. Bei einem KGV von 29 im SPX ist der Markt immer noch extrem überbewertet. Ein neuer Bullmarkt startet keinesfalls bei diesem Niveau. Wenn das KGV 60% niedriger liegt, kann man wieder bullish sein.

      Ein TSUNAMI ist wieder im Anrollen mit verheerenden Folgen! Koinzidierend ist der 5 Jahreszyklus seit 1998. Damals hatten wir die Asienkrise. Es ist höchste Aufmerksamkeit angesagt, denn ein Kollaps kann sehr sehr schnell stattfinden. Die Navigation läuft nach Elliott in eine große Welle 3. Dreier Wellen sind verheerend in einem Bärenmarkt. In einem Bullenmarkt generieren sie gute Gewinne. Dreier Wellen sind meist ausgedehnt. Nach der Sinuskurve des Dow werden wir ein signifikantes Tief am 29. September 2003 (Montag) haben. Am 27. September 2003 (Samstag) erreichen wir 199 Tage seit dem 12. März 2003 (1,618^11).

      Wir können uns auf eine "Wildwasserfahrt" gefasst machen.








      http://www.evotrade.de/Tag_im_Markt/tag_im_markt.html
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      schrieb am 10.09.03 19:22:51
      Beitrag Nr. 73 ()
      10.9.03 Analysten werden wieder wagemutig

      Summe der Kursziele aller Dax-Werte würde Indexstand von 4452 Punkten bedeuten


      von Holger Zschäpitz

      ... Geht es nach den wieder zu Bullen gewordenen Analysten, kann die Rallye weitergehen. Nach Auswertung sämtlicher Dax-Studien der führenden zehn Investmentbanken hat der Dax noch Platz bis 4452 Punkten. Dies wäre vom heutigen Niveau ein Plus von weit über 20 Prozent.

      Als Grundlage für die WELT-Analyse diente das jeweils höchste Kursziel, das in den Expertisen der Banken für die 30 Dax-Titel genannt wurde. Daraus wurde dann der Dax-Stand ermittelt.

      ... Insgesamt fällt aber auf, dass Analysten mit den insgesamt anziehenden Kursen an den Märkten ihre Formkrise überwunden zu haben scheinen. Nach drei Jahren der Tristesse und des Trübsalblasens sind die Research-Experten jetzt wieder wie entfesselt. Kein Tag vergeht, an dem nicht eine Dax-Aktie hoch gestuft wird. Jüngste Beispiele sind Infineon oder auch die Deutsche Bank, für die Analysten sowohl ihr Anlagevotum als auch das Kursziel nach oben gesetzt haben. Und die Anleger folgen den Profis wieder in Scharen, als ob es den vergangenen Bärenmarkt gar nicht gegeben hätte.

      ... (Welt, 10.9.03)




      Kommentar: Grundlos wurden die letzten Monate die Aktienmärkte wieder nach oben getrieben. Wie schon vor drei Jahren wird nun wieder Zweckoptimismus verbreitet, um arglose Kleinanleger in das Schneeballsystem zu locken. Gerade wenn Analysten optimistisch werden, so zeigt die Vergangenheit, ist doppelte Vorsicht geboten. Ein Crash wird dabei regelrecht provoziert. Die alten Tiefststände werden dann weit unterschritten werden und die Deflation fängt an zu wirken.



      Kommentar v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 19:25:21
      Beitrag Nr. 74 ()
      Made in Germany
      Schlechte Autos mit gutem Gütesiegel

      Autoren: Oliver Feldforth und Jacqueline Dreyhaupt

      Sicherheit, Verbrauch, Preis und Zuverlässigkeit: das geben die Deutschen an, wenn sie nach den eigenen Kriterien beim Autokauf gefragt werden. Das klingt auch vernünftig, stimmt aber offensichtlich nicht. Wenn die Autokäufer sich nach Zuverlässigkeit entscheiden würden, dann müssten alle Toyota fahren, meint Helmut Schmaler, Pannenspezialist beim ADAC.

      Seit 25 Jahren wertet der große deutsche Automobilclub die Berichte seiner Pannenhelfer aus. Fast 10.000 Meldungen kommen so täglich zusammen. Das Ergebnis in der Mittelklasse ist beispielhaft: seit Jahren hat kein Auto so wenig Pannen wie der Toyota Carina bzw. Avensis. Das nutzt Toyota aber wenig, denn die Japaner kommen gerade einmal auf einen Marktanteil von gut 2 %. Der VW-Passat hingegen landet nur im Mittelfeld der Pannenstatistik, behauptet aber einen satten Marktanteil von 16% in der Mittelklasse. Den Japanern fehlt immer noch ein Markenimage, sagt Heiko Bolz von "bolz consumers insight". Und offensichtlich ist das Image eines Autos und einer ganzen Marke der wirklich entscheidende Kaufgrund für viele.

      Die Innenausstattung ist enorm wichtig, weiß Christoph Palmer von der Gesellschaft für innovative Marktforschung. Wenn es innen edel und schick aussieht, fühlt sich der Kunde gleich geborgen. Wen interessiert dann noch die Pannenstatistik. Und das Auto ist natürlich ein Prestigeobjekt. Was sagt der Nachbar, wenn ich mit meinem neuen Wagen vorfahre. Und beim Toyota Avensis ist die Gefahr eben groß, dass der Nachbar meint, es habe für einen Passat nicht gelangt. Also, gleich den guten Namen kaufen, die deutsche Wertarbeit, auch wenn die so deutsch längst nicht mehr ist. Schließlich lassen sich die großen deutschen Autobauer von Zulieferern aus der ganzen Welt Teile zuliefern.

      Aber man kann die deutschen Platzhirsche erfolgreich angreifen. Renault macht es vor mit modernem Design und einem progressiven Image. Dann ist es auch völlig egal, dass Renault bei der Pannenstatistik traditionell schlecht abschneidet.

      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 09.09.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.


      http://www.hr-online.de/fs/plusminus/20030909_madeingermany.…
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 19:35:30
      Beitrag Nr. 75 ()
      Inland
      Rainer Balcerowiak

      Armutsängste nehmen zu

      Neue Studie belegt wachsende Furcht vor wirtschaftlichen und sozialen Krisen in Deutschland


      Daß sich ein Versicherungskonzern wie die in Wiesbaden ansässige R+V-Gruppe mit dem Thema Angst beschäftigt, liegt nahe. Schließlich basiert das ganze Versicherungswesen zum großen Teil auf dem Geschäft mit der Angst, und diese zu schüren, gehört zum wichtigsten Handwerkszeug sowohl der PR-Abteilungen als auch der einzelnen Versicherungsvertreter.

      Dennoch kann man der am Dienstag in Berlin vorgestellten wissenschaftlichen Studie des R+V-Infocenters zum Thema »Die Ängste der Deutschen« nicht den Vorwurf machen, Schleichwerbung für Versicherungsprodukte zu machen. Denn die Ergebnisse weisen auf dramatische Zuwächse in »Angstsparten« hin, gegen die keine Police hilft. »Die allgemeinwirtschaftlichen Themen überschatten inzwischen die persönlichen Sorgen«, faßte Rita Jackli vom R+V-Infocenter die Ergebnisse der Studie, die seit 1991 jährlich veröffentlicht wird, zusammen. Ängste vor sich verschlechternder Wirtschaftslage, Arbeitslosigkeit und individuell nicht mehr zu bewältigenden Lebenshaltungskosten belegen die vorderen Plätze bei den Umfrageergebnissen. Es folgen nagende Zweifel an der Fähigkeit der Politiker – egal welcher Partei – die wirtschaftlichen und sozialen Probleme in den Griff zu bekommen, und die Furcht vor Terroranschlägen. Die Terrorangst habe wie schon 2002 die höchsten Zuwachsraten zu verzeichnen, erläuterte Christian Lüdcke, »Angstexperte« und Psychologe bei der R+V. Zwar seien die Anschläge auf das World Trade Center bereits zwei Jahre her, durch Terroraktionen in Feriengebieten wie Bali, Djerba und die Entführung von Touristen in der Sahara werde die vermeintliche Bedrohung inzwischen aber als unmittelbarer empfunden.

      Auch bei der Differenzierung nach bestimmten Personengruppen sind deutliche Veränderungen zu konstatieren. So ist die Angst vor Pflegebedürftigkeit und Altersarmut bei der Gruppe der 30- bis 49jährigen am stärksten ausgeprägt, was Jackli mit der offenbar weit verbreiteten Erkenntnis über die tiefgreifende Krise der sozialen Sicherungssysteme erklärt. Besonders bei Frauen wächst die Angst vor einem Krieg mit deutscher Beteiligung, während in Ostdeutschland die Angst vor Arbeitslosigkeit inzwischen den bisherigen Höchststand von 1997 deutlich übertroffen hat. Angstfaktoren wie »Überfremdung« durch Zuzug von Ausländern, Kriminalität und Zerbrechen der eigenen Lebenspartnerschaft sind dagegen stabil geblieben oder sogar gesunken.

      Außer den Differenzierungen nach Ost und West, Männern und Frauen und verschiedenen Altersgruppen sollen auch noch die einzelnen Bundesländer ausgewertet werden. Die Ergebnisse für die Hauptstadt Berlin wurden jedoch schon am Dienstag präsentiert. Das Gesamtbild ähnele dem der bundesweiten Umfrage, so Jackli. Allerdings seien die Ängste vor Arbeitslosigkeit und dem Versagen der Politiker deutlich stärker ausgeprägt. Eine Differenzierung nach Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Schichten sei aber aufgrund der dafür notwendigen äußerst komplizierten Datenerhebung nicht erfolgt, so Jackli.

      Obwohl extreme Ängste sich bis hin zur Behandlungsbedürftigkeit steigern können, wollte Lüdcke die Ergebnisse der Studie nicht als Alarmzeichen im medizinischen Sinne verstanden wissen. Vielmehr solle die Studie Menschen motivieren, sich mit ihren Ängsten auseinanderzusetzen und nach Lösungswegen zu suchen. Wie diese angesichts drohender oder bereits gelebter Armut aussehen könnten, vermochte er allerdings nicht zu sagen.

      http://www.jungewelt.de/2003/09-10/010.php
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 19:41:48
      Beitrag Nr. 76 ()
      Inland
      Ralf Wurzbacher

      Harmonischer Dialog

      Eitel Sonnenschein zwischen Kanzler und Gewerkschaften. Schröder erwägt Ausbildungsumlage


      Eigentlich hatte man sich mehr erwartet vom Gipfeltreffen zwischen Bundeskanzler und Gewerkschaftsspitzen am Montag abend in Berlin. Aber statt harter Auseinandersetzungen über »Agenda 2010«, Ausbildungsumlage und Tarifautonomie machten beiden Seiten in Harmonie. Das Treffen habe gezeigt, daß man wieder zu einer »normalen Dialogebene« zurückgefunden hat, verlautete sodann auch aus Gewerkschaftskreisen. Die Zusammenkunft zwischen Gerhard Schröder (SPD), DGB-Chef Michael Sommer und den Vorsitzenden der acht Einzelgewerkschaften war erst das zweite Treffen nach dem »Zerwürfnis« im Mai, als der SPD-Gewerkschaftsrat einen Gesprächstermin beim Kanzler aus »Protest« gegen die »Agenda 2010« kurzfristig abgesagt hatte. Von wirklichem Protest gegen »Sozialreformen« sahen die Gewerkschaften danach bekanntlich ab, weshalb der Kanzler den Gewerkschaftsbossen wohl noch ein paar Streicheleinheiten schuldig war.

      Entsprechend signalisierte der Regierungschef am Montag Entgegenkommen in Sachen Ausbildungsumlage. Würden die Unternehmer nicht bald mehr Ausbildungsplätze schaffen, müsse über gesetzliche Regelungen nachgedacht werden, erklärte Schröder im Anschluß an das Treffen. Sollte es soweit kommen, setze er auf »branchenspezifische Lösungen«, die den Tarifparteien »viel Gestaltungsmöglichkeit« lassen sollten. Sommer begrüßte die »klare Aussage des Kanzlers« und erinnerte daran, daß die Arbeitsämter Anfang September noch 113000 fehlende Lehrstellen registriert haben. Der Kanzler mache jetzt offenkundig ernst, ergänzte der DGB-Chef, wenngleich er Zweifel äußerte, daß Umlagen für einzelne Branchen ausreichen werden.

      Auch beim Thema Tarifautonomie schlug Schröder versöhnliche Töne an. Der Flächentarifvertrag solle unangetastet bleiben und von gesetzlichen Vorgaben für »betriebliche Bündnisse« abgesehen werden. Allerdings erwarte er, daß Bewegung in diese Frage kommt und die Tarifparteien Regelungen für mehr Öffnungsklauseln im Einvernehmen aushandeln. Bei seiner Regierungserklärung zur »Agenda 2010« im März hatte der Kanzler noch mit gesetzgeberischen Maßnahmen gedroht, falls die Gewerkschaften keine zusätzlichen Möglichkeiten für betriebliche Bündnisse schaffen, das heißt den Flächentarifvertrag eigenmächtig unterlaufen würden. Die Opposition nahm den Kanzler sogleich beim Wort. Die Unionsfraktion im Bundestag hat im Juni einen Gesetzentwurf eingebracht, der betriebliche Bündnisse für den Fall ermöglicht, daß zwei Drittel der Belegschaft dafür stimmen; eine Zustimmung der Gewerkschaft soll überflüssig werden. Die Gewerkschaften fürchten angesichts solcher Vorstöße um ihre Existenzgrundlage. Wenn die Bundesregierung auf den Kurs der früheren britischen Premierministerin Thatcher einschwenke, »dann reden wir von einer anderen Republik und von einer anderen Art, wie künftig Konflikte ausgetragen werden«, warnte der DGB-Chef den Kanzler vor Einschnitten in die Tarifautonomie. Gleichzeitig wies er darauf hin, daß es in der Praxis bereits große Spielräume für betriebliche Bündnisse gibt.

      Ansätze von Uneinigkeit zwischen Schröder und Gewerkschaftsspitzen gab es am Montag nur über die »Agenda 2010«. Das »Reformpaket ist keine Arbeitsmarktpolitik, das ist auch keine Wirtschaftspolitik, das ist schlicht und ergreifend Sozialabau«, bekräftigte Sommer. Der guten Stimmung tat dies keinen Abbruch, zumal Sommer jüngst erklärt hatte, von Massenprotesten gegen die »Agenda 2010« abzusehen. Und auch aus dem Streikdebakel um die Einführung der 35-Stunden-Woche im Osten hat Sommer seine »Lehren« gezogen. Mit einer Arbeitszeitverkürzung würden keine neuen Arbeitsplätze geschaffen, verkündete er am Montag im Wirtschaftsausschuß des Bundestages. »Neue Arbeit gibt es nur, wenn wir mehr Wachstum haben.«
      (ah , ja da haben wir noch so ein Wachstumsfetischist)
      :( :confused:
      http://www.jungewelt.de/2003/09-10/011.php
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 19:43:42
      !
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      Avatar
      schrieb am 10.09.03 19:59:37
      Beitrag Nr. 78 ()
      Schwellenländer-Anleihen
      Argentinien setzt Schuldentilgung gegenüber IWF aus


      10. September 2003 Neue Hiobsbotschaften für alle Argentinien-Gläubiger. Denn wie am Dienstag abend mitgeteilt wurde, hat das südamerikanische Land seine Schuldentilgung gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ausgesetzt. Die Regierung in Buenos Aires ließ am Dienstag eine Frist zur Zahlung von rund drei Milliarden Dollar verstreichen, ohne zu reagieren.

      Es ist das erste Mal, daß Argentinien nun auch seine Zahlungen an internationale Finanzorganisationen wie IWF und der Weltbank aussetzt. Kabinettschef Alberto Fernández gab zu verstehen, daß die Regierung auf keinen Fall fast ein Viertel ihrer Reserven von 13,3 Milliarden Dollar für Schuldentilgungen ausgeben werde.

      Negative Kursreaktionen primär am Aktienmarkt

      Zur Begründung hieß es in Buenos Aires, ohne eine vorherige Einigung mit dem IWF über einen neuen Kredit in gleicher Höhe werde die Rate nicht bezahlt. Der Betrag entspricht fast einem Viertel der Devisenreserven der Zentralbank. Die Verhandlungen mit dem Fonds über ein neues mittelfristiges Kreditabkommen zur Begleichung alter Schulden gingen unterdessen weiter.

      An den Finanzmärkten knickte der Aktienindex Merval daraufhin um 3,7 Prozent auf 727,33 Punkte ein. Die bis 2008 laufende Argentinien-Anleihe verlor 21 Cents auf 31,7855, während sich der Peso mit 2,9420 zum Dollar weitgehend stabil zeigte.

      Privatanleger müssen weiter Zittern

      Für die zahlreichen Besitzer argentinischer Staatsanleihen in Deutschland sind Nachrichten wie diese nicht dazu angetan, die Hoffnung auf eine gütliche Einigung bei den Verhandlungen über die weitere Vorgehensweise bei der Begleichung der ausstehenden Schulden zu schüren. Vielmehr macht auch diese Entwicklung deutlich, daß es bis zur erhofften Einigung mit dem IWF am 23. und 24. September noch ein weiter Weg ist und noch viele Stolpersteine aus dem Weg zu räumen sind.

      Die Einschätzungen von Expertenseite zu den neuesten Nachrichten fielen gemischt aus. Generell gehen Volkswirte weiter davon aus, daß ein Abkommen in den kommenden Tagen oder Wochen erreicht wird. Dann sei der jetzige Schuldenverzug nicht sehr bedeutend. Allerdings könnte der erneute Zahlungsverzug bedeuten, daß es für die argentinische Wirtschaft nach dem Zusammenbruch Anfang vergangenen Jahres vermutlich noch schwieriger werden könnte, Zugang zu den Weltmärkten zu finden.

      Die Gefahr steigt, daß sich die Restrukturierung der Schulden verzögert und ausländische Unternehmen neue Investitionen in Argentinien hinausschieben. „Das sind sehr schlechte Nachrichten für Argentinien. Die Politik des Landes ist grauenvoll und die Wirtschaft ist grauenvoll“, klagte beispielsweise Jonathan Binder, Fondsmanager bei Stadard Asset Management.

      Und Rodrigo Sacca, Volkswirt bei Stone & McCarthy Research Associates, ergänzt: „Nicht zu bezahlen kommt für den IWF einem Schlag ins Gesicht gleich. Es könnte bewirken, daß die Amerikaner ihre Unterstützung aufgeben und der IWF eine härtere Haltung einnimmt.“ Beim IWF heißt es jedoch etwas beschwichtigend, erst nach einem Monat im Zahlungsverzug könne von einem Ausfall gesprochen werde. Auch die argentinische Regierung bekräftigte in einer kurzen Erklärung ihren Willen zur Fortsetzung der Verhandlungen, um eine Lösung zu finden, die dem Land noch genügend Raum zur Ankurbelung seiner Wirtschaft und Bekämpfung der Armut lasse.

      Verhärtete Fronten bei den Verhandlungen mit dem IWF



      Zum Hintergrund: Das mit insgesamt 170 Milliarden Dollar verschuldete lateinamerikanische Land hatte Weihnachten 2001 den Staatsbankrott erklärt und seine Zahlungen an private Anleger eingestellt. Bei den momentan laufenden Verhandlungen mit dem IWF über ein Umschuldungsprogramm geht es um eine Tilgungsstreckung für Schulden über 12,5 Milliarden Dollar, die innerhalb der nächsten drei Jahre fällig werden.

      Die Regierung des neuen Präsidenten Néstor Kirchner hat es bisher aber abgelehnt, einen Haushaltsüberschuss von 4,0 Prozent für das kommende Jahr zuzusagen. Dieses Geld soll für die Bedienung der Schulden bei privaten Gläubigern zur Verfügung stehen. Auch die vom IWF angemahnte Erhöhung von Wasser-, Gas-, Strom- und Telefongebühren der privatisierten Unternehmen stand einer Einigung nach Presseberichten weiter im Wege. Die Preise sind derzeit eingefroren.


      http://www.faz.net/
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 20:01:14
      Beitrag Nr. 79 ()
      Schwedisches "Nein" könnte am Image des Euro kratzen
      von Daniel Eckert

      Berlin - Kommissar Wallander wird sein Gehalt wohl weiter in schwedischen Kronen beziehen. Und deutsche Touristen, die ihren Urlaub im Heimatland von Pipi Langstrumpf verbringen, können ihre Euros vermutlich auch in Zukunft zu Hause lassen. Denn Meinungsumfragen zufolge wollen sich die Schweden am nächsten Wochenende in einem Referendum gegen die europäische Gemeinschaftswährung aussprechen. Nach der jüngsten, im Auftrag der Danske Bank geführten, Umfrage werden 54 Prozent der Schweden dem Euro die kalte Schulter zeigen. Und das, obwohl sich die vier größten politischen Parteien des Landes zusammen mit den Topmanagern großer Unternehmen für den Euro ausgesprochen haben.


      "Die Schweden haben Angst davor, dass ein Beitritt zur Eurozone ihren Sozialstaat untergraben könnte", erläutert Carsten Fritsch, Währungsanalyst bei der Commerzbank, eine der Hauptursachen für die weitreichende Euro-Reserviertheit im Norden des Kontinents. Tatsächlich müssten im Zuge eines Eurobeitritts wohl die hohen Steuern auf Verbrauchsgüter wie Alkohol oder Tabak reduziert werden, mit denen das skandinavische Land bisher seinen Wohlfahrtsstaat finanziert. Hinzu kommt, dass die zumindest Kernländer der Eurozone von vielen Schweden mit wirtschaftlicher Stagnation identifiziert werden, während das eigene Bruttoinlandsprodukt (BIP) dieses Jahr um 1,4 Prozent wachsen soll. Die Finanzwelt spekuliert nun über mögliche Auswirkungen des zu erwartenden Schweden-Neins.


      Zwar rechnen Devisenexperten nicht damit, dass eine Ablehnung kurzfristig zu einem Wertverlust des Euro führt. Doch wäre die Ablehnung ein schlechtes Omen für die bevorstehende Euro-Entscheidung in Großbritannien. Darüber hinaus könnte es mittelfristig dem Image der Gemeinschaftswährung Schaden zufügen. "Nach Dänemark 2000 hätte damit schon ein zweites wirtschaftlich gut dastehendes Land dem Euro sein Misstrauen ausgesprochen", sagt Fritsch. Wenn sich dann auch noch Großbritannien gegen den Euro entscheide, könne sich dies sehr wohl zu einer Belastung auswachsen - umso mehr, wenn die wirtschaftliche Dynamik in den Euro-Kernländern weiter hinterherhinkt. Fritsch: "Wenn sich die Wachstumsraten in Deutschland und Frankreich nicht bessern, besteht langfristig die Gefahr, dass der Euro für die ökonomische Lähmung verantwortlich gemacht wird." Dann sei eine Flucht aus der Einheitswährung nicht auszuschließen.


      Doch noch sind die Würfel nicht gefallen. Euro-Optimisten hoffen weiterhin, dass die Unentschlossenen in der Bevölkerung am Ende für die Gemeinschaftswährung Partei ergreifen. Und selbst wenn die Entscheidung diesmal gegen den Euro ausfällt, muss das nicht das letzte Wort sein. "Von günstigeren grenzüberschreitenden Überweisungen bis hin zu umtauschfreien Urlauben - die Vorteile einer gemeinsamen Währung sind so groß, dass sich die Schweder früher oder später für den Euro erwärmen werden", ist sich Dieter Wermuth, Berater der UFJ-Bank, sicher. Wenn nicht bei diesem Referendum, dann eben beim nächsten in ein paar Jahren.


      Artikel erschienen am 10. Sep 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 20:02:37
      Beitrag Nr. 80 ()
      US-Staatsanwalt Eliot Spitzer weitet seine Ermittlungen auf 15 Banken aus
      von Martin Halusa

      New York - Die Ermittlungen des New Yorker Staatsanwalts Eliot Spitzer gegen die US-Hedge-Fund-Industrie weiten sich aus. Ingesamt verlangt der Anwalt nun von 15 Banken und Fonds Einzelheiten über ihr Finanzgeschäft, bislang war nur von vier Fällen die Rede. Jetzt hat Spitzer Firmen mit so illustren Namen wie Tewksbury Capital Management (auf Bermuda) oder Haidar Capital und Samaritan Asset Management um Informationen gebeten.


      Bei der Untersuchung geht es um die Frage, ob diese Hedge-Funds - die sich vor allem an wohlhabende Investoren richten - Börsengeschäfte getätigt haben, die "normalen" Anlegern nicht möglich sind. Bei den Deals geht es um das "late trading", dem Handel nach Börsenende zu Börsenschlusskursen. Zwar sind derlei Geschäfte - bei der sich Broker auch des Zeitunterschiedes verschiedener Börsenplätze bedienen - nicht illegal. Doch den meisten Fonds sind solche Deals nicht gestattet. An der Börse wird Spitzer gefürchtet. Im US-Kongress ist sogar ein Gesetz in Arbeit, das der Börsenaufsicht SEC mehr Befugnisse bei Ermittlungen geben soll. Diese Passage der Gesetzesinitiative trägt den Spitznamen "Anti-Spitzer"-Passus.


      Derweil versuchen sich immer mehr Banken, mit dem Staatsanwalt zu einigen, bevor dieser öffentlichkeitswirksam vor Gericht ziehen kann. Gerade kündigte die Bank of America an, Anlegern Schadenersatz zu leisten, die wegen unsauberer Geschäfte der Fonds-Abteilung der Bank Einbußen erlitten hätten. Bislang steht die Summe nicht fest, die die Bank zahlen will. In der vergangenen Woche hatten bereits zwei weitere Beschuldigte angekündigt, sich mit Spitzer außergerichtlich einigen zu wollen. Die Banken hatten dem privaten Hedge Fund Canary Capital Partners dabei geholfen, nachbörsliche Deals zu tätigen. Im Gegenzug sollen sie hohe Gebühren bekommen haben. Canary, ein Fonds der New Yorker Familie Stern, hat sich mit Spitzer verständigt, 40 Mio. Dollar an Schadenersatz und Strafe zu zahlen.


      Staatsanwalt Spitzer war im vergangenen Jahr bekannt geworden, weil er die Finanzindustrie wegen Manipulationen vor Gericht bringen wollte. Unter anderem ging es dabei um die Frage, ob die Analyseabteilungen der Banken im Interessenkonflikt mit der Investmentsparte sind.


      Artikel erschienen am 10. Sep 2003



      welt.de
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 20:31:56
      Beitrag Nr. 81 ()
      "Smart money is getting out and selling their shares to weak hands!

      "http://www.financialsense.com/stormwatch/update.htm

      Avatar
      schrieb am 11.09.03 12:31:20
      Beitrag Nr. 82 ()
      Die Preise für Industriemetalle sinken trotz wachsender konjunktureller Zuversicht – Das „Smart Money“ betrachtet Metalle als werterhaltende Kapitalanlage
      (11.09.2003)

      An den Märkten für Industriemetalle ist wenig von der Zuversicht zu spüren, die weithin mit Blick auf die Entwicklung der Weltkonjunktur geäußert wird. Im Gegenteil, wenn man die allgemeine Preisentwicklung an der Londoner Metallbörse (LME) betrachtet und deren Index als Maß nimmt, sieht es überhaupt nicht gut aus.

      So fraglich es ist, ob der LME-Index wegen der Unterschiedlichkeit der einzelnen Metalle die Wirklichkeit überhaupt repräsentativ wiedergeben kann, so sehr ist man bei einer allgemeinen Betrachtung dieser Märkte doch auf seine grundsätzlichen Aussagen angewiesen.

      Konkret könnte dieser Index aus charttechnischer Sicht im Begriff sein, wenigstens unter mittelfristigen Aspekten einen Gipfel zu bilden. Viermal hat er seit Ende Juli versucht, die Marke von 1240 Punkten zu nehmen. Dem jüngsten Vorstoß folgte ein steiler, wohl noch nicht abgeschlossener Einbruch. Bisher hat er stets dicht über der Marke von 1200 Zählern Stützung gefunden, doch diesmal könnte sich ein klarer Durchbruch nach unten hin anbahnen. Überzeugende Stützung wäre dann erst im Bereich zwischen 1150 bis 1160 Punkten zu erkennen.

      Man kann nun argumentieren, mit dem seit gut zwölf Monaten zu verzeichnenden, beharrlichen, aber schwankungsreichen Aufwärtstrend des Index hätten die Metallmärkte die jetzt zweifellos eingetretene konjunkturelle Erholung bereits frühzeitig vorweggenommen. Diese These halten wir nicht für überzeugend. Einen so langen zeitlichen Vorlauf hat kaum ein verlässlicher Frühindikator. Das vielleicht Wichtigste aber ist, dass sich die Metallpreise in der Vergangenheit nie als zuverlässiger konjunktureller Frühindikator erwiesen haben.

      Bei dieser Diskussion der Metallmärkte wollen wir die mitunter übermächtigen spekulativen Fonds einmal unter den Tisch fallen lassen. Soweit sie sich an den einschlägigen Terminbörsen betätigen, handelt es sich bei ihrem Treiben nämlich um ein Nullsummen-Spiel, das bei längerfristigen Betrachtungen unbeachtlich ist.

      Dafür wollen wir uns – fürs erste nur ganz allgemein - mit Investoren befassen, die Rohstoffe im Allgemeinen und Industriemetalle im Besonderen als gesonderte Anlage-Kategorie ansehen und Kapital in physische Ware investieren.

      Das Spektrum dieser Anleger ist sehr breit. Es sind Einzelpersonen, kleine Gruppen Gleichgesinnter oder höchst professionell verwaltete Spezialfonds, die als solche in der Öffentlichkeit überhaupt nicht in Erscheinung treten.

      Diese Investoren sind überwiegend dem „Smart Money“ zuzurechnen. Über Operationen mit Derivaten gelingt es ihnen sogar, Renditen auf das in physischen Metallen gebundene Kapital zu erzielen, und die sind mitunter ansehnlich. Es muss also kein totes Kapital sein, das professionell in Metalle investiert wird.

      Über den Umfang der Gelder, die auf diese Weise in Industriemetallen angelegt werden, kann man nur mutmaßen. Sicher ist nur, dass sich Situationen ergeben können, in denen schier unbegrenzt Kapital in physische Metalle fließt. Und das kann die überwiegend engen, wenig liquiden Märkte geradezu sprengen.

      Man muss nur einmal den Wert der Bestände an den einzelnen Metallen errechnen, die die Lagerhäuser der LME oder der Comex täglich ausweisen. Dann sieht man, dass es für milliardenschwere Fonds nur ein Klacks wäre, sich Kontrolle über diese Vorräte zu verschaffen.

      Noch gibt es keine Hinweise darauf, dass außergewöhnlich viel Anlagekapital in physische Metalle fließt. Doch das wird sich mit fortschreitender Zeit wohl ändern. Aber nicht, weil berechtigte Inflationsfurcht aufkommen dürfte, die stets eine „Flucht in die Sachwerte“ auslöst. Vielmehr argwöhnen wir, dass Kapital wegen immens wachsender Staatsschulden und der daraus folgenden rapiden Aushöhlung selbst der führenden Währungen Metalle als Werterhaltungs- oder Wertaufbewahrungsmittel suchen wird.

      Die ist übrigens eine Rolle, die nach landläufiger Ansicht an herausragender Stelle dem Gold zukommt. Industriemetalle sind da aber besser geeignet. Das tatsächliche Goldangebot eines Jahres wird nämlich nur zu einem geringen Teil wirklich benötigt. Schmuck zum Beispiel muss man nicht unbedingt haben. Industriemetalle aber sind, wenn auch in wechselnden Mengen, stets erforderlich, um eine entwickelte Volkswirtschaft in Gang zu halten.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber

      taurosweb.de
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      schrieb am 11.09.03 13:04:51
      Beitrag Nr. 83 ()
      Inland
      Klaus Fischer

      Keine Panik

      Haushaltsdebatte im Bundestag: Staatsverschuldung wächst. Etatentwurf Makulatur


      Einen Offenbarungseid zu leisten und gleichzeitig so zu tun, als sei alles irgendwie in Ordnung, schaffen nur Politiker. Bundeskanzler Gerhard Schröder gehört dabei zu den Geschicktesten, wenn es gilt, schlechte Fakten schönzureden. Bei der Haushaltsdebatte im Bundestag war am Mittwoch Schröder-Tag. Auf der Tagesordnung stand der Etat des Kanzleramtes, aber der interessierte erwartungsgemäß keinen. Statt dessen sehen die archaischen Rituale des Parlaments vor, daß aus diesem Anlaß die Opposition verbal auf den Kanzler eindrischt, dieser wiederum sich selbst verteidigt, lobt und von seinen Getreuen Flankenschutz bekommt. Die Fakten und Argumente, mit denen Politiker an diesem Tag um sich werfen, sind dabei eher beliebig, und ein verbales Gemetzel wird bei glänzender Lage des Staates ebenso inszeniert wie in einer faktischen Notstandssituation.

      Nimmt man ernst, was die Fakten sagen, befindet sich die Bundesrepublik Deutschland im Haushaltsnotstand. Dem Kanzler fiel dazu nichts Besseres ein, als der Opposition den Ball zuzuspielen und sie zur Zusammenarbeit aufzufordern. Es gebe die »gemeinsame Verpflichtung, die positiven Trends in unserem Land zu unterstützen«, meinte Schröder. Daher richte er seinen Appell an die Unionsmehrheit im Bundesrat, notwendige Reformen wie die geplante Steuerentlastung nicht zu blockieren. Außerdem, so Schröder, dürfe die Einhaltung des Defizitkriteriums (von Maastricht) »nicht um den Preis des Abwürgens der Konjunktur« geschehen, das wäre »entgegen jeder volkswirtschaftlichen Vernunft«. Das entsprach der Logik seines Finanzministers.

      Der Etatentwurf, den Hans Eichel am Dienstag im Parlament vorgestellt hatte, schien dem Motto verhaftet, Augen zu und durch. Eichel bestätigte, daß der Bund entschieden mehr Geld ausgeben muß, als er voraussichtlich einnehmen wird. Das bedeutet: noch mehr Schulden machen. Knapp 40 Milliarden Euro will der Finanzminister 2004 aufbringen, um aufgelaufene Zinsen zu zahlen. Von einer Tilgung des gewaltigen Schuldenberges (2002 etwa 780 Milliarden Euro beim Bund, 1,253 Billionen Euro beim öffentlichen Gesamthaushalt) redet kaum noch jemand. Im Gegenteil. Ungeachtet diverser »Einsparungsvorschläge« Eichels, wird die Neuverschuldung dessen Plänen zufolge 28,8 Milliarden Euro betragen. Dabei ist auch das nur ein Sandkastenspiel.

      Schröder und Eichel hoffen auf ein Wirtschaftswachstum von zwei Prozent im Jahr 2004. Die durchschnittliche (offizielle) Erwerbslosenzahl werden den Planspielen zufolge bei 4,4 Millionen liegen. Beides sind Annahmen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Wunschdenken entsprechen. Bereits ein Wachstum von »nur« 1,5 Prozent würde die Rechnung der Regierung platzen lassen. Auch bedeuten beispielsweise 100000 mehr Menschen in Erwerbslosigkeit etwa fünf Milliarden Euro zusätzlicher Ausgaben. Und wie schnell dies geschehen kann, haben die zurückliegenden Monate und Jahre – trotz gegenteiliger Prognosen – gezeigt. Allein diese Risiken machen den Etatentwurf zur Makulatur.

      Das sagt auch die Opposition und deshalb verkündete Angela Merkel am Mittwoch, daß die Union im Bundesrat gegen die einzige positive Maßnahme der Schröder-Regierung stimmen werde – die vorgezogene Steuerreform. Ansonsten herrschte auch bei CDU, CSU und den Splitterparteien auf den Oppositionsbänken Ratlosigkeit. Trotz wortgewaltiger Attacken auf die verfehlte Politik der SPD-Grünen-Koalition, wurden Alternativen nicht aufgezeigt. Wenn man davon absieht, daß Unionsfraktionsvize Friedrich Merz endlich spürbare Einschnitte bei den Transferleistungen für Sozialhilfebezieher forderte.

      Die BRD ist nach betriebswirtschaftlichen Kriterien pleite. Aber Staaten, zumal solche mit einem jährlichen Bruttoinlandsprodukt von fast zwei Billionen Euro, können nicht pleite gehen. Dieses trügerische Wissen ist auch in den Köpfen der meisten Parlamentarier und deshalb war im Bundestag trotz hitzigster Debatte deutlich zu spüren: Grund zur Panik besteht eigentlich nicht. Außer für Sozialhilfebezieher, Erwerbslose, Gering- und Durchschnittsverdiener, für Bildungseinrichtungen, Krankenhäuser, Rentner, Pflegebedürftige...

      http://www.jungewelt.de/2003/09-11/011.php
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      schrieb am 11.09.03 13:06:39
      Beitrag Nr. 84 ()
      Inland
      Jana Frielinghaus

      Gesundheit wird zur Ware

      Ärmste Länder von medizinischem Fortschritt abgekoppelt. Reiche Länder absorbieren Fachpersonal


      »Freihandel bringt Wohlstand« – so feierte der Chefredakteur der Financial Times Deutschland Anfang der Woche die Welthandelskonferenz im mexikanischen Cancún schon vor ihrem Beginn. Und belegte die Behauptung etwa mit dem wachsenden Anteil der Entwicklungsländer am Weltsozialprodukt. Der südafrikanische Gesundheitsexperte David Sanders demonstrierte am Mittwoch, was sich hinter Statistiken dieser Art verbirgt. Auf der Jahreskonferenz der medizinischen Hilfsorganisation medico international sprach er in Berlin über die Gesundheitssituation in Afrika. Ja, auch in den 48 Staaten südlich der Sahara hat sich die Säuglingssterblichkeit verringert: Heute sterben 107 von 1000 Kindern vor Vollendung ihres ersten Lebensjahres. Vor 50 Jahren waren es noch 126. Die allgemeine Lebenserwartung ist indes in sieben der 48 Länder geringer als vor 30 Jahren, und in acht Ländern ist die Säuglingssterblichkeit seit 1981 wieder gestiegen.

      Medico international macht für die in vielen armen Ländern katastrophale Situation zunehmenden Neoliberalismus und ein technokratisches Herangehen an die Probleme verantwortlich. Dabei, so medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer, habe die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor genau 25 Jahren, am 10. September 1978, in Alma Ata das Prinzip der Primary Health Care verkündet. Damals seien sich die Vertreter von 134 Staaten darüber einig gewesen, daß eine effektive Gesundheitsförderung nur durch eine umfassende Verbesserung der sozialen Situation der Menschen möglich sei. Zudem habe man erkannt, daß Prävention und gesundheitliche Aufklärung genauso wichtig sind wie die Behandlung von Krankheiten.

      Diese Grundsätze werden nach Ansicht der Medico-Experten heute jedoch immer mehr vernachlässigt. Dabei hätten gerade aktuelle Erfahrungen mit der raschen Ausbreitung der Lungenkrankheit SARS deutlich machen müssen, daß die Gesundheitsprobleme des Südens im Norden nicht nur aus »wohlmeinendem Altruismus« von Interesse sein müßten. Medico hat sich der internationalen Kampagne »Gesundheit für alle« angeschlossen, mit der Basisinitiativen in aller Welt Unterschriften für eine Rückkehr der Staaten zu den Prinzipien von Alma Ata zu sammeln (Infos unter www.medico.de).

      Sanders erinnerte auch daran, daß HIV und AIDS in Afrika vorhandene Gesundheitserfolge des letzten Jahrzehnts wieder zunichte zu machen drohen. Daneben gebe es in den letzten beiden Jahrzehnten eine alarmierende Verbreitung von »alten« Infektionskrankheiten wie Cholera, Tuberkulose und Malaria. Der Zugang zu Gesundheitsdiensten habe sich wieder verschlechtert, was die abnehmende Impfrate belege.

      Wesentliche Ursache der Krise in den afrikanischen Gesundheitssystemen ist Sanders zufolge neben der Wirtschaftskrise die Tendenz zur Privatisierung und Individualisierung der Gesundheitsvorsorge. Darüber hinaus verliert Afrika jedes Jahr Tausende medizinische Fachkräfte an die Industriestaaten. Wenn man für jede medizinische Fachkraft, die von Afrika in die USA einwandere, 184000 US-Dollar an eingesparten Ausbildungskosten veranschlage, so Sanders, betrage die Gesamtersparnis der Vereinigten Staaten durch diese Migration 2,1 Milliarden Dollar pro Jahr. Dies entspreche der Summe, die die USA jährlich an technischer Gesundheitshilfe in Afrika investieren. Durch internationale Vorhaben wie das Dienstleistungsabkommen GATS werde der Trend zur Abwanderung verstärkt.

      http://www.jungewelt.de/2003/09-11/014.php
      Avatar
      schrieb am 11.09.03 13:13:23
      Beitrag Nr. 85 ()
      11.09.2003

      Interview
      Interview: Wolfgang Pomrehn

      SPD-PDS-Senat plant erneut Lohnraub: Berliner Sozialpartnerschaft aufgekündigt?


      Uwe Nitzgen ist Vorsitzender des Gesamtpersonalrats der Berliner Verkehrsbetriebe BVG

      F: Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin verlangt von den Beschäftigten der BVG Lohnverzicht. Um was genau geht es?

      Der Finanzsenator vertritt die Ansicht, daß durch die entstehende Deckungslücke im Wirtschaftsplan der BVG die Verschuldung der BVG weiter ansteigt. Und da die Steigerung der Erträge nicht so läuft, wie man sich das erhofft hatte, will er an den Personalkosten sparen. Sarrazin sagt, es sind zuviel Mitarbeiter an Bord, und die werden zu hoch bezahlt.

      F: Wie hoch sind die verlangten Lohnkürzungen?

      Es liegen noch keinen Zahlen vor. Aber wohin die Reise geht, wird an den Verhandlungen über einen Berliner Spartentarifvertrag deutlich, die ver.di in den letzten zwei Jahren geführt hatte. Obwohl der Vertrag praktisch unterschriftsreif ist und der BVG Einsparungen von circa 17 Millionen Euro pro Jahr bringen würde, sind die Gespräche unterbrochen. BVG-Vorstand und Senat haben praktisch die Position aufgekündigt, daß die Einkommen der Altbeschäftigten gesichert werden.

      Jetzt heißt es, ein Tarifvertrag auf Marktniveau soll her, wobei der Ansatz Sarrazins und des BVG-Vorstandes ist, daß das Marktniveau noch unter dem Tarifvertrag unserer Fahrdiensttochter liegen soll.

      F: Was heißt das im einzelnen für zum Beispiel einen Busfahrer?

      Ein Busfahrer mittleren Lebensalters, so um die 40 Jahr alt, hat derzeit ein Bruttogehalt von 2000 Euro. Wenn Sie davon 20 Prozent abziehen – das sind die Zahlen, über die diskutiert wird – hat er noch 1600 Euro.

      F: Nun haben die BVGler in den letzten Jahren schon erheblich Feder lassen müssen.

      Ja. Durch die Produktivitätssteigerung der letzten zehn Jahre wird heute für den gleichen Lohn und das gleiche Gehalt wesentlich mehr gearbeitet als früher. 1992 ist ein Busfahrer zirka 10 000 Kilometer im Jahr gefahren, und jetzt fährt er 20 000 Kilometer. Die Leistungsverdichtung ist für alle Beschäftigtengruppen exorbitant, auch in der Verwaltung.

      F: Welche Auswirkungen hat das für die Beschäftigten? Gibt es Klagen über die Arbeitsdichte?

      Ja, das läßt sich nicht wegdiskutieren. Schauen Sie sich die Situation für die Straßenbahnfahrer, für die Omnibusfahrer auf der Straße an: Dieser Leistungsdruck und dann noch der Individualverkehr. Das ist alles nicht einfacher geworden in den vergangenen Jahren.

      F: Und nun werden die Schrauben noch fester angezogen.

      Offensichtlich. Bisher war die eindeutige Maßgabe des Senats, daß die Sozialpartner die Reorganisation des Betriebes gemeinsam gestalten sollen. Mit der jetzigen Vorgehensweise des Finanzsenators werden die Gemeinsamkeiten jedoch einseitig aufgekündigt. Man will die Reorganisation nicht mehr im sozialen Konsens mit den Arbeitnehmern gestalten, sondern baut Druck auf, verängstigt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und will darüber hinaus sie dazu bewegen, entweder den Betrieb zu verlassen oder den Maßnahmen des Management willfährig zu folgen.

      http://www.jungewelt.de/2003/09-11/018.php
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      schrieb am 11.09.03 13:30:16
      Beitrag Nr. 86 ()
      Welle an Privat-Insolvenzen


      Hamburg (dpa) - Es hat noch nie so viele Insolvenzen von Privatleuten, Selbstständigen und Kleinbetrieben gegeben wie im 1. Halbjahr 2003.

      32 060 private Insolvenzanträge gingen nach Angaben der Hamburger Wirtschaftsauskunftei Bürgel in den ersten sechs Monaten bei den Gerichten ein, das waren 50,6 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Damit habe die Zahl der privaten Pleiten schon jetzt rund zwei Drittel der Zahl von 2002 (43 700) erreicht. Für das Gesamtjahr prognostiziert Bürgel mehr als 60 000 Privatinsolvenzen.

      Als Gründe für den Anstieg wurden Neuerungen im Insolvenzrecht und die hohe Arbeitslosigkeit angeführt. Rund zehn Prozent aller deutschen Haushalte seien nicht in der Lage, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. «Viele Schuldner überblicken kaum mehr ihren finanziellen Spielraum», sagte Bürgel-Direktor Johan Zevenhuizen.

      Ratenzahlungen für Konsumartikel, Autos, Wohnungen und «sogar Reisen» überhäuften sich. Überschuldete Haushalte stünden durchschnittlich bei sieben Gläubigern in der Kreide. «Die Privatinsolvenz ist für viele nicht nur die Rettung aus der Schuldenfalle, sondern vor allem für das Kleingewerbe auch die Chance auf einen neuen schuldenfreien Anfang», erläuterte Zevenhuizen. Die Gläubiger gingen meistens jedoch leer aus.

      In Berlin schnellte die Zahl der Privatinsolvenzen um fast 133 Prozent auf 1818 Fälle hoch, auch im Saarland stieg sie um mehr als das Doppelte auf 802 Fälle. In den Stadtstaaten Bremen und Hamburg wurde ein Zuwachs von 36 Prozent auf 598 Fälle beziehungsweise 23 Prozent auf 938 registriert.

      In den anderen Bundesländern lag der Zuwachs zwischen 8,7 Prozent in Brandenburg und 82 Prozent in Nordrhein-Westfalen. Schleswig- Holstein legte um ein Viertel auf 1425 Fälle zu. Als einziges Bundesland verzeichnete Sachsen-Anhalt einen Rückgang von rund 5,8 Prozent auf 1112 Fälle. Als mögliche Erklärung für die auch vergleichsweise moderaten Zuwächse in Brandenburg und Mecklenburg- Vorpommern (plus 12,3 Prozent) führte Bürgel an, dass Verbraucher in Ostdeutschland auf Grund der wirtschaftlichen Situation und «Schuldenerfahrung in der Vergangenheit» etwas vorsichtiger mit Kreditaufnahmen und Ratenverträgen umgingen.
      11.09.2003 11:30 Uhr
      Quelle: http://www.ovb-online.de/news/wirtschaft/34,149251.html
      Avatar
      schrieb am 11.09.03 23:27:26
      Beitrag Nr. 87 ()
      11. September 2003


      von Jochen Steffens

      Ja, so wird man an der Nase herumgeführt. Da schreibe ich, die Börsen haben keine Angst vor Anschlägen und was passiert? Ein Video, in dem ein munter durch die Bergwelt wandernder Bin Laden seine Lebendigkeit demonstriert, versetzt die Investoren in Angst und Schrecken. Ein Aufruf zu neuen Anschlägen, reaktiviert die Ängste des 11. September.

      Natürlich weiß keiner, wann das Video aufgenommen wurde. Natürlich wird dieses Video genau zum richtigen Zeitpunkt veröffentlicht, einen Tag vor dem 11.September. So löste dieses Video gestern Abend eine kleine Verkaufswelle an den amerikanischen Indizes aus.

      Doch der schlechten Nachrichten nicht genug: Gestern wurde die schwedische Außenministerin Anna Lindhs Opfer eines Attentats. Heute morgen ist sie ihren schweren Verletzungen erlegen. Was ist in dieser Welt nur los? Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – ich sitze in den letzten drei Jahren zuweilen fassungslos vor den Nachrichten und frage mich, ob das eigentlich alles noch normal ist.

      Wenigstens die Bush-Regierung zeigt Kontinuität. Denn Bush führt seine Politik der Härte unverändert so weiter wie bisher und scheint die Zeichen der Zeit nicht zu erkennen: Offenbar hat die Regierung wenig Alternativen zu bieten: Während sich in den USA immer mehr Bürger gegen die Einschränkung ihrer Bürgerrechte und die Schnüffelmethoden der Geheimdienste wehren, fordert Bush vor dem Kongress noch schärfere Anti-Terrorismus Gesetze.

      Das Land der unbegrenzten Freiheit, wird zu einem Hoch-Sicherungstrakt. So sollen Polizei, die Geheimdienste und die Staatsanwaltschaft noch größere Befugnisse erhalten. Und natürlich – wie sinnig – sollen als Terrorismus gewertete Straftaten von nun an mit der Todesstrafe geahndet werden. Man fragt sich wer dadurch abgeschreckt werden soll – Selbstmordattentäter? Solche Maßnahmen zeigen doch nur die unglaubliche Hilflosigkeit einer Regierung Bush.

      Aber zur Börse. Der S&P ist gestern wieder in seine Seitwärtsbewegung (unter 1015 Punkte) gefallen. Noch ist von keiner nachhaltigen Rückkehr in diese Seitwärtsbewegung zu reden. Noch kann der 11.September zu sehr Grund für diesen Kursrutsch gestern gewesen sein.

      Im Moment ist gegen abend mit einer kleinen, sogenannten "Erleichterungsrallye" zu rechnen, wenn heute nichts Dramatisches passiert. Die wirkliche Richtung wird jedoch erst morgen und nächste Woche vorgegeben. Allerdings ist Ende nächster Woche dreifacher Hexensabbat. Wie gewohnt wird der Handel vor diesem Tag von eigenartigen Kursschwankungen begeleitet sein.

      Das Dramatische kam nicht von der Seite der Terroristen, sondern von dem US-Arbeitsmarkt:

      Gerade kommen die neuesten US-Konjunkturdaten über die Ticker. Die Zahl der US- Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe ist auf 422.000 (!) gestiegen. Erwartet wurden 395.000 bis 400.000 neue Erstanträge nach zuvor 419.000 (revidiert von 413.000).

      Also nicht nur der Wert der letzten Woche wurde nach oben revidiert, nein, auch der jetzige Wert ist zu dem revidierten wiederum angestiegen. Die besseren Werte im Sommer waren demnach, wie vermutet, eindeutig saisonal bedingt.

      Seit Anfang des Jahres haben nun jede Woche um die 400.000 Menschen neue Erstanträge auf Arbeitslosigkeit gestellt. Damit liegt dieser Wert seit acht Monaten, über oder an der konjunkturkritischen Marke von 400.000. Ich frage mich, wann die Anleger endlich begreifen, dass etwas schief läuft. Aber das ist nicht der einzige kritische Wert. Da der Zeitraum, um einen neuen Job zu finden, weiter zunimmt, steigt auch die Gesamtzahl der Arbeitslosen die Arbeitslosenhilfe empfangen – diesmal um 11.000 auf 3,64 Mio.

      Auch das US-Handelsdefizit bleibt auf hohem Niveau. Es steigt um 0,7 % und weist damit ein Defizit von 40,32 Mrd. US-Dollar aus. Erwartet wurde ein Minus in Höhe von 40,0 bis 40,5 Mrd. US-Dollar nach zuvor 40,0 Mrd. (revidiert von 39,5 Mrd. US-Dollar). Von dieser Seite auch keine Entwarnung.

      Interessantes zu dieser Zahl: das US Handelsdefizit mit China hat sich von 11,3 Mrd. Dollar im Juli auf einen Rekordwert von nun $13,4 Mrd. Dollar ausgeweitet. Ebenso hat auch das Handelsdefizit mit Europa einen neuen Rekordwert von 11,17 Mrd. Dollar erreicht. Einzig positive Zahl, der Export stieg um 2 %, das ist der höchste Anstieg seit Mai 2001.

      Trotzdem kam es nur zu einem mäßigen Kursrutsch an den europäischen Börsen, der schnell wieder korrigiert wurde. Das hatte vielleicht etwas damit zu tun, dass die Importpreise ohne Öl um 0,2 % gefallen sind, dass ist der erste Rückgang seit 6 Monaten. Die Exportpreise gingen ebenfalls um 0,1 % zurück. Hierfür zeichnet sich ein Preisrückgang bei den Landwirtschaftsprodukten verantwortlich.

      Mal sehen, was die Amis aus diesen Zahlen heute machen.

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      Ford verfehlt Ziele

      von Jochen Steffens

      Ford Motors (ISIN US3453708600) will in Deutschland noch mehr Arbeitsplätze abbauen. So sollen frei werdende Stellen bis auf weiteres nicht mehr neu besetzt werden. Mit dieser Maßnahme sollen mehrere hundert Arbeitsplätze eingespart werden.

      Hintergrund für diese Maßnahme ist, dass Ford weiterhin Schwierigkeiten hat, seine Ziele einzuhalten. So wird das Ziel, einen Marktanteil von 8,1 % zu erreichen, wohl nicht mehr zu erreichen sein. Ende August lag der Anteil trotz der Einführung von 37 neuen Modellen nur bei 7,6 %.

      Auch der Absatz in Westeuropa sank trotz neuer Modelle um 3,7 %. Das Problem bei Ford, das Unternehmen setzt auf die klassischen PKW Varianten. In diesem Segment ist jedoch die Konkurrenz besonders groß. Ford hätte hier vielleicht ähnlich wie Opel eine offensivere Modellpolitik starten sollen.

      Die Aktie von Ford Motors steigt heute um 0,79 % auf 11,47 Dollar

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      Ein lieber Leser – geheilt!

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "An die Herren und Damen von Investor`s Daily und deren Freunde," beginnt der Brief optimistisch ...

      "Wie konnte ich nur an Ihnen zweifeln. Jetzt bin ich sicher, dass sich die Welt exakt in die Richtung bewegt, wie Sie sie beschreiben. Sie liegen nicht um 180 Grad falsch, sondern gerade wie eine römische Straße! Wir haben einige von diesen in England, also weiß ich, wovon ich rede."

      " Nach meinem kurzen Moment der Verwirrung, als ich nicht mal meinem eigenen Urteil glaubte – ja, sogar schlimmer, nicht einmal Ihrem, kann ich jetzt sagen, dass ich geheilt bin!"

      Wie gut, dass es uns als Heiler gibt ... um die Blinden sehend und die Lahmen gehend zu machen. Wir geben den Lesern einen klaren Blick, um die sich entwickelnden Krisen zu erkennen ... und schnelle Beine, um den nächsten Ausweg zu erreichen, bevor er von den Massen blockiert ist.

      Also, öffnen Sie die Augen, lieber Leser, und sehen Sie, was passiert. Weil es die spannendste Finanzstory ist, die je erzählt wurde.

      Jeder Tag bringt neue Belege, neue Ereignisse und neue Absurditäten: Zum Beispiel die wunderbare wirtschaftliche Erholung; so zumindest wird das Bild fast in allen Finanzmedien beschrieben. Aber mit unseren scharfen neuen Augen sehen wir, dass dieses Bild lediglich dünn wie Papier ist.

      "Die Verbraucherschulden sind drastisch gestiegen," steht im Arizona Republican als Überschrift. "Höhere Vermögenssteuern stehen an," sagt eine weitere Headline.

      "Die Kosten des Gesundheitssystems sind auf Rekordhöhe," fügt die Baltimore Sun hinzu.

      Der arme Verbraucher, bereits tiefer verschuldet als je zuvor, hat eine harte Zeit vor sich. Sein Einkommen sinkt, ... seine Schulden steigen. Und seine Lebenshaltungskosten steigen.

      Wenn die Wirtschaft wirklich so wachsen würde wie man uns erklärt – mehr als 3 % BIP-Steigerung in diesem Jahr – müsste sie monatlich 200.000 bis 300.000 neue Jobs schaffen, stellt John Crudele in der NY Post fest. Aber schon sieben Monaten hintereinander werden Jobs gestrichen, allein 93.000 im August.

      Was für eine Erholung soll das sein?

      Es ist ein Betrug ... der letzte in einer Kette von Betrügereien, die sich bis in die Nixon-Ära zurückverfolgen lässt.

      Nun zu Dir, Eric!

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      Die aktuelle Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft

      Von unserem New Yorker Korrespondenten Eric Fry

      Der Aktienmarkt zeigte sich stark bis in den Monat September hinein, aber das heißt nicht, dass er siegreich aus dem Monat herausgeht. Vielleicht hinkt er schon im Oktober, seine Wunden leckend und froh, dass er noch am Leben ist. Bis jetzt war der September ein ungewöhnlicher Monat.

      Nach den ersten sechs Handelstagen zeigt sich der September uneinheitlich: viermal im Plus, zweimal im Minus, mit einem Nettogewinn von 2,2 %. Es verbleiben noch 15 Handelstage in diesem hinterhältigsten Monat des Jahres für den Aktienmarkt. Bleiben Sie wachsam!

      Gestern sank der Dow um 79 Punkte auf 9.507 und der Nasdaq fiel um 15 auf 1.873 Punkte. Der Dollar bröckelte auch, er sank um 1,4 % auf ein Drei-Wochen-Tief von 1,22 $ per Euro.

      Der Goldmarkt genießt die Schwäche der Börse und der Dollar-Schwierigkeiten: der Edelmetallpreis stieg um 6,60 $ auf 382,80 per Unze – das ist der höchste Schlusskurs seit sieben Jahren. Bald ist die 400 $-Marke erreicht!

      Wir fragen uns: "Was weiß der Goldmarkt?" Weiß er etwa, dass die Reflationskampagne der Fed zu erfolgreich sein wird? Oder weiß er, dass Präsident Bush daran festhält, Milliarden von Steuerzahler-Dollars auszugeben, um den Irak als Brutstätte für Terroristen und als Grund für anti-amerikanische Terrorgesetze zu sichern?

      Gold war immer angesehen als eine Art Versicherung. Es ist kein Investment per se. Aber wenn die wirtschaftlichen Unsicherheiten steigen, kann es ein hervorragendes Investment sein, ein bisschen Gold-Versicherung zu kaufen. Im Moment herrscht große Nachfrage nach Versicherung.

      Nach Aussage der US-Regierung geben die Verbraucher immer noch eine Menge Geld aus. "Das stimmt nicht," erklären die Einzelhändler. Wenn wir die Leute von den Verbraucherzentralen fragen, heißt es, die Konsumbereitschaft sinkt.

      Ein klarer Grund dafür, warum die Kauffreudigkeit sich von "schlecht" zu "schlimmer" entwickeln mag, ist, dass die "sich erholende" Wirtschaft Jobs streicht, anstatt welche zu schaffen. Wie schlimm es ist, kann man an der Hypotheken-Rückzahlung erkennen:

      Die Washington Mutual Inc., der zweitgrößte amerikanische Hypotheken-Gewährer, erklärte gestern, dass die Darlehensanträge für neue Häuser seit Juli um fast 40 % zurückgegangen sind. Die Erfahrung von Washington Mutual ist bestimmt kein Einzelfall. Sie zeigt, dass die Kaufbereitschaft wahrscheinlich stark gesunken ist.

      Im Moment unterstützen Kredite die Kaufbereitschaft. Aber das ist kein langfristiger Verkaufsstimulator. Im Juli stiegen die Verbraucherkredite um 6 Mrd. US$. Das ist nichts als ein temporäres Linderungsmittel.

      Drei aufeinander folgende Verlustjahre an den Börsen haben viele Investoren ernüchtert. Heute sparen sie ein wenig mehr als früher und geben weniger aus. Geld zu sparen mag sinnvoll für den Haushalt von Herrn und Frau Verbraucher sein, aber es ist ganz schön schmerzhaft für die Gesamtwirtschaft.

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      Das Ende der Tage

      von unserem Gastkorrespondenten John Myers

      "Was auch immer nötig ist, was auch immer es kostet, diese beharrliche und entschlossene Nation wird den ersten Krieg des 21. Jahrhunderts gewinnen." Das sagte Präsident Bush in einer Rede vor Reserveoffizier-Association am 23.1.2003.

      Wir treten in ein gefährliches neues Zeitalter ein ... eine Ära, die im Frühjahr 2000 begann, als die Aktienmärkte ihren Höchststand erreichten und seitdem absinken. Dann kam der 11. September 2001. Seitdem ist nichts mehr wie vorher. Werfen Sie nur einen Blick auf die geopolitischen und ökonomischen Umbrüche der letzten 3 1/2 Jahre.

      Die Märkte spiegeln die politische und wirtschaftliche Missstimmung wider – und produzieren ein Umfeld, das beladen mit Schwankungen ist. Mehr als die Märkte und die Wirtschaft ist sogar die Nation selbst auf einem neuen Weg, der erheblich anders ist als während der 1980er und 1990er Jahre.

      Die Anleihen- und Aktienmärkte lieben vorhersehbare Zeiten. Stabilität erlaubt den Investoren, sich auf die Einnahmen zu konzentrieren, ohne sich um politische und wirtschaftliche Missstände zu sorgen. Besonders der Anleihenmarkt genießt einen klaren Horizont, weil in solchen Zeiten der Dollar stabil und stark ist.

      Es ist kein Zufall, dass die beiden größten Aufschwungzeiten – von 1950 bis 1960 und 1991 bis 2000, stattfanden, als der Dollar stark war. Jetzt allerdings haben wir eine Dollarschwäche, und ich glaube, dass der Greenback noch viel weiter fällt.

      Um zu verstehen, wohin wir uns begeben, ist es nötig zu sehen, wo wir gewesen sind. Betrachten Sie kurz die Ereignisse der letzten Jahre:

      · Seit dem 11.9.2001 haben die US-Streitkräfte Afghanistan und den Irak erobert, weitere militärische Aktionen fanden auf den Philippinen, in Liberia und Pakistan statt. Die USA haben ca. 8.000 Soldaten in Afghanistan, 150.000 im Irak und 2.500 im Kosovo stationiert. Nachdem die Verteidigungsausgaben 30 Jahre lang gefallen sind, steigen sie zu einem Zeitpunkt, in dem die US-Regierung es sich nicht leisten kann.

      · Zwischen Januar 2000 und Juli 2003 hat sich der Staatshaushalt von einem Plus von 255,9 Mrd. US$ zu einem Defizit von 324 Mrd. US$ entwickelt. In derselben Zeit stieg die Staatsverschuldung von 5,7 Billionen US$ auf 6,5 Billionen US$. Im nächsten Jahr wird noch 1 Billion US$ dazugekommen sein.

      · Der Dollar hat gegenüber den wichtigen Währungen seit 2001 an Wert verloren. 2001 bekam man für 1 US$ 1,4 SFr, im Juli 2003 waren es noch 1,4 SFr, ein Rückgang um 22 %.

      · Zwischen Juli 2000 und Juli 2003 senkte die Zentralbank den Leitzins von 6,85 % auf 0,96 %. Fed-Chef Ben Bernanke sagte, dass die Zentralbank sogar bereit wäre, den Zins auf 0 zu senken, wenn es nötig sei.

      Und dann sehen Sie, was mit den Waren zwischen Januar 2000 und Juli 2003 passiert ist:

      · Der Herstellungspreisindex aller Waren stieg von 128 auf 139.

      · Der Rohölpreis kletterte von 24 $ pro Barrel auf 31 $.

      · Der Goldpreis erhöhte sich von 270 $ pro Unze auf 360 $.

      · Der Erdgaspreis wuchs um das 2 1/2 – fache.

      Wegen der Keynesianischen Lehre werden Defizite nicht nur geduldet, sondern sogar gefördert. Der Staat pumpt Geld in die Wirtschaft, um sie dadurch anzukurbeln.

      Aber das Geld kann auf zwei anderen Wegen in die Wirtschaft gepumpt werden: Erstens, indem mehr Dollars gedruckt werden, zweitens durch Anleihen der US-Regierung. Wenn eine Regierung Geld leiht, verursacht das eine zukünftige Verschuldung hervor. Der Staat kann die Schulden mit Steuern ausgleichen, aber dann wird das Geld der Steuerzahler nur benutzt, um die Gläubiger zu bedienen. Es ist ein Nullsummen-Spiel.

      Vor John Maynard Keynes (1930er und 40er Jahre) nahmen die Regierungen Kapital durch Besteuerung ein, um damit die Wirtschaft anzukurbeln. Wenn die Besteuerung nicht ausreichte, liehen sich die Regierungen Geld. Damals waren die Hauptwährungen an den Goldstandard gebunden, was die Regierungen vor ihrer Neigung schützte, sich zu stark zu verschulden.

      So lange die Hauptwährungen einfach und unmittelbar in den entsprechenden Goldwert eingetauscht werden konnten, konnte die Geldsumme nur in dem Maß ansteigen, wie sie durch Goldreserven gedeckt war. Normalerweise wuchs die Goldproduktion um etwa 1 %–2 % pro Jahr, entsprechend war der Anteil neuen Geldes, das in den Umlauf gebracht werden konnte.

      Seitdem das Papiergeld nicht mehr kompatibel zu den Goldreserven ist, wird sein Wert nur noch durch ein Versprechen dahinter gewährleistet – dass es akzeptiert wird als Zahlungsmittel für Waren, Dienstleistungen und Steuern. Wenn es zu viel Papiergeld gibt, wird sein Wert verwässert.

      In Lateinamerika ist die überzogene Geldproduktion seit 50 Jahren die Regel. Diese Plage ist auch heute noch der Fall. Eine überdurchschnittliche Inflation ist die Folge.

      Das Problem für Dollarbesitzer, die argwöhnisch über die sinkende Kaufkraft des Greenback sind, ist: Was sollen sie tun? Mit Ausnahme des Schweizer Franken gewähren wenige Währungen eine größere langfristige Kaufkraftgarantie als der Dollar. Wenn aber erst einmal die Dollarinflation beginnt, werden die Dollarbesitzer Kopfschmerzen bekommen: Was sollen sie kaufen? In Frage kommt eigentlich nur eine Sache – echte Vermögenswerte.

      Das Ergebnis ist, dass typischerweise die Entwertung des Dollars langsam beginnt und sich dann beschleunigt, wenn die Verkäufer bemerken, dass auch andere ihre Dollarpositionen auflösen und nun ihre Dollarverkäufe steigern. So entwickelt sich ein bösartiger Kreislauf, der üblicherweise mit Zinserhöhungen einhergeht.

      Was wir gerade erleben, ist – so glaube ich – das erste Stadium des Ausstiegs aus dem Dollar. Die Dollarbesitzer haben bereits begonnen, sich den Regeln einer Dollar-zentrierten Welt zu entziehen. Beweise dafür sind auf den Märkten erkennbar: Der Wert des Dollars sinkt und die Preise für Vermögenswerte steigen. Wenn dieser Trend dem Muster der 1970er Jahre folgt, werden wir bald einen Punkt erreicht haben, an dem die Umwandlung von Dollars in Vermögenswerte sich beschleunigt.

      Wenn dieser Trend erst einmal offenkundig ist, wird er, ähnlich einer Gerölllawine, die sich in Gang gesetzt hat, sehr schwer zu stoppen sein.

      Mit den besten Grüßen

      John Myers für Investor`s Daily

      P.S. Mit Sicherheit wird die Fed alles geben, um die Dollarauswechslung zu bremsen, indem sie ihr einziges Instrument benutzt: höhere Zinsen. Ich erwarte, dass das schneller eintritt, als die meisten erwarten. Wir sind bereits am Tiefpunkt der Zinsen angelangt. Wenn dieser Fall eintritt, werden echte Vermögenswerte nicht nur sehr attraktiv, sondern der Anleihenmarkt auch sehr gefährlich.

      investorverlag.de
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      schrieb am 11.09.03 23:29:30
      Beitrag Nr. 88 ()
      Good bye, Dollar
      ++ Schuldenberg wächst ++


      Von Dirk Harbecke
      Es muss schön sein, einen Staat zu regieren. Man kann Geld ausgeben nach Belieben, seine Freundschaften durch die Zuwendung von Nettigkeiten pflegen und ist persönlich durch lebenslange Renten abgesichert. Wenn die Staatskasse mal wieder leer ist, wird das Parlament schon zustimmen, ein paar neue Schulden aufzunehmen. Präsident George W. Bush nutzt diese Vorzüge gekonnt aus. Im kommenden Haushaltsjahr benötigt er weitere 87 Milliarden US-Dollar für den Militäreinsatz im Irak, und niemand zweifelt an der Zustimmung der Volksvertreter. Die US-Schulden werden sich damit auf ein neues Rekordniveau bewegen. Das Budgetdefizit, dass im Ende September endenden Haushaltsjahr bei etwa 455 Milliarden Dollar liegt, wird kommendes Jahr auf 562 Milliarden Dollar anwachsen. Bush hält den Schuldenberg für "manageable". Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskraft Amerikas ist das denkbar, doch in der Praxis ist niemand da, der wirklich managed. Schulden können nicht mehr aus dem eigenen Einkommen, sondern nur noch durch neue Schulden bezahlt werden. Auch den Bundesstaaten geht es nicht besser. Allein bis Ende März beliefen sich deren Fehlbeträge auf 94 Milliarden Dollar. Die Ausgaben stiegen weiter, aber die Einnahmen nicht: Arbeitslosigkeit und fallende Aktienkurse drücken auf die Steuereinnahmen.

      ++ Erholung ohne Jobs ++

      Alles nichts Neues, werden Sie sagen, die USA sind doch uneingeschränkt kreditwürdig und erhalten immer neue Gelder über die Kapitalmärkte, mit denen sie die alten Schulden bedienen können. Da die Verbindlichkeiten auf Dollar lauten, könnten sie auch einfach neue Greenbacks drucken und damit Schulden tilgen, oder? Diese Frage trifft ein Kernthema des Kapitalismus, dass in den kommenden Monaten immer stärker in den Fokus rücken wird: Wie definiert sich der Wert einer Währung? Seit dem Ende des Goldstandards 1971 kann der Dollar nicht mehr jederzeit gegen eine festgelegte Menge Gold getauscht werden, sondern wird nur noch durch "Vertrauen" bewertet. Vertrauen in die Stabilität der amerikanischen Wirtschaft, Politik, Gesellschaft. Vertrauen, dass ein Dollar immer einen bestimmten "Wert" haben wird, der in letzter Konsequenz nicht definierbar ist. Beim Vertrauen handelt es sich aber um ein schwankungsanfälliges Gut, dass derzeit von der Regierung Bush zu stark strapaziert wird. Der Verfall des Dollar-Wertes gegenüber bedeutenden Währungen wie Euro und Yen in den vergangenen Monaten war nur ein erster Warnschuss. Immer mehr Finanzexperten bewerten die US-Administration als außen-, innen- und wirtschaftspolitisch gescheitert. Das gemeldete Konjunkturwachstum wird durch "Deficit spending" finanziert: Der Staat vergibt Aufträge, vor allem im Militärsektor, die mit neuen Schulden und frischem Geld aus der eigenen Druckerpresse bezahlt werden.

      Da sich Bush offensichtlich jeglicher Haushaltsdisziplin verweigert und die Schulden bei gleichzeitigen Steuersenkungen erhöht, wird das Vertrauen in die US-Politik weiter fallen. Sämtliche Hoffnungen auf einen starken Dollar ruhen deshalb auf der angeschlagenen amerikanischen Wirtschaft. "Gibt es eine Erholung ohne Jobs?", fragte das angesehene Finanzmagazin "Barron´s" unlängst. In den vergangenen sieben Monaten gingen noch einmal 600.000 Jobs verloren, obwohl die Rezession vor fast zwei Jahren geendet haben soll. Fest steht: In Amerika gab es noch nie einen Wirtschaftsaufschwung, in dem keine Arbeitsplätze geschaffen wurden. Deshalb glaube ich nicht an die Beständigkeit der derzeitigen "Erholung". Dem Dollar stehen düstere Zeiten bevor.


      Dirk Harbecke ist Börsenexperte und Finanzkolumnist.


      ++ Schuldenberg wächst ++
      ++ Erholung ohne Jobs ++
      [ Donnerstag, 11.09.2003, 15:58 ]
      instock.de
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      schrieb am 11.09.03 23:33:38
      Beitrag Nr. 89 ()
      Ahold lässt seine Aktionäre weiter im Ungewissen


      "Kannitverstan"


      Von Ingo Reich, Handelsblatt


      Heißt Enron auf Holländisch Ahold? Die Bilanztricksereien des niederländischen Einzelhandelskonzerns hat Anfang des Jahres böse Erinnerungen geweckt.





      DÜSSELDORF. Ähnlich wie bei dem US-Unternehmen ließen sich Bilanzmanipulationen letztlich nicht mehr kaschieren und führten nach Bekanntwerden zu einem radikalen Kurssturz der Aktie. Um insgesamt 500 Millionen Dollar hatte eine US-Tochter ihre Gewinne geschönt – für ein europäisches Unternehmen ein bisher beispielloser Vorgang.

      Die Vertrauenskrise an den Finanzmärkten erreichte somit auch das alte Europa. Der Ahold-Skandal riss zunächst sämtliche Handelstitel mit in die Tiefe. Aber auch die größten Ahold-Investoren, beispielsweise die renommierte ING Groep und die Fortis-Bank, gerieten in den Abwärtssog. Rund sechs Milliarden Euro Börsenkapitalisierung waren allein bei Ahold verpufft.

      Diese Strafe, die dem Zwölffachen des offensichtlich angerichteten Schadens entsprach, erschien den Märkten dann doch zu hoch. Doch noch heute erreicht der Ahold-Kurs nicht einmal ein Viertel des zeitweiligen Spitzenwertes.

      Noch immer warten die Anleger auf valide Daten aus dem Unternehmen. Auch der neue Vorstandschef Anders C. Moberg war bisher nicht in der Lage, eine Bilanz für das Geschäftsjahr 2002 zu präsentieren, die einer Überprüfung standhält. Bis zur letzten Sekunde will auch Aufsichtsratschef Henny de Ruiter die Galgenfrist der Banken auskosten, die mit einer kurzfristigen Finanzspritze den Konzern am Leben erhielten. Doch am 30. September müssen alle Karten auf dem Tisch liegen.

      Und so kochen die Gerüchte hoch, denn die Zukunft des drittgrößten Einzelhandelskonzerns der Welt bleibt ungewiss. Die neuen Ahold-Verantwortlichen ließen selbst einen Versuchsballon steigen, indem sie eine Kapitalerhöhung von angeblich zwei Milliarden Euro ins Spiel brachten, um die amerikanische Tochter US-Foodservice nicht an den erstbesten Mitbewerber abgeben zu müssen. Der Kapitalmarkt zeigte sich unerbittlich und schickte den Ahold-Kurs wieder auf Talfahrt. Auch die Zeichner von Unternehmensanleihen sind über den JunkBond-Status ihrer Papiere empört.

      Den Schlamassel letztlich verantworten müssen Ex-Ahold-Chef Cees van der Hoeven und sein damaliger Finanzchef Michiel Meurs. Ihnen ist die hemmungslose weltweite Expansion des Handelskonzerns anzulasten, die schließlich zum Kurs-Kollaps führte. Strafanzeigen wegen Betrugs, Bilanztricks und Insiderhandels laufen.

      Doch der Skandal, der unsere holländischen Nachbarn bis ins Mark erschütterte – jeder Dritte niederländische Privatanleger besitzt Ahold-Papiere –, kam nicht aus heiterem Himmel. Bereits im Februar 2002 hatte UBS Warburg auf Ungereimtheiten in der Buchführung des Unternehmens hingewiesen. Probleme mit den Ahold-Niederlassungen in Argentinien kosteten im Juni des vergangenen Jahres 410 Millionen Euro. Der Aufsichtsratschef, dem van der Hoeve damals schon seinen Rücktritt angeboten haben soll, heißt übrigens – damals wie heute – Henny de Ruiter.

      Alle Beteiligten warten immer noch auf eine lückenlose Aufklärung der Umstände, die zum Desaster führten – ganz im Sinne des Unternehmengründers Albert Heijn, der 1887 in Zaandam einen Tante- Emma-Laden eröffnete. Hätte man ihn auf die Risiken angesprochen, die die Globalisierung seines Geschäftes mit sich bringen könnte, hätte er mit Sicherheit geantwortet: „Kannitverstan“.


      HANDELSBLATT, Donnerstag, 11. September 2003, 07:02 Uhr


      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
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      schrieb am 11.09.03 23:47:51
      Beitrag Nr. 90 ()
      ARBEITSLOSE

      Fast die Hälfte sucht mehr als ein Jahr nach einem Job




      WIESBADEN (rtr). Fast die Hälfte aller deutschen Erwerbslosen sucht länger als ein Jahr nach Arbeit. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen in Ostdeutschland habe dabei mit 57 Prozent deutlich über dem im Westen (44 Prozent) gelegen, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag auf Basis der im April 2002 gemachten Umfrage zum Mikrozensus mit. Das Amt zählte nur die Personen als erwerbslos, die angaben, eine Beschäftigung zu suchen und dem Arbeitsmarkt innerhalb von zwei Wochen zur Verfügung zu stehen. Im April 2002 habe dies auf 3,5 Millionen der 4,1 Millionen Jobsuchenden zugetroffen.

      Nach Abgrenzung der Bundesanstalt für Arbeit (BA) waren im April des vorigen Jahres rund vier Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen bezifferte die BA damals auf 1,3 Millionen, was einem Anteil von 32,5 Prozent entsprach. Dabei gelten alle diejenigen als Langzeitarbeitslose, die ein Jahr und länger erwerbslos gemeldet sind.

      Laut Statistikamt waren besonders viele Frauen und ältere Menschen von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Von den Erwerbslosen, die älter als 45 Jahre sind, waren 62 Prozent länger als ein Jahr auf Arbeitssuche. In Ostdeutschland suchten zwei Drittel der erwerbslosen Frauen ein Jahr und länger nach einem Job.


      http://www.fr-aktuell.de/ressorts/wirtschaft_und_boerse/wirt…
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      schrieb am 11.09.03 23:52:41
      Beitrag Nr. 91 ()
      Staatsanwaltschaft durchsucht Müllfirmen

      Bundeskartellamt vermutet illegale Absprachen bei Millionen-Ausschreibung des Dualen Systems


      Berlin/Düsseldorf - Mitarbeiter des Bundeskartellamtes und die Staatsanwaltschaft Köln haben am Donnerstag rund 120 Unternehmen der Entsorgungswirtschaft, darunter auch die RWE Umwelt, wegen des Verdachtes illegaler Preisabsprachen und der Gebietsaufteilung durchsucht. "Sollte sich der Verdacht bestätigen, lägen nicht nur äußerst schwer wiegende Wettbewerbsverstöße, sondern gleichzeitig auch kriminelle Handlungen vor", sagte Kartellamtspräsident Ulf Böge. Der Bundesverband der deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) weist die Vorwürfe gegen die Branche als "nicht haltbar und aus der Luft gegriffen zurück".


      Das Duale System Deutschland (DSD) hatte im März auf Druck der Europäischen Union erstmals Aufträge zur Entsorgung für Glas- und Leichtverpackungen mit einem Wert von 3,6 Mrd. Euro ausgeschrieben. Die Verträge sollten ab dem 1. Januar 2004 drei Jahre lang laufen. Durch den Wettbewerb sollten die Preise sinken. Das Ergebnis jedoch entsprach, so das Kartellamt, "nicht dem, was unter Wettbewerbsbedingungen zu erwarten gewesen wäre". In der Hälfte der Ausschreibungsgebiete war nur jeweils ein Angebot eingegangen - zumeist von Firmen, die dort ohnehin schon tätig waren. Und das, obwohl vor allem Großunternehmen mit eigenen Sortieranlagen in der Lage gewesen wären, für eine Vielzahl von Vertragsgebieten mitzubieten. Die geforderten Preise lagen dabei nach Angaben des Bundeskartellamts um bis zu 70 Prozent über dem Durchschnitt der Mindestpreise in Regionen, in denen mehrere Firmen geboten hatten.


      Das Kartellamt suchte bei den Razzien nach Material, das die Vermutung belegen soll, die Unternehmen hätten sich abgesprochen. Entsorgungsfirmen könnten auf mittelständische Unternehmen Druck ausgeübt und ihnen keine Sortierkapazitäten zur Verfügung gestellt haben, um sie an der Abgabe eigener Angebote abzuhalten. Die Behörde kann gegen Teilnehmer an Kartellen hohe Geldstrafen verhängen.


      Der Entsorgerverband BDE wirft dem Kartellamt und dem Dualen System vor, durch "strangulierende Ausschreibungsmodalitäten" möglichen neuen Wettbewerbern "unüberwindbare Hürden" in den Weg gestellt zu haben.


      Das Bundesumweltministerium erklärte, es gebe derzeit keinen Handlungsbedarf, die geltende Rechtsgrundlage zu ändern. Zunächst müssten die Ergebnisse der Untersuchung abgewartet werden.


      Dagegen nahm der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) die Razzien zum Anlass, den Gesetzgeber aufzufordern, für Klarheit in der Entsorgungspolitik zu sorgen. "Die geltende Verpackungsverordnung wirft zahlreiche Probleme auf", hieß es. Statt nur das Pfand neu zu regeln, sollte sich die Bundesregeierung zu einem großen Wurf durchringen, fordert der Industrieverband.


      Das DSD ist nach Angaben einer Sprecherin von den Razzien überrascht worden. Räume des DSD seien nicht durchsucht worden. Das Unternehmen habe dem Kartellamt jedoch schon im Juli mitgeteilt, dass nur in wenigen Gebieten mehrere Angebote eingegangen seien und Nachverhandlungen angekündigt. Dieses Verfahren sei mit dem Amt abgestimmt gewesen, hieß es damals. cw/sl/rtr




      Artikel erschienen am 12. Sep 2003



      welt.de
      Avatar
      schrieb am 11.09.03 23:57:30
      Beitrag Nr. 92 ()
      Avatar
      schrieb am 14.09.03 22:31:43
      Beitrag Nr. 93 ()
      Quergedacht: Was viele denken aber wenige auszusprechen wagen
      Anstößige Texte zum Runterladen und Weiterverbreiten
      spatzseite.de


      Ein Grundkurs der Wirtschaftsgeschichte: 14.09.2003

      DIESE WOCHE
      In seltener Klarheit zeichnet der Spatz hier die Grundlinien der Epochen der Sklaverei und des Imperialismus nach. Er untersucht die wirtschaftlichen Grundlagen politischen Handelns und findet, auf welche Art Machtstrukturen sich derzeit ändern - insbesondere, weshalb der sogenannte "Imperialismus" veraltet ist und derzeit gegen etwas Neues abgelöst wird. Aber finden Sie es selbst heraus: hier steht, was in den etablierten Lehrbüchern verschwiegen wird!

      Dienen und Verdienen



      "Jede Zeit schreibt Ihre eigene Geschichte". Das hat sie auch nötig, weil die Geschichte weitgehend die Rationalisierung der Aneignung fremder Arbeitskraft durch die jeweils herrschende Elite zu liefern hat. In den deutschen Medien erlebt man zur Zeit einen schwachen Abklatsch davon. Ein Beispiel liefert die Schimpferei der Medien auf jüngste Verschwörungstheorien, welche die Amtliche Darstellung der Ereignisse vom 9.11. anders als ihre Kritiker nämlich mit guten Gründen in Frage stellen. "Wer so etwas einer Regierung zutraut, muß verrückt sein" scheint das einzige Kritikerargument zu sein. Seine hysterische Wiederholung wird kaum die 31% der Bevölkerung, die nach halbamtlichen Meinungsumfragen, die Initiatoren der Außenpolitik eines W. Bushs für die Verursacher halten, ihre Meinung ändern lassen.

      Andererseits werden natürlich auch - vor allem im Internet - genug hirnrissige "Verschwörungstheorien" in Umlauf gesetzt, vor allem um die Zweifel gekonnt zu vernebeln. Ähnlich steht es mit dem "Imperialismus", der den USA nach den Angriffen auf Afghanistan und Irak vermehrt angekreidet wurde und wird (selbst vom Spatz, muß ich bekennen). Sollte die USA wirklich so unterbelichtet sein, um auf einen neuen "Imperialismus" hinzuarbeiten? Dazu müßte man wissen, wie "Imperialismus" zu verstehen ist.

      Der Imperialismus geht auf alte Zeiten zurück. Damals wurde die "Ausbeutung" von Menschen weitgehend über den Besitz von Grund und Boden gerechtfertigt. Bodenbesitz ließ sich zwar auch durch alte "Dokumente" belegen, nüchtern betrachtet ist und bleibt er eine Funktion der Verteidigungsfähigkeit. Wer sich nicht verteidigen kann, verliert ihn. Das wurde den Indianern in Nordamerika deutlich und wird derzeit den Palästinenser in Palästina unmißverständlich klargemacht, und auch den zahllosen Flüchtlinge in Afrika (vor allem solchen, die in Gebieten mit Diamanten und anderen Bodenschätzen lebten) sehr schmerzlich gezeigt.

      Heute ist militärische Besitznahme, ähnlich wie die Sklaverei, wenn schon nicht überwunden so doch aus der Mode gekommen. Die USA streben nicht den Besitz Iraks oder Afghanistan an. Sie wollen der dort einzusetzenden Regierung zwar ihren Willen aufzwingen aber die Verantwortung für das Land selbst möglichst bald los werden. Imperialismus ist, wie die Sklaverei, unwirtschaftlich geworden. Das heißt nicht, daß man beim wirtschaftlichen Austausch, "auf dem Markt", auf militärische Macht verzichtet und sie dort keine Bedeutung habe. Angebot und Nachfrage, die bekanntlich den Preis bestimmen sind - jedenfalls letztinstanzlich - auch eine Frage der militärischen Macht. Terms of Trade und die Verläßlichkeit der Kreditrückzahlungen sind letztendlich - wie oft erwähnt - eine Funktion dieser Macht. Doch mit ihrem Einsatz verhält es sich wie mit einer Tracht Prügel. Ihre Androhung, und die Angst davor, sind wirksamer und damit für den Machthaber auch "wirtschaftlicher" als ihre tatsächliche Anwendung.

      Daraus folgt: Die Militärstützpunkte der USA in 68 "demokratischen" Ländern zahlen sich für sie mehr aus, als das tatsächliche militärische Vorgehen gegen sogenannte "Schurkenstaaten". Das eigentlich Schurkische an diesen Staaten ist allerdings, daß sie "es wissen wollen". Sie lassen sich von der militärischen Macht zuwenig beeindrucken. Der Einsatz militärischer Macht ist heute mit oder ohne Sieg langfristig gesehen bereits die Niederlage. Das wird aufgrund altertümlicher Denkweisen noch immer zuwenig verstanden. Wenn diese Behauptung aber wahr ist, dann ist zu erwarten, daß die Geschichte (wie im Spätmittelalter zwischen Mittelalter und Renaissance) schon bald umgeschrieben oder neu entworfen werden muß.

      Die Inbesitznahme anderer Länder in unterschiedlichen Formen war Imperialismus. Sie wurde nötig, um von dort Bodenschätze oder andere Güter billig zu beziehen, dort die eigene Erzeugung teuer abzusetzen. Daneben mag auch die kostengünstige Nutzung der Arbeitsleistung der Bewohner der "Interessensphäre" eine Rolle gespielt haben. Als wichtiger erwies sich zur Beruhigung der sozialen Verhältnisse im Lande die Aussiedlung der verarmten und rebellisch gewordenen Bevölkerung in den Protektoraten etc. Wie dem Sklavenhalter die physischen Lebensbedingungen des Sklaven, so werden dem Imperialisten die Zustände in der Interessensphäre angelastet. Die Zustände in den Kolonien wie in den spätfeudalen Besitztümern (wenn sie so waren, wie man sie heute darstellt) bildeten das Hauptargument, mit dem man die Öffnung der Kolonien und "demokratische" Politikformen forderte, wenn man dafür handgreiflichere Argumente erfolgreich "ins Feld" führen konnte.

      Daß Sklaverei, und später sogar der Imperialismus, wirtschaftlich unrentabel und zur Belastung (etwa durch den Wiederaufbau eines erfolgreich geplünderten Landes) werden konnten, haben die britischen Imperialisten im Laufe des 19. Jahrhunderts schmerzlich erkennen müssen, und die USA, als sie mit den Philippinen eine eigene Kolonie in Betrieb genommen hatten, gleich erkannt. Es gab und gibt wirtschaftlichere Aneignungsmethoden.

      Der Imperialismus ging - wie früher schon gezeigt - auf die spätmittelalterliche Aktivität bestimmter Bankhäuser zurück. In diesen hatte sich das zusammengekratzte Vermögen alter, hinfällig gewordener Feudalfamilien (die sogenannten fondi) angesammelt. Dieses Geld konnte sich sogar noch vermehren und Bankprovisionen abwerfen, wenn es jüngeren aktiveren Feudalfamilien ausgeliehen wurde, die damit aus den obsolet gewordenen Bauern Söldnerheere zusammenstellten, diese bewaffneten, um damit ihren Nachbarn, die das Gleiche mit Hilfe der gleichen oder anderen Bank versuchten, das Land abjagten. Die Zinsen sowohl der Sieger wie auch der enteigneten Besiegten hatte die Landbevölkerung der so vergrößerten Territorien aufzubringen.. Das Verfahren funktionierte auch später noch, als sich andere Wirtschaftsweisen durchgesetzt hatten und die meisten Territorien sich bereits als Nationalstaaten verstanden. Eine solche Bank war zum Beispiel die hier nicht ohne Grund genannte, 1472 gegründete Monte dei Paschi Bank in Siena.

      Gerade in der Gründungszeit der genannten Bank, kam eine andere, zunächst wirtschaftlichere Form der Gewinnvermehrung auf. Die Medici in Florenz gehörten zu den ersten Familien, die, statt Kriege anzuzetteln, produktive Wertschöpfung als Grundlage ihrer Geldvermehrung betrieben. Sie investierten ihr Geld in Leute, die Arbeitslose und Unterbeschäftigte nicht mehr zur Eroberung von anderer Leute Grundbesitz anwarben, sondern zur Herstellung von Gütern. Statt Waffen und Verpflegung, mußten den neuen Condottieri neben dem Sold für die Leute noch Geld für Werkzeuge und Rohstoffe (z.B. Wolle) vorgeschossen werden. Der Vorteil dieses "kapitalistisch" genannten Verfahrens war, daß die Erzeugnisse nicht mehr nur zu einer Grundbuchänderung führten, sondern zusätzliche Gebrauchswerte darstellten. Diese mußten aus der Sicht der Geldgeber allerdings erst in so viel Geld "realisiert" werden, daß für den Anführer einen schmackhaften Gewinn und sie selbst stattliche Zinsen und Provisionen abfielen. Um Zahlungen für die Güter aufzubringen, drückten lüsterne Grundbesitzer vermehrt die Bodenerträge ihrer Untertanen auf den Markt, was rasch eine "soziale Frage" in ihrem Land aufwarf. Daneben entstand noch eine "kulturelle" Frage: adelige Grundbesitzer waren hinfort nicht mehr die gefragten Leute, sondern Unternehmer, die neue Güter und bessere Herstellungsverfahren entwickelten, um aus Geld sehr viel mehr Geld zu machen und ihren Geldgebern gewünschte Erträge zu garantieren. Zunächst, als es an Zahlungsfähigkeit noch nicht zu fehlen schien, waren die technischen Unternehmer die gefragten Leute, später, als es vor allem an der Zahlungsfähigkeit haperte, waren es die Verkäufer und Geldmacher.

      Während des Imperialismus liefen beide Formen der Gewinnerzeugung nebeneinander her und ergänzten sich gegenseitig. Über die Landbesitzfrage wurden günstige Faktorkosten erzielt und günstige Absatzmärkte geschaffen. Das militärische Problem wurde wichtiger, als Staaten begannen, sich durch hohe Zölle gegen den Abfluß der Zahlungsmittel aus dem Land zu schützen und durch sonstige Maßnahmen die Entwicklung einer eigenen Industrie zu fördern. Mit der Gründung der Federal Reserve Bank 1913 und den finanzpolitischen Bestimmungen von Versailles 1919 begann sich der Sieg des industrieorientierten Finanzkapitals über das territorialorientierte abzuzeichnen. Damit strichen die territorialorientierten Banken noch nicht die Fahnen. Als sich Schwierigkeiten beim Erschließen neuer Geldquellen auftaten und die fehlende Zahlungsfähigkeit zu einer sogenannten Deflation führte, witterten sie eine neue Chance. Bei den Gewinnen kommt es für die Geldgeber - was gerne übersehen wird - nicht auf die absolute Zahl des Geldgewinnes das Verhältnis zwischen Einkauf und Verkauf an, sondern auf die wechselseitige Entwicklung ihrer Vermögensverhältnisse. Wer relativ zu den anderen mehr Geld macht, kann die Märkte im eigenen Interesse bestimmen. Gewinne waren jetzt nur noch auf Kosten der anderen möglich, weil das umlaufende Geld kaum mehr als ein Derivat dessen war, was die Geldgeber Staaten oder Unternehmen vorgeschossen hatten.

      Mit dem Versuch der Staaten, ihre Bevölkerung gegen die Verwertung gebietsfremder Geldgeber zu schützen und die eigene Versorgung durch die Entwicklung einer eigenen leistungsfähigen Industrie sicherzustellen, bekam die politische Einflußnahme auf die jeweiligen Regierungen solcher Territorien zunehmend neues Gewicht. Die politisch arbeitenden alten Banken, die den Anschluß an die neuen Verwertungsbedingungen zu spät und nicht wirksam genug gefunden haben, entdeckten neue Chancen. Die Einflußnahme auf demokratische Regierungen erfolgt, wenn sie nicht als äußerer Druck in Erscheinung treten will, und weil es billiger als Krieg ist, über Parteien im Land selbst. Während die modernen Finanzinteressen internationalistische demokratische Parteien gegen Wahlkampfunterstützungen für sich arbeiten ließen, versuchten es die politischorientierten nicht weniger Internationalen Bankkonsortien mit konservativen bis nationalistischen Parteien. Da das nationalgesinnte, wohlhabende Bürgertum zahlenmäßig immer schwächer wurde, mußten neue "Ordnungsparteien" gewonnen werden. Das geschah durch Lösungsangebote für die "Soziale Frage" an die verarmten Schichten, die wegen ihrer Wut auf das sie "ausbeutende" nationale Bürgertum ursprünglich eher für internationalistisch freiheitliche Parolen ansprechbar waren. Das Ergebnis waren in den katholischen Ländern sogenannte synarchistische, in anderen Ländern nationalsozialistische Parteien und Bewegungen.

      Der zweite Weltkrieg fällte die Entscheidung eindeutig zu Gunsten der Internationalisten, löste aber nicht die ihrem Konflikt zugrundeliegende wirtschaftliche Frage der Geldgewinnrealisierung. Der Nachholbedarf zusammen mit einem cleveren Geldsystem (Bretton Woods) überspielte diese Frage zunächst und die kapitalistischen Banken konnten sich zunächst darauf konzentrieren, durch Internationale Abkommen (GATT und als Fortsetzung WTO, die gerade in Cancun in Mexiko mit GATS ihr Instrumentarium verfeinert) und Finanzeinrichtungen (Weltbank IWF etc) die Staaten aufzubrechen und für ihre Betätigung offen zu halten. Damit einher ging eine Scheinblüte, die sogar Teilen der Bevölkerung zugute kam.

      Doch dann stellte sich 1971 mit dem Scheitern des Bretton Woods System, das Problem schrumpfender Zahlungsfähigkeit neu, obwohl geschickte Manipulationen des Geldsystems die Stagnation der Geldgewinne etwas hinauszögern konnte, dabei aber die "soziale Frage" wieder verschärfte. Das machte die Erkenntnisse der alten politischen Finanzinteressen wieder aktuell und der Kanadier R. Mundell, der zeitweise Vorstand der erwähnten Monte dei Paschi Bank in Siena war, konnte z.B. bei der Vorbereitung des neu zu gründenden Finanzsystems Geltung gewinnen.

      Militärischer Druck kann die Zahlungsbereitschaft steigern, macht aber den Griff in die Taschen der Nackigen auch nicht erfolgreicher. Das zu begreifen, fällt dem Weltdegen des internationalen Finanzkapitals und seinem Präsident zwar schwer, doch wenn es schon nicht die geplünderten Bürger merken, so doch die nicht verrücktgewordenen Banker: Imperialismus ist auf Dauer (wie die Windenergie) kein einträgliches Geschäft. Doch wann erkennt man, daß man die Herstellung dessen, was man zum Leben braucht, nicht einem blinden Mechanismus und denen, die ihn handhaben, überlasen kann. Man sollte sich demokratisch (der einzige Sinn von Demokratie) darüber verständigen, um sich unbeschwert anderen schöneren und "pro-duktiveren" Aufgaben zuzuwenden. Von der Geschwindigkeit, mit der wir alle das begreifen, hängt die Tiefe des Jammertals ab, durch das wir zu vernünftigen Verhältnissen gelangen können.
      Avatar
      schrieb am 14.09.03 22:56:57
      Beitrag Nr. 94 ()
      Die Mär vom Abbau der Unternehmensschulden – Warum die Deflation nur überwintert, um später um so munterer wieder aufzukeimen
      (12.09.2003)

      Eines der Argumente, die nicht nur die Haussiers an der Wall Street, sondern auch jene gerne anführen, die in abnehmendem Schuldendruck eine Normalisierung der monetären Verhältnisse rund um den amerikanischen Dollar sehen, sind die „Reparaturarbeiten“ der US-Unternehmen an ihren Bilanzen. Reparaturen stehen für Schuldenabbau.

      Dieses Argument klingt angesichts der Pein, die das schwache Wirtschaftswachstum und der Verlust an „pricing power“ den Unternehmen in der jüngeren Vergangenheit zugefügt haben, logisch, bestechend und für die Zukunft verheißungsvoll.

      Doch dieses Argument ist ein Mythos. James Montier, einer der Londoner Strategen von Dresdner Kleinwort Wasserstein legt dies jetzt in einer ausführlichen Analyse dar. Er weist nach, dass die Netto-Verschuldung jener im Standard & Poor’s 500 Index (S&P 500) enthaltenen US-Unternehmen, die nicht dem Finanzsektor zuzurechnen sind, im zweiten Quartal 2003 gegenüber dem ersten um fast 3 Prozent gestiegen ist.

      Mehr noch: Die Nettoverschuldung der Unternehmen habe am Ende des zweiten Quartals um nicht weniger als 23 Prozent über dem Niveau gelegen, das während des Höhepunkts der spekulativen Blase zu verzeichnen gewesen sei, erklärt Montier.

      Für bemerkenswert hält er, dass sich die höhere Verschuldung über alle Sektoren des S&P 500 erstreckt. Auf nur 50 Unternehmen konzentrierten sich 90 Prozent der höheren Verschuldung, allen voran General Electric.

      James Montier wirft unter anderem die Frage auf, warum eine so große Zahl bedeutender US-Unternehmen ihre Verschuldung gesteigert hat. Für ihn lautet die einleuchtendste Erklärung, dass die Verantwortlichen eine zyklische Erholung der Wirtschaft in den USA ganz schlicht mit einer strukturellen verwechselt haben könnten. Die führenden Manager seien notorisch massiv überoptimistisch. Sie erhöhten die Verschuldung im Zuge eines Aufschwungs, nur um dann beim nächsten Abschwung um so heftiger mit den Konsequenzen der höheren Schulden kämpfen zu müssen.

      Die Montiers Studie kommt uns gerade zur rechten Zeit, um wieder einmal an Folgendes zu erinnern: Die Schulden des Privatsektors vor allem in den USA sind der bedeutendste Einzelfaktor für das Fortbestehen der Deflationsgefahren.

      Das gegenwärtige Gerede über das Ende der Deflationsgefahren und über die Zunahme der langfristigen Inflationsrisiken ist nur Augenwischerei. Die Verschuldung des Privatsektors, also der Unternehmen und der privaten Haushalte, muss drastisch abgebaut werden, bevor Hoffnung auf einen wirklich soliden Wiederaufschwung der Weltwirtschaft aufkommen kann.

      Was derzeit für Optimismus sorgt, ist eine kleine, zeitlich begrenzte Konjunkturerholung, wie sie in Japan während der vergangenen 13 Jahre immer wieder einmal auftrat. Diese Erholung unterbricht den Prozess des forcierten Schuldenabbaus nur.

      Der nächste Abschwung wird noch schmerzhafter. Ob es der letzte Teil des Abstiegs ins Tal der Tränen sein wird, weiß niemand zu sagen. Der Boden dieses Tals entzieht sich nämlich noch dem Blick. Aber es spricht einiges dafür, dass ihn große Teile der Karawane wegen der erlittenen Auszehrungen gar nicht mehr erreichen.

      Ein gewichtiges Indiz dafür ist, dass den Moribunden niemand mehr helfen kann, weil die Medizin ausgegangen ist oder nicht mehr wirkt. Ersteres steht für die exzessive Staatsverschuldung, die keine Steigerung mehr zulässt, Letzteres für die am Ende angelangten herkömmlichen Optionen der Geldpolitik.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber


      ++++
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      Wussten Sie schon, dass ...?
      (12.09.2003)

      Für Goldminenaktien und in der Folge auch für Gold selbst können Veränderungen institutioneller Anleger bei der Aufteilung des von ihnen zu verwaltenden Kapitals auf die einzelnen Anlageformen eine entscheidende Rolle spielen. So verfügt der Anleihemarkt über ein Volumen von 13 Billionen Dollar, während die Börsenkapitalisierung der Goldminenaktien nur etwa 100 Milliarden Dollar beträgt. Schon eine geringfügige Kapitalumschichtung aus Anleihen in Goldminenaktien kann daher erhebliche Folgen zeitigen.

      (Quelle: J.P. Morgan)


      +++
      taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 14.09.03 22:58:08
      Beitrag Nr. 95 ()
      Avatar
      schrieb am 14.09.03 23:09:14
      Beitrag Nr. 96 ()
      Europaweites Mautsysteme für alle Fahrzeuge wird schon vorbereitet

      Der IT-Nachrichtendienst heise.de berichtet heute, daß das von TollCollect derzeit erprobte Mautsystem für LKW erhebliche technische Sicherheitsmängel aufweise. Neben Kritiken am Abrechnungssystem und der Transaktionssicherheit des Systems wird auch bemängelt, daß der Betreiber TollCollect mit diesem System europaweite Bewegungsprofile von LKW erstellen kann, also ein einzelnes Fahrzeug jederzeit überwachen kann - etwas, was eigentlich nur die Strafverfolgungsbehörden dürfen. Außerdem sollen die "Onboard-Units" ("Abzocke-Kästen") für LKW sogar abhörbar sein - will man sogar eine akustische Überwachung der Fahrerkabinen ermöglichen? Das System ist damit - ob absichtlich oder nicht sei dahingestellt - für massive Werkspionage ausgelegt. Damit wird freilich nur etwas offengelegt, was wir hier schon vor über einem Jahr berichtet und zahlreiche Male kritisiert haben.

      Auch unsere andere Vorhersage, daß ab ca. 2010 alle Fahrzeuge auf allen Straßen Maut zahlen sollen, scheint sich inzwischen immer mehr zu bestätigen. So berichtet spacedaily.com schon die Details des geplanten Systems, das auf dem europäischen Satellitennavigationssystem Galileo aufbauen soll. So ist offensichtlich geplant, daß alle Fahrzeuge mit einer Art Black Box ausgestattet werden sollen, die für jede Fahrt eine Identifikation des Fahrzeuges, Anfang und Ende der Fahrtstrecke, benutzte Straßen und gefahrene Geschwindigkeit an eine zentrale Abrechnungsstelle übermittelt.

      Damit ließen sich freilich noch viel schlimmere Dinge anstellen, die den letzten Rest bürgerlicher Freiheiten völlig von den Straßen verbannen würden. So liegt die Vermutung nahe, daß Radarfallen und Blitzer ab 2010 von den Straßen verschwinden, denn jede Geschwindigkeitsübertretung kann dann per Satellit erkannt werden. Das Knöllchen kommt bequem per Post. Auch die Fernsteuerung von Fahrzeugen wird möglich, etwa die elektronische Geschwindigkeitsbegrenzung - so sehr man auch tritt, er fährt nicht schneller als erlaubt. Schließlich können Länder, Straßen, Strecken, Städte oder beliebige andere Einheiten für einzelne Fahrzeuge individuell gesperrt werden: Einfahrt in die Innenstadt nur gegen besondere Maut, oder eine günstigere Maut für Autos, die nicht auf die Autobahn dürfen. Daß die Maut dann von Uhrzeit, Region und Straßenkategorie abhängen kann, ist ebenfalls gewiß - sogar ein Handelssystem für Wertpapiere, die das Befahren bestimmter Strecken zu bestimmten Zeiten erlauben - die Maut auf Fahrschein, sozusagen -, wäre dann möglich. Und daß ein solches System eine Totalüberwachung erlaubt, gegen die Orwells Visionen ein Kinderspiel sind, braucht wohl nicht erst betont zu werden. Eine Horrorvision!

      Wer jetzt meint, es werde schon nicht so schlimm kommen, beweist nur wieder, daß das Bürgertum bei Konfrontationen mit totalitären Mächten zur Beschwichtigung neigt. Das war bei Hitler so, später bei Stalin und dem Kommunismus, und heute ist es so beim Ökologismus, der die totalitäre Tradition in der Welt fortsetzt.

      Besonders beunruhigend ist, glaubt man dem Bericht auf spacedaily.com, daß in Portugal schon Ende 2004 ein Pilotprojekt geplant ist, das die hier beschriebenen repressiven Technologien erproben soll. Trifft dieser Bericht zu, dann meint es die Europäische Kommission also wirklich ernst - obwohl deutsche Politiker die Idee einer Maut für alle noch letzte Woche als "Lüge" bezeichnet haben.

      Die Lüge war offensichtlich keine, nur die, die sie bestritten, haben gelogen. Dies freilich entspricht genau den moralischen Qualitäten unserer kriminellen Führung.

      Links zum Thema: Bericht auf www.

      http://www.bwl-bote.de/index.htm
      Avatar
      schrieb am 14.09.03 23:21:32
      Beitrag Nr. 97 ()
      US-Konjunkturdaten weisen auf mögliches Ende der Rallye hin

      von Jochen Steffens

      Die Rallye ist vorbei? Zumindest, wenn man sich die heutigen US-Konjunkturdaten anschaut. Die US-Konjunkturdaten verschlechtern sich wieder, von einer Erholung kann keine Rede sein. Sollten sich die Daten nicht bald doch noch verbessern, haben wir einen heißen Herbst vor uns – mit größeren Kursverlusten. Seien Sie vorsichtig.

      Zunächst wurden um 14.30 Uhr die US-Einzelhandelsumsätzen veröffentlicht. Trotz bessere Prognosen der US-Konsumfirmen sind die Einzelhandelsumsätze im August nur um 0,6 % angestiegen. Erwartet wurde jedoch ein Anstieg von 1,5 % bis 1,8 %, nach 1,3 % zuvor. Das sieht nicht gut aus. Es weist sogar darauf hin, dass es im September noch wesentlich schlimmer werden könnte.

      Ohne Autoverkäufe und Benzin stieg der Umsatz um 0,4 %. Erwartet wurde ein Anstieg um 0,7 %. Von einem nachhaltigen Konsumanstieg kann demnach immer noch keine Rede sein! Das passt zu den Daten vom Arbeitsmarkt.

      So richtig schlecht waren aber die Zahlen zum Index der Verbraucherstimmung der Universität Michigan für September 2003.

      Der Verbraucherstimmungsindex sank auf 88,2 Punkte (!). Erwartet wurde der Index bei 90,4 bis 91,0 nach zuvor 89,3 Punkten. Was erwarten denn auch die Analysten? Angesichts der wirklich schlechten Nachrichten vom Arbeitsmarkt und steigenden Zinsen, sind diese Zahlen doch keine Überraschung mehr. Ich sehe mich immer mehr in meiner Einschätzungen bestätigt. Alan Greenspan ist im Wettlauf mit der Konjunktur gerade stehen geblieben und muss eine "Ehrenrunde" drehen.

      Kurz noch zu den Erzeugerpreisen. Sie stiegen im August um 0,4 % (Prognose: 0,3 %). Der Kernwert, ohne Energie und Nahrungsmittel, stieg um 0,1 % (Prognose: 0,1 %). Die Energiepreise stiegen um 1,2 % und damit das dritte Mal in Folge. Nahrungsmittelpreise legten um 0,7 % zu. Die Inflation auf der Großhandelsebene fiel mit +0,3 % etwas stärker als erwartet aus. Die Preise für Zwischengüter stiegen um 0,5 %, während die Rohölpreise bei den Erzeugern um 1,4 % zulegten. Das Thema Deflation ist zumindest im Moment aus der Welt.
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      Shui pao!

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Unser Freund Jim Rogers sagt: Wenn Sie wollen, dass Ihre Familie im 21. Jahrhundert Erfolg hat, sollten Sie Ihren Kindern Chinesisch beibringen. Also fangen wir mit dem Wort für "Blase" an.

      Blasen platzen am Ende. ... Aber so lange sie größer werden, ziehen sie Bewunderung, Investitionen und Neid auf sich.

      In den 80er Jahren hatten wir mit Japan zu kämpfen. Und jetzt ist China an der Reihe.

      China koppelte seinen Yuan an die Weltwährung, den Dollar, vor fast 10 Jahren. Seither hat es sein Wort gehalten und gewissenhaft 8,3 Yuan pro Dollar getauscht. Niemand beschwerte sich über dieses Arrangement. Es schien mehr als lobenswert.

      Jetzt wird China vorgeworfen, seine Währung nicht gegenüber dem schwächeren Dollar anzupassen. Ein schwächerer Dollar gab amerikanischen Unternehmen gute Verkaufsmöglichkeiten gegenüber anderen Ländern ... nicht aber gegenüber China. Waren aus China im Wert von über 125 Mrd. $ kamen im vergangenen Jahr in die USA, Tendenz stark steigend.

      Ein niedriger Dollar jedoch wird die Importe aus China weder stoppen noch die US-Firmen plötzlich konkurrenzfähiger machen. Selbst wenn der Dollar die Hälfte seines derzeitigen Wertes gegenüber dem Yuan verliert, wird das höchstens die Lohnkosten in China von 5 $ auf 10 $ pro Tag steigern.

      In den weiteren Nachrichten haben wir gelesen, dass amerikanische Arbeiter die niedrigsten Lohnsteigerungen seit 27 Jahren bekommen. Ist das ein Wunder?

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      Amerikanische Haushalte immer höher verschuldet

      Von unserem Korrespondenten Eric Fry aus New York

      Den "Kurs der Septembervergangenheit" zu überwinden, ist leichter gesagt als getan. Der Nasdaq fiel vorgestern um 2,6 % auf 1.824, während der Dow um 87 Punkte auf 9.420 sank. Nach den vorgestrigen Verkäufen klammern sich die Hauptkurse an sehr geringe Gewinne in diesem Monat. Vielleicht nimmt der Markt den wohlbehüteten Rest ... vielleicht geht es aber auch so ins Winterquartier ... oder es bleibt so für den Rest des Jahrzehnts.

      Wer kann es den Investoren verübeln, wenn sie keine Lust haben, Aktien zum 30-, 40- oder 50-fachen der Einnahmen von Unternehmen zu kaufen, die kaum wachsen? Wer kann es den Konsumenten verübeln, wenn sie keine Lust haben, Dinge kaufen, die sie nicht wirklich brauchen, mit Geld, das sie gar nicht haben?

      Gestern haben wir festgestellt, dass Kredite die Verbraucherausgaben unterstützen. ... Die Leute beleihen ihre Häuser, um Spülmaschinen, Disney-Ferien und Dell Computer zu kaufen. "Der Verbraucher ist so kreditabhängig geworden, dass er inzwischen 11 Cents von jedem Dollar, den er ausgibt, leiht; im Jahr 2001 waren es noch 9 Cent," beobachtete Stephanie Pomboy von Macro Mavens.

      Letzten Endes – wann auch immer das sein mag – benötigen die Verbraucher für ihre Einkäufe tatsächliches Einkommen und nicht weiteren Kredit. Aber leider stagniert das Einkommenswachstum. Die Beschäftigungszahl ist seit sieben Monaten gesunken, und es gibt noch kein Zeichen von einem Trendwechsel. Schlimmer noch: "Das Schulden/Vermögen-Verhältnis der Haushalte liegt auf dem höchsten Niveau seit dem 2. Weltkrieg (18 % im Jahr 2003)," bemerkt Asha Bangalore von Northern Trust. "1999 stand die Quote bei 13 %. Der starke Anstieg der Haushaltsverschuldung führt dazu, dass Schuldendienste einen weiteren Zwang in der Kasse der Haushalte hervorrufen.

      Ist es ein Wunder, dass viele Amerikaner sich wieder mit der alten Kunst des Geldsparens befassen müssen?

      Die Hypothekenindustrie war bis vor Kurzem eine der wenigen florierenden Wirtschaftszweige, die seit 2000 175.000 Jobs geschaffen hat. Aber nun hat auch diese Industrie im Zug höherer Zinsen begonnen zu welken. Die Hypotheken-Refinanzierung ist seit Mai um 78 % gefallen, berichtet die Hypothekenbankgesellschaft Ende August.

      "Der sich abkühlende Refinanzierungsboom fordert seine ersten Opfer: die Angestellten der Hypothekenleiher," berichtet das Wall Street Journal. "In den nächsten sechs Monaten werden wohl mehr als 150.000 Angestellte entlassen." Tausende weiterer Jobs werden wahrscheinlich in den angeschlossenen Unternehmen verschwinden.

      A propos kriselnde Unternehmen: General Motors erklärte gestern, dass es immer noch erwartet, 5 $ pro Aktie in diesem Jahr zu verdienen. Aber wir fragen uns: woher weiß GM, was es verdienen wird? Liest das GM-Management die Ausgaben der Morgenzeitungen schon am Abend vorher?

      Die Einnahmen von GM hängen nicht allein von den Autoverkäufen ab. Pensionspläne und das Wachstum der Krankenversicherungskosten sind wichtige Teile der Netto-Einnahmen. GM mag ahnen, wie viele Autos es verkauft und wie viel Geld es pro Auto gewinnt (oder verliert). Aber das Unternehmen scheint absolut keine Ahnung zu haben, um wie viel die Krankenversicherungskosten steigen werden.

      Der Aktienpreis mag steigen, aber die Probleme bleiben bestehen.

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      (Un)gezwungene Diskretion

      von unserem Korrespondenten John Mauldin

      Die Fed und Greenspan haben für eine ziemlich lange Zeit freie Fahrt gegeben. Alles während der Hausse, versteht sich. Wer wollte, so lange die Dinge gut standen, das Schiff ins Schlingern bringen?

      Aber jetzt, wo das wirtschaftliche Wetter nicht mehr so schön ist, ruft ein Chor zweifelnder Analysten immer lauter nach "Transparenz" in der ihrer Meinung nach undurchsichtigen Fed-Politik. So sagt zum Beispiel Paul McCulley von Pimco:

      "Kurz gesagt, ist Mr. Greenspans Managementstil am besten beschrieben als "Vertraut mir". Greenspan ist nicht einverstanden, wenn es darum geht, seine Aufgabe zu umreißen. Seine Definition der Fed-Ziele sind so wie sie sind, aber er bekommt Bauchschmerzen, wenn er sie benennen soll.

      McCulley fordert eine "erzwungene Diskretion" gegenüber der Fed. Er meint damit nicht, dass die Fed keine Diskretion über ihre Entscheidungen bewahren sollte oder gar ihre Meinung ändern sollte, wenn die Fakten sich verändern. Aber diese Entscheidungen sollen nach einer bestimmten Politik erfolgen, die jeder verstehen kann.

      Warum widersetzt sich Greenspan solch einer verständlichen Forderung nach Transparenz? Warum meint er, das einfache "vertraut mir" sei eine bessere Politik als verständliche Parameter? Und warum erklärt uns die Fed, die Zinsen würden für beträchtliche Zeit niedrig bleiben, wenn es der Wirtschaft so gut geht?

      Lassen Sie uns einige unbequemen, langfristigen Fakten der Fed ansehen.

      Zunächst sollten die Fed-Chefs klar der aktuellen Vorhersage misstrauen, dass das Wirtschaftswachstum in die Gänge kommt. Wenn sie nur eine Minute darüber nachdächten, dass das reale Wachstum über die nächsten 18 Monate tatsächlich 5 % betragen soll, dann kann ich mir nicht erklären, warum sie nicht beginnen, die Zinsen anzuheben, um für die nächste Rezession etwas Spielraum zu haben.

      Warum sollte man diesem Wachstum misstrauen? Weil viel davon nicht lange anhalten wird. Das Wachstum ist erstens auf Bush`s Steuerermäßigungen zurückzuführen, die klare Effekte haben (Wal-Mart hat über das Jahr 5–6 % mehr verkauft), zweitens auf ein gewaltiges Deficit spending der Regierung (mehr als die Hälfte des BIP-Wachstums im letzten Quartal ging von der Regierung aus) und drittens auf massive Hypotheken-Refinanzierung, die im zweiten Quartal passierte und eine Menge Geld freisetzte, das aber jetzt schon ausgegeben ist.

      Aber wo sind die Jobs? Mit einem Anstieg der Produktivität von 6 % (ein Wert, den ich bezweifle) bräuchten Sie ein Wachstum von mehr als 5 %, um Jobs zu schaffen. Eine Erholung ohne Jobs trägt sich nicht, und die Fed weiß das.

      Greg Weldon lieferte uns in der letzten Woche die Zahlen des grässlichen Arbeitsplatzberichts: Seit Juni wurden 113.000 Jobs gekündigt. Gleichzeitig ist die Arbeitslosenzahl um 453.000 gesunken. Das heißt, 340.000 ehemals als arbeitslos Registrierte sind nun aus der Statistik gestrichen. Teilzeit-Arbeit ist um 200.000 im August zurückgegangen. Die "niedrigere" Arbeitslosenzahl zeigt also keine tatsächliche Steigerung der Jobs, sondern ist nur ein Statistik-Spiel.

      Außerdem ist sich die Fed mehr als klar darüber, dass die Bauinvestitionen trotz eines angeblichen BIP-Wachstums im 2. Quartal um die Hälfte seit dem ersten Quartal gekürzt wurden. Wohlgemerkt: Bevor die Zinsen zu steigen begannen.

      So überrascht es nicht, dass die Fed-Chefs dabei sind, die Zinsen herunterzureden. Es erscheint mir, als ob sie fühlen, dass die Erholung auf tönernen Füßen steht, und sie deswegen eine Rückkehr der Inflation riskieren wollen.

      Aber es sind nicht nur die Banker, die auf ihren Nägeln kauen. GM, Ford und Chrysler, zum Beispiel, sehen, dass ihre Inland-Autoverkäufe über das Jahr um –8,2 %, –27,7 % und sogar –28,6 % (!) zurückgegangen sind, während die von Toyota und Nissan über 17 % anstiegen. Es muss in Detroit frustrierend sein zu sehen, wie Tokio frohlockt, denn die Bank von Japan intervenierte wieder und wieder, um den Yen zu senken, damit die japanischen Autohersteller konkurrenzfähiger sind.

      Die Fed steht zwischen dem Teufel und dem tiefen blauen Meer. Wenn das Handelsungleichgewicht auf dem aktuellen Niveau bleibt, werden ausländische Bestände von US-Staatsanleihen dramatisch anwachsen. Bei niedrigen Zinsen ist das kein großes Problem für die hiesige Wirtschaft. Aber was passiert, wenn die Zinsen steigen und wir 100 oder 200 Mrd. $ an ausländische Anleihenbesitzer zahlen müssen, was nur unser Handelsbilanzdefizit weiter steigern würde? Kann die Fed sich wirklich erlauben, die Zinsen zu heben, bevor das Handelsdefizit gesenkt wird?

      Was müssen die Zentralbanker tun? Die oben genannten Probleme bedeuten Rezession und Deflation, wenn sie sich entwickeln dürfen, bevor die Erholung klar zu bemessen ist. Deswegen muss die Fed in ihren Maßnahmen ganz oben an stellen, dass sie alles nur Mögliche tut, um die Wirtschaft aus ihrer Krise zu helfen, selbst, wenn es ein wenig Inflation bedeutet.

      Aber da ist die Zwickmühle: Inflation führt letzten Endes zu höheren Zinsen. Die Fed ist aber nicht der Meinung, dass wir uns höhere Zinsen leisten könnten, die vielleicht die schwächliche Erholung abwürgen könnte.

      Wenn aber die genauen Gründe der potenziellen Krise unbekannt sind, wie soll man da einen klaren Kurs bestimmen? Besser, sagt Greenspan, ist es, für äußerste Flexibilität zu sorgen als die Wirtschaft zu steuern. "Vertrauen Sie mir!"

      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 14.09.03 23:25:03
      Beitrag Nr. 98 ()
      Die Schweiz – warnender Referenzfall für Euroland
      ++ Strangulierte Wirtschaft ++



      Von Bernd Niquet
      Man muss tatsächlich schon zwei Mal hinschauen: Überall in der Welt glimmen derzeit die Hoffnungsfünkchen auf einen Konjunkturaufschwung. Die Schweiz hingegen ist gerade in eine heftige Rezession abgerutscht, die schwerste seit der deutsch-deutschen Bundesbank-Vereinigungs-Rezession im Jahr 1992. Im zweiten Quartal dieses Jahres lag in der Schweiz das Bruttoinlandsprodukt um 0,3 Prozent unter dem Vorquartal, was den dritten Rückgang in Folge darstellt.

      Wie kommt so etwas? So ein reiches Land, das reichste in Europa! Und dann das? Warum kommen die Schweizer plötzlich nicht mehr mit? Ich möchte an dieser Stelle einmal eine monetäre Erklärung versuchen.

      In meinem Buch "Der Zauberberg des Geldes" habe ich anhand einer fiktiven Bergrepublik Schwarzenstein versucht, darzulegen, wie der Mechanismus des Knapphaltens und Entknappens von Währungen das Geschick der Finanzmärkte und der Volkswirtschaften weltweit bestimmt. Die Republik Schwarzenstein schafft es dabei, durch das extreme Knapphalten seines Geldes das Vertrauen der ganzen Welt in seine Währung, den Alpina, zu gewinnen. Sie kann sich folglich vor Kapitalzuflüssen gar nicht retten (die jedoch sofort zwecks Knapphaltung des Alpinas "sterilisiert" werden).

      Verbunden ist damit eine extreme Aufwertung der heimischen Währung sowie eine entsprechende lehrbuchhafte Strangulierung der Binnenwirtschaft. Im Fall Schwarzensteins macht das freilich nichts, da es sich hierbei nur um ein Bergdorf handelt und somit die ganze Republik von den Zinserträgen der Notenbank leben kann (– die in Form einer negativen Einkommensteuer ausgeschüttet werden).

      Die Ähnlichkeiten – aber auch die Begrenzungen der Parallelitäten – zum Fall der Schweiz treten damit offen zu Tage: Auch die Schweiz ist ein kleines Land mit einer sehr stabilen Währung, die im Zuge der Entknappung von Dollar und Yen – sowie Befürchtungen, dass mit dem Euro das Gleiche passieren könnte –noch stärker zur weltweit gesuchten Anlagewährung geworden ist, als dass schon immer der Fall war. Und auch die Schweiz lebt zum großen Teil von den Provisionen, die sie bei der Verwaltung dieser in den Franken und ins gelobte Land transferierten Vermögen verdient. (Hier allerdings ernährt man sich im Vergleich zu Schwarzenstein nicht von der Notenbank, sondern von den Geschäftsbanken.)

      ++ Süßes Gift Abwertung ++

      Nur: Im Vergleich zu Schwarzenstein reicht das nicht aus, um ein derart großes und heterogenes Land mit Millionen von Einwohnern zu ernähren. Deshalb leidet die Schweiz, so paradox es klingen mag, wirtschaftlich extrem unter ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Vernunft. Womit wir beim Fall des Euros wären. Auch hier wird die Geldpolitik weitaus restriktiver gehandhabt als jenseits des Atlantiks und jenseits des Pazifiks. Der Preis, der hierfür gezahlt wird, ist eine deflationäre und an der Grenze zur Rezession sich befindliche Wirtschaft.

      Ich will jetzt nicht den Teufel an die Wand malen, aber die Parallelitäten zu den Dreißiger Jahren sind durchaus nicht völlig vom Tisch zu wischen. Die USA und Japan überholen sich beinahe täglich in ihrem Abwertungswettlauf, dessen Ziel es ist, die heimischen Wirtschaften auf Kosten der Hartwährungsländer wieder in Schwung zu bringen. Und nur noch ein paar Aufrechte stemmen sich gegen diesen unvernünftigen Trend – und bezahlen dafür mit binnenwirtschaftlichen Schwierigkeiten.

      Mal sehen wie lange die EZB hier noch dagegenhält? Denn wenn meine Informationen stimmen, dann ist die Schweiz mittlerweile bereits umgefallen und hat ihre Geldmenge rasant ausgeweitet und damit den Wechselkurs deutlich nach unten gedrückt. Manchmal muss eben auch der Aufrechteste das dreckige Spiel mitspielen, um sich nicht völlig zu besudeln.


      Bernd Niquet ist Börsenkolumnist und Buchautor. Seine beiden letzten Romane heißen "Der Zauberberg des Geldes" und "Das Orwell-Haus". Ende August erschien unter dem Titel "Klabautermannzeit" der letzte Band dieser "Trilogie aus einer begüterten Welt".


      Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.


      http://www.instock.de/Nachrichten/10134044/pos/2
      Avatar
      schrieb am 14.09.03 23:42:02
      Beitrag Nr. 99 ()
      Avatar
      schrieb am 14.09.03 23:52:18
      Beitrag Nr. 100 ()
      Avatar
      schrieb am 14.09.03 23:59:24
      Beitrag Nr. 101 ()
      Die Baisse dauert an!

      Die letzte Woche avisierte Beendigung der Aktien-Rallies hat sich nach dem "mathematischen Naturgesetz" erfüllt. Zeit mal Magnitude ergab mathematisch berechnet 0,6189! Wir nähern uns dem Tal in der Sinuskurve mit dem Tiefpunkt am 29. September 2003. Die nächsten drei Wochen werden kritisch gefährlich. Jene Analysten, die eine wirtschaftliche Erholung voraussagen, werden jäh enttäuscht werden. Das angesagte BIP in USA von 3%+- besteht zur Hälfte aus Rüstungsausgaben. Verbrauchervertrauen und Arbeitsmarkt geben noch keine Signale für einen Auftrend. Alles nur Hoffnung und keine Realität. Der Aufschwung wird nur herbeigeredet. Wie wenig Ahnung die jungen Herren bei den Banken haben, wurde in der letzten Dresdner Sonntagsbörse bei N-TV dargestellt. Alle drei Kandidaten waren für diese Woche im Dax "bullish" gestimmt. Es ging 180 Grad nach Süden und damit voll daneben.

      Wie Bill Bonner von Daily Reckoning so schön sagt: Es gibt 3 Arten von Geld an der Wall Street. Es gibt das "smarte Geld", es gibt das "dumme Geld"...und da ist das Geld, derart gehirngeschädigt, dass es praktisch um "Euthanasie" bittet. Während die Smart Investoren den Markt verlassen, kauft das "dumme Geld".... und die Preise steigen. Aber es ist bereits der "Deckel drauf", wie man an der untenstehenden Berechnung sehen kann. Da das "dumme Geld" nicht rechnen kann, versucht es den Markt weiter nach oben zu treiben. Der Tag der Erleuchtung ist nicht fern. Der parabolische Verlauf des Kurses seit dem 12.3.2003 deutet unweigerlich auf den bevorstehenden Absturz hin. Die U.S. Arbeitsmarktdaten für August lagen bei 6,1% (6,2% Vormonat)

      Greenspan gibt vor, die Wirtschaft hat die Kurve gekriegt. Wenn so, dann ist dies die seltsamste Belebung in der Geschichte:

      Investoren verloren 2,4 Billionen in 2002. Entmutigt werden sie beginnen mehr zu sparen und weniger auszugeben.
      Firmen reportierten USD 197 Milliarden nach Steuern Gewinne in 2002, weniger als USD 205,3 Milliarden in 2001. Ohne Gewinne können Unternehmen nicht wachsen.
      Das Handelsdefizit nähert sich USD 500 Milliarden. Jeder Dollar, der nach Übersee geht, ist einer weniger für US Gewinne.
      Die Amerikaner halten USD 1,7 Billionen Schulden. Das ist mehr als USD 5934 pro Kopf und steigt täglich an. Jeder Cent muss zurückbezahlt werden.
      Die Wahrheit ist, dass nur Regierungs- und Verbraucherausgaben die Wirtschaft noch am Laufen erhalten. Der einzige Weg, um das zu erreichen, liegt im Aufblähen, mehr Geld zu drucken. Je mehr Dollar es gibt, umso wertloser wird das Geld. Es dauert nicht mehr lange, dann ist es wertlos.
      Ein steiler Abtrend führt den Aktienmarkt in neue Tiefen. Die von den meisten Analysten angesagte weitere Erholung im Aktienmarkt und der Konjunktur findet natürlich nicht statt. Es gibt ein jähes Erwachen. Wir bleiben bei der "Sell" Empfehlung.

      Die Konjunktur hier und über den großen Teich lahmt und die Arbeitslosigkeit steigt an. Insolvenzen wird es in steigender Rekordzahl geben. Ab Ende Juli wird der Markt Abschläge bescheren. Nach dem Verlassen des Trend-Kanals können wir mit einem beschleunigten Abtrend rechnen. Bei einem KGV von 29 im SPX ist der Markt immer noch extrem überbewertet. Ein neuer Bullmarkt startet keinesfalls bei diesem Niveau. Wenn das KGV 60% niedriger liegt, kann man wieder bullish sein.

      Ein TSUNAMI ist wieder im Anrollen mit verheerenden Folgen! Koinzidierend ist der 5 Jahreszyklus seit 1998. Damals hatten wir die Asienkrise. Es ist höchste Aufmerksamkeit angesagt, denn ein Kollaps kann sehr sehr schnell stattfinden. Die Navigation läuft nach Elliott in eine große Welle 3. Dreier Wellen sind verheerend in einem Bärenmarkt. In einem Bullenmarkt generieren sie gute Gewinne. Dreier Wellen sind meist ausgedehnt. Nach der Sinuskurve des Dow werden wir ein signifikantes Tief am 29. September 2003 (Montag) haben. Am 27. September 2003 (Samstag) erreichen wir 199 Tage seit dem 12. März 2003 (1,618^11).

      Wir können uns auf eine "Wildwasserfahrt" gefasst machen.

      http://www.evotrade.de/Tag_im_Markt/tag_im_markt.html
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 00:01:41
      Beitrag Nr. 102 ()
      12.9.03 Länder-Defizite erreichen neue Höchststände

      Die Finanzmisere der öffentlichen Haushalte hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Die Bundesländer haben bereits Ende Juli mehr Schulden gemacht, als in ihren Haushalten und Nachtragshaushalten für das Gesamtjahr 2003 vorgesehen ist. Dies geht aus Berechnungen des Bundesfinanzministeriums hervor, die dem Handelsblatt vorliegen.

      ... asr/ms/ost DÜSSELDORF. Per Ende Juli betrug das Finanzierungsdefizit 24,9 Mrd. Euro. Bislang gehen die Planungen der Länder für das Gesamtjahr von einer Lücke von 24,2 Mrd. Euro aus. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schätzt, dass sich das Länderdefizit bis zum Jahresende auf 36,5 Mrd. Euro summiert. Ralf Stegner (SPD), Finanzminister von Schleswig-Holstein, rechnet damit, dass bis Ende des Jahres die Haushalte von 14 der 16 Bundesländer verfassungswidrig sein werden.

      ... In ungewöhnlich deutlichen Worten kritisierte die Europäische Zentralbank (EZB) die Haushaltspolitik einzelner Staaten der Euro-Zone. Die Entwicklung gebe Anlass zu „großer Sorge“, heißt es im EZB-Monatsbericht. Bei weiteren Verfehlungen sieht die EZB inzwischen sogar „die Glaubwürdigkeit der institutionellen und wirtschaftlichen Grundlagen“ der Währungsunion gefährdet. Die Notenbanker fordern insbesondere von Deutschland, Frankreich, Italien und Portugal verstärkte Sparanstrengungen.

      ... (Handelsblatt.com, 12.9.03)


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      IfW: Höhere Schulden bedrohen Erholung

      Ein Vorziehen der Steuerreform ohne Gegenfinanzierung dürfte die deutsche Wirtschaft nicht zusätzlich in Fahrt bringen, sondern könnte die Erholung im schlimmsten Fall sogar bremsen.

      ... ost DÜSSELDORF. Diese These vertreten die Ökonomen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in ihrem gestern veröffentlichten neuen Konjunkturbericht für die Euro-Zone. Eine Abkehr vom Kurs der Haushaltskonsolidierung und höhere Budgetdefizite verstießen gegen den europäischen Stabilitätspakt. Die Folge: „Die Finanzpolitik in Europa verliert zunehmend an Glaubwürdigkeit. Damit wird auch die wirtschaftliche Erholung belastet“, warnen die IfW-Volkswirte.

      Die Vergangenheit habe gezeigt, dass eine expansive Fiskalpolitik der Konjunktur nicht unbedingt auf die Sprünge helfe, betonen die Kieler Ökonomen. Der Versuch, die Wirtschaft über höhere Haushaltsdefizite in Schwung zu bringen, sei daher ein „fragwürdiges Experiment“. „Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Glaubwürdigkeit der Finanzpolitik noch weiter abnimmt, ohne dass für die Konjunktur etwas gewonnen wäre.“ ... (Handelsblatt.com, 12.9.03)




      Kommentar: Die Länderdefizite erreichen neue Höchststände, gleichzeitig wachsen Zweifel an einer Konjunkturerholung durch höhere Schuldenstände. Kaum jemand fragt jedoch nach, warum dies so ist? Warum muß sich der Staat immer weiter verschulden? Wenn man dies untersuchen würde, müßte man eingestehen, daß wir zum Bankrott verurteilt sind, egal ob gespart wird – und damit die Konjunktur abgewürgt wird – oder man sich weiter verschuldet. Das Zinssystem erzwingt immer höhere Kredite – bis zur Pleite.

      Kommentar v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 00:20:33
      Beitrag Nr. 103 ()
      Deflation - die verheimlichte Gefahr
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      Was Notenbanken, Politiker und die meisten Medien verharmlosen oder ableugnen, wird immer deutlicher: die Tendenz zur Deflation. Die nächsten Jahre entscheiden dabei über Ihr Geld. Konzerne und Superreiche bereiten sich seit langem auf eine Deflation vor, weil sie wissen: Große Vermögen werden in Krisenzeiten gemacht. Dies bedeutet für Sie ein radikales Umdenken bei Ihrer Zukunftsplanung. Wer heute klug handelt, hat die Möglichkeit, das Schlimmste für sich zu verhindern. Aber nicht nur das. Er kann auch statt Krisenopfer ein Krisengewinner werden. Krise heißt immer auch Chance.
      Wenn Sie also statt zur Masse der Verlierer zu den wenigen Gewinnern gehören möchten, sollten Sie sich mit diesem Thema näher befassen. Vielleicht haben Ihnen Ihre Großeltern von der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre erzählt? Dann konnten Sie sich ein Bild davon machen, was Sie in einer Deflation erwartet. Eine Geschichte von vielen: Eine heute über 90 Jahre alte Frau bewirtschaftete mit ihren Eltern zur Zeit der Weltwirtschaftskrise einen kleinen Bauernhof. Wie so viele, waren auch sie verschuldet. Durch die Deflation wurden die Schulden immer weiter aufgewertet, während die Einnahmen schrumpften. Ihr Vater ging einmal mit einem Wagen voller Kartoffeln zum Markt und kam mit diesem vollen Wagen auch wieder zurück - niemand konnte Kartoffeln kaufen, weil niemand Geld hatte. Als die Schulden immer drückender wurden, brachte der Vater sich aus Verzweiflung um. Lernen Sie aus dieser Geschichte!

      Was ist eine Deflation?

      Die wenigsten Menschen können sich überhaupt etwas unter dem Begriff Deflation vorstellen. Deflation bedeutet ein Absinken der in der Wirtschaft umlaufenden Geldmenge, was zu fallenden Preisen führt. Das hört sich ganz harmlos an und wird zunächst von den Menschen als angenehm empfunden. Doch die Folgen sind dramatisch, weil daraus eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale entsteht: Fallende Preise führen zur Konsumzurückhaltung, weil jeder mit Käufen abwartet, in der Hoffnung, dass es „noch billiger“ wird. Damit kommen die Unternehmen in Absatzprobleme und gehen bankrott bzw. entlassen Arbeitskräfte oder senken die Löhne. Durch die Erwerbslosigkeit sinkt die Kaufkraft der Bevölkerung, was einen weiter sinkenden Konsum nach sich zieht und die Wirtschaft noch weiter unter Druck setzt. Wie in einer Inflation die Schulden entwertet werden, so werden diese in der Deflation aufgewertet. Da immer mehr Betriebe dadurch bankrott gehen, kommen letztlich auch die Banken ins trudeln, da die vergebenen Kredite nicht mehr rückzahlbar sind. Am Ende sind die Vermögen bei den Banken in Gefahr, bei Bankenpleiten verloren zu gehen, die Kaufkraft sinkt weiter ab. In diesem Szenario verfallen vor allem auch die Sachgüter im Preis. Insbesondere Immobilienwerte werden vernichtet, weil die verschuldeten Besitzer zu Zwangsverkäufen auf immer niedrigerem Niveau gezwungen sind. Der Teufelskreislauf dreht sich selbständig immer schneller, am Ende stehen Massenarbeitslosigkeit, Armut und, wie die Geschichte zeigt, Krieg.

      Steigende Preise in der Deflation

      Leider machen viele den Fehler, nur das als Deflation anzusehen, was zu fallenden Preisen führt. Genauso wird alles als Inflation bezeichnet, was zu steigenden Preisen führt. Vergessen wird dabei, dass die meisten Preise nur durch Erhöhung der Steuern und Abgaben nach oben gehen. Der wichtigsten Preise in einer Volkswirtschaft, die Löhne und Gehälter, sinken jedoch seit Jahren. Steigende Steuern und fallende Löhne führen jedoch nicht zu einer Inflation sondern schnurstracks in die Deflation. Was machen Sie, wenn die Preise durch Steuererhöhungen steigen und Ihr Verdienst nach unten geht? Geben Sie dann mehr Geld aus oder weniger? Was machten Sie, als im Zuge der Euro-Einführung die Preise anzogen? Sie konsumierten weniger, Sie sparten, da Sie immer weniger Geld in der Tasche hatten!
      Sparen bedeutet jedoch Konsumzurückhaltung. Wird dies übertrieben, kommt es zu Unternehmenskrisen und Deflation. Eine Inflation könnte sich nur dann entwickeln, wenn die Löhne im gleichem Maße ansteigen wie die Preise, wenn also eine „Lohn-Preis-Spirale“ entstünde und alle Preissteigerungen gleich wieder durch steigende Löhne ausgeglichen würden. Solange also das Lohnniveau fällt, kann es keine Inflation geben. Wenn Sie beurteilen wollen, ob es Inflation oder Deflation gibt, beobachten Sie besser Ihr Einkommen als auf „Experten“ und Notenbankchefs zu hören. Erwarten Sie auf keinen Fall, dass Ihnen die Entscheidungsträger reinen Wein einschenken: Sollten diese Personen die Deflation eingestehen, würden sie damit zeigen, dass Sie in der Vergangenheit versagt haben. Deshalb wird bis zuletzt alles getan werden, um die Gefahr zu verheimlichen und die Masse mit „Inflationsgefahren“ abzulenken. Bis zuletzt wird auf der sinkenden Titanic die Musik spielen, damit die Hintergrund-Lobbyisten genug Zeit haben, in die Rettungsboote zu kommen. Die Gründe für eine kommende Deflation sind jedoch überwältigend.

      Warum droht uns eine Deflation?

      Das Schuldensystem, der ruinöse Wettbewerb: Unser Finanzsystem führt von sich aus zur Deflation. Die gesamten Schulden in jedem Land der Welt steigen viel schneller als die Wertschöpfung. So wachsen die Verbindlichkeiten der deutschen Volkswirtschaft fast dreimal schneller an als das Bruttosozialprodukt. Die daraus folgenden Kapitalkosten belasten zunehmend die Wirtschaft. Solange das Wirtschaftswachstum noch hoch ist, können die Kapitalkosten leicht bedient werden. Doch mit zunehmender Zeit sind die Märkte gesättigt, der Warenabsatz kommt ins Stocken und die Kapitalkosten fressen zunehmend den Gewinn der Unternehmen auf. Die Betriebe versuchen dann, durch einen ruinösen Preiskampf ihre Marktposition zu verteidigen – die Preise beginnen zu fallen. Damit wird der Kunde psychologisch an „Schnäppchenpreise“ gewöhnt, und die Unternehmen sind später gar nicht mehr in der Lage, Preise anzuheben. Dazu kommt, dass der Staat durch jahrzehntelange Konjunkturprogramme sich völlig überschuldet hat und nun seinerseits dazu gezwungen ist, Steuern und Abgaben zu erhöhen, um seinen Zinsverpflichtungen nachzukommen. Auch ein Staat ist letztlich nur ein normaler Schuldner und kann nicht unbegrenzt aufschulden – sonst würde er seine Bonität verlieren (siehe Staatspleiten wie Argentinien etc.). Das würgt die Wirtschaft und Kaufkraft der Bevölkerung zusätzlich ab.

      Der Crash: Der Einbruch der Börsenwerte in den letzten Jahren verminderte die Neigung der Verbraucher Geld auszugeben. Während steigende Aktienkurse suggerierten, dass man „es sich leisten“ könne, großspurig zu leben, haben fallende Kurse den gegenteiligen Effekt: Es wird immer mehr gespart, aus Angst, das Vermögen könnte noch weniger werden. Ein zu erwartender weiterer massiver Crash wird diese Haltung noch mehr verstärken. Ein Crash führt immer zu einer Deflation, weil Geld zurückgehalten wird, nie zu einer Inflation. Was tun Sie, wenn morgen ein Börsenkrach Ihr Vermögen vernichtet? Geben Sie dann mehr aus oder werden Sie sparsamer? Sie sparen! „Sparen“ bedeutet jedoch Konsumzurückhaltung und im großen Stil Deflation.

      Die Immobilienblase: In den USA, England und vielen anderen Ländern sind in den letzten Jahren die Immobilienwerte durch Spekulation massiv im Preis angestiegen. Damit verbunden waren Rekord-Hypothekenschulden. Teilweise steigen die Preise, je nach Land und Region, um bis zu 50 Prozent pro Jahr. Damit wurde eine Spekulationsblase erzeugt, die früher oder später platzen wird. Überschuldete Haushalte und ins Bodenlose sinkende Immobilienpreise werden die Folge sein. Ein großer Teil der Bevölkerung wird dann zum Sparen gezwungen sein. Folge: Konsumzurückhaltung, fallende Preise, Deflation!

      Rückläufige Kaufkraft: Die Ergebnisse der großen Konzerne wuchsen nur deshalb in jüngster Zeit, weil „gespart“ (besser gesagt: gekürzt) wurde. Es wurden also Arbeitskräfte entlassen, Löhne gedrückt und Investitionen eingeschränkt. All diese Maßnahmen führen aber dazu, dass die Wirtschaftsleistung als Ganzes und damit die Kaufkraft sinkt. Wenn jedoch die Menschen immer weniger Geld in der Tasche haben, dann können sie immer weniger kaufen. Die Folge ist Deflation.

      Nach Inflation folgt Deflation: Über 50 Jahre herrschte weltweit Inflation. Die D-Mark von 1950 hatte im Jahr 2000 nur noch die Kaufkraft von 25 Pfennigen. Nach einer Inflation kommt jedoch keine noch größere Inflation, sondern die Entwicklung kippt um in eine Deflation.

      Das fallende Zinsniveau: Das auf Rekordtief gefallene Zinsniveau zeigt zusätzlich eine Deflation an. In der Inflation steigen die Zinsen, weil die Banken die Inflationsrate auf den Zinssatz aufschlagen, um keinen Schaden durch die Preissteigerung zu nehmen. In der Deflation ist es umgekehrt: Die Zinssätze sinken, weil die Preise fallen. Ein steigendes Zinsniveau zeigt also eine Inflation, ein fallendes Deflation an.

      Die Masse rechnet mit Inflation: Die meisten Menschen kennen heute keine Deflation, können sich darunter kaum etwas vorstellen. Demgegenüber wurde der Masse in den vergangenen Jahrzehnten die Furcht vor der Inflation eingebläut. Deshalb rechnet die breite Bevölkerung auch fest mit einer Inflation und verschuldet sich, baut Häuser oder kauft Gold. Wie die Erfahrung jedoch zeigt, passiert in der Regel immer das Gegenteil von dem, was die Masse erwartet. Vor einigen Jahren dachte die Mehrheit, dass Aktien ins Unendliche steigen würden. Was passierte? Sie brachen massiv ein! Heute rechnet die Mehrheit mit einer Inflation. Was wird geschehen? Es gibt Deflation!

      Die Insider: Die reichen Insider im Hintergrund haben kein Interesse an einer Inflation, welche deren Geldvermögen vernichten würde. Im Gegensatz dazu haben sie jedoch ein Interesse an einer Deflation. Zu Schnäppchenpreisen können sich diese dann die Sachgüter aneignen. Die meisten großen Vermögen wurden in deflationären Phasen gemacht. Niemand hat jedoch im Gegensatz dazu ein Interesse daran, dass die kleinen Leute, Unternehmer, Häuslebauer durch eine Inflation entschuldet werden. Warum es dann nicht immer Deflation gibt? Weil in der Deflation nichts aufgebaut, sondern nur umverteilt wird. Zuerst muss man ein Schwein füttern, bevor man es schlachten kann.

      Was bedeutet Deflation für Sie?

      Deflation heißt für Sie konkret: Sie verlieren Ihren Arbeitsplatz, oder Ihr Lohn sinkt, Ihr Unternehmen kommt in Schwierigkeiten oder geht bankrott, Ihr Vermögen kommt in Gefahr, wenn Sie vor einem geschlossenen Bankschalter stehen und alle Ihre Sachwerte, insbesondere Immobilien, verlieren massiv an Wert. Noch schlimmer wird es, wenn Sie verschuldet sind. Dann werden Ihre Kredite aufgewertet, während Ihr Lohn sinkt und die Sicherheit für die Schulden (bspw. Ihre Immobilie) immer mehr an Wert verliert. In diesem Fall droht die Zwangsversteigerung, weil der Kredit für die Bank nicht mehr abgesichert ist. Schon allein die Arbeitslosigkeit reicht unter Umständen für die Bank aus, den Kreditvertrag zu kündigen.
      Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn Sie sich rechtzeitig auf die Deflation eingestellt und die richtigen Maßnahmen getroffen haben: Sie können zu Billigpreisen einkaufen gehen, Ihr Geld gewinnt immer mehr an Kaufkraft, und Ihnen steht buchstäblich die Welt offen. Vor allem Immobilien können Sie in solch einer Periode zu Schnäppchenpreisen erwerben. Mitte August August 2003 äußerte der Altmeister in der Fondsanlage, Sir Tempelton, dass in Zukunft amerikanische Immobilien zu 10 Prozent des heutigen Preises erwerbbar sein sollten! Da die verschuldeten Häuslebauer zum Verkauf gezwungen sind, verfallen die Preise, und Sie können beste Häuser für wenig Geld bekommen. Voraussetzung dafür ist jedoch eine richtige Deflations-Strategie.

      Flexible Strategie

      Eine Inflation zu überstehen und sogar daraus zu gewinnen, ist viel einfacher, als eine Deflation zu nutzen. In der Inflation müssen Sie nur Schulden aufnehmen und in Immobilien und Gold investieren. Die Kredite werden dann entwertet und die Sachkapitalien und das Edelmetall aufgewertet. In der Deflation jedoch ist es viel komplexer. Gerade die Inflationsstrategie ist dann geradezu tödlich, wenn die Schulden aufgewertet werden und Immobilien und Gold entwertet werden. Dazu kommt, dass in jeder Deflation die Gefahr besteht, dass sie wieder in eine Inflation umkippt oder sogar ein Währungsschnitt kommt. Sie müssen also eine flexible Strategie nutzen, die vor der Deflation, in dieser und danach jeweils anders aussieht.

      Buchneuerscheinung:

      „Deflation – Die verheimlichte Gefahr“
      So sichern Sie sich ab und nutzen Chancen

      1. Auflage 9/2003, 160 S., ISBN 3-9808522-3-7, 15,90 Euro

      Zum Autor
      Zum Autor: Günter Hannich Autor von sechs finanzkritischen Büchern und Ratgebern. Daneben informiert er in deutschlandweiten Seminaren die Bevölkerung zu Fragen von Geldanlage und Finanzsystem. Er ist durch zahlreiche Veröffentlichungen, sowie Interviews in Rundfunk und Fernsehen bekannt. Mehr Infos auf seiner Internetseite: www.geldcrash.de

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      Avatar
      schrieb am 15.09.03 00:20:58
      Beitrag Nr. 104 ()
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 13:28:17
      Beitrag Nr. 105 ()
      Die Freigeldfetischisten müssen jetzt ganz tapfer sein. :cool:

      Für die Newcomer hier: Das "Zinssystem"...

      ... macht immer wieder von sich her. Es gilt als nachtschwarze Erscheinung, nach deren "Beseitigung" endlich alles "gut" würde.

      von Paul C. Martin

      Da ich als Champion dieser Einrichtung gelte, darf ich nochmals kurz meine Ansicht / Einsicht dazu zum Besten geben:

      1. Es gibt kein "Zinssystem", das irgendwann irgendwer erfunden hätte.

      2. Der Zins entsteht immer als Abgabe (census).

      3. Die Abgabe hat einen Termin, zu dem zwangsweise vollstreckt werden kann (zum Termin in das, was abgegeben werden muss bzw. Ersatz bzw. Sanktion).

      4. Abgabenzwang (Umfang der Abgabe plus Termin) lässt sich nur mittels bewaffnetem Zwang realisieren.

      5. Der Sinn von Herrschaft besteht darin, die Mittel, den Abgabenzwang durchzusetzen, zu monopolisieren (Waffen).

      6. Zinsen, die auf etwas anderes lauten als das jeweilige Abgabenmittel, sind nicht nachweisbar.

      7. Das jeweilige Abgabenmittel ist "Geld". Das staatliche Trippel-Monopol Waffen - Abgaben - Geld ist just das, was seit Max Weber als Phänomen "Herrschaft" bezeichnet wird.

      8. Die bekannten "natürlichen Ausnahmen" beziehen sich auf Selbstverständlichkeiten (z.B. Übertragung von Ernteerträgen oder neugeborenem Vieh, sofern Felder oder Herden gepachtet waren). Mit "Zinsen" haben sie nichts zu tun.

      9. Entfällt der bewaffnete Abgabenzwang entfallen Zins und damit Geld automatisch. Denn womit und worin sollte die Abgabe erhoben werden?

      10. Die vermeintlichen Ausnahmen dazu sind die bekannten Surplus-Erzeugungen, die hier umfänglichst dargestellt wurden, Stichwort Bernbeck.

      11. Dieser Surplus wird allerdings ebenfalls erzwungen und geht über das bisher vom Betroffenen Erzeugte (inkl. Vorräte) hinaus.

      12. Der Abgabenberechtigte ("Macht") kann mit seinen Abgaben auskommen oder nicht.

      13. Kommt er zunächst damit aus, ergibt sich dennoch auf Dauer ein Redistributionsproblem, das sich generell in Umsturz entlädt.

      14. Der Umsturz kann die Redistribution vorübergehend verbessern, führt jedoch über kurz oder lang immer wieder zum selben Ergebnis. Daher der altbekannte Staats(macht)-Durchlauf: Neue Schweine an die selben Tröge.

      15. Kommt die Macht nicht mit den Abgaben aus, kann sie diese erhöhen, was ebenfalls über kurz oder lang zum Umsturz führt.

      16. Die Macht kann auch Vorgriff auf Abgaben nehmen. Dazu muss sie einen Titel über später eingehende Abgaben ausstellen und diesen zu verkaufen versuchen.

      17. Dadurch entsteht eine Schicht, die den Staat vorfinanziert (sog. "Juden", "Kapitalisten", usw.).

      18. Diese Schicht handelt die Titel zunächst nahe pari (es wird "alsbald" mit Rückzahlung aus Abgaben gerechnet), danach verfallen die Kurse der Papiere immer stärker. Die Finanzgeschichte ist die Geschichte der Nonvaleurs.

      19. Die entsprechend disagierten Papiere besagen nichts anderes als: Einen Teil der erwarteten Abgaben wird vom Abgabenherrn an seine Finanziers abgetreten.

      20. Ein Zins entsteht dadurch nicht. Die spätere Abgabe wird nur anders verteilt: der Teil, den die Finanziers erhalten wird als "Zins" bezeichnet, ist aber tatsächlich nur ein Teil der später eintreffenden Abgabe (census).

      21. Diese Titel sind zedierbar und werden gehandelt. Ihr Kurs ist immer ein Abschlag von der Summe, die schließlich insgesamt als Abgabe fällig ist oder erwartet wird.

      22. Erwirbt jemand einen solchen Titel, sieht es so aus, als würde sich der Titel "verzinsen". Davon kann aber keine Rede sein. Denn mehr als das, was später als Abgabe eintrifft, kann der Titel niemals hergeben. Er gibt es nur später her.

      23. Dies ist bei der Beleihung (Verpfändung) von privatem Eigentum nicht anders. Der Eigentümer kann immer nur einen Teil der später einkommenden (oder erwarteten) Erträge abtreten.

      24. Der private Kreditgeber hält sich entweder über den Titel schadlos und erhält den versprochenen Teil der später eintreffenden Erträge des Eigentümers oder er hält sich über einen zweiten Titel (Verpfändung) am Eigentum selbst schadlos.

      25. Eigentum und Vollstreckung von Titeln (sowohl in das Geschuldete als auch in das Pfand) setzen exekutive Macht voraus.

      26. Daher immer Macht vor Einkommen und /oder Ertrag oder auch Steuern vor Einkommen.

      27. Das Problem der Vorfinanzierung der Macht selbst kann vorübergehend gelöst werden (Fiskus als Eigentum der Macht, das Erträge abwirft, Regiebetriebe, Monopole, Vergabe von Lizenzen und Monopolen usw.), aber niemals auf Dauer.

      28. Ursache dafür sind konkurrierende Machtsysteme und die sich aus jedem Machtsystem automatisch ergebenden Hierarchien (Machterhaltsysteme).

      Kurzum: Das Problem ist nicht zu lösen. Das einzig Interessante: In welcher Phase des Gesamtdurchlaufs befindet man sich? Daraus sind dann die entsprechenden Konsequenzen für jeden Einzelnen zu ziehen. Von jedem Einzelnen, je nachdem, wie er die Situation einschätzt.

      Der Ablauf selbst ist unumkehrbar, allerdings wiederholt er sich. Dies solange es das Phänomen des bewaffneten Zwangs gibt.

      Schönen Sonntag noch + Gruß!

      http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/218949.htm
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 14:53:36
      Beitrag Nr. 106 ()
      Die Schweden verdienen Applaus – Warum sollte sich ein noch gesunder Apfel von vielen anderen faulen anstecken lassen?
      (15.09.2003)

      Die Schweden haben trotz denkbar tragischer, emotional aufwühlender Umstände sehr rational gewählt. Sie wollen den Euro nicht.

      Dies bedeutet noch keine endgültige Entscheidung, aber die Regierung hatte schon vor dem Referendum erklärt, der Wille der Wähler werde bei der letzten Entscheidung berücksichtigt.

      Doch was hätte sie denn wohl anders sagen sollen, ohne die Wähler schon vor dem Urnengang vor den Kopf zu stoßen und sie zu Hause bleiben zu lassen?

      Die Mehrheit der Schweden hat richtig entschieden. Für den Augenblick wenigstens. Ob es jene, die sich gegen den Euro entschieden haben, wirklich in vollem Umfang wussten oder nicht: Schweden kann sich auf beispiellos günstige fundamentale Bedingungen stützen. Und das in einer Zeit, in der die wirtschaftlich bedeutendsten Länder des Euroraums schwer erkrankt sind. Was, in aller Welt, hätte die Schweden dazu bewegen können, sich von diesen Krankheiten anstecken zu lassen?

      Seit Jahren entwickelt sich die schwedische Wirtschaft besser als die des Euroraums, und nichts trübt die Aussichten für die überschaubare Zukunft. Schweden verfügt über einen hohen Leistungsbilanzüberschuss, der die Exportkraft des Landes widerspiegelt. Die Binnennachfrage ist sehr robust.

      Und vor allem: Schweden hat die schmerzhaften Reformen, die vor allem in Deutschland mit ungewissem Ergebnis erst angedacht worden sind, bereits hinter sich. Und zwar mit Erfolg, wie auch der Blick auf den Haushalt der Regierung in Stockholm zeigt.

      Das alles aufzugeben, um sich mit dem Euro „schmücken“ zu können, erschien der Mehrheit der Schweden nicht akzeptabel. Sie verdienen nicht nur Respekt für ihre rationale Entscheidung, sondern Beifall.

      Gewisse Regierungen im Euroraum sollten den Willen der Schweden als Mahnung und zugleich als dringende Aufforderung verstehen, es besser zu machen als bisher.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber

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      Wussten Sie schon, dass ...?
      (15.09.2003)

      Bei einem aufstrebenden Konjunkturzyklus treten zwei Drittel der Kursteigerungen aller Erfahrung nach bereits ein, bevor die Wirtschaftsdaten den Aufschwung tatsächlich bestätigen.


      (Quelle: Morgan Stanley, London)


      taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 14:54:24
      Beitrag Nr. 107 ()
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 14:58:47
      Beitrag Nr. 108 ()
      15.09. 14:38
      US: Leistungsbilanz wie erwartet
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Die Leistungsbilanz im zweiten Quartal lag unverändert bei negativen $138 (Prognose: $138,0) Milliarden nach $136 Milliarden im ersten Quartal. Das Volumen der Güterausfuhren lag bei $174 Milliarden, nach $173.3 Milliarden im ersten Quartal. Das Importvolumen stieg dagegen auf $312 Milliarden nach $309.4 Milliarden im ersten Quartal.
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 17:17:54
      Beitrag Nr. 109 ()
      Ehrenmitglied im Gruselkabinett

      Von Claus Vogt
      Wer hätte das gedacht? Ausgerechnet das zu Recht vielgescholtene Simbabwe erweist sich plötzlich als Vorreiter. Das unter seinem langjährigen Präsidenten Robert Gabriel Mugabe zu fragwürdigem Ruhm gekommene und einst als Perle Afrikas gerühmte Land verfügt selbstverständlich auch über eine Zentralbank. Deren Präsident, Dr. Leonard Ladislus Tsumba, studierte und promovierte in den USA. Er ist ein Inflationist erster Güte, kann es hinsichtlich seiner Rankings auf der Beliebtheitsskala aber trotzdem nicht mit Alan Greenspan aufnehmen. In einem mutigen Versuch, das zu ändern, macht die Regierung Simbabwes, angespornt von der in Notenbankkreisen salonfähig gewordenen Diskussion „unkonventioneller geldpolitischer Maßnahmen“, als erste Nägel mit Köpfen. Das bereits jetzt von Hyperinflation und wirtschaftlichem Niedergang, den typischen Folgen einer extrem interventionistischen Politik, geplagte Land gab Ende Juli die Einführung einer neuen Banknote innerhalb von 60 Tagen bekannt. Die 500 Zimbabwe Dollar-Note, der größte Schein des Landes, soll durch einen Neudruck ersetzt werden. Die alten Scheine, die nicht zum Umtausch in das marode Bankensystem eingereicht werden, sollen dann ihren Status als gesetzliches Zahlungsmittel verlieren, also wertlos verfallen. Außerdem informierte die Regierung die Bevölkerung über die Vorbereitung eines Gesetzes, mit dem die hohe Bargeldhaltung unterbunden werden soll. Diese beherzt beschlossenen „unkonventionellen Maßnahmen“ lassen sicherlich die Herzen der speziell in den USA so lautstarken Gruppe unkonventioneller Notenbanker höher schlagen. Ist Simbabwe etwa das Vorbild von Greenspan, Bernanke und Gefolge?


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.


      [ Montag, 15.09.2003, 16:01 ]

      http://www.instock.de/Nachrichten/10134086.html
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 17:26:58
      Beitrag Nr. 110 ()
      Weltwirtschaft: nicht mehr tragbare Ungleichgewichte

      Die macro-Analyse Nr. 100


      Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft hat es schon immer gegeben. Wenn die Verwerfungen allzu extrem werden, gleichen Anpassungsprozesse sie wieder aus. Das ist wie beim Wetter. Es ist auch nicht gleichmäßig auf dem Globus verteilt. Zwischen einem Hoch- und einem Tiefdruckgebiet sorgen die Luftströmungen für einen Ausgleich. Die Verwerfungen an den Finanzmärkten und der Wirtschaft insgesamt haben sich in den letzten Jahren zu einer Dimension aufgebaut, dass sie bereits politische Streitereien auslösen. Die drei wichtigsten Volkswirtschaften - USA, Eurozone und Japan -, auf die rund 75% des Weltbruttoinlands- produkts entfallen, stecken synchron in einem Konjunkturtal. Der synchrone Verlauf ver- hindert den sonst üblichen Ausgleich der Wachstumskräfte. Zur Jahresmitte 2003 drohten noch deflationäre Gefahren. Jetzt, im Herbst, ist die Hoffnung groß, dass ein neuer, dynamischer Aufschwung eingeleitet werden kann. Doch außer einer Stimmungsbesserung sind in allen Regionen noch keine konkreteren Aufschwungshinweise auszumachen. Das ist üblicherweise der Zeitpunkt, an dem die gegenseitigen Beschuldigungen über Handels- hemmnisse zunehmen, wie auch schon seit Wochen zu beobachten ist. Die Regionen der Weltwirtschaft sind diesmal von erheblichen strukturellen Problemen belastet:

      In den Vereinigten Staaten haben die privaten Haushalte jahrelang "über ihre Verhältnisse" gelebt, indem sie ihre Konsumausgaben schneller erhöhten als ihre verfügbaren Einkommen zunahmen. Das ging zu Lasten der Sparquote und erhöhte ihre Verschuldung. Bei den Unternehmen hat die Verschuldung ein Niveau erreicht, bei dem nur noch die Sanierung der Bilanzrelationen im Vordergrund steht. Die Regierung hat aus einem Haushaltsüberschuss von 125 ein Defizit von 400 Mrd. USD gemacht. Das Leistungsbilanzdefizit wird inzwischen auf 500 Mrd. USD geschätzt und hat die USA zur höchst verschuldete Nation befördert.
      In der Eurozone ist das Wirtschaftswachstum inzwischen zum Stillstand gekommen. Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit hat zu einer Verunsicherung der Konsumenten geführt und belastet die Binnenwirtschaft. Eine mögliche Schwäche der US-Valuta könnte den Export erschweren. Die Osterweiterung bringt Anpassungsprobleme von noch unbekanntem Ausmaß mit sich. Die Fiskalpolitik ist durch das Überschreiten der Maastrichter Stabilitätskriterien durch mehrere Mitgliedsländer am Ende ihrer Möglichkeiten.
      In Südostasien kämpft Japan schon seit Ende der 80er Jahre gegen Rezession und Deflation. Trotz kräftiger Exportwirtschaft belasten nach wie vor depressive Tendenzen der Binnenkonjunktur. Der Staat ist inzwischen mit rund 150% des BIP verschuldet. Die Notenbank versucht mit Geldmarktzinsen von 0% und umfangreichen Interventionen am Devisenmarkt den Kursrückgang des USD zu verhindern. Die südostasiatischen Noten- banken haben in den letzten Jahren riesige Devisenreserven in Höhe von rund 1,4 Bio. USD zu Lasten der USA und Europas angesammelt. Trotz heftigen Drängens blieb die Apec (Asia-Pacific Economic Cooperation) am 05.09 2003 bei ihrer Distanz zu flexiblen Wechsel- kursen. Währungen auf unnatürlichem Niveau zu halten, so US-Finanzminister Snow, verzerrt die Märkte, geschieht auf Kosten der Nachbarländer und treibt den Protektionismus voran. Die USA exportieren derzeit zu ihrem Unwillen Arbeitsplätze.

      Folgerung: Zu einer Minderung der weltwirtschaftlichen Ungleichgewichte können letzten Endes nur Anpassungen der Wechselkursrelationen beitragen. Ein sich selbst tragender Aufschwung zeichnet sich in keiner einzigen der drei großen Regionen ab.

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      Die macro-Analyse
      Geld, Devisen Renten, Aktien
      Ausblick, Zusatz- und Hintergrundinformationen

      Dr. Eberhardt Unger

      http://f7.parsimony.net/forum9673/messages/32004.htm
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 17:33:00
      Beitrag Nr. 111 ()
      Kutzer`s Corner


      Europas Schulden-Taktik


      Hermann Kutzer


      Die Schweden haben „Nej“ zum Euro gesagt – im Grunde keine Überraschung. Natürlich Bedauern bei europäischen Nachbarn, wenngleich die Gemeinschaftswährung unter dem skandinavischen Votum nicht leiden wird.


      Der Euro könnte eher dann unter Druck geraten, wenn seine Erfinder endgültig ihre Glaubwürdigkeit verloren haben – was wir nicht hoffen sollten! Immer lauter war in den vergangenen Wochen die Kritik an der mangelhaften Haushaltsdisziplin der EU-Mitgliedsstaaten geworden, nicht zuletzt seitens der Europäischen Zentralbank. Inzwischen ist ja klar, dass nicht nur Berlin die Schuldenobergrenze des Stabilitätspakts von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht einhalten wird, sondern auch Paris und die Anderen – und das nicht nur für ein Jahr. Die Finanzminister haben am Wochenende das Bekenntnis zum Pakt bekräftigt – was für eine überzeugende Leistung! Und Frankreich hat angekündigt, ab 2005 die 3-Prozent-Grenze wieder einzuhalten – na also!

      Zur Erinnerung: Der Stabilitäts- und Wachstumspakt soll den Euro vor den Folgen übermäßiger Staatsverschuldung schützen. Denn nach einiger Zeit führen hohe Defizite zu Inflation und steigenden Zinsen, was wiederum das Wirtschaftswachstum drosselt.

      Aber: Alles ist bekanntlich relativ. Und vielleicht ist das Überschreiten der Schuldengrenze nicht etwa ein Notfall, sondern eine taktische Maßnahme. Denn die US-Defizite wachsen noch dramatischer, was den Dollar nachhaltig unter Druck setzen könnte. Ein damit zu fester Euro kann den Europäern aber gar nicht Recht sein, weil das eine stärkere Konjunkturbelebung wohl verhindern würde. Die parallele Ausweitung der Staatsverschuldung diesseits wie jenseits des Atlantiks ist also sinnvoll und trägt zur Stabilität bei – oder?

      Hier erreichen Sie den Autoren per E-Mail: h.kutzer@vhb.de


      HANDELSBLATT, Montag, 15. September 2003, 15:29 Uhr


      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 17:42:54
      !
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      Avatar
      schrieb am 15.09.03 17:45:15
      Beitrag Nr. 113 ()
      Sozialreformen

      SPD will Rente weiter kürzen



      Die SPD-Führung plant weitere einschneidende Reformen in den Sozialsystemen. Dazu will sie wesentliche Teile der Rürup-Vorschläge übernehmen. Das geht aus einem Entwurf der SPD-Spitze für den Leitantrag zum SPD-Parteitag im November hervor.



      Das Papier sieht außerdem die schrittweise Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre sowie die stufenweise Umwandlung der Krankenversicherung in eine Bürgerversicherung vor, bestätigten Koalitionskreise am Samstag einen Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel.

      Der Entwurf der SPD-Spitze ist laut Spiegel unter Federführung von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, Finanzminister Hans Eichel, Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und SPD-Generalsekretär Olaf Scholz entstanden.

      Eine SPD-Sprecherin erklärte, es gehe lediglich um einen Arbeitsentwurf, der noch diskutiert werde. Es gebe „keinerlei inhaltliche Festlegungen“. Dies sei auch für den kommenden Montag nicht zu erwarten, sagte sie zu anders lautenden Angaben. Insofern könnten auch Details des Arbeitsentwurfs nicht bestätigt werden.



      Vorruhestand soll erschwert werden
      Das Rentenalter soll demnach bis 2035 stufenweise von heute 65 auf 67 Jahre steigen. Gleichzeitig soll der Vorruhestand erschwert und die Riester-Rente vereinfacht werden. Bei der Pflegeversicherung sollen Rentner vom Jahr 2010 an einen zusätzlichen Solidarbeitrag zahlen.

      Auch Kinderlosen drohen höhere Beiträge zur Pflegeversicherung. Von ihnen soll künftig ein zusätzlicher Pauschalbeitrag erhoben werden. Laut dem Magazin Focus prüft das Sozialministerium, ob „Nicht-Kinder-Erziehende“ zwei Euro pro Monat zusätzlich zahlen sollen. Bisher zahlen alle Arbeitnehmer 0,85 Prozent ihres beitragspflichtigen Einkommens an die Pflegekasse.

      Das Krankenversicherungssystem soll laut SPD-Entwurf stufenweise in eine Bürgerversicherung“ umgewandelt werden. Gesetzliche und private Kassen sollen aber weiter nebeneinander existieren. „Hoch umstritten“ ist dem Vernehmen nach, ob und wie Privatkassen in den Finanzausgleich der gesetzlichen Kassen einbezogen werden könnten.

      In der Finanzpolitik sieht der Antragsentwurf laut Spiegel eine Verschärfung der Besteuerung von privaten Veräußerungsgewinnen bei Wertpapieren und Immobilien vor. Dazu sollen die bisherigen Spekulationsfristen, nach denen Gewinne steuerfrei sind, abgeschafft werden. Außerdem soll die Erbschaftsteuer neu geregelt werden. Großvermögen sollen stärker belastet werden.



      Union will Rentenbeiträge für Eltern senken
      Die Reformkommission von CDU/CSU unter Führung von Alt-Bundespräsident Roman Herzog hat sich nach Angaben der Berliner Zeitung (Samstag) darauf verständigt, dass Eltern künftig weniger eigene Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen als Singles. Nach dem Modell soll der Staat für einige Jahre an Stelle der Eltern aus Steuermitteln einen Durchschnittsbeitrag in die Rentenkasse einzahlen.

      Aus Sicht des Arbeitnehmerflügels der Union findet die Forderung nach einer Mindestrente in der Herzog-Kommission mehr Zuspruch. Diese gesetzliche Mindestabsicherung nach 30 Beitragsjahren müsse aber mindestens 15 Prozent über dem Sozialhilfeniveau liegen, sagte der Chef der CDU-Sozialausschüsse, Hermann-Josef Arentz, der Freien Presse.



      Stoiber lehnt Rentenkompromiss ab
      Kritiker dieser Pläne verweisen darauf, dass dies zwischen 6 und 7 Milliarden Euro kosten und den Beitrag zur Rentenversicherung um knapp 0,7 Prozentpunkte anheben würde.

      CSU-Chef Edmund Stoiber sowie FDP-Chef Guido Westerwelle haben einen Rentenkompromiss nach dem Vorbild der Gesundheitsreform abgelehnt. Westerwelle sagte der Passauer Neuen Presse, „mir hängen diese Konsensrunden zum Hals raus“.

      Nach Stoibers Worten hat die drohende Beitrags-Explosion bei der Gesundheit zu einem „Schnellverfahren“ gezwungen. „Dass wir uns in Hinterzimmern auf Reformen verständigen, darf sich nicht wiederholen“, sagte Stoiber der Bild am Sonntag. Ansonsten werde die Demokratie beschädigt.

      (sueddeutsche.de/dpa)

      http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/927/17910/
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      schrieb am 15.09.03 17:46:01
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      schrieb am 15.09.03 17:51:37
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      schrieb am 15.09.03 17:53:30
      Beitrag Nr. 116 ()
      Exorbitante Bezüge

      Aufstand gegen Börsenchef Grasso

      Der Chef der New Yorker Börse, Richard Grasso, gerät wegen seiner exorbitanten Bezüge zunehmend unter Druck. Auch in der US-Börsenaufsicht SEC gibt es jetzt offenbar Zweifel, ob Grasso noch zu halten ist.

      Von Andreas Oldag






      (SZ vom 15.09.03) - Börsenhändler haben eine Unterschriftensammlung gegen den Börsen-Chef Grasso begonnen. Wenn die Händler bei den 1.366 Mitgliedern der New Yorker Börse (NYSE) hundert Unterschriften zusammen bekommen, könnte eine Sondersitzung einberufen werden, um über Grassos Zukunft zu reden, heißt es an der Wall Street.

      Die Sitzung könnte bereits in dieser Woche stattfinden. Es wäre das erste Mal seit 1976, dass ein NYSE-Chef vorzeitig seinen Hut nehmen müsste. Damals wurde James Needham wegen interner Querelen zum Rücktritt gezwungen.



      Heftige Kritik
      Der Börsenchef hatte kürzlich mit einer Zahlung von 139,5 Millionen Dollar zu seinem Gunsten heftige Kritik ausgelöst. Dabei ging es um Pensionsansprüche und andere Vergütungen, die seit Grassos Anstellung an der weltgrößten Börse vor mehr als drei Jahrzehnten aufgelaufen waren.

      Nun wurde bekannt, dass sich auch andere Mitglieder des Vorstands mit großzügigen Gehältern und Bonuszahlungen versorgen. Grassos beide gleichgestellten Stellvertreter Catherine Kinney und Robert Britz kassierten jeweils 2,95 Millionen Dollar. Der NYSE-Chef selbst erhielt im Jahr 2002 nach amerikanischen Presseberichten 10,6 Millionen Dollar.

      Die Börse hat die großzügigen Zahlungen mit dem Argument gerechtfertigt, dass diese eine adäquate Anerkennung für die Leistungen des Managements gewesen seien.



      Wie ein Konzernlenker
      Bei der Festlegung von Grassos Bezügen hat der Vergütungsausschuss als Eckwert die Bezüge von Konzernlenkern der Privatwirtschaft herangezogen.

      Dies hat dem Ausschuss, in dem unter anderem auch DaimlerChrysler-Vorstandschef Jürgen Schrempp vertreten ist, scharfe Kritik eingebracht. Nach einem Bericht der Financial Times gehe aus internen Protokollen der NYSE hervor, dass sich Schrempp kritisch über das Vergütungsniveau des Börsenchefs geäußert habe.

      Grasso sei kein Industriekapitän, der Risiken eingeht, sondern Aufseher einer öffentlichen Einrichtung, meinen Kritiker. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Vergütungsausschuss Grasso für seinen bis 2007 verlängerten Anstellungsvertrag weitere 48 Millionen Dollar zuerkannt hat. Grasso verzichtete jedoch unter Druck einzelner Ausschussmitglieder darauf.

      Kritiker weisen darauf hin, dass der Nettogewinn der New Yorker Börse in den vergangenen Jahren um 61 Prozent auf 28,1 Millionen Dollar im Jahr 2002 gefallen sei. Dies war vor allem eine Folge der schwächeren Börsenumsätze in Zeiten eines Konjunkturabschwungs. Dennoch kassierte Grasso 2001 eine Rekordsumme von 30,5 Millionen Dollar. Allein für die schnelle Wiedereröffnung der Börse nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erhielt Grasso eine einmalige Sonderzahlung von fünf Millionen Dollar.

      Henry Hu, Professor für Unternehmensführung an der Universität Texas wirft der NYSE-Führung (Board) vor, den Blick für die Realität verloren zu haben. Die Kriterien für Bonuszahlungen seien im höchsten Maße subjektiv, sagte der Professor dem Wall Street Journal. Etliche Kritiker bezeichnen die NYSE als Selbstbedienungsladen. Über Jahre hinweg sei es Grasso gelungen, ein enges Geflecht von persönlichen Beziehungen zu einflussreichen Wall Street-Managern und Bankern aufzubauen.

      Auch in den Medien hat sich Grasso als „Retter der Wall Street“ geschickt in Szene setzen können. 1995, dem ersten Amtsjahr Grassos als Vorstandschef, hatte die NYSE neue Richtlinien für die Bezahlung ihrer Führungskräfte eingeführt. Von diesem Zeitpunkt an seien Grassos Bezüge steil nach oben gegangen, heißt es an der Wall Street.

      Board-Mitglieder der NYSE wollen sich in dieser Woche mit dem Chef der US-Börsenaufsicht SEC, William Donaldson, treffen, um über den „Fall Grasso“ zu beraten. Donaldson hat bereits durchblicken lassen, dass die NYSE mindestens ebenso strengen Kriterien der Unternehmensführung gerecht werden müsse wie private Unternehmen. Außerdem will sich auch der US-Kongress mit dem Thema beschäftigen. „Die Luft für Grasso wird dünner. Es gibt große Zweifel, dass er noch im Amt bleiben kann“, meint ein Wall Street-Banker.


      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/955/17938/
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      schrieb am 15.09.03 18:29:56
      Beitrag Nr. 117 ()
      Zinsen, Gold und Urlaub

      von Jochen Steffens

      Verblüffend, es kommen überaus schlechte Nachrichten von der US-Konjunktur und was machen die Anleger? Sie kaufen die amerikanischen Indizes bis zum Schluss hin wieder ins Plus. Doch ganz so verblüffend ist es nicht – erste Anleger hoffen und spekulieren nach diesen Zahlen auf eine weitere Zinssenkung. Morgen ist wieder eine Sitzung der amerikanischen Notenbank. Dabei ist es eher unwahrscheinlich, dass die Fed bereits diese Woche die Zinsen senken wird. Es wäre überhastet und viel zu früh. Die Fed wird sich Zeit lassen, um zu beobachten wie sich die konjunkturelle Erholung weiter entwickelt. Erst wenn sich die negativen Anzeichen deutlicher verdichten, wird sie reagieren. Okay, das wäre die vernünftige Art des Vorgehens ... doch die Fed hat mich schon manches Mal durch pure Unvernunft überrascht, besonders bei den völlig überzogenen Zinssteigerungen 2000/01.

      Ich schreibe immer von einem Wettlauf zwischen Fed und Konjunktur. Die Fed versucht die Börsen solange in die Höhe zu treiben, bis die Wirtschaft anspringt und dann auch der Arbeitsmarkt sich wieder beruhigt. Es ist demnach ein Zeitproblem. Kann die Fed die Börsen so lange bei guter Laune halten, bis die Wirtschaft nachkommt? Es sah eine Weile fast so aus. Die Arbeitsmarktdaten verbesserten sich verhalten. Doch ich hatte Sie auf den saisonalen Effekt hingewiesen. Jetzt haben sich die Daten wieder erheblich verschlechtert. Setzt sich diese Tendenz fort und sollten sogar die Aktienkursen ins Fallen übergehen, wird der Fed natürlich nichts anderes übrigbleiben als eine weitere Zinssenkung. Welche andere Möglichkeit hätte sie noch?

      Ich bin überaus gespannt, wie die Märkte in den nächsten Wochen reagieren werden. Wie es Bill Bonner schon einmal beschrieb: Wir wohnen einer marktwirtschaftlich gesehen extrem spannenden Epoche bei. Es stehen die Theorien der alten Schule zur Disposition. Es geht um die entscheidende und zukunftsweisende Frage, ob eine Notenbank den eigenen Markt und den Weltmarkt quasi kontrollieren kann. Damit geht es auch um die letzte große Frage: Sind die wirtschaftlichen Zyklen von Rezession und Aufschwung, von Baisse und Hausse beeinflussbar oder gar aufhaltbar? Alles in der Natur, vom den kleinsten subatomaren Teilchen bis hin zu großen Sonnensystemen, ist Zyklen unterworfen. Niemand, nicht einmal Alan Greenspan, wird diese Zyklen aufhalten können oder vielleicht doch?

      Zurück zur Zinspolitik: Welche Wirkung eine weitere Zinssenkung haben? Noch mehr Liquidität? Es macht meiner Meinung nach keinen Sinn mehr. Das Pulver der Fed ist verschossen.

      Eine solche Zinssenkung könnte dramatische Folgen haben, denn sie wäre ein Eingeständnis, dass die konjunkturelle Erholung nicht auf den festen Füßen steht, wie die Börsen es vorweggenommen haben.

      Ach ja, letzte Woche hatte ich geschrieben, dass Gold sich auf den Weg zum letzten Jahreshoch bei 389 Dollar macht. Gold hat diesen Wert am 12.09.03 kurz erreicht und notierte in Folge wieder deutlich schwächer. Charttechnisch orientierte Anleger rechneten mit einem Doppeltop. Ein Doppeltop ist ein Umkehrformation und weist auf weiter fallende Kurse hin. Fundamental spricht natürlich einiges gegen ein Doppeltop im Gold. Trotzdem ist etwas Skepsis geboten. Auf den Goldpreis sollten Sie achten.

      Leider werde ich den Verlauf des Goldpreise nicht weiter verfolgen können, denn ich fliege am Mittwoch für zwei Wochen in Urlaub. Dabei musste ich meiner Lebensgefährtin versprechen, mich zwei Wochen gänzlich von den Börsen fernzuhalten. Nicht, dass Sie denken, ich sei über dieses Versprechen sonderlich betrübt. Ein wenig frage ich mich jedoch schon, ob es Absicht war, dass sie uns ein kleines, sehr abgelegenes Häuschen an einem nahezu unbewohnten Flecken auf einer schönen Insel im Atlantik ausgesucht hat? Was meinen Sie? Doch – sie hat schon Recht. Erholung tut wirklich Not. Lange Spaziergänge, gutes Essen und viel frische Luft. So kann ich mich ab dem 2.Oktober mit neuer Kraft und neuer Energie wieder ganz dem Investor`s Daily widmen.

      P:S Sie brauchen in dieser Zeit nicht auf den Investor`s Daily verzichten. Unsere amerikanischen Korrespondenten werden weiter für Sie da sein. Und ab nächster Woche wird mich Michael Vaupel, Chefredakteur vom Optionsschein-Profits, vertreten.

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      US-Wirtschaftszahlen mit wenig Überraschungen

      von Jochen Steffens

      Und da war sie wieder, meine Lieblings-US-Konjunkturkennzahl: Der (meiner Meinung nach) nichts sagende, weil hochvolatile NY Empire State Index. Dieser lag im September bei 18,4 Punkten nach dem verheerenden Rückgang auf ca. 10 Punkten im August. Die Erwartungen lagen bei 15 Punkten.

      Der Index gibt Aufschluss auf die Aktivität im herstellenden Sektor im Großraum New York und ist das Ergebnis einer Umfrage der Bank of New York bei Vorständen aus verschiedenen Unternehmen in der herstellenden Industrie. Er soll ein Frühindikator für den ISM-Index sein. Ich denke mal, die Aufregung um diesen Index, die im Anfang der Rallye bei einem plötzlichen Anstieg auf über 20 (von zuvor unter 10) entstanden war, ist verpufft. Die hohe Volatilität dieses Index lässt an seiner Prognosesicherheit (zumindest zurzeit) arg zweifeln. Lassen wir ihn getrost wieder in der Versenkung verschwinden ...

      Die US Leistungsbilanz weist nahezu unverändert ein Defizit von 138,7 Mrd. Dollar auf. Erwartet wurden 136–138 Mrd. Dollar. Weiterhin Rekordniveau.

      Leicht positiv zu bewerten sind die um 0,1 % auf 1 179,57 Mrd. $ gesunkenen Lagerbestände, bei gleichzeitigem Anwachsen der Geschäftsumsätze um 1,6 % nach 1,3 % zuvor.

      Soweit so gut, die europäischen Indizes reagierten auf diese um 14.30 Uhr veröffentlichten Zahlen kaum. Es hat sich sozusagen nichts Interessantes getan. Wichtiger werden die Industrieproduktion und die Kapazitätsauslastung sein, die um 15.15 Uhr veröffentlicht werden.

      Die US-Industrieproduktion ist lediglich um 0,1 % gestiegen. Erwartet wurde ein Anstieg von 0,2 bis 0,4 % nach zuvor 0,7 % (revidiert von 0,5 %). Hier zeichnet sich eine leichte Abschwächung ab. Man sollte diese nicht überbewerten, hier könnten sich auch saisonal Einflüsse bemerkbar gemacht haben.

      Die Kapazitätsauslastung liegt weiterhin unverändert bei mageren 74,6 % und damit in den Erwartungen. Ein Argument bleibt bestehen: Im Gegensatz zu den Konjunkturdaten, die umfragebedingt sind, also auf subjektiven Einschätzung beruhen, zeigen die harten Konjunkturdaten noch keine Erholung an.

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      Die Chinesen stehen unter Druck ...

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Schauen wir uns auf der Welt um und fragen, was dort passiert. Nirgends ist gerade mehr los als in China, wo das BIP viermal schneller gewachsen ist als in den USA.

      Noch ist die chinesische Wirtschaft fast so abhängig von der amerikanischen Nachfrage wie die US-Wirtschaft. Vergessen Sie nicht, dass die letzte Blase auf das Dollar-Standard-System zurückzuführen war.

      "Die Befürchtungen steigen, dass China sich überhitzt," berichtet die Financial Times besorgt.

      "China ist alarmiert von dem Zustrom spekulativen Kapitals," steht im People`s Daily.

      Und auf der ganzen Welt beginnen die politischen Führer, sich über China zu beschweren. "Unfair," sagen sie zur chinesischen Politik, sein Geld an den Dollar zu koppeln. Fast 10 Jahre lang haben die Chinesen zuverlässig 8,3 Yuan pro Dollar gewechselt. Jetzt, wo die eigenen Wirtschaften Wettbewerbsprobleme haben, denken die Finanzminister der anderen Länder, vor allem der USA und Frankreich, China verhalte sich ungerecht.

      Sowohl der politische als auch der wirtschaftliche Druck hinsichtlich einer Aufwertung des Yuan nimmt zu. Das kann passieren. Würde es das Ende der aktuellen chinesischen Blase bedeuten?

      Nicht notwendigerweise. Wie wir am Donnerstag ausführten, würde sogar ein großer Anstieg des Yuan nicht Chinas Vorteil billiger Arbeitskraft vernichten. Tatsächlich könnte ein teurerer Yuan sogar helfen, die Blase zu verlängern.

      Mitte der 80er Jahre war Japan die schnellstwachsende Wirtschaft der Welt. Wie China heute, zog Japan damals den Neid der Welt auf sich. 1985 stand Japan bei einem Treffen der Finanzminister der Welt in New York im Zentrum der Aufmerksamkeit; sie wollten, dass Japan seine Währung gegenüber dem Dollar anhebt.

      Die Auswirkungen waren so unerwartet wie dramatisch. Zuerst strauchelte die japanische Wirtschaft. Plötzlich waren ihre Produkte fast 50 % teurer auf dem Weltmarkt. Zurückschlagend taten die Japaner das, was Greenspan gerade tut – sie senkten die Zinsen und vereinfachten die Bankgesetze. Ein paar Monate später boomte das ganze Land wieder. ... und zog Milliarden ausländischen spekulativen Kapitals an. Das Ergebnis war eine genauso absurde Blase wie die amerikanische Tech-Blase Ende der 90er Jahre. Japans Blase platzte schließlich im Januar 1990, die amerikanische fast genau 10 Jahre später.

      Nun ist China an der Reihe.

      Chinesische Aktien wie asiatische Aktien im allgemeinen sind noch relativ günstig ... und noch immer unterrepräsentiert in amerikanischen Portfolios. Der typische Fondsmanager zeichnet 50 % des Portfolios mit US-Aktien. Nur 11 % wird in Asien investiert, das – wie Mark Faber betont – bereits der stärkste Wirtschaftsblock der Welt ist mit einer Bevölkerung von 3,6 Mrd. Menschen und den besten Wachstumsaussichten der Welt.

      "Ich denke, dass die Investoren mindestens 50 % ihres Geldes in Asien investieren sollten," folgert Faber. "Dort sind die Werte viel günstiger und die Wachstumsaussichten viel besser als in den USA."

      Also, bitte: Kaufen Sie China. Aber vergessen Sie nicht, bald wieder zu verkaufen ... so lange die Ausgänge noch klar sind.

      Eric, was gibt`s von Dir?

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      Der Börsenmonat September

      Von unserem Korrespondenten Eric Fry aus New York

      Letzten Donnerstag war der 11. September. Wir New Yorker versuchten zu tun, als ob es ein ganz normaler Tag wäre. Aber ein gewisses Angstgefühl war schwer zu unterdrücken.

      Glücklicherweise kam und ging der 11. September 2003 ohne einen Anschlag, was den New Yorkern erlaubte, friedlich der Tragödie vom 11.9.2001 und der Opfer zu gedenken.

      Vier Schweigeminuten hielten die Börsianer ein. Um 8.46 Uhr, als das erste Flugzeug in den Nordturm stürzte; um 9.03 Uhr, als das zweite Flugzeug den Südturm traf; um 9.59 Uhr, als der Südturm einstürzte; und um 10.29 Uhr, der Zeitpunkt, als der Nordturm in Staub sank.

      Mit Ausnahme dieser vier kurzen Momente der Ruhe war die New Yorker Börse dasselbe wüste Casino, was es immer ist. Tatsächlich war die Aktivität eher fröhlich. Der Dow Jones kletterte um 39 auf 9.460 Punkte, während der Nasdaq ein Plus von 1,2 % auf 1,846 verzeichnete. Amerikas patriotische Investoren trieben die Aktienpreise mit einer Flut von Ordern in die Höhe, genau wie in den Wochen nach dem 11.9.2001.

      Wir freuen uns festzustellen, dass die patriotischen Aktienkäufer vom September 2001 endlich am Break-Even sind: Der Dow ist jetzt nur noch 1,5 % niedriger als der Schlusskurs vom 10.9.2001, und der Nasdaq sogar 9 % höher als direkt vor dem Anschlag.

      Aber wir von Investor`s Daily haben auch vor den allgemeinen Septemberrisiken gewarnt. James Stack von Investech Reserch nennt ein paar historische Fakten:

      "Sehen Sie, der September ist ein SCHLECHTER Monat für den Aktienmarkt," schreibt Stack. "Im vergangenen Jahr sank der S&P 500 Index um 11 % – der größte Rückgang während eines Monats im gesamten dreijährigen Bärenmarkt. Weder der S&P 500 Index, noch der Dow Jones, noch der Nasdaq haben seit 1998 im September ein positives Ergebnis verzeichnet."

      Der September 2003 zeigt sich jedoch gegen den Trend, bisher jedenfalls. Dieser September war bis jetzt freundlich für Aktieninvestoren, aber brutal für Amerikas Arbeiter. Die Wirtschaft streicht schneller Jobs als der Dow Punkte hinzugewinnt.

      In der vergangenen Woche sprang die Zahl der Entlassungen auf 422.000. Schon im August gingen unerwarteterweise 93.000 Jobs verloren.

      Es überrascht nicht, dass die steigenden Jobverluste zu steigenden Kreditrückzahlungs-Schwierigkeiten führt. "Immer mehr Hausbesitzer sind mit ihren Hypothekenzahlungen im vergangenen Quartal zurück, weil Arbeitslosigkeit die Budgets der Haushalte belastet," schreibt die AP.

      Es ist klar: Verbraucher ohne Jobs zahlen ihre Hypotheken nicht pünktlich. Aber keine Angst, sie werden immer einen Weg finden, ein paar hundert Aktien von Fanny Mae oder Cisco Systems zu kaufen.
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      Flug in den Schwachsinn

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Nur weil jedes Mitglied der Gesellschaft und der Regierung will, dass die Anleihen- und Hausbau-Inflation sich ohne Konsequenz fortsetzt, muss das nicht bedeuten, dass es auch passiert." – Michael J. Burry

      In einer Krise flüchten sich die Investoren in Sicherheit; plötzlich wendet sich all ihre Aufmerksamkeit vom return ON investment zum return OF investment. Anleihenkäufer, die sich typischerweise an der Ertragskurve orientieren, wenden sich vom grauen Himmel der Investitionen ab und schwenken über zu den besseres Wetter bietenden Schatzbriefen. "Da kriegen wir zumindest unser Geld zurück," sagen sie sich dabei. Was auch immer passiert, der Staat wird zahlen ... ... selbst wenn er dafür Geld drucken muss.

      Aktienkäufer flüchten sich währenddessen in Qualität, indem sie von spekulativen Aktien zu solchen wechseln, die Wert und Rendite bieten. Auf diese Weise wollen sie die Krisenzeit abwarten ... und die Dividenden kassieren.

      Aber was ist mit dem Investor von heute? Er schaut um sich und sieht keine Gefahr, weder von den höchsten Haushaltsschulden in der Geschichte, noch von den Billionen in den Derivativen, noch von der steigenden Arbeitslosigkeit, noch von den sinkenden Gewinnen, noch von den hohen Aktienpreisen, noch von den größten Defiziten der Geschichte, sowohl dem des Staats als auch dem des Handels. Was sollte er tun?

      Sich ein paar neue Augen besorgen, ist unsere Antwort.

      Stattdessen hat er einen billigen Flug gen Mittelmäßigkeit gebucht ... und den ganzen Markt mit sich genommen.

      Auf dem Anleihenmarkt favorisieren die Investoren Junk-Bonds vor Qualitäts-Bonds. Und auf dem Aktienmarkt hatten die spekulativsten Tech-Aktien bei weitem die beste Performance in diesem Jahr bis jetzt.

      Es gibt kluges und dummes Geld. In normalen Zeiten unterscheidet es sich nur geringfügig, wie Republikaner und Demokraten. Eine Aktie, die für das 10fache der Einnahmen gehandelt wird, kann zu teuer, aber auch zu billig sein. Das erkennt man erst nach einiger Zeit.

      Schlimm jedoch ist es, wenn dummes Geld klug aussieht, wie im Moment. Nichts hebt den IQ eines Investors mehr, als wenn er sieht wie seine Aktien steigen. Bis zum Beginn einer Krise denken sogar die dümmsten Investoren, sie seien Genies.

      Wenn wir zurück auf die "Blasen-Jahre" 1997 bis 2000 schauen, erkennen wir, wer wer war. Das kluge Geld verkaufte Aktien, das dumme verkaufte sie. Das klügere Geld verkaufte Aktien, die es noch gar nicht besaß. Aber die echten Genies schufen die Aktien, die die Investoren kaufen wollten.

      Nicht alles Geld, das in der ersten Phase des Bärenmarktes 2000 bis 20003 verloren ging, verschwand. Viele Unternehmen – allen voran Amazon.com – nutzten den Übermut der Investoren, indem sie Aktien schufen und verkauften. Die Investoren gaben ihr Geld ohne Vorbehalte. Die Unternehmen brauchten weder ihr Anlagevermögen, noch Gewinne, noch Dividenden, ja, nicht einmal einen Business-Plan auszuweisen. Das Geld war frei. Amazon und andere Unternehmen verdienten auf diese Weise Milliarden Dollars ... die ihnen ein fettes Geldpolster gaben, von dem immer noch einiges übrig ist.

      Auf der anderen Seite kaufte das dumme Geld Amazon-Aktien auf dem Höhepunkt. Dümmeres Geld kaufte Aktien auf Kredit. Und das dümmste Geld überhaupt war in den Händen der Manager, die Geld liehen, um ihre eigenen überteuerten Aktien zurückzukaufen! Der Sinn des Spiels war, den Aktienpreis hochzutreiben, Millionen neuer Aktien aufzulegen und diese an die ahnungslosen Investoren zu verkaufen. Aber die Finanzzauberer missverstanden völlig, was sie taten. Anstatt vom dummen Geld zu profitieren, kauften sie die Aktien des dummen Gelds zurück – zu höheren Preisen. In diesem Fall war das Geld nicht bloß dumm, sondern so schwer zurückgeblieben, dass Sie ihm einen Gefallen getan hätten, wenn Sie ein Kissen über seinen Kopf gedrückt hätten.

      Wo aber ist das dumme Geld jetzt ... und wie können wir davon profitieren?

      Wir wissen es nicht; wir fragen bloß. Aber am Aktienmarkt scheint es eindeutig zu sein. Als generelles Prinzip gilt: Kluges Geld kauft billig und verkauft teuer, das dumme tut es umgekehrt.

      Aber was ist mit den Leuten, die Geld zu den niedrigsten Zinsen seit 40 Jahren verleihen? Liefern sie nicht Kapital zu erstaunlich günstigen Konditionen? Sollten wir nicht auch leihen, bevor die Geldlieferer die mögliche Krise bemerken? Werden zum Beispiel die ausländischen Leiher nicht bald erkennen, dass sie wenig Gewinn von einer Anleihe mit 5 % Rendite haben, wenn der Dollar 10 % an Wert verliert?

      Außerdem gibt es die Leute, die ihre Häuser für mehr beleihen, als sie wert sind. Was halten wir davon? Wer ist der größere Trottel, der Kreditnehmer oder der Geldverleiher? Es ist schwer zu sagen. Beide scheinen auf ein Desaster zuzusteuern.

      In der Theorie ist der Verleiher der Kluge und der Kreditnehmer der Dumme. Aber auf ihrer Flucht in die Mittelmäßigkeit sind die Verleiher ein immer höheres Risiko eingegangen. Haben sie nicht eine Situation geschaffen, in der beide Seiten die Verlierer sein könnten?

      Die Verleiher sind im Begriff, wegen der wachsenden Inflationsrate zu verlieren. Die Inflation würde den Wert einer festgelegten Hypothek zunichte machen.

      Aber die Inflation ist keine sichere Sache. Der Hausbesitzer ist auch im Begriff zu verlieren. Jobs verschwinden. Das Lohnniveau stagniert. Deflation würde es noch schwerer für ihn machen, die Hypothekenzahlungen zu leisten. Und wenn sein Haus an Wert verliert, will er vielleicht gar nicht zahlen.

      Ein regelbarer Zinsmechanismus würde den Verleiher vor der Inflation schützen ... aber nicht davor, dass der Kreditnehmer nicht zahlen kann.

      Was ist mit Gold? Wer ist der Loser? Der Käufer oder der Verkäufer? Wir wissen es nicht, aber Dow-Aktien für 26 Unzen Gold zu bekommen, scheint fast ein Schnäppchen zu sein. Sie bekommen 26mal mehr für Ihr Geld als vor 23 Jahren. Damals war es das Dümmste, was Sie machen konnten, statt in Dow-Aktien in Gold zu investieren. Der Dow ist in den nächsten 20 Jahren um 1.100 % gestiegen, während sich der Goldpreis halbierte. Das war natürlich eine Krisenperiode, als die Investoren sich nach Qualität umsahen. Der Dow mag zwar billig gewesen sein, dachten sie, aber Gold war sicher.

      Sie irrten sich. Und jetzt liegen sie wahrscheinlich wieder falsch, jedoch in der entgegengesetzten Weise. Nun gibt es überall Krisen, aber sie sehen sie nicht. Anstatt nach Qualität zu suchen, sind sie auf dem Weg zur Mittelmäßigkeit und zum Schwachsinn. Sie machen die schlechtesten Deals an der Wallstreet und lassen das Gold links liegen.


      http://www.investor-verlag.de/
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      schrieb am 15.09.03 21:40:24
      Beitrag Nr. 118 ()
      Das Wunder des Wachstums

      Klaus Popp über die wundersamen Wachstumsraten der Medizinbranche


      Unter dem Titel „Die Abschaffung der Gesundheit“ erläutert Spiegel-Autor Jörg Blech, wie es der Medizinindustrie gelingt, permanent Wachstumsraten zu erzielen. „Systematisch erfinden Pharma-Firmen und Ärzte neue Krankheiten. …Die Behandlung von Gesunden sichert das Wachstum der Medizinindustrie.“ Erfreulich ausführlich (über 11 Seite) wird mit zahlreichen Beispielen belegt, wie mit immer neuen Krankheitsbildern Bedarf für ständig neue Medikamente geschaffen wird. „Um das enorme Wachstum der früheren Jahre beibehalten zu können, muss die Medizinindustrie immer häufiger auch Gesunde medizinisch traktieren. Global operierende Pharma-Konzern und international vernetzte Ärzteverbände definieren die Gesundheit neu: Natürliche Wechselfälle des Lebens, geringfügig vom Normalen abweichende Eigenschaften oder Verhaltensweisen werden systematisch als krankhaft umgedeutet.“

      Es mag „schlau“ sein oder „ein bisschen gemein“, vielleicht hat es sogar etwas mit „Gehirnwäsche“ zu tun, wenn man Bedarf für ständig neue Produkte schafft. Auf jeden Fall ist es eine bedenkliche Entwicklung, dass die Industrie gesunden Menschen Krankheiten einreden muss, um Gewinne und Wachstumsraten zu sichern. Auch wenn man nicht jede Zivilisationskrankheit für die Erfindung von Geschäftemachern hält, kann man dem Autor weitgehend zustimmen.

      So gut dieser Trend dokumentiert wird, so dünn bleibt die Recherche nach den Ursachen. „Wenn es keine Krankheiten gibt“, wird ein Experte zitiert, „dann gehen die Parma-Firmen pleite“. Gegen Ende des Beitrags wird noch ein gewaltiger Druck festgestellt, den Mediziner, Unternehmen und Medien erzeugen. Die Motivation für diese Entwicklung bleibt nebulös. Kein Wort davon, dass Politiker, Journalisten und Ökonomen seit Jahren höhere Wachstumsraten fordern, um den „Standort Deutschland“ zu sichern. Der Umstand, dass Firmen ohne entsprechende Wachstumsraten schnell vom Markt verschwinden, ist keinen Satz wert. Der Gedanke, dass Manager und Ärzte der Logik des kapitalistischen Marktes folgen, scheint Herrn Blech fremd zu sein. Was verzeihlich wäre, gäbe es in der Redaktion des „Spiegel“ Kollegen, die sich den offensichtlichen Widersprüchen stellen würden.

      Gesund bleiben ist sinnvoller als gesund machen, schafft aber kein Wachstum.

      Die Bürger sollen Maß halten bei den Lohnforderungen, gleichzeitig aber mehr ausgeben um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Arbeitslosen sollen sich endlich Arbeit suchen, während die Arbeitenden längere Arbeitszeiten akzeptieren sollen.

      Mehr Arbeiten, mehr Produzieren, mehr Gewinne. Aber wie und wo? Mehr Pillen fürs Volk? Sollen wir jährlich mehr Autos produzieren und sie öfters zu Schrott fahren. Brauchen wir mehr Fernseher und Waschmaschinen? Es soll noch Kinderzimmer ohne TV geben. Müssen wir unsere Garderobe öfters entsorgen? Wie wäre es mit dem Einweghemd? Vielleicht kann man so auch die Müllverbrennungsanlagen besser ausnutzen. Mehr Rüstungsgüter - wenigstens darin besteht weitgehend Einigkeit - sollen es jedenfalls nicht mehr werden, oder etwa doch?

      Es macht keinen Sinn, die Symptome und Auswüchse der Wachstumslogik zu beklagen, ohne nach deren Ursache zu fragen. Ständig positive Zinssätze erzwingen ständig wachsende Gewinne und eine permanent zunehmende Produktion. Gleichzeitig erzwingt unser Geldsystem einen immer größer werdenden Transfer von den Arbeitenden zu den Geldbesitzern. Mittlerweile werden uns täglich 1.100 Millionen Euro an Zinslasten abverlangt. Die fehlen in der Lohntüte und sie erzwingen eine permanente Ausweitung der Produktion – unabhängig von den Bedürfnissen der Menschen. Neue Pillen erst sichern die Verzinsung der Kapitalien, der Sach- wie der Geldkapitalien. Erst bei einem Zins um Null kann eine Firma überleben ohne permanent zu wachsen. Bei einem Zins um Null kann auch der Staat allen seinen Verpflichtungen nachkommen, ohne mehr Steuern einnehmen zu müssen. Nur ein Null-Zins-Niveau ermöglicht eine stabile Entwicklung und damit Entscheidungen, die an den Bedürfnissen der Menschen und nicht primär an denen des Kapitals orientiert sind. Das betrifft gleichermaßen Politiker, Manager und Verbraucher.

      Es wäre erfreulich, wenn „Der Spiegel“ diesbezüglich seine Scheuklappen verlieren würde.

      PS: Neben einem Null-Zins-Niveau ist eine Umlaufgebühr nötig, um eine Deflationskrise wie beispielsweise derzeit in Japan zu verhindern. Mehr dazu erfahren Sie auf unseren Internetseiten.

      Quelle: „Der Spiegel“ 33/2003, Seite 116 ff.


      http://www.inwo.de/ticker/news/nachrichten_1061240674.html

      18.08.2003 Klaus Popp

      Links zum Thema:
      Der Spiegel-Artikel
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 21:50:18
      Beitrag Nr. 119 ()
      arbeit

      Wer bleibt am Standort D?

      Leipzig oder Starachowice - warum BMW in Deutschland investiert und MAN nach Polen geht. Eine Fallstudie über Wettbewerb im Grenzbereich


      Von Dietmar H. Lamparter



      © Wieslaw Smetek für DIE ZEIT
      Die zwei Männer haben vieles gemeinsam. Beide sind Ingenieure und Chefs von mehreren tausend Mitarbeitern. Der 52-jährige Peter Claussen leitet das neue BMW-Werk in Leipzig, der 59-jährige Ralf Simon die Geschäftseinheit Schwere Reihe bei MAN Nutzfahrzeuge, mit Fabriken in Salzgitter, München und Penzberg.

      Dennoch könnte ihre Gemütslage kaum unterschiedlicher sein.

      Claussen darf in Leipzig bis Ende 2004 mehr als 5000 neue Arbeitsplätze schaffen - und findet das "einfach genial". Simon muss im gleichen Zeitraum mehr als 370 Arbeitsplätze vom bayerischen Penzberg ins polnische Starachowice verlagern - und findet, dass das ganz und gar "keinen Spaß macht".

      Die beiden Fälle werfen ein Schlaglicht auf die in den vergangenen Wochen und Monaten wieder heftig entbrannte Diskussion um den Standort Deutschland. Erst schockte eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) die Nation, wonach "fast jedes vierte deutsche Industrieunternehmen" in den nächsten drei Jahren Teile der Produktion ins Ausland verlagern wolle. Dann drohten während des Metallerstreiks in Ostdeutschland Automanager mit Konsequenzen. BMW müsse seine zukünftige Investitionsstrategie für den Standort Leipzig überdenken, warnte Personalvorstand Ernst Baumann. Opel-Chef Carl-Peter Forster rühmte die polnischen Arbeiter, die die gleiche Qualität zu einem Fünftel der deutschen Löhne produzierten.

      Steht also der krisengebeutelten Republik eine neue Verlagerungswelle bevor? Wandert jetzt auch noch die deutsche Schlüsselindustrie, die Kfz-Branche, ab?

      Kein Industriezweig hat in den vergangenen Jahren mehr Jobs in Deutschland geschaffen als die Autobauer. In der großen Restrukturierungswelle Anfang der Neunziger hatten sie zwar hierzulande mehr als 160 000 Arbeitsplätze wegrationalisiert, aber seit 1994 stellten sie in Deutschland wieder mehr als 110 000 neue Mitarbeiter ein. Jetzt verdienen wieder gut 770 000 Menschen bei den Herstellern und deren Zulieferern ihr Geld. Rechnet man die rund eine Million Menschen hinzu, die in vorgelagerten Branchen wie dem Maschinenbau, der Stahlherstellung, Kunststoff- oder Chipproduktion tätig sind, kommt man "auf einen Beschäftigungseffekt von 1 770 000 Menschen", rechnet Siegfried Roth, Automann beim IG-Metall-Vorstand in Frankfurt, vor.

      Für Willi Dienstbier sind solch schöne Zahlen kein Trost. Der Betriebsratsvorsitzende des MAN-Werks in der Kleinstadt Penzberg, 50 Kilometer südlich von München gelegen, kämpft derzeit um jeden Arbeitsplatz. Im Sommer vergangenen Jahres erfuhren die Penzberger, dass die komplette Kabelbaumfertigung aus Oberbayern ins südpolnische MAN-Werk Starachowice abwandern soll. Gut 370 Mitarbeiter, zwei Drittel davon Frauen, werden damit in Penzberg überflüssig. 15 Euro in der Stunde verdienen die meist angelernten Kräfte in Bayern, die Kollegen in Polen aber geben sich mit nur drei Euro zufrieden. "Auf so viel Geld könnten wir hier gar nicht verzichten, selbst wenn wir wollten", sagt Dienstbier.

      Die Konsequenz lag für MAN auf der Hand. Schließlich machen die Lohnkosten bei den in mühsamer Handarbeit sortierten bunten Kabeln für die modernen Lkw rund die Hälfte der Gesamtkosten aus, wie Dienstbiers Gegenpart Ralf Simon vorrechnet. "Durch die Verlagerung sparen wir sechs Millionen Euro im Jahr", sagt der Lkw-Manager.

      Auch BMW hätte in Osteuropa weit geringere Löhne zahlen müssen. Zwar liegt der Anteil der Personalkosten nach Berechnung des Verbands der Automobilindustrie (VDA) bei der Autoproduktion in Deutschland im Schnitt bei 18 Prozent der Gesamtkosten und ist damit deutlich niedriger als etwa bei der arbeitsintensiven Kabelbaumfertigung in Penzberg. Aber er ist immer noch weit höher als an möglichen osteuropäischen Standorten.

      Wie kommt es also, dass BMW-Manager Peter Claussen in diesen Tagen in einem provisorischen Bürocontainer in Sachsen sitzt und nicht etwa in Tschechien?

      Die Antwort beginnt im Frühjahr 2001: BMW hat gerade beschlossen, sein Angebot nach unten auszuweiten und künftig auch die untere Mittelklasse mit einem 1er BMW zu bedienen. Dafür braucht der Konzern ein zusätzliches Werk, und zwar möglichst schnell. Von 250 Standortvorschlägen aus dem In- und Ausland bleiben nach genauerer Prüfung fünf Städte übrig: Schwerin, Leipzig, Augsburg, das französische Arras und Kolin in Tschechien. Sieben Hauptkriterien hat der damalige BMW-Chef Joachim Milberg vorgegeben: Wirtschaftlichkeit und Flexibilität, ein ideales Werksgelände, qualifiziertes Fachpersonal, gute Zuliefererstrukturen, ausgebaute Infrastruktur, Anbindung an den BMW-Werkeverbund und nicht zuletzt eine schnelle Umsetzung.

      Zweieinhalb Jahre später überwacht Claussen in Leipzig 2800 Bauarbeiter und Anlagenbauer. Die großen Hallen für Karosseriebau, Lackiererei und Endmontage stehen schon, die ersten Maschinen werden installiert. Eile ist geboten, damit Ende März 2005 der erste 3er BMW aus Leipzig an einen Kunden gehen kann.

      Natürlich wären die Arbeitskosten im tschechischen Kolin sehr viel niedriger gewesen, sagt Claussen, "aber einfach einen Facharbeiterlohn gegenüberzustellen ist zu kurz gegriffen". In Osteuropa mangele es jetzt schon an qualifizierten Managern und Spezialisten, etwa für die Qualitätssicherung. Leipzig sei da im Vorteil.

      Es gehöre zudem zur nachhaltigen BMW-Philosophie, sich in einer Region langfristig zu engagieren, ergänzt Claussen. Man betrachte ein Werk nicht im Zeitraum einer Autogeneration von ein paar Jahren, sondern von einem halben Jahrhundert. "Dann relativiert sich die Situation." Denn in Osteuropa werden die Löhne nicht für immer niedrig bleiben.

      Doch auch im kurzfristigen "Zeitwettbewerb" hieß es: Vorteil für Leipzig. Nirgends hätte BMW den Bau so schnell realisieren können wie hier. "Das deutsche Planungsrecht ist sehr flexibel und schnell, wenn man denn will. Da hat die Bundesrepublik einen drastischen Vorteil gegenüber allen umliegenden Ländern", betont Claussen.

      Natürlich wollten die Leipziger. Und wie.

      An dieser Stelle kommt Detlef Schubert ins Spiel. Leipzigs stellvertretender Oberbürgermeister und oberster Wirtschaftsförderer schwärmt geradezu von der "größten Industriebaustelle Europas". Er kalkuliert nicht nur mit gut 5000 Arbeitsplätzen im BMW-Werk, sondern mit 5000 weiteren Jobs im Servicebereich. Mindestens. Mit seinem 15-köpfigen Projektteam hat der 1997 aus Württemberg zugewanderte Diplom-Ingenieur alle Vorurteile von der starren deutschen Bürokratie ad absurdum geführt. BMW-Manager Claussen bestätigt: "Die Geschwindigkeit, mit der hier in der Verwaltung gearbeitet wird, ist atemberaubend."

      Ähnlich begeistert von der schnellen Bürokratie war zuvor schon Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Im Sommer 1999 entschied auch die Stuttgarter Sportwagenschmiede, ihren Luxus-Geländewagen Cayenne in Leipzig zu montieren. "Das war der Durchbruch", sagt Schubert, jetzt arbeiten bereits 370 Menschen für Porsche in Leipzig. Wiedeking, der die höchsten Renditen der gesamten Autobranche einfährt, sagt: "Unsere Kunden erwarten, dass ein Porsche in Deutschland gebaut wird." Er verzichtete sogar auf Subventionen, denn: "Luxus passt nicht zu Stütze."

      Für den Porsche-Chef liegt so mancher Produktionsverlagerung nach Osteuropa eine Milchmädchenrechnung zugrunde. "Die niedrigeren Löhne werden durch die höheren Logistikkosten und den aufwändigen Support durch Fachkräfte aus der Zentrale kompensiert." šbrig blieben allein die hohen Steuersubventionen, mit denen die Unternehmen gelockt würden. Zehn Jahre Steuerfreiheit haben etwa VW im slowakischen Bratislava oder Audi im ungarischen Györ die Investitionen versüßt. "Steuerdumping" sei so etwas, schimpft Wiedeking.

      Seine Münchner Kollegen waren nicht ganz so edelmütig und haben sich in Leipzig mit 360 Millionen Euro bezuschussen lassen. BMW bekomme die nach EU-Recht maximale Förderung von etwa 32 Prozent der Investitionssumme, sagt Wirtschaftsförderer Schubert.

      Auch die Arbeitnehmervertreter zeigten sich kooperativ. Der Münchner BMW-Betriebsratsvorsitzende Manfred Schoch und seine Kollegen tüftelten ein Arbeitszeitmodell aus, wodurch die Anlagen in Leipzig bis zu 140 Stunden in der Woche laufen können. Kein vergleichbares Autowerk könne seine Maschinen ähnlich lange nutzen, sagt Claussen. Ein entscheidender Vorteil. Denn entgegen der politischen Diskussion in Deutschland kommt es bei der Industrie-Produktion nicht auf die Arbeitszeit des einzelnen Mitarbeiters an, sondern auf die Maschinenlaufzeiten.

      Kein Wunder also, dass deutsche Autokonzerne in jüngster Zeit stark auf die angeblich so unattraktive Heimat setzen: VW investiert in Wolfsburg und Dresden ("gläserne Fabrik"), BMW und Porsche engagieren sich in Leipzig und DaimlerChrysler im thüringischen Kölleda. Dort lassen die Stuttgarter im Joint Venture mit ihrem japanischen Partner Mitsubishi in einer neuen Fabrik die Motoren für den kommenden viersitzigen Smart und ein Mitsubishi-Schwestermodell vom Band laufen. Sogar aus den USA wird Arbeit nach Germany verlagert. Der neue Chrysler-Sportwagen Crossfire wird exklusiv bei Karmann in Osnabrück montiert. "So schnell hätten wir das Auto nirgendwo anders produzieren können", sagt ein Chrysler-Manager.

      Deutschland gewinnt bei den Unternehmen wieder an Beliebtheit. In den vergangenen Jahren verlor die Verlagerungsdynamik des verarbeitenden Gewerbes deutlich an Fahrt. Das zeigt eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe am Beispiel von 1630 Unternehmen. Hatten im Jahr 1999 noch 30 Prozent der befragten Industriebetriebe Teile ihrer Produktion ins Ausland verlegt, so waren es zwei Jahre später nur noch 21 Prozent (siehe Grafik). Zudem hat sich die Quote der Rückkehrer deutlich erhöht. Auf drei Unternehmen, die (Teil-)Produktionen ins Ausland verlegten, kam 2001 bereits eines, das den umgekehrten Weg ging. "Der Höhepunkt der Abwanderungswelle ist überschritten", glaubt auch IG-Metall-Mann Roth, schließlich produziere der überwiegende Teil der Firmen bereits in Osteuropa.

      MAN aber folgt weiter dem bisherigen Trend - und verlagert nicht nur 370 Jobs aus Penzberg, sondern auch 700 weitere aus der arbeitsintensiven Busfertigung in Salzgitter nach Polen.

      Nach langem Ringen haben MAN-Manager Simon und Betriebsratschef Dienstbier einen "Interessenausgleich" zuwege gebracht. Es soll keine betriebsbedingten Kündigungen geben, und die Jobs gehen immer erst dann nach Polen, wenn in Penzberg "Ersatzarbeitsplätze" geschaffen werden. Ein gemeinsamer "Ausschuss neue Arbeitsplätze", bestehend aus Managern und Betriebsräten, will dazu auch Fremdaufträge für den verbleibenden Werksteil akquirieren.

      Doch dies sind wohl letzte Abwehrmanöver. "Einfache manuelle Tätigkeiten kann man hier in Deutschland nicht halten", sagt IG-Metaller Roth. Je weiter man in der Zuliefererhierarchie nach unten geht, je simpler die Handgriffe werden, desto stärker steigen Preisdruck und Lohnkostenanteil.

      Auf Dauer allerdings sind die niedrigen Löhne für die Billigländer oftmals kein Vorteil. Die Relationen verschieben sich schnell, das musste auch MAN-Manager Simon erleben. "In unserem Werk im nordpolnischen Posen verdienen die Mitarbeiter schon doppelt so viel wie im südpolnischen Starachowice." Und wenn Polen der EU beitrete, werde das den Vorsprung bei den Lohnkosten noch einmal kräftig reduzieren. Zehn Jahre lang, kalkuliert Simon, werde es noch einen deutlichen Unterschied geben. Dann droht den Starachowicer Kabelsortierern das Schicksal ihrer Penzberger Kollegen. Simon: "Wir haben auch ein Joint Venture in Weißrussland."

      Der Sprung ins Ausland aber hat für viele Unternehmen noch einen zweiten, gleichgewichtigen Grund. Sie suchen nicht nur niedrige Produktionskosten, sondern auch neuen Märkte, so ein weiteres Ergebnis der Fraunhofer-Studie.

      Als etwa Mercedes und BMW Mitte der Neunziger ihre ersten Fabriken in den USA errichteten, lockte dort der weltgrößte Markt für Luxusautos. Zugleich machten sich die Unternehmen durch die Verlagerung unabhängig von Schwankungen des Dollar-Kurses. Ähnliche Gründe hatte das frühzeitige Engagement des VW-Konzerns in China oder der damaligen CSFR (Skoda).

      Und wenn erst einmal ein großer Autohersteller umzieht, folgt ihm schnell eine ganze Reihe kleinerer Betriebe. Denn beim eng vernetzten Autobau spielen die Zulieferer eine zentrale Rolle. Viele liefern komplette Systeme oder Module wie Einspritzanlagen, Bremssysteme, Achsen oder ganze Vorderfronten just in time ans Band. Diese Systemlieferanten werden deshalb gedrängt, möglichst nahe am jeweiligen Autowerk zu fertigen.

      Einer von ihnen ist die Brose Gruppe aus dem fränkischen Coburg, Weltmarktführer für Fensterheber, Türsysteme und Sitzverstellungen. Brose-Chef Michael Stoschek ist seinen Auftraggebern schon nach Mexiko, Japan, China und in die USA gefolgt, hat Fabriken im ostdeutschen Meerane und im slowakischen Bratislava hochgezogen.

      Längst ist auch der Umzug nach Osteuropa nicht nur eine Entscheidung für niedrigere Löhne, sondern auch für neue Käufer. Auf dem Gelände im tschechischen Kolin zum Beispiel, für das sich ursprünglich auch BMW interessiert hatte, bauen jetzt Toyota und PSA Peugeot-Citroen eine neue Autofabrik. Warum sich Japaner und Franzosen für Tschechien entschieden, liegt für BMW-Manager Claussen auf der Hand. "Die wollen dort abgespeckte Versionen eines kleinen Vans speziell für den osteuropäischen Markt bauen."

      Doch noch während in Tschechien neue Fabriken entstehen, eröffnen sich auch ganz neue Optionen für den Standort Deutschland. Die Brose Gruppe hat soeben erst ein neues Entwicklungszentrum in Coburg fertig gestellt. Toyota lässt seine Formel-1-Renner von 500 Leuten in der Nähe von Köln entwerfen. Der expandierende koreanische Autobauer Hyundai zog sein europäisches Entwicklungszentrum für bis zu 300 Ingenieure in Rüsselsheim hoch, und sogar das erfolgreichste Großunternehmen der Welt, der US-Konzern General Electric, baut sein europäisches Forschungszentrum (150 Mitarbeiter) im teuren München. Technologie und die Nähe zu den Universitäten seien wichtiger als billige Arbeitskräfte, sagt Konzernchef Jeffrey Immelt.

      "Es geht immer um die gleichen Dinge. Kreative Ideen und die Geschwindigkeit, mit der man diese verwirklicht", sagt BMW-Mann Claussen. Hier sieht er die Zukunft für den Standort Deutschland. Jüngst hat er deshalb die Werkleiter der umliegenden Autofabriken von VW, DaimlerChrysler, Opel und Porsche eingeladen. Die Runde war sich einig: Nur mit innovativen, technologieintensiven Produkten ist hierzulande etwas zu gewinnen. Deshalb wollen die Praktiker mittelständische Firmen, Universitäten, Forschungsinstitute und die politischen Strukturen in der Großregion zusammenbringen und ihr Know-how dazugeben. Claussen: "Es mangelt nicht an Initiativen, sondern an Koordination."

      Bis die besser klappt, können die Entscheider mit dem spitzen Stift über die Mahnung ihres Porsche-Kollegen Wiedeking nachdenken: "Wer hier seine Kinder in die Schule schickt, die gepflegten Landschaften und die hervorragende Infrastruktur genießt, muss auch dafür sorgen, dass es Arbeit für die Menschen gibt und Steuern bezahlt werden."
      (genau, so sollte es sein);):cool:

      (c) DIE ZEIT 11.09.2003 Nr.38

      ZUM ARTIKELANFANG

      http://www.zeit.de/2003/38/standort
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 22:04:54
      Beitrag Nr. 120 ()
      Wie Deutsche den Irak-Krieg finanzieren
      Börsencall
      von Martin Halusa

      Alle schauen auf die US-Notenbank Federal Reserve, wenn sie - wie heute - zu ihren Routinesitzungen lädt. Doch nur wenige Börsianer blicken in all die Statistiken und Reports, die die Fed noch so veröffentlicht. Dabei sind diese unübersichtlichen Papierberge oft gespickt mit interessanten Details. Die Höhe der Zuflüsse ausländischen Kapitals, einmal im Quartal publiziert, ist ein solcher Fall.


      Da haben die Länder Europas zum Beispiel den Krieg gegen den Irak bekämpft. Streit im Weltsicherheitsrat, Demonstrationen in den Straßen, Mahnungen in Berlin und Paris. Milliarden von Dollar hat der Krieg gekostet, finanziert haben ihn die USA - und Überraschung: ihre Kritiker. Für sage und schreibe 172 Mrd. Dollar haben private und öffentliche Anleger aus dem Ausland im zweiten Quartal US-Staatspapiere gekauft, so viel wie nie zuvor.


      Die USA brauchen ausländisches Kapital, um ihr Defizit in der Leistungsbilanz zu finanzieren. Im ersten Quartal lag das Defizit erstmals jenseits der Marke von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Während des Booms der neunziger Jahre hatten Ausländer Milliarden nach Wall Street gepumpt, um einen Teil des Aufschwungs abzubekommen. Nun legen die Ausländer ihr Geld in den USA an, weil sie in den Staatsanleihen wieder ein lohnendes Investment sehen. Die USA freut dieses Verhalten: Die Inflation bleibt niedrig, die Zinsen ebenso, der Dollar stabil. Und so können die Amerikaner den Krieg vergleichsweise günstig finanzieren. Floyd Norris von der "New York Times" warnt jedoch: Gefährlich werde es, wenn die Anleger so investieren, wie sie reden. Doch wahrscheinlich hat das noch niemand gemerkt. Wer liest denn schon die Statistiken der Fed?


      Artikel erschienen am 16. Sep 2003
      http://www.welt.de/data/2003/09/16/169316.html
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 22:07:47
      Beitrag Nr. 121 ()
      Freude und Enttäuschung über Scheitern in Cancún

      Beifall von DGB und Globalisierungskritikern für Entwicklungsländer / Industrie bedauert vertane Chance




      sch FRANKFURT A. M. Das Scheitern der WTO-Verhandlungen hat hier zu Lande ganz unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Für etliche Nichtregierungsorganisationen (NGO) war der Abbruch der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) Grund zur Freude, weil er die gestärkte Rolle der Entwicklungsländer zeige. Deren Widerstand gegen einen "schrankenlosen" Handel lobte auch der DGB. Wirtschaftslobbys bedauerten dagegen den Ausgang des Treffens in Cancún.

      So zeigte sich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) "schwer enttäuscht". Es sei eine große Chance vertan worden, der Weltwirtschaft ein dringend nötigtes Konjunktur-Signal zu geben. Verlierer seien alle: "Industrie- und Entwicklungsländer, Agrarexporteure und Verbraucher". Für die ausfuhrorientierte deutsche Industrie habe in Cancún besonders viel auf dem Spiel gestanden, weil sie von einer Erleichterung des Zugangs auf andere Märkte stark profitiert hätte. Der BDI appellierte, die Verhandlungen in Genf ernsthaft und konstruktiv fortzusetzen.

      Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) bedauerte den Abbruch ebenfalls. Er forderte die Regierungen auf, die laufenden Verhandlungen auf Grundlage der unverändert geltenden Vorgaben der vorangegangenen Konferenz von Doha weiterzuführen. Agrarthemen dürften den Fortschritt im Gesamtsystem der Welthandelsordnung nicht blockieren.

      Der Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA) erklärte, die Gespräche in Cancún seien "vor allem an der Agrarpolitik und der Überfrachtung mit handelsfremden, häufig ideologisch aufgeladenen Themen gescheitert" und verlangte, nun Punkte wie Zollerleichterungen vordringlich zu behandeln. Industrienationen und vor allem die Entwicklungsländer bräuchten die WTO. Es bestehe die "Gefahr eines neuen Bilateralismus, indem die großen Industriemächte nur noch bilaterale Handelsabkommen über die für sie relevanten Themen abschließen würden".

      Den DGB freute es, dass es den USA nicht gelungen sei, durch die Verabschiedung eines internationalen Investitionsabkommens, weitere Absatzmärkte für US-Unternehmen zu erschließen und dadurch die nachholende Entwicklung der nationalen Ökonomie zahlreicher Schwellen- und Entwicklungsländer zu gefährden. Durch ihren Zusammenschluss in der Gruppe der 21 (G 21) hätten sie eine weitere Liberalisierung des Welthandels zu ihren Lasten verhindert. Die eingeforderte Freiheit des internationalen Handels- und Dienstleistungsverkehrs gleiche nämlich "der Freiheit des Fuchses im Hühnerstall", so Vorstandsmitglied Heinz Putzhammer.

      Die Nord-Süd-Initiative Germanwatch hob ebenfalls die größere Verhandlungsmacht der Entwicklungsländer hervor. Die G 21 habe unter der Führung von Indien, Brasilien und China in den Agrarverhandlungen zusammen gehalten und sich mit der Gruppe von 90 ärmsten Entwicklungsländern solidarisch gezeigt. "Dies ist ein historisches Ereignis." Künftig hätten die Industrieländer in der Landwirtschaft mit heftigem Gegenwind zu rechnen.

      Für das globalisierungskritische Netzwerk Attac bringt das Scheitern im mexikanischen Cancún eine Atempause, um über grundsätzliche Veränderungen im Welthandelssystem nachzudenken. Die Industriestaaten wollten laut Attac die Interessen der Entwicklungsländer, etwa die Baumwoll-Initiative, ignorieren und ihre eigenen Interessen wie bei den "Singapur-Themen" (Investitionen, Wettbewerb, Handelserleichterung, öffentliche Beschaffung) durchsetzen. "Doch diese Arroganz der Macht hat sich nun gerächt." Auch die NGO und globalisierungskritische Bewegungen selbst dürften sich als Gewinner der Prozesse in Cancún fühlen, meinte WEED, eine dieser Organisationen. Sie hätten dazu beigetragen, dass die Entwicklungsländer weniger leicht einzuschüchtern gewesen seien.

      Caritas International wertete Cancún jedoch als "großen Rückschritt" für den weltweiten Handel. "Das kann nur von Nachteil für die Armen der Welt sein, die am meisten von einem System profitiert hätten, das auf gerechten Regeln basiert."
      Mehr zum WTO-Gipfel im Dossier Grenzen der Globalisierung



      Wirtschaft: Ein Rückschlag für die neoliberale Doktrin
      http://www.fr-aktuell.de/ressorts/wirtschaft_und_boerse/wirt…
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 22:30:03
      Beitrag Nr. 122 ()
      -------------------



      Der Handel zwischen Reichen und Armen – Teil 2


      Auf welcher Seite stehen Sie?


      von George Monbiot
      Guardian / ZNet 10.09.2003


      Außerhalb der Welthandelsgespräche welche morgen in Cancun, in Mexiko, beginnen, werden zwei Schlachten gekämpft werden. Der erste Kampf ist jener zwischen den AktivistInnen, welche fairen Handel verlangen, und den Gesandten der reichen Länder, welche unfairen Handel verlangen. Der Zweite wird der Disput unter jenen sein, welche behaupten den Armen zu helfen.

      Das Problem mit welchem all jene welche fairen Handel wollen konfrontiert sind ist, dass es selten, wenn jemals, ein Handelsabkommen zwischen Reichen und Armen gegeben hat, welches de facto kein legalisierter Diebstahl war. Der Entwurf den die Welthandelsorganisation diese Woche verhandeln wird stellt keine Ausnahme dar. Während er den reichen Ländern erlaubt ihre Märkte zu schützen versucht er die armen Länder dazu zu zwingen ihre Wirtschaften für mehrere neue Arten von institutionalisierter Piraterie zu öffnen.

      Trotzdem wollen die armen Länder um jeden Preis ein effektives Handelsabkommen haben. Ihre Gesandten wissen, dass die reiche Welt versucht sie auszurauben, und sie ekeln sich davor einem Abkommen zuzustimmen, welches es den Korporationen erlaubt alles zu betreiben, abgesehen von ihren Nieren (das wird später noch dazukommen). Aber sie sind sich auch darüber bewusst, dass die USA und die Europäische Union anscheinend alles tun wozu sie im Stande sind, um sie zum Verlassen der Gespräche zu zwingen. Wie jeder Gewerkschafter weiß können die Reichen den Armen alles aufzwingen was sie wollen, wenn die Armen nicht gemeinsam verhandeln können.

      Die Antwort von manchen in der reichen Welt, welche von den Vorschlägen ihrer Regierungen angewidert sind, legt den Anschein nahe, dass die armen Länder sich von den meisten Arten des internationalen Handels zurückziehen sollten. Aber das wirft ein anderes Problem auf. Die armen Länder brauchen Geld, und besonders harte Währungen. Sie haben wenige Möglichkeiten welches zu bekommen. Piraterie funktionierte gut für jene Länder, welche heute reich sind, aber die Armen befinden sich nicht in einer Position in welcher sie dies nachahmen könnten. Hilfsgelder lassen ihren Empfängern keinen Ausweg aus Vormundschaft und Abhängigkeit. Die einzige Option welche übrig zu bleiben scheint ist Handel. Die drei Millionen Menschen welche in den ärmeren Ländern bis jetzt die Petition Oxfams unterschrieben haben rufen nicht „schafft den Handel ab“, sondern „macht den Handel fair“. Und hier trennen sie sich von einigen jener, welche behaupten sie zu unterstützen.

      Wenige Menschen in der reichen Welt geben heute zu, dass sie den Wert der Exporte der armen Länder drastisch reduzieren wollen, aber viele prominente AktivistInnen unterstützen eine Politik, welche zu diesem Ergebnis führen wird. Als ich im Juni argumentierte, dass „Lokalisierung“ (das ist der Vorschlag, dass alles was lokal produziert werden kann lokal produziert werden sollte) entgegen den Interessen der armen Länder sei, sandte mir Dr. Spencer Fitz-Gibbon, der Pressesprecher der Partei der Grünen, einen aufgebrachten Beschwerdebrief.[1] Er blieb dabei, dass Lokalisierung den Armen helfen würde selbst-versorgend zu werden, und den Beitrag des Handels zur Klimaveränderung reduzieren würde. „Wir befürworten eine Welt von miteinander im Gleichgewicht stehenden, relativ selbst-versorgenden Wirtschaften. Das bedeutet im Endeffekt, dass die armen Länder ihre eigenen Kochtöpfe, Computer und Bleistifte produzieren.“ Dies scheint vernünftig und offensichtlich, bis man kurz über die Konsequenzen nachdenkt.

      Wenn jedes Land seine eigenen Kochtöpfe, Computer und Bleistifte produziert, dann braucht jedes Land Bauxit, Eisenerz, Kupfer, Silizium, Graphit, Weichholz und all die andern Materialien welche man für die Manufaktur benötigt. Wenn das Land sie nicht besitzt, muss es sie importieren. Aber da Rohstoffe schwerer sind, braucht man für den Transport von Rohstoffen mehr fossile Treibstoffe als für den Transport von fertigen Produkten. Anstatt den Beitrag des Handels zur Klimaveränderung zu reduzieren erhöht ihn „Selbstversorgung“ dieser Art.

      Genauso gefährlich ist die Tatsache, dass Selbstverwaltung zwar für die reicheren Länder möglich ist, die meisten der ärmeren Länder aber einfach nicht einen hinreichend großen inländischen Markt haben um die Erzeugung komplexer Produkte rentabel zu machen. Schlag einer äthiopischen Ökonomin vor, dass ihr Land eine eigene Computerindustrie haben sollte, welche nur ihren eigenen Markt versorgt, und sie würde dir ins Gesicht lachen. Weil der Markt klein ist, da die ÄthiopierInnen arm sind, würde jeder Computer ein Vielfaches von dem kosten, als jene welche in der reichen Welt produziert werden. Ihre relative Kaufkraft würde sogar noch geringer werden, und die Technologie die sie wollen, wäre noch weiter außerhalb ihrer Reichweite. Wenn äthiopische Unternehmen, Spitäler und Universitäten funktionstüchtig sein wollen müssen sie ihre Computer von außerhalb importieren, wie sie das heute machen.

      Aus diesem Grund brauchen sie ausländische Währungen. Aber, unter dem System der Grünen Partei, wäre es für sie sogar noch schwerer welche zu bekommen, als es jetzt schon ist, da die reiche Welt ebenfalls versuchen würde bei der Produktion von Gütern selbstversorgend zu werden (und dies viel wahrscheinlicher auch schaffen wird). Die schlicht offensichtliche Tatsache ist, dass dann die einzigen Produkte welche die armen Länder den reichen verkaufen können Rohstoffe sind. Ich habe Dr. Fitz-Gibbon vor zwei Monaten auf diese Tatsachen aufmerksam gemacht. Ich habe bis jetzt noch keine Antwort erhalten.

      Für die globale Sicherheit ist es offensichtlich notwendig, dass die Menschen der reichen Welt, was auch immer ihre Regierungen wollen, daran arbeiten den armen Ländern zu helfen, so viel wie möglich von unserem auf falsche Art erworbenen Reichtums zurückzuholen. Gerechte politische Programme sind von Gruppen wie Oxfam, Christian Aid und dem World Development Movement vorgeschlagen worden, welche zum Beispiel die Demokratisierung der Welthandelsorganisation fordern; eine Vereinbarung welche es den ärmsten Ländern erlaubt ihre gerade erst entstandenen Exportindustrien von direktem Wettbewerb zu schützen; und bindende internationale Regeln welche alle Korporationen zwingen fair zu handeln. Viele der Lokalisten haben anscheinend beschlossen diese beiden unvereinbaren Positionen zu übernehmen, und behaupten auch diese Ziele zu unterstützen. Sie haben bis jetzt nicht die starken Widersprüche angesprochen in welche sie sich verwickelt haben, oder sie auch nur zugegeben.

      Zu diesen Maßnahmen können wir eine weitere hinzufügen, welche kürzlich von dem Mann entwickelt worden ist, der den „Reduktions- und Angleichungs“-Plan zur Bewältigung der Klimaveränderung entworfen hat, Aubrey Meyer. Nach dem Prinzip des „Reduktions- und Angleichungs“-Planes, welchen die afrikanischen Regierungen jetzt als ihre offizielle Politik in Bezug auf die Klimaveränderung übernommen haben, wird zuerst festgestellt wieviel Kohlendioxid die Menschen jährlich produzieren können ohne den Planeten zu kochen. Dann teilt man diese Summe auf alle Menschen der Welt auf und vergibt an jede Nation, auf Grundlage ihrer Bevölkerungszahl, einen Anteil am Kohlendioxidausstoß. Es schlägt eine fortlaufende Reduktion des Ausstoßes von klima-verändernden Gasen vor, und die Produktion jener Gase soll sich, pro Kopf gemessen, in allen Ländern angleichen. Um mehr zu produzieren muss ein Land zuerst ungenutzte Quoten von einem anderen kaufen.[2]

      Meyer betont, dass wir der armen Welt durch eine beschleunigte Angleichung massive Handelsvorteile bieten könnten. Die Länder welche am wenigsten fossile Brennstoffe benutzen, würden beinahe ein Monopol am Handel in Emissionen haben. Dies würde dabei helfen der wirtschaftlichen Unausgeglichenheit zwischen den Reichen und Armen entgegenzuwirken, und würde die Armen für den Schaden der ihnen durch die Verschmutzung der reichen Länder zugefügt wird entschädigen.[3]

      Wir haben die Möglichkeit für etwas noch nie da Gewesenes zu kämpfen: ein Handelsabkommen welches nicht zum Vorteil der Reichen ausgelegt ist. Aber wenn wir ernsthaft für faire Regeln kämpfen wollen, müssen wir auch aufhören für unfaire zu kämpfen. Die Lokalisten müssen ihre Widersprüche konfrontieren, und sich entscheiden auf welcher Seite sie stehen.

      Nächste Woche: Nach Cancun die Trümmer zusammensuchen.

      www.monbiot.com

      Referenzen:

      [1] Offener Brief von Spencer Fitz-Gibbon an George Monbiot, 25. Juni 2003. Dieser Brief kann online unter http://www.indymedia.org.uk/en/2003/06/273186.html gelesen werden.

      [2] Siehe Aubrey Meyer, 2000. Reduktion und Angleichung: Die globale Lösung für [das Problem der] Klimaveränderung. Green Books (on behalf of The Schumacher Society).

      [3] Aubrey Meyers, persönlicher Kommentar.
      http://www.zmag.de/article/article.php?id=817
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 22:32:24
      Beitrag Nr. 123 ()
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 22:55:40
      Beitrag Nr. 124 ()
      Reichtum gleicht dem Seewasser: Je mehr man davon hat, desto durstiger wird man." Arthur Schopenhauer
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 22:56:29
      Beitrag Nr. 125 ()
      "Manche Menschen geben Geld aus, das sie nicht haben, für Dinge, die sie nicht brauchen, um Leuten zu imponieren, die sie nicht mögen." Danny Kaye
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 23:00:46
      Beitrag Nr. 126 ()
      Sprachrohr der Globalisierungsgegner

      Naomi Klein: Demokratie zurückgewinnen



      Die kanadische Journalistin und Kolumnistin Naomi Klein gilt als die inoffizielle Sprecherin der Anti-Globalisierungsbewegung. Sie kämpft für eine demokratischere Alternative zur Herrschaft der Weltwirtschaft.



      Naomi Kleins Bestseller "No Logo" gilt als Streitschrift gegen die zunehmende wirtschaftliche und kulturelle Macht multi-nationaler Unternehmen. Die Kanadierin ist davon überzeugt, dass die Anti-Globalisierungsbewegung zukünftig noch mehr Einfluss gewinnen wird. "Politiker und Unternehmer sollten daher endlich einen Dialog mit dem weltweiten Protest führen", fordert Klein. Fluter, ein Kooperationspartner von DW-WORLD, hat mit ihr ein Gespräch geführt - über Markenfetischismus, Demokratiedefizite und die Folgen der Terroranschläge vom 11. September.



      In einem kürzlich gehaltenen Interview, sprechen Sie von der Anti-Globalisierungsbewegung als einer „Bewegung der Bewegungen“, die darauf abzielt, die Demokratie auf einer globalen Ebene wiederzuerlangen.



      Ich bin mir nicht sicher, ob eine globale Demokratie auf einer globalen Ebene wirklich jemals erreicht werden kann. Ich glaube aber auf jeden Fall, dass mehr Demokratie auf einer regionalen und lokalen Ebene zurückgewonnen werden muss - und zwar durch globales Engagement. Ich spreche also nicht von einem Rückzug in den Regionalismus oder einem Ausstieg aus der internationalen Debatte. Ich denke aber, dass wir einen Trend sehen, in einem globalen Rahmen demokratische Rechte einzelner Länder oder Regionen zu verteidigen. Internationale Organisationen und Gruppen setzen sich immer stärker für regionale und lokale Interessen ein. Es geht darum, durch eine internationale Vernetzung kleine Räume für mehr Demokratie wiederzuerlangen.



      In ihrem Buch "No logo" kritisieren Sie den Markenfetischismus in der westlichen Konsumgesellschaft? Was ist falsch an Nike, Adidas, GAP...?



      In meinem Buch habe ich die Politik untersucht, mit Marken eine Lebensart statt ein Produkt zu verkaufen. Diese Politik beeinflusst immer offensichtlicher unsere Gesellschaft und unsere Kultur. Wenn nämlich Unternehmen sich dazu entscheiden, Lifestyle-Marken statt Produkte zu verkaufen, sehen sie den Produktionsvorgang als einen Marketing- und Design-Vorgang - und das bedeutet, dass die Menschen, die ihre Produkte herstellen und kaufen als außerordentlich unwichtig betrachtet werden.



      Was bedeutet das?



      Robert Louis-Dreyfus, der Eigentümer von Adidas, hat gesagt: „Wir vermarkten Design, wir lassen andere Leute unser Produkt produzieren und konsumieren.“ Was nach der Produktion passiert ist folgendes: Marken und Labels sind Opportunisten, sie füllen ein Vakuum, sie schaffen ein künstliches Verlangen. Die Ironie ist, Markenfetischismus funktioniert nicht weil wir Laufschuhe und Laptops so dringend brauchen, sondern weil wir mehr wollen als Laufschuhe und Laptops. Deshalb werden Laufschuhe und Laptops als etwas verkauft was mit Freiheit, Liebe, Gemeinschaft, Zukunft zu tun hat. Die Frage also, die wir uns wirklich stellen müssen, lautet: Warum sind wir als eine Gesellschaft so schlecht darin, das Bedürfnis, Teil von etwas Größerem sein zu können, zu stillen, so dass wir uns den Sinn letztendlich von Marken-Produkten holen?



      In Ihrem Buch schreiben Sie, dass wir auf dem Weg in eine globale „post-zivilgesellschaftlichen Ära“ sind. Immer mehr Menschen hätten Angst davor, dass die Demokratie in der Globalisierung auf der Strecke bleibt. Wer wird in Zukunft die Welt regieren?



      #b#Es wird in Zukunft entscheidend sein, dass wir unsere öffentlichen Einrichtungen und unsere Vorstellungen von einer Zivilgesellschaft verteidigen: Dazu gehören die Stärkung der Demokratie auf regionaler und lokaler Ebene, aber auch unabhängige Medien, mehr Bildung oder starke Gewerkschaften. Was die Leute wirklich auf die Straßen treibt, ist die Krise der repräsentativen Demokratie, in der Macht immer weiter delegiert wird: An internationale politische und wirtschaftliche Institutionen oder mächtige Unternehmen. Am Ende ist nicht mehr klar, wer wen gewählt hat und wer wen regiert. Wir müssen aufpassen, dass die berechtigte Wut der Menschen über das Versagen der repräsentativen Demokratie nicht den Rechten in die Hände spielt, die sie auf bekannte populistische Weise mißbrauchen, indem sie sagen: "O.K., die Demokratie funktioniert einfach nicht. Hier ist euer starke Mann."



      Wie können wir Demokratie und die Zivilgesellschaft verteidigen?



      Ich glaube, es würde nur wenig bringen, allein die globalen internationalen Institutionen stärker zu reformieren. Ich denke vielmehr, es geht um die globale Vernetzung von Öffentlichkeit. Wir steuern einer tiefen Glaubenskrise der Demokratie entgegen. Wir können diese Probleme nicht global lösen bevor wir sie nicht regional thematisieren. Wir sind die Macher unseres eigenen Schicksals. Das heißt, wir müssen klein anfangen, aber, wie ich schon gesagt habe: Das bedeutet nicht Rückzug, sondern globale Vernetzung kleinerer demokratischer Einheiten.



      Vielen Dank für dieses Gespräch!

      http://www.dw-world.de/german/0,3367,1491_A_600652,00.html
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      schrieb am 15.09.03 23:02:58
      Beitrag Nr. 127 ()
      Risiken der Globalisierung


      Ernst Ulrich von Weizsäcker: "Die Schwachen haben wenig von der Globalisierung."





      Globalisierung ist ein Schlagwort, unter dem jeder etwas anderes versteht. Sicher ist nur, dass dieser Prozess Menschen und Märkte weltweit enger verknüpft. Welche Risiken dies birgt, erklärt Ernst-Ulrich von Weizsäcker.



      Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker ist Vorsitzender der Enquete-Kommission "Globalisierung der Weltwirtschaft" des Deutschen Bundestages. Vor wenigen Wochen stellte die Enquete-Kommission ihren Abschlussbericht fertig. Darin fasste sie die Ergebnisse ihrer zweieinhalbjährigen Arbeit zusammen und gab konkrete Empfehlungen zum Umgang mit der Globalisierung. Vor seiner Tätigkeit im Bundestag leitete Weizsäcker von 1991 bis 2000 das renommierte "Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie". Er ist ausserdem Mitglied im Club of Rome, einem "Think Tank" zu Umweltfragen. Die Fragen stellte Oliver Schilling.



      Herr Weizsäcker, welche Chancen und Risiken liegen in der Globalisierung?



      Die Globalisierung ist ein zweischneidiges Schwert. Es gibt Verlierer und Gewinner dieses Prozesses. Sie beschert uns zum Beispiel eine riesige Warenauswahl, aber die Vielfalt an Saatgut und Nutzpflanzen hat dramatisch abgenommen. Es gibt zwar gelbe, rote und orangene Maiskolben – aber die kommen alle vom selben Feld. Insgesamt ist es so, dass die Schwachen wenig von der Globalisierung haben und die Starken von ihr profitieren.



      Welche Auswirkungen hat die Globalisierung auf den Staat?



      Die Rolle des Staates hat sich nach dem Ende des Ost-West-Konflikts dramatisch verändert. Durch Wanderungsbewegungen und Drohgebärden der Wirtschaft wurden Staaten zunehmend veranlasst, Steuerentlastungen zugunsten der Reichen durchzuführen. Früher mussten Millionäre prozentual mehr Steuern zahlen als Mittelverdiener. Nun sehen wir eine systematische Senkung aller Steuern, die mit Kapital und Unternehmen zusammenhängen, während gleichzeitig Verbrauchssteuern sowie die Versteuerung von geringer bezahlten Arbeiten zugenommen haben. Das ist ein ganz erheblicher Einschnitt.



      Bringt die Globalisierung auch Positives für den Staat?



      Im Bereich der Demokratisierung und Pressefreiheit sind wir durch den Prozess der Globalisierung ein paar Schritte vorangekommen.



      Kann man von einem Legitimationsdefizit sprechen, wenn Wirtschaftsvertreter durch ihren Einfluss Politik mitbestimmen und gewählte Mandatsträger beeinflussen?



      Das kann man in der Tat. Hinzukommt, dass oftmals dieselben Menschen zwischen Wirtschaft und Staatsdienst hin- und herwechseln und man nicht sicher sein kann, dass sie im Staatsdienst frei von Wirtschaftsinteressen handeln. Dieses Phänomen nennt man das "Revolving-Door"-Prinzip, das auch in den USA mittlerweile sehr kritisch betrachtet wird.



      Ist das auch die Kritik der zahlreichen Globalisierungsgegner, die auf den Straßen von Seattle, Prag, Göteborg und Genua protestiert haben?



      Die Globalisierungskritiker haben richtig diagnostiziert, dass einzelne Staaten der geballten Macht der Finanzmärkte wenig entgegenzusetzen haben. Viele Globalisierungskritiker empfinden ganz massiv, dass Staaten die Interessen der schwächeren Gesellschaftsmitglieder nicht mehr vertreten.



      Wie könnten die negativen Folgen eingedämmt werden?



      Sicherlich kann eine bessere Zusammenarbeit der Staaten untereinander helfen. Dies wird auch als Global Governance bezeichnet. Somit können Regeln aufgestellt werden, die auch von der internationalen Wirtschaft respektiert werden müssen. Das Vermeiden von Steueroasen, internationale Regeln gegen Dumping, Maßnahmen zur Achtung der Menschenrechte, die Einhaltung von Arbeitsnormen – all dies können wir über internationale Organisationen und eine bessere Zusammenarbeit der Staaten untereinander erreichen. Die UNO, die WTO und die Internationale Arbeitsorganisation machen dies schon in manchen Bereichen. Wir müssen ihrem Beispiel auf sehr viel breiterer Basis folgen.



      Vielen Dank für dieses Gespräch!

      http://www.dw-world.de/german/0,3367,1491_A_600631,00.html
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      schrieb am 16.09.03 13:21:50
      Beitrag Nr. 128 ()
      Avatar
      schrieb am 16.09.03 13:25:46
      Beitrag Nr. 129 ()
      Der Einbruch des Ölpreises ist eine kurze Episode – Das zyklische Hoch von 40 Dollar kann durchaus wieder erreicht werden
      (16.09.2003)

      Der Preis für Rohöl ist scharf eingebrochen. Charttechnisch kann inzwischen kein Zweifel mehr daran aufkommen, dass die Anfang Mai entstandene Hausse gebrochen wurde. Aus dieser Sicht scheint nach unten hin alles offen zu sein.

      Bemerkenswerterweise läuft der Einbruch in einer Phase ab, in der die Analysten vieler Investmentbanken ihre Prognosen zur Entwicklung des Ölpreises für den Rest des Jahres und 2004 anheben. Zuvor waren diese Voraussagen fast durchweg als viel zu niedrig angesehen worden.

      Man könnte also sagen, wir erleben am Ölmarkt gegenwärtig eine Phase, in der sich Realität und Visionen einander angleichen oder sogar kreuzen. Doch vieles spricht dafür, dass dieser Prozess nicht mehr lange anhält.

      Wir alle wissen, dass die spekulativen Fonds auch an den Terminmärkten für Rohöl wenigstens phasenweise eine beherrschende Rolle spielen. Daher ist es stets hilfreich, die wöchentlich erscheinenden Daten der amerikanischen Aufsichtsbehörde CFTC über die Aufteilung der offenen Positionen auf die unterschiedlichen Kategorien von Marktteilnehmern aufmerksam zu verfolgen.

      Fest steht, dass die Fonds ihre zweifelsfrei sehr hohen Kaufengagements bereits deutlich abgebaut hatten, bevor der eigentliche Preiseinbruch begann. Händler vermuten, dass die Fonds sowohl bei Roh- als auch bei Heizöl inzwischen sogar netto auf der Baisse-Seite liegen. Nur bei Benzin bestehen möglicherweise noch Netto-Kaufengagements.

      Wenn bei Öl nun wirklich Netto-Baissepositionen bestehen, ist dies die Saat für den nächsten Aufschwung, dem mit hoher Wahrscheinlichkeit nur begrenzte Verkaufsbereitschaft gegenüberstehen dürfte.

      Der Opec kommt der Preiseinbruch gerade recht, denn sie wird sich nicht mehr argumentativ verrenken müssen, wenn sie am 24. September beschließt, ihre Fördermenge im vierten Quartal bei 25,4 Millionen Barrel am Tag zu halten.

      Das große Bild zeigt unverändert einen Ölmarkt, der kurz vor Beginn der Heizperiode auf der nördlichen Halbkugel von extrem geringen Beständen in den bedeutenden Verbraucherländern geprägt ist.

      Das große Bild offenbart ferner einen Markt, dessen neues Kennzeichen eine ungewöhnlich hohe Förderdisziplin der Opec ist. Manche Produzenten können die ihnen zustehende Quote aus technischen Gründen nicht ausschöpfen. Daher fallen jene, die ihre Quoten überziehen, bei der Gesamtbetrachtung nicht auf.

      Im Endergebnis ist unbestreitbar, dass das Kartell den Markt wieder fest im Griff hat. Die Kontrolle wächst zunächst in dem Maße, in dem sich die Weltwirtschaft erholt und mehr Öl benötigt.

      Der Einbruch des Ölpreises ist in unseren Augen eine krasse Verzerrung der Realität und damit Vorläufer eines neuen Aufschwungs, der im Winter in New York durchaus wieder auf das vor dem Irak-Krieg verzeichnete zyklische Hoch von rund 40 Dollar je Barrel zurückführen kann.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
      --------------------------------------

      Wussten Sie schon, dass ...?
      (15.09.2003)

      Bei einem aufstrebenden Konjunkturzyklus treten zwei Drittel der Kursteigerungen aller Erfahrung nach bereits ein, bevor die Wirtschaftsdaten den Aufschwung tatsächlich bestätigen.


      (Quelle: Morgan Stanley, London)

      www.taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 16.09.03 13:46:28
      Beitrag Nr. 130 ()
      16.09.2003

      Thema


      Wie man den Staat legal ruiniert




      Ein Geschäft zum Schaden der Allgemeinheit. Über die Fortsetzung der Anschlußförderung im sozialen Wohnungsbau in Berlin

      * Das in den 80er Jahren in Westberlin entwickelte Modell der Wohnungsbauförderung kann getrost als Musterbeispiel für kriminelle Komplizenschaft zwischen Politikern, Bauunternehmern und betuchten Anlegern bezeichnet werden. Noch heute wird der Haushalt der Stadt mit Milliardensummen belastet. Der Versuch des SPD/PDS-Senats, die dauerhafte Umverteilung von Steuergeldern an private Anleger zu unterbinden, droht nunmehr an der Justiz und am Widerstand »interessierter Kreise« innerhalb der SPD zu scheitern. junge Welt dokumentiert im folgenden in leicht gekürzter Fassung eine von Gerlinde Schermer, Constanze Kube und Hans-Georg Lorenz verfaßte Broschüre zu dem Thema. Die drei sind Mitglieder des »Donnerstagskreises« der Berliner SPD-Linken.


      Am 24. 07. 2003 hat das Oberverwaltungsgericht Berlin (OVG) das Land Berlin verpflichtet, die Eigentümer von 30 Wohnungen in Neukölln auch weiterhin mit monatlich 17578,83 Euro zu »fördern«. Das sind pro Wohnung monatlich 586 Euro. Die Mieter zahlen zusätzlich durchschnittlich 234 Euro Miete. Die Eigentümer erhalten also rund 820 Euro pro Wohnung und Monat. Auf dem Markt würden sie allenfalls 300 Euro Miete erzielen, weil es sich – wie das Gericht feststellt – um Wohnungen in ungünstiger Lage und mit einfacher Ausstattung handelt.

      Das Land Berlin hat seit der Errichtung dieser 30 Wohnungen in im Jahr 1986 insgesamt 3 868 000 Euro gezahlt. Das sind pro Wohnung rund 129 000 Euro. Aber damit nicht genug: Die »Eigenbeteiligung« der Eigentümer (ca. zehn Prozent der Baukosten) erhielten diese aus ersparten Steuern zurück. Sie haben also keinen Pfennig für den Erwerb dieser Wohnungen bezahlen müssen.

      Die Erstellung der 30 Wohnungen hat angeblich 4795918 Euro gekostet, 159864 Euro pro Wohneinheit. Dafür hätte man damals ein komplettes Reihenhaus bauen können. Dennoch hat der »Bewilligungsausschuß« diese nach oben getriebenen Erstellungskosten bewilligt, obwohl jeder wußte, daß hier viel Geld in dunkle Kanäle floß.


      Ein korrektes Urteil

      Als die Förderung der 30 Neuköllner Wohnungen nach 15 Jahren vertraglich vereinbarter Laufzeit auslief, meinte der Senat, der Steuerzahler habe diesen Eigentümern genug gezahlt. Er entschloß sich, die Förderung einzustellen. Das Oberverwaltungsgericht aber war anderer Meinung: Vorläufig muß der Steuerzahler weiter bluten.

      Aus der Politik kamen schnelle Reaktionen. Berlins Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) meinte, das sei genau das, was er vom OVG erwartet habe. Nun gelte es, mit den Eigentümern zu verhandeln, um die Förderung zu reduzieren. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und sein Finanzsenator Thilo Sarrazin (beide SPD) wollen nicht nachgeben und das gerichtliche Hauptsacheverfahren durchziehen. Am erstaunlichsten äußerte sich Berlins früherer SPD-Bausenator Klaus Riebschläger, der dieses »Fördersystem« als (mit-)verantwortlicher Bau- und Finanzsenator über viele Jahre angewendet hat. Das System habe er – so Klaus Riebschläger in der Berliner Zeitung vom 30. Juli 2003 – schon vor zwanzig Jahren als »kriminell« bezeichnet. Dennoch müßten die Verträge jetzt eingehalten werden, so Riebschläger, der als Rechtsanwalt die klagenden Eigentümer vertritt.

      Daß Verträge, die auf einer kriminellen Grundlage abgeschlossen wurden, einzuhalten seien, erstaunt nicht nur Juristen. Und daß kriminelle Verträge über die vereinbarte Laufzeit hinaus fortgelten, dürfte selbst die Mafia verblüffen. Denn es drängt sich die Frage auf: Was ist das für ein Rechtssystem, in dem Kläger vor Gericht Ansprüche durchsetzen können, deren rechtliche Grundlage ihr eigener Rechtsanwalt als kriminell bezeichnet?

      Es geht hier nicht um Urteilsschelte. Der Beschluß ist von unabhängigen Richtern gefällt worden, die nicht im Verdacht stehen, mit dem Fördersystem verbunden zu sein. Es handelt sich um vorzügliche Juristen, die nach den geltenden Gesetzen geurteilt haben. Und da Richter nicht weltfremd sind, wußten sie auch, was ihre Entscheidung für das Land Berlin bedeutet: Das Geld, das für die Förderung weiterhin gezahlt werden muß, wird anderswo »eingespart«. Jedem denkenden Menschen sticht dieses Mißverhältnis in die Augen: Auf der einen Seite füllt ein kriminelles System die Kassen weniger Reicher mit Milliarden Euro Steuergeldern. Auf der anderen Seite können drängende soziale Aufgaben nicht mehr erfüllt werden, weil das Geld fehlt.


      Das Recht und die Macht

      Und dennoch sahen sich die Richter durch das Recht gezwungen, sich auf die ungerechte Seite zu stellen. Denn Recht schreibt gesellschaftliche Machtverhältnisse fest. Aus der Rechtsprechung kann man ermitteln, wer wirklich die Macht im Staate besitzt. Wer wissen will, was in einer Gesellschaft rechtens ist, darf nicht nur das abstrakte geschriebene Recht untersuchen. Das gesprochene Recht ist es, das die Machtverhältnisse konkret widerspiegelt.

      Nach den Rechtsprinzipien hat ein soziales Projekt in Kreuzberg ein ebensolches Recht auf Förderung wie die Eigentümer der 30 Wohnungen in Neukölln. Und dennoch kann scheinbar rechtens dem Integrationsprojekt das wenige öffentliche Geld für seine sozial bedeutsame Arbeit sang- und klanglos gestrichen werden, den Wohnungs-Eigentümern die moralisch ungerechtfertigte Förderung aber nicht. An den gerichtlichen Entscheidungen wird also deutlich, wer wirklich die Macht in diesem Staat hat.

      Juristen werden bei dieser Bemerkung aufschreien und betonen, sie seien um Gerechtigkeit bemüht und wendeten Gesetze und Rechtsprinzipien nicht falsch an. Das behauptet auch niemand. Im Gegenteil: Daß bei den Gerichten alles mit rechten Dingen zugeht, ist sogar die unentbehrliche Vorbedingung jener (rechtsphilosophischen) Behauptung, daß das Recht Ausdruck gesellschaftlicher Machtverhältnisse ist. Diese Machtverhältnisse werden im Verteilungskampf nun immer deutlicher: Solange in Berlin die sozialen Bedürfnisse der Bürger weitgehend befriedet werden konnten, fiel nicht auf, daß ein kriminelles Fördersystem wenigen erlaubte, Geld faktisch ohne Gegenleistung aus dem Staatssäckel in den privaten Tresor zu lenken. Es schmerzte (noch) nicht. Die das System durchschauten, haben aus unterschiedlichen Beweggründen geschwiegen und mitgemacht.

      Diese unglaubliche Geldverschwendung in Berlin war ein entscheidender Beweggrund für Bund und Länder, den Geldfluß 1994 zu kappen. Der Grund wurde indes nicht offengelegt. Zu viele hatten mitgemacht, zumindest den kriminellen Ablauf der Dinge geduldet. Jetzt, da die Ausgabenkürzungen die Schmerzgrenze überschreiten, wird der Konflikt deutlich. Und nun offenbart sich, wie die Macht in unserer »sozialen Demokratie« verteilt ist.


      Ein System der Verschwendung

      Genehmigt und gefördert wurden stets stark überhöhte Erstellungskosten der Wohnungen – im entschiedenen Fall war das eine Kostenmiete in Höhe von 23,21 DM/m2 im Monat. Bei einer 60m2-Wohnung wäre das eine Miete in Höhe von 1393 DM gewesen. Niemand hätte eine solche Wohnung angemietet. Sie wurde denn auch anfangs für 294 DM und später für bis zu 457 DM vermietet. Durch Steuersubventionen wurde dem Eigentümer sein gesamter »Eigenanteil« erstattet. Des weiteren gehörten zu dieser Förderung:

      – Die volle Tilgung aller Kreditverpflichtungen der Eigentümer durch den Staat – 15 Jahre lang.

      – Die Hinnahme geringster Tilgung trotz dadurch bedingter hoher Zinsbelastungen.

      Das Gericht erklärt, daß von der Kreditsumme von 4177254 Euro bislang nur zehn Prozent getilgt wurden und noch eine Restschuld von 3700000 Euro bestehe.

      Die Zahlung von 4,5 Prozent Zinsen für das (in Wahrheit gar nicht eingesetzte) »Eigenkapital«, ferner für alle Nebenkosten, die der Vermieter zu tragen hat, und schließlich für ein nicht vorhandenes Mietausfallwagnis – im vorliegenden Fall ergibt sich allein aus diesen Summen unverzinst ein Betrag von DM 1065750, der dem Eigentümer jetzt zur Verfügung stehen müßte, wenn er ihn nicht verbraucht, sondern für den Erhalt seines ausgeübten Gewerbebetriebes bedacht und daraus eine Rücklage gebildet hätte.

      Fazit: Die Eigentümer der 30 Wohnungen in Neukölln haben bislang keinen einzigen Cent für den Erwerb dieses Eigentums aus eigener Tasche ausgegeben. Kein Einzelfall, sondern ein in sich geschlossenes System der Milliardenverschwendung. Die Eigentümer haben vom Steuerzahler über eine Million DM geschenkt bekommen, haben diese »Förderung« aber keineswegs zweckgebunden für die 30 Wohnungen verwendet, sondern anderweitig ausgegeben. Wofür wissen wir nicht. Sie können diese der Allgemeinheit entzogenen Steuergelder auch im Spielcasino oder in der Südsee verjuxt haben. Niemand darf danach fragen, sagt das Gericht.

      Neben den Eigentümern hat vor allem die Bankgesellschaft Berlin profitiert. Der durchschnittliche Gewinn der Immobilienkredite beträgt 2,5 Prozent pro Jahr. In diesem Fall geht es um 100000 Euro pro Jahr, bislang also 1,5 Millionen für nur 30 Wohnungen. Die Anschlußförderung, die hier zur Debatte steht, bezieht sich nach Angaben der Investitionsbank Berlin (IBB) auf rund 38000 Wohnungen. Es geht hier also um einen Gewinn in Höhe von mindestens 1,3 Milliarden Euro für die Bankgesellschaft Berlin.


      ... und seine Rechtfertigung

      Doch wie rechtfertigt das Gericht seinen Befehl, daß diese – um mit Riebschläger zu sprechen – kriminelle Verschleuderung öffentlichen Geldes im Namen des Volkes 15 Jahre lang weiterlaufen soll? Die Begründungen der Richter lassen sich auf folgendes Argument verdichten: Alles, was der Staat an steuerlichen Entlastungen und sonstigen Zuwendungen den Eigentümern zusteckte, hat mit den 30 Wohnungen nichts zu tun. Zitat: »Es mag zutreffen, daß das im maßgeblichen Zeitpunkt der Investition geltende Steuerrecht es den Investoren erlaubte, die Eigenmittel im wesentlichen aus ersparten Steuern aufzubringen. Das in dieser Weise erlangte Kapital stellt sich gleichwohl als durch eigene Leistung erwirtschaftet dar und genießt verfassungsrechtlich uneingeschränkten Eigentumsschutz.«

      Wenn man freilich die 480000 Euro, die das Finanzamt »erstattete«, ebenso in die Tilgung eingebracht hätte wie die 544909, die man nebenbei vom Berliner Senat »geschenkt« bekam, wäre heute keine Restschuld von drei Millionen vorhanden.

      Es gibt Eigentümer, die alle Fördergelder so eingesetzt haben. Sie können ihre Wohnungen nunmehr auch rentabel vermarkten. Sie sind freilich jetzt, wie die anderen Steuerzahler, die Dummen, weil sie keine Anschlußförderung einklagen können. Auch hier gilt: Der Anständige ist der Dumme! Denn das entscheidende Argument des Gerichts ist die Feststellung, daß die Eigentümer die Wohnungen beim gegenwärtigem Stand der Schulden nicht rentabel an den Markt bringen können und daher pleite gehen müssen, wenn die Förderung nicht weiterhin gezahlt wird.

      Fazit: Die Eigentümer wären nicht von Insolvenz bedroht, wenn sie die für diese Wohnungen gezahlten öffentlichen Gelder in die Tilgung gegeben hätten oder jetzt als Rücklage einsetzen könnten. Nur wer das Geld anderweitig ausgab, geht ohne weitere Förderung pleite.

      Der Berliner Senat hat lediglich zwei wichtige Argumente in dem Verfahren vorgetragen, die das Gericht bissig kommentiert: »Der Antragsgegner (also das Land Berlin) hat für die Einstellung der Anschlußförderung zwei Gründe angeführt: Zum einen die extreme Notlage des Berliner Landeshaushalts, zum anderen die Entspannung, wenn nicht gar Übersättigung des Wohnungsmarkts. Das wahre Ausmaß der Haushaltsnotlage vermag der (5.) Senat (des OVG) nicht zu beurteilen; eine alle Teilbereiche erfassende Entspannung des Wohnungsmarkts jedoch hat der Antragsgegner noch in der mündlichen Verhandlung vor dem (5.) Senat (des OVG) am 13. Juni 2002, in dem es um das (automatische) Außerkrafttreten der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung ging – OVG 5 B 18.01 bis 22.01 –, nachdrücklich in Abrede gestellt.«

      Diese Argumentation steht freilich dem 5. Senat des OVG nicht gut zu Gesicht. Die Haushaltsnotlage kennt jeder Bürger. Sie muß als gerichtsbekannt gelten. Und eben der 5. Senat des OVG hatte in dem zitierten Verfahren dem Berliner Senat bescheinigt, daß es den gesättigten Wohnungsmarkt gäbe und er deshalb verfassungswidrig handelt, wenn er das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum nicht aufhebt. Der Inkonsequenz in der Argumentation des Berliner Senats steht eine ebensolche des 5. Senats des OVG gegenüber. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!


      Veränderte Geschäftsgrundlage

      Der Beschluß erwähnt auch mit keinem Wort den Fall der Mauer, die Wiedervereinigung und den dadurch ausgelösten Wegfall der Berlin-Förderung im Jahr 1994 und das Auslaufen von Steuervergünstigungen. Dies aber war, wie das Gericht an anderer Stelle erwähnt, die Geschäftsgrundlage der Förderung. Und sowohl der Berliner Senat als auch die Geförderten wußten dies. Der Wegfall der Berlin-Förderung bedeutet auch den Wegfall der Geschäftsgrundlage.

      Der Beschluß des OVG-Berlin behandelt den Fall so, als sei hier ein Streit zwischen zwei Parteien zu entscheiden, die sich zusammengetan hatten, um den Staat auszuplündern. Daher die (insoweit zutreffende) Argumentation des Gerichts, die Politik habe doch bewußt die Bedingungen geschaffen, die der anderen Partei die »kriminelle« Aneignung nachgerade aufnötigte. Das sich dabei aufdrängende Unbehagen verdrängt das Gericht.

      Dieses ungute Gefühl brauchten die Richter nicht zu haben. Das Gericht war an die öffentlich dokumentierte positive Haltung des Senats zu dieser Förderung gebunden. Statt Fehler öffentlich einzugestehen, haben Politik, Bankvorstände und die »interessierten Kreise« sogar das Gegenteil getan. Kaum war die Geldquelle »Berlin-Förderung« versiegt, da wurde – noch im gleichen Jahr (1994) – bei Sekt und Kaviar die Bankgesellschaft Berlin gegründet. Mit diesem Instrumentarium vermochte es das eingespielte Team denn auch, die Stadt mit einer neuen Variante von Immobiliengeschäften in sieben Jahren völlig zu ruinieren.

      Damit aber nicht genug:

      Noch im Jahre 1997 – drei Jahre nach dem Ende der Förderung Berlins durch den Bund – wurde unter der sogenannten Sparkommissarin Annette Fugmann-Heesing noch einmal für weitere 20000 Wohnungen der Förderjahrgänge 1982-86 eine Anschlußförderung bewilligt und vom Parlament beschlossen. Nach dem aktuellen Bericht der IBB (2002) wurden nur für diese Nachschußförderung bislang 1541 Millionen Euro ausgegeben. Am Ende wird sich diese Summe verdoppelt haben – allein für diesen kleinen Teil der Nachschußförderung. Und noch 2003 wollte Peter Strieder – völlig unbeeindruckt von den Fakten – eine weitere Nachschußförderung »durchwinken«. Es wäre verdienstvoll, für die Öffentlichkeit zu klären, wie weit die hier »geförderten Personen« mit denen identisch sind, die an den Geschäften der Bankgesellschaft verdienen. Wenn das Gericht die Interessen des Volkes hätte würdigen wollen, dann hätte es Folgendes sagen müssen: Hier haben beide Parteien gewußt, daß sie ein sittenwidriges Geschäft zum Schaden der Allgemeinheit abschlossen. Und daraus hätte es dann die rechtlichen Konsequenzen ziehen müssen.


      Was tun?

      Ist Revolution oder Resignation angesagt? Ist das System der sozialen Demokratie krank oder sind es nur die Eliten? In der ganzen Welt, oder nur in Deutschland, oder gar nur in Berlin? Die Politik in Berlin beginnt, die Fehler der Vergangenheit zu erkennen und – manchmal sogar – zu bekennen. Aber, die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich nicht nur in Berlin immer weiter. Und längst sind die Ursachen keine Berliner Besonderheiten mehr. Teile der wirtschaftlichen Eliten haben jedes Verantwortungsbewußtsein für Staat und Gesellschaft verloren. Es geht ihnen allein um den wirtschaftlichen Erfolg im Sinne rascher hoher Gewinne, nicht um Nachhaltigkeit. Das Sterben des Mittelstands, der Firmen, die noch mit ihren Arbeitnehmern bangten, der Wegfall menschlicher Arbeit selbst bei qualifizierten Tätigkeiten, verschärft die Krise. Das ist aber keine Verfassungskrise, auch wenn sie die Verfassungsrealität deformiert. Es ist eine Krise des Wirtschaftssystems. Mit den Mitteln kommunaler Politik allein wird man sie nicht überwinden.

      Wir können aber den Auswüchsen dieses krisenhaften Wirtschaftssystems Grenzen setzen. Auch das ist in Berlin nicht getan worden. Im Gegenteil: Man hat die Speerspitze bei der Privatisierung auch der Daseinsvorsorge gebildet – mit den bekannten desaströsen Folgen. Solange wir uns scheuen, Fehler zuzugeben, werden sie weitergemacht: Wenn die SPD öffentlich schon vor 20 Jahren – gesagt hätte, daß die Förderung kriminell war, dann wäre sie schon lange beendet. Solange wir nicht sagen, daß die Privatisierung der Daseinsvorsorge auf eine bedrohliche Ausbeutung der Allgemeinheit hinausläuft, wie wir an vielfältigen Beispielen dargelegt haben und weltweit sehen können, wird weiterhin jeder Vorwand genutzt werden, öffentliche Betriebe zu verkaufen.

      Und weil man als Politiker dann auch gleich noch die Verantwortung abgeben kann, wenn man Daseinsvorsorge in private Hände gibt, ist die Verlockung teilweise größer als die Vernunft. Und wenn dann die Krise kommt, ist man längst in die Frühversorgung für Politiker abgewandert. Eine glaubwürdige Politik aber muß sich zu ihrer Verantwortung bekennen.

      Die Antwort auf die Frage »Was tun?« ist einfach:

      Aussprechen, was ist.

      Aufklären, was war.

      Die Verantwortlichen beim Namen nennen, bei der Anschlußförderung wie bei der Bankgesellschaft.

      Die Politik muß ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnen und die Interessen der Allgemeinheit machtvoll vertreten. Dann gibt es auch wieder andere Gerichtsentscheidungen und andere Verantwortungen des Wirtschaftens. Die Verfassung läßt auch andere Machtverhältnisse zu!


      http://www.jungewelt.de/2003/09-16/004.php
      Avatar
      schrieb am 16.09.03 13:50:41
      Beitrag Nr. 131 ()
      Inland
      Rainer Balcerowiak

      Risiken und Nebenwirkungen eingeplant

      Patientenverband befürchtet drastische Verschlechterung der Medikamentenversorgung


      »Schröpfen statt reformieren – Patienten bluten für das kranke Gesundheitswesen« lautet die Bewertung der geplanten »Gesundheitsreform« durch die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten e.V. (DGVP). Die Organisation versteht sich als eine Art Dachverband für 30 Patientenorganisationen mit insgesamt über 30000 Mitgliedern. Fünf Punkte stellte Ekkehard Bahlo, Präsident, der DGVP, am Montag in Berlin in den Mittelpunkt seiner Kritik. Das geplante Gesetz bedeute eine gigantische Umverteilung der Kosten zu Lasten der Patienten und deren weitere Entmündigung. Dazu kämen gravierende Leistungsverschlechterungen, eine ausufernde Bürokratie durch die Ausdifferenzierung von Versicherungsvarianten und die Verschwendung von Versichertengeldern durch den generellen Ausschluß verschreibungsfreier Medikamente aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.

      Martin Adler, Facharzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren, befürchtet durch die Verweigerung von Naturheilverfahren alleine im Bereich der Medikation Mehrkosten von bis zu fünf Milliarden Euro pro Jahr, da auf teurere chemische Analoga umgestiegen werden muß. Betroffen seien davon vor allem chronisch Kranke. Doch nicht nur die Mehrkosten führten die Plänen ad absurdum. Viele chemische Analoga seien bekanntermaßen sehr nebenwirkungsintensiv, so Adler. Als Beispiel nannte er chronische Erkrankungen im Magen- und Darmbereich. Während verschiedene pflanzliche Präparate nach unbestrittenen wissenschaftlichen Erkenntnisse sowohl hochwirksam wie auch risikoarm und gut verträglich seien, würden verschreibungspflichtige Arzneien wie Metoclopramid oftmals schwere Nebenwirkungen bis hin zu Blutungen verursachen. Dennoch müsse der behandelnde Arzt diese Medikamente in Zukunft verschreiben. Ähnliche Mißverhältnisse gebe es auch bei rheumatischen Erkrankungen .

      Der für die DGVP tätige Rechtsanwalt Herbert Wartensleben sieht bei diesem Teil der »Reform« sogar eklatante Rechtsverstöße vorliegen. So werde der gesetzlich festgelegte Grundsatz, daß jeder Patient Anspruch auf optimale und risikominimierte Behandlung habe, mit Füßen getreten. Die Chancen für eine Verfassungsbeschwerde schätzt er jedoch gering ein. Derartige Vorstöße würden vom Bundesverfassungsgericht in der Regel nicht einmal zur Entscheidung angenommen.

      http://www.jungewelt.de/2003/09-16/016.php
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      schrieb am 16.09.03 13:57:20
      Beitrag Nr. 132 ()
      RFID, oder der Spion in der Hose
      (Orwell, lässt grüßen):rolleyes:



      Nachdem wir in den letzten Tagen vermehrt über Kontroll- und Überwachungstechniken berichtet haben, präsentieren wir nun die neuste Errungenschaft des Handels und der Logistiker: RFID, Radio Frequency Identification Devices, besser bekannt als Smart Tags. Was als "Barcode II" verkauft werden soll, und in der Tat dem Kunden einen vordergründigen Nutzen verschaffen kann, hat aber auch das Potential zu einer wahrlich totalen Überwachung,, gegen die alles, was wir bisher an dieser Stelle gedacht und geschrieben haben, als ein Kinderspiel erscheint.

      Was zum Teufel ist RFID?
      Immer mehr Hersteller, Logistiker und Handelsketten rüsten Waren mit kleinen Chips aus, die Radiosignale übertragen und damit die Identifikation und Lokalisierung der Ware ermöglichen. Die kleinen Minisender können in Kleinung eingearbeitet oder auf Waren aufgeklebt, aber auch in der Ware versteckt werden. In Lederbörsen befinden sie sich meist in den papiernen Einlegern, die wie Scheckkarten aussehen und in den Kartenfächern wie zur Demonstration der späteren Nutzung stecken. Da die Chips ihre Energie nur aus elektromagnetischen Feldern beziehen, brauchen sie keine eigene Stromversorgung und funktionieren daher praktisch beliebig lange - wenn der Kunde sie nicht entdeckt und beseitigt, unter Umständen für viele Jahre. Die digitale Antwort des sogenannten "Smart Tags" kann mit unauffälligen Antennen auf bestimmten Radiofrequenzen ein paar Meter weit empfangen werden und erlaubt eine eindeutige Identifikation und Lokalisierung der Ware, etwa wie bisher mit einem Barcode-Scanner. Nur eben ohne Wissen des Kunden - aber auch zu seinem Vorteil?

      Die Vision von der schlangenfreien Kasse
      Das eröffnet völlig neue Anwendungsfelder, von denen Kunden wie Händler gleichermaßen profitieren. Wären beispielsweise in einem Markt alle Waren mit "smarten" RFID-Tags versehen, könnte ein Scanner im Ausgangsbereich den Einkauf des Kunden erfassen - und möglichst gleich seine ebenfalls smarte Kreditkarte. Das entnervende Warten an Kassen, und das Beobachten der Schlange nebenan, an der es immer schneller geht als in der eigenen Wartegemeinschaft, würden damit entfallen. Zugleich können aber auch alle Bewegungen von Waren erfaßt werden - berührt ein Kunde eine Ware, könnte dies sofort gemeldet werden. Ladendiebe hätten damit keine Chance mehr, was nützlich erscheint, aber da beginnen auch die Probleme.

      Wirklich nur Vorteile?
      Die Firma Gillette beispielsweise, den Herren (und auch manchen Damen) als Hersteller hochwertiger Rasierer bekannt, ist beispielsweise schon dazu übergegangen, alle Kunden, die ihre kostbaren Produkte in die Hand nehmen, mit versteckten Kameras zu fotografieren - denn wer ein Produkt berührt, ist potentiell ein Dieb. Manche Bekleidungshersteller statten bereits ihre Produkte mit Smart Tags aus - und können damit den Kunden in den Umkleidekabinen Werbespots für genau die Stücke vorspielen, die sie zur Anprobe mitgenommen haben. Aber was sagt der Datenschutz zu solchen Praktiken?

      Viele weitere Anwendungen sind denkbar
      Die Städte stehen längst voller Sendemaste, und keiner garantiert, daß RFID-Tags an der Kasse entfernt werden. Durch ihre Kleinheit lassen sie sich nämlich leicht verstecken, selbst vor dem eigenen Personal. So könnte ein Hersteller, sobald nur ein entsprechend dichtes Netz an Sendern und Servern bereitsteht, jedes individuelle Produkt, das ein Kunde gekauft hat, auf seinem künftigen Lebens- und Gebrauchsweg von der Kasse bis zur Mülltonne verfolgen - und damit auch ein hochpräzises Bewegungsprofil erstellen. Die Hersteller wüßten dann immer, wann und wo Sie Ihre neuen Klamotten tragen, und auch ganz ohne Maut ließen sich Autos metergenau lokalisieren - möglicherweise ohne Wissen der Kunden, die von den RFID-Tags gar nichts wissen. Auch im Personalwesen gibt es Anwendungsoptionen, die schon manchem Personaler feuchte Träume bereiten: so könnten Uniformen, Dienstkleidung und Ausrüstungsgegenstände von Mitarbeitern mit RFID-Tags versehen werden - und damit die Leute lückenlos kontrolliert werden. Der Chef wüßte dann immer, wie lange sich in welchem Büro, an welchem Aktenschrank und mit welcher anderen Person aufhält - oder einfach nur, wie lange jemand auf dem Donnerbalken sitzt. Und da Innenräume leichter als Städte oder Verkehrswege mit unauffälligen Sendeanlagen zu versehen wären, könnte ein findiger Unternehmer so was unschwer ins Werk setzen, ohne daß der Betriebsrat davon Wind bekommt.

      RFID als strategisches Risiko
      Man könnte mir RFID verhindern, daß auf ein Auto falsche Reifen aufgezogen werden, die Lagerstatistik automatisieren oder den Kühlschrank verbrauchte Waren automatisch nachbestellen lassen, und im Rahmen von Just in Time Systemen wäre der Kosteneffekt geradezu dramatisch, weil potentiell jede Ware jederzeit lokalisierbar ist. Eine präzisere Planung gibt es nicht: Computer könnten komplette Datenbanken des gesamten Inventars mit allen Einzelstücken verwalten. Man kann aber auch Müllsünder finden, die die "richtige" Mülltonne verwechseln, oder genau wissen, welche Produkte ein Kunde besitzt, wenn man nur mit dem Sender an seiner Wohnung vorbeifährt - und ihm prompt den Briefkasten mit genau auf ihn zugeschnittener Werbung zumüllen. Und wenn Bücher plötzlich RFID-Chips besitzen, dann weiß man sogar, was jemand liest und was er denkt... auch das hätte die Stasi der ehemaligen DDR wohl vor Neid erblassen lassen.

      Forderungen an die Unternehmer
      Daß die Unternehmen sich auf den Kundenvorteil konzentrieren, darf aus der bisherigen bezweifelt werden. Die Einführung von Smart Tags kann daher zu einem Marketing-Desaster werden - was Gillette bereits erlebt hat. Verbraucher sollten daher stets wissen, daß ein Produkt einen Smart Chip enthält, und diesen selbst als solchen erkennen und entfernen können. Niemand sollte vom Kauf eines Produktes ausgeschlossen werden, weil er sich weigert, RFID-Technologie zu benutzen, und der Käufer muß die Möglichkeit haben, die auf dem Chip gespeicherten Daten auszulesen. Schließlich sollte jeder Kunde informiert werden, wo ein Chip was sendet, und warum. Diese Anforderungen sind hoch - so daß überlegt werden soll, ob diese Technologie eingeführt wird, oder ob man nicht "RFID-free" als Werbeargument benutzt. Das wäre wirklich kundenfreundlich.

      http://www.bwl-bote.de/index.htm
      Avatar
      schrieb am 16.09.03 14:16:35
      Beitrag Nr. 133 ()
      Avatar
      schrieb am 16.09.03 14:33:29
      Beitrag Nr. 134 ()
      Avatar
      schrieb am 16.09.03 14:41:57
      Beitrag Nr. 135 ()
      14. September 2003

      19:08 MEZ

      Das Elend der Privatisierung

      oder: Was passiert, wenn GATS gewinnt. Dringende Warnung vor den Folgen eines Vertragswerks, das jeden Lebensbereich weltweit dem Diktat "neoliberaler Fanatiker" zu unterwerfen droht - Kommentar der anderen von Peter Huemer
      Der Historiker und Publizist Peter Huemer hielt am Sonntag die Eröff- nungsrede zum Brucknerfest, der die vorliegende Passage entnommen ist




      Vor mehr als zwei Jahren riet das Wirtschaftsmagazin Fortune seinen Lesern: "Wenn Sie nach einer sicheren Aktienanlage suchen, die dauerhafte Renditen verspricht, versuchen Sie es mit der ultimativen Alternative zum Internet: Wasser."

      Es geht bekanntlich nicht nur um das Wasser. Es geht um die Zerschlagung unseres Bildungs- und Gesundheitssystems, unserer Energieversorgung, es geht um Bereiche, "die noch nie zuvor als Gegenstand der Handelspolitik gesehen wurden". So hat es der Ex-WTO-Direktor Renato Ruggiero definiert. Das heißt: Bildung, Wasser, medizinische Versorgung, öffentlicher Verkehr, alles, was man kaufen und verkaufen kann, soll in Zukunft in private Hand übergehen und wie beliebige Waren gehandelt werden.

      Geheimdiplomatie

      Das weltweite Abkommen, von dem ich spreche, heißt GATS, das ist die Abkürzung für General Agreement on Trade in Services. Es geht dabei um die Liberalisierung und Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Verhandelt wird im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO, die treibende Kraft dahinter sind vor allem die USA und weltweit operierende Konzerne.

      Es ist durchaus möglich, dass Sie bis jetzt über dieses wichtigste weltweite Abkommen wenig bis nichts gehört haben, weil die Verhandlungen geheim geführt werden und die Beteiligten daran interessiert sind, dass möglichst wenig nach außen dringt. Zu Recht, weil sie mit einem weltweiten Sturm der Entrüstung rechnen müssten. Daher hat man sich auf ein Verfahren geeinigt, das aufs Haar der Geheimdiplomatie des 18. Jahrhunderts gleicht, als Kabinette im Auftrag ihrer Feudalherren in streng geheimen Verhandlungen die Schicksale ganzer Völker entschieden haben. Das kommt jetzt wieder.

      Die verheerenden Erfahrungen weltweit mit bisherigen Privatisierungen von Infrastruktur spielen dabei keine Rolle. Das englische Eisenbahnsystem ist legendär geworden, die Stromversorgung in Kalifornien ebenso. Die Liste der Fehlschläge und Katastrophen nach Privatisierungen von Infrastruktur wäre beliebig verlängerbar, wobei es sich jeweils um Katastrophen für die Allgemeinheit handelt, nicht für die Aktionäre. Darum wird ja privatisiert.

      Der Bereich der Kultur ist natürlich ebenso bedroht, wenn Subventionen in Zukunft als Wettbewerbsverzerrung gelten. Das zerstört den europäischen Film und soll es ja wohl auch. Es stellt unser Theater- und Rundfunksystem infrage und erledigt die kleinen Kulturinitiativen. Aber nicht nur die. Das Brucknerhaus wird im kommenden März 30 Jahre alt und kann stolz sein auf seine Geschichte. Aber die Zukunft ist fraglich, wenn GATS gewinnt. Und das Lentos gleich nebenan, ein besonders geglückter Museumsneubau, hätte unter diesen Umständen gar nicht erst aufsperren müssen. Denn niemand kann garantieren, dass etwa Museen auf Dauer aus dem Abkommen ausgenommen werden. Kein Dienstleistungssektor soll generell von GATS verschont bleiben.

      Dazu ein aktuelles kleines Beispiel aus den USA, was die Privatisierung von Kultur in der Praxis bedeutet: Ende Juli konnten wir der Frankfurter Allgemeinen und der Süddeutschen Zeitung entnehmen, dass die Stiftung der verstorbenen texanischen Ölerbin Sybil Harrington die Metropolitan Opera auf die Rückgabe von fünf Millionen Dollar klagt, weil der aus Ölgeld finanzierte "Tristan" an der Met nicht den Vorstellungen der verstorbenen Milliardärin entsprochen habe. Inszeniert hatte Dieter Dorn, der Intendant des Münchner Residenztheaters, wahrlich kein junger Wilder, wie wir wissen. Aber wie gesagt, für die Harrington-Stiftung war dieser "Tristan" nicht konventionell genug. Und wer zahlt, schafft an. Und jetzt frage ich Sie: Wollen wir solche Zustände auch bei uns?

      Prophet Pasolini

      Ich behaupte: GATS ist eine massive Bedrohung des europäischen Kulturlebens. Und die gegenwärtige beschämende Geldnot unserer Universitäten, Museen und Bibliotheken ist nur ein Vorgeschmack dessen, was kommt, wenn GATS einmal greift.

      Für verständliche Wut über diese Bedrohung reichen unsere Informationen nicht aus. Wir ahnen, dass hier um die Zukunft der Welt gehandelt wird, aber viel mehr wissen wir nicht. Wir sind darauf angewiesen, was eine Bundesregierung, die selber extrem privatisierungswillig ist, an öffentlichem Gut und an öffentlichen Interessen zu verteidigen gewillt ist. Zumindest bei Kunst und Kultur plädiert sie für Nichtaufnahme in die Verhandlungen. Das ist immerhin etwas.

      Pasolini hat diesen Kapitalismus in seinen "Freibeuterschriften" bereits vor 30 Jahren beschrieben. In seinen Essays setzt er sich mit der radikalen Kulturzerstörung durch die Konsumgesellschaft auseinander. Dies sei die "erste wahre Revolution von rechts", schreibt er. Die alten Werte Familie, Vaterland, Ordnung, Sparsamkeit, Kirche werden zerschlagen. "Nicht einmal das Falsche an ihnen ist noch zu gebrauchen." Pasolini kommt zum Schluss, "es dürfe keine andere Ideologie als die des Konsums geben".

      Ende der Geschichte?

      Prophetische Worte. Tatsächlich können wir heute zwischen mehr Butter- und Käsesorten als je zuvor wählen, und es gibt Geschäfte mit zwei Anzügen für 99 Euro. Und das Telefonieren ist auch billiger geworden. Aber die großen Entscheidungen, bei denen es um das Leben von Völkern und ganzen Kontinenten geht, die trifft eine winzige Minderheit. Dazu kommt noch etwas: Es ist geplanter Vertragsbestandteil von GATS, dass der Prozess der Privatisierungen nicht mehr umkehrbar sein soll - egal, welche Verheerungen er auslöst. Einen solchen Versuch, jeden Lernprozess durch ein weltumspannendes Vertragswerk auszuschließen, hat es in der Geschichte der Menschheit noch nicht gegeben. Den Menschen das Lernen verbieten zu wollen: Das wäre dann tatsächlich das "Ende der Geschichte".

      Und das alles nur, weil die neoliberalen Fanatiker, die zurzeit in den meisten Ländern an der Macht sind, unbedingt ihr Weltbild verwirklichen wollen - mit dem Segen von weltweit operierenden Konzernen, die dabei prächtig verdienen, aber leider keine Steuern mehr zahlen ... (DER STANDARD, Printausgabe, 15.9.2003)

      http://derstandard.at/?id=1419281
      Avatar
      schrieb am 16.09.03 14:47:42
      Beitrag Nr. 136 ()
      Malik Aktuell

      US-Zahlen irreführend vom 14.09.2003

      - Unkritische Medien
      - Falsche Vergleiche
      - Täuschende Hoffnungen


      Einmal mehr haben wir ein krasses Beispiel dafür, wie mit amerikanischen Wirtschaftszahlen unkritisch - nachgerade dumm - umgegangen wird. Offenbar wird jede US-Zahl einfach naiv geglaubt. Die Schlüsse, die daraus gezogen werden, sind falsch, irreführend und zum Teil gefährlich. Man kann darauf keine Anlageentscheidungen stützen, keine Konjunkturbeurteilung und schon gar keinen
      Vergleich mit Europa und Deutschland. Die Wahrheit der Zahlen machen die Hoffnung auf eine deutliche Konjunkturerholung in den USA mehr als fragwürdig.

      Wäre die US-Wirtschaft im 2. Quartal tatsächlich 3,1% gewachsen, würden wir sie mit Recht bewundern und müssten uns für unsere eigenen Zahlen schämen. Dann wären auch die jetzt im Wallstreet Journal publizierten Prognosen von 53 US-Oekonomen einigermassen glaubhaft, nämlich 4,7% für das dritte Quartal und 4,0% für das vierte.

      Abgesehen davon, dass die historischen Prognose-Erfolge dieser Umfragen miserabel sind, müssen folgende Korrekturen an der Zahl für das 2. Quartal gemacht werden:

      1. Annualisierung
      Alle US-Zahlen werden annualisiert. Niemand sonst tut das. Es ist Unfug, den man nicht verhindern kann. Wer in den Medien glaubt, darauf Jubel-Schlagzeilen stützen zu können, beweist seine ökonomische Ignoranz.

      Die Zahlen müssen durch 4 dividiert werden, um quartalsrelevant zu sein. Es ergibt sich somit ein Wachstum von knapp 0.8%. So würde das in anderen Ländern publiziert (und wäre Grund für mediale und politische Lamentos). Das ist höchst bescheiden. Der absolute Zuwachs entspricht genau dem; es sind rund 73 Mia Dollar.

      2. Erwartungen übertreffen
      Einer der Tricks, mit dem man Psychologie bei jenen macht, die darauf hereinfallen, ist die Verbreitung von "erwarteten" Zahlen. Für das 2. Quartal waren das 1,5%. Wenn die "realen" Zahlen dann mit 3,1 mehr als doppelt so hoch liegen, dann ist die Euphorie in den Medien kaum noch zu bremsen. Dass die Börse trotzdem nur geringfügig reagiert hat, müsste nachdenklich machen.

      3. Zusammensetzung
      Man muss die Zusammensetzung des Wachstums anschauen. Es gibt gesundes und krankes Wachstum. Mehr als die Hälfte der Wachstumsrate, nämlich 1.53 Prozentpunkte sind Staatsausgaben, und zwar reine Verteidigungsausgaben - wofür, ist offenkundig.

      Der zweite dominierende Posten sind die "Business fixed investments". Das tönt nach deutlichem Erholungssignal. Das Wallstreet Journal konnte sich vor Freude kaum beherrschen.


      3. Blähungen
      Darin wiederum der grösste Anteil entfällt auf Computer. Die Investitionen für Computer seien -so die Berichte - um 12% oder 38.4 Mia Dollar gestiegen. Schön, wenn es so wäre. 85% dieser Ziffer sind aber reine Statistik, nämlich "hedonic pricing". Die tatsächlichen Ausgaben für Computer betrugen bescheidene 6.3 Mia Dollar. Genau dieser Betrag - und kein Dollar mehr - findet sich in den Umsätzen der Unternehmen, genau für diesen Betrag können Löhne, Zinsen, Vorleistungen bezahlt werden; genau um diesen Betrag ist das Volkseinkommen gestiegen. 32,1 Mia Dollar oder eben 85% der Computer-Investitionen sind rein statistischer Schönrechnungseffekt.

      4. Wirklichkeit
      Der Schönrechnungstrick beträgt mit 32,1 Mia auf das Gesamtwachstum von 73.1 Mia 44%. Wenn beinahe die Hälfte des Wachstums aus reiner Statistik entsteht, für die es keine Dollarausgaben gibt, dann wird die Sache definitiv lächerlich. Wenn das in den Medien als Erfolg gewertet wird, Europa, insbesondere Deutschland schlechtgeredet wird, dann wird es bedenklich. Wenn man noch die anderen Probleme der US-Wirtschaft in Rechnung stellt, z. B. das Aussenhandelsdefizit, die verwüsteten Unternehmensbilanzen, die Verschuldung, die niedrigen Ersparnisse und das monströs geleveragte Finanzsystem, dann zeigt sich die Vorbild-Wirtschaft der Welt in einem desolaten Zustand. Kein Grund für Europa, nichts zu tun; aber ein Grund für Zuversicht.

      http://www.mzsg.ch
      http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/219282.htm
      Avatar
      schrieb am 16.09.03 16:16:02
      Beitrag Nr. 137 ()
      Absenkung des Beitragssatzes erwartet


      SPD will private Kassen für alle öffnen



      Einem Zeitungsbericht zufolge soll der Zugang zu privaten Krankenkassen nicht mehr nur auf Besserverdienende beschränkt werden. „Wer viel verdient, gesund oder jung ist, darf sich nicht der Solidarität in der Krankenversicherung entziehen“, zitierte die „Bild“-Zeitung vom Dienstag aus dem Entwurf zum Leitantrag für den SPD-Parteitag im November.











      HB BERLIN. Alle Bürger - auch Beamte und Selbstständige - sollten in Zukunft frei wählen können, ob sie Mitglied in einer privaten oder gesetzlichen Krankenkasse sein wollen. Auch die privaten Kassen müssten dann unabhängig vom Einkommen jeden Bürger aufnehmen. Derzeit liegt die Grenze, ab der eine Mitgliedschaft in einer Privatkasse möglich ist, bei 3 825 € Monatseinkommen. Zudem solle die kostenlose Mitversicherung für Kinder und Jugendliche nicht mehr aus den Beiträgen der Versicherten bezahlt werden, sondern aus Steuergeldern, hieß es.

      Die SPD erwarte durch die „solidarische Verbindung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung“ eine Absenkung des Beitragssatzes von derzeit 14,3 auf unter 13 %, hieß es weiter. Die Beiträge sollten in Zukunft nicht nur auf Lohn und Gehalt erhoben werden, sondern auch auf Mieteinnahmen, Zinsen und Aktiengewinne bis zu einer Obergrenze von 3 450 € pro Monat.

      Die Grünen haben angekündigt, die Bundestagswahl 2006 zur Abstimmung über einen Umbau der Krankenversicherung hin zu einer Bürgerversicherung zu machen. Sie wollen künftig alle Personen und Einkommensarten in diese Versicherung einbeziehen - also auch Selbstständige und Beamte sowie Miet- und Zinseinkünfte. Zur Entlastung der Wirtschaft soll geprüft werden, den Arbeitgeberanteil in die gesetzliche Krankenversicherung prozentual zu deckeln. Die Bürgerversicherung soll sowohl von privaten als auch gesetzlichen Kassen angeboten werden.

      SPD-Generalsekretär Olaf Scholz wandte sich gegen eine Deckelung der Arbeitgeberbeiträge. Er sei zudem dagegen, Miet- und Zinseinnahmen bei der Berechnung der Kassenbeiträge zu berücksichtigen.


      HANDELSBLATT, Dienstag, 16. September 2003, 08:43 Uhr

      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
      Avatar
      schrieb am 16.09.03 16:25:30
      Beitrag Nr. 138 ()
      Eingewurzelt

      Deutsche denken immer noch in D-Mark

      Die meisten Deutschen haben noch kein Gefühl für den Wert der Euro-Währung. 86 Prozent der Bundesbürger denken beim Bezahlen weiter an Clara Schumann und Co.





      22 Prozent der Deutschen kalkulierten aber nur noch bei größeren Anschaffungen in Mark und Pfennig, ergab eine am Dienstag in Frankfurt veröffentlichte Umfrage des europäischen Forschungsinstituts Thalys Explorer weiter.

      Am schwersten fällt den Franzosen die Umstellung auf den Euro. 93 Prozent denken beim Bezahlen immer noch in Franc. In Belgien rechnen noch 91 Prozent der Einwohner in der alten Währung, in den Niederlanden haben sich 85 Prozent noch nicht richtig vom Gulden verabschiedet.



      Spanier und Italiener relativ weit
      Vergleichsweise gut kommen Spanier und Italiener mit dem Euro zurecht. In beiden Ländern gaben 75 Prozent der Befragten an, immer noch in ihren alten Landeswährungen zu denken.

      Für die repräsentative Studie befragte Thalys Explorer mit dem Meinungsforschungsinstitut IPSOS 3.543 Erwachsene über 18 Jahre in Deutschland, Italien, Frankreich, Belgien, Spanien, Großbritannien und den Niederlanden. In Deutschland wurden 537 Frauen und Männer befragt.

      Thalys ist die Betreibergesellschaft des gleichnamigen Hochgeschwindigkeitszuges. Sie hat das Forschungsinstitut gegründet, um die Einigung Europas zu unterstützen.

      (sueddeutsche.de/dpa)

      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/42/18024/
      Avatar
      schrieb am 16.09.03 16:35:43
      Beitrag Nr. 139 ()
      Zyklen und Zahlen

      Was gegen einen längerfristigen Aufschwung an den Börsen spricht.


      Für zahlreiche Anleger und Analysten hat die Beschäftigung mit Charts – also der Versuch, aus vergangenen Entwicklungen auf die Zukunft zu schließen – etwas Mystisches und grenzt an Astrologie. Doch manche Zyklen kehren eben immer wieder. Zwar gibt es keine Garantie dafür, dass sich eine Aktie oder eine ganze Börse an Regeln halten, die vor fünf, zehn oder fünfzig Jahren gegolten haben, doch eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht immerhin.
      So gesehen sollten Anleger auf der Hut sein. Der Dollar befindet sich auf einem langfristig betrachtet niedrigen Stand, und Ende Juli kam es an den Anleihemärkten zu dramatischen Kursverlusten. Eine ganz ähnliche Situation gab es im Sommer 1987. Wenige Wochen später, im Oktober desselben Jahres, krachten die Börsen.

      Ein weiteres Argument gegen eine rasche Erholung sind die Arbeitslosenzahlen. Dass die Unternehmensbilanzen weltweit freundlicher aussehen als vor einem oder zwei Jahren, ist evident. Doch die höheren Gewinne sind überwiegend auf Sparmaßnahmen zurückzuführen – vor allem auf einen massiven Stellenabbau. Der größere „Reichtum“ der Unternehmen wird also durch steigende Arbeitslosigkeit erkauft. Höhere Arbeitslosigkeit dämpft die Wirtschaft aber direkt, weil Arbeitslose als Konsumenten praktisch ausfallen, und indirekt, weil hohe Arbeitslosenzahlen zu einer Verunsicherung der Konsumenten führen, die das Geld dann lieber für Notfälle sparen, als es auszugeben. Das deutsche „Handelsblatt“ brachte diesen Zusammenhang in einer Headline am 1. August auf den Punkt: „Ohne neue Stellen keine Hausse“, lautet die Diagnose. Und die Wende am Arbeitsmarkt ist noch nicht in Sicht.


      http://www.trend.at/
      Avatar
      schrieb am 16.09.03 19:28:47
      Beitrag Nr. 140 ()
      Avatar
      schrieb am 16.09.03 19:49:29
      Beitrag Nr. 141 ()
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 13:45:47
      Beitrag Nr. 142 ()
      Die Fed und die Märkte sind uneinig

      Die Fed und die Märkte sind uneinig

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin aus Paris

      "Rapides Wachstum für die US-Wirtschaft erwartet," steht auf der Titelseite der NY Times ..."Zweifel an der Stärke der US-Erholung wachsen," stellt die Financial Times fest. ... Die Zeitungsüberschriften dieses Morgens zu lesen ist ein bisschen wie der Versuch, die Buchstaben meines 3-jährigen Sohnes zu entziffern, die er auf ein Blatt Papier gekritzelt hat. Heute morgen zeigte er mir ein Zeichen, das wie ein umgekehrtes "P" aussah; es sollte jedoch ein "W" sein, der Anfangsbuchstabe seines Nachnamens.

      Der Markt war auch keine Hilfe. Am späten Freitag schaffte der Dow noch einen kleinen Satz in positives Terrain ... um immerhin 11 Punkte aufwärts bei 9.471 Punkten zu schließen. Der Nasdaq sank um 8 Punkte auf 1.855 ... der S&P stieg um 2 Punkte auf 1018.

      Der Markt, Gold, Anleihen, der Dollar, Trader, Broker, Analysten, Wirtschaftler, ... wie ein Harem unbefriedigter Frauen, die ganze Finanzwelt scheint auf die Zeit zu setzen, auf einen Wink zu warten, irgendetwas, das ihnen ein wenig die Richtung weist.

      "Wir warten seit Jahren auf eine Steigerung der Produktivität," lamentiert ein Artikel in der NY Times." Und nun, wie Godot, der niemals abhob, warten wir auf den Tag, der nie kommt. Die Produktivität steigt zwar und gibt ein Versprechen vor, dass die Prosperität wächst. Leider warten wir jetzt darauf, dass die Prosperität einen Kick macht."

      Im Gegensatz zu den Vorhersagen des BIP-Wachstums von mehr als 4 % ist die Arbeitslosenzahl im August um 93.000 gestiegen – "Weitaus schlimmer als erwartet," berichtet die FT. "Das größte Risiko, das auf die US-Wirtschaft zukommt," sagte John Lonski dem Blatt. "Sie können nicht von einem Wachstum der Konsumbereitschaft ausgehen, wenn es keine Job-Erholung gibt."

      "Inflationsraten weltweit gefallen," berichtet eine andere hoffnungsvolle Überschrift in der Washington. Nach Aussage der IMF-Top-Ökonomen Kenneth Rogoff ist die "Inflation in den USA und anderen Industrienationen auf "Null" gesunken ... am Ende des Jahrzehnts oder sogar früher wird die Inflation in fast der ganzen entwickelten Welt bezwungen oder völlig gelöscht sein."

      Aber hier bekommen wir das ätzende Aroma eines nicht erfüllten Versprechens. Als er danach gefragt wurde, ob die Inflation irgendeine Chance hätte, die dieser Dekade aufzutreten, nannte Rogoff zwei hypothetische Gefahren: Krieg und explodierendes Defizit. (Aha ...)

      "Wir glauben, dass Greenspan`s Rede in Jackson Hole am 29. August 2003 wohl die schlechteste war, die er in den 16 Jahren seines Fed-Vorsitzes gehalten hat. Er hatte die Arroganz zu sagen, dass die Fed sich nie irrt. Wenn die Märkte schlecht auf seine Politik reagieren, ist das, weil die Märkte dumm sind – nicht dass die Fed einen Fehler gemacht hat.

      Dafür aber muss die Fed ihre Politik besser kommunizieren. Als wir versuchten zu erklären, was diese Politik ist, sagte die Fed, "wir machen es so wie immer."

      "Nun betrachten Sie es aus der Marktperspektive. Die Fed macht sich Sorgen um Deflation ... sie sagen jedem, der es hören will, dass sie die Wirtschaft ankurbeln wollen, eher als gegen die Inflation zu kämpfen. Wenn der Markt die Fed fragt, wie viel Inflation sie zulassen will, sagt Greenspan, dass die Wirtschaft zu kompliziert für Regeln ist. "Wir haben keine Regeln, vertrauen Sie uns."

      "Das Problem besteht nicht in der Kommunikation," folgert Bianco, "das Problem ist, dass der Markt denkt, die Fed betreibe die falsche Politik."

      Der Markt ist auf der einen Seite des Spektrums, die Fed auf der anderen. Bis die beiden sich annähern, wird es keinen klaren Trend geben. Aber es wird sich mit Sicherheit Druck aufbauen ... der Anleihenmarkt wird in der Schusslinie bleiben ... und wir werden auf einen Trend zur einen oder zur anderen Seite auf dem Aktienmarkt warten müssen.

      ---http://www.investor-verlag.de/------------------------------…
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 14:12:50
      Beitrag Nr. 143 ()
      die Nachricht hat nicht direkt mit der Börse zu tun , aber die Auswirkungen , wenn es so kommen sollte, könnten auf die Börsen verherrend sein.


      Ausland
      Uri Avnery

      Lauern auf eine Gelegenheit

      Die von Israel geplante Ermordung Arafats hätte eine historische Wende zur Folge


      Jetzt ist es offiziell: Die Regierung Israels hat sich entschieden, Yassir Arafat zu ermorden. Man spricht nicht mehr von »Exil«, nicht mehr von »vertreiben oder töten«. Ganz einfach von »beseitigen«.

      Natürlich ist es nicht die Absicht, Arafat in ein anderes Land zu bringen. Keiner glaubt ernsthaft, daß der Palästinenserpräsident seine Hände heben wird und damit einverstanden ist, daß man ihn abführt. Er und seine Männer werden »während eines Feuerwechsels« getötet werden.

      Einige Leute beruhigen sich mit dem Gedanken, dies sei nur eine leere Resolution. Es steht ja darin, daß sie zu einer Zeit und in einer Weise ausgeführt werden würde, die noch entschieden werden muß. Aber das ist Wunschdenken, ein gefährliches Wunschdenken. Die Entscheidung zu diesem Mord ist ein weitreichender politischer Akt. Man beabsichtigt damit, daß sich die israelische und internationale Öffentlichkeit an diesen Gedanken gewöhnt. Was normalerweise wie ein wahnsinniger Akt von extremen Fanatikern klingt, hat nun den Anschein eines legitimen politischen Prozesses, bei dem nur noch der Zeitpunkt und die Art und Weise unbestimmt sind.

      Jeder, der Ariel Scharon näher kennt, weiß, wie es nun weitergehen wird. Er wird auf eine günstige Gelegenheit warten, die jeden Augenblick, in einer Woche, in einem Monat oder in einem Jahr kommen wird. Er hat Geduld. Wenn er sich zu einer Tat entschließt, ist er auch bereit zu warten – er wird aber niemals von seinem Ziel abweichen.

      Wann wird also der geplante Mord stattfinden? Wenn sich ein großer Selbstmordanschlag sich in Israel ereignen wird und zwar ein so großer, daß eine extreme Reaktion auch von den Amerikanern hingenommen würde? Oder wenn irgendwo irgend etwas geschieht, das die Aufmerksamkeit der Welt von unserem Land ablenkt? Oder wenn ein dramatischer Vorfall, vergleichbar der Zerstörung der Zwillingstürme, Bush wütend macht? Und was geschieht danach? Arabische Führer sagen, dies werde »unberechenbare Folgen« haben. In Wahrheit aber können die Folgen sehr wohl im voraus kalkuliert werden.

      Der Mord an Arafat würde eine historische Wende in den Beziehungen zwischen Israel und dem palästinensischen Volk mit sich bringen. Seit dem Krieg von 1973 haben beide Völker die Idee eines Kompromisses zwischen den beiden großen Nationalbewegungen akzeptiert. Mit dem Oslo-Abkommen gaben die Palästinenser 78 Prozent ihres Landes, das vor 1948 Palästina genannt wurde, auf. Sie waren damit einverstanden, ihren Staat auf den restlichen 22 Prozent zu errichten. Allein Arafat hatte den moralischen und politischen Rang, der notwendig war, das Volk zu überzeugen – so wie Ben Gurion in der Lage war, unser Volk zu überzeugen, den Teilungsplan zu akzeptieren.

      Selbst in den schwierigsten Krisen seit jener Zeit sind beide Völker in ihrem Glauben standhaft geblieben, daß es am Ende einen Kompromiß geben wird.

      Der Mord an Arafat würde dem vielleicht auf immer ein Ende setzen. Wir werden zum Stadium des »Alles oder nichts« zurückkehren. Groß-Israel oder Groß-Palästina, die Juden ins Meer werfen oder die Palästinenser in die Wüste treiben. Die Palästinensische Autonomiebehörde wird verschwinden. Israel wird gezwungen sein, die ganzen palästinensischen Gebiete zu übernehmen – mit all dem wirtschaftlichen und menschlichen Druck, der damit verbunden ist. Die »De-luxe-Besatzung«, die Israel in den besetzten Gebieten alles erlaubte, was es wollte, und deren Rechnungen durch die Welt bezahlt werden, wird aufhören.

      Gewalt wird die einzige Sprache beider Völker sein. In Jerusalem und Ramallah, Haifa und Hebron, Tulkarem und Tel-Aviv wird die Angst herrschen. Jede Mutter, die ihre Kinder zur Schule schickt, wird sich vor Sorge verzehren, bis sie wieder zu Hause sind.

      Das Erdbeben wird sich nicht auf das Land zwischen Mittelmeer und Jordan beschränken. Die ganze arabische Welt wird ausbrechen. Arafat, der Märtyrer, der Held, das Symbol, wird eine gesamtarabische, eine gesamtmuslimische mythologische Gestalt werden. Sein Name wird von Indonesien bis Marokko für alle Revolutionäre ein Schlachtruf, eine Losung für alle religiösen und nationalistischen Untergrundorganisationen werden.

      Die Erde wird unter den Füßen aller arabischen Regime erzittern. Verglichen mit Arafat, dem Helden, werden alle Könige, Emire und Präsidenten unmännlich, als Verräter und Marionetten erscheinen. Wenn einer von ihnen fällt, wird der Dominoeffekt eintreten.

      Das Blutvergießen wird weltweit sein. Jeder Israeli ein Ziel, jedes Flugzeug, jede Gruppe von Touristen, jede israelische Institution wird in ständiger Angst existieren.

      Die Amerikaner haben ihre Gründe, gegen den Mord zu stimmen. Sie wissen, daß die Tötung Arafats ihre Position in der arabischen und muslimischen Welt im Kern erschüttern würde. Der Guerillakrieg, der im Irak immer größere Kreise zieht, wird sich in den arabischen und in anderen muslimischen Ländern, ja weltweit, verbreiten. Jeder Araber und Muslim wird glauben, Scharon habe mit Washingtoner Einverständnis und der Ermutigung durch die Amerikaner gehandelt, trotz des schwachen Widerspruches, der damit verbunden war. Die Wut wird gegen sie gerichtet sein. Viele neue bin Ladens werden Rache schwören.

      Und die Menschen in Israel? Die armen, durch eine Gehirnwäsche gegangenen, verzweifelten und apathischen Leute mischen sich nicht ein. Die schweigende, blutende Mehrheit benimmt sich so, als ginge dies sie und ihre Kinder nichts an. Sie folgen Scharon, wie die Kinder dem Rattenfänger von Hameln direkt ins Verderben nachfolgten.

      (Übersetzung: Ellen Rohlfs)

      http://www.jungewelt.de/2003/09-17/006.php
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      schrieb am 17.09.03 14:15:58
      Beitrag Nr. 144 ()
      Kommentar
      Rainer Balcerowiak

      Neusprech

      Bürgerversicherung als Deckmantel für Sozialabbau


      Die Einführung des Orwellschen Neusprech als Amtssprache ist auch in Deutschland weitgehend erfolgreich abgeschlossen. Militäreinsätze sind Friedenspolitik, und die Minimierung der öffentlichen Daseinsfürsorge wird Sozialreform genannt. Doch während reformunwillige Kleingeister noch daran herumnörgeln, daß die aktuell anstehende »Gesundheitsreform« die Krankenversicherten mit neun Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich belastet und zwar bei gleichzeitiger Verschlechterung der Versorgungsqualität, setzt die »sozial-ökologische Koalition« bereits zum finalen Keulenschlag gegen das System der gesetzlichen Krankenversicherung an. »Bürgerversicherung« nennt sich der Plan, und wie nicht anders zu erwarten, kommt er mit dem Mäntelchen der »sozialen Gerechtigkeit« daher. Alle, also nicht nur lohnabhängig Beschäftigte, sollen einzahlen, und sozial Schwachen würde die Beitragszahlung natürlich subventioniert werden, heißt es bei SPD und Grünen. Sogar über die Einbeziehung von Mieteinnahmen und Vermögensgewinnen in die Versicherung wird nachgedacht.

      Natürlich wäre nichts dagegen einzuwenden, wenn ein reiches Land wie Deutschland sein öffentliches Gesundheitssystem aus dem vorhandenen Volksvermögen speist, statt die Finanzierung auf die Bruttolohnsumme von Klein- und Mittelverdienern zu beschränken. Statt bürokratischer Verfahren wie dem »Risikostrukturausgleich« zwischen konkurrierenden Krankenkassen könnte ein einheitliches System der Krankenversicherung eingeführt werden. Die Eindämmung der Milliardenprofite der Pharmaindustrie durch Positivlisten und die Zerschlagung der mafiösen Monopolorganisationen niedergelassener Ärzte könnten die materielle Grundlage für ein Gesundheitssystem bilden, das über enorme Ressourcen für eine umfassende, bedarfsgerechte Versorgung verfügen würde.

      Doch von all dem wollen die Bürgerversicherer natürlich nichts wissen. Vielmehr geht es ihnen um einen »fairen Wettbewerb« im Gesundheitssektor unter Einschluß profitorientierter privater Krankenkassen, wie es die SPD neuerdings fordert. Gedacht ist ferner an eine vollständige Aufsplittung der Gesundheitsversorgung in Grund- und Wahlleistungen, wobei die »Bürgerversicherung« natürlich nur erstere abdecken würde.

      Diese Variante wird kommen und zwar recht bald. Denn erst wenn das Thema »Gesundheitsreform« abgehakt ist, kann man sich wieder dem Hauptschlachtfeld im sozialen Krieg zuwenden: der mittelfristig geplanten völligen Abschaffung der solidarischen Altersvorsorge und ihre Ersetzung durch eine minimale staatliche Alimentation unterhalb der Armutsgrenze. Einen Namen hat dieses Projekt natürlich auch schon: Bürgerrente.

      http://www.jungewelt.de/2003/09-17/003.php
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 14:17:27
      Beitrag Nr. 145 ()
      HANDELSBLATT online 12.09.2003 6:00:00

      Die güldene Verschwörung

      Sagen Notenbanken nicht die volle Wahrheit über die in ihren Tresoren lagernden Goldbestände? Solche Verschwörungstheorien gibt es immer wieder.

      Frank Veneroso denkt in eine ähnliche Richtung. Doch der Finanzguru, der unter anderem als globaler Marktstratege für den Finanzriesen Allianz/ Dresdner arbeitet, gehört nicht zu jenen, die eine solche Behauptung ohne Beweise aufstellen würde.

      In seinem bereits 1998 erschienen " Gold Book" hat Veneroso ausführliches Zahlenmaterial zusammengetragen. Der auch für mehrere Regierungen und supranationale Institute arbeitende Experte nimmt jetzt kein Blatt mehr vor den Mund.

      Er wirft den offiziellen Stellen – vor allem aber den Notenbanken – vor, die Finanzmarktakteure über die tatsächliche Marktlage bei Gold zu täuschen.

      Dies gelte gerade auch hinsichtlich der von den Notenbanken an den Markt ausgeliehenen Goldbestände. Diese seien wesentlich höher als in den offiziellen Statistiken ausgewiesen.

      Venerosos Schlussfolgerung: Einige Notenbanken könnten bereits in Kürze zu Goldkäufern werden. Der Goldpreis kennt für den Fachmann nur eine Richtung: Nach oben.


      handelsblatt.de
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      schrieb am 17.09.03 14:23:26
      Beitrag Nr. 146 ()
      Thema
      Rainer Werning

      Nestlé Korea Ltd. – Ende eines Kaffeekränzchens

      Kampfbereite Gewerkschafter in Südkorea lassen das Unternehmen lautstark darüber nachdenken, die Produktion nach China auszulagern


      Eigentlich hätte es langfristig ein famoses Zweckbündnis sein können: zwischen dem Lebensmittelkonzern Nestlé aus dem schweizerischen Vevey mit seiner Palette an Kaffeeprodukten und Südkorea mit seiner rasant steigenden Zahl passionierter Kaffeetrinker. Doch eine Leidenschaft siegte über eine andere, so daß diese Liaison endgültig zu platzen droht. Denn so sehr auch in Südkorea mit Gusto Nescafé, der mit Abstand meistgetrunkene Instant-Kaffee der Welt, konsumiert wird, so leidenschaftlich sind Südkoreaner in vier anderen Bereichen ihres Lebens: Sie sind Weltmeister im Knoblauchessen, rauchen wie verrückt, genießen inbrünstig Fußball und protestieren und streiken mit glühender Passion, wenn sie sich unrechtmäßig behandelt fühlen. Und dazu gab und gibt es in Südkorea immer wieder reichlich Anlaß.


      Macht das Beispiel Nestlé Schule?

      Auch in diesem Jahr streiken südkoreanische Arbeiter, Angestellte und Gewerkschafter gegen die spürbaren Auswirkungen der »Marktliberalisierung« und die verstärkte Öffnung des Landes für ausländisches Kapital. Banken, Energiebetriebe und andere Firmen im Dienstleistungssektor, so will es die Regierung des seit Februar amtierenden Präsidenten Roh Moo-Hyun, sollen zügig privatisiert werden. Erst kürzlich gingen die Lastenwagenfahrer aus Protest über erhöhte Frachtgebühren und Arbeitszeiten auf die Barrikaden anstatt in ihre Führerhäuschen. Seit dem 7. Juli hat die Streik- und Protestwelle nun auch Nestlé Korea Ltd. erwischt. In der südlich der Metropole Seoul gelegenen Stadt Cheongju, Provinz Nord-Chungcheong, mußte Nestlés Produktionsstätte den Betrieb einstellen, nachdem die dort knapp 500, mehrheitlich gewerkschaftlich organisierten Arbeiter eine Lohnerhöhung von 11,7 Prozent sowie Mitsprache beim Outsourcing gefordert hatten. Das Management bot lediglich eine Lohnerhöhung von 5,25 Prozent an und begründete dies mit Geschäftseinbußen in Folge des anhaltenden Streiks.

      Die Geschäftsführung von Nestlé Korea Ltd. schloß wegen des Streikes die Fabrik in Cheongju, sieben Büros und vier Lagerhallen sowie am 25. August auch ihr Büro in Seoul. In einer Erklärung begründete das Unternehmen diesen Schritt damit, daß militante Gewerkschafter der Koreanischen Gewerkschaftskonföderation (KCTU) massiv Druck ausgeübt und den geregelten Produktionsablauf bewußt gestört hätten. Diese bestreiten das und werfen der Geschäftsleitung im Gegenzug vor, einem Dialog aus dem Weg gegangen zu sein. Jetzt jedenfalls erwägt Nestlé Korea Ltd., Südkorea ganz den Rücken zu kehren und sich mit einer Produktionsstätte in der VR China zu engagieren, von wo aus der lukrative südkoreanische Markt abgedeckt werden könnte. Denn das seit Ende der siebziger Jahre zunächst als Joint Venture mit der Hansuh Food tätige Unternehmen, das 1987 eine 100prozentige Tochter der Vevey-Zentrale wurde, hat bisher in Südkorea gute Geschäfte gemacht und seinen Umsatz (im letzten Jahr knapp 212 Millionen US-Dollar) und Gewinn stetig gesteigert.

      Noch im März zeigte sich der Präsident von Nestlé Korea Ltd., Lee Sam-Hui, sehr zufrieden über die Performance des Unternehmens: »Ein Produktdebüt in Korea belegt mehr als alles andere«, so Lee, »daß die Firmen Korea als das Land mit den anspruchvollsten Verbrauchern betrachten«. Für Nestlé ist Südkorea ein boomender Markt, wo das Unternehmen 2001 immerhin bereits knapp 30 Prozent des gesamten Kaffeeverbrauchs im Lande kontrollierte – Tendenz steigend. Nestlé war drauf und dran, die (langjährig staatlich geschützten) lokalen Unternehmen Dongsuh Foods Co Ltd. und die Pacific Group zu überflügeln. Insofern ist der Verweis der Nestlé-Geschäftsleitung auf Umsatz- und Ertragseinbußen ein eher vorgeschobenes Argument, um langwierige Arbeitskonflikte in Südkorea zu vermeiden und in China auf einen »quick fix« zu kalkulieren. Während einer von der Seouler Tageszeitung Chosun Ilbo Ende August im mondänen Seouler Chosun Hotel gesponserten Veranstaltung über Arbeitskonflikte mit ausländischen Managern erklärte Lee Sam-Hui, Südkorea, wo gerade mal 12 bis 13 Prozent aller Beschäftigten gewerkschaftlich organisiert seien, trudele in große Schwierigkeiten, und ausländische Investitionen gerieten ins Stocken, wenn die Gewerkschaften weiterhin auf der unrealistischen Forderung beharrten, dem Management hineinzureden beziehungsweise als Teil des Managements anerkannt zu werden.


      Nestlé und seine Widersacher

      Nestlé, der weltgrößte Lebensmittelkonzern mit einem Jahresumsatz (2002) von 65 Milliarden US-Dollar, operiert heute in 85 Ländern. Im selben Jahr beschäftigte der Konzern über 250000 Mitarbeiter in 508 Fabriken – 40 Fabriken mehr als im Jahr 2001. 208 der Fabriken befinden sich in Europa, 165 in Nord- und Südamerika und 135 in Asien, Ozeanien und Afrika. Die International Union of Foodworkers (IUF) schätzt, daß knapp ein Drittel der weltweit bei Nestlé Beschäftigten Mitglied einer IUF-Mitgliedsgewerkschaft ist.

      Auf dem von der IUF durchgeführten Welttreffen der Nestlé-Gewerkschaften, das vom 1.–3. Dezember 1999 in Manila (Philippinen) stattgefunden hatte, beschlossen die Delegierten, den Nestlé-Unternehmensgrundsätzen eigene Grundprinzipien gegenüberzustellen, die in Form der sogenannten Manila-Erklärung festgehalten wurden. Ehrenwerte Grundsätze, die nicht nur in Südkorea bis jetzt nicht umgesetzt sind. Die sieben Prinzipien lauten:

      Alle Nestlé-Arbeitnehmer haben das Recht zur Organisierung eigener Gewerkschaften und zur Verhandlung von Tarifverträgen mit dem Unternehmen.

      Alle Nestlé-Arbeitnehmer haben das Recht auf ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld auf der Grundlage internationaler Normen.

      Alle Nestlé-Arbeitnehmer haben das Recht, zu den Auswirkungen, welche die Einführung neuer Technologien nach sich ziehen, durch ihre Gewerkschaftsvertreter befragt zu werden.

      Alle Nestlé-Arbeitnehmer haben das Recht auf eine angemessene Schulung in ihren jeweiligen Bereichen sowie auf Fortbildung, um ihnen einen beruflichen Aufstieg innerhalb des Unternehmens zu ermöglichen.

      Alle Nestlé-Arbeitnehmer haben das Recht auf einen sicheren und würdigen Arbeitsplatz. Allen Umstrukturierungen müssen Verhandlungen mit den Gewerkschaftsvertretern vorangehen.

      Alle Nestlé-Arbeitnehmer haben das Recht auf eine Arbeitswoche und auf Arbeitszeiten, die ein intaktes soziales und familiäres Leben ermöglichen.

      Alle Nestlé-Arbeitnehmer haben das Recht, durch ihre Gewerkschaftsvertreter über sämtliche Entwicklungen innerhalb des Unternehmens informiert zu werden und Zugang zum Dialog mit den Entscheidungsträgern des Unternehmens zu haben.


      Weltweit längste Arbeitszeiten

      Der Ausgang der Konflikte bei der Nestlé Korea Ltd. ist noch offen. Die Auseinandersetzungen sind nur ein Teil einer hitzig geführten innenpolitischen Debatte um die Einführung einer längst überfälligen Fünf-Arbeitstage-Woche, um die Erhöhung gesetzlich vorgeschriebener Mindestlöhne sowie soziale Absicherungen in einer zunehmend prekärer werdenden Arbeitswelt. Die Speerspitze dieser sozialen Bewegungen bilden die beiden nationalen Dachverbände der Vereinigung Koreanischer Gewerkschaften (FKTU) und der militanteren Koreanischen Gewerkschaftskonföderation (KCTU). Letztere wurde erst nach harten und jahrelangen Auseinandersetzungen im November 1999 offiziell anerkannt und registriert, während die FKTU ebenso lange als regierungskonforme Organisation agierte. Was heute die Mitglieder und Sympathisanten beider Organisationen jedoch nicht daran hindert, gemeinsame Sache zu machen, wenn es – wie erneut in der zweiten Augusthälfte geschehen – darum geht, trotz strömenden Regens bei Tag und Nacht vor dem Gebäude der Nationalversammlung auszuharren und die Abgeordneten in ihrem Sinne politisch zu beeinflussen.

      Beim Schutz grundlegender Arbeitsrechte hat es seit 1998 einige positive Veränderungen gegeben, wozu sicherlich auch die Legalisierung der KCTU gehört. Dies ist das Ergebnis des ausdauernden Kampfes der südkoreanischen Gewerkschaftsbewegung sowie des Drucks internationaler Organisationen, die lokale Arbeitsgesetzgebung internationalen Standards anzupassen. Die koreanischen Gewerkschaften werden weiterhin mit internationalen Organisationen zusammenarbeiten. FKTU und KCTU wurden bereits Ende 1997 Mitglieder des Gewerkschaftlichen Beratungsausschusses bei der OECD. In ihrer internationalen Arbeit werden sie sich dafür engagieren, einer im Prozeß der sogenannten Globalisierung drohenden Unterminierung gewerkschaftlicher Arbeit und des Schutzes von Arbeiterinteressen Paroli zu bieten.

      Südkorea weist laut dem letzten Bericht der in Genf beheimateten Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) noch immer die weltweit längsten Arbeitszeiten aus. Dort beträgt die durchschnittliche Jahresarbeitszeit 2447 Stunden und liegt damit um knapp 70 Prozent über dem Niveau der niederländischen und norwegischen Kollegen und Kolleginnen, die mit 1400 Stunden am Kürzesten arbeiten. Die noch bestehende Sechs-Arbeitstage-Woche mit 44 Stunden soll zwischen 2004 und 2011 in eine Fünf-Tage-Woche mit 40 Stunden umgewandelt werden, wie das innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) längst Usus ist. Begonnen wird in öffentlichen Einrichtungen und großen Privatunternehmen, zum Schluß folgen dann Betriebe mit weniger als 20 Beschäftigten. Außerdem ist erst kürzlich der gesetzliche Mindestlohn pro Monat von 514000 auf 567000 Won (zirka 470 US-Dollar) herauf gesetzt worden, eine Regelung, die etwa eine Million Personen oder sieben Prozent der Beschäftigten betrifft.

      Allerdings sehen sich auch die südkoreanischen Gewerkschafter in Krisenzeiten mit dem Problem konfrontiert, daß die Regierenden gerade erkämpfte gewerkschaftliche Rechte unter dem Vorwand der »Krisenbewältigung« torpedieren und bereits mühsam ausgehandelte gesetzliche Regelungen nicht länger akzeptieren wollen.


      Koreas Brachialkapitalismus: Eine kleine Landeskunde

      Korea feierte 1945 seine Befreiung von der japanischen Kolonialherrschaft, die 35 lange Jahre gewährt hatte. Gejubelt wurde nur kurz; denn die Siegermächte, die USA und die Sowjetunion, verwalteten das Land treuhänderisch. In Folge des West-Ost-Konflikts entstanden 1948 zwei koreanische Staaten – die Republik Korea (Südkorea) und die Demokratische Volksrepublik Korea (Nordkorea). Jede Seite beanspruchte jedoch die Souveränität über die gesamte koreanische Halbinsel. Mit verheerenden Konsequenzen: Der Koreakrieg (1950-53) wurde der erste »heiße« Konflikt im Kalten Krieg. Er hatte ein Ausmaß an Zerstörung angerichtet, daß US-Luftwaffengeneräle dort partout keine Angriffsziele mehr ausmachen konnten.

      Noch zu Beginn der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts betrug das jährliche Prokopfeinkommen in Südkorea weniger als 100 US-Dollar. Heute prophezeien die Wirtschaftsplaner in Seoul, dieses Einkommen werde im Jahr 2012 die 20000 Dollar-Marke überschreiten. Eine Erfolgsgeschichte par excellence also, eine vorbildlich inszenierte nachholende Entwicklung?

      Binnen zweier Jahrzehnte – von etwa 1965 bis 1985 – wurde Südkorea von Militärmachthabern ein Turbo-Kapitalismus verordnet. Was in Europa Jahrhunderte gedauert hatte und wofür selbst Japan knapp ein Jahrhundert benötigte, ereignete sich in Südkorea im Zeitraffer: die brachiale Umwandlung einer quasi-feudalen in eine kapitalistische Gesellschaft. Ein Prozeß, der zahlreiche Opfer forderte: enteignete Bauern, massenhaft freigesetzte Tagelöhner auf dem Lande, die als billige Arbeitskräfte mit wöchentlichen Arbeitszeiten bis zu 70 Stunden in kleinen und mittleren Unternehmen aufgesaugt und überausgebeutet wurden, geschurigelte Gewerkschaften, gegängelte Medien und Tausende von politischen Gefangenen. Wer unter solchen Bedingungen noch immer Dissens und Protest wagte, wurde mittels des Nationalen Sicherheitsgesetzes (das, etwas abgeschwächt, bis heute besteht!) als Befürworter beziehungsweise Spion des kommunistischen Norden drakonisch bestraft.

      Makroökonomisch basierte das südkoreanische »Modell« auf einer Politik, die den Realsozialisten in der ehemaligen Sowjetunion und in Osteuropa vor Neid die Schamesröte ins Gesicht hätte treiben müssen. Es waren nämlich Militärs, die mithalfen, Privatunternehmen aufzubauen, mit staatlichen Subventionen hochzupäppeln und deren Chefs vorzuschreiben, in welchen Produktionsbereichen sie mit welchen Planvorgaben tätig sein sollten. Diese privatkapitalistischen Firmen wuchsen unter staatlicher Ägide und mittels zentralstaatlicher Begünstigungen zu gigantischen Unternehmen heran, den sogenannten chaebol. Jahrelang konnten sie überdies in einem Klima von Protektionismus gedeihen.

      Das Bild änderte sich spätestens 1997, als mit der Finanz- und Wirtschaftskrise in Ost- und Südostasien auch Südkorea in den Sog von Firmenpleiten, faulen Krediten und massenhaft gefeuerten Arbeitern und Angestellten geriet. Seitdem drängt die Regierung in Seoul – ganz im Sinne neoliberaler Globalisierungsbefürworter – auf »Lastenteilung« und notwendige »Strukturreformen«. So drohen die Errungenschaften der Arbeiter und Gewerkschaften seit der Demokratisierungsbewegung Ende der achtziger Jahre schrittweise ausgehebelt zu werden. Die Arbeitslosigkeit steigt, lebenslange Einstellungen sind passé, die »Liberalisierung« im Banken- und Energiesektor sowie im Dienstleistungsbereich erzwingt Flexibilität und notfalls Lohnsenkungen. Ausländische Unternehmen und transnationale Konzerne, die in Südkorea gute Geschäfte machen, drohen nun, wie auch im Falle von Nestlé Korea Ltd., damit, ihre Anlagen in Südkorea zu schließen und in die VR China abzuwandern. Streiks, Arbeitsniederlegungen und jüngst auch massive Protestaktionen der Lastwagenfahrer sind in jeder größeren Stadt an der Tagesordnung. Generalstreiks sind nicht auszuschließen.

      Erst im Dezember 1991 trat Südkorea der ILO bei und wurde Ende 1996 nach Japan als zweites asiatisches Land in den erlauchten Klub der OECD aufgenommen. Und seit Anfang 1998 sind überhaupt erst Bestrebungen im Gange, den Labour Standard Act (LSA) im Sinne tatsächlicher gewerkschaftlicher Rechte zu ändern und verbindliche Schiedsverfahren in Konfliktsituationen festzulegen.

      Allen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, Streiks und Protesten zum Trotz gibt es im Lande auch eine wohlhabende Oberschicht, die Instantkaffee als Proletengesöff verschmäht. Die landesweite Kaufhauskette Lotte Department Store meldete kürzlich stolz, binnen weniger Tage habe sie bereits acht von insgesamt 255 dem gesamten südkoreanischen Markt überlassenen Flaschen der Marke »Royal Salute 50 Year Old Scotch Whisky« verkauft. Stückpreis – umgerechnet schlappe 10000 US-Dollar.

      http://www.jungewelt.de/2003/09-17/005.php
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 14:35:38
      Beitrag Nr. 147 ()
      ----------------

      Geld à la Orwell?

      me. Schon vor längerer Zeit hatte der «DeutschlandBrief» (aus einer japanischen Quelle) Geheimpläne enthüllt, wonach die Euro-Banknoten mit kleinen Sendern ausgestattet werden sollen. In Nr. 23/2003 berichtet nun der Focus über diese sogenannten Transponder, die nur 0,3 mm gross sind und für jede Euro-Banknote eine individuelle Seriennummer ausstrahlen können. Die ebenfalls in die Geldscheine eingebetteten Miniantennen haben angeblich eine Reichweite von bis zu 30 cm. Damit könnte man zum Beispiel an Flughäfen abtasten, wie viele und welche Banknoten ein Passagier mit sich führt. Ausserdem können die an Registrierkassen und in Banken erfassten Daten zentral gespeichert werden. Folge: der Verlust jeder Anonymität und Privatsphäre. Laut Focus verhandelt die Europäische Zentralbank bereits mit verschiedenen Chip-Herstellern, darunter Hitachi. Die Firmen wurden freilich zu strikter Geheimhaltung verpflichtet.

      Dies berichtete Bruno Bandulet in seinem «DeutschlandBrief». Dies ist in der Schweiz einstweilen nicht vorgesehen. Der Sprecher der Schweizerischen Nationalbank SNB, Christoph Mühlberg, meinte auf Anfrage: Man werde zwar weitere Sicherheitsmerkmale für neue Notenserien prüfen. Indessen sei die aktuelle Notenserie erst fünf Jahre alt, und bisher seien die Noten etwa alle 20 Jahre durch neue ersetzt worden. Die jetzige Serie werde im Verhältnis zur Euro-Note bedeutend weniger oft gefälscht. Zur Frage, ob die SNB auch solche Fahndungshilfen prüfe oder der Privatsphäre höheres Gewicht gebe, wollte sich der SNB-Sprecher nicht äussern.

      Artikel 8: Zeit-Fragen Nr.34 vom 15.9.2003, letzte Änderung am 16.9.2003

      http://www.zeit-fragen.ch/
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 15:11:40
      Beitrag Nr. 148 ()
      17.09. 13:46
      US: Hypothekennachfrage gestiegen, aber...
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      ...das Nachfragevolumen wurde von einem geringeren Anteil der Refinanzierungen am Gesamtumsatz geringer. Die Zahl der Anträge für Hypothekenkredite in der Woche zum 12. September fiel um 5.8%, so die Mortgage Bankers Association of America. Dieser Rückgang sei auf eine stärkere Zurückhaltung bei der Refinanzierung bestehender Kredite zurückzuführen. Die Zahl der Kreditanträge für den Hauskauf stieg in der vergangenen Woche um 5.8%. Refinanzierungen trugen zu 49.9% zum Gesamtumsatz bei, nach 55% in der Vorwoche. Der Zinssatz für 30-jährige Kredite lag bei 5.91%, nach 5.99% zuvor.
      ----------------------------------------------
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 17:34:05
      Beitrag Nr. 149 ()
      [plusminus-Tipp
      Was müssen Arbeitnehmer beachten, wenn der Konkurs iihrer Firma droht?

      SR| 16.09.2003 | 21.55
      Autorin: Sabine Müller




      Weitere Infos

      www.arbeitskammer.de
      Stichwort: faltblätter

      www.arbeitsamt.de

      Beitrag drucken

      Der Pleitenrekord betrifft jedes Jahr zehntausende von Mitarbeitern. Was können sie tun, um ihre Ansprüche zu wahren?

      Das stille Sterben - so nennen Insider die Tatsache, dass immer mehr kleine und mittlere Unternehmen schließen müssen. Die Pleitewelle in Deutschland rollt weiter, nicht nur bei den so genannten Privatinsolvenzen. Laut Statistischem Bundesamt erreichte Deutschland mit 19.200 Insolvenzen im ersten Halbjahr 2003 einen neuen Rekord. Betroffen sind meist kleine und kleinste Unternehmen, die selten einen Betriebsrat haben.

      Das sollten Sie als Arbeitnehmer wissen, falls der Pleitegeier über ihrer Firma kreist
      In unserem Beispiel geht es um ein Fitnessstudio:

      Verspätetes Gehalt
      Sandra, Übungsleiterin in einem kleinen Fitnessstudio, ist festangestellt. Neulich wurde sie von ihrem Chef ins Büro gebeten. Erst hat er ein bisschen herumgedruckst - dann war es raus: Sandra sollte ihr Gehalt diesmal zwei Wochen später bekommen - die Firma sei im Moment etwas "klamm". Doch Vorsicht! In einer solchen Situation einfach "okay," zu sagen, ist zu wenig: Ein Schreiben, schwarz auf weiß, muss sein.

      Wer seinem Arbeitgeber wirklich das Gehalt für kurze Zeit stunden will, sollte seinem Chef schriftlich eine Frist setzen. Der Zugang des Schreibens muss quittiert sein, zum Beispiel per Rückschein oder durch Zeugen. Man muss darin schriftlich darauf hinweisen, dass man nicht mehr arbeitet, wenn das Geld innerhalb der Frist nicht eintrifft. (Zurückbehaltungsrecht)

      Gehaltskürzung
      Auf keinen Fall jedoch sollte sich Sandra auf eine Kürzung ihres Gehaltes einlassen, denn weniger Gehalt heißt im Ernstfall weniger Insolvenzgeld - und auch weniger Arbeitslosengeld, falls die Firma wirklich pleite geht. Beides richtet sich nach dem Verdienst der letzten Monate.

      Ganz wichtig: Kommt das Gehalt wirklich nicht, dann sollte man den Chef zur Zahlung schriftlich auffordern. Auf keinen Fall sollte sie bei kurzfristiger Verspätung des Gehaltes einfach zu Hause bleiben. Das steht Sandra erst dann zu, wenn der Lohnrückstand "erheblich" ist, und sie außerdem die ausstehenden Beträge erfolglos bei Ihrem Chef angemahnt hat, und zwar ebenfalls schriftlich per Einschreiben mit Rückschein. Dann kann sie fristlos kündigen.

      Unser Tipp: Vor Aussprache der Kündigung Rücksprache mit dem zuständigen Arbeitsamt halten wegen der Zahlung von Arbeitslosengeld.

      Klage beim Arbeitsgericht
      Um ihr Geld irgendwann doch noch zu bekommen, kann Sandra beim Arbeitsgericht klagen. Jedoch muss sie auf Fristen achten, die je nach Branche und Tarifvertrag unterschiedlich sein können. Dabei aber immer vorher Rat einholen, am besten bei den Gewerkschaften, den Arbeitskammern im Saarland und in Bremen oder bei Fach-Anwälten für Arbeitsrecht.

      Insolvenz
      Es kommt ganz dick: Der Chef muss Insolvenz anmelden. Jetzt muss Sandra sich direkt beim Arbeitsamt beraten lassen, auch wenn im Fitnessstudio noch weiter gearbeitet wird. Denn für alle Leistungen des Arbeitsamts gilt als wichtiger Stichtag:


      die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder
      die Abweisung des Insolvenzverfahrens oder
      die völlige Beendigung der Betriebstätigkeit
      Die Beschäftigten müssen innerhalb von zwei Monaten nach dem Stichtag beim Arbeitsamt Insolvenzgeld beantragen, sonst erlischt ihr Anspruch. (Ausnahmsweise beginnt diese Frist bei Unkenntnis über das Insolvenzverfahren erst mit Kenntnis über das Insolvenzverfahren.)

      Insolvenzgeld
      Das Arbeitsamt zahlt als Insolvenzgeld den Netto-Lohn von Sandra für die letzten drei Monate vor dem Stichtag, sofern ihr Chef dazu nicht mehr in der Lage war. Außerdem gibt es anteilig Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld.

      Verkauf des Betriebes
      Das Gericht setzt im Insolvenzverfahren einen so genannten Insolvenzverwalter ein. Findet dieser einen Käufer für das ganze Unternehmen, so läuft der Arbeitsvertrag von Sandra ganz normal weiter. Kündigungen wegen des Erwerbs sind verboten. Allerdings sind betriebsbedingte Kündigungen zur Sanierung des Unternehmens danach möglich.

      Einstellung des Betriebes
      Findet der Insolvenzverwalter keinen Käufer und ist eine Fortführung des Betriebes auch sonst nicht möglich, kann der Insolvenzverwalter allen Mitarbeitern kündigen.

      Achtung: Selbst, je nach Betriebszugehörigkeit, längere Kündigungsfristen werden dann auf maximal drei Monate gekürzt. Im Unternehmen gibt es in diesem Fall unter Umständen von heute auf morgen nichts mehr zu tun: Sandra bekommt offiziell mitgeteilt, dass sie ab sofort von der Arbeit freigestellt ist. Dann muss sie sofort Arbeitslosengeld beim zuständigen Arbeitsamt beantragen.

      Altersteilzeit/ Arbeitszeitguthaben
      Sandras geleistete Überstunden, die sie in den vergangenen Monaten angesammelt hatte, sind jetzt in Gefahr. Guthaben auf einem Arbeitszeitkonto gehören zu den Forderungen im Insolvenzverfahren. Wenn da nicht mehr viel zu holen ist, bekommt sie auch die Überstunden nicht bezahlt.

      Ausnahme: Die von ihr geleisteten Überstunden, die in die Zeit fallen, für die das Arbeitsamt Insolvenzgeld zahlt, werden vom Arbeitsamt übernommen.

      Achtung: Die Altersteilzeit, die sich in eine aktive und eine passive Phase aufteilt, ist gesetzlich geregelt. Danach ist ein Arbeitgeber verpflichtet, für den Fall der Insolvenz entsprechende Vorsorge für die Ansprüche der Mitarbeiter aus deren Altersteilzeitkonten zu treffen. Tut er das nicht, sind allerdings keine Sanktionen vorgesehen.




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      Dieser Text gibt den Inhalt des Beitrags der Sendung [plusminus vom 16.09.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

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      schrieb am 17.09.03 17:39:14
      Beitrag Nr. 150 ()
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      [Angeschmiert und allein gelassen
      Neuer Fall von Anlagebetrug


      SR| 16.09.2003 | 21.55
      Autor: Markus Zeidler




      Kontakte

      www.bund-der-kapitalanleger.de

      Kanzlei Mattil, Kärner & Kollegen Thierschplatz 3
      80538 München
      Tel.: 089 / 22 14 30 www.mattil.de

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      Über 150.000 Anleger haben ihre Ersparnisse verloren, rund drei Milliarden Euro sind futsch. Ahnungslos sind die Anleger auf die heißen Tipps der vermeintlichen Anlageberater hereingefallen. Mit risikoreichen Termingeschäften sollten Renditen von 20 Prozent und mehr in kürzester Zeit erzielt werden. Doch ob das Geld wirklich an der Börse verzockt wurde oder die Anleger nicht doch nur schlicht geprellt wurden, ist weiter unklar.

      Die große weite Finanzwelt lockt
      Mit 5400 stieg Tiberius Patai 1997 - damals noch in D-Mark - in die Termingeschäfte bei der WBB ein. Ein todsicheres Geschäft, dachte er. Immerhin warb die WBB International damit, europäischer Marktführer bei Waren-Termin-Geschäften zu sein. Was das ist, wusste er nicht so genau.

      Heute ist er schlauer, denn am Ende brach ihm die Zockerei an der Börse finanziell fast das Genick. Immer mehr Verluste und immer die gleichen Versprechungen der WBB-Leute hielten ihn bis fast zum finanziellen Kollaps bei der Stange: "Weil immer und immer nur über den DAX die Rede war, wurde mir erzählt, im Dax sind die größten Konzerne Deutschlands, und wenn die Pleite gehen, geht alles Pleite, also nur dann verliere ich mein Geld. Und wenn der DAX fallen sollte, dann gebe es eine Technik, wie man aus den Verlusten für mich, für jeden anderen, auch noch Gewinne erzielen kann."

      Das Geschäft und das Ende der WBB
      Doch daraus wurde nichts. Ein Büro-Gebäude in der Düsseldorfer Innenstadt, beste Lage. Von hier aus hielt die WBB International das Börsen-Roulette der Anleger, die von den so genannten Agenten per Telefon bearbeitet wurden, in Schwung. Bis Ende 1997. Dann verschwand das Unternehmen im Nichts, genauso wie das Geld vieler Anleger. Bis zu 400 WBB-Agenten arbeiteten hier.

      [plusminus ist es gelungen, mit einem ehemaligen Kunden-Fänger Kontakt auf zu nehmen. Der Mann will anonym bleiben. Gegenüber [plusmins bestätigt er aber, dass die WBB-Agenten vor allem gute Verkäufer sein mussten, und von den Warentermin-Geschäften eigentlich auch kaum Ahnung hatten: "Das Wichtigste war der Verkauf. Nicht das Wissen um Börse, sondern der Verkauf, wie man am Telefon jemanden überzeugt. In Gruppen oder Einzelschulungen wurde dann aufgezeigt, wie man das am Besten machen kann. Die kamen aus allen Branchen. Handwerk oder kaufmännische. Aus allen Bereichen."

      Motivation für die Verkäufer
      [plusminus wird ein Video zugespielt. Es zeigt: Beim Feiern waren die WBB-Leute Profis. Da ging es schon mal per Sonderflug ins Nobel-Hotel unter Palmen. Als Ansporn wurden die besten Verkäufer regelmäßig ausgezeichnet und in großem Stil gefeiert. Insgesamt sollen die rund 400 Agenten europaweit mindestens 150.000 Kunden rund drei Milliarden Euro aus der Tasche gezogen haben.

      Zweifel an den Geschäften der WBB
      Zahlen, die der Münchner Anwalt für Kapitalanlagewesen, Peter Mattil, recherchiert hat. Er wirft der WBB vor, den Kunden falsche Versprechungen gemacht zu haben. Bezweifelt sogar, dass mit den Geldern tatsächlich im vollem Umfang an der Börse gehandelt wurde.

      Der Rechtsanwalt Peter Mattil gegenüber [plusminus: "Die Anleger haben nur Kontoauszüge der WBB selbst bekommen. Die WBB war nie an irgend einer Börse zugelassen. Also ist das kein Beleg für eine Börsenplatzierung. Wir haben das bestritten. Und die WBB - ihr ist es nicht gelungen, im Zivilprozess nachzuweisen, dass die Gelder des einzelnen Kunden tatsächlich an der Börse gearbeitet haben."

      Betrug oder nicht Betrug?
      Peter Mattil findet daneben aber das Verhalten der Staatsanwaltschaft Düsseldorf besonders skandalös. Seit 1992 liefen dort Ermittlungen gegen die WBB International. Mehrfach wurde das Verfahren eingestellt, trotz zwischenzeitlicher Anweisung der Generalstaatsanwaltschaft, die Ermittlungen wieder aufzunehmen.

      Seit dem Juli 2003 wird geschädigten Anlegern inzwischen offiziell mitgeteilt, dass der Fall WBB strafrechtlich verjährt sei. Erklärungsversuche von Bernhard Englisch von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf zu den Vorwürfen: "Die Dimension, die hier angesprochen wird, war für uns lange Zeit nicht erkennbar. Erst im Jahr 1997 haben wir erkannt, dass es um einen größeren Umfang gehen könnte. Haben darauf hin auch richterliche Beschlüsse zu strafprozessualen Maßnahmen beantragt. Nur, als diese vorlagen, war die Firma faktisch aufgelöst, so dass sachdienliche Ermittlungen sehr schwierig geworden sind."

      Wild-West-Germany
      Geschätzte drei Milliarden Euro Anleger-Gelder verschwinden zu einem großen Teil im Nichts - und die Staatsanwaltschaft sieht weg. Für Medard Fuchsgruber vom Bund der Kapitalanleger ein Skandal: "Die WBB war international tätig. Das heißt, es sind nicht nur Deutsche reingelegt worden, nicht nur Schweizer und Österreicher, auch Franzosen und selbst die Türkei ist heimgesucht worden teilweise. Und hier ist eines ganz klar zu sehen: Wir blamieren uns. Weil das ist Wild-West-Germany, was hier in Deutschland läuft, insbesondere Düsseldorf, es ist ja kein Einzelfall für Düsseldorf, sondern wir haben hier ja eine Häufung. Und ich denke, es wird Zeit, dass die Sachen wenigstens im Nachhinein von den Ermittlungsbehörden klar gestellt werden und hier noch mal ein Anlegerschutz entsteht, nicht so, wie es heute ist, eher ein Betrügerschutz."

      Fazit
      Die Staatsanwaltschaft legt den Fall wegen Verjährung zu den Akten, während sich die Verantwortlichen der WBB International ins Fäustchen lachen, berichten Kenner der Szene. Statt sich vor Gericht verantworten zu müssen, genießen sie das Leben in vollen Zügen, heißt es. Geld genug müssten sie haben.

      Ein Funken Hoffnung für alle WBB-Anleger
      Während strafrechtlich nichts mehr zu machen ist, sehen Anlegerschützer sehr wohl noch gute Chancen, zivilrechtlich zumindest einen Teil der verlorenen Ersparnisse der Anleger zurückholen zu können. Mehrere Betroffene waren zuletzt vor Gericht erfolgreich.




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      Dieser Text gibt den Inhalt des Beitrags der Sendung [plusminus vom 16.09.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

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      schrieb am 17.09.03 17:47:32
      Beitrag Nr. 151 ()
      Gastkommentar
      John Snows „chinesische Träume“ treffen auf die Realität

      Von William Pesek, Bloomberg News

      17. September 2003 Es kommt selten vor, daß sich Wirtschaftsoffizielle glücklich über die von Standard & Poor`s geäußerten Sorgen um ihr Finanzsystem zeigen. Und doch dürfte die Regierung in Peking äußerst erfreut über den Ratschlag sein, den die Rating-Agentur China zuletzt erteilt hat.

      Amerika und Japan hatten sich unlängst zusammengetan, um gemeinsam Druck auf China auszuüben, damit das Land seine Währung endlich vom Dollar entkoppelt. Im Zuge der in diesem Jahr zu beobachtenden Kursverluste des Dollars gewann der Yuan nämlich an Wettbewerbsfähigkeit - mittlerweile ist er sogar derart wettbewerbsfähig, daß China für eine wachsende Zahl der globalen Wirtschaftsmiseren verantwortlich gemacht wird.

      Rückendeckung für Pekings Währungspolitik

      S&P dagegen gab Peking gestern politische Rückendeckung, indem es die Regierung dazu ermutigte, ihre kontroverse Währungspolitik beizubehalten. Laut S&P wäre die vom amerikanischen Finanzminister John Snow vorgeschlagene Abschaffung der jahrelangen Dollarbindung „gefährlich“ und würde zudem die Bonität des Landes in Gefahr bringen.

      „Zum jetzigen Zeitpunkt könnte sich die Aufhebung der Devisenkontrollen als riskant erweisen, da Chinas Banken derzeit einfach nicht das nötige Rüstzeug haben, um mit einer Wechselkursvolatilität fertig zu werden,“ erklärte der von Singapur aus agierende S&P-Analyst Ping Chew.

      Starke Worte, über die sich Snow sicherlich nicht freuen kann. Ob es den amerikanischen Regierungsbeamten nun gefällt oder nicht - S&P hat vollkommen zurecht darauf hinzuweisen, daß China für eine Änderung der bislang mit 8,3 Yuan pro Dollar festgeschriebenen Bindung noch nicht bereit sei. Die jüngsten Bemerkungen von S&P sind gleichfalls als Mahnung für die Devisenhändler zu verstehen: Wenn es um die chinesische Währung geht, hören Sie besser auf unabhängige Rating-Unternehmen und nicht auf das Weiße Haus.

      Politisch motivierte Forderungen aus Washington

      Snows Aufforderung an China, den Yuan sich ohne Wechselkursanbindung frei entwickeln zu lassen (was im Grunde nichts anderes bedeutet, als ihn steigen zu lassen), ist rein politisch und nicht etwa ökonomisch motiviert. Die Bush-Administration hat vergeblich versucht, neue Stellen in einer Wirtschaft zu schaffen, die seit Januar 2001 ganze 2,6 Millionen Arbeitsplätze verloren hat. Auf der Suche nach Entschuldigungen ist das Weiße Haus letztlich auf China gestoßen.

      Es fällt wirklich schwer, keine Miene zu verziehen, während eine Nation mit einem mehr als zehnmal so hohen Pro-Kopf-Einkommen wie China versucht, das Opfer zu spielen. Dies ist aber genau die Rolle, die Washingtoner Politiker und Lobbyisten für Unternehmen wie Boeing Co. und Nucor Corp. derzeit spielen.

      Niemand behauptet, daß China ein Land der Wohltaten sei, das auf der ganzen Welt Heiterkeit verbreiten möchte. Dem ist tatsächlich nicht so. Wenn es um die Anleger und die 1,3 Milliarden Menschen starke Bevölkerung geht, zeigt sich die Regierung in Peking in puncto Reglementierung groß und in puncto Transparenz klein. Ausländische Regierungen, die auf Chinas Währungspolitik herumhacken, befinden sich allerdings auf dem Holzweg.

      China soll als Sündenbock herhalten

      Es wird oft vergessen, daß China nach wie vor zu den Entwicklungsländern zählt. Zwar wächst dieses Land jährlich mit einer Rate von acht Prozent, womit seine Wirtschaft momentan die wohl dynamischste rund um den Globus sein dürfte; allerdings liegen vor der bevölkerungsreichsten Nation der Welt unzählige Herausforderungen - hierzu zählt nicht zuletzt die Schaffung von Arbeitsplätzen für die Millionen von Menschen, die mit der Öffnung der chinesischen Wirtschaft ihre Jobs verlieren werden.

      Es bringt jedoch nichts, dies den amerikanischen Senatoren zu erzählen, die die Einführung von Gesetzen planen, wonach chinesische Importe mit Zöllen belegt werden sollen - es sei denn, China gibt seine Währung frei. Die ganze Kampagne läßt sich mit einem einzigen Wort erklären: Wahljahr.

      Im kommenden Jahr werden viele gewählte Regierungsbeamte - einschließlich Präsident George W. Bush - erklären müssen, warum die amerikanische Wirtschaft keine neuen Arbeitsplätze geschaffen hat. Das Letzte, was die Politiker zugeben werden, ist die Tatsache, daß ihre Bemühungen nicht zu einer Erhöhung des Lebensstandards geführt haben. Sie würden auch ungern die Agrarsubventionen für ihre Farmer streichen, durch die die Entwicklungsländer mehr Schaden erleiden, als sich die Politiker vielleicht vorstellen können.

      Vor diesem Hintergrund kommt China als Sündenbock gerade recht. Früher hat die amerikanische Unternehmenswelt immer den Japanern Vorwürfe wegen ihrer „Schwächen“ gemacht. Nun müssen die Chinesen herhalten. Amerikanische Politiker wissen sehr genau, daß sie von dieser Strategie bei den Wahlen nur profitieren können. So wie die Dinge liegen, dürften wohl mehr als nur ein paar Wähler von Seattle bis nach Miami der Regierung die Idee abkaufen, die Kommunisten in Peking würden ihre Jobs stehlen.

      Peking läßt sich nicht herumkommandieren

      Die an China Kritik übenden Senatoren vergessen dabei, daß der Yuan nur an Wettbewerbsfähigkeit gewinnt, weil der Dollar an Boden verliert. Pekings Dollarbindung besteht seit dem Jahr 1995; die einzige Veränderung, die es in diesem Kontext seither gegeben hat, ist das schwindende Anlegervertrauen in die amerikanische Währung.

      Der für Amerika schnellste Weg, eine Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit Chinas herbeizuführen, bestünde darin, den Dollar entsprechend hochzureden. Die Tatsache, daß Snow dies bisher nicht getan hat, scheint die an den globalen Währungsmärkten vertretene Ansicht zu bestätigen; danach wären die Amerikaner zwar glücklich über einen schwächeren Dollar, aber nur solange eine solche Abwertung auch in geordneten Bahnen erfolgt.

      Stattdessen scheint Snow entschlossen, den Druck auf Peking aufrechtzuerhalten. Aus politischer Sicht mag dies eine überlegene Strategie sein; vom ökonomischen Standpunkt aus betrachtet versagt sie allerdings auf ganzer Linie. China hält sich für eine aufstrebende Weltmacht und wird es daher nicht akzeptieren, von Washington herumkommandiert zu werden. Je mehr Washington versucht, China zu sagen, was es tun soll, desto weniger wird sich die Regierung in Peking entgegenkommend zeigen.

      Weckselkursbindung hat gute Gründe

      Wie S&P aufzeigt, hat China gute Gründe, im Hinblick auf den Yuan vorsichtig vorzugehen. Nach Schätzungen der Rating-Agentur bestehen 45 Prozent der Bankschulden aus „Problemkrediten“. Durch die Entkopplung des Yuan könnte sich der Kapitalstock reduzieren, auf den Chinas Banken im Rahmen ihrer Schuldenfinanzierung angewiesen sind.

      Amerika und Japan mögen sich Sorgen um eine Unterbewertung des Yuan machen; eine Finanzkrise in China würde der Weltwirtschaft allerdings weitaus mehr Schaden zufügen. Aus diesem Grund dürfte das Land der Mitte - wenn es denn zu einer Änderung seiner Währungspolitik bereit ist - zunächst die Wechselkursspanne ausweiten, in der der Yuan notiert, etwa durch eine entsprechende Neubindung seiner Währung an gleichzeitig mehrere Währungen, bevor die Regierung der Landeswährung erlaubt, frei zu floaten.

      Snows Wunsch nach einer Verschiebung der chinesischen Währung bedeutet, daß dieses Thema mit großer Sicherheit während des Treffens der sieben größten Industrienationen (G7) am kommenden Wochenende zur Sprache kommt. Seine Hoffnungen treffen allerdings auf die nackten Realitäten, die Chinas Wirtschaft umgeben. Anleger sind gut beraten, wenn sie sich in diesem Fall besser nicht nach dem Weißen Haus, sondern nach der Rating-Agentur S&P richten.

      Text: Bloomberg
      Bildmaterial: Bloomberg
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      schrieb am 17.09.03 17:53:05
      Beitrag Nr. 152 ()
      Die Pessimisten sterben aus

      Merrill-Lynch-Umfrage: Fondsmanager setzen auf Lehrbuch-Erholung


      Berlin - Fondsmanager haben wieder ihre alten Börsenlehrbücher herausgekramt und entstaubt. Schema F ist nun die Leitmaxime bei ihrer Anlagepolitik. Alle Profis scheinen dabei das gleiche Standardwerk im Bücherschrank zu haben. Dieser Eindruck drängt sich bei der Lektüre der jüngsten Fondsmanagerbefragung von Merrill Lynch auf. Danach hat die Kursrallye auch die letzten Pessimisten weich gekocht. Nunmehr rechnen 87 Prozent der befragten Investmentexperten in den kommenden zwölf Monaten mit einem globalen Wirtschaftsaufschwung. So viele Konjunkturoptimisten gab es das letzte Mal im Februar 2002. "Die Investitionslandschaft lässt auf eine klassische Erholung schließen. Keine Wolke trübt den Himmel", sagt Sarah Franks, Strategin bei Merrill Lynch in New York.


      In der Tat dominieren die Klassiker. So rechnen die Fondsmanager im Zuge der Wirtschaftswende jetzt wieder mit zweistelligen Gewinnzuwächsen bei den globalen Konzernen. Bei der August-Umfrage bezifferten sie den Zuwachs im Schnitt noch auf neun Prozent. Erstmals meint die Mehrheit der Profis auch, dass sich die Ergebniszuwächse nicht mehr aus reinen Kostensenkungen, sondern aus einem Nachfrageschub speisen. Den Unternehmen wird nach Jahren des fast schon ruinösen Konkurrenzkampfes in Folge von Überkapazitäten jetzt wieder Preissetzungsspielraum zugetraut. Und dies wird nach Ansicht der Experten dann auch die Inflationsraten nach oben bringen. Nicht nur das: Auch die Rohstoffpreise dürften wieder anziehen.


      Der Optimismus spiegelt sich auch in der Branchengewichtung. So werden zyklische Sektoren wie Technologie, Rohstoffe oder Industrie klar bevorzugt. Auch bei der Länderallokation wird das Konjunkturthema gespielt. Die Schwellenmärkte erfreuen sich der größten Beliebtheit direkt gefolgt von Japan. Auch dies entspricht der allgemeinen Lehrbuchweisheit, gehören doch die Emerging Markets sowie das Land der aufgehenden Sonne zu den größten Profiteuren in einem globalen synchronisierten Aufschwung.


      Die Anlagepolitik unterstreicht den deutlich gestiegenen Risikoappetit. Immer öfter greifen die Finanzprofis auch bei bilanziell zweitklassigen Unternehmen zu, was die Outperformance dieser Werte erklärt. Auch den Unternehmen empfehlen die Fondsmanager wieder mehr Mut. Erstmals seit langem fordern die Experten von den Börsenkonzernen wieder mehr Investitionen. Statt Schulden abzubauen und die Bilanzen zu reparieren, sollten die Firmenlenker lieber neue Wachstumschancen aufspüren. "Alle diese Antworten deuten auf einen Aufschwung hin, wie er im Lehrbuch steht", fasst auch Merrill-Analystin Franks die jüngste Umfrage zusammen.


      Das Herdenverhalten der Fondsbranche birgt Risiken. Denn sollte der globale synchronisierte Aufschwung nicht wie erwartet eintreffen, werden die Markt bestimmenden Profis auf dem falschen Fuß erwischt. Die Folge wäre ein kräftiger globaler Kurseinbruch. Skeptisch stimmt auch, dass die Manager inzwischen ihre gesamte Liquidität in den Markt gesteckt haben. So ist der Cash-Bestand deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt. Sollten keine neuen Gelder zufließen, würde weiterer Treibstoff für die Rallye fehlen.


      Für Anleger, die an der Nachhaltigkeit der Konjunkturwende zweifeln, ergeben sich antizyklische Einstiegsgelegenheiten. Sie können etwa auf Anleihen setzen, die bei den Fondsprofis so unbeliebt sind wie noch nie. hz.




      Artikel erschienen am 17. Sep 2003
      http://www.welt.de/data/2003/09/17/169737.html
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 18:18:07
      Beitrag Nr. 153 ()
      Themen des Tages

      Pattex - oder wie die Lobbyisten unseren Wohlstand sichern

      Die WTO-Tagung in Cancun ist gescheitert. Der Westen hat es damit geschafft, die letzte Chance beim Schopf zu ergreifen, um seine Agrarsubventionen und Schutzzölle zur Abwehr der Güter aus den armen Ländern abzuwehren. Es gibt Untersuchungen, dass eine Einführung der Marktwirtschaft in den reichen OECD-Ländern Steuergelder in Höhe von 300 Milliarden Dollar einsparen und gleichzeitig bis zum Jahr 2015 etwa 144 Millionen Menschen weltweit aus der schlimmsten Armut herausholen würde.

      Natürlich würden wir uns dabei auch heftige Probleme im Inneren schaffen, weswegen die Lobbygruppen zwar stets von Marktwirtschaft reden, sie jedoch fürchten wie der Teufel das Weihwasser. Wie hat unsere Gesundheitsministerin das gestern in anderem Zusammenhang gesagt: "Sie kleben wie Pattex daran, dass sich nichts ändert."

      Von freier Marktwirtschaft wird also weiterhin mehr geredet als gehandelt. Und für uns in den reichen Industrieländern ist das auch gut so. Denn was würde passieren, wenn plötzlich unsere Grenzen offen wären für Zucker aus Mauritius, für Rindfleisch aus Argentinien, für sonstige Agrarprodukte aus Afrika? Es gäbe eine riesige Krise überall innerhalb der EG: Da ist es doch rationaler, sich weiterhin nach außen abzuschotten, gigantische Exportüberschüsse aufzubauen, jedoch keine Defizite einzufahren, wie sie sich in einem freien Welthandel zwangsläufig für die Hochlohnländer ergeben würden. Und mit den dabei erzielten Wohlfahrtsgewinnen in mehrstelliger Milliardenhöhe kann man dann trefflich ein paar Millionen an Entwicklungshilfe geben.

      Wie so etwas an einem ganz einfachen Beispiel funktioniert, erläutert Jim Rogers in seinem neuen Buch "Adventure Capitalist". In den USA gibt es in der Fest-Saison Sammelaktionen von Bekleidung für die notleidenden Menschen in Afrika. Dies hat folgende Effekte. Erstens kommen die Kleidungsstücke nicht bei der Bevölkerung an, sondern lassen sich (von Rogers) wunderbar auf dem Schwarzmarkt wiederfinden. Zweitens wird dadurch die heimische afrikanische Textilindustrie kaputt gemacht, weil ein derartiger Qualitätsstandard dort nicht produziert werden kann. Und drittens wird damit der US-Wirtschaft geholfen, denn wer alte Sachen weg gibt, ist in der Regel anfälliger für eine Neuanschaffung. Ein teuflisches System, das die Reichen reicher und die Armen ärmer macht.

      Europa und die USA sind aus diesen Gründen also weiterhin ein Kauf. Nicht weil sie auf den freien Markt setzen, sondern genau umgekehrt: Weil sie nicht auf den freien Markt setzen. Und Emerging Markets sind aus den selben Gründen auch weiterhin deutlich mit Vorsicht zu betrachten. Das ist zwar zynisch, aber es spiegelt die Realität wider. So sieht unsere Welt aus.


      Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.


      [ Mittwoch, 17.09.2003, 14:06 ]

      http://www.instock.de/Nachrichten/10134162.html
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 18:19:55
      Beitrag Nr. 154 ()
      Verlogene Gesellschaft

      Von Dirk Harbecke
      Kleine Lügen erhalten die Freundschaft, konnte ich kürzlich in der "Bild der Wissenschaft" lesen. Forscher haben herausgefunden, dass ein gewisses Maß an Täuschung und Selbsttäuschung für die gesellschaftliche Stabilität und die geistige Gesundheit des Einzelnen erforderlich sind. Manchmal sei es sogar "geradezu unmoralisch und ungesund, auf den Einsatz einer Täuschung zu verzichten". Mehr noch: Wer die Wahrheit verschweige oder verbiege, um anderen Leiden zu ersparen oder deren Selbstachtung zu wahren, handele sozial intelligent. Vertrauen entstehe eben nicht dadurch, dass wir immer die Wahrheit gesagt bekommen, sondern dadurch, dass wir wissen, jemand meint es gut mit uns! Ich habe noch nirgends eine bessere Umschreibung für die Person Alan Greenspan gefunden.

      Der Chef der US-Notenbank hat am Dienstag den Leitzins auf dem historisch niedrigen Niveau von 1 Prozent belassen und wieder die Möglichkeit einer "unwillkommenen Disinflation" erwähnt, gleichzeitig aber auch vor einer weiteren Verschlechterung des Arbeitsmarktes gewarnt. Die Aktienmärkte begrüßten dies mit Kursgewinnen, weil es doch garantiere, dass die Zinsen noch lange Zeit niedrig bleiben werden. Was ist bloß los mit den Börsianern? Die Erholung seit den März-Tiefs ist laut Morgan Stanley die schnellste seit 1970, und trotzdem sind die Fondsmanager aktuellen Umfragen zufolge optimistischer denn je. Auch wenn viele Konjunkturdaten auf einen Aufschwung deuten, sind die Risiken doch unübersehbar: schwacher Arbeitsmart, steigende Kreditzinsen, horrende Staatsverschuldung, Rezession in Europa, wachsender Wettbewerb und nun auch noch das Scheitern der Welthandelsrunde in Cancun. Selbst wenn man diese Faktoren außer acht läßt, zeigen die Erfahrungen vergangener Jahrzehnte, dass zwei Drittel der potentiellen Kursgewinne an den Börsen bereits dann eingetreten sind, wenn die ersten Konjunkturdaten eine Erholung signalisieren, was derzeit der Fall ist. Seien Sie als Aktienanleger also auf der Hut.

      Abschließend stellt sich mir eine Frage: Da die Weltwirtschaft aus Sicht der US-Notenbank noch nicht stark genug ist, um die Zinsen anzuheben, wie kann sie dann stark genug sein, die in den jetzigen Kursen bereits eingepreisten Wachstums- und Gewinnsprünge zu gewährleisten? Offensichtlich verwechseln viele Investoren die derzeitige Korrektur von den März-Tiefs mit einem tiefgreifenden weltwirtschaftlichen Aufschwung. Um noch einmal die Lügen-Forscher zu zitieren: "Was uns aber am meisten daran hindert, eine Lüge zu vermuten, ist, dass wir selten misstrauisch sind." Ein solches Misstrauen wäre derzeit angebracht.


      Dirk Harbecke ist Börsenexperte und Finanzkolumnist.


      [ Mittwoch, 17.09.2003, 16:00 ]
      http://www.instock.de/Nachrichten/10134170.html
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 18:26:04
      Beitrag Nr. 155 ()
      Kein Ende für die Blairs oder den Boom

      Noch nicht. Nicht jetzt.

      Nein, lieber Leser, das Ende der Welt ist verschoben worden.

      Wie wir das wissen? Wir haben es in der Zeitung gelesen.

      Zunächst ließen wir Sie gestern auf der Sesselkante. Würde Carole Caplin alles, was sie über die Blairs weiß, erzählen ... und so Amerikas Hauptalliierten im Irakkrieg zerstören?

      Nein! sagt sie auf der heutigen Times-Titelseite. Sie würde ihre Geheimnisse nicht preisgeben. Jedenfalls nicht heute ... und nicht für eine Million Pfund. Für zwei Millionen? Wir werden sehen.

      Wie auf die englische Wirtschaft ..."Häuserpreise steigen stark," heißt es in der Times, nach einer schwachen Periode im Frühling.

      Und was ist mit Amerika: "Hoffnungen auf einen satten Aufschwung sind in der Luft," sagt Stephan Roach

      Aber Hoffnungen allein bringen keinen Aufschwung. Dafür bräuchte es Konsumentenkäufe oder Investitionen. Nicht, dass beides nicht möglich wäre, aber woher sollte es kommen?

      Die amerikanische Wirtschaft hängt von der Freundlichkeit von Fremden ab, meistens derer aus Asien, um weiterzulaufen. Ausländer besitzen inzwischen fast die Hälfte der Staatsanleihen. Sie zahlen für den Irakkrieg. Und sie erlauben den Amerikanern, weiter Geld auszugeben.

      Sie (die Fremden) produzieren, Amerikaner konsumieren. Sie verleihen, Amerikaner leihen. Sie häufen Kredit an, Amerikaner bauen Schulden auf.

      Und wir fragen uns: wie lange kann das weitergehen?

      Ein Artikel in USA Today führt aus:

      "Die Kreditkartenschulden von Familien mit mittlerem Einkommen steigen – um 75 % auf 5.031 $ zwischen 1989 und 2001. Mittel-Klasse-Familien benutzen Kreditkarten, um die Lücke zwischen Einkommen und Kosten zu füllen. Es geht dabei mehr darum, den Lebensstandard zu halten als um leichtsinnigen Konsum."

      "Die amerikanischen Verbraucher belasten sich mit höheren Schulden; finanzielle Zusammenbrüche sind stark angestiegen. Bei 90 % von Familien mit Kindern sind drei Gründe dafür verantwortlich: Job-Verlust, Scheidung oder Gesundheitsprobleme, hat das Verbraucher-Bankrott-Projekt der Harvard Universität herausgefunden. Ein Drittel der Familien schuldet ein ganzes Jahreseinkommen ihren Kreditinstituten."

      "Nicht für immer," lautet die Antwort auf die Frage: "Wie lange kann das weitergehen?" "Es wird schlimmer, je länger es anhält." "Wir wissen es nicht," ist unsere Antwort auf: "Wann wird das Ende kommen?"

      "Genau jetzt," sagen wir, wenn wir die Diskussion an unseren Mann in New York weitergeben: Eric Fry.

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      Gold als Versicherung

      Von unserem Korrespondenten Eric Fry aus New York

      Der Dow sank gestern um 23 Punkte auf 9.449, während der Nasdaq um ein halbes Prozent auf 1,846 fiel. Anleihen blieben gleich, der Dollar war etwas stärker, Gold etwas schwächer. Insgesamt leistete der amerikanische Kapitalismus gestern fast gar nichts.

      Alan Greenspan und der Rest des Fed-Komitees (FOMC) hoffen, an diesem Morgen etwas mehr zu leisten als nichts, indem sie die Zinsrate kneifen ... oder nicht. Das FOMC ist gerade dabei, den Status der US-Wirtschaft zu erörtern und ob die kurzfristigen Zinsen angepasst werden sollten. Momentan steht der Leitzins bei einem 45-Jahr-Tief von 1 %, da gibt es nicht mehr viel Anpassungsspielraum.

      Im Übrigen: Die letzte Zinssenkung der Fed am 13. Juni 2003 hat bislang mehr schlechtes als gutes für die Anleihenmärkte gebracht. Die langfristigen Zinsen sind seither stets gestiegen und haben dabei den Hypotheken-Rückzahlungsboom gekillt, der als einziger noch die Wirtschaft gestützt hatte.

      Aber die Wirtschaft kämpft heroisch, um sich wieder aus dem Sumpf zu ziehen. Hier in der Hauptstadt des Kapitalismus kehrte ein bisschen Farbe auf die Wangen der lokalen Wirtschaft zurück. Der Empire State Index der wirtschaftlichen Konditionen kletterte im September gegenüber August von 10.0 auf 18.4. Wir wissen nicht wirklich, was diese Zahlen bedeuten, aber ein Sprung von 10.0 auf 18.4 muss eine gute Sache sein, oder?

      Auf der anderen Seite ergab die letzte Information von Goldman Sachs über die Technologie-Ausgaben von Mitte-bis-Ende-August, dass sich die Tech-Ausgaben nur schwach erholt haben, wenn überhaupt.

      Ironischerweise hat sich der Kauf von Tech-Aktien bereits erholt. Die Käufer der teuren Tech-Aktien scheinen sich nicht darüber zu sorgen, dass die Erholung der Tech-Ausgaben weit unter dem sichtbaren Horizont liegt. Was muss der Tech-Investor wissen?

      Fast ein ganzes Jahr sind Tech-Aktien gestiegen, sogar während die meisten Hi-Tech-Unternehmen schwächelten. Der Nasdaq ist seit seinem Tiefstand 2002 um beeindruckende 66 % angestiegen. Vielleicht ist das die einzige Ambition der Fed, die Inflation wieder anzufachen, damit sie sich auf die Aktienpreise auswirkt.

      Die Pro-Inflations-Kampagne der Fed hat auch einen günstigen Einfluss auf den Goldpreis. Ein bisschen Inflation ist – wie ein kleiner Waldbrand – schwer zu zügeln. Und der Goldmarkt scheint ein wenig Inflationsgeruch abbekommen zu haben.

      "Gold ist kein `Investment` per se," hatte ich Ihnen in der letzten Woche gesagt. "Es ist eine Versicherung." James Grant stimmt zu. Der Herausgeber des Grant`s Interest Rate Observers meint, Gold sei nicht nur eine hervorragende Versicherung gegen Geldschwäche, sondern auch eine sehr günstige Versicherung. "Wenn Gold nicht günstig ist, was ist es dann? Eine Absicherung. Meiner Meinung nach eine günstige Absicherung."

      In anderen Worten, sagt Grant, schmilzt der Wert des Dollars schon dahin, und noch ist Gold mit einem Preis von 375 $ per Unze eine relativ billige Versicherungspolice gegen die ständige Dollarentwertung.

      "Ich bin trotz langer, unprofitabler Intervalle während der Baisse am Goldmarkt, die schon länger dauert als Britney Spears alt ist, erfolgreich gewesen," fasst Grant zusammen. "Jeden Morgen wache ich im Glauben auf, dass das internationale Geldsystem einen Tag näher am Zusammenbruch ist. Ich bin sicher, dass die Nachwelt diese Episode der Geldgeschichte mit einer Mischung aus Freude und Staunen betrachten wird."

      Grant empfiehlt: Denken Sie an Ihre Versicherung. Kaufen Sie Gold.
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      Die Schweden stimmten mit "Nein"

      Von unserem Korrespondenten Bill Bonner, noch in London

      Die Schweden stimmten mit "Nein" gegen den Euro und traten dabei über den kalten Körper der prominentesten Euro-Befürworterin. Brach der Euro nach den Sonntagsnachrichten zusammen? Nein, er stieg auf ein mehrwöchiges Hoch von 1,132 $. Obwohl er gestern wieder ein wenig fiel, steht er immer noch bei 1,1270 $. Verkaufen Sie den Dollar, kaufen Sie Euros und Gold.

      "Was würde passieren, wenn die Staatsschulden der USA jemals zurückgestuft würden," wurde Jim Bianco von Bianco Research am Freitag gefragt. "Es wird niemals passieren," antwortete er. "Das würde das Ende des modernen Finanzsystems bedeuten."

      Wir berichteten schon vor vielen Monaten, dass der Krieg gegen den Irak mehr als eine Billion $ kosten könnte. "Lächerlich!" lauteten die Kommentare. "Absoluter Unsinn." Die Leser konnten es nicht glauben. Wir glaubten uns auch nicht, aber wir hatten es irgendwo gelesen. ...

      Nun sieht die Summe immer noch absurd aus, aber wesentlich weniger unwahrscheinlich. Nach Angaben der NY Times beläuft sich die Rechnung bis jetzt auf 166 Mrd. $. George W. Bush möchte weitere 150 Mrd. $ auf den Weg schicken. Eine "Generationenschuld" nennen es Anwälte. "Unsere Enkel mit Schulden beladen" ist eine andere Ansicht. Aber wen kümmert`s ... es ist sowieso nicht unser Geld. So lange die Asiaten uns weiter leihen, werden wir Amerikaner unseren Teil tragen. ... Gebt, gebt, gebt ... bis Papi die Kreditkarte wegnimmt.

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      Die pazifische Symbiose

      Von Brian Durrant

      In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg war die wichtigste auswärtige Beziehung der USA die zu Europa. Der Marshall-Plan half, den Westen des Kontinents wieder aufzubauen, und Westeuropa war von wichtiger strategischer Bedeutung während des Kalten Kriegs. Bis in die 60er Jahre hinein versorgte das US-Handelsdefizit die kapitalistische Welt mit willkommener Liquidität. Dann aber begab sich Amerika auf einen immer kostspieligeren Krieg in Asien (Vietnam), und sowohl das Handels- als auch das Haushaltsdefizit explodierten.

      Kling bekannt? Aber damals bestand das US-Handelsungleichgewicht hauptsächlich gegenüber Europa, der Kontinent, der 40 % der globalen Geldreserven besaß. Ein ganz bestimmtes Land begann, den USA zu verübeln, seine Ambitionen durch Gelddrucken zu finanzieren. Sie haben es geahnt – Frankreich.

      Die Franzosen bedrohten Washington, indem sie Dollars für Gold verkauften, das damals bei $35/pro Unze kostete. Drei Jahre lang verhandelten die USA, um den europäischen Verkaufsdruck auf den Dollar zu zügeln. Aber die USA waren nicht bereit, auswärtigen Zwang auf ihre wirtschaftlichen oder militärischen Aktionen zu dulden ... So brach das Dollar-fixierte Geld-Austausch-System schließlich 1971 zusammen.

      Über 30 Jahre später bedeutet Europa für die USA weit weniger. Der Kalte Krieg ist vorbei und Europas wirtschaftlicher Stern am sinken. Die Wachstumsaussichten für dieses Jahr bringen es auf den Punkt: USA 2,4 %, Japan 2,0 %, Großbritannien 1,7 % und kümmerliche 0,5 % in der Eurozone. Die Gründe für Europas Schwäche sind bekannt: schlecht funktionierende Arbeitsmärkte, Bürokratismus, Missmanagement des Euro-Währungs-Projekts, und dazu ein starker Euro. Inzwischen hat die schlechte Performance von Euroland einen größeren Einfluss auf Großbritannien als jede andere wichtige Wirtschaft.

      Aber die wirklich guten Nachrichten kommen aus Asien. Die asiatischen Wirtschaften holen verlorene Zeit auf. Chinas Wachstum in diesem Jahr wird auf 7,5 % geschätzt.

      Es überrascht nicht, dass die USA ihren Blick vom Atlantik auf den Pazifik gelenkt haben. Die Länder Ostasiens haben inzwischen 70 % der globalen Geldreserven zusammengebracht. Die Beziehung zwischen den USA und Ostasien ist symbiotisch. Weil sie mehr ausgeben als produzieren, haben die USA in den letzten Jahren ein immer größeres Handelsdefizit ausgewiesen. Im Gegenzug haben die ostasiatischen Wirtschaften, die mehr produzieren als verbrauchen, einen riesigen Handelsüberschuss.

      Die Regierungen und Zentralbanken von Japan, China, Hongkong, Singapur und Südkorea besitzen etwa 700 Mrd. $ US-Staatsanleihen und etwa denselben Wert in amerikanischen Immobilien. Gleichzeitig will China nicht von seinem 35 %igen Exportwachstum ablassen, denn die staatlichen Unternehmen müssten noch mehr Jobs streichen, wenn seine Währung aufgewertet würde. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass China jemals seine Geldreserven als Mittel gegen Washington benutzt ... auf nahe Sicht.

      Im Moment produziert Chinas Unterstützung für den Dollar ein Geldwachstum von 20 % und einen unglaublichen Investitionsboom. Er wird ohne Zweifel die Basis für eine sehr überzeugende Geschichte abgeben, die die Phantasie der Investoren beflügelt. Aber wie immer sollten Sie aufpassen: Was gerade ansteigt, muss irgendwann fallen.

      http://www.investor-verlag.de/
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 18:58:28
      Beitrag Nr. 156 ()
      Medien

      Time Warner will die Erinnerung löschen

      Der weltgrößte Medien- und Onlinekonzern AOL Time Warner will nun endgültig "AOL" aus seinem Firmennamen entfernen.




      Damit wolle das Unternehmen die Fehlschläge der größten Firmenfusion der Geschichte hinter sich bringen, berichtet die Washington Post. Der Verwaltungsrat solle den Namenswechsel auf seiner Sitzung am Donnerstag genehmigen.

      America Online (AOL) hatte Time Warner, das führende US-Medienunternehmen, im Januar 2001 für 112 Milliarden Dollar (101 Mrd Euro) übernommen. Der Kauf war mit Hilfe eines aufgeblähten AOL-Aktienkurses auf dem Höhepunkt der Internet-Spekulationswelle erfolgt.



      Zähe Verhandlungen mit Bertelsmann

      Das Aktiensymbol soll zudem von „AOL“ wieder in „TWX“ umgewandelt werden. Die Onlinesparte von AOL leidet inzwischen unter Kundenschwund an Kabelfernseh- und Telefongesellschaften.

      Außerdem gibt es Untersuchungen der US-Aufsichtsbehörden über AOL-Bilanzierungsmethoden. Die Entscheidung, AOL im Firmennamen fallen zu lassen, sei jedoch kein Vorspiel für einen Verkauf oder eine Verselbstständigung der America-Online-Sparte.

      In einer separaten Entwicklung scheinen die Verhandlungen zwischen AOL Time Warner und Bertelsmann über eine Fusion ihrer Musiksparten zweifelhaft geworden zu sein. Die beiden Unternehmen ließen eine Frist für exklusive Verhandlungen miteinander auslaufen.

      Dies hat die New York Times am Mittwoch berichtet. Die britische Musikfirma EMI dürfte jetzt versuchen, ihre Gespräche mit beiden Firmen wieder anzukurbeln. EMI hatte früher vergeblich versucht, Warner Music zu kaufen. Es gehe vor allem um Differenzen über die Bewertung der jeweiligen Musiksparten.

      Die Gespräche zwischen AOL Time Warner und Bertelsmann hängen nach Darstellung des Wall Street Journal vom Mittwoch davon ab, ob Bertelsmann bereit ist, als Teil der Transaktion 150 Millionen Dollar (136 Mio Euro) in bar zu zahlen. Die deutsche Gesellschaft könnte sich widersetzen, selbst diesen Betrag zu zahlen.

      Zu AOL Time Warner gehören neben AOL auch Warner Music, Magazine wie „Time“ und „People“, Kabelfernsehkanäle wie „CNN“ und „HBO“, Kabelfernsehsysteme, das Filmstudio Warner Bros. sowie Freizeitparks.

      Konzernchef Richard D. Parsons versucht die Schulden des Unternehmens von fast 30 Milliarden Dollar nach der Fusion bis Ende 2004 mit Hilfe von Vermögensverkäufe auf 20 Milliarden Dollar zu reduzieren. Das Unternehmen hat gerade das Atlanta-Hawks-Basketball- und das Atlanta-Trashers-Eishockey-Team verkauft.

      (sueddeutsche.de/dpa)
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 19:17:15
      !
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      Avatar
      schrieb am 17.09.03 23:00:12
      Beitrag Nr. 158 ()
      Eine kleine Stinkbombe für bluemoons.....hihihaha :D


      Let`s get surprised ;)
      H_S


      ......................................


      Interview

      Die Schuld der Linken an Chiles Untergang

      Auch ohne die Unterstützung der USA wäre Allende gestürzt worden: Der Schriftsteller Jorge Edwards über Pinochets Putsch am 11. September 1973

      Gesprächsführung: Marko Martin


      Zur Sonne, zur Freiheit: Kubas Staatspräsident Fidel Castro besucht Salvador Allende, 1971
      © Foto [M]: Serraillier/Rapho/Agentur Focus




      DIE ZEIT: Señor Edwards, wie kaum ein anderer chilenischer Schriftsteller sind Sie als Sekretär und enger Freund Pablo Nerudas mit den Verwerfungen in Ihrem Land, aber auch mit der Realität des kommunistischen Kubas konfrontiert worden. Was sind Ihre Erinnerungen an den 11. September 1973, als General Pinochet in einem blutigen Putsch zur Macht gelangte?

      Jorge Edwards: Ich war damals chilenischer Botschaftsrat in Paris. Mein unmittelbarer Vorgesetzter war Pablo Neruda, der sich wegen einer schweren Erkrankung jedoch gerade in der Heimat aufhielt. Nur wenige Tage nach Pinochets Putsch starb er in seinem Haus auf der Isla Negra. Ich selbst war in der Zeit in einem kleinen Dorf südlich Barcelonas, wo ich mich mit Carlos Barral traf, dem seinerzeit wichtigsten spanischen Verleger, der auch meine Bücher herausbrachte. Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern. Plötzlich stürzt meine Enkelin ins Zimmer und ruft: „Sie bombardieren die Moneda!“ Damit hatte selbst ich nicht gerechnet – Bomben auf den Amtssitz von Präsident Allende! Wenig später kam noch Mario Vargas Llosa dazu, und alle saßen wir entsetzt vor dem Fernseher. In diesem Moment wusste ich, dass die Demokratie in Chile für eine lange, sehr lange Zeit verloren sein würde; was wir da sahen, war weder ein Zufall noch eine Episode. Die Assoziation, die mir damals kam, war die zum Spanien der dreißiger Jahre – inklusive eines Frankismus, der dann jahrzehntelang wie Mehltau über dem Land lag.

      ZEIT: Aber in Chile hatte es zuvor keinen Bürgerkrieg gegeben.

      Edwards: Vielleicht keinen offenen, aber einen verdeckten sehr wohl. Es war Allendes großes Versäumnis, den Mittelstand im Land nicht als Verbündeten gewonnen zu haben und damit zuzulassen, dass diese wichtige Bevölkerungsgruppe offen wurde für ein faschistisches Abenteuer. Leider existierte auch keine Allianz zwischen der regierenden Unidad Popular und den Christdemokraten, der großen demokratischen Oppositionspartei. Es gab zwar Verhandlungen, doch endeten diese Treffen als Fiasko. Als die Christdemokraten die Gespräche für gescheitert erklärten, wirkte dies wie grünes Licht für jene Kräfte in der Armee, die sich auf einen Staatsstreich vorbereiteten. Damit war das Schicksal der Allende-Regierung besiegelt.

      ZEIT: Welche Rolle spielten damals die kubanischen und sowjetischen Berater?

      Edwards: Bis heute wird der Einfluss Moskaus auf Allende überschätzt – wie umgekehrt der Einfluss Washingtons auf die Putschisten. Nein, da hilft alles nichts: Das Dilemma war hausgemacht. Wobei Kuba natürlich tatkräftig die extreme Linke innerhalb und außerhalb der Sozialistischen Partei unterstützte. Diese oft auch paramilitärisch bewaffneten Gruppierungen taten alles, um sich den Mittelstand zum Feind zu machen und beispielsweise die Nationalisierungen und Landreformen, die nur die Oligarchie betreffen sollten, maßlos auszuweiten. Einen schlimmeren Bärendienst hätte man dem eigentlich doch luziden Prädidenten Allende nicht erweisen können. Ich glaube nicht, dass bei diesem Spiel auch die Sowjetunion mitmischte. Im Gegenteil: Die absolut moskauhörige KP, die mit in der Koalitionsregierung saß, war strikt gegen diese Aktionen und verfocht einen eher moderaten Kurs. Clodario Blest, der legendär gewordene Gründer der chilenischen Arbeitervertretung, hatte es offen ausgesprochen. „Hört sofort mit dieser selbstmörderischen Politik auf!“ Der Präsident konnte nur resigniert schweigen, denn ihm war die Kontrolle über die Linksaußen-Aktivisten längst entglitten. Anstatt Gerechtigkeit zu schaffen, gelang es diesen Leuten, das Land in atemberaubender Schnelligkeit herunterzuwirtschaften. Endlose Autoschlangen vor den Tankstellen, leere Metzgerläden in der Hauptstadt, selbst Mangel an so etwas Banalem wie Zahnpasta: eine Alltagsmisere nach der anderen und ein Dilettantismus, der es mit geradezu lehrbuchhafter Konsequenz fertig brachte, auch viele der so genannten kleinen Leute gegen die Regierung aufzubringen.

      ZEIT: Warum wagt man auch nach drei Jahrzehnten nicht, darüber zu reden? Weil das Stichwort „Chile“ noch immer eine abrufbereite Vokabel im ideologischen Diskurs darstellt?

      Edwards: Genau um diese Folklore und Legendenbildung geht es. Mit Verweis auf den durch Pinochet einsetzenden Horror lässt sich noch heute jede kritische Frage nach der Zeit davor als „revisionistisch“ abstempeln. Hinzu kommt, dass viele chilenische Intellektuelle durch ihre Exilzeit geprägt sind – wenn sie an Chile denken, dann vor allem an jene traumatische Zeit nach dem 11. September 1973. Sie befinden sich noch immer in einem emotionalen Ausnahmezustand, der es unmöglich macht, kühlen Blutes die Vergangenheit zu analysieren. Natürlich ist es noch heute sehr einfach, die damalige Rolle der Vereinigten Staaten zu dämonisieren. Es stimmt, sie übten damals einen sehr üblen Einfluss aus und hatten Pinochet bereits vor dem 11. September heimlich unterstützt; ich fürchte allerdings, diesen Putsch hätte es auch ohne diese Beihilfe gegeben. Die reaktionäre Oligarchie hatte Angst um ihre Pfründen, der Mittelstand wurde von der Regierung verprellt, während die Planwirtschaft das Land verarmen ließ. Die extreme Linke missbrauchte Chile als Spielwiese für ihre revolutionären Utopien. Präsident Allende war zu schwach, um diesem massiven Druck auf Dauer etwas entgegensetzen zu können. Der Fingerzeig auf Washington lenkt nur davon ab, dass die Partikularinteressen in der chilenischen Gesellschaft die Demokratie aushöhlten und schließlich zerstörten.

      ZEIT: Nun gibt es in Ihrer Biografie etwas, das Sie von Ihren Schriftstellerkollegen unterscheidet: Kurz vor dem Putsch hatten Sie sich bereits mit einer anderen Diktatur angelegt…

      Edwards: Ja, und zwar mit Castros Regime. Seit 1964 gab es zu Kuba keine diplomatischen Beziehungen mehr, was Salvador Allende nach seinem Wahlsieg natürlich ändern wollte. Also schickte er mich als seinen Sondergesandten nach Havanna, um dort eine Botschafts-Struktur aufzubauen. Ich blieb allerdings nur wenige Monate auf der Insel, dann wurde ich ausgewiesen.

      ZEIT: So schnell?

      Edwards: Man kann auch sagen: so langsam. Ich brauchte einige Monate, um das Regime zu durchschauen. Revolutionstouristen wie Sartre oder Simone de Beauvoir waren ungleich rapider: Bereits nach wenigen Tagen in der Karibik stand für die meisten von ihnen fest, dass hier der alte Menschheitstraum von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit Realität geworden war. Ich muss zugeben, dass ich bei einem Besuch 1968 genauso euphorisch und blind gewesen bin. Was ich dann aber zu Beginn der siebziger Jahre sah, war etwas völlig anderes. Sie dürfen nicht vergessen: Ich kam nicht nur als chilenischer Diplomat, sondern vor allem als ein Schriftsteller ins Land, den seine kubanischen Kollegen gut kannten. So gut, dass sie sich mir bald anvertrauten und von der allgegenwärtigen Repression, der Bespitzelung und dem Misstrauen untereinander erzählten, von der ideologischen Rigidität des Regimes, das ihre Freiräume immer weiter verengte – völlig unbemerkt vom Ausland. Sie kennen die berüchtigte Affäre Padilla: Die Verhaftung des Dichters Heberto Padilla, das schauprozessartige Geständnis, das er ablegen musste, und die darauf folgende Abwendung vieler damaliger Linksintellektueller von Kuba; von Sartre bis Enzensberger protestierten sie alle gegen dieses Unrecht.

      ZEIT: Weil es einen der ihren getroffen hatte?

      Edwards: Ja, so kann man all unsere vermeintlich heroischen Gesten durchaus sehen: Selbst wir, die erklärten Universalisten, wachen zumeist erst dann auf, wenn es jemandem vom eigenen Stamm trifft. Um auf Padilla zurückzukommen: Er wurde verhaftet, kurz nachdem er bei mir im Hotel gewesen war und wir lange über die Situation in Kuba gesprochen hatten. Drei Tage später musste ich das Land verlassen. Vorher wurde ich jedoch noch zum Kulturminister einbestellt, und unerwarteterweise war auch Castro selbst anwesend. Er zeigte sich enttäuscht und wütend über mich und klagte Padilla an, einen Umsturz geplant zu haben. Das war natürlich die Paranoia eines Diktators, aber dennoch wusste er genau, was er wollte: Die Entwicklung sollte in Richtung chinesischer Kulturevolution gehen, der Flirt mit der westeuropäischen Linken war vorbei. „Mit diesen Intellektuellen ist Schluss“, brüllte er und brüstete sich damit, auf deren Urteil keinen Wert mehr zu legen. Das war schon deshalb absurd, weil ich Castro zuvor nie als einen Liebhaber und Kenner der Literatur wahrgenommen hatte – der musische Fidel existierte nur in der Optik westlicher Sympathisanten.

      ZEIT: Und in der Optik des Schriftstellers Gabriel Garcia Marquez.

      Edwards: Was der große Schriftsteller und der Tropendiktator aneinander finden, ist selbst Stoff für einen Roman; ich jedenfalls werde ihn nicht schreiben. Apropos „Verschwörung“: Der pure Zufall wollte es, dass zwei Jahre später Persona non grata gleichzeitig mit Enzensbergers Verhör von Habana erschien.

      ZEIT: Fürchteten Sie nie, Beifall von der falschen Seite zu bekommen?

      Edwards: Nein, denn diese Seite – ich nehme an, Sie meinen damit die Rechte – hat noch nie irgendein Buch, ein Argument, eine Idee benötigt, um zu handeln; zumindest gilt dies für Lateinamerika. Diesen Leuten geht es primär um Geld, Macht, Einfluss, Ländereien und den unkontrollierten Zugriff auf die natürlichen Ressourcen – die würden nicht einmal aus einem Missverständnis heraus einem Intellektuellen Beifall spenden. Anders war es schon mit der äußersten Linken: Sie wollte ich erreichen, ganz besonders jene in Chile. Ich wollte ihr klarmachen, dass Castros totalitärer Insel-Sozialismus keinesfalls die Alternative zur fortdauernden sozialen Ungerechtigkeit auf unserem Kontinent sein konnte. Trotz der vielen Arbeit in der chilenischen Botschaft in Paris schrieb ich jeden Morgen Seite für Seite an diesem Buch – wie im Fieber und doch mit kühlem Kopf. Die Zeit drängte.

      ZEIT: Wie hat Ihr Freund Pablo Neruda reagiert?

      Edwards: Er sagte: „Jorge, du musst dieses Buch schreiben, aber vergiss nicht: Du darfst es nicht veröffentlichen, die Zeit ist noch nicht reif dafür.“ Lebte Neruda heute noch, würde er wohl das Gleiche sagen. Das ist ja das klassische Argument derer, die bereits zweifeln, aber den Bruch mit der Ideologie immer weiter hinauszögern wollen: Es ist nicht die richtige Zeit, nicht der richtige Ort, nicht der richtige Ton et cetera. Denn auch Neruda hatte diese Anwandlungen des berühmten „Bis hierher und nicht weiter“, die im Frühjahr dieses Jahres sogar einen José Saramago dazu brachten, unter dem Eindruck der neuesten Repressionswelle dem Castro-Regime per El País ein klares Adieu zukommen zu lassen. Drei Jahrzehnte früher aber gab es noch das alte Block-Denken, und als die Sowjets im August 1968 in Prag einmarschierten, war das Einzige, was ich von meinem Freund Pablo zu hören bekam, die launig-melancholische Bemerkung: „Ich fühl mich heute so tschechoslowakisch…“ Mein Buch jedoch hat dann eine seltsame Karriere gemacht: Kurz nachdem ich das Manuskript von Persona non grata fertig gestellt hatte, putschte Pinochet. Nun war es also wirklich unmöglich, so etwas in dieser Zeit kommentarlos zu veröffentlichen. Ich schrieb deshalb einen Epilog, der sich mit den Verbrechen der Militärs in Chile auseinander setzte, und ließ das Buch in Spanien veröffentlichen. Castro soll getobt haben, und General Pinochet, der mich bereits vorher aus dem diplomatischen Dienst geworfen und in die Emigration gezwungen hatte, reagierte ebenso: Der Epilog sei nichts als Hetze und Lüge aus der Feder eines Vaterlandsverräters, folglich gehöre das Buch verboten. Vielleicht ist es ja nur die Marotte eines alten Mannes, aber ich muss sagen, dass ich sehr stolz darauf bin, es mir mit zwei Menschenschindern gleichzeitig verdorben zu haben.

      ZEIT: Umso seltsamer, dass Persona non grata bis heute keinen deutschen Verleger gefunden hat.

      Edwards: So seltsam finde ich das nicht. Auch Kuba ist ja in Deutschland positiv besetzt – als eine Art Traum-Eiland oder utopischer David, der sich seit Jahrzehnten tapfer gegen den Goliath USA behauptet. Inzwischen gibt es Persona non grata auf der ganzen Welt in unzähligen Auflagen und Übersetzungen, dagegen bei Ihnen in Deutschland – nichts. Bei Kiepenheuer & Witsch schrieb man mir: „Wir mögen dieses Buch, aber veröffentlichen werden wir es nicht.“ Auch Suhrkamp zierte sich – nicht zuletzt unter dem Einfluss von Michi Strausfeld, die eine großartige Vermittlerin lateinamerikanischer Kultur ist, aber mein Buch hasst und eine Menge getan hat, um seine Veröffentlichung im deutschen Sprachraum erfolgreich zu verhindern.

      ZEIT: Bereits Anfang der achtziger Jahre sind Sie nach Chile zurückgekehrt. Hatten Sie keine Angst?

      Edwards: Ein wenig schon, aber es zog mich in die Heimat zurück, sozusagen zum Humus, aus dem meine Romane entstehen. Die blutigen Säuberungen der Monate und Jahre nach dem Putsch hatten aufgehört, obwohl Chile natürlich eine abstoßende Diktatur war. Ich habe damals zusammen mit Kollegen ein Komitee gegen die Zensur gegründet, um Bücher vom Index zu holen. Natürlich wurden wir von den Konservativen und den Stützen des Regimes angefeindet, aber oft hatten wir auch Erfolg und konnten so vor Gericht erreichen, dass zum Beispiel das Verbot der Bücher Isabel Allendes aufgehoben wurde.

      ZEIT: Es gab unter Pinochet unabhängige Richter?

      Edwards: Ich wusste, dass Sie das überraschen würde. Man begibt sich aufs Glatteis, wenn man davon berichtet, dass Pinochets Diktatur – ungleich blutiger und massenmörderischer als die Castros – vom Ende der siebziger Jahre an dennoch nicht mehr in der Lage war, die gesamte Gesellschaft zu beherrschen. Aus diesem Grund wollten auch viele Exilanten wieder zurück ins Land, nur ließ Pinochet das in vielen Fällen nicht zu. Umgekehrt wollen Zehntausende, wenn nicht sogar mehr, heraus aus Kuba, doch Castro verweigert dies. Relativiere ich die Gräuel, die nach dem Putsch von 1973 passiert sind, wenn ich diese Tatsache erwähne? Ich glaube nicht. Man darf ja nicht vergessen, dass die Freiräume in Chile nicht auf eine Konzilianz der Militär-Junta zurückzuführen waren, sondern auf die Stärke der Zivilgesellschaft. Im Zentrum um Pinochet waren natürlich die unzähligen Mörder und Folterer, die ihre Repression sogar ins Ausland trugen, wie die Ermordung von Allendes ehemaligem Außenminister Orlando Letelier in Washington zeigte. Gleichzeitig gab es jedoch auch die so genannten Chicago Boys, junge Wirtschaftsexperten, Liberalisierer im ökonomischen Bereich. Für diese Leute war der Terror nach innen und außen zuerst einmal schlecht fürs Geschäft – also versuchten sie, die Militärs zu mäßigen. Auch wenn es manche Linke bis heute nicht wahrhaben wollen: Die Frage des privaten Eigentums und seines Schutzes ist eine ganz zentrale – gerade dann, wenn man eine demokratische Emanzipation der Gesellschaft will. Der private Sektor, von Pinochet nicht abgeschafft, wurde in den achtziger Jahren mehr und mehr zum Motor der Veränderung, so etwa im Bildungswesen, wo an privaten Schulen und Akademien freies, diktaturkritisches Denken gelehrt werden konnte. Und vergessen Sie nicht all die Buchhandlungen, in denen regimekritische Lesungen veranstaltet wurden. Als jemand, der die totale Kontrolle in Kuba erlebt hat, kann ich immer nur wiederholen, wie wichtig und subversiv diese Vielzahl von Freiräumen sein kann. Es war ein langer Lernprozess, dem sich auch die katholische Kirche und der Mittelstand, ja selbst Teile der Oberschicht nicht länger verschließen konnten: Es gibt keine wirkliche Modernisierung ohne Demokratisierung, folglich mussten die Militärs weg. Besonders die Kirche hat sich dann im Oktober 1988 aktiv dafür eingesetzt, dass die Bevölkerung an dem von Pinochet schließlich akzeptierten Referendum auch wirklich teilnahm und mit ihrer Stimme die Zukunft des Landes entschied. Lange Reihen vor den Wahllokalen, lebende Gedichtzeilen in Erwartung der Freiheit – Pablo Neruda hätte es bestimmt gefallen. Als dann gegen vier Uhr morgens klar wurde, dass wir gewonnen hatten und sich Pinochet zurückziehen musste, begann in Santiago ein riesiges Fest. Das zählt zu den schönsten Erinnerungen meines Lebens, aber um nun nicht in romantisierenden Kitsch zu verfallen, darf man eines nicht vergessen: 60 Prozent der Chilenen votierten gegen Pinochet, aber immerhin 40 Prozent für ihn.

      ZEIT: Und heute?

      Edwards: Würde man jetzt noch einmal die gleiche Umfrage starten, gäbe es für ihn natürlich deutlich weniger Zustimmung, aber all das beweist nur eines: Die Verhältnisse vor und nach dem 11. September 1973 waren ungleich komplexer, als es die Ideologen der Linken oder auch der Rechten bis heute wahrhaben möchten.


      Marko Martin veröffentlichte zuletzt „Eine Zeitschrift gegen das Vergessen. Bundesrepublikanische Traditionen und Umbrüche im Spiegel der Kulturzeitschrift ,Der Monat‘“ (Peter Lang Verlag, 2003)
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 23:14:28
      Beitrag Nr. 159 ()
      17.09. 20:06
      US: Haushaltsdefizit im August gestiegen
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Wie das US Treasury Department mitteilt, lag das Haushaltsdefizit der USA im August bei $76.5 Milliarden, nach $54.7 Milliarden im Vorjahr. Der Markt erwartete ein Defizit von $78.0 Milliarden. Die Einnahmen im August erreichten ein Volumen von $114.3 Milliarden, nach $124.6 Milliarden im Jahr zuvor. Die Ausgaben lagen bei $190.7 Milliarden nach $179.3 Milliarden.
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 23:22:53
      Beitrag Nr. 160 ()
      @ h-S

      ich wusste gar nicht , dass ich ein Linker bin.
      Kommt drauf an, von welchen Blickwinkel man es betrachtet.
      Manche sagen, ich wär politisch rechts, andere meinen wiederrum, ich wäre links.Die Mitte?:confused: ich bin weder rechts noch links. ich bin ich! kapiert?

      Ich sage: ich bin ein "Realist" und lass mich nicht in eine Schublade stecken.:D :D
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 23:29:20
      Beitrag Nr. 161 ()
      Nanana, Bluemoons, du und ein Realist, ob das wohl richtig ist ???;) ;) :rolleyes:


      H_S:look:
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 23:35:16
      Beitrag Nr. 162 ()
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 23:51:30
      Beitrag Nr. 163 ()
      @h-S
      magst du das etwa beurteilen ?
      hast eben eine andere Brille auf!:cool:



      :look: :D
      Avatar
      schrieb am 18.09.03 00:04:21
      Beitrag Nr. 164 ()
      Vielleicht hab ich ja eher den Durchblick, weil meine Brillengläser nicht farblich getönt sind ?!?! :rolleyes: :cool:
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 12:00:45
      Beitrag Nr. 165 ()
      Es war einmal ein großes Wachstum ...

      Märchen und Wahrheit

      ein Kommentar von Egon W. Kreutzer

      über die friedliche Koexistenz von Wachstum und Stellenabbau

      18. September 2003

      Seit die Gebrüder Grimm durch die deutschen Lande zogen, um alte Volksmärchen aufzuspüren und für die zukünftigen Generationen zu bewahren, hält sich hartnäckig die Hypothese, Märchen seien archetypische Erinnerungen der Menschheit, deren moralische Kernaussagen das Verhalten der Märchenkonsumenten für alle Zukunft prägen sollen, um zu vermeiden, dass jedes Individuum die bereits gesammelten und verifizierten Erfahrungen der Art aufs Neue schmerzlich selbst zu machen hat.

      Die moderne Wissenschaft hat dem Märchen aber inzwischen ein weiteres Geheimnis entrissen und im vorbildlichen Verbund von Forschung, Lehre und Kommerz der deutschen Wirtschaft nutzbar gemacht: Die Erkenntnis, dass Märchen eine noch spannendere Dimension menschlichen Verhaltens offenbaren, nämlich die, dass alles, was in Form und Inhalt "märchenhaft" erscheint, in um so höheren Maße für wahr und glaubwürdig gehalten wird, je unwahrscheinlicher, unbewiesener und "aus-der-Luft-gegriffener" die Geschichte ist.

      Diese Wirkung ist so stark und nachhaltig (das hat man unter Verzicht auf komplexe demoskopische Methoden nach jeder Wahl der letzten zwanzig Jahre durch einfache Stimmauszählung empirisch bewiesen) dass Menschen, sobald sie einmal märchengläubig geworden sind, völlig unabhängig von Vorbildung, gesellschaftlicher Stellung und politischer Verantwortung, unfähig werden, sich aus eigener Kraft aus den Märchengespinsten zu lösen, selbst wenn die Realität vor ihren offenen Augen das genaue Gegenteil beweist.

      So wird auch die Realität bei E On, jenem künstlich geschaffenen Versorgungsgiganten,

      dessen jährlicher Umsatz alleine mehr als zwei Prozent des Brutto-Inlandsproduktes ausmacht und

      dessen ausgewiesener und zugegebener Gewinn vor Steuern und Abschreibungen doch tatsächlich fast ein halbes Prozent des Brutto-Inlandsproduktes erreicht,


      keinen jener Märchengläubigen aufwecken, die immer noch glauben, es bräuchte nur Wachstum, um Arbeitsplätze zu schaffen.

      Nein, diese bedauernswerten Zeitgenossen sind und bleiben in der Vorstellung gefangen, Wachstum sei unverzichtbar und es entstünde ganz von selbst durch niedrigere Löhne und wegfallende Lohnnebenkosten und diese wiederum entstünden ganz natürlich durch mehr Arbeit für weniger Geld und durch den Verzicht auf Kündigungsschutz und durch den Wegfall von Wochenendzuschlägen und durch die Verschlechterung der Gesundheitsversorgung und die Verschlechterung der Arbeitslosenversorgung und durch die Verschlechterung der Pflegeleistungen und durch die Senkung der Renten und durch die Schließung von Freibädern, Theatern, Museen und Schulen und durch Schlaglöcher auf den Bundesstraßen und durch den Verkauf des Tafelsilbers der Länder und des Bundes und durch alles sonst, was der arbeitenden Bevölkerung weggenommen und den Investoren zugeschustert werden kann, damit diese so richtig dicke fette Lust bekommen, ihr Geld zu vermehren.

      Sollten Sie auch zu jenen gehören, die jetzt laut protestieren und erklären, dass sei überhaupt kein Märchen, sondern die von Hunderten deutscher Professoren, Politiker und Wirtschaftsführern erkannte und gelehrte Wahrheit, dann werden Sie wohl auch nicht glauben können, was bei E On in Düsseldorf am Rhein tatsächlich passiert. Denn obwohl es noch märchenhafter und fantastischer klingt, als das Wachstumsmärchen, so hat diese Geschichte, doch den Makel, wahr und beweisbar zu sein, und damit hat sie gegen die suggestive Kraft des Märchens keine Chance.



      Fakten:

      E On

      Wachstum

      a) Umsatz

      von 16,2 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2002
      auf 24,1 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2003

      + 7,9 Milliarden Euro entspricht + 49%

      (Das Märchen sagt, schon ab nur 2 Prozent jährlichen Wachstums werden die Unternehmer neue Arbeitsplätze schaffen)

      b) Gewinn (Vor Steuern und Abschreibungen)

      von 3,7 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2002
      auf 4,9 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2003

      + 1,2 Milliarden Euro entspricht + 34 %

      (Das Märchen sagt, wenn die Unternehmer, deren Gewinne durch Lohnnebenkosten und Steuern und andere Belästigungen des Staates völlig darniederliegen, endlich wieder einmal die Rendite festverzinslicher Wertpapiere erreichen könnten, dann würden sie wieder investieren und Arbeitsplätze schaffen, weil es genau das ist, was sie eigentlich am liebsten tun)



      Arbeitsplätze



      Auf Grund der überaus positiven Geschäftsentwicklung und weil das Rekordergebnis von 2002 mit Sicherheit in 2003 weit übertroffen wird, hat der Vorstand beschlossen, sich bis zum Jahre 2006 von insgesamt 3.500 Mitarbeitern zu trennen.
      Etwas 2/3 dieses Stellenabbaus werden in Deutschland vollzogen.

      3.500 x ca. 40.000 Euro Personalkosten pro Mitarbeiter und Jahr

      = 140 Millionen Euro jährliche Gewinnsteigerung.



      Die wären doch blöd, würden sie statt 3.500 Jobs zu vernichten, 3.500 zusätzliche Jobs schaffen, oder?

      Oder wie sehen Sie das? Würden Sie nicht auch lieber 140 Millionen dazu verdienen wollen, anstatt 140 Millionen für nichts und wieder nichts zu verschenken? Das ist immerhin ein Unterschied von 280 Millionen!

      Sehen Sie, jetzt sind Sie doch raus aus dem Märchen und zurück in der Realität.



      Und wer es immer noch nicht glauben mag, folge doch bitte dem
      Link zum Artikel in der Welt http://www.welt.de/data/2003/08/15/153177.html



      Und wer danach noch Lust hat, sich weitere märchenhafte, aber wahre Geschichten reinzuziehen, der sollte die Wirtschaftsnachrichten lesen. Es gibt noch viele Giganten in Deutschland, die gigantisches Wachstum verzeichnen und gigantische Gewinne verzeichnen und denen doch nichts anderes einfällt, als zu fordern, die Mitarbeiter möchten doch auf den Kündigungschutz verzichten und auf das freie Wochenende und auf die Zuschläge für Überstunden und Wochenendarbeit sowieso und sie sollten doch 500 Stunden pro Jahr umsonst arbeiten und den Gürtel enger schnallen und so weiter und so weiter. Und wenn Sie sich dann an solchen Märchen überfressen haben und Ihnen schwindelig und übel wird, naja, dann sollten Sie noch Ihre nächste Stromrechnung abwarten. Die Strompreise sollen nämlich wegen der schlechten Ertragslage der Versorgungsunternehmen bald wieder erhöht werden, ehrlich...

      http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung/12791EonM%E4rchen.ht…
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 12:04:26
      Beitrag Nr. 166 ()
      Auf dem Weg in die Öko-Planwirtschaft: Plant Trittin eine Zuteilungsbehörde?

      Medienberichten zurfolge plant Bundesumweltminister Jürgen Trittin die Errichtung einer Behörde zur Überwachung des Handels mit sogenannten Treibhausgasemissionsberechtigungen, der deutschen Variante der Furzsteuer für die Energiewirtschaft, die ab 2005 zwangsweise gegen die Interessen der Wirtschaft und des Volkes von den Volksvertretern eingeführt werden soll. Das wundert nicht, denn ein solches System funktioniert nicht ohne massives Regime der Überwachung. Es könnte aber sein, daß hiermit auch noch weitere Zwecke verfolgt werden, über die wir - derzeit? - noch nichts erfahren.


      Dieses Motiv steht kostenlos zur Verfügung! [Download]
      Für die Zeit ab 2005 wird in Deutschland aufgrund des unseligen Protokolls von Kyoto unter dem Vorwand des sogenannten "Klimaschutzes" ein System mit handelbaren Emissionsberechtigungen, den sogenannten Klimascheinen errichtet, obwohl Tausende von Wissenschaftlern, darunter zahlreiche Nobelpreisträger, gegen die zugrundeliegende Ideologie protestiert haben. Da die Politik diese Proteste und Petitionen, die sie totschweigt, mit Gewißheit aber zur Kenntnis genommen hat, ist es naheliegend, weitere, und nicht offengelegte Ziele und Intentionen zu vermuten.

      Es ist also nicht "nur" so, daß wir ab 2005 mit der dann erwarteten erneuten drastischen Verteuerung von Energie die Klimalüge bezahlen, sondern auch noch eine Beamtenclique, die das Abzocken überwacht - und das, obwohl die Strompreise in Deutschland schon jetzt gdie höchsten in der Europäischen Union sind. Dabei liegt die Befürchtung nahe, daß ein teurer und schwerfälliger Beamtenapparat nicht nur durch seine Trägheit die Energieerzeugung weiter behindern könnte, als er es im Wege der Genehmigungsverfahren (bzw. ihrer Verweigerung) jetzt schon tut, sondern auch, daß das Zwangssystem bald nach 2005 auf weitere Branchen ausgedehnt werden wird, die dann auch mit Emissionsrechten handeln müssen, bevor sie Güter produzieren dürfen. Vor den Austausch nützlicher Güter ist dann stets der Austausch absurder Lügen gesetzt: Handelbare Steuern auf Luft, so weit ist es also schon gekommen, und jetzt sollen wur noch ein teures Luftschloß voller verrücktgewordener Staatsdiener mitfinanzieren.

      Dies ist zudem eine interessante Parallele zur Maut, die bekanntlich nach Errichtung des europäischen Satellitennavigationssystems Galileo, und also nach Unabhängigkeit von der US-Army, auf alle Fahrzeuge und alle Straßen ausgeweitet werden soll. Und diese Parallele ist kaum zufällig, denn mit Hilfe der Maut kann man auch den "Verbrauch" von Emissionsberechtigungen durch Autofahrer erzwingen. Ist es also ab ca. 2010 so weit, daß man für jede Fahrt erst einen Klimaschein kaufen muß? Es könnte sein, daß das geplant ist. Die technische Infrastruktur, das zu erzwingen, wird jedenfalls derzeit vorbereitet......
      weiter hier

      http://www.bwl-bote.de/20030919.htm
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 12:06:38
      Beitrag Nr. 167 ()
      @h-S

      glaube schön weiter, an deinen besseren guten schönen Durchblick!:rolleyes: :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 15:31:39
      Beitrag Nr. 168 ()
      „Eines Morgens werden wir es alle wissen“ – Auf der Suche nach dem Point of no Return(18.09.2003)

      Langsam wird es an den Finanzmärkten auf breiter Front unheimlich. Die Aktienbörsen verweigern die zumindest aus technischer Sicht überfälligen Korrekturen. Von der Wall Street wird fast täglich über immer neue Exzesse berichtet, deren kleinster gemeinsamer Nenner die institutionalisierte Gier ist. Der Yen klopft unüberhörbar an der Schwelle von 115 Yen je US-Dollar an, deren Unterschreiten die Notenbank in Tokio allein in diesem Jahr bisher mit einem Aufwand von schätzungsweise 100 Milliarden Dollar zu verhindern suchte. Der Ölpreis kollabiert. Die Konjunkturprognosen werden immer optimistischer. Die Arbeitsmärkte befinden sich in desolater Verfassung. Die amerikanische Notenbank bekennt verschlüsselt, dass ihr die Deflationsrisiken für die überschaubare Zukunft die größten Sorgen bereiteten. Wo Reformen schon längst mit hartem Besen hätten vorgenommen werden müssen, werden sie in ihren Ansätzen zerredet. Gold erweist sich trotz extremer technischer Belastung nach jedem Rückschlag sehr rasch als munteres Stehauf-Männchen. Die staatlichen Haushaltsdefizite explodieren, und sie können bereits in vielen Fällen nie wieder getilgt werden.

      Die bewusst in bewusst willkürlicher Folge vorgenommene Aufzählung solcher Schlaglichter ließe sich fast beliebig fortsetzen. Wie man es dreht und wendet, sie passen nicht zusammen. Und doch lassen sie uns, wenn man sie filtert, eines wissen: Hier läuft etwas unkontrolliert und vielleicht auch nicht mehr kontrollierbar aus dem Ruder.

      Als treibende Kraft dieses Prozesses vermuten wir in erster Linie die exzessive Liquidität, die Notenbanken rund um den Erdball zur Verfügung stellen, um an jenen Punkten zu „helfen“, die ganze Bankensysteme zum Einsturz bringen könnten. Was von dieser Liquidität nicht benötigt wird, sucht inzwischen fast buchstäblich um jeden Preis Unterschlupf in tatsächlich oder vermeintlich attraktiven Anlageformen.

      Über allem steht die Hoffnung ungezählter privater und auch institutioneller Anleger, auch diesmal werde sich, wie schon so oft zuvor in den zurückliegenden Jahren, wieder einmal alles richten lassen. Alles werde wieder gut. Man müsse nur so weitermachen wie bisher.

      Und es finden sich auf allen Ebenen genügend Hofschranzen und Wasserträger, die, bedenkenlos und oft wider besseren Wissen, den offiziell verordneten Optimismus unters überwiegend ahnungslose Volk streuen.

      Doch für die Finanzmärkte mit ihrer überschießenden und nicht mehr angemessen rücknehmbaren Liquidität gilt gleiches wie für einen Körper, dessen lebenswichtige Organe zu versagen beginnen: Irgendwann helfen die Spritzen nicht mehr.

      Der Point of no Return kommt näher. Nur wissen es die meisten noch nicht. Doch vor allem weiß niemand, wo genau er liegt. Das hält die meisten, die im Grunde wissen, worum es geht, davon ab, sich gerade noch rechtzeitig auf das große Ereignis einzustellen. Sie wollen den Tanz auf dem Deck der Titanic bis zum Letzten auskosten, wo doch die Kapelle gerade so mitreißend aufspielt.

      Aber eines Morgens werden wir es alle wissen.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber

      +++
      -----------------------------------

      Wussten Sie schon, dass ...?
      (18.09.2003)

      Zucker ist das am stärkste subventionierte einzelne Agrarprodukt in der Europäischen Union (EU). Für Zucker wird nahezu die Hälfte des gesamten Agrarhaushaltes der EU eines Jahres von fast 100 Milliarden Euro bereitgestellt.


      (Quelle: Sucden)

      www.taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 15:33:47
      Beitrag Nr. 169 ()
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 15:34:44
      Beitrag Nr. 170 ()
      Staatsverschuldung in Deutschland: Zahlen

      http://www.staatsbriefe.de/1994/fakten/staatsverschuldung_20…
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 15:39:17
      Beitrag Nr. 171 ()
      18.9.03 Jetzt sind die Unternehmen am Zug

      Investitionen müssen zum Konjunkturmotor werden - Aktienrallye erstaunlich zählebig


      von Holger Zschäpitz

      Berlin - Psychologen haben gerade ihre Freude an der Börse. Lässt sich doch hier bilderbuchhaft das Phänomen der Autosuggestion studieren. Anleger werden zunehmend vom Wunschdenken geleitet: Je stärker sie an einen nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung glauben - so die Einbildung - desto eher wird er eintreffen. Führend sind dabei die institutionellen Investoren. Nach einer Merrill-Lynch-Umfrage rechnen 87 Prozent der Fondsmanager in den kommenden zwölf Monaten mit einem globalen Konjunkturaufschwung. So viele Optimisten gab es zuletzt im Februar 2002. Die Kurse sind inzwischen so weit gelaufen, dass selbst der Internationale Währungsfonds den Aktienmarkt als konjunkturelles Hauptrisiko ausgemacht hat.

      ... Ein Vergleich mit 2002 drängt sich geradezu auf. Auffällig ist, dass auch heute vor allem die Stimmungsindikatoren Konjunkturoptimismus verbreiten, während die harten Daten - von den US-Bruttoinlandsproduktzahlen einmal abgesehen - noch keine Entwarnung geben. So liegt die Industrieproduktion beiderseits des Atlantiks noch immer unter dem Stand von vor sechs Monaten, die Kapazitätsauslastung pendelt um Mehrjahrestiefs. Auch am Arbeitsmarkt ist ein möglicher Aufschwung nicht angekommen. Damit besteht die Gefahr, dass die Stimmungsindikatoren wie schon 2002 fälschlicherweise einen Aufschwung signalisieren.

      Eine besonderes Risiko für die Weltwirtschaft sind die US-Verbraucher. Anders als in vergangenen Rezessionen haben sie selbst im Abschwung munter weiter konsumiert. Nun müssen sie mit Steuersenkungen und günstigen Zinsen bei Laune gehalten werden, tragen sie doch mehr als zwei Drittel zum US-Bruttoinlandsprodukt bei.

      ... (Welt, 18.9.03)

      --------------------------


      Fondsmanager glauben wieder an die Aktie

      Die internationalen Vermögensverwalter haben ihre Zweifel an der Nachhaltigkeit der jüngsten Aktienhausse abgestreift. Das belegt die jüngste von Merrill Lynch durchgeführte Umfrage. Einbezogen waren insgesamt 307 internationale Investmenthäuser mit einem verwalteten Vermögen von 887 Mrd. Dollar.

      ina FRANKFURT/M. „Der Himmel scheint den Ergebnissen zufolge wolkenlos zu sein“, kommentiert David Bowers, Chef-Anlagestratege bei Merrill Lynch, die Ergebnisse. Die Fondsmanager schauen beim Kursmotor Gewinne jetzt wieder stärker auf das Wachstum der Firmen als auf Kostensenkungsprogramme. Sie machen sich eher über Inflation als Deflation Sorgen und bewerten die Börsen trotz der im März gestarteten Rally als fair bewertet.

      Eine satte Mehrheit von 63 % der zwischen dem 4. und 11. September Befragten ist jetzt in Aktien übergewichtet, während es im August nur 53 % waren. Die Quote der in Anleihen überrepräsentierten Fondsmanager sank dagegen von 14 auf 11 %. Konsequenterweise werden Bonds von der Mehrheit als überbewertet eingestuft.

      Rund 87 % der Vermögensverwalter glauben an eine Konjunkturerholung in den kommenden 12 Monaten. Eine fast ebenso hohe Quote der Asset-Manager erwartet in dieser Zeitspanne höhere Unternehmensgewinne.

      ... (Handelsblatt.com, 17.9.03)


      Kommentar: Die „Experten“, welche bereits vor drei jahren von immer weiter wachsenden Börsen redeten, verbreiten nun wieder neuen Zweckoptimismus. Obwohl die Wirtschaft immer mehr absackt, immer mehr Arbeitslose auf der Straße stehen und in den USA der Großteil der Gewinne nur noch aus Rüstung kommt, soll es nun plötzlich einen „Aufschwung“ geben. Die Vergangenheit zeigt jedoch, daß genau in solchen Momenten die Gefahr eines massiven Crashes, der unausweichlich ist, am größten ist


      Kommentar v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 15:44:48
      Beitrag Nr. 172 ()
      welthandel

      Triumph ohne Sieg

      Die armen Länder bejubeln das Ende der alten Welthandelsordnung. Doch die Chancen auf faire Regeln sind geringer denn je


      Von Petra Pinzler



      KEINE HOFFNUNG MEHR: Sympathisanten der Hilfsorganisation Oxfam am Strand von Cancun
      © Andrew Winning/Reuters/e-lance media

      Normalerweise würde man Odida Ovonji auf den Gängen der Macht leicht übersehen. Die kleine schwarze Abgeordnete aus Uganda in ihrem schlichten Kostüm gibt sich still und zurückhaltend. Kein Wunder. Welche Afrikanerin hat auf internationalen Konferenzen schon viel zu sagen?

      Seit Sonntag ist alles anders: Auf einmal drängen sich Kameramänner und Reporter im Kunstlicht des Konferenzsaals, und in ihrer Mitte steht Odida Ovonji, von Mikrofonen umgeben. Mit fester Stimme wiederholt sie immer wieder einen Satz: „Kein neuer Vertrag ist besser als ein schlechter.“

      Seit Sonntag ist die Konferenz der Welthandelsorganisation WTO vorbei. Gescheitert. Im mexikanischen Cancún wollten Delegierte aus 148 Industrie- und Entwicklungsländern die Regeln des Welthandels ändern. Jetzt bleiben sie beim Alten. Auf nichts haben sich die Wirtschaftsminister und Handelsdiplomaten geeinigt. Die Vertreterin Ugandas sagt: „Von jetzt an werden die reichen Länder uns endlich ernst nehmen. Spätestens auf der nächsten WTO-Konferenz.“ Sie sagt es triumphierend.

      Die nächste WTO-Konferenz? Seit Beginn dieser Woche bezweifeln nicht nur Pessimisten, dass es so etwas geben wird, dass die WTO, die multilaterale Ordnungsmacht des Welthandels, überhaupt noch eine Zukunft hat.

      Zu düster ist die jüngste Vergangenheit: Vor vier Jahren verhinderten im amerikanischen Seattle wütende Demonstranten und unambitionierte Delegierte die Eröffnung einer neuen Verhandlungsrunde. Schon damals hatten sich Vertreter der Entwicklungsländer geweigert, die Gespräche fortzusetzen, in denen es ihrer Meinung nach allein um die Interessen von Amerikanern und Europäern ging.

      Dann kamen die Terroranschläge vom 11. September, und die Industrieländer beschworen die Einheit der Welt. Bei der WTO-Tagung in Doha am Persischen Golf versprachen sie den armen Ländern eine „Entwicklungsrunde“, eine Änderung der Handelsregeln im Sinne der Dritten Welt, insbesondere einen besseren Zugang zu den Märkten des Nordens. Nur deshalb kam damals, im November 2001, eine Einigung zustande. Knapp zwei Jahre später sollten den vagen Versprechungen konkrete Vereinbarungen folgen. Doch noch vor der ersten Unterschrift ist das Vorhaben schon wieder gescheitert – am Unwillen der Reichen, mehr zu geben, und an der Ungeduld der Armen, noch länger zu warten.

      Da klingt es fast absurd, wenn der WTO-Chef Supachai Panichpakdi noch am Abend des Debakels stoisch verkündet: „Wir waren uns schon sehr nah. Spätestens im Dezember werden wir weitermachen.“

      Tatsächlich wird es kein Weitermachen wie bisher geben. Die bisherige Ordnung der Handelspolitik, bei der sich viele Nationen an einen Tisch setzen und sich auf für alle verbindliche Regeln verständigen, funktioniert nicht mehr. Zerstört ist die eingespielte Machtbalance, bei der die Reichen den Ton angaben, die Vertragstexte aufsetzten und die Armen unterschrieben. Stattdessen ist ein neuer Nord-Süd-Konflikt entbrannt, aber mit umgekehrten Vorzeichen. Nicht mehr der Norden fordert Freihandel und drängt auf die Märkte des Südens. Inzwischen verlangen die Entwicklungsländer wütend nach mehr Liberalisierung, und der Norden bremst. Die Armen messen die Reichen an ihren eigenen Worten, und sie tun das gemeinsam – mit zerstörerischer Kraft.

      Diese Kraft haben sie in Cancún erstmals gezeigt. Dort gaben ihre wichtigsten Akteure am vergangenen Sonntag eine Premiere: ein Lehrstück darüber, was den Welthandel künftig erwarten könnte.

      „Die Sterne stehen günstig für ein Welthandelsabkommen“, verkündet Josette Shiner, die stellvertretende Handelsbeauftragte der USA, noch am Sonntagnachmittag der Weltpresse. Sie redet und redet, ohne viel zu sagen, als plötzlich eine junge Frau hereinstürmt: „Die Afrikaner haben die Verhandlungen verlassen. Ihr Kommentar bitte?“ Shiner sagt erst gar nichts. Ihr Publikum rennt aus dem Saal, und draußen auf den Fluren können sich die Delegierten der Dritten Welt zum ersten Mal in der Geschichte der WTO vor Fernsehkameras kaum retten. „Die Lektion hat gesessen: Die EU und die USA müssen uns endlich mehr zuhören“, sagt die malaysische Ministerin Rafidah Aziz immer wieder. Journalisten aus ihrem Land applaudieren. Der brasilianische Handelsminister Celso Amorin geht einen Schritt weiter: „Das ist ein großer Sieg für die Entwicklungsländer.“ Mit immer anderen Worten wiederholen in den nächsten Stunden Abgeordnete, Minister und Beamte aus dem Süden den immer selben Sachverhalt, mal fröhlich unbeschwert, mal voller Stolz: „Endlich haben wir es den Reichen gezeigt.“

      Gezeigt? Das große Scheitern der Welthandelskonferenz reduziert sich bei genauer Betrachtung auf ein kurzes Nein in einem kleinen, fensterlosen Raum. Dort tagt Sonntagnachmittag eine Arbeitsgruppe mit Vertretern verschiedener Regionen. Es geht um einen Randaspekt der so genannten Singapur-Themen, darum, einheitliche Regeln für die Vergabe öffentlicher Aufträge an ausländische Unternehmen aufzustellen.

      Der Mann aus Botswana teilt mit, er wolle nicht, dass darüber weiter verhandelt werde, und sagt daher, stellvertretend für die Afrikaner, einfach nein. Schon vor Beginn der Konferenz hatten Delegierte aus dem Süden betont, dass die EU und die USA ihre Versprechen bei der Öffnung ihrer Agrarmärkte halten müssten, bevor neue Themen auf den Tisch kämen. Als Europäer, Japaner, Koreaner und ein paar andere Nationen die Gegenposition einnehmen und der Konsens – das wichtigste Prinzip der WTO – unmöglich wird, sagt der mexikanische Verhandlungsführer schließlich: „Unter diesen Bedingungen können wir nicht weiter verhandeln.“

      Eine Stunde später wird die Konferenz offiziell geschlossen.

      Europäer, Amerikaner und Japaner sind schockiert. Der EU-Landwirtschafts-Kommissar Franz Fischler rennt ins Konferenzgebäude, der deutsche Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, überrascht von der Neuigkeit, kommt beinahe nicht mehr hinein. Bis zuletzt hatten alle geglaubt, dass die Afrikaner am Ende schon einlenken würden.

      Dabei hatte es für den wachsenden Unmut der Delegierten aus den Entwicklungsländern genügend Zeichen gegeben. Schon als am zweiten Tag der Entwurf der Abschlussresolution kursierte, murrten viele lautstark. Im täglichen Infoblättchen des Third World Network stand zu lesen: „Das Papier hat die meisten Delegierten aus dem Süden hochgradig frustriert.“ Und der taiwanesische Minister warnte Clement höchstpersönlich, dass die Konferenz scheitern könne – und zwar an den eigentlich nebensächlichen Singapur-Themen.

      Gescheitert ist die Konferenz an viel mehr. Zu groß war die Kluft zwischen den Reden auf der vorherigen Tagung in Doha und der Realität in Cancún. Da stand auf einmal im Entwurf der Abschlusserklärung kein Wort über die darbenden westafrikanischen Baumwollbauern, die mit den subventionierten Exporten der Amerikaner nicht mithalten können (ZEIT Nr. 34/03). Plötzlich musste um einen minimalen Abbau der milliardenhohen Ausfuhrbeihilfen gefeilscht werden, mit denen die EU dafür sorgt, dass europäische Agrarprodukte billig auf die Märkte des Südens gelangen.

      Die deutsche Agrarministerin Renate Künast verkündete, den wirklich Armen nütze es nichts, wenn Deutschland seine Exportförderung reduzierte und die gar nicht mehr so armen Brasilianer den Markt übernähmen – ein krudes Argument, nachdem die Bundesregierung jahrelang die Wettbewerbsfähigkeit von Schwellenländern wie Brasilien gefördert hatte. Dazu kam das Beharren, vor allem der Europäer, auf den Singapur-Themen.

      „Wir wollten Singapur einfach nicht, und sie haben uns nicht ernst genommen“, sagt der jamaikanische Außenminister Keith Desmond Knight – und lässt sich auch nicht durch das Argument besänftigen, dass in Verhandlungen jeder geben und nehmen müsse. Nicht einmal den Hinweis, die EU habe das umstrittenste Singapur-Thema, die Forderung nach einem Schutzabkommen für ausländische Investoren, gekippt, mag er gelten lassen. Für Knight ist das vorgeschoben. Am Anfang der Konferenz, argumentieren viele Delegierte aus dem Süden, hätte der Norden ein Zeichen setzen müssen.

      Am Ende setzten sie es eben selbst.

      Die Unterhändler aus den Industrieländern werden über solche Reden noch Tage später die Köpfe schütteln. Doch auch das ist Teil des neuen Konflikts: Man redet nicht mehr dieselbe Sprache. Altgediente, abgebrühte Handelsjuristen treffen plötzlich auf junge Staatenbünde, deren Vertreter mit gänzlich undiplomatischen Reden die Welt aufrütteln. Die neue G-70 – ganz genau kennt die Zahl der Mitgliedsstaaten niemand – ist so ein Bund. Diese Gruppe der Allerärmsten besteht vor allem aus afrikanischen Ländern. Das Scheitern von Cancún verbuchen sie als ihren Erfolg, aber sonst verbindet sie wenig: vielleicht die Verzweiflung, die Abscheu vor dem Status quo und ein wachsendes Misstrauen gegenüber den Rezepten der Industrienationen.

      Ein bisschen anders sieht es bei der G-21 aus, die Schwellenländer wie Indien oder Brasilien in ihren Reihen weiß. In ihrer Rhetorik schlagen sich diese Regierungen zwar gern auf die Seite der ganz Armen. Doch ihre eigentlichen Interessen sind andere: Sie können mit den reichen Volkswirtschaften zunehmend besser mithalten. In einer fairen Handelswelt müssten auch sie ihre Märkte etwa für Agrarprodukte aus Afrika öffnen. Deswegen ist es fraglich, wie lange sie noch die Anwälte der Dritten Welt spielen. „Wir werden künftig ganz neue Machtkonstellationen sehen“, sagt die Europaabgeordnete Erika Mann, eine langjährige Beobachterin der Handelsrunden – die neuen Bünde. „Leider“, so die Deutsche, wisse in der EU und den USA noch keiner genau, wie man mit ihnen umgehen müsse. Auch deswegen sei die Konferenz gescheitert.

      So weit denkt im Konferenzzentrum in Cancún am Abend des Scheiterns kaum jemand. Sekunden nachdem die Neuigkeit bekannt wird, schlagen die zahlreichen Nichtregierungsorganisationen ein Indianergeheul an. „Let’s tango in Cancún“, jubelt einer. Das ist auch ihr Sieg, so sehen es wohl die meisten. Es dauert ein paar Stunden, bis nachdenkliche Stimmen zu hören sind: Werden die Reichen ihre Exportsubventionen nun vorerst gar nicht abbauen? Welches Schicksal droht nun der Initiative der Baumwollbauern? Und was ist mit den erhofften positiven Effekten für die Weltkonjunktur?

      Sicher ist nur: Das Schicksal der WTO steht auf der Kippe. In den USA und in der EU wird nächstes Jahr gewählt. Ob der amerikanische Handelsbeauftragte Robert Zoellick und der EU-Handelskommissar Pascal Lamy, beide Fans der WTO, danach noch ihren Posten haben werden, ist mehr als fraglich. Aber ob mit oder ohne die beiden Spitzendiplomaten – wie es weitergehen wird, weiß niemand.

      Noch am Abend haben die Amerikaner klargemacht: „Wir werden Märkte öffnen, so oder so.“ Da schwingt die Drohung mit, nun bilateral, also direkt mit einzelnen Ländern, über Abkommen zu verhandeln und den Multilateralismus zu vergessen. Ein Prinzip, von dem die USA zunehmend Gebrauch machen (ZEIT Nr. 37/03). Derartige Handelsvereinbarungen aber wären für viele Entwicklungsländer die schlechtere Alternative. Ihre einzige Chance liegt im Zusammenschluss. Wenn Staaten wie Chile eins gegen eins mit den USA verhandeln, können sie ihre Interessen kaum durchsetzen.

      Tief in der Nacht des Scheiterns, bei einer sehr schwarzen Tasse Kaffee in der Lobby seines Hotels, macht sich EU-Handelskommissar Lamy wenig Illusionen. Auf die Frage, wie es nun weitergehe, verzieht er nur die Mundwinkel. „Dieser Veranstaltung fehlte wohl der Dramaturg“, sagt er, und dann verdreht er die Augen.

      So, als ob er die Welt nicht mehr ganz versteht.


      (c) DIE ZEIT 18.09.2003 Nr.39

      ZUM ARTIKELANFANG

      http://www.zeit.de/2003/39/Cancun
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 15:50:33
      Beitrag Nr. 173 ()
      Inland
      Thomas Klein

      »Sparplan« gemäß Weltbild

      Hessens Ministerpräsident streicht gezielt beim Angebot für Behinderte, Wohnungs- und Erwerbslose


      Die Ausmaße des vom hessischen Ministerpräsident Roland Koch (CDU) angekündigten »Sparprogramms« werden konkret. Beinahe täglich sickern neue Einzelheiten durch. Bisher bekannt: Der Entwurf des von der CDU-Politikerin Silke Lautenschläger geführten Sozialministeriums sieht vor, zahlreichen Verbänden, Beschäftigungsinitiativen und großen Beratungsorganisationen wie Pro Familia die Mittel komplett zu streichen. Während die hessische Landesregierung bei den vorgesehenen Einsparungen von knapp 30 Millionen Euro im Sozialbereich politisch der Union nahestehende Organisationen schont, und z. B. bei Vertriebenenverbänden nur geringe Kürzungen vorgesehen sind, stehen gleich mehrere Initiativen und Organisationen, die sich für Obdachlose, Behinderte, Arbeitslose oder Drogenabhängige einsetzen, praktisch vor dem Aus. Während Koch in einer Landtagssitzung in Wiesbaden die am Mittwoch beschlossenen Maßnahmen als notwendigen Teil seines »Operation sichere Zukunft« getauften Streichkurses zu verkaufen suchte, herrschen bei den Mitarbeitern der Sozialverbände Resignation, Verzweiflung und Wut.

      Zu den sozialen Einrichtungen, die in besonderer Weise von Mittelstreichungen betroffen sind, gehören im einzelnen Frauenhäuser und Frauenbildungsprojekte, Spiel- und Lernstuben für Kinder, Eltern- und Erziehungsberatungsstellen, Obdachlosenbetreuungen, die Landesstelle gegen Suchtgefahren und die Schuldnerberatung. »Ein Programm zur Schaffung von Arbeitslosen« nannte der Grünen-Fraktionschef Lutz Sikorski im Frankfurter Rathaus das Sparprogramm. Allein von den 100 Beschäftigten des Diakonischen Werkes können nach Berechnungen dessen Geschäftsführers Joachim Bertelmann rund 40 Mitarbeiter zukünftig nicht mehr finanziert werden. Kaum besser sieht die Lage bei anderen Trägern sozialer Einrichtungen aus.

      Die Streichliste des Sozialministeriums für den Haushalt 2004 ist für die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Petra Fuhrmann, »ein Anschlag auf den sozialen Zusammenhalt in diesem Land«. Mit den Kürzungen werde letztlich die soziale Infrastruktur Hessens ruiniert. Außerdem seien die Pläne Ausdruck eines konservativen Weltbilds, erklärte Fuhrmann: »Hinter den Kürzungen bei Pro Familia, bei den Obdachlosen, bei der Wiedereingliederung von Frauen ins Berufsleben ist eine ideologische Position zu vermuten. Was nicht ins Weltbild von Roland Koch und Silke Lautenschläger paßt, wird zusammengestrichen.« Als »schockierend« bezeichnete die SPD-Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti den politischen Kurs des Ministerpräsidenten. Für den Grünen-Fraktionschef im Hessischen Landtag, Tarek Al-Wazir, zeigt sich nun »der wahre Koch« – ein Bankrotteur, der ein selbst zu verantwortendes Finanzdesaster dazu nutze, sein erzreaktionäres Weltbild umzusetzen.

      http://www.jungewelt.de/2003/09-19/011.php
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 15:54:54
      Beitrag Nr. 174 ()
      Inland
      Rainer Balcerowiak

      BDA gibt Gas

      Unternehmerverband fordert drastische Rentensenkung und Beschneidung gewerkschaftlicher Rechte


      Während die »Gesundheitsreform« offenbar weitgehend zur Zufriedenheit der Spitzen des deutschen Kapitals verläuft, drückt man bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in Sachen Zukunft der Rente und der Tarifautonomie gewaltig auf die Tube. Da die Vorschläge der Rürup-Kommission zur langfristigen Stabilisierung der Rentenbeiträge bestenfalls »die halbe Miete« seien, müßten dringend weitere »durchgreifende und nachhaltige Srukturreformen« auf den Weg gebracht werden, sagte BDA-Chef Dieter Hundt am Donnerstag in Berlin.

      In der Tat geht das BDA-Konzept weit über die bisherigen Vorschläge für eine Rentenreform hinaus. Parallel zu der geplanten Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre sollen auch die Rentenabschläge bei früherer Verrentung deutlich erhöht werden, von 0,3 auf 0,5 Prozent pro fehlendem Beitragsmonat. Im Gegenzug sollen Frührentner unbegrenzt anrechnungsfrei dazuverdienen dürfen. Auch die Anrechnung von Ausbildungs- und Kindererziehungszeiten will der BDA minimieren bzw. ganz abschaffen. Langfristig soll die Höhe der´durch die staatliche Rentenversicherung getragenen beitragsbezogenen Altersversorgung nur noch bei rund 40 Prozent des Bruttoeinkommens liegen. Darüber hinausgehende Ansprüche müßten durch individuelle, kapitalgedeckte Vorsorge erworben werden, so Hundt. Mit einer staatlichen Einheitsrente habe das nichts zu tun. Schließlich betrage die Mindestsozialrente nur 25 Prozent des durchschnittlichen Bruttoeinkommens und somit sei das Abstandsgebot gewahrt.

      Weitere »Sparpotentiale« will der BDA durch die Beschränkung der Hinterbliebenenversorgung auf »wirklich Bedürftige« und die Abschaffung der vorzeitigen Altersrente für Schwerbehinderte erschließen. Letzterer Personenkreis werde bereits durch die Möglichkeiten der Erwerbsminderungsrente abgesichert, das Privileg der Frühverrentung für Schwerbehinderte sei daher eine »systemfremde Leistung«, heißt es in dem Positionspapier des BDA. Zusammen mit weiteren flankierenden, Maßnahmen wie der Absenkung der Schwankungsreserve der Rentenversicherung, soll das ein Sparvolumen von 5,5 Milliarden Euro pro Jahr ergeben. Dies würde nach BDA-Berechnungen ausreichen, um den Beitragssatz dauerhaft unter 20 Prozent zu belassen. An wen bei der verstärkten Förderung privater Vorsorge in erster Linie gedacht wird, machte der Verband auch deutlich: Die geforderte deutliche Senkung der Beitragsbemessungsgrenze würde der Rentenversicherung zwar Mindereinnahmen einbringen, schüfe aber viel Spielraum für individuelle Rücklagen. Natürlich nur bei Besserverdienenden.

      Gleich anschließend an die Präsentation seines Rentenkonzepts veranstaltete der BDA eine weitere Pressekonferenz, diesmal zum Thema » Betriebliche Bündnisse für Arbeit sichern«. BDA-Hauptgeschäftsführer Reinhard Göhner forderte eine erweiterte gesetzliche Grundlage für derartige Bündnisse, um den »spezifischen betrieblichen Bedürfnissen besser gerecht werden zu können«. Es dürfe nicht sein, daß trotz einvernehmlicher Regelungen zwischen Unternehmensleitung, Betriebsrat und der großen Mehrheit der Belegschaft über mögliche Abweichungen vom Flächentarifvertrag die Gewerkschaften ein Einspruchsrecht hätten, so Göhner. Obwohl bereits jetzt das »Günstigkeitsprinzip« gelte, das beipielsweise Arbeitszeitverlängerungen ermögliche, wenn im Gegenzug mittelfristige Beschäftigungsgarantien gegeben werden, seien viele Unternehmer und Betriebsräte »tief verunsichert«. Grund ist ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 20. April 1999. Die Richter hatten in dem anhängigen Fall der klagenden Gewerkschaft, die ihre Koalitionsfreiheit verletzt sah, einen Unterlassungsanspruch gegen eine betriebliche Vereinbarung gewährt, obwohl diese von 98,5 Prozent der Belegschaft akzeptiert worden war. Der BDA verlangt daher eine Ergänzung des Paragraphen 4 Absatz 3 des Tarifvertragsgesetzes. Das Günstigkeitsprinzip soll demnach immer gelten, wenn 1.) Abweichungen vom Tarifvertrag einzelvertraglich vom Unternehmer und den Beschäftigten vereinbart werden, 2.) diese für die vereinbarte Laufzeit eine Beschäftigungsgarantie oder eine Zusage über die Schaffung neuer Arbeitsplätze umfassen beziehungsweise »der Bewältigung einer Notlage des Betriebes dienen« und 3.) darüber im Voraus oder nachträglich mit dem Betriebsrat Einvernehmen erzielt wird.

      Göhner zeigte sich überzeugt, daß entsprechende Gesetzesvorstöße der Oppositionsparteien CDU, CSU und FDP im Bundesratsvermittlungsverfahren um die Teile drei und vier der Hartz-Gesetze »eine Rolle spielen werden«. Zudem würden sich auch etliche führende Grüne, namentlich nannte Göhner Werner Schulz und Rezzo Schlauch, seit einiger Zeit für entsprechende Liberalisierungen stark machen. Natürlich könne er die »Heidenangst« der Gewerkschaften nachvollziehen, daß diese Beschneidung ihrer Einflußmöglichkeiten Gesetzeskraft erlangt. In der betrieblichen Realität sei das jedoch längst Schnee von gestern. Es gebe unzählige solcher betrieblichen Vereinbarungen, denn »wo klein Kläger ist, ist auch kein Richter«. Dies geschehe in der Regel sogar mit Zustimmung der Gewerkschaften, und »die bitten uns dann händeringend, das nicht an die große Glocke zu hängen«, so der über die Machtlosigkeit des DGB in Sachen Verteidigung des Flächentarifvertrages offenbar amüsierte BDA-Funktionär.

      http://www.jungewelt.de/2003/09-19/018.php
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      schrieb am 19.09.03 15:57:13
      Beitrag Nr. 175 ()
      Interview
      Interview: Wolfgang Pomrehn

      Neue Angriffe auf den Flächentarif: Welche Möglichkeiten zur Gegenwehr?

      jW sprach mit Tom Adler, Betriebsrat bei DaimlerChrysler in Stuttgart

      F: Liberale und Christdemokraten wollen per Gesetz Betriebsräten die Möglichkeit einräumen, von Tarifverträgen abzuweichen. Was ist davon zu halten?

      Es geht darum, einen weiteren – und zwar einen zentralen – Schutzwall gegen Unternehmerübergriffe auf die Standards von Arbeitern und Angestellten einzureißen. Tarifverträge regeln ja nicht nur kollektiv den Preis der Ware Arbeitskraft, sondern darüber gewissermaßen auch einen Teil der Konkurrenzbedingungen der Unternehmen. Insofern hätte dies schlimme Konsequenzen in doppelter Hinsicht: Zum einen würde der ohnehin scharfe Verdrängungswettbewerb weiter radikalisiert. Zum anderen sollen die Belegschaften in diesem Rattenrennen einem noch übleren Erpressungsdruck ausgeliefert werden. Der Leitartikler des Handelsblatt bringt die Ziele auf den Punkt: »Arbeitskosten und Arbeitsbedingungen sind die ökonomisch relevanten Größen ...« und deshalb muß man »... die Protagonisten des Flächentarifvertrags durch die Option abweichender betrieblicher Regelungen unter Konkurrenzdruck setzen.«

      Wir sollten allerdings nicht so tun, als sei dieser Vorstoß ein exklusiv schwarz-gelbes Projekt. Schröder hat in seiner Regierungserklärung schon am 14. März angekündigt, daß er dasselbe durchsetzen wird, wenn die Gewerkschaften sich nicht verpflichten, es freiwillig zu tun. Und Wirtschaftsminister Clement wiederholt es inzwischen jeden zweiten Tag. Der Angriff auf die Tarifautonomie ist insofern integraler Bestandteil der »Agenda 2010«, und die gehört insgesamt bekämpft.

      F: Schon jetzt enthalten viele Tarifverträge zahlreiche Öffnungsklauseln. Was wäre der Unterschied?

      In den Tarifverträgen gibt es allerdings viel zu viele solcher Möglichkeiten. Und die werden von den Kolleginnen und Kollegen in der Regel nicht als Segnung, sondern als Verschlechterung ihres Werktags erlebt. Insofern ist es natürlich voll daneben, wenn in der Öffentlichkeit von manchen Gewerkschaftern vor allem damit argumentiert wird, man sei ja sowieso Weltmeister der Flexibilisierung. Trotzdem ist der Unterschied zwischen den existierenden Öffnungen und der Abschaffung von Tarifvorbehalt und Günstigkeitsprinzip so gravierend, wie der Unterschied zwischen einem an ein paar Stellen löchrigen und einem breitflächig gebrochenen Damm.

      F: Betriebsräte sind per Betriebsverfassungsgesetz auf den Betriebsfrieden verpflichtet. Hätten sie überhaupt die Möglichkeit auf der betrieblichen Ebene Tarifverhandlungen zu führen?

      Natürlich nicht. Tarifverhandlungen sind Auseinandersetzungen um den kollektiven Verkaufspreis der Arbeitskraft. Und das setzt voraus, daß Arbeitskämpfe geführt werden können, wenn die Argumente am Verhandlungstisch ergebnislos ausgetauscht worden sind. Gibt es diese Möglichkeit nicht, sind Verhandlungen nichts weiter als kollektives Betteln. Betriebliche Kämpfe zum Beispiel um Haustarifverträge sind trotzdem möglich, organisiert von gewerkschaftlichen betrieblichen Tarifkomissionen. Aber selbst bei einem erkämpften Haustarifvertrag bleibt das Problem, daß er die durchgesetzten Standards nur für einen Betrieb regelt. Die Konkurrenz der Arbeitskraft-Anbieter in der Fläche beschränkt er nicht und ist somit kein Damm gegen Unterbietungswettbewerb.

      F: In Deutschland sind politische Streiks explizit verboten, und hiesige Gewerkschaften zeigen für gewöhnlich wenig Neigung, den legalen Rahmen zu verlassen. Welche Möglichkeiten zur Gegenwehr bleiben?

      »Für gewöhnlich« stimmt natürlich. Für gewöhnlich gilt aber auch Kästners »Es gibt nichts Gutes, außer man tut es«. Und wenn man es tut, müssen es eben entsprechende Massen sein, die in Bewegung sind. Es hat immer wieder politische Streiks gegeben – auch ohne das vollmundig so zu nennen: gegen den Anti-Streik-Paragraphen 116 Mitte der 80er zum Beispiel, oder in diesem Frühjahr gegen die »Agenda 2010« in den Metallbetrieben in Schweinfurt. Beim Kongreß der IG Metall kürzlich haben sich mehrere Delegierte unter großem Beifall dahingehend geäußert, Klaus Zwickels grottenüberflüssige Distanzierung vom politischen Streik kritisiert und gefordert, daß gegen Schröders Angriff auf die sozialen Sicherungssysteme mobilisiert werden müsse – auch mit Streiks und Aktionen in den Betrieben. Dafür muß von unten noch viel mehr Druck gemacht werden – damit es nicht bei dieser »...gewöhnlich geringen Neigung...« der Führung der Gewerkschaften bleibt!

      http://www.jungewelt.de/2003/09-19/019.php
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      schrieb am 19.09.03 22:58:23
      Beitrag Nr. 176 ()
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 23:02:04
      Beitrag Nr. 177 ()
      Finanzmarkt
      Amerikas Börsensystem zeigt Schwächen

      Von Christof Leisinger

      19. September 2003 Mit dem mehr oder weniger erzwungenen Rücktritt von Richard Grasso als Chef der New York Stock Exchange auf Grund der Selbstbedienungsmentalität stellt sich nach den ganzen Bilanzskandalen um Enron & Co., den Betrügereien der Analysten und den jüngst immer öfter auffliegenden Unregelmäßigkeiten bei amerikanischen Fondsgesellschaften erneut die Frage, in wie weit man den amerikanischen Managern, den Unternehmens- und Konjunkturzahlen überhaupt noch trauen kann.

      Mittlerweile scheint doch beinahe alles manipuliert zu sein. Selbst die Gründe für den Irakkrieg, der sich nun nachträglich zumindest finanziell als gigantischer Bumerang erweist. Er verstärkt die Krise der öffentlichen Haushalte in Amerika zusätzlich und intensiviert das ungute Gefühl, das mit Blick auf die makroökonomischen Ungleichgewichte - hohe Verschuldung, stark steigendes Budgetdefizit, extremer Negativsaldo in der Außenbilanz, angeschlagener Dollar, extrem hohe Geldmenge, industrielle Überkapazitäten, Immobilienblase, latente Neigung zu Subventionen und Protektionismus - aufkommen kann. Verschwörungstheoretiker mögen gar die immer wieder aufkommenden Gerüchte um das „Plunge Protection Team“ aufwärmen und vermuten, die Börsen steigen nur, weil auch dort unter der Hand gemauschelt werde.

      Amerikanische Börsen zeigen Schwächen

      Es gibt jedenfalls Erosionsanzeichen an der bisherigen Dominanz des amerikanische Wirtschafts- und Finanzsystems. Das zeigt sich - um auf Grasso zurückzukommen - allein schon an den Börsen. Galt es bis vor kurzem noch als das Nonplusultra für internationale Unternehmen, an der New York Stock Exchange oder an der Nasdaq gelistet zu sein, so könnte sich das mit den jüngsten Ereignissen ziemlich legen. Denn wer will sich schon freiwillig mit Organisationen in Verbindung bringen, die offensichtlich zumindest zwischenzeitlich jede Bodenhaftung verloren hatten?

      Nasdaq auf dem Rückzuck

      Nirgends wird das deutlicher als am Beispiel der Nasdaq. Während der Hausse in den 90-er-Jahren schien nichts mehr die Technologiebörse aufhalten zu können. Angeblich innovative Unternehmen drängten förmlich danach, dort gelistet zu werden. Und als ob das nicht genug wäre, hatte die Börse auch expansive Gelüste. Sowohl in Asien als auch in Europa sollten Ableger den lokalen Märkten Konkurrenz machen und zeigen, was eine richtige Börse ist. Der Aktienhandel rund um die Uhr rund um die Welt war offensichtlich das Ziel. Auch bei Fusionen und Übernahmen - beispielsweise der London Stock Exchange - war sie immer wieder im Gespräch. Mittlerweile sind alle diese Blütenträume geplatzt. Die Nasdaq hat sowohl in Japan als auch in Europa sang- und klanglos die Segel gestrichen und sich mit einem violetten Auge zurückgezogen.

      Terminbörsen in der Defensive

      Bei den Terminbörsen bietet sich ein ähnliches, wenn nicht sogar extremeres Bild. Lange Zeit waren die amerikanischen Märkte - vor allem in Chicago - führend. Sei es bei Produktinnovationen oder bei der Umsatzentwicklung. Aber das ist Vergangenheit. Denn längst haben die europäischen Terminbörsen nicht nur auf-, sondern in Teilbereichen sogar überholt. Die deutsch-schweizerische Eurex ist mittlerweile nicht nur die größte Terminbörse der Welt, sondern ihr elektronisches Handels- und Abwicklungssystem ist offensichtlich extrem wettbewerbsfähig. Das Unternehmen verbucht stetig steigende Gewinne, obwohl es in der Zwischenzeit sogar zu einer Preissenkungsstrategie übergangen zu sein scheint.

      Und es bietet nicht nur in Europa ein Kopf an Kopf-Rennen mit der ähnlich innovativen und ähnlich aufgestellten Euronext-Liffe, sondern geht nun auch in Amerika auf Expansionskurs. Wenn sich die amerikanischen Börsen dem stellen wollen, dann müssen sie rasch ihre verkrusteten, vor allem auf den Eigenvorteil der Börsenbesitzer bedachten Strukturen aufbrechen. Denn sonst laufen sie Gefahr, von der nutzerorientierten, preis- und servicefreundlichen Konkurrenz überrollt zu werden. Zumindest dann, wenn der Wettbewerb nicht regulatorisch manipuliert wird. Genau das würde den Blick auf die amerikanischen Verhältnisse aber nur noch weiter eintrüben. Denn es wäre ein Beweis mehr, daß auch in Amerika das Wort Marktwirtschaft oft nur eine hohle Phrase ist, die - wenn`s interessenpolitisch darauf ankommt - plötzlich nicht mehr gilt.

      Text: @cri
      http://www.faz.net/s/Rub2C201996BBF04B578F9FC8A9EFCCE747/Doc…
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 23:06:09
      Beitrag Nr. 178 ()
      Hintergrund
      Welche Konsequenzen ein Dollarverfall hätte

      19. September 2003 Die Experten an den Finanzmärkten sind sich einig wie selten: Wegen struktureller Ungleichgewichte, wie etwa den Defiziten im Haushalt und der Handelsbilanz der Amerikaner, muß der Dollar langfristig fallen. Bei so viel Übereinstimmung stellt sich die Frage, was es den für die Finanzmärkte für Implikationen hätte, wenn es so kommt.

      Volkswirt Dieter Wermuth, Consultant bei der japanischen UFJ Bank, hat sich über das Thema ausführlich Gedanken gemacht. In einer Studie stellt er zunächst fest, daß derzeit eine stärkere Abwertung des Dollar noch durch die gezielten Interventionen asiatischer Länder wie Japan und China verhindert werde. Daß Interventionen notwendig seien, zeige dabei lediglich, daß viel Kapital nach Asien fließe. Im Gegensatz zum wachstumsstarken China sei dies für Japan eine neue Erfahrung, doch es gebe gute Gründe für ein Anhalten des Zustroms. Unter dem Strich heißt das aber nichts anderes, als das der Dollar ohne Interventionen schon jetzt weitaus niedriger notieren würde.

      Japanischer Yen vor Aufwertung

      Im Falle von China sei mit ziemlicher Sicherheit zunächst von einem Fortbestand der festen Wechselkursbindung des Yuan an den Dollar auszugehen. Die Interventionen von dieser Seite dürfte folglich anhalten. Japan stehe verglichen damit unter höherem Druck, die Yen-schwächenden Eingriffe am Devisenmarkt einzuschränken.

      Allgemein stellt sich Wermuth auf einen kontrolliert aufwertende japanische Landeswährung ein. Dies berge über niedrigere Importpreise und verschlechterten Geschäftsaussichten für die Exporteure aber die Gefahr eines Fortbestands der Deflation. Immerhin sollten die japanischen Unternehmen einen geordneten Anstieg des Yen-Kurs relativ gut verkraften können, so daß der Zufluß an Kapital an den derzeit im internationalen Vergleich als unterbewertet eingeschätzten japanischen Aktienmarkt anhalten sollte.

      Auch die Anleihenkurse würden von einem steigenden Yen über das damit verbundene deflationäre Szenario profitieren. Erst wenn es klarere Anzeichen für ein Anspringen des Wachstums gebe, könnte es zu Verlusten am Rentenmarkt kommen. Aber derzeit hält Wermuth die Gefahr einer anhaltenden Stagnationsphase noch immer für größer als eine überraschend stark anziehende Konjunktur.

      Fallender Euro eröffnet der europäischen Notenbank Spielraum für Zinssenkungen

      Was den Euro angehe, gebe es hier derzeit weniger aufgestauten Abwertungsdruck abzubauen. Auch die geringeren Leistungsbilanzüberschüsse der Europäer mit den Amerikaner als sie die Asiaten aufzuweisen haben in Verbindung mit den niedrigen Wirtschaftswachstumsraten sprechen gegen einen rasanten Euro-Anstieg. Trotzdem stehe Europa fundamental betrachtet besser da als Amerika, weshalb auch der Euro vermutlich an einer weiteren Aufwertung nicht vorbei komme. Dies könnte aber zu einer noch niedrigeren Wachstum als ohnehin schon erwartet führen.

      Um eine deflationäre Entwicklung zu vermeiden, wird die Europäischen Zentralbank daher vermutlich die Leitzinsen erneut senken müssen. Wermuth rechnet deshalb für das Jahr 2004 mit zwei weiteren Leitzinssenkungen um jeweils 25 Basispunkten. Mit Interventionen zulasten des Euro rechnet Wermuth im übrigen nur für den Fall, daß es zu einer schnellen Aufwertung in den Bereich von 1,40 bis 1,45 Dollar komme.

      Auch wenn ein Teil des negativen Effekts eines steigenden Euro über fallenden Zinsen kompensiert würde, wäre ein derartiges Szenario negativ für die europäischen Aktienmärkte. Als Gewinner könnte sich aber der Rentenmarkt entpuppen, wo die Renditen sinken könnten.

      Amerika mit besseren Chancen, der Deflationsfalle zu entkommen

      In Amerika wiederum würde ein fallender Dollar dabei helfen, die Konjunktur stärker in Gang zu bringen und den Abbau der Arbeitslosigkeit zu forcieren. Für den Aktienmarkt wäre dies unter normalen Umständen vorteilhaft, aber die hohe Bewertung der Wall Street macht Wermuth etwas zurückhaltend. Für den amerikanischen Rentenmarkt könnte der schwächere Dollar über höhere Inflationserwartungen in steigenden Renditen münden.

      Sollte sich das Wachstum auf drei Prozent beschleunigen und die Inflation auf zwei Prozent anziehen, würde sich das nach Ansicht von Wermuth schlecht mit Renditen im zehnjährigen Laufzeitenbereich von unter fünf Prozent vertragen. Allerdings bedeute diese Ausgangslage auch, daß Amerika vergleichen mit Europa und Japan bessere Chancen hat, eine Defaltion zu vermeiden.

      Im einzelnen kann sich Wermuth bis zum vierten Quartal 2004 einen Euro-Dollar-Kurs von 1,30 (aktuell: 1,13) Dollar vorstellen. Für die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen sagt er eine Rendite von 3,75 (4,15) Prozent voraus und für deren Pendants in Amerika ein Niveau von 4,80 (4,17) Prozent. Den Dow Jones Euro Stoxx sieht er bei dieser Konstellation dann bei 240 (231) Punkten, den S&P 500 Index bei 1.000 (1.040) Zählern und den japanischen Topix-Index bei 1.250 (1.070) Punkten.


      http://www.faz.net/s/Rub3B5979848A5C48F18F2FF729A7211ACE/Doc…
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 23:07:06
      Beitrag Nr. 179 ()


      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 23:10:33
      Beitrag Nr. 180 ()
      Ackermann, Zwickel und Esser kommen vor Gericht

      Mannesmann-Affäre: Düsseldorfer Richter lassen außerdem Klage wegen Untreue gegen drei Ex-Vorstände zu

      von Marco Dalan und Frank Seidlitz


      Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann
      Foto: dpa
      Düsseldorf - Das Düsseldorfer Landgericht wird im Verfahren um Millionenzahlungen an ehemalige Vorstände und Aufsichtsräte des früheren Mannesmann-Konzerns Anklage erheben. Nach Informationen der WELT ist den Beschuldigten bereits in den vergangenen Tagen die Stellungnahme des Landgerichts zugestellt worden, aus der die Anklageerhebung hervorgeht. Dies bestätigen mehrere Quellen übereinstimmend. Die Angeklagten waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Angeklagt sind somit in dem wohl spektakulärsten Wirtschaftsstrafverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Josef Ackermann, der frühere Vorsitzende der IG Metall, Klaus Zwickel, und der ehemalige Konzernlenker der Mannesmann AG, Klaus Esser. Außerdem müssen sich drei weitere Vorstände und Aufsichtsräte vor Gericht verantworten.


      In Kreisen des Landgerichts wird mit dem Beginn des Verfahrens im Winter gerechnet. Den Angeklagten wird Untreue und Beihilfe zur Untreue vorgeworfen. Die Beschuldigten sollen das Gesellschaftsvermögen um bis zu 57 Millionen Euro geschädigt haben. Dabei geht es um Prämien und Pensionen, die bei der Übernahme durch Vodafone Anfang 2000 vereinbart worden waren. Allein Esser hat als Abfindung und Prämien rund 30 Millionen Euro kassiert. Insgesamt sind nach der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone rund 125 Millionen Euro an Sonderzahlungen geflossen. Die Angeklagten hatten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft bestritten. Im Frühjahr 2000 hatte das britische Mobilfunkunternehmen Vodafone in der bis dahin teuersten Übernahmeschlacht den deutschen Traditionskonzern Mannesmann zum Preis von knapp 350 Milliarden Mark übernommen.


      Artikel erschienen am 20. Sep 2003


      http://www.welt.de/data/2003/09/20/171122.html
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 23:33:10
      Beitrag Nr. 181 ()
      Geschrieben von Nikolaus am 02. September 2003 19:07:59:

      Wenn v. Pierer Bundeskanzler wäre - Satire von 2010

      Mecklenburg-Vorpommern als Atomtestgelände an die USA verkauft, Berlin,
      Brandenburg und Sachsen-Anhalt an Polen abgetreten, die Arbeitslosenzahl
      massiv gesenkt und die Staatsverschuldung radikal reduziert: Heinrich
      von Pierer, der ehemalige Siemens-Chef, hat in den vier Jahren seiner
      Kanzlerschaft viel erreicht. STERN sprach mit dem Bundeskanzler über
      seine Erfolge und künftigen Pläne.

      STERN: Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Kritiker werfen Ihnen vor, sie
      seien bei der Sanierung Deutschlands übertrieben brutal vorgegangen.

      v. Pierer: Das sehe ich nicht so. Als mich das überparteiliche Bündnis
      fragte, ob ich Kanzler werden möchte, um Deutschland vor dem Konkurs zu
      retten, habe ich gleich erklärt, dass ich das Land so sanieren werde wie
      ich Siemens saniert habe: streng marktwirtschaftlich. Siemens und
      Deutschland gleichen sich in gewisser Weise: zwei Gemischtwarenläden mit
      sehr unterschiedlichen Komponenten, die einen leistungsfähig, die
      anderen weniger. Ich habe nur das gemacht, was ich auch bei Siemens
      gemacht habe: unproduktive Unternehmensteile abgestoßen.

      STERN: Sie sprechen von den neuen Bundesländern?!

      v. Pierer: Nicht von allen. Thüringen und Sachsen haben sich ja als
      sanierungsfähig erwiesen, die haben wir behalten. Für
      Mecklenburg-Vorpommern konnten wir nichts mehr tun, Totalverlust. Da kam
      uns das Angebot der Bush-Administration ganz recht, gegen die Übernahme
      der Landesschulden und für den symbolischen Kaufpreis von 1 Euro das
      Land als Atomtestgelände zu kaufen.

      STERN: Polen hat Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt sogar kostenlos
      bekommen.

      v. Pierer: Richtig. Sie dürfen aber nicht vergessen, dass sich Polen im
      Gegenzug verpflichtete, drei Millionen der ärmsten deutschen Rentner
      dort anzusiedeln. Von 300 Euro Rente kann in Deutschland keiner leben,
      aber in Polen wegen der wesentlich geringeren Lebenshaltungskosten. Mit
      diesem Befreiungsschlag haben wir die Sozialhilfekosten massiv reduziert
      und den deutschen Kommunen wieder auf die Beine geholfen.

      STERN: Den Bundeshaushalt haben Sie durch einen Verkauf der deutschen
      Schulden an US-Pensionsfonds saniert. Es gab durchaus Kritik daran, dass
      Sie als Sicherheit die Alpen, den Schwarzwald, den Kölner Dom, die
      Rüdesheimer Drosselgasse sowie Rothenburg o. d. Tauber und das Münchner
      Oktoberfest verpfändet haben.

      v. Pierer: Verpfändet ist nicht verkauft. Die einheimische Bevölkerung
      kann diese Liegenschaften weiterhin ungehindert nutzen.

      STERN: Bei den Arbeitslosen sind sie einen neuen Weg gegangen...

      v. Pierer: ...den am Anfang auch wieder keiner begriffen hat. Erst hieß
      es, es sei widersinnig, die Arbeitslosenzahl durch Entlassungen senken
      zu wollen. Aber das macht jeder Manager, der zu viele Leute hat, die zu
      viel Geld kosten. Er entlässt sie einfach! Wir haben zwei Millionen
      Arbeitslose aus der deutschen Staatsbürgerschaft entlassen und aus
      Deutschland ausgewiesen.

      STERN: Wohin?

      v. Pierer: Unterschiedlich. Nicht wenige sind mit einer "Blond Card" als
      Straßenkehrer in Indien untergekommen. Andere haben sich als Soldaten in
      diversen afrikanischen Bürgerkriegsländern verpflichtet.

      STERN: Auch bei der Landesverteidigung konnten Sie massiv sparen.

      v. Pierer: Das stimmt. Sie als Privatmann halten sich ja auch keinen
      persönlichen Polizisten. Warum sollten wir das als Staat tun?! Dem Trend
      zum Outsourcing können sich auch die öffentlichen Einrichtungen nicht
      entziehen. Also habe ich die Bundeswehr abgeschafft, die viel zu teuer
      ist. Im Bedarfsfall kaufen wir uns Sicherheitsleistungen zum Beispiel
      von US-Söldnerfirmen ein, die zudem auch noch das ganze Kriegsgerät
      vorrätig halten. So entfallen für uns Lager- und Wartungskosten.
      Just-in-time-Sicherheit sozusagen.

      STERN: Sogar die Politiker haben Sie zu Gunsten der Staatskasse eingespannt.


      v. Pierer: Es war schließlich einzusehen, dass solche hochkarätigen
      Entertainer kostenlos bei Vereinsfesten und Einweihungen auftreten.
      Seitdem wir Gebühren für die Anwesenheit von Politikern erheben, kommt
      Geld in die Staatskasse und die Terminflut für die Politiker nimmt ab,
      so dass sie endlich wieder in ihren Büros arbeiten können, statt bei
      irgendwelchen Karnickelzüchtern Grußworte zu sprechen. Die Deutschen
      müssen sich dran gewöhnen, dass es nichts kostenlos gibt, auch nicht
      Grußworte von Politikern. Roberto Blanco singt bei der Einweihung eines
      Baumarktes ja auch nicht kostenlos.

      STERN: Aber ein Staatssekretär singt doch auch nicht.

      v. Pierer: Gegen Aufpreis schon!

      STERN: Was sind Ihre nächsten Pläne, Herr Bundeskanzler?

      v. Pierer: Wir haben noch zirka 2,5 Millionen Arbeitslose in
      Deutschland. Ich beabsichtige, durch weitere Entlassungen endlich
      Vollbeschäftigung herzustellen. Außerdem müssen wir uns noch stärker auf
      unsere Kernkompetenzen konzentrieren. Ich habe an den Universitäten
      unsinnige Studienfächer wie Sozialpädagogik streichen und deutsche
      Kernfächer wie Ingenieurwissenschaften stark ausbauen lassen.

      STERN: Durchaus mit Erfolg.

      v. Pierer: Das kann man wohl sagen. Deutschland ist heute wieder
      Weltmarktführer im Maschinenbau, bei der Waffenproduktion sowie der
      Herstellung von Stacheldraht, Gas und Krematorien. Außerdem sind unsere
      Logistiker führend in der Welt, wenn es beispielsweise darum geht, große
      Menschenmassen in Zügen zu transportieren.

      STERN: Wird Deutschland durch Zukäufe wachsen?

      v. Pierer: Das halte ich nicht für ausgeschlossen. Wie Sie sicher
      wissen, befinden wir uns seit einigen Wochen in Verhandlungen mit
      Frankreich, weil wir das Elsass kaufen wollen. Obwohl wir den Franzosen
      einen fairen Preis gemacht haben, sträuben sie sich noch. Aber ich
      glaube nicht, dass sie diesen Kurs noch lange durchhalten können.
      Schließlich hat es Frankreich im Gegensatz zu Deutschland versäumt, 5
      vor 12 mit einem streng marktwirtschaftlichen Kurs das Ruder doch noch
      herumzureißen. Das hat dazu geführt, dass Paris von marodierenden
      Afrikanern aus den ehemaligen Kolonien zur Hälfte niedergebrannt wurde
      und in Marseille jetzt ein islamischer Kalif regiert. Frankreich braucht
      Geld, es wird uns das Elsass verkaufen. Ich will nicht verhehlen, dass
      wir auch Interesse an der Champagne und dem Bordelais haben.

      STERN: Duce Berlusconi, der Führer des weit gehend bankrotten Italiens,
      soll Deutschland Südtirol zum Kauf angeboten haben?

      v. Pierer: Das stimmt. Südtirol würde durchaus in unser
      Produkt-Portfolio passen. Dort gibt es noch eine ausgeprägte
      Landwirtschaft und Landwirtschaft gehört zu den deutschen
      Kernkompetenzen: Der deutsche Bauer erzeugt auf deutscher Scholle
      deutsche Lebensmittel. Allerdings müssten die Italiener zunächst die
      Altlasten entsorgen.

      STERN: Altlasten?

      v. Pierer: Na, die in Südtirol lebenden Italiener. Die können wir
      natürlich nicht gebrauchen. Die müsste der Duce zurücknehmen.

      STERN: Es gibt Gerüchte, Großbritannien habe Deutschland eine Fusion
      angeboten.

      v. Pierer: Dazu möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nur sagen, dass
      Großbritannien wie wir gut am Markt positioniert ist. Eine Fusion könnte
      durchaus die Fantasie der Anleger wecken. Diese müsste allerdings auf
      gleicher Augenhöhe erfolgen. Eine feindliche Übernahme wird es nicht geben.

      STERN: Herr Bundeskanzler, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

      v. Pierer: Gern geschehen. Und vergessen Sie nicht, am Ausgang die
      Gebühren für das Interview in die Staatskasse einzuzahlen. Ach ja, bevor
      ich`s vergesse: Dieses Interview was powered by Coca Cola light

      and sponsored by Sozialamt -:)

      Nikolaus

      http://f50.parsimony.net/forum201987/messages/1444.htm
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 23:42:50
      Beitrag Nr. 182 ()
      Freitag, 19. September 2003

      Trivial und monumental

      Von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      *** Aktien runter ... Euro rauf ... Gold rauf ... *** Wird die Fed den Krieg gegen die Deflation gewinnen? Wir hoffen nicht. *** Old Boys ... Krieg ... Bankrott ...

      Das waren die Themen, über die wir diskutierten, als wir gestern Abend zwei alte Freunde in London trafen.

      Wir saßen mit Lord Rees-Mogg, dem früheren Chefredakteur der Times im Garrick Club.

      "Nicht zu ertragen," urteilte er. Wir sprachen über das doppelte Defizit der USA, sowohl das Handels- als auch das Staatsdefizit, beide betragen etwa 500 Mrd. $. Seine Lordschaft sagte:

      "Sie können nicht weitermachen mit einem Defizit dieser Größenordnung. Die ganze Sache explodiert eines Tages. Wir wissen zwar nicht wie und wann. Aber wir wissen uns zu schützen: mit Gold."

      Die US-Regierung und ihr Hauptalliierter, England, führen einen Krieg gegen den Terrorismus, der eine Billion $ den Staatsschulden hinzufügen könnte. Die meisten Ökonomen und fast jeder, der Bescheid weiß, ist der Meinung, dass das Geld gut angelegt ist. Weil die Bush-Regierung einen Hauptkrieg gegen die Deflation führt.

      Reuters berichtet, dass die US-Inflation auf einem 37-Jahre-Tiefpunkt steht. Die Verbraucherpreise stiegen im August nur um 0,1 %. "Diese Daten sagen," laut Reuter, "dass die Wirtschaft noch nicht sicher vor den Deflationsgefahren ist."

      Deflation ... verbunden mit Arbeitslosigkeit, Bärenmarkt und Rezession ... würde das Bush-Team aushebeln. Klar, dass die Bush-Boys alles tun, um das zu verhindern – selbst wenn es bedeutet, dass die zukünftigen Generationen mit Schulden belastet werden, von denen keiner weiß, wie sie bezahlt werden sollen.

      "Wir hoffen, dass sie verlieren," sagten wir zum Krieg gegen die Deflation. Früher oder später kommt die Deflation doch. Aber besser früher als später, denn jedes Jahr bringt weitere 5 % des BIP auf den Staatsschuldenberg. Je länger es dauert, desto schlimmer wird eine Schuldenkorrektur sein."

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      Freitag, 19. September 2003

      Noch ist das Wetter schön, aber Sturm und Wolken ziehen auf

      Von unserem Korrespondenten Eric Fry aus New York

      Gestern genossen die New Yorker einen herrlich warmen Spätsommertag, während ein kühler Wind durch die Börse wehte. Der Dow sank um 22 Punkte auf 9.546, während der Nasdaq um 4 Punkte auf 1.883 fiel.

      Bei dem schönen Wetter spazierte ich ein paar Blocks zur "City Bakery" für den Morgen-Croissant und einen Espresso. Unterwegs bemerkte ich, wie die Leute über den Hurrican und seine Auswirkungen auf die Ostküste sprachen.

      Es schien ein wenig surreal, an diesem herrlichen Tag so viel über den Hurrican zu hören. Aber wir von Investor`s Daily sind an solche Nebeneinanderstellungen gewöhnt. Der Aktienmarkt ist munter gestiegen in den letzten Monaten, und dennoch erwarten wir jederzeit einen plötzlichen Ausverkauf. Die Sturmwolken kommen auf ...

      Fangen wir an mit den Überhitzungswolken, die sich drohend aufbauschen. Der S&P verkauft sich für das 25fache der erwarteten Einnahmen 2003. Es gab eine Zeit, da sind die Börsen zusammengebrochen, wenn sie solch einen Punkt erreicht hatten. Aber in den modernen Zeiten sehen Investoren einen Kurs zum 25fachen der Einnahmen als Schnäppchen an ... und die Weisen an der Wallstreet stimmen zu.

      Zu den bedrohlichen Überhitzungswolken kommen die wirbelnden Winde der Arbeitslosigkeit. Laut Statistik zeigt die Wirtschaft ein paar Zeichen der Belebung. Das gilt jedoch nicht für das Einstellungswachstum. Der ungünstige Arbeitsmarkttrend scheint jedoch die Preise der Staatsanleihen zu unterstützen. Im Unterschied zu den Aktienkäufern, die atemlos eine wirtschaftliche Erholung herbeisehnen, reiben sich die Anleihenkäufer die Hände angesichts des trägen Einstellungstrends und sehen ein wirtschaftliches Glas, das halb leer ist ... und leerer wird. Der 10-Jahres-Schatzbrief steigerte sich gestern auf 4,18 %.

      Währenddessen verlor der Dollar gestern 1 % gegen den Euro, der jetzt bei 1,128 $ steht. Ist der Dollar-Ausverkauf ein Vorgeschmack von dem, was kommt? ... Morgen mehr.
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      Sprechen wir über die Lords

      Von unserem Korrespondenten Bill Bonner, zurück in London

      "Der erbliche Hochadel ist tot und vergangen," sagte Lord Strathclyde. "Wir haben das anerkannt."

      In den späten 90er Jahren begann das britische Oberhaus mit einer Reform, sich selbst aufzulösen. Lords, sagte jeder, sind ein Affront gegen die Demokratie."

      Wir können nicht für die Demokratie sprechen. Aber sie könnte genauso beleidigt sein von dem Spektakel moderner Wahlen wie von der Eigenartigkeit der Peers. Würde sie wirklich eher einen Repräsentanten durch den Betrug des Wahlprozesses als durch das Glück des Blutes gewählt haben? Die Lords stehen nicht für Wahlen; sie brauchen keine Wahlkampfmittel. Deswegen können sie frei ihre Meinung sagen und jeden Narr wählen, den sie wollen. Schrullig, oft halbverrückt und generell dezent, sind die Lords repräsentativer für den durchschnittlichen Engländer als die, die jetzt in den Ämtern sitzen. Wir werden sie vermissen.

      Die Welt fragt sich, wie Amerika seine Rechnungen bezahlen will. Ich frage mich das jeden Tag. Die Welt will es wissen. Die Chinesen und Japaner kaufen US-Anleihen, damit die USA weiter chinesische und japanische Waren kaufen und ihre Fabriken am Laufen halten. Das ist eine prekäre Situation, wenn das Geld fließt und jede Seite darauf wettet, dass die andere nicht zurückschreckt. Die Zeitungen von morgen erzählen die Geschichte von einem finanziellen Desaster, wenn die USA an ihrem momentanen Geldkurs festhalten. Und jetzt heißt es, dass Hunderte von Milliarden Dollar von Ersparnissen im US-Gesundheitssystem stecken. Hmmm ...

      Die USA geben mehr für ihr Gesundheitssystem aus als jede andere Nation der Welt. Mehr in absoluten Zahlen. Mehr pro Kopf. Mehr in jeder Kategorie und in jedem Maß. Mehr Verbände, Pillen, Spritzen, Therapien, Magenverkleinerungen als jede andere Nation in der Geschichte der Menschheit. So müsste Amerika die gesündeste Nation überhaupt sein, nicht wahr, mit dieser ganzen medizinischen Hilfe? Oder vielleicht die kränkste Nation überhaupt? Oder die verschwenderischste Nation überhaupt?

      Ich meine, wenn Sie etwas zu verschwenden haben, weil der Dollar die Weltwährung ist, drucke davon mehr und verschwende es, oder? Wenn Sie wirklich dafür arbeiten müssten, würden Sie so viel davon für eine Sache ausgeben? Ist es möglich, dass die USA sich daran klemmen und ihre Probleme lösen, wenn sie der Finanz-Hurrican trifft? Vielleicht muss erst etwas zu Bruch gehen, damit der Schreck die Nation voranbringt. Die Welt fragt sich ...

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      http://www.investor-verlag.de/
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 23:44:55
      Beitrag Nr. 183 ()
      Forbes-Liste der reichsten Amerikaner

      Reichtum muss sich wieder lohnen!


      Der Wirtschaft mag es mau gehen - den Milliarden schweren Wirtschaftsbossen geht es immer besser. Das zeigt die berühmt-berüchtigte "Forbes"-Liste der reichsten Amerikaner. Angeführt wird sie ... von wem wohl?

      Die Wirtschaftslage hat sich zumindest für die reichsten der Reichen wieder gebessert.

      Nach zwei Jahren des Rückgangs stellte das Magazin "Forbes" in seiner alljährlichen Liste der 400 reichsten US-Bürger wieder einen zehnprozentigen Vermögenszuwachs auf jetzt 955 Milliarden Dollar fest.

      Der reichste Mann bleibt demnach Microsoft-Gründer Bill Gates mit 46 Milliarden Dollar, das sind drei Milliarden Dollar mehr als 2002. Der 47-jährige Bill ist das schon seit 10 Jahren in Folge und kann damit Dienstjubiläum feiern.

      Um mehr als drei Milliarden Dollar erhöhte sich das Vermögen des Chefs von Amazon.Com, Jeff Bezos. Er konnte in der Liste den größten Einzelzuwachs verbuchen und verfügt jetzt über 5,1 Milliarden Dollar, womit er nur auf Platz 32 landete.

      Einen prozentual enormen Zuwachs verzeichnete David Filo von Yahoo. Sein Vermögen verdreifachte sich auf 1,6 Milliarden Dollar. Damit teilt er sich mit 13 anderen den 126. Platz. Immerhin.

      Microsoft-Mitgründer Paul Allen legte um eine Milliarde Dollar auf 22 Milliarden zu und liegt damit wieder auf dem dritten Platz.
      Zweitreichster US-Bürger ist der Investor Warren Buffet mit unveränderten 36 Milliarden Dollar.

      Die Plätze vier bis acht belegen Mitglieder der Gründer-Familie des US-Handelskonzerns Wal-Mart. Robson, John, Jim und Alice verfügen laut "Forbes" über ein Vermögen von jeweils 20,5 Milliarden Dollar.

      Neunter in der Liste ist der Chef des Software-Konzerns Oracle, Lawrence Ellison, mit 18 Milliarden Dollar, gefolgt vom Chef des Computerunternehmens Dell, Michael Dell, mit 13 Milliarden Dollar. Dell also gewissermaßen im Armenhaus der Reichsten.

      Als die Forbes-Liste 1982 erstmals erstellt wurde, stammten noch 81 der 400 Aufgeführten aus New York und lediglich 56 aus Kalifornien. Heute kommen aus Kalifornien 95 und aus New York 47 der Superreichen.

      sueddeutsche.de / AP

      http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/238/18220/





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      Avatar
      schrieb am 19.09.03 23:59:21
      Beitrag Nr. 184 ()
      Avatar
      schrieb am 20.09.03 00:04:24
      Beitrag Nr. 185 ()
      Pleiterekord

      Deutschland macht dicht

      Die Bundesrepublik geht pleite: Im ersten Halbjahr 2003 melden deutsche Amtsgerichte fast 50.000 Insolvenzen — 25 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Bei den Verbrauchern steigt das Pleite-Niveau gar um über 70 Prozent.


      Von Felix Serrao





      Im ersten Halbjahr 2003 haben deutsche Amtsgerichte insgesamt rund 50.000 Insolvenzen gemeldet. Knapp 20.000 davon entfielen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes auf Unternehmen.



      Alle zwölf Minuten eine Firma kaputt
      Die Gesamtzahl der Insolvenzen lag um rund 25 Prozent, die der Unternehmen um 9 Prozent höher als im ersten Halbjahr 2002.

      Besonders hart traf es die Verbraucher. Hier kletterte die Zahl um 70 Prozent nach oben. "Ein außergewöhnlich starker Anstieg", sagt auch Wilfried Brust, Insolvenz-Experte beim Statistischen Bundesamt.

      Die Zahl der Firmenpleiten stieg prozentual zwar nicht so stark an wie die der Verbraucher — doch in absoluten Zahlen liegt auch hier ein Negativrekord vor: Der April 2003 war der Monat mit den meisten Unternehmensinsolvenzen seit Beginn der Aufzeichungen im Jahre 1950: 3.610 Mal ging eine Firma pleite. 120 Mal am Tag, alle zwölf Minuten eine. Zum Vergleich: 1956 meldeten 3.697 Firmen Insolvenz an — im gesamten Jahr.





      Insolvenzen 1950 bis 2002: Unternehmen (hellgrau), übrige Schuldner; d.h. Verbraucher, ehemals selbständig Tätige und andere natürliche Personen sowie Nachlässe (dunkelgrau), Verbraucher (schwarz). Auf der senkrechten Achse geht die Messung bis 90.000.
      Grafik: Statistisches Bundesamt




      Am stärksten betroffen von der Pleitewelle sind das Gastgewerbe (23 Prozent Plus) und die Finanzdienstleister (20,3 Prozent mehr). Beide leiden besonders unter der schwächelnden Konjunktur. Aufatmen hingegen im Baugewerbe: Die Zahl der Insolvenzen in der gebeutelten Branche ging von 4.747 (erste Jahreshälfte 2002) auf 4.660 (erste Jahreshälfte 2003) zurück. Ein Minus von fast 2 Prozent, immerhin. "Aber die Baubranche bleibt ein Sorgenkind", relativiert Brust. Das Niveau, so der Statistiker, sei immer noch "sehr hoch".




      Weniger Geld gefordert, weniger Beschäftigte betroffen
      Man glaubt es kaum, aber es gibt auch gute Neuigkeiten: Laut Statistischem Bundesamt beziffern die Gerichte die offenen Forderungen der Gläubiger im ersten Halbjahr 2003 auf 22,2 Milliarden Euro — im Vorjahreszeitraum waren es noch 24,4 Milliarden. Bei den Unternehmen sank der Wert offener Forderungen von 19,5 auf 16,3 Milliarden Euro.

      Auch die Arbeitnehmer sind nicht mehr so stark betroffen: Zum Zeitpunkt ihrer Insolvenz während der ersten sechs Monate diesen Jahres beschäftigten die Firmen rund 110.000 Arbeitnehmer. Im ersten Halbjahr 2002 waren es noch 133.000 Beschäftigte. Für die Statistiker ist beides — die niedrigeren Forderungen und die gesunkene Zahl betroffener Beschäftigter — ein Zeichen dafür, dass die wirtschaftliche Bedeutung der Pleite-Firmen im Schnitt gesunken ist.

      Zur weiteren Entwicklung der Pleiten in Deutschland will sich Statistiker Brust noch nicht äußern. Erst wenn die Daten für die Monate Juli, August und September vorliegen, können er und seine Kollegen ihre Hochrechnung fürs Gesamtjahr aufstellen. Im Dezember ist es soweit.

      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/254/18236/
      Avatar
      schrieb am 20.09.03 00:24:12
      Beitrag Nr. 186 ()
      Avatar
      schrieb am 20.09.03 00:32:42
      Beitrag Nr. 187 ()
      Inland
      Mag Wompel

      Beschäftigungshemmnisse

      Wie der Kapitalismus die Lust am Arbeiten zerstört


      Betrachten wir das Problem doch einmal von der positiven Seite: Im Moment tun Wirtschaft und Politik alles, um – wenn auch sicherlich ungewollt – den Menschen deutlich zu machen, daß es völlig unsinnig ist, sich mit ihrer Arbeit zu identifizieren. Ein Ziel übrigens, an dem sich Teile der Linken seit Jahrzehnten die Zähne ausgebissen haben.

      Brutal wird einem ausgetrieben, sein »Bestes« zu geben. Sich notfalls auch krank an den Arbeitsplatz zu schleppen, das Privatleben und den Lebensgenuß schlechthin zu opfern: Wofür? Längst werden nicht mehr »Existenzgrundlage für den Arbeitnehmer und seine Familie« sowie »Lebenszuschnitt und Wohnumfeld«, »gesellschaftliche Stellung und Selbstwertgefühl« (Zitate aus einer Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1997) von der Qualität des Arbeitsplatzes bestimmt. Nur noch vom finanziellen Aspekt der Arbeitstätigkeit oder der Erwerbslosigkeit. Wer an die Selbsterfüllung im Rahmen einer gesellschaftlich sinnvollen Tätigkeit glaubt, muß verzweifeln oder es spätestens beim Rauswurf bereuen. Im Kommunismus mag Identifikation mit der Arbeit erstes Lebensbedürfnis, möglicherweise auch nur ein hehres Ziel sein. Im Kapitalismus ist sie ein Bumerang. Das Kapital erzieht uns momentan zur reinen Job-Mentalität, und dies von der Jugend bis zum Alter.

      Es beginnt mit der Ausbildung, die niemand mehr leisten will. Es stehen ja scheinbar genug ausgebildete Kräfte vor der Tür. Und wer weiß schon, was in ein paar Jahren ist, wo sich dann das Unternehmen befindet? Traumberuf? Schmink dir das ab, sei froh, einen Job zu bekommen. Das gilt besonders für Jugendliche. Nach unzähligen Ablehnungen besteht entweder der Zwang, jeden Job als zumutbar zu betrachten, oder nie einen zu bekommen. Allerdings baut man so weder Qualifikationen noch soziale Ansprüche auf. Gewollt?

      Hat man tatsächlich einen Job ergattert, dann ist der kaum noch unbefristet zu haben, kaum noch zum Tarif, im Gegenteil, immer öfter liegt die Entlohnung unter dem Sozialhilfesatz. Außerdem ist ein neuer Job heutzutage nie menschengerecht, oft entwürdigend, fast immer krankmachend. Die ersten Regeln aber lauten: kuschen, nie meckern, nie fehlen, schon gar nicht streiken. Sich stets flexibel und mobil den Hintern aufreißen. Für das Unternehmen, versteht sich. Denn die Wahrscheinlichkeit einer Vertragsverlängerung ist zwar minimal, aber immerhin... Doch selbst unbefristete Jobs sind immer unsicher (sagt der Betriebsrat), weshalb unbezahlte Überstunden und Verzicht auf Lohnanteile vom Unternehmen erwartet werden.

      Ist man dann gerettet? Keinesfalls. Lohndumping und Inkaufnahme mieser Arbeitsbedingungen haben noch nie langfristig Arbeitsplätze gesichert. Aber schleichend wurden so unsere ehemals hart erkämpften Ansprüche abgebaut. Weder Arbeit noch die sozialen Sicherungssysteme gewährleisten unsere menschenwürdige Existenz. Dies merkt spätestens, wer nach alledem dennoch gekündigt wird. Und hierfür gibt es vielfältige Möglichkeiten.

      Die ganz einfache Variante, wieder aussortiert zu werden, sind befristete Verträge. Sie laufen einfach ohne Kündigung aus. Manchmal freut das sogar noch die Kolleginnen und Kollegen. Denn die glauben, ihr Arbeitsplatz sei nun sicherer. Hat man einen Job bis zum 52. Lebensjahr durchgehalten, wird alles noch unsicherer. Ab diesem Alter sollen demnächst befristete Verträge in beliebiger Folge und Dauer möglich sein – ohne jegliche Begründung. Etwas schwerer für den Unternehmer ist die krankheitsbedingte Kündigung. In der Jugend mag Arbeit, die Rekorde bricht, noch Selbstbestätigung vorgaukeln. Nach 20 bis 30 Jahren Plackerei geht es kaum noch gut, sich krank zur Arbeit zu schleppen. Irgendwann wird man ernsthaft krank, kann es nicht mehr mit Urlaub oder Zeitausgleich kaschieren und fehlt. Doch je geringer die Krankenstände, um so kürzer die Krankheitsdauer, die zur Kündigung führt. Angeschlagene Kräfte rechnen sich für kein Unternehme, und leichtere Arbeit ist längst ausgelagert. Das sehen auch die meisten Arbeitsrichter so – sofern sie überhaupt angerufen werden. Denn nur jeder zehnten Kündigung widerspricht ein Betriebsrat. Und für den Fall der Fälle gibt es ja noch die verhaltensbedingte Kündigung. Die ist noch leichter durchzudrücken. Etwas findet sich immer, und notfalls kann nachgeholfen werden. Das funktioniert auch bei Betriebsräten. Am einfachsten aber ist die betriebsbedingte Kündigung. Der Unternehmer fährt den Laden einfach an die Wand, ignoriert Hilfsangebote des Betriebsrats und verzichtet demnächst auf die Sozialauswahl. Und dann wird gefeuert, wer kein »Leistungsträger« ist.

      Jährlich werden zehn bis 13 Prozent aller Arbeitsverhältnisse beendet. In nur 15 Prozent der Fälle gibt es eine Abfindung. So einfach kann man gekündigt werden und dennoch soll dies demnächst noch leichter werden. Nicht, weil dann mehr Einstellungen erfolgen. Das hat schon mit dem Beschäftigungsförderungsgesetz von 1996 nicht geklappt. Weshalb dieses bereits zwei Jahre später wieder zurückgenommen wurde. Mit den Hartz-Gesetzen sollen nun »psychologische Einstellungsbarrieren« beim Kapital abgeschafft werden.

      Solche »Barrieren« sollten nun endlich bei uns greifen. Wer uns nur einstellen will, wenn er uns leichter loswerden kann, kann uns gestohlen bleiben. Jedes Kind weiß mittlerweile, daß der erhoffte Dank nie kommt, eher der Tritt in den Allerwertesten. Eine Wirtschaft, die für die Menschen und die Gesellschaft da ist, kann es im Kapitalismus nicht geben ...

      http://www.jungewelt.de/2003/09-20/012.php
      Avatar
      schrieb am 20.09.03 00:34:54
      Beitrag Nr. 188 ()
      Ausland
      Mumia Abu-Jamal

      Amerikanischer Alptraum

      Über 40 Jahre nach dem »Marsch auf Washington« hat sich für Schwarze nichts geändert


      Über 40 lange Jahre sind seit dem oft gerühmten »Marsch auf Washington« vergangen. Fast ein halbes Jahrhundert – und was hat sich an unseren Lebensverhältnissen geändert? Unsere Stadtteile und Gemeinden leiden unter drückender Armut, blasierten Politikern und brutalen Polizisten. Die Schulen unserer Kinder verfallen. Die Konzerne beuten unsere Kultur als »Ghettokultur« aus, während gleichzeitig der Gemeinsinn unter uns stirbt.

      Zu dem Zeitpunkt, als Reverend Martin Luther King in Washington der Menge zurief: »Ich habe einen Traum«, führte das FBI schon einen Geheimkrieg gegen ihn und alle anderen, die den Status quo in Frage stellten. Wenige Wochen nach seiner historischen Rede schmiedeten FBI-Agenten ein Komplott gegen ihn. Sie wollten eine gutaussehende Frau in sein Büro einschleusen, um ihn in einen Sexskandal zu verwickeln. Im Januar 1964 verkündete William Sullivan, die Nummer zwei in der Führung des FBI: »Wir betrachten Martin Luther King als den gefährlichsten und effektivsten Negerführer in diesem Land.« Sie wollten sich eine »verläßliche« Führungspersönlichkeit unter den Schwarzen aufbauen, um King »zu ersetzen«, weil er in ihren Augen »zu radikal« war. Vier Jahre später wurde Martin Luther King von einem Auftragskiller erschossen.

      Reverend King träumte wahrscheinlich von einer Menge Dinge, als er einen Blick in die Zukunft der USA wagte. Aber ich bezweifle, daß er die bittere Realität vorhersah, in der wir heute leben. Ich bezweifle, daß er die finstere, triste Zukunft sah, die für Millionen schwarzer Jugendlicher rauher ist als alles, was sie aus Filmen wie »Blade Runner« kennen. In der Gesellschaft sind sie bestenfalls geduldet – wenn sie Glück haben. Zu viele von ihnen werden in die stationären Sklavenschiffe verfrachtet, die man heute Gefängnisse nennt. Dort herrschen Ignoranz und Rassismus, und Brutalität und Hoffnungslosigkeit sind die Norm.

      40 Jahre sind seit dem Marsch auf Washington vergangen – und Gefängnisse werden mehr und mehr zum einzigen Ort, an dem Schwarze noch so etwas wie »öffentlich finanzierten Wohnraum« vorfinden. 40 Jahre – und Todestrakte im Süden und auch im Norden der USA sind überproportional mit schwarzen Gefangenen belegt. 40 Jahre – und immer noch schicken weiße Richter und weiße Geschworene schwarze Angeklagte für Ewigkeiten in die Hölle der Gefängnisse. 40 Jahre – und nach wie vor mißhandeln weiße (und nun auch schwarze) Polizisten schwarze Jugendliche, verprügeln sie, betäuben sie mit Schockwaffen, erschießen sie – Jungen und Mädchen –, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. 40 Jahre – und obwohl es mittlerweile Tausende Schwarze gibt, die in die Politik gegangen sind, haben Schwarze immer noch keine politische Macht, und die Ursache dafür liegt auch in der Politik der Demokratischen Partei, die viel verspricht, aber nur wenig hält.

      Florida hat es im Herbst 2000 gezeigt: Auch wenn es ein Wahlgesetz gibt, haben Schwarze noch lange kein Wahlrecht. Die Verabschiedung dieses Wahlgesetzes mag ein Höhepunkt in Reverend Kings Bürgerrechtskampf gewesen sein, aber für Zehntausende Schwarze ist es nicht mehr als ein Stück Papier.

      (Übersetzung: Jürgen Heiser)

      http://www.jungewelt.de/2003/09-20/007.php
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 14:25:47
      Beitrag Nr. 189 ()
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 14:26:05
      Beitrag Nr. 190 ()
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 14:28:26
      Beitrag Nr. 191 ()
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 14:37:47
      Beitrag Nr. 192 ()
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 14:39:26
      Beitrag Nr. 193 ()
      Die Baisse dauert an!
      Heute genau vor “888” Monaten, am 20.9.1929 war der Beginn einer verheerenden Abwärtsspirale. Der damalige prozentuale Anstieg zwischen Mai und September ist identisch mit dem prozentualen Anstieg zwischen März und September 2003 im DJIA. Während der Dow gestern am Verfallstag nochmal kurz ein Intraday-Hoch verzeichnen konnte, war der Dax dazu nicht mehr in der Lage. Die Leading Indicators in USA sind seit Monaten “flat”. Der exzessive Optimismus ist ausgedehnt wie ein Expander. Das KGV des SPX liegt über 30.

      Die nächsten drei Wochen werden kritisch gefährlich. Jene Analysten, die eine wirtschaftliche Erholung voraussagen, werden jäh enttäuscht werden. Das angesagte BIP in USA von 3%+- besteht zur Hälfte aus Rüstungsausgaben. Verbrauchervertrauen und Arbeitsmarkt geben noch keine Signale für einen Auftrend. Alles nur Hoffnung und keine Realität. Der Aufschwung wird nur herbeigeredet.

      Wie Bill Bonner von Daily Reckoning so schön sagt: Es gibt 3 Arten von Geld an der Wall Street. Es gibt das "smarte Geld", es gibt das "dumme Geld"...und da ist das Geld, derart gehirngeschädigt, dass es praktisch um "Euthanasie" bittet. Während die Smart Investoren den Markt verlassen, kauft das "dumme Geld".... und die Preise steigen. Aber es ist bereits der "Deckel drauf", wie man an der untenstehenden Berechnung sehen kann. Da das "dumme Geld" nicht rechnen kann, versucht es den Markt weiter nach oben zu treiben. Der Tag der Erleuchtung ist nicht fern. Der parabolische Verlauf des Kurses seit dem 12.3.2003 deutet unweigerlich auf den bevorstehenden Absturz hin. Die U.S. Arbeitsmarktdaten für August lagen bei 6,1% (6,2% Vormonat)

      Greenspan gibt vor, die Wirtschaft hat die Kurve gekriegt. Wenn so, dann ist dies die seltsamste Belebung in der Geschichte:

      Investoren verloren 2,4 Billionen in 2002. Entmutigt werden sie beginnen mehr zu sparen und weniger auszugeben.
      Firmen reportierten USD 197 Milliarden nach Steuern Gewinne in 2002, weniger als USD 205,3 Milliarden in 2001. Ohne Gewinne können Unternehmen nicht wachsen.
      Das Handelsdefizit nähert sich USD 500 Milliarden. Jeder Dollar, der nach Übersee geht, ist einer weniger für US Gewinne.
      Die Amerikaner halten USD 1,7 Billionen Schulden. Das ist mehr als USD 5934 pro Kopf und steigt täglich an. Jeder Cent muss zurückbezahlt werden.
      Die Wahrheit ist, dass nur Regierungs- und Verbraucherausgaben die Wirtschaft noch am Laufen erhalten. Der einzige Weg, um das zu erreichen, liegt im Aufblähen, mehr Geld zu drucken. Je mehr Dollar es gibt, umso wertloser wird das Geld. Es dauert nicht mehr lange, dann ist es wertlos.
      Ein steiler Abtrend führt den Aktienmarkt in neue Tiefen. Die von den meisten Analysten angesagte weitere Erholung im Aktienmarkt und der Konjunktur findet natürlich nicht statt. Es gibt ein jähes Erwachen. Wir bleiben bei der "Sell" Empfehlung.

      Die Konjunktur hier und über den großen Teich lahmt und die Arbeitslosigkeit steigt an. Insolvenzen wird es in steigender Rekordzahl geben. Ab Ende Juli wird der Markt Abschläge bescheren. Nach dem Verlassen des Trend-Kanals können wir mit einem beschleunigten Abtrend rechnen. Bei einem KGV von 29 im SPX ist der Markt immer noch extrem überbewertet. Ein neuer Bullmarkt startet keinesfalls bei diesem Niveau. Wenn das KGV 60% niedriger liegt, kann man wieder bullish sein.

      Ein TSUNAMI ist wieder im Anrollen mit verheerenden Folgen! Koinzidierend ist der 5 Jahreszyklus seit 1998. Damals hatten wir die Asienkrise. Es ist höchste Aufmerksamkeit angesagt, denn ein Kollaps kann sehr sehr schnell stattfinden. Die Navigation läuft nach Elliott in eine große Welle 3. Dreier Wellen sind verheerend in einem Bärenmarkt. In einem Bullenmarkt generieren sie gute Gewinne. Dreier Wellen sind meist ausgedehnt. Nach der Sinuskurve des Dow werden wir ein signifikantes Tief am 29. September 2003 (Montag) haben. Am 27. September 2003 (Samstag) erreichen wir 199 Tage seit dem 12. März 2003 (1,618^11).

      Wir können uns auf eine "Wildwasserfahrt" gefasst machen......


      http://www.evotrade.de/Tag_im_Markt/tag_im_markt.html
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 14:49:16
      Beitrag Nr. 194 ()
      Quergedacht: Was viele denken aber wenige auszusprechen wagen
      Anstößige Texte zum Runterladen und Weiterverbreiten
      spatzseite.de

      Wofür der Krieg in Wirklichkeit gut ist: 21.09.2003


      DIESE WOCHE
      Diese Woche überlegen wir, welche Rolle der Krieg in der Geschichte spielt, und auf welche Art man Herrschaft etabliert, wenn es nicht mehr genug Kriege gibt. Wir untersuchen die Anfänge der sogenannten "grünen Bewegung", und was sie für die Herrschaft geleistet hat. Wir untersuchen, weshalb die Industrie selbst dieses Regime mitbegründet hat, und wie der Eisenberg bis heute die Leitlinien der Politik bestimmt. Wenn Sie meinen, das sei eine Verschwörungstheorie, dann überlegen Sie erst, ob nicht vielleicht doch was dran sein könnte, bevor sie urteilen!
      !

      Der verdammte Friede



      Im Oktober 1967 erschien in den USA ein kleines Buch, das schon 1968 auf Deutsch im List Verlag und in über 12 Sprachen erschienen war. Auf Deutsch trug es den bezeichnenden Titel "Der verdammte Friede". Es stammte von einem Leonhard Lewin, der halb Szene-Autor halb Establishment war. Angeblich soll der damalige US-Präsident Lyndon Johnson wegen seines Erscheinens "durch die Decke" gegangen sein - aber das kann auch ein Werbegag sein. Später hieß es, der Buchbericht sei reine Fiktion, der Autor habe sich das alles nur ausgedacht - was sogar stimmen mag. Und doch!

      Der Verfasser will den Bericht von einem, der dabei gewesen sei, streng vertraulich bekommen haben. Dabeigewesen war er 1963 bei einem Treffen von 15 Spitzenvertretern der US-Elite im US-Atombunker Iron Mountain bei New York. Die Experten sollten sich überlegen, was zu tun sei, wenn im damals noch wütenden Kalten Krieg plötzlich "der Friede" ausbrechen würde. Das "Kriegsystem" habe eine wichtige "stabilisierende Funktion" für die Gesellschaft. Wörtlich (nach dem englischen Original): "Das Kriegssystem ermöglicht es, in der Gesellschaft stabile Regierungen zu bilden [...], weil es die Gesellschaft von außen her nötigt, politische Herrschaft hinzunehmen. Auf diese Weise hat es den Grund für Nationalstaatlichkeit gelegt und der Regierung die Autorität verliehen, ihre Bürger unter Kontrolle zu halten." Was soll an die Stelle treten?

      Die versammelten Experten erörterten ein "breites Feld von Ersatzmöglichkeiten". Man diskutierte Polizeistaatsmaßnahmen, der Art, wie sie unter Bush`s Patriot Act eingeführt werden sollen. Man schlug eine internationalistische Polizeitruppe vor, die so stark sein solle, daß kein Land sich dagegen zu erheben wagt, man phantasierte über Bedrohungen aus dem Weltall. Keine der vorgeschlagenen Lösungen versprach den Experten einen gleichwertigen Ersatz für das "Kriegssystem". Schließlich einigte man sich auf die "zweitbeste Lösung". Ich zitiere wieder wörtlich: "Möglicherweise könnte irgendwann eine schwere Umweltverschmutzung als scheinbare Hauptbedrohung für das Überleben der Gattung an die Stelle der Massenvernichtung durch Atomwaffen treten. Die Vergiftung der Luft, der Grundnahrungsmittel und des Trinkwassers ist bereits fortgeschritten und könnte auf den ersten Blick in dieser Hinsicht einiges hergeben. Jedenfalls stellt so etwas eine Bedrohung dar, der man nur durch den Umbau der Gesellschaft und mit besonderen politischen Vollmachten begegnen kann".

      Na und?, werden Sie fragen, nichts Neues. Es war ganz "neu" als die Experten 1963 angeblich tagten, und noch als das Buch 1967 erschien und rasche Verbreitung fand. Damals wurde die für Führungspositionen vorgesehene nachwachsende Generation gerade auf einen Kurs eingeschworen, der sich "neo-links", fortschrittsgläubig (was damals so viel hieß, wie voller Hoffnung mit technischen Entwicklung die Weltprobleme wie Hunger und Unterversorgung lösen zu können) und scheinbar antikapitalistisch gab. Damals - im Jahr 1967 - bekam der Boss von Olivetti und FIAT-Lateinamerika und des 1972 mit den Thesen von den "Grenzen des Wachstums" bekannt gewordenen Club of Rome, Aurelio Peccei, den Vorsitz im Wirtschaftsausschuß des Internationalen Atlantik Instituts und unterrichtete die politische Führungsspitze der NATO über "die Neuordnung der Welt und die Notwendigkeit globaler Planung?"

      Um diese Themen zu vertiefen, gründete man 1969 bei der NATO das Komitee "Herausforderungen der modernen Gesellschaft". Den Vorsitz bekam Peccei. Im Gründungsdokument war zu lesen: "Das Überleben der heutigen menschlichen Gesellschaft wird gegenwärtig von einem neuen Faktor bedroht, der raschen Verschlechterung des Globus als ökologisches System". Im gleichen Jahr wurde in den USA das erste Umweltgesetz verabschiedet und im Jahr darauf die nationale Umweltschutzagentur, die inzwischen über 20.000 Bedienstete zählt und mit außergewöhnlichen Vollmachten ausgestattet ist, gegründet. Doch setzen Präsident Bush 43 und seine Mannschaft heute kaum mehr Hoffnung in diese Strategie, in ihren Augen (aber noch nicht in denen der deutschen Regierung und aller staatstragenden Parteien) hat sie sich nicht bewährt, kam sie zu spät.

      Damals, 1967, gab es noch keine "grüne Bewegung". Das änderte sich damals aber schnell. 1969 gründete ein ehemaliger Mitarbeiter am Minuteman Programm (also einem Atomrakten-Programm!) der USA, Jim Bohlen, die Organisation, die bald, ab 1971, als "Green-Peace" alle Medien von sich reden machte. Im Oktober-Dezember Heft 1986 des GP Magazins legen zwei Aktivisten Fritjof Capra, inzwischen "anerkannter Physikprofessor" und Randy Hayes, späterer Mitbegründer der öko-terroristischen Organisation "Earth First", Rechenschaft über ihre grundsätzlichen Ziele ab. "Wir sehen den Aufstieg des ökologischen Bewußtseins als Teil eines grundlegenden Wandels der Weltsicht... wir nennen das ‚Wertewandel`". Im Folgenden wird dann etwas breiter der Übergang vom "Kriegssystem" mit der Betonung von wirtschaftlich technischem Fortschritt, fehlender Rücksicht auf die natürlichen Ressourcen und grenzenlosen materiellen Fortschritt zu einem Neuen Wertesystem, das sich erst herausbildete und daher nicht genauer beschreiben ließ. Nur erste Facetten ließen sich erkennen und von Gruppen verfechten, deren "eindrucksvollstes Beispiel die politische Bewegung ist, die in Deutschland vor 5 Jahren begann", gemeint ist die "grüne". Von dieser Bewegung behauptete Dr. Günter Hartkopf in seinem Vortrag vor dem Deutschen Beamtenbund am 08.01.1986 stolz, daß "wir", die höheren Bundesbeamten, sie zur Stärkung ihrer Führungsposition über Politik (Helmut Schmidt) und Industrie in Gang gebracht hätten. Zu erwähnen, daß dies auf Empfehlung und Befehl von US Präsident Nixon geschah, verbot die Eitelkeit des Herrn Staatssekretärs im Innenministerium.

      So ganz daneben lag der Autor von "Der verdammte Frieden" also nicht. Nur die romanhafte Unterstellung, daß das Ganze nicht beim Golfen sondern im unbequemen Atombunker Iron Mountain ausgehandelt worden sein soll, war wohl Fiktion. Warum wurde so etwas geschrieben?, fragen Sie skeptisch. Nun, wie hätten sie ihre vielen verdeckten Mitarbeiter im Lande, in den Medien, in der Politik, in den Logen in sonstigen Organisationen darüber informiert, woher nun der neue karrierefördernde Wind "kritisch" zu wehen hatte. Sie haben das alles miterlebt, aber damals für nicht so wichtig gehalten. "So etwas kommt und geht", beruhigte man sich, und ging den Geschäften nach, bis der Arbeitsplatz überflüssig oder die Einnahmen bei aller Anstrengung ausblieben. Man glaubte an den freien Markt und das Wohlwollen der Obrigkeit, weil das das Bequemste gewesen wäre. Daß die wirklichen Marktgesetze und den logischen Zusammenhang von Markt- und Verknappungswirtschaft wollte wegen der damit verbundenen Unbequemlichkeiten keiner wahr haben.

      Warum stieg Bush der zweite aus dem Bunker-Agreement aus, hatte man sich im Eisenberg verrechnet? Ein stabilisierendes Umweltbewußtsein würde sich erst nach "mindestens einer bis zwei Generationen" durchsetzen, wußte man damals schon, doch hatte gehofft: "Wenn sich vorhandene Umweltschutzprogramme hinreichend aufbauschen ließen, könnte man die Bedrohung viel früher glaubhaft machen." "Glaubhaft" konnten die Medien die Sache machen, aber noch nicht selbstverständlich. Die Krise kam schneller als die Medizin wirkte.

      Am 22.04.1970 hatte der US-Elitemensch George Kennan in "Foreign Affairs" unter der Überschrift "Umweltkatastrophe abwenden" zu einem "Kreuzzug" aufgerufen. "Dieser Kreuzzug muß wenigstens zu einem gewissen Grad auf Kosten der ungeheuer gefährlichen Voreingenommenheit für Nationale Verteidigung angetreten werden". Bush 43 rief statt dessen zu einem gegen Terroristen gerichteten Kreuzzug auf. Kreuzzüge richteten sich schon immer gegen Terroristen, gegen Leute, die das "System" in Gefahr brachten oder an dieser Schuld waren. Denn Schuld an den Unzulänglichkeiten des Systems hatten immer die anderen: Der Kaiser, die Nazis und jetzt alte Arianische Ketzer, die in der neueren Geschichte in "Mohammedaner" oder neuerdings Islamisten umgetauft wurden sind, um die christlichen Ursprünge zu leugnen.

      Die Eierköpfe im Eisenberg hatten nicht bedacht, das das neue "Stabilisierungsmittel Umweltschutz" eine höchst destabilisierende Wirkung auf Wirtschaft und Geschäft ausübt. Es hob zwar durch glaubhaft gesenktes Angebot bei gleichgebliebener zahlungsfähiger Nachfrage die Preise und Gewinne, um damit umweltfreundlich an der Börse zu spekulieren. Doch bald sank trotz gewaltiger Innovationen bei der Geldvermehrung die zahlungsfähige Nachfrage nach Gütern und löste eine allgemeine Verschuldung die Deflation aus, der man auch mit der Gelddruckmaschine nicht mehr Herr wurde. Die geldgierigen Elitären hatten übersehen, daß Geld an sich keinen Wert hat, es ist die ungedeckte Zahlungsverpflichtung eines anderen. Zunächst war ihnen diese Geldeigenschaft sogar willkommen. Sie trieb die Leute, die nicht in den Staatsdienst oder vors Sozialamt drängten, wie die neunschwänzige Katze des Galeerenkapos zu Höchstleistungen an. So etwas wirkt angesichts eines Feindes oder auf der Flucht, solange noch Hoffnung besteht. Wenn erst die Planken unter den Ruderbänken brechen, findet die Prügel ihr Ende und der Schläger noch schnell die geballte Rache, wenn er es nicht noch schafft, die Meute mit einem leidenschaftlichen "Auf sie mit Gebrüll" auf irgendwelche andere Terroristen abzulenken kann. Weshalb wohl zahlt man Psycho-Soziologen so hohe Gehälter?

      Krachen die Planken nicht, wenn die nicht gerade wahrheitsliebende Regierung der Führungsmacht (ohne die Kriegskosten!) ein Defizit von 400,46 Milliarden US$ im Angefangenen Jahr eingestehen muß (im August 2003 allein kamen 76,48 Mrd. Dollar dazu). USA Today berichtete am 14. September, daß Millionen der vierköpfigen Familien der US-Mittelklasse nicht mehr mit dem Arbeitseinkommen beider Elternteile auskommen. Schickt man demnächst die Kinder zum Geldverdienen? Der Grund ist, daß die Kosten für Wohnung, Gesundheitswesen und die Ausbildung (neben den Zinsbelastungen aus früherer Verschuldung) durch die Decke geschossen sind. 92% der 1,6 Millionen privaten Haushalte, die in diesem Jahr bis Ende Juni in den USA den Finger heben mußten, gehören in die Einkommensklasse zwischen 25 bis 100.000 US$, verdienten also nicht schlecht. 2/3 aller Familien dieser Einkommensklasse können sich nach einer Harvard Studie nicht leisten, in eine Rentenkasse einzuzahlen oder haben ihre Altersversorgung aus akutem Geldmangel angreifen müssen.

      Banken tun sich bei Geld leichter, ihnen quellen Geldwerte buchstäblich aus den Ohren. Doch was sind das für "Werte"? Wer letztendlich den Schwarzen Peter der Zahlungsverpflichtung hat, ist bei dieser Art Wertpapiere nämlich nicht ausgemacht. J.P. Morgan Chase sitzt nach eigenen Angaben auf Derivatkontrakten im "Wert" von 33,3 Billionen ("trillion") Dollar, mit einem jährlichen Zuwachs von 32% (weil sie so "rentabel" sind). Die arme Bank of America hat nur halb so viele Derivate, nämlich 14,3 Billionen bei einem Jahreszuwachs von 29%, gefolgt von Citigroup mit 13 Billionen. Dazu kommen noch Kreditderivate (eine Art umlaufender mit Bankindossament) von bescheidenen 460 Mrd. US$ im Falle Morgans 152 Mrd. bei der Citigroup und 123 Mrd. bei der Bank of America. Kein Wunder, daß die Verantwortlichen sich so hohe Salärs zuweisen, stehen sie doch mit einem Bein bereits vor der Türe, wo - wie sie hoffen - keine Bankkunden auf sie warten.

      Das sind die Leute, denen Sie bedenkenlos ihr Schicksal, das ihrer Familie, ihres Geschäftes und das der Menschheit anvertraut haben, als Sie meinten, es gäbe etwas wichtigeres als "Politik", nämlich die aufregende Frage, welche der von Plakaten grinsenden Visagen künftig ein Kanzler- oder Ministergehalt einstreichen solle.

      Kennen Sie die wohl einzige "politische" Wochezeitung in Deutschland? Wenn nicht, fordern sie ein Probeexemplar bei mir an!
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 14:58:00
      Beitrag Nr. 195 ()
      Ausland
      Sascha Kimpel

      Eidgenossen auf der Straße

      Nationale Demonstration in Bern gegen Angriff auf Rente. Schweizer Sozialforum gegründet


      Weit über 30000 Menschen demonstrierten am Samstag in Bern gegen geplante Rentenkürzungen, die im Rahmen einer »Reform« der Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV) vorgesehen sind. Sie folgten dem nationalen Aufruf des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) und der Gewerkschaft Travail Suisse unter dem Motto »Hände weg von der AHV – Hände weg von unseren Renten«. Ein Meer von Fahnen der verschiedenen Gewerkschaften prägte das Bild in der Berner Innenstadt, derweil der akustische Eindruck von Trillerpfeifen und Sprechchören bestimmt wurde. Auf Transparenten wurde die Rücknahme des »Reform«projekts sowie der Rücktritt des neoliberalen Sozialministers Pascal Couchepins gefordert.

      »Immer unverschämter« gestaltete sich die Regierungsoffensive speziell auf das Rentensystem, erklärte während der Kundgebung Hugo Fasel, Präsident von Travail Suisse. SGB-Präsident Paul Rechsteiner warnte insbesondere vor einer Generationenhetze; Junge und Ältere dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. In dieser Woche soll im Parlament die sogenannte Reform des Schweizer Rentenmodells abgestimmt werden. Die »Reform« hätte insgesamt eine Kürzung von über zehn Prozent der Leistungen zur Folge sowie höhere Rentenbeiträge und die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre. Eine enorme Zunahme der Altersarmut wäre programmiert und ein weitgehend abgesicherter Ruhestand für die Bevölkerungsmehrheit nicht mehr gewährleistet.

      Im Anschluß zeigte am Samstag und Sonntag die globalisierungskritische Bewegung ihre Präsenz in der Schweiz mit Gründung eines Sozialforums in Freiberg. Knapp 500 Menschen aus allen Landesteilen beteiligten sich daran, wobei auf dem Diskussionsforum zur Rentensicherung weitgehende Einigkeit herrschte, daß das Ziel eine auskömmliche Volkspension für alle in Höhe von mindestens 2000 Euro sein müsse. Entgegen dem Trend in ganz Europa sollte das Kapitaldeckungsverfahren abgeschafft werden.

      Bei der Konferenz ging es auch um die Rolle der Schweizer Banken sowie um die Schweiz als Finanzstandort. So wird beispielsweise seit Jahren Druck auf die Schweizer Regierung ausgeübt, das Bankgeheimnis gegenüber den Steuerbehörden aufzuheben. Ein Viertel des weltweiten privaten Vermögens befindet sich auf Schweizer Banken, darunter größere unversteuerte oder aus dunklen Geschäften stammende Gelder. Doch obwohl die Mehrheit der Schweizer mittlerweile dafür ist, das Bankgeheimnis aufzuheben, haben es die Gegner des Bankgeheimnisses schwer. Sie würden den Wohlstand aller Schweizer leichtfertig aufs Spiel setzen, wird ihnen unterstellt.

      Das erste Schweizer Sozialforum endete mit einer Erklärung, in der auf Demonstrationen am 25. Oktober gegen die Besatzungen im Irak und in Palästina sowie auf das Europäische Sozialforum Anfang November in Paris hingewiesen wurde.

      http://www.jungewelt.de/2003/09-22/009.php
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 14:59:32
      Beitrag Nr. 196 ()
      Inland
      Daniel Behruzi

      Bewerbungen für den Müll

      In Berlin und anderen Städten demonstrierten junge Gewerkschafter gegen Ausbildungsnotstand


      Gegen den eklatanten Mangel an Ausbildungsplätzen und für eine bessere Berufsausbildung gingen am Samstag in mehreren Großstädten Auszubildende und junge Gewerkschafter auf die Straße. In Berlin demonstrierten einige hundert Azubis. Vor ihnen prangerte Frank Werneke vom Bundesvorstand der Gewerkschaft ver.di den massiven Abbau von Ausbildungsstellen durch diverse Großunternehmen an. So habe Metro die Anzahl der Stellen halbiert. Die Telekom habe die Streichung von 3000 Stellen angekündigt. Das Versprechen der Unternehmer, jedem Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen, sei erneut gebrochen worden. Statt dessen fehlen nach Gewerkschaftsangaben 220000 Lehrstellen. »Das sind 220000 junge Menschen, die täglich Bewerbungen für die Mülltonne schreiben«, kritisierte Dietmar Schäfers vom Bundesvorstand der IG BAU. Im Durchschnitt schreiben die betroffenen Jugendlichen fast 50 Bewerbungen. Um das zu dokumentieren, hatten die jungen Gewerkschafter eine große Anzahl Ablehnungsschreiben der Unternehmen an einer Leine quer über den Berliner Hackeschen Markt gespannt, wo die Kundgebung stattfand. »Für Kapital und Politiker sind diese Jugendlichen oftmals bloße Zahlen, dahinter stehen aber menschliche Schicksale«, so Schäfers. Vehement wandte sich der IG-BAU-Funktionär gegen eine weitere Kürzung der Ausbildungsvergütungen. Lehrlinge im Gartenbau hätten seit September statt 390 nur noch 306 Euro in der Tasche. »Wissen die Politiker und Unternehmer denn nicht, was das Leben kostet, oder ist ihnen das egal?« fragte er.

      Statt bei den Lehrlingen zu kürzen, müsse es heißen: »Wer nicht ausbildet, muß zahlen!« Damit spielte Schäfers auf die zentrale Forderung der Gewerkschaftsjugend an, eine Umlagefinanzierung, mit der nichtausbildende Betriebe – laut Gewerkschaft im Moment 77 Prozent aller Unternehmen – zur Finanzierung zusätzlicher Lehrstellen herangezogen werden.

      Derzeit werden in den neuen Bundesländern Schäfers zufolge 70 Prozent der vorhandenen Ausbildungsplätze ganz oder teilweise aus öffentlichen Kassen finanziert. »Statt staatliche Notprogramme aufzulegen müssen wir endlich die Arbeitgeber in die Pflicht nehmen und den Reichtum von oben nach unten umverteilen«, forderte er und plädierte für eine entsprechende gesetzliche Regelung. Die Zahl der qualifizierten Ausbildungsplätze dürfe nicht länger von der konjunkturellen Entwicklung abhängig sein, sagte der Baugewerkschafter und formulierte an die Adresse der Politik: »Handelt endlich, anstatt immer nur zu labern«.

      Auch Werneke forderte von der Bundesregierung, gesetzliche Maßnahmen nicht nur anzukündigen, sondern auch umzusetzen. »Die Umlagefinanzierung ist kein Drohinstrument, sondern eine wirkliche Lösung des Problems«, meinte er. Die Gewerkschaftsjugend werde nicht eher Ruhe geben, bis entsprechende Maßnahmen ergriffen würden. »Wir lassen uns nicht mit halbherzigen Kompromissen abspeisen«, versprach der ver.di-Funktionär.

      Unterstützung erhielten die Auszubildenden von Teilnehmern des Europäischen Bildungsforums (EEF), deren Demonstration sich mit dem Gewerkschaftsprotest vereinigte. Gewerkschafter aus Großbritannien und Frankreich, die sich am EEF beteiligt hatten, traten auf der Kundgebung dafür ein, den Widerstand gegen Bildungs- und Sozialabbau europaweit stärker zu vernetzen.
      http://www.jungewelt.de/2003/09-22/011.php
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 15:02:42
      Beitrag Nr. 197 ()
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 15:27:58
      Beitrag Nr. 198 ()
      bluemoons, ich möchte Dir einmal ein großes Lob für Deinen Thread aussprechen :kiss:

      Die Artikel geben ein gutes Hintergrundwissen zu den politischen Geschehnissen und machen sehr deutlich, in welcher labilen Lage wir uns wirtschaftlich befinden.
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 16:08:33
      Beitrag Nr. 199 ()
      meint ihr heute geht es immernoch hoch???

      :eek: :eek: :eek:
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 23:09:40
      Beitrag Nr. 200 ()
      21.9.03 Hochprozenter in Übersee

      US-Immobilienfonds locken deutsche Anleger mit attraktiven Renditen. Die Rechnung kann - bei sorgfältiger Auswahl - aufgehen


      von Martin Witt

      Auch im Jahr 2003 werden geschlossene Immobilienfonds aus Nordamerika zu den großen Gewinnern im Kampf um die Gunst deutschen Anlegergeldes zählen. Und dies trotz nach wie vor sich eher verhalten entwickelnder US-Konjunktur, trotz der Diskussionen um eine eventuelle amerikanische Immobilien-Spekulationsblase. Im Gegenteil, die starken Argumente, die deutsches Anlegergeld so massiv wie nie in geschlossene US-Immobilienfonds fließen lassen, finden ungebrochen Gehör.

      In erster Linie sind es die attraktiven Rendite-Aussichten. Ein geschlossener US-Immobilienfonds prospektiert zwischen acht und neun Prozent Nachsteuerrendite. Steuerlich geltend zu machende Verlustzuweisungen sind zwar im Gegensatz zu deutschen Immobilienfonds nicht möglich, aber als starke Investmentalternative taugt ein deutscher Immobilienfonds mit nur fünf bis sechs Prozent Nachsteuerrendite dennoch nicht.

      Der Homo oeconimicus investiert also in Amerika. Dort sind die Einkaufspreise und Ertragssteuern niedriger, der Mietzins ist höher als im überreglementierten, überteuerten und starren deutschen Immobilienmarkt. Derzeit jedenfalls. ... (Welt, 21.9.03)




      Kommentar: Wer heute in den USA trotz der überspekulierten Immobilien in einen Immobilienfonds investiert – dem ist kaum zu helfen. Da haben die Leute gerade erst durch Aktien kräftig Federn lassen müssen, gehen sie jetzt schon wieder in die nächste Falle. Wer Gier als Investitionsentscheidung nimmt, der muß sich nicht wundern, wenn er einmal gar nichts mehr hat.



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      Ruhe nach dem Sturm

      Stimmungsindikatoren und das US-Zwillingsdefizit beschäftigen die Börsen in der kommenden Woche


      ... Drei Tage lang ist das Epizentrum des weltweiten Finanzgeschehens in den arabischen Wüstensand verlegt, zur Jahrestagung von IWF und Weltbank in Dubai. Doch auch dort wird ein Thema im Mittelpunkt stehen, das die New Yorker Börsianer neuerdings wieder heftig umtreibt: das amerikanische Zwillingsdefizit. Mit einem Haushaltsdefizit von rund fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts und einem Leistungsbilanzdefizit von 600 Milliarden Dollar sind die USA eine Zeitbombe. Das einzig tröstliche: "Solange die Märkte nicht als Zünder fungieren, ist die unmittelbare Gefahr einer Dollarkrise gering", beruhigen die Analysten der DZ-Bank in ihrem Wochenausblick. ... (Wams, 21.9.03)




      Kommentar: In der Tat sind die USAS eine Zeitbombe. Die Geschichte zeigt, daß alle Ungleichgewichte früher oder später durch einen Crash behoben werden und je länger die Korrektur hinausgezögert wird, umso heftiger muß sie ausfallen.

      Kommentare v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 23:25:02
      Beitrag Nr. 201 ()
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 00:00:04
      Beitrag Nr. 202 ()
      Schwellenländeranleihen
      Argentinien verlangt herben Kapitalschnitt von Gläubigern


      22. September 2003 Die argentinische Regierung hat privaten Gläubigern aus der ganzen Welt einen Plan zur Umstrukturierung bestehender Verbindlichkeiten in Höhe von 95 Milliarden Dollar unterbreitet. Der Plan sieht einen Kapitalschnitt von 75 Prozent vor.

      Das hat Guillermo Nielsen, der für Finanzen zuständige Staatssekretär Argentiniens, auf der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Dubai mitgeteilt. Zuvor hatte er den Plan Gläubigern vorgestellt.

      Keine Kompromißbereitschaft

      Vorgesehen ist demnach ein komplizierter Tausch der mehr als 150 argentinischen Anleihen, die vor Ende 2001 in sieben verschiedenen Währungen an acht verschiedenen Finanzplätzen begeben worden sind. Seither hat Argentinien aufgrund der schweren Finanzkrise des Landes die Bedienung und Rückzahlung der Anleihen eingestellt. Die Gläubiger haben nun die Wahl zwischen drei verschiedenen neuen Anleihen, die niedrigere Zinskupons tragen und längere Laufzeiten haben.

      „Unser Plan ist nicht als Angebot an die Gläubiger zu verstehen. An den 75 Prozent lassen wir nicht rütteln", ließ Nielsen keine Kompromißbereitschaft erkennen. Der Anleihetausch zu diesen Konditionen beruhe auf der Annahme, daß Argentinien im kommenden Jahr einen Primärüberschuß im Haushalt von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erziele. Das ist derselbe Wert, auf den sich die argentinische Regierung in der neuen Vereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) verpflichtet hat.

      Nach den Worten von Wirtschaftsminister Roberto Lavagna rechnet die argentinische Regierung damit, daß der IWF dem südamerikanischen Land noch auf mindestens zehn Jahre hohe Milliardenkredite zur Verfügung stellen wird.

      Gläubiger bezeichnen das Angebot als völlig unakzeptabel

      Mit Blick auf mögliche Klagen von Gläubigern sagte Nielsen, „Gerichte irgendwo in der Welt sind nicht der Ort, um dieses Problem zu lösen". Zahlreiche Analysten sagten, es sei kaum vorstellbar, daß es zu den vorgeschlagenen Konditionen zu einer Einigung mit den Gläubigern komme. Darüber hinaus seien viele Einzelheiten nicht geklärt und der Plan ohnehin schwer zu durchschauen.

      Die Interessengemeinschaft Argentinien, die deutsche Besitzer betroffener argentinischer Anleihen vertritt, bezeichnete den Plan als unrealistisch. Er verdiene es nicht einmal, diskutiert zu werden. „Wir werden an unseren rechtlichen Ansprüchen auf Rückzahlung festhalten", sagte der Präsident der Interessengemeinschaft, Stefan Engelsberger. Die bis 2006 laufende argentinische D-Mark Staatsanleihe verlor im Frankfurter Handel am Montag 1,6 Prozentpunkte auf 31,50 Prozent.

      Derzeit belaufen sich Argentiniens gesamte Staatsschulden auf fast 180 Milliarden Dollar. Davon werden jedoch lediglich rund 53 Prozent in die Umschuldung einbezogen. Die übrigen 47 Prozent entfallen auf Verbindlichkeiten gegenüber multilateralen Kreditorganisatitionen sowie auf Schulden, die bereits restrukturiert wurden oder nach der Erklärung der Zahlungsunfähigkeit Ende 2001 neu ausgegeben worden waren (meist zur Entschädigung von Banken und Sparern für abwertungsbedingte Verluste). Diese Schulden sollen von der Restrukturierung ausgenommen bleiben.

      Kritik auch am Abkommen mit dem IWF

      Vertreter von Anlegern und Banken haben beklagt, das vergangene Woche abgeschlossene IWF-Abkommen mache zu weiche Anforderungen an Argentinien. Der Primärüberschuß, den die argentinische Regierung für 2004 nach Abzug anderer Staatsausgaben zur Finanzierung des Schuldendienstes aufbringen will, würde lediglich zur Bedienung der multilateralen Kreditgeber wie IWF und Weltbank sowie für die Zahlung an lokale Gläubiger ausreichen. Für die Jahre 2005 und 2006 habe Argentinien lediglich vage Versprechungen gemacht, kommentiert die Dresdner Bank Lateinamerika.

      Trotzdem seien die Auflagen des IWF-Abkommen härter als es die Kirchner-Regierung darstelle, behauptet der argentinische Oppositionspolitiker Rodolfo Terragno. Argentinien habe gegenüber dem IWF „niemals zuvor Verpflichtungen von derartigem Ausmaß übernommen". Die für den Schuldendienst vereinbarten Haushaltsüberschüsse (drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts) seien höher als die Ausgaben für soziale Basisdienste.

      http://www.faz.net/s/RubE4DDED034C25493AB1AF0EE3B01431C2/Doc…
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 00:02:20
      Beitrag Nr. 203 ()
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      Angst vor Dollar-Kollaps wächst

      US-Devise fällt zum Yen auf Drei-Jahres-Tief - G-7-Politiker versuchen Rettungsaktion

      von Anja Struve und Holger Zschäpitz

      Berlin/Frankfurt a.M. - Normalerweise lösen die relativ vorhersehbaren Treffen der G-7-Staaten bei Börsianern eher ein gepflegtes Gähnen aus. Doch dieses Mal war den Finanzministern der sieben führenden Industrienationen die ungeteilte Aufmerksamkeit sicher. Denn schon im Vorfeld des diesjährigen Gipfels in Dubai war klar, dass die Minister zu den wachsenden Ungleichgewichten an den globalen Devisenmärkten Stellung nehmen würden.


      Tatsächlich fiel das Kommuniqué zur weltweiten Währungspolitik so harsch aus wie selten zuvor - und die darauf folgenden Reaktionen an den Börsen nicht minder. Nachdem die Finanzminister mehr Flexibilität bei den Wechselkursen angemahnt hatten, kam es an den Devisenmärkten zu regelrechten Turbulenzen: Der Dollar stürzte gegenüber dem Yen auf den tiefsten Stand seit Dezember 2000. Und auch der Euro verfehlte am Montag die Marke von 1,15 Dollar nur knapp.


      Der Wirbelsturm an den Devisenmärkten brachte auch die Börsen in Unruhe. Der japanische Nikkei-Index verbuchte mit einem Kursrückgang um 463 Punkte den größten Tagesverlust seit zwei Jahren. Die Sorge vor einem Dollar-Kollaps zog vor allem exportorientierte Werte wie Honda, Canon oder Toyota nach unten, die um bis zu acht Prozent einbrachen. Die Sorge um den Dollar belastete auch die europäischen Börsen, allen voran den exportlastigen Dax, wo der Fahrzeughersteller MAN in der Spitze um über fünf Prozent und BMW um vier Prozent einknickten.


      "Anders als sonst brachte der G-7-Gipfel diesmal nicht wachsweiche Kommentare, sondern handfeste Forderungen mit sich", sagt Mark Cliffe, Chefstratege beim Finanzkonzern ING in London. Die genaue Lektüre des Kommuniqués zeigt, dass sich die Finanzminister indirekt gegen jegliche politische Intervention bei den Wechselkursen aussprechen, was vor allem als Seitenhieb gegen die asiatischen Wirtschaftspolitiker und Notenbanker gewertet werden kann. Vor allem China, das seine eigene Währung 1994 an den Dollar gekoppelt hat, verhindert seit Jahren erfolgreich, dass der Yuan zu stark aufwertet und damit die heimische Exportwirtschaft gefährdet. Doch auch die japanische Notenbank hat in diesem Jahr bereits für die Rekordsumme von rund 80 Milliarden Dollar gekauft, um damit eine weitere Aufwertung des Yen zu verhindern. Japan, dessen Wirtschaft nach Jahren der Stagnation in jüngster Zeit wieder im Aufwärtstrend ist, fürchtet negative Folgen für die für das Wachstum entscheidende Exportindustrie, sollte der Yen zu stark nach oben klettern. Kehrseite der Medaille ist nach Ansicht von Experten die wachsende Unterbewertung der asiatischen Währungen: So sei der Yen um rund 20 Prozent zu niedrig bewertet. Beim Yuan sehen Analysten sogar eine Unterbewertung von rund 40 Prozent. "Wenn sich Wechselkurse durch politische Interventionen zu weit von ihren fairen Werten entfernen, führt dies zu deutlichen Ungleichgewichten", warnt Jörg Käfer, Chefvolkswirt von Invesco: "Sollten diese wirtschaftlichen Ungleichgewichte zu lange anhalten, kann es irgendwann zu einem Kollaps kommen."


      Wie groß die Handelsvorteile durch die künstlich niedrig bewerteten asiatischen Währungen sind, lässt sich am Beispiel des US-Leistungsbilanzdefizits ablesen, das vor allem durch die asiatischen Importe verursacht wird. Nach Berechnungen von Merrill Lynch wird das US-Leistungsbilanzdefizit in diesem Jahr sogar von zuvor 480 Mrd. Dollar auf die Rekordsumme von 600 Mrd. Dollar steigen - Geld, das die USA von außerhalb importieren müssen. Verschärft wird diese Problematik durch das hohe Budgetdefizit, das in diesem Jahr auf ebenfalls 600 Mrd. Dollar steigen wird. Pro Minute müssen die USA damit insgesamt über 2,3 Mio. Dollar an ausländischem Kapital ins Land locken. Doch spätestens dann, wenn die Bereitschaft der Anleger nachlässt, ihr Kapital in diesem Umfang in den USA zu investieren, könnte es zu einem Kollaps kommen, warnt David Rosenberg von Merrill Lynch im Hinblick auf die Historie. Die zeigt, dass hohe Defizite mit einem schwachen Dollar einhergehen.


      Damit ein Kollaps nicht passieren kann, versuchen die Politiker nun, die Abwertung in geordnete Bahnen zu lenken. Deshalb habe der G-7-Gipfel historische Bedeutung, so Rosenberg: "Es gibt keinen Zweifel, die Tage des starken Dollar sind vorbei."


      Artikel erschienen am 23. Sep 2003

      http://www.welt.de/data/2003/09/23/172415.html
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 00:14:01
      Beitrag Nr. 204 ()
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 00:31:15
      Beitrag Nr. 205 ()
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 00:35:34
      !
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      Avatar
      schrieb am 23.09.03 00:37:00
      Beitrag Nr. 207 ()
      SPD: Agenda 1984 statt Agenda 2010

      Egal wie hoch die Wahlniederlagen sind, die SPD lässt sich immer wieder neue Wege einfallen, unsere Zukunft zu kollektivieren. Jetzt sind die armen Kinder dran. Die pädagogische Wissensvermittlung, so erklärte der SPD-Generalsekretär am Wochenende, solle bundesweit jetzt bereits in der frühkindlichen Erziehung einsetzen.

      Dazu müsse Deutschland jedem Kind von der Geburt bis zum Ende der Schulpflicht im Rahmen einer gesamtstaatlichen Bildungsoffensive eine Ganztagsbetreuung garantieren. Man will die Kinder also unter die Knute des Staates. Wie in unserer unsäglichen Vergangenheit, wie in der DDR, wie in fast allen diktatorischen Systemen. Erinnerungen an Orwell und seinen Roman "1984" lassen sich dabei nicht mehr von der Hand weisen. Alles, was jetzt noch fehlt, ist, dass die Partei auch für die Zeugung, das Austragen und die Geburt der Kinder Verantwortung übernimmt.

      Ist in diesem freiheitlichen Land eigentlich niemand bisher auf die Idee gekommen, dass es viel besser wäre, den Eltern einfach das Geld, das man in diesen kollektiven Irrsinn investieren möchte, nicht wegzusteuern? Sondern den Eltern das Geld zu belassen und ihnen damit die eigene Regie über die Betreuung ihrer Kinder zu überlassen? Was für ein Gewinn an Freiheit das wäre. Für die Eltern und ganz besonders für die Kinder. Und vor allem: Wie viele Arbeitsplätze dadurch in der individuellen, dezentralisierten Kinderbetreuung geschaffen werden würden.


      Das lange Warten hat ein Ende: Nach den beiden letzten Romanen von Bernd Niquet, "Der Zauberberg des Geldes" und "Das Orwell-Haus", ist nun unter dem Titel "Klabautermannzeit" der letzte Band dieser "Trilogie aus einer begüterten Welt" erschienen. Sie können das Buch hier bestellen.


      Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.

      http://www.instock.de/Nachrichten/10134292.html
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 00:40:39
      Beitrag Nr. 208 ()
      Blackout
      ++ Fehlender Anker ++

      Von Claus Vogt
      „Die größte Macht der Welt hat eine Dritte Welt-Energieversorgung.“ So lautete der Kommentar von Bill Richardson. Er muß es wissen, denn als ehemaliger US-Energieminister der Clinton-Administration ist er dafür mitverantwortlich. Ob er an Simbabwe dachte? Wie auch immer, uns verschafft er mit dieser schönen Aussage die seltene Möglichkeit, auf das von uns so geliebte und traumhaft schöne Simbabwe zu verweisen. Dankbar nehmen wie diese Gelegenheit wahr, zumal wir schon seit geraumer Zeit rätseln, ob die Folgen der Greenspanschen Spekulationsblase eher dem Beispiel Japans oder dem Argentiniens ähneln werden. Jetzt also mehren sich die Hinweise auf Simbabwe.

      Einerseits ist das Platzen einer Spekulationsblase ein dezidiert deflationäres Ereignis. Andererseits hat Fed Governor Bernanke natürlich Recht mit seiner Feststellung, es könnten beliebig viele US-Dollar gedruckt werden. Nur seine Behauptung, das würde nichts kosten, teilen wir nicht. Die Herstellungskosten der Dollars, da stimmen wir ihm zu, sind nahezu Null. Die weltwirtschaftlichen Folgekosten der von der Fed betriebenen verantwortungslosen Entwertung des Dollars, auf dem das gegenwärtige Weltwährungssystem beruht, sind jedoch kaum zu überschätzen. Unsere trotz immenser Anstrengungen noch immer ziemlich unausgegorenen Gedanken zu diesem heiklen Thema möchten wir unseren Lesern aber erst zu einem späteren Zeitpunkt präsentieren, immer hoffend, bis dahin neue Einsichten und mehr Klarheit erlangen zu können. Spätestens wenn der Goldpreis sein aus dem Jahr 1980 stammendes Hoch von 850 US-Dollar übersteigt, werden wir uns dieser komplizierten Materie aber ähnlich intensiv widmen müssen wie wir es seit Jahren der größten Spekulationsblase aller Zeiten angedeihen lassen.

      Einstweilen möchten wir unsere geneigten Leser lediglich anhand einiger historischer Wahrheiten neugierig machen. Wer jemals in seinem Leben ein Geschichtsbuch zur Hand genommen hat, der weiß, daß nichts von Dauer ist. Diese Feststellung gilt, so schmerzlich das für sensible Anleger klingen mag, auch für Weltwährungssysteme. Während der Blütezeit des Liberalismus von 1870 bis 1914, die bis dahin ungeahnten Fortschritt und Wohlstand erzeugte, gab es den internationalen Goldstandard. Dieser sorgte für eine Preisstabilität, die für uns Opfer moderner Notenbanken mit ihrer Inflation-ist-gut-Doktrin fast unglaublich klingt. Das Preisniveau kurz vor dem Ersten Weltkrieg entsprach dem Preisniveau aus der Zeit vor den napoleonischen Kriegen. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges ging dieses solide Arrangement unter. Es folgte Anfang der 1920er Jahre der Golddevisenstandard (Gold Exchange Standard). Nur die USA und Großbritannien hielten 100 Prozent Goldreserven, alle anderen Nationen konnten neben Gold auch Pfund und Dollar halten. 1944 beschlossen die Alliierten in Bretton Woods das Nachkriegswährungssystem, in dem die Rolle des Goldes weiter vermindert wurde. 1971 schließlich brach der damalige US-Präsident einseitig die Verträge und hob die nur noch für Notenbanken geltende Konvertibilität des US-Dollar in Gold auf. Seither gibt es keinen Anker mehr im Weltwährungssystem, keinen die Politiker und ihre Notenbanken disziplinierenden Mechanismus. Es kann beliebig viel Geld gedruckt werden. Das Schicksal des Weltwährungssystems wurde vertrauensvoll in die Hände der Greenspans und Bernankes gelegt. Wie wir in den vergangenen Jahren gesehen und gehört haben, sind sie dieser übermenschlichen Aufgabe erwartungsgemäß nicht gewachsen.


      ++ Fehlender Anker ++
      ++ „Weider so“ ++



      Eine klare Marschroute hin zu immer unstabileren, unseriöseren Währungssystemen und zu immer mehr staatlicher Intervention und Manipulation ist aus diesem kurzen Abriß klar erkennbar. Wie wird es weitergehen? Wird es eine Rückbesinnung geben? Gold und Silber? Ist der chinesische Renminbi die Währung der Zukunft? Der arabische Gold-Dinar? Womöglich der Euro? Oder ist ein Szenario möglich, für das es in der deutschen Finanzmetropole Frankfurt den griffigen mundartlichen Ausdruck „Als weider so“ gibt?

      Nach diesem hoffentlich erhellenden Exkurs in den Dschungel internationaler Währungssysteme kehren wir jetzt zurück in das Dunkel des US-amerikanischen Stromausfalls. Vorwürfe, Erklärungen und der heutzutage selbst in den USA unvermeidliche Ruf nach staatlicher Intervention hallten durch die Medienlandschaft. Schuldige und politisch genehme Sündenböcke wurden gesucht und gefunden. Den Hinweis auf einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Dritte Welt-Ereignis in den USA und der größten Spekulationsblase aller Zeiten ebenda vermißten wir allerdings. Kurz entschlossen liefern wir ihn deshalb selbst. Immer wieder verwiesen wir in unseren Analysen auf die durch die Spekulationsblase bedingte Kapitalfehlallokation und die Malinvestments. Der Blackout in den USA liefert ein gutes Beispiel, um diese Begriffe mit etwas Leben zu füllen. Anstatt notwendige und seriöse, aber langweilige und vergleichsweise sichere Investments in Stromerzeugung und -verteilung vorzunehmen, verleitete die Dynamik der Bubble Anleger und Finanziers dazu, ihr Geld beispielsweise den scheinbar aussichtsreicheren Dotcom-Unternehmungen anzuvertrauen oder gar in den dunklen Kanälen des Energiehändlers Enron zu versenken. Außerdem scheuten sich viele der klügsten Köpfe der Nation, den Karriereweg in den altmodischen Bereich der Versorger anzustreben. War es nicht viel aussichtsreicher und noch dazu überaus chic, dem High Tech-Bereich anzugehören und mit Aktienoptionen im Zentrum der „New Economy“ zu stehen? Wer von den besonders ehrgeizigen Studienabgängern wollte sich schon mit so banalen Dingen wie der Stromversorgung abgeben, wenn er dank seiner mathematischen Begabung stattdessen Finanzingenieur oder Enron beratender Investmentbanker werden konnte? Neben den deutlich sichtbaren, spektakulären Ereignissen, die mit Spekulationsblasen einhergehen, gibt es zahlreiche eher subtile Nebenwirkungen auf die Kapitalstruktur einer Volkswirtschaft. Viele werden erst nach langer zeitlicher Verzögerung offensichtlich und erscheinen den in Bubble-Analyse unbedarften Beobachtern als unabhängige Ereignisse.


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.


      ++ Fehlender Anker ++
      ++ „Weider so“ ++
      [ Montag, 22.09.2003, 16:02 ]
      http://www.instock.de/Nachrichten/10134298/pos/2
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 00:49:36
      Beitrag Nr. 209 ()
      Urlaubsvertretung

      von Michael Vaupel

      Diese Woche springe ich für Jochen Steffens ein – der sich momentan auf einer der kanarischen Inseln befindet und gerade hoffentlich seinen Urlaub genießt. Er hat mir gesagt, dass er dort für eine gute Woche das Thema "Börse" komplett vergessen will, aus diesem Grund ist er auch nicht erreichbar. Richtig so! Ich weiß, dass er ein echter Vollblut-Börsianer ist, der täglich mindestens 10 Stunden vor seinen Monitoren sitzt. Da sei ihm diese Auszeit gegönnt. Ich werde natürlich versuchen, einen guten Ersatz für ihn zu bieten.

      Doch vorher möchte ich mich kurz vorstellen: Ich bin Diplom-Volkswirt und Chefredakteur sowie Chefanalyst für Zinsen und Währungen beim Börsenbrief "Optionsschein-Profits". Einige von Ihnen kennen mich vielleicht bereits von diesem Börsenbrief oder von meinen Gastartikeln im Investor`s Daily. Im Gegensatz zu Herrn Steffens bin ich kein "Daytrader", der jede Bewegung an den Märkten hektisch mitverfolgt. Ich versuche vielmehr, große Trends (Megatrends) zu finden, die noch nicht ausgereizt sind. Da kommt es nicht auf Sekunden oder Minuten an – sondern auf eine ruhige und messerscharfe Analyse der Fakten, die auf dem Tisch liegen. Die muss stimmen.

      Und dann suche ich entsprechende Zertifikate oder Scheine, mit denen man diesen Trend mitgehen kann. Dabei versuche ich, nicht der breiten Masse zu folgen, sondern eher unbekannte Trends aufzudecken. Gegenüber europäischen und besonders US-Titeln bin ich derzeit sehr zurückhaltend: Trotz der Kursgewinne der letzten Monate bleiben bei den Standardtiteln die starken negativen Kräfte bleiben bestehen. Ich warne Sie dringend:

      Fallen Sie nicht auf die Heißmacher der breiten Finanzpresse und der Banken hinein! Die aktuelle Rally an den amerikanischen Börsen ist EINE FALLE, ähnlich der des Jahres 2000. Die Erwartungen sind viel zu hoch geschraubt, ein KGV von über 25 ist angesichts der ausbleibenden Wachstumsdynamik nicht zu rechtfertigen. Außerdem explodieren die amerikanischen Haushaltsdefizite, im nächsten Jahr könnte das Minus den Rekordwert von 500 Mrd. US$ erreichen! Ein Grund: Die hohen Besatzungskosten für den Irak (1 Mrd. US$ pro Woche). Die deutschen Aktien sind zwar günstiger bewertet, aber das Gewinnwachstum – und damit die Perspektive für steigende Kurse – bleibt mehr als bescheiden. Außerdem: Die Nachrichten von den zunehmenden Unternehmenspleiten in Deutschland gefallen mir überhaupt nicht. Alleine im ersten Halbjahr gab es 19.200 Insolvenzen (+4,6 % gegenüber dem Vorjahreswert), 330.000 Beschäftigte verloren deshalb ihren Job. In einem solchen Umfeld jetzt noch historisch hoch bewertete Aktien zu kaufen, ist mehr als riskant. Mein Rat: Erweitern Sie Ihr Blickfeld, über Frankfurt und New York hinaus. Es gibt noch Märkte, an denen Sie auch Aktien kaufen können: China, Osteuropa und Japan. Dazu werde ich in den nächsten Tagen mehr schreiben.

      Und vergessen Sie das Gold nicht. Wer mich kennt und meinem Rat gefolgt ist, hat ohnehin längst entsprechende Gold-Zertifikate im Depot. Beispiel amerikanische Geldmenge: Die steigt jeden Tag um 3 Mrd. US$. Das bedeutet: Bei dem Tempo reicht der Zuwachs von 18 Monaten aus, um die gesamten Goldvorräte der Erde aufkaufen zu können! Das Angebot an US$ explodiert, die Goldmenge stagniert – das logische Fazit ist ein steigender Goldpreis. Auch zu diesem Thema mehr in den nächsten Tagen! Jetzt der Blick aufs Tagesgeschäft – diese Entwicklung könnte Sie interessieren:

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      Euro wieder stark

      von Michael Vaupel

      Direkt heute Morgen schaffte der Euro den Sprung über die 1,14. Am Wochenende hatte es ein G7-Treffen gegeben, das eher unspektakulär verlief. Durch die Blume wurde China aufgefordert, seine Währung frei schwanken (floaten) zu lassen. Und: Die Politik des starken Dollar erweist sich immer mehr als ein Relikt aus der Vergangenheit. Das hat die National Bank of Australia ganz passend formuliert – und ich kann mich dem nur anschließen. Die Fakten, die gegen den Dollar sprechen, sind einfach zu zahlreich. Unser Kollege Bill Bonner hat Ihnen schon öfters die genauen Fakten genannt, ich möchte das an dieser Stelle nicht wiederholen. Wohin die Reise für den Euro bis Jahresende geht, dürfte klar sein: Kurse über 1,20 sind meiner Meinung nach so gut wie sicher. Kurzfristig – ist natürlich alles drin. Eine kurzfristige Prognose ist immer mit einem höheren Glücksfaktor verbunden als eine langfristige. Immerhin, die Charttechnik hilft: Und die sagt, dass der Euro bei 1,1468 einen harten Widerstand hat. Wenn er den packt, dann kann es ganz schnell weiter aufwärts gehen. Nun, im Moment steht er kurz vor dieser Marke. Morgen wissen wir mehr.

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      Krieg gegen die Deflation
      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Der Krieg gegen die Deflation ... wer gewinnt?

      Jede Woche verfeuern die USA in diesem Krieg rund 20 Mrd. Dollar an Munition; das ist der Betrag, um den die Geldmenge (M3) zuletzt gestiegen ist. Einige Preise steigen ... Erdgas, zum Beispiel ... Aktien ... Immobilien ..."Kein Wunder, dass man so viele Dollar braucht, um in diesen Tagen ein Haus zu kaufen", so eine Email, die ich erhalten habe. "Ein Haus, das heute in den USA 250.000 Dollar wert ist, hätte 1971 nur 95.000 Dollar gekostet!"

      "Leider wird der Ausblick für den Dollar nicht besser. Nicht angesichts der Tatsache, dass die Regierung rund um die Uhr Dollar druckt, sowohl für die eskalierenden Irak-Kriegskosten als auch für zahlreiche Wähler zufrieden stellende Projekte im Hinblick auf die Wahlen im nächsten Jahr." Aber, so die Email meines Korrespondenten weiter, "der globale Währungsmarkt, der größte und liquideste Finanzmarkt der Welt, beginnt Blut zu riechen. Zwischen Februar 2002 und dem 1. September 2003 hat der Dollar gegenüber dem Schweizer Franken 22 %, gegenüber dem Euro 27 % und gegenüber dem Neuseeland-Dollar 39 % verloren. Das ist ein Faktum, und die Liste geht weiter ..." Gold, füge ich noch hinzu. Und hier ist das Merkwürdige. Während der Dollar gegenüber den ausländischen Währungen, ... den Immobilien und den Aktien ... und Gold ... fällt, steigt er gegenüber den anderen Rohstoffen. So ist zum Beispiel der Ölpreis unter 27 Dollar gefallen. Und die Inflationsprognose des Anleihenmarktes – gemessen an der Differenz zwischen "normalen" und inflationsgesicherten US-Anleihen – ist auf unter 2 % gefallen. Wenn man 10 Jahre in die Zukunft sieht, dann sehen die Anleiheninvestoren Inflation nicht als Bedrohung. Oder sie sind einfach dumm.


      Ich könnte mir vorstellen, dass von beiden Möglichkeiten ein bisschen stimmt. Es ist das "dumme Geld", das den Markt bewegt. Wer sonst würde zu diesen Kursen Aktien kaufen? Wer sonst würde der Bush-Regierung zu so niedrigen Zinsen wie zu Zeiten von US-Präsident Eisenhower Geld leihen? Zu Zeiten Eisenhowers waren die USA der größte Gläubiger der Welt; jetzt sind sie der größte Schuldner der Welt. In den 1950ern erholte sich die Nation vom Weltkrieg und von der Weltwirtschaftskrise; jetzt befinden wir uns am Ende eines großen Booms und einer großen Spekulationsblase. Die konservative Eisenhower-Regierung erzielte Haushaltsüberschüsse; die pseudo-konservative Bush-Clique produziert die schlimmsten Haushaltsdefizite der Geschichte. Ich genieße Absurditäten. Aber das Spektakel der heutigen Gläubiger und Aktienkäufer ist fast zuviel, selbst für mich. Nicht, dass ich wüsste, ob sie Geld verdienen ... oder verlieren werden. Oder ob sie wirklich dumm oder wirklich klug sind. Ich weiß es nicht. Aber basierend auf den Fakten sind sie vielleicht weder das eine noch das andere. Ohne Nachzudenken, scheinen sie zu glauben, dass sich alles irgendwie weiter durchwurschteln wird und zu einem guten Ende kommen wird.

      Bevor ich an Eric Fry übergebe, noch ein Hinweis: Das Buch, das Addison Wiggin und ich zusammen geschrieben haben, kann in den USA schon bestellt werden. Es ist brandneu und wir hoffentlich bald ausgeliefert werden. Leider gibt es bis jetzt nur eine englische Version, noch keine deutsche.

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      Nasdaq 70 % über Tiefststand aus dem Jahr 2002

      von unserem Korrespondenten Eric Fry

      Weder der Hurrikane Isabel noch der Weggang von Richard Grasso, Chairman der New Yorker Börse, bereitete den Aktienmarkt-Investoren Sorge. Sie kauften gestern wieder fleißig Aktien, und da sie das schon seit Monaten tun, steht der Nasdaq-Composite jetzt satte 70 % über dem Tief vom letzten Jahr. Das ist das höchste Niveau seit März 2002. Zahlreiche Analysten gehen davon aus, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange war. So Volkmar Michler vom Börsenbrief "Cutting Edge", der das aktuelle Kursniveau des Nasdaq-Composite fast punktgenau prognostiziert hatte. Seine weitere Einschätzung: Selbst nach dem heutigen Kursverlust bleibt der Aufwärtstrendkanal intakt, wenn die Marke von 1.750 Punkten hält. Sollte das der Fall sein, kann der Index schnell wieder bis 1.880 Zähler laufen, danach wären dann 1.950 Punkte drin. Alles innerhalb der nächsten zwei Wochen. Nun, wir werden sehen. In der Vergangenheit lag Herr Michler jedenfalls ziemlich gut mit seinen Prognosen.

      Es gibt in den USA zahlreiche Spekulationsblasen – kurz "Blasen". So zum Beispiel die "Hypotheken-Blase", die "US-Dollar-Blase", und natürlich die "einseitige-amerikanische- militärische-Aktionen-gegen-angebliche-Terroristen-Nationen"-Blase. Dann gibt es auch am gesamtwirtschaftlichen Himmel zahlreiche schwarze Löcher: Spekulationsblasen aus frühren Epochen die eine Zeitlang brillant schienen, bevor sie dann wie eine Supernova verglühten – und das berüchtigtste Beispiel dafür war die Nasdaq-Jahr–2000-Spekulationsblase.

      Vor kurzem haben ein paar Amateur-Astronomen verkündet, dass sie ein neues Licht am Himmel entdeckt haben: die sogenannte "China-Blase". Ist das eine Blase oder nicht? Niemand kann das mit Sicherheit sagen. Vielleicht ist das auch nur ein hochfliegendes Überwachungsflugzeug oder ein niedrig fliegendes UFO. Aber es besitzt Charakteristika, die für eine Blase typisch sind. Allerdings ist diese China-Blase – wenn sie denn eine ist – in meinem New Yorker Büro kaum sichtbar. Vielleicht ist das deshalb, weil das Leuchten der finanziellen Exzesse in dieser Stadt es schwer macht, entferntere Lichter zu sehen. Verglichen mit den spektakulären Blasen der US-Finanmärkte ist die China-Blase (so sie denn existiert) kaum erwähnenswert. Wenn der US-Hypothekenmarkt kollabiert oder der Aktienmarkt einbricht oder der Anleihenmarkt implodiert oder die irakischen Terroristen ihren Widerstand gegen die Annexion des Irak verlängern, dann wird der Dollar leiden ... und zwar stark. Den Dollar zu verkaufen, ist deshalb ein vernünftiger Schachzug, für alle Ländern, alle Märkte.

      James Grant vom Grant`s Interest Rate Observer schreibt: "Die Asiaten produzieren; die Amerikaner konsumieren. Die Asiaten verschiffen ihre Güter nach Osten; die Amerikaner schicken ihre Dollar nach Westen. Und dann passiert etwas noch Wundervolleres. Dieselben Dollar bewegen sich wieder nach Osten, wo sie dann in US-Staatsanleihen und US-Hypothekenbanken investiert werden (als ob die Dollar die USA nie verlassen hätten!) ..."

      Von US-Kongressabgeordneten hört man: "Die unterbewertete chinesische Währung macht es für uns schwieriger, wettbewerbsfähige Güter zu Hause zu produzieren. Also wenn China den Yuan nicht selbst anpasst, dann werden wir ihn anpassen, indem wir ihre Produkte mit einem Zoll von 27 % belegen werden." Das ist die geopolitische Doktrin von Bush und Rumsfeld, angewandt auf die Devisenmärkte. Aber anstatt diesmal Nationen zu suchen und zu bestrafen, die Terroristen beherbergen, tritt der Kongress jetzt dafür ein, Nationen zu suchen und zu bestrafen, die Massenvernichtungs-Währungen haben.

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      Wirkliche Demokratie

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      *** In der Times of London hat Peter Jones einen interessanten Artikel verfasst, der uns daran erinnert, dass wirkliche Demokratie wenig mit modernen Wahlen gemeinsam hat: "Die alten Athener liefern uns die Antwort. Es hat alles mit ihrer einzigartigen Erfindung zu tun – realer Demokratie. Diese dauerte von 508 vor Christus bis 322 vor Christus, und sie wurde nie wiederholt. Im alten Athen übernahmen alle männlichen Bürger über 18 alle politischen Entscheidungen. Diese Entscheidungen wurden dann durch eine Exekutive durchgeführt. Von wenigen Ausnahmen abgesehen waren die Mitglieder der Exekutive nicht gewählt. Die Griechen verstanden, dass Wahlen nicht demokratisch sind, da sie meritokratisch sind, d.h., sie sind darauf angelegt, den Besten zu finden." "Der einzige Weg, demokratisch Leute zu ernennen, ist das Los ..." Es geht um das britische Oberhaus. Wenn die Mitglieder des Oberhauses per Los ausgewählt würden – also eher durch Glück als durch Betrügereien – dann "könnte möglicherweise in diesem Land etwas Vertrauen in den demokratischen Prozess wiederhergestellt werden", so das Fazit von Peter Jones. *** Die heutigen Nachrichten meinen, dass die Kampagne zur Gewinnung der Herzen der Iraker nicht so gut wie erhofft läuft: "Es war offensichtlich, dass die Amerikaner tot waren", zitiert die Times of London einen Taxifahrer, der einen Angriff auf einen US-Konvoi mitbekam. "Man konnte das daran sehen, wie sie über die Straße gezogen wurden. Ich bin sehr froh darüber und jeder Muslim, jeder Iraker fühlt das Gleiche. Sagt der Koalition, dass der Irak ein Massengrab für die Amerikaner werden wird." "Bei Sonnenuntergang", so der Bericht weiter", eskortierten ein Konvoi von US-Panzern, gepanzerten Autos, ein Kran und ein LKW das Wrack eines der ausgebrannten Trucks zurück zur Basis. Junge Iraker rannten zur Stelle des Angriffs, und sie trugen ein umrahmtes Porträt von Saddam Hussein. "Vorbeifahrende Autos hupten, junge Männer tanzten um die Reste der Reifen, und Jungs sammelten Reste des Trucks ein."

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      Krieg gegen den Terror – schlechte Noten für Bush

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Und eine aktuelle Pressemitteilung vom Independent Institute: "Zwei Jahre nach den Attacken vom 11. September erhält die Bush-Adminstration bei ihrem Krieg gegen den Terror schlechte Noten", so Ivan Eland, Direktor vom Center on Peace & Liberty des Independent Institute. "Bis heute wurde der größte Erfolg – die Eliminierung des Taliban-Regimes in Afghanistan, das al Qaeda Unterschlupf gewährte – durch die Flucht der Führer von al Qaeda verringert ( ...)", so Eland. "Reste der Taliban nutzen jetzt die fortgesetzte US-Militärpräsenz im Land für einen Guerillakrieg nach Tschetschenien-Art gegen die US-unterstützte Regierung von Hamid Karzai." Und wenn man die Performance der Bush-Administration außerhalb von Afghanistan ansieht, dann fallen die Noten von durchschnittlich auf schlecht. Der Kriegen gegen den Irak, eines der Länder, die Bush als "Achse des Bösen" bezeichnet hat, hat dazu geführt, dass es den Irakern jetzt sogar noch schlechter geht als unter Saddam Hussein, und er hat dazu geführt, dass andere Länder jetzt ihre Waffenprogramme beschleunigen, so Eland. Anstatt die Amerikaner "sicherer zu machen und die Weiterleitung von Massenvernichtungswaffen an Schurkenstaaten und Terrorgruppen zu verhindern", hat der Krieg gegen den Terror "jetzt das amerikanische Volk ins Fadenkreuz geholt und unzweifelhaft dazu geführt, dass die Schurkenstaaten ihre Waffenprogramme beschleunigt haben", so Eland.

      http://www.investor-verlag.de/
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 01:11:31
      Beitrag Nr. 210 ()
      @h-s
      bevor du diesen Text liest
      Brille putzen !:D :cool:
      dann hast du wieder Durchblick.



      Kapitalismus ist Krieg

      Norbert Rost 23.09.2003
      War der Irak-Krieg nur die konsequente Umsetzung der Wirtschaftstheorie von John Maynard Keynes?


      In seiner "Allgemeinen Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes" kommt Keynes zu Schlussfolgerungen, die nicht nur die Aufrüstung der USA aus wirtschaftspolitischer Sicht erklären, sondern zugleich den Krieg gegen den Irak in ein neues Licht rücken können. Dabei könnte Keynes` Theorie auch die sein, die dem Kapitalismus das Genick bricht - nur ist das reichlich unbekannt.

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      Die "Magie" der im Lauf eines halben Jahrhunderts akkumulierten Zinseszinsen wirkte sich ebenso auf unseren Verteidigungsetat aus wie die kumulierten wissenschaftlichen und technologischen Forschungen unserer Streitkräfte. Mit der Macht kommt Verantwortung, ob man sie nun anstrebt oder nicht, ob sie willkommen ist oder nicht. Und es ist einfach eine Tatsache: Wenn man über so viel Macht verfügt wie wir heute, findet man entweder Mittel und Wege, sie anzuwenden, oder aber die Welt wird sie für einen finden.
      Irving Kristol, Vordenker der US-amerikanischen Neokonservativen in der Weltwoche




      Die Wirtschaftstheorie von John Maynard Keynes ist ein ungeliebtes Kind der Kapitalismus-Kritiker. Zu unrecht, erklärt Keynes doch im Grunde nur, wie die Wirtschaft im Kapitalismus funktioniert und auch wie Krisen entstehen. Kritiker sollten sich deshalb lieber am "Kenne deinen Gegner"-Prinzip orientieren. Als Schlussfolgerung seiner Erkenntnisse gibt Keynes Anregungen, wie diese Krisen verhindert oder gemildert werden können. Dass seine Theorie heute dazu herhält, den Kapitalismus am Leben zu erhalten liegt vor allem daran, dass die in seinem Werk skizzierten Alternativen kaum wahrgenommen werden.


      Wie kommt es zu Wirtschaftskrisen?


      Nach Keynes kommt es zu Wirtschaftkrisen, wenn die "Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals" unter den "Zinsfuß" rutscht. Unter der "Grenzleistungfähigkeit des Kapitals" versteht Keynes die erzielbare Rendite, die zusätzlich investiertes Kapital in der Wirtschaft erwarten kann. Wenn neue Investitionen in einer Volkswirtschaft im Schnitt 5% Rendite erzielen, so beträgt die "Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals" 5%.

      Unter dem "Zinsfuß" versteht Keynes die - hauptsächlich psychologische - Grenze, ab der Wirtschaftsteilnehmer bereit sind, sich von ihrem Geld zu trennen und es zu investieren. Bei Keynes klingt das so:




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      Da der Zinsfuß die Belohnung für die Aufgabe der Liquidität ist, ist er somit jederzeit ein Maß für die Abneigung derer, die Geld besitzen, sich von der liquiden Verfügung darüber zu trennen.1





      Von Keynes stammt die Theorie der "Vorliebe für Liquidität", also die Ambitionen jedes Wirtschaftsteilnehmers, lieber Geld anstatt Güter in der Hand zu haben. Dass diese Theorie stimmt, zeigt sich unter anderem daran, dass heute niemand "Urlaub verdienen" oder "Auto verdienen" geht, sondern "Geld verdienen" - auch wenn er sich später mit diesem Geld Urlaub oder ein Auto kauft. Liquide zu sein bedeutet, jederzeit die Wahl zu haben. Hat man sein Geld erst einmal investiert, wird es schwerer, diese Investition in eine andere umzuschichten. Daraus leitet sich die Erkenntnis ab, dass der Zinsfuß bei ca. 3% liegt - erst ab dieser Rendite sind Geldbesitzer im Normalfall bereit, sich von ihrem Geld zu trennen und es zu investieren.

      Wenn die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals unter den Zinsfuß rutscht, bedeutet das, dass in einer Wirtschaft weniger Rendite erzielbar ist, als die Wirtschaftsteilnehmer als Anreiz brauchen, um zu investieren. Das Ergebnis: Geld wird aus der Wirtschaft abgezogen indem es entweder langsamer umläuft ("Geldhortung") oder vermehrt zur Spekulation statt Investition genutzt wird - mit der Folge von Arbeitslosigkeit, Stockungen im Wirtschaftskreislauf und Stagnation oder sogar Schrumpfung der Wirtschaftsleistung.


      Keynes Lösungsvorschlag


      Nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip kann man, wenn die Ursache eines Problems bekannt ist, Vorschläge zur Lösung machen. Hauptursache ist auf den ersten Blick ein Absinken der Renditemöglichkeiten für Kapital, also ist Keynes` Idee, diese durch Investitionen des Staates anzuheben. Diese Investitionen geschehen natürlich hauptsächlich durch Steuern oder auf Pump. In den modernen Staaten werden Steuern vor allem von der breiten Masse der Bevölkerung erhoben - und auf dem Wege der staatlichen Investition dazu benutzt, um die Renditen der gutbetuchten Kapitalbesitzer anzuheben. Allein aufgrund dieses versteckten Umverteilungsmechanismus von Arm zu Reich ist die Kritik an diesem Vorgang berechtigt.

      Während Chirac und Schröder ihre neue "Initiative für Wachstum" angeblich dazu nutzen wollen, um öffentliche Gelder in Bahnverbindungen, Windkraftanlagen, Telekommunikation sowie Forschung und Entwicklung zu investieren, schaukelt sich in den USA vor allem seit dem 11. September 2001 die Rüstungsschaukel hoch. Öffentliche Gelder werden unter dem Deckmantel des "Krieg gegen den Terror" vor allem in Rüstung, Überwachung und Militärforschung gesteckt und kurbeln auf diesem Wege die US-Wirtschaft an. Obwohl selbst die offiziellen Wachstumszahlen inzwischen von verschiedenen Seiten angezweifelt werden, tragen nach diesen die Rüstungsausgaben 56% zum derzeitigen US-Wirtschaftswachstum bei.


      Abwandlung von Keynes` Lösungsvorschlag


      Mit der fortschreitenden Aufrüstung der Vereinigten Staaten ergibt sich aber auch automatisch ein zweiter Lösungsvorschlag, den Helmut Creutz unter dem Stichwort Wirtschaftliche Triebkräfte von Rüstung und Krieg zusammenfaßt und der ebenfalls aus Keynes` Überlegungen ableitbar ist: Krieg.

      Ein Beispiel: Erzielen 1.000 Euro Investitionen in einer kleinen Volkswirtschaft eine Rendite von 500 Euro, so beträgt die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals 50%. Werden die gleichen 500 Euro aber von 10.000 Euro Investitionssumme erzielt, so beträgt die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals nur noch 5%. Gelingt es also, die gleiche Rendite bei weniger investiertem Kapital zu erzielen, so kommt dies einem Anstieg der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals gleich.

      Damit ergibt sich die Schlussfolgerung, dass eine Vernichtung von Sachkapital die Renditefähigkeit vergrößert, da die Nachfrage erhöht und gleichzeitig das Angebot abgesenkt wird. Dadurch steigt der Preis und damit die Gewinnmargen. Am schnellsten und gründlichsten wird Sachkapital durch die physische Zerstörung vernichtet. Was liegt also näher, die Aufrüstung dafür zu nutzen, andere Dinge kaputtzumachen? Das vergrößert zum einen den Spielraum für neue Rüstung, bietet zum anderen Investitionsmöglichkeiten von Grund auf und entsprechend hohe Wachstums- und damit Renditeerwartungen.

      Seit Jahren wurde die irakische Ökonomie durch die UN-Sanktionen ausgehungert. Nach dem Angriff auf das Land wird nicht nur die Öl-Industrie neu verteilt, sondern auch das Mobilfunk-Netz - natürlich vor allem an US-Unternehmen. Doch auch die Baubranche dürfte in einem friedlichen Irak interessante Wachstumsraten erleben. Da die US-Wirtschaft selbst Wachstum gebrauchen kann, um die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals wieder über den Zinsfuß zu heben, ist jede Investitionsmöglichkeit, die hohe Renditen erwarten lässt, natürlich willkommen. Auch den US-Neokonservativen selbst kommt die "Magie des Zinseszins" offenbar ganz Recht - Grund genug, die Renditen nicht abstürzen zu lassen.


      Der unvollendete Alternativ-Vorschlag des John Maynard Keynes


      Ich wiederhole: Wirtschaftskrisen kommen nach Keynes dann zustande, wenn die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals unter den Zinsfuß rutscht. Anstatt, wie oben dargelegt, die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals anzuheben, käme auch eine Absenkung des Zinsfußes in Betracht.




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      Wenn eine Senkung des Zinsfußes an sich ein wirksames Heilmittel sein könnte, wäre es möglich, einen Anstieg [der Konjunktur, N.R.] ohne beträchtlichen Zeitverlust [..] zu vollbringen. Tatsächlich ist dies aber gewöhnlich nicht der Fall; und es ist nicht so leicht, die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals zu beleben, die nun einmal durch die unlenkbare und unfügsame Psychologie der Geschäftswelt bestimmt wird. Es ist die Rückkehr des Vertrauens, um in gewöhnlicher Sprache zu reden, die sich in einer Wirtschaftsform des individualistischen Kapitalismus einer Kontrolle gegenüber so unzulänglich verhält.2





      Es gibt zwei Gründe, warum dieser Teil der Theorie in der Öffentlichkeit kaum diskutiert und in der Forschung bislang nur eine untergeordnete Rolle spielt: Eine Senkung des Zinsfußes auf 0% käme dem Tod des Kapitalismus gleich, denn leistungslose Kapitaleinkommen wären dann nicht mehr möglich - aber Kapital allein durch seinen Besitz zu vermehren, ist nun einmal der Kern des Kapitalismus. Eine Abschaffung dieses Prinzips käme (nicht nur) einer wirtschaftlichen Revolution gleich.

      Der zweite Grund für die Nichtbeachtung dieses Wegs aus den Wirtschaftskrisen ist, dass Keynes, der sich in seinem Hauptwerk ausführlich und wohlwollend mit den Theorien des Silvio Gesell befasste, dessen Umsetzungsvorschlag zwar für wünschenswert, aber nicht für praktikabel hielt.

      Gesell schlug vor, Geld mit einer Umlaufsicherungsgebühr zu belegen, in dem Marken zu kaufen und auf die Banknoten zu kleben seien, um so den Zinsfuß auf 0% zu senken und eine stetige Umlaufgeschwindigkeit des Geldes im Wirtschaftskreislauf zu erreichen. Keynes hielt den "Gedanken des gestempelten Geldes für gesund", je nach Höhe der Gebühr wäre sogar Vollbeschäftigung möglich. Er befürchtete aber, es würden Ersatzmittel wie Juwelen, Edelmetalle, Bankguthaben und kurzfristige Darlehen in die Fußstapfen des Geldes treten3 . Genauere Forschungen, inwieweit diese Befürchtungen begründet sind oder ob es Alternativen gibt, tätigte Keynes offenbar nicht.


      Die Zukunft des Kapitalismus


      Dafür stellte Keynes fest, dass die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals immer mehr schrumpft, je mehr Kapital in einer Wirtschaft investiert ist. Da im Kapitalismus zwangsläufig durch den Zinseszins-Effekt eine Anhäufung von Kapital stattfindet, muss also, wenn die Wirtschaft nicht im Gleichschritt wächst, die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals immer wieder an die Grenze des Zinsfußes stoßen. Somit kommt es immer wieder zu Krisen, so lange der Zinsfuß größer Null ist. Diese Krisen werden zudem jedesmal größer, da es durch die Ausweitung der Kapitalmenge immer schwerer wird, die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals hoch genug zu halten.

      Wenn also kein gesellschaftliches Interesse vorhanden ist, Möglichkeiten zur Senkung des Zinsfuß zu suchen, bleibt damit nur die Alternative zwischen unbedingtem Wirtschaftswachstum, welches in erster Linie die Kapitaleinkommen steigert und damit die künftigen Krisen verstärkt, oder eine massive Sachkapitalvernichtung und ein zyklischer wirtschaftlicher Neuanfang.

      (Seitenangaben und Zitate von John Maynard Keynes stammen aus "Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes", 7. Auflage 1994, Duncker & Humblot GmbH, Berlin. ISBN: 3-428-07985-X)


      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/15670/1.html
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      schrieb am 23.09.03 01:15:31
      Beitrag Nr. 211 ()
      Macht PISA krank?

      Thorsten Stegemann 22.09.2003
      Laut einer WHO-Studie leidet jeder fünfte Schüler in Deutschland unter (zu) hohem Leistungsdruck


      Wer sich die Ergebnisse der PISA-Erhebungen und vieler anderer Vergleiche der nationalen Bildungsstandards anschaut, mag schnell den Eindruck bekommen, Deutschland hätte mit dem katastrophalen Gesamtbefund schon Probleme genug. Doch die niederschmetternden Resultate scheinen fortwährend neue zu erzeugen. Diesen Verdacht legt eine aktuelle Studie nah, die im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation ( WHO) durchgeführt wurde und die gesundheitliche Situation von 23.000 Schülerinnen und Schüler untersuchte.






      Der erste deutsche Jugendgesundheitssurvey kommt zu dem Schluss, dass die Schüler hierzulande nicht nur täglich Opfer der Auswirkungen eines maroden Bildungssystems werden, sondern darüber hinaus auch noch unter dem negativen Image leiden müssen, dass die verfahrene Gesamtsituation mit sich bringt. Für jeden fünften Schüler hat der steigende Leistungsdruck gesundheitliche Folgen, wobei Mädchen durchschnittlich häufiger betroffen sind als Jungen.





      Die Forschergruppe unter Leitung des Bielefelder Gesundheitswissenschaftlers Prof. Klaus Hurrelmann fand heraus, dass 11% der Jugendlichen unter chronischen Erkrankungen wie Krebs, Herz- oder Kreislaufproblemen, Rheuma, Diabetes und Behinderungen leiden. Über ein Drittel hat mit allergischen Erkrankungen zu kämpfen, bei 7% wurden schwere Krankheiten wie Asthma oder Neurodermitis diagnostiziert, weitere 7% sind übergewichtig.

      Die Ergebnisse, die im Vergleich zu früheren Untersuchungen deutlich schlechter ausgefallen sind, führen die Forscher auf die zunehmenden Belastungen im schulischen Alltag, wirtschaftliche Perspektivlosigkeit und den medialen Druck zurück, der durch internationale Vergleichsstudien erzeugt wird. Die Folgen liegen auf der Hand und werden doch im Zuge der oft hitzigen Diskussionen leicht übersehen oder unterschätzt:




      --------------------------------------------------------------------------------

      Viele der Jugendlichen fühlen sich überfordert aufgrund der Leistungsanforderungen und machen sich große Sorgen über ihre berufliche Zukunft, die ihnen insbesondere in den weniger wohlhabenden Schichten nicht gerade optimal erscheint. Arbeitsklima und Beziehungsstile in den Schulen haben erheblichen Einfluss auf die psychische Gesundheit der Schülerinnen und Schüler. Kommt es zu dauerhaften Spannungen und Konflikten, steigen die Werte für psychosomatische Beschwerden.





      Die Schüler reagieren auf diese Situation allerdings nicht nur mit psychosomatischen und emotionalen Störungen, organischen Krankheiten oder Verhaltensweisen, die kinder- und jugendpsychiatrisch auffällig sind, sondern auch mit dem zunehmenden Konsum von Zigaretten und Alkohol. Der Jugendgesundheitssurvey, für den Jugendliche einerseits nach ihrem gesundheitlichen Verhalten und der Einschätzung ihres Gesundheitszustandes befragt, andererseits aber auch soziale Indikatoren aus den Bereichen Familie, Schule, Freundschaft und Freizeit berücksichtigt wurden, weist eine Reihe alarmierender Fakten nach. In den neunten Klassen rauchen 26% der Jungen und 29% der Mädchen täglich, ein Viertel der 15jährigen Mädchen und mehr als ein Drittel der Jungen nimmt regelmäßig Alkohol zu sich - ungeachtet des gesetzlichen Mindestalters, das den Erwerb alkoholischer Getränke entsprechend begrenzen soll.

      Hurrelmann macht für diese bedenkliche Entwicklung in erster Linie die verschiedenen Mixgetränke verantwortlich, die mittlerweile schon bei 11jährigen in der Beliebtheitsskala ganz oben stehen:




      --------------------------------------------------------------------------------

      Die süßen Getränke mit moderatem Alkoholgehalt sind eindeutig zu den neuen Verführern zum Alkohol geworden. Sie dienen dazu, geschmackliche Vorbehalte gegenüber Alkohol abzubauen. Die Mixgetränke verschleiern durch ihre Zusammensetzung, nämlich die Kombination von Limonade und Spirituosen, den typischen Alkoholgeschmack. Die meisten Jugendlichen unterschätzen die Wirkungen, die mit dem intensiven Konsum solcher Getränke verbunden sind.





      Dieses Problem ließe sich mit einer Sondersteuer auf Mixgetränke, wie sie in Frankreich oder der Schweiz bereits eingeführt wurde, vielleicht noch ohne größeren Aufwand angehen. Um das Ziel des Jugendgesundheitssurveys, die Schaffung einer neuen "Grundlage für die Verbesserung von Gesundheitsbildung und Gesundheitserziehung an Schulen und Jugendeinrichtungen", tatsächlich zu erreichen, sind allerdings noch viele weitere Maßnahmen notwendig. Über deren genaue Beschaffenheit herrschen derzeit aber offenbar noch viel zu unklare Vorstellungen.

      Der Jugendgesundheitssurvey erscheint im Juventa Verlag und kostet 22 €.



      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/lis/15684/1.html
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      schrieb am 23.09.03 01:18:13
      Beitrag Nr. 212 ()
      Die Zahlenkünstler

      Marcus Hammerschmitt 22.09.2003
      Über Zweideutigkeiten in den offiziellen Armutsstatistiken der Weltbank


      Eigentlich müsste es relativ einfach sein, festzustellen, ob die Armut auf dieser Welt in den letzten zehn und zwanzig Jahren angestiegen, gesunken oder annähernd gleich geblieben ist. Fragt man die Weltbank und den Internationalen Währungsfond (IWF), dann ist die Antwort eine erstaunliche: Sie wissen es nicht.



      Dabei geben sie sich solche Mühe. Datenmaterial wird erhoben, Kriterien werden erstellt und die Ergebnisse werden in aufwändigen Verfahren kompiliert und aufbereitet, so dass sie den Entscheidern in Politik und Wirtschaft zur Verfügung stehen. Die Armen dieser Welt mögen arm sein, aber ihre Armut wird immerhin mit den fortschrittlichsten Methoden gemessen, die zur Verfügung stehen.


      Konträre Ergebnisse


      Die Weltbank ist, wie Professor Angus Deaton in seinem Text Is World Poverty Falling? für den IWF beschreibt, effektiv die einzige Organisation weltweit, die globale Armutsstatistiken erhebt und verwaltet. Peinlich nur, dass Professor Deaton in dem gleichen Text untersuchen muss, wie zwei unabhängig voneinander durchgeführte Untersuchungen über den Stand der Dinge nahezu gleichzeitig zu fast konträren Ergebnissen kommen. Und das bei der simplen Frage, ob die Zahl der Menschen, die mit einem Dollar pro Tag auskommen müssen, in den letzten zwanzig Jahren gewachsen oder gefallen ist. Das zentrale Rätsel beschreibt Deaton gleich zu Anfang seines Texts:




      --------------------------------------------------------------------------------

      Die erste Tabelle im Weltentwicklungsbericht der Weltbank von 2000/2001 mit dem Namen "Die Armut angreifen" zeigt, dass die Anzahl von Menschen weltweit, die mit weniger als 1$ pro Tag auskommen müssen, zwischen 1987 und 1998 von 1,18 Milliarden auf 1,20 Milliarden angewachsen ist, also um 20 Millionen.
      Kaum zwei Jahre später stellte eine andere Weltbankveröffentlichung ("Globalisierung, Wachstum und Armut: der Weg zu einer gerechten Weltwirtschaft") in einer zentralen Auflistung fest, dass die Anzahl der Menschen, die in Armut leben, zwischen 1980 und 1998 um 200 Millionen gefallen sei und zwischen 1987 und 1998 keine Anzeichen für ein Anwachsen gezeigt habe. Die Abnahme der Armut wurde später in einem Pressebulletin bestätigt, begleitend zu der Veröffentlichung eines Texts namens "Die Rolle und Effizienz von Entwicklungshilfe", welcher kurz vor der UN-Entwicklungshilfekonferenz in Monterrey, Mexiko vom März 2002 veröffentlicht wurde. In diesem Bulletin heißt es: "In den letzten zwanzig Jahren ist die Anzahl von Menschen, die mit weniger als 1 $ pro Tag auskommen müssen um 200 Millionen gefallen, obwohl die Weltbevölkerung um 1,6 Milliarden zugenommen hat."

      Können diese Aussagen miteinander versöhnt werden? Hat es tatsächlich eine derart dramatische Reduktion der Armut in den letzten zwei Jahren gegeben? Oder hat die Bank nur ihre Interpretation der Geschichte geändert?

      [alle Zitatübersetzungen MH]





      Datenprobleme


      Obwohl sich Prof. Deaton in dem folgenden Text Mühe gibt, die Inkonsistenzen zu erklären, muss er am Ende zugeben, dass seine Deutung der gemessenen Werte großen Unsicherheiten ausgesetzt ist. Zwar kommt er zu dem Schluss, dass die berichteten sehr positiven, um nicht zu sagen euphorischen Werte grundsätzlich stimmen könnten, gibt aber seiner Sorge über die Grundqualität des Datenmaterials Ausdruck, indem er schreibt:




      --------------------------------------------------------------------------------

      Vieles an diesem Vorgang kann einem Unwohlsein bereiten. Am deutlichsten kommt das in dem Zwang zum Ausdruck, sich auf Daten zu verlassen, deren Fehlerspanne über einen Zeitraum von bloß zwei Jahren so krass unterschiedliche Ansichten darüber erlaubt, was mit der Armut in der Welt los ist.





      Deatons Unwohlsein wundert nicht, denn er kämpft die ganze Zeit mit unvergleichbaren Datensätzen (unvergleichbar wg. signifikanter Änderungen an den Fragebögen im Vergleichzeitraum), Langzeitschätzungen nach unsicheren Methoden, einer grundsätzlichen Beschränkung seiner Überlegungen auf Indien (wg. dessen fundamentaler Wichtigkeit für die Weltarmutszahlen) und anderem mehr. Am Schluss hat der verblüffte Leser den Eindruck, die jahrelangen Anstrengungen einer Koryphäe auf dem Gebiet der ökonomischen Statistik seien in das Ergebnis geflossen, dass man etwas Genaues leider nicht sagen könne. Echte Verzweiflung scheint bei Deaton durch, wenn er der Weltbank empfiehlt, sorgsamer mit ihrem Datenmaterial umzugehen:




      --------------------------------------------------------------------------------

      Allein schon die erfolgreiche Erhebung dieser Daten und ihre Bedeutung für politische Entscheidungsprozesse ruft nach einer Verbesserung der Methoden ihrer Gewinnung und Pflege. Wenn derartige Berichte sich weiterhin widersprechen, gerät die Weltbank in Gefahr, die Kompetenz zur Überwachung ihres eigenen Erfolgs zu verlieren.






      Wohin geht die Globalisierung?


      Das könnte jetzt ein Einzelfall sein, wird aber durch ein weiteres Papier von B. Milanov bestätigt, der in einem kurzen Text für die Weltbank ebenfalls wild voneinander abweichende Armutsschätzungen diskutiert. Milanov vertritt darin die Ansicht, dass die Berechnungen von Andrea Boltho und Gianni Toniolo falsch sind, die in einer Ausgabe der Oxford Review of Economic Policy vom Dezember 1999 deutliche Verbesserungen nicht bei den absoluten Armutszahlen, aber doch bei der Ungleichverteilung ("inequality") zwischen Armen und Reichen weltweit feststellten.

      Der behauptete Fall des sogenannten Gini-Koeffizienten um vier Prozentpunkte zwischen 1980 und 1998 sei eine Illusion, tatsächlich zeigten drei jüngere Untersuchungen (Schultz, Firebaugh und seine eigene), dass der Gini-Koeffizient um 10-20 Prozent höher liege als von Boltho und Tonioli angenommen. Zusätzlich habe er, Milanovic, belegen können, dass der internationale Gini-Index von 1988 bis 1993 um drei Prozentpunkte gestiegen sei.


      Außerdem führt Milanovic die Schlussfolgerungen eines Papiers von M. Lundberg und L. Squire ( The simultaneous evolution of growth and inequality", PDF) an, die im Auftrag der Weltbank Bedrückendes herausfanden: Die Globalisierung schade den Armen dieser Welt, stand dort explizit zu lesen. Milanovic schreibt:




      --------------------------------------------------------------------------------

      In einer jüngeren Weltbankveröffentlichung behaupten Lundberg und Squire, dass Handelsderegulierungen das Einkommenswachstum der 40 ärmsten Prozent der Bevölkerung negativ beeinflussen, während sie dem Einkommenswachstum der restlichen Bevölkerungsgruppen starke, positive Impulse verleihen (bezogen auf Beispieldaten aus 38 Ländern zwischen 1965 und 1992). Die Anpassungskosten von Handelsderegulierungen werden ausschließlich von den Armen erbracht, egal wie lange die Anpassung auch brauchen mag. Die Armen sind verwundbarer für Schwankungen im internationalen Preisgefüge, und diese Verwundbarkeit wird durch eine Öffnung des Binnenmarktes gegenüber dem Weltmarkt noch erhöht.





      Man könnte auch sagen, dass die Globalisierung, so wie heute verstanden und betrieben wird, die Armen ärmer und die Reichen reicher macht. Es versteht sich von selbst, dass Lundbergs und Squires Papier bei den Globalisierungsgegnern offene Türen eingerannt hat. Es wird gerne in globalisierungskritischen Veröffentlichungen zitiert und ist dementsprechend populär. Wer hat Recht? Sind die Optimisten näher an der Wahrheit oder die Pessimisten? B. Milanovic ruft nach "größerer konzeptioneller Klarheit" und "gründlicherer empirischer Untersuchung". Für ihn steht fest:




      --------------------------------------------------------------------------------

      Erstens: Die globale Ungleichverteilung der Einkommen ist viel massiver als von Boltho und Toniolo berichtet wird, und die jüngeren Trends deuten eher auf eine Verschärfung der Ungleichheit. Zweitens: Die positiven Effekte der Globalisierung kommen nicht allen gleich zugute. Es könnte möglich sein, die Antiglobalisierungsbewegung von den positiven Effekten eines integrierten Weltmarkts zu überzeugen, das würde aber Argumente erfordern, die mehr auf Tatsachen und weniger auf Ideologie beruhen.





      Wie das gelingen soll, wenn die Weltbank nicht einmal weiß, was die Zahlen bedeuten, die sie selbst erhebt, bleibt sein Geheimnis. Für denjenigen, der ohnehin keinen Zugriff auf die Daten der Großinstitutionen und die Methoden ihrer Verarbeitung haben, bleibt wohl nichts anderes, als sich an die Indizien zu halten.

      Die Zunahme weltweiter Migrationsbewegungen, die Anstrengungen der reichen Länder des Nordens zur militanten Abwehr aller verarmten Flüchtlinge, die nicht verwertet werden können, und ein immer weiteres Aufklappen der Einkommensschere in den reichen Ländern selbst deuten jedenfalls nicht gerade darauf hin, dass die Armut in der Welt abnimmt. Dass unter diesen Umständen faktenbasierte Debatten die Globalisierungsgegner von der segensreichen Wirkung der Globalisierung überzeugen können, ist wenig wahrscheinlich.
      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/15682/1.html
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 14:54:02
      Beitrag Nr. 213 ()
      Der Hauptgrund für den Kollaps des Ölpreises ist jetzt bekannt – Vor Sorglosigkeit wird gewarnt
      (23.09.2003)

      Der steile Einbruch des Ölpreises in den zurückliegenden vier Wochen hat relativ wenig Aufmerksamkeit erregt. Doch wenn die Notierungen wieder anziehen, und das lässt sich auf Sicht von drei bis vier Monaten wohl nicht vermeiden, sind die Medien wieder auf dem Plan. Da ist jeder halbe Dollar gut für eine Schlagzeile.

      Die Opec, die am Mittwoch in Wien tagt, um über ihre Förderpolitik im vierten Quartal zu beraten, hat zuletzt nichts unversucht gelassen, um die Versorgung des Marktes als reichlich zu beschreiben. Hilfreich war da, dass die Vorräte an Öl und Destillaten in den USA jüngst deutlich gestiegen sind.

      Übersehen oder unterschlagen wird nach wie vor, dass sich die Bestände nicht nur in den USA, sondern in den bedeutenderen Verbraucherländern insgesamt auf einem sehr niedrigen Niveau befinden. Und das zu Beginn des Herbstes auf der nördlichen Halbkugel, dem der Winter unweigerlich folgt.

      Der zurückliegende Kollaps des Ölpreises hat, wie inzwischen belegt werden kann, einen Hauptgrund: Die spekulativen Fonds haben die Fronten gewechselt.

      Die jüngsten amtlichen Zahlen über die Höhe der offenen Positionen beim Terminhandel mit Rohöl (WTI) in New York und deren Aufteilung auf die einzelnen Gruppen von Marktteilnehmern offenbaren einen spektakulären Wandel. Anfang September verfügten die spekulativen Fonds noch über Netto-Kaufpositionen in Höhe von mehr als 17 000 Kontrakten. Jetzt liegen sie mit rund 30 000 Kontrakten netto auf der Baisse-Seite.

      Diese Baisse-Positionen bilden ein enormes Auftriebspotential für die Preise, das nur noch auf einen Auslöser wartet, um freigesetzt zu werden.

      Unter Abwägung aller Aspekte, die uns gegenwärtig einfallen, sehen wir ein enormes Risiko für jene, die die derzeit herrschenden Notierungen nicht nutzen, um sich ihren Bedarf für die kommenden Monate wenigstens im Preis zu sichern.

      Wer das versäumt, läuft die enorme Gefahr, schon recht bald wesentlich höhere Preise zahlen zu müssen. Der einzige Trost könnte sein, dass der US-Dollar massiv abwertet und dass der vorgezeichnete Anstieg des Ölpreises damit aus der Sicht eines in Euro Rechnenden gemildert würde.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
      http://www.taurosweb.de/index.php?id=02089
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 14:58:14
      Beitrag Nr. 214 ()
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 18:49:00
      Beitrag Nr. 215 ()
      Die Bosse verkaufen

      Firmenchefs werfen ihre Aktien auf den Markt - ein Indiz für den Abschwung


      Frankfurt - Sie wissen Unternehmensnachrichten vor allen anderen. Sie kennen Umsätze, Gewinne und Auftragslage besser als sonst jemand. Sie sind die Insider schlechthin: Firmenchefs. Wenn sie ihre Aktien verkaufen, ist das ein Zeichen, das auch alle anderen Anleger hellhörig machen sollte.

      Seit einigen Wochen werfen amerikanische CEOs ihre Anteile auf den Markt, als seien sie auf einer Massenflucht. Und in jüngster Zeit scheinen sich auch ihre deutschen Kollegen dieser Bewegung anzuschließen.

      Im August verkauften die amerikanischen Unternehmensvorsteher eigene Aktien im Wert von 3,6 Milliarden Dollar. Dem standen Käufe in Höhe von kläglichen 86 Millionen Dollar gegenüber.

      ... Allerdings: Schon einmal waren die Insiderverkäufe auf einem derart hohen Niveau wie zurzeit. Das war im Sommer des Jahres 2000. Damals notierte der Dow Jones bei über 11 000 Punkten, der Dax bei rund 7000 Zählern. Im Nachhinein hat sich dieser Verkaufszeitpunkt als geradezu ideal erwiesen. Einen ähnlichen, wenn auch etwas schwächeren Aufschwung nahmen die Insiderverkäufe im Mai 2001. Auch danach ging es wieder deutlich bergab mit den Kursen. Damals wie heute stand den Verkäufen der Firmenchefs ein wachsendes Interesse der Privatanleger gegenüber. Sie kaufen somit praktisch den Bossen ihre Aktien ab. Letztlich spitzt sich das Phänomen damit auf die Frage zu, wer besser einzuschätzen vermag, ob die Kurse noch weiteres Potenzial haben - die Firmeneigner oder Otto Normalanleger. fhs (Wams, 21.9.03)

      Kommentar: Während die Konzernchef hastig ihre Aktien verkaufen, wird bei der Bevölkerung wieder einmal der Eindruck erweckt, daß es an der Börse wieder dauerhaft aufwärts gehen würde. Dabei wird schon wieder der gleiche Trick angewandt, der schon vor drei Jahren viele um ihr Vermögen brachte: Aktien werden hochgejubelt, die Kleinanleger steigen ein und kaufen den Großen ihre Papieren zu überhöhten preisen ab, dann kommt ein Crash und die kleinen Leute haben die Verluste.

      http://www.geldcrash.de/index.htm
      kommentar v. Günter Hannich
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 19:01:49
      Beitrag Nr. 216 ()
      STEUERVERGÜNSTIGUNGEN

      Pendlerpauschale wird um fast 60 Prozent gekürzt

      Nach wochenlangen Verhandlungen haben sich die Koalitionsparteien darauf verständigt, die Entfernungspauschale drastisch zu kürzen. Die Einbußen für Berufspendler bei der steuerlichen Anrechnung ihrer Fahrtkosten dürften sich auf mehrere Milliarden Euro summieren.



      DPA

      Berufspendler: Ökologisch und fiskalisch sinnvolle Subventionskürzung


      Berlin - Die Entfernungspauschale werde auf 15 Cent pro Kilometer verringert. Das entspricht einer Kürzung um 58,3 Prozent. Darauf hätten sich die Spitzen der Koalitionsfraktionen am Morgen verständigt, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Albert Schmidt.
      Die Pauschale kann danach vom ersten Kilometer an und für alle Verkehrsmittel in gleicher Höhe in der Steuererklärung geltend gemacht werden. Die Regelung, wonach im öffentlichen Nahverkehr statt der Pauschale wahlweise auch die tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden konnten, werde abgeschafft.

      Die Verhandlungsführer von SPD und Grünen, Joachim Poß und Reinhard Loske, erklärten, mit der Neuregelung würden auch Anreize für weites Pendeln vermindert. Die beiden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden hatten am Vortag in Beratungen mit dem Finanzministerium die Grundlage für die Verständigung gelegt.

      Union muss zustimmen

      Die Pauschale beträgt derzeit 36 Cent für die ersten zehn und 40 Cent für jeden weiteren Kilometer. Von der Kürzung, die Teil des Sparpakets von Finanzminister Hans Eichel (SPD) ist, sind etwa 13 Millionen Arbeitnehmer betroffen, die durch die Pauschale ihre Steuerlast verringern. Die Koalition will damit drei Milliarden Euro einsparen. Die Neuregelung soll ab 2004 greifen.

      Die rot-grüne Koalition ist für ihre Pläne auf die Zustimmung des von der Union dominierten Bundesrats angewiesen. Poß und Loske forderten die Länderkammer auf, "diese ökologisch und fiskalisch sinnvolle Subventionskürzung nicht zu blockieren".


      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,266859,00.html
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 19:10:41
      Beitrag Nr. 217 ()
      Dow, S&P 500 und Nasdaq unter der Lupe
      ++ Insider steigen aus ++


      Von Claus Vogt

      Dow Jones Industrial Average

      Der Dow Jones legte im letzten Monat rund 2 Prozent zu. Insbesondere aufgrund der dünnen Umsätze, die diese Bewegung über das Niveau der gut zweimonatigen Trading Range begleitete, werten wir sie lediglich als unbedeutende Ausweitung der Seitwärtszone nach oben. Nicht nur die schwachen Umsätze, sondern auch zahlreiche Momentum-Indikatoren zeigen ein deutliches Nachlassen der ohnehin nicht besonders überzeugenden Dynamik. Wir interpretieren das Geschehen seit den März-Tiefs aufgrund unseres Gesamtmodelles als Bearmarket-Rallye und haben letzten Monat keinerlei Anhaltspunkte erhalten, die gegen diese Einschätzung sprechen. Wir rechnen kurzfristig mit einem Kursrückgang auf etwa 9.000 bis 8.500 Zähler. Die steigende 200-Tage-Durchschnittlinie, die als Unterstützung fungiert, verläuft bei rund 8.700 Punkten. Mittelfristig rechnen wir mit erheblich größeren Kursverlusten.

      S&P 500

      Dieser Index stieg über die bisherigen Hochs seiner dreimonatigen Seitwärtsbewegung um bisher weniger als 2 Prozent. Natürlich stellt sich die Frage, ob es sich um einen technischen Ausbruch nach oben handelt, also den Beginn einer weiteren Aufwärtsbewegung, oder um eine Bullenfalle. Unser Modell spricht klar für die zweite Möglichkeit, und die kurzfristige technische Verfassung bestätigt diese Lesart. Auch hier waren die Umsätze zu dünn, um von einem charttechnischen Ausbruch sprechen zu können. Außerdem haben zahlreiche Indikatoren die neuen Hochs bisher zumindest nicht bestätigt. Diese technischen Divergenzen weisen auf einen bald beginnenden Kursverfall hin. Die kurzfristigen Sentiment-Indikatoren befinden sich auf dem höchsten Stand seit dem Jahr 2000, und bei den Index-Futures haben die Commercial Hedgers ihre seit Juni aufgebauten, sehr hohen Short-Bestände weiter aufgestockt. Die Insiderverkäufe haben ebenfalls weiter zugenommen. Offensichtlich sind die am besten informierten Marktteilnehmer weiterhin dabei, in großem Stil auszusteigen, während der kleine Mann seine euphorische Aktienliebe wiederentdeckt hat. Wie rechnen kurzfristig mit einem Kursrückgang von rund 10 Prozent, also ungefähr auf das Niveau der steigenden 200-Tage-Durchschnittlinie. Diese Abwärtsbewegung würde mit hoher Wahrscheinlichkeit das Ende der Bearmarket-Rallye und die Wiederaufnahme des langfristigen Abwärtstrends signalisieren. Kräftige charttechnische Widerstände befinden sich weiterhin bei 1.050 bis 1.100 Zählern.

      Nasdaq Composite

      Die Nasdaq konnte im Berichtszeitraum noch einmal deutlich zulegen. Ausgerechnet der Index, der mit Abstand die höchste fundamentale Bewertung aufweist, die erneut als absurd gelten muß, weist relative Stärke auf. Technisch ist das positiv, vor dem Hintergrund unseres Gesamtmodelles jedoch lediglich ein weiteres deutliches Zeichen für die Rückkehr euphorischer Spekulation. Der Index notiert rund 25 Prozent oberhalb seiner steigenden 200-Tage-Durchschnittlinie und ist nicht nur deshalb kurzfristig extrem überkauft. Selbst in einem gesunden Bullenmarkt würde diese Konstellation auf erheblichen Korrekturbedarf hindeuten. Ein Rückgang in den Bereich der 200-Tage-Durchschnittlinie während der nächsten Wochen ist wahrscheinlich.

      Gesamtmodell

      Die fundamentale Bewertung des US-Aktienmarktes ist extrem hoch. Sie signalisiert uns, daß die expansive Geldpolitik der US-Notenbank nicht nur ganz allgemein zu einer Schuldenblase geführt hat, in deren Zentrum sich die Hypothekenmärkte mit den schwach kapitalisierten und hochriskant gehebelten Hypothekenbankriesen Fannie Mae und Freddie Mac befinden. Auch der Aktienmarkt muß erneut als Spekulationsblase bezeichnet werden. Es ist der Notenbank also gelungen, das Platzen der Blase aufzuhalten und sie erneut aufzublasen. Das Ende auch dieser Episode dürfte sich vermutlich kaum von dem unterscheiden, was wir in den Jahren 2000 bis 2003 erleben mußten.

      Die Sentiment-Indikatoren weisen durchgängig einen extrem hohen Grad an Optimismus auf. Der Volatilitätsindex bewegt sich seit Monaten auf dem niedrigen Niveau um 20 und fiel in den letzten Wochen mehrmals darunter. An den Optionsmärkten herrscht also ein hohes Maß an Zuversicht. Investors Intelligence zeigt 56 Prozent Bullen und 19 Prozent Bären, American Association of Individual Investors 58 Prozent Bullen und 17 Prozent Bären. In der Vergangenheit fand sich solch weitverbreiteter Optimismus am Ende ausgewachsener Bullenmärkte. Mitte September befand sich der S&P 500 ziemlich exakt auf demselben Niveau wie drei Monate zuvor. Daß trotz offensichtlich ausgebliebener Kursgewinne die Stimmung euphorisch ist, ist nicht nur ungewöhnlich, sondern ungewöhnlich negativ. Eine derart hohe Erwartungshaltung birgt ein gewaltiges Enttäuschungspotential.

      Fazit: Die Bubble ist zurück. Damit sind Aktien als langfristiges Investment außerordentlich unattraktiv und bergen kurzfristig ein ganz erhebliches Risiko. Auch diese Blase wird platzen, vermutlich bald.


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank
      http://www.instock.de/Nachrichten/10134338/pos/2
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 19:20:24
      Beitrag Nr. 218 ()
      Aktien – langfristig keineswegs immer gut


      von Michael Vaupel

      Während ich darüber nachgedacht habe, was ich heute schreiben könnte, ist mir eingefallen, dass ich vor rund 3 Monaten im Investor`s Daily über eine interessante Studie des BVI (Bundesverband Investment und Asset Management) berichtet hatte. Diese Studie ist mittlerweile um die Zahlen des letzten Quartals erweitert worden – weshalb ich heute darüber schreiben möchte. Studie des BVI: Das klingt relativ trocken. Ist es aber nicht (vielleicht ein wenig), denn diese Studie macht Schluss mit weiterbreiteten, festgefahrenen Ansichten. Also, darum geht es (Leser meines Börsenbriefes Optionsschein-Profits wissen schon Bescheid):

      Gehören auch Sie zu den Anlegern, die mit Aktien in den letzten Jahren zwar deutliche Verluste erlitten haben – aber dennoch glauben, dass die Aktien "langfristig immer steigen?" Dann muss ich Sie enttäuschen: Die gerade erwähnte aktuelle Studie vom BVI zeigt genau das Gegenteil. Demnach haben Aktienfonds-Sparpläne, die hauptsächlich in Deutschland investieren, in den vergangenen 10 Jahren durchschnittlich 7,1 % pro Jahr VERLOREN. Erst im Bereich 20 Jahre wird die Performance wieder positiv – auch wenn sie mit durchschnittlich +2,4 % pro Jahr nicht gerade üppig ausfällt. Zum Vergleich:

      Die Rentenfonds schnitten deutlich besser ab. Mit einem monatlichen Rentenfonds-Sparplan (Schwerpunkt Euro) konnte man in den letzten 10 Jahren durchschnittlich 4,9 % pro Jahr GEWINNEN. Im Bereich 20 Jahre waren es durchschnittlich 6,1 % Plus pro Jahr. Was kann man aus diesen Zahlen für Schlüsse ziehen? Zunächst einmal: Nehmen Sie Abstand von der allgemein anerkannten Aussage, dass Aktien langfristig "jede andere Anlageform schlagen". Das ist kein Naturgesetz, wie die aktuelle BVI-Studie zeigt! Überlegen Sie sich deshalb einmal grundsätzlich, wie Sie Ihr Depot strategisch positionieren können. Ein Vorschlag von mir:

      Investieren Sie zu 90 % in "sichere Anlagen". Das sind neben einem signifikanten Posten Euro-Staatsanleihen (am besten Rentenfonds-Sparplan) in erster Linie die strategischen Zertifikate, die ich auch im Optionsschein-Profits empfehle. Also Gold- und Rohstoff-Zertifikate, sowie EUR/US$ Powercalls. Das sichert Ihnen eine Performance von mindestens 10 % pro Jahr. Mit den restlichen 10 % Ihres Gesamtvermögens gehen Sie dann in die spekulativen Trades – darunter Turbo-Optionsscheine. Denn nur mit solchen Scheinen sind auch einmal schnelle 100 % Plus drin. Und: Selbst wenn Sie mit allen spekulativen Trades einen Totalverlust erleiden würden, so würden die "sicheren Anlagen" das nach ungefähr einem Jahr wieder ausgleichen. Ich empfehle Ihnen diese Depot-Aufteilung – die übrigens vollständig ohne Aktien auskommt! Zugegeben – kein konventioneller Ansatz. Aber einer, der meiner Meinung nach sehr viel Sinn macht.

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      Euro über wichtiger Marke

      von Michael Vaupel

      Der Euro hat sich heute im Handelsverlauf über der charttechnisch wichtigen Marke von 1,1468 etabliert. Das ist ein klares Kaufsignal – charttechnisch gesehen. Denn diese Marke war ein sehr harter Widerstand, jetzt ist erst einmal wieder etwas Luft nach oben. Die Fundamentals sprechen ohnehin für die Gemeinschaftswährung – aber dazu schreibt mein Kollege Bill Bonner etwas, siehe nächster Beitrag.

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      Der Dollar wird fallen

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Wenn Sie möglichst viel finanziellen Ausblick, Investmentratschläge und wirtschaftliche Theorie in ein paar Worten zusammenfassen müssten, was würden Sie sagen?

      "Der Dollar wird fallen", ist meine Wahl. Ich dachte darüber Samstagabend nach, während einer Dinner Party für eine Gruppe von libanesischen und amerikanischen Freunden.

      Der Dollar wird fallen, weil das internationale Währungssystem, das auf dem Dollar basiert, zum Scheitern verurteilt ist – das habe ich schon öfter an dieser Stelle erklärt.

      Er wird fallen, weil es zu viele Dollar gibt, und zu viele auf Dollar lautende Kredite ... und weil sich die Amerikaner gegenüber dem Rest der Welt zu stark verschuldet haben.

      Er wird fallen, weil die aktuelle Erholung ein Betrug ist. Und weil die US-Vermögensanlagen überbewertet sind. Und weil die asiatischen Vermögensanlagen eine bessere Anlage sind.

      "Ich weiß nichts über die internationalen Finanzen", sagte Ibrahim, "aber ich weiß, dass derzeit in Amerika die Aktienkurse und Immobilienpreise steigen. Und das ist dort der Fall, wo sich eine Wirtschaft erholt. Und das ist der Ort, wo man investiert."

      "In Amerika wissen sie, wie man diese Dinge managt", so Ibrahim weiter, als er über wirtschaftliche Abschwünge sprach. "In Europa tun sie überhaupt nichts. Aber in Amerika senken sie die Zinsen und so weiter ... und so kommt die Wirtschaft wieder in Schwung."

      "Viel Glück", sagte ich.

      Der Dollar fiel am Freitag und auch gestern; egal, ob gegenüber dem Euro oder gegenüber dem Gold. Ich weiß nicht, ob die Goldkäufer die raue See einer Inflation oder den Whirlpool einer Deflation antizipieren ... aber was sie nicht erwarten, ist ein problemloses geradeaus Segeln.

      Und warum sollten sie das auch erwarten?

      "Die Beschäftigtenzahlen stagnieren noch", so eine Schlagzeile aus Houston. Wie kann es eine Erholung geben, ohne einen Anstieg der Beschäftigtenzahlen, wollen neugierige Köpfe wissen? Ich habe Ihnen die Antwort bereits gegeben, liebe(r) Leser(in). Ich habe sie für meine libanesischen Freunde wiederholt:

      "Die Erholung ist ein Betrug", antwortete ich.

      Die Zahlen zum US-Bruttoinlandsprodukt des zweiten Quartals waren zum großen Teil mythisch oder falsch interpretiert. Die Hälfte des Zuwachses war den Militärausgaben zu verdanken, die die Leute ärmer machen, nicht reicher. Und weitere 38,4 Mrd. Dollar wurden als Ausgaben für Computer angeführt.

      Zu schade, dass diese Ausgaben gar nicht existierten: "Die große Mehrheit der Computer-Investitionen hat gar nicht stattgefunden", erklärt ein Artikel in "U.S. News & World Report" (danke an Richard Russel an den Hinweis darauf). "Der Grund ist, dass Washington die Computer-Investitionen misst, indem berechnet wird, wie teuer es 1996 gewesen wäre, einen Computer mit dem heutigen Leistungsstandard zu kaufen. Von den 38,4 Mrd. Dollar Zuwachs bei Computer-Investitionen waren deshalb nur rund 6 Mrd. Dollar wirklich reale Ausgaben. Die anderen 32 Mrd. Dollar waren eine statistische Konstruktion – mit anderen Worten: Sie waren nicht real. Ohne diese Trickserei hätte das Wachstum des BIP nicht bei 3,1 %, sondern bei knapp 1,7 % gelegen – und der größte Teil dieses Zuwachses war den Verteidigungsausgaben zu verdanken. Die Entwicklung der Gewinne spricht die gleiche Sprache, denn diese sind gegenüber dem ersten Quartal um 31 Mrd. Dollar gefallen.

      "Ich denke nicht, dass die Erholung ein Betrug ist", so Ibrahim, der keinen Boden preisgab. "Niedrigere Zinsen führen dazu, dass die Leute mehr Geld in ihren Taschen haben. Wir haben letztes Jahr für unser Haus zweimal die Hypotheken erhöht. Und der Wert des Hauses steigt weiter. Das ist großartig ..."

      USA Today berichtet, dass der Boom am Hypothekenmarkt neuen Schwung bekommt. Die Hypothekenzinsen sind letzte Woche "so stark wie seit 8 Jahren nicht" gefallen, auf 6 %.

      Nun ... zumindest die Dinner Party endete ohne Streit. Lange nach Mitternacht verabschiedete ich mich von meinen Gästen mit einer einzigen Prognose: "Der Dollar wird fallen".

      Jetzt zu Addison, mit den News von gestern und vom Wochenende:
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      G7-Treffen in Dubai – ein Rückblick

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Paris

      "Nun", so berichtet unser Londoner Korrespondent Sean Corrigan, "auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob die Amerikaner das bekommen haben, was sie von diesem G7-Treffen in Dubai wollten – nein, keine Aufwertung des chinesischen Yuan, aber eine Abwertung des US-Dollar!" Nach dem Wochenende, an dem das G7-Treffen stattfand, fiel der Dollar gegenüber dem Yen umgehend auf seinen tiefsten Stand seit Weihachten 2000. Was sagt das über die imperiale Währung aus, liebe(r) Leser(in)? Der Greenback fällt gegenüber einer anderen Spezies, die auch mit unbezahlbaren öffentlichen Schulden, einer rapide alternden Bevölkerung, fast insolventen Banken und Versicherungen und 0 % Zinssätzen zu kämpfen hat! Ich meine den Yen. Aber Moment ... das klingt ja schon wie der Dollar selbst ... hm ...

      Das Treffen in Dubai scheint spannend gewesen sein – wenn man sich überhaupt vorstellen kann, dass der kollektive Herzschlag eines Raums voll Volkswirten, Bürokraten und Politikern über 60 Schläge pro Minute steigen kann.

      Zum Beispiel haben die russischen Zentralbanker das Treffen dazu genutzt, anzukündigen, dass sie sich gegen den Trend stemmen wollen, den die Europäer und Amerikaner vorgeben. Konkret: Statt Ihre Goldreserven zu verkaufen – was die europäischen Zentralbanken gerade angekündigt haben – wollen die Russen Gold kaufen: "Unsere Goldreserven", so Oleg Vyugin von der Russischen Zentralbank gegenüber Reuters am Rande der Konferenz, "betragen zwischen 7 und 8 % unserer gesamten internationalen Reserven, und wir denken derzeit, dass wir auf mindestens 10 % unserer internationalen Reserven kommen müssen."

      In einem weiteren Reuters-Bericht stand, dass Greg McKenna von der National Australia Bank Folgendes gesagt hat: "Die Sprache des Kommuniqués scheint in stärkerer Sprache geschrieben zu sein, als wir antizipierten. Man könnte es als Sieg für die US-Seite und für (den US-Finanzminister) John Snow sehen." Einen Sieg, wenn es um eine Politik des schwachen Dollars geht.

      In der Business Times lautet eine Schlagzeile: "Das heiße Geld fließt zurück nach Asien". Der Internationale Währungsfonds IWF hat Asien (exklusive Japan) die größte wirtschaftliche Region der Welt genannt. China kaufte im ersten Halbjahr 2003 für 41,4 Mrd. Dollar US-Vermögensanlagen, zweimal soviel wie im Jahr davor. China besitzt jetzt mehr US-Staatsanleihen als jede andere Nation mit Ausnahme Japans.

      Kenneth Rogoff vom IWF nutzte die Gelegenheit, um in Dubai vor explodierenden Staatsausgaben und Handelsbilanzdefiziten zu warnen. "Gerade jetzt", so Rogoff, "stürmen die USA nach vorne. Die USA haben die beste Erholung, die Geld kaufen kann. (Leider) sind zum großen Teil Schulden dafür verantwortlich, diese Erholung auf hohem Niveau zu halten ... was auf Kosten von späterem Hypothekenwachstum geht."

      "Die wirkliche Botschaft des IWF zur Weltwirtschaft ist ziemlich offensichtlich", so Stephen Roach von Morgan Stanley in einer Zusammenfassung der Dubai-Konferenz. "Während der kurzfristige Schwung nicht verneint wird, gibt es einige zunehmend besorgniserregende Zeichen am nicht so weit entfernten Horizont in Bezug auf die Nachhaltigkeit einer weiteren US-zentrierten Welle des weltweiten Wirtschaftswachstums. Ich stimme mit dieser Aussage völlig überein."

      Ich habe die beiden anderen "twin towers" im Auge behalten – die Regierungsausgaben und die privaten Schulden. "Die Amerikaner haben 31 Billionen Dollar Schulden", so ein Bericht von der Strategic Group, "dreimal soviel, wie sie in einem Jahr produzieren. Das letzte Mal, das die Schulden so völlig außer Kontrolle waren, war in den 1930ern. 1980 – nur 23 Jahre her – lagen die Schulden bei nur 4 Billionen Dollar. Das ist nur einer von vielen Indikatoren, die auf eine bevorstehende (softe, langsame) Depression hinweisen."

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      Neuer Bestseller, den niemand gelesen hat

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Heute habe ich die erste Ausgabe unseres neuen Buches erhalten (ich habe es zusammen mit Addison Wiggin geschrieben). Ich habe erfahren, dass die Vorbestellungen für die englischsprachige Ausgabe sehr gut angelaufen sind (Bestseller bei BN.com), aber der online-Buchhändler Amazon hat noch keine Buchlieferung erhalten.

      Also, liebe(r) Leser(in), mache ich wieder einmal wirtschaftsjournalistische Geschichte; ich habe einen Bestseller, den noch niemand gelesen hat.

      *** Mein alter Freund Martin Spring hat mir dieses Update zum Gold geschickt: "Rechne damit, dass der Goldpreis in den nächsten paar Wochen ein bisschen zurückfallen wird, aber dann seinen Aufwärtstrend fortsetzen wird und vorrausichtlich vor Jahresende über die Marke von 400 Dollar pro Feinunze steigen wird, so das Analysehaus Gold Fields Mineral Services." "Bei einem Seminar, das ich letzte Woche in London besuchte, sagte Philip Klapwijk (von diesem Analysehaus) dass er kurzfristig bearish gegenüber dem Gold gestimmt sei, wegen des Überhangs an spekulativen Long-Positionen, die den Goldpreis `zu weit, zu schnell` haben steigen lassen."

      "Aber darüber hinaus – vor Jahresende – sollte der Aufwärtstrend weitergehen."

      "(Klapwijk) begründet seinen Optimismus hauptsächlich mit dem Wachstum der Investment-Nachfrage nach Gold, und er prognostiziert einen Zuwachs von 23 % auf 468 Tonnen dieses Jahr, was durch diese Faktoren verursacht wird:"

      * Die politischen Unwägbarkeiten – Spannungen im Mittleren Osten, Terrorismus, potenzielle Krisen wegen den Atomprogrammen von Nordkorea / Iran

      * Wirtschaftliche Unsicherheiten wie Haushaltsdefizite, Inflationsangst, Zinssätze und Währungen. Der Dollar wird wahrscheinlich fallen, vielleicht sehr stark, und es gibt einen ziemlich starken inversen Zusammenhang zwischen dem Gold und dem Dollar (sie tendieren in entgegen gesetzten Richtungen).

      * Die schlechte Performance oder Angst vor einer schlechten Performance der großen Investmentklassen wie Aktien, Anleihen und Immobilien.

      "Man könnte sich keine bessere Mischung aus Investmentnachfrage und höheren Goldpreisen wünschen – und diese positive Dynamik wird wahrscheinlich nächstes Jahr andauern", so Klapwijk.

      "Obwohl ein großer Teil der Stärke des Goldpreises in den letzten Monaten durch spekulative Käufe zustande gekommen ist, gibt es einige Zeichen, die für eine Verbesserung der Qualität der Investmentnachfrage sprechen. In den letzten zwei Jahren haben sehr reiche private Käufer begonnen zu kaufen. Und private Banken haben begonnen, einen Goldanteil in Portfolios zu empfehlen, um das Gesamtrisiko zu senken."

      *** Und dann hat mir ein Leser dies geschrieben: "Das Schiff USS Dollar Standard, das schwer beladen mit Billionen Dollar und Schuldenlast tief im Wasser liegt, fährt vorwärts in Richtung monetärem Wasserfall. Der Film beginnt um 11 ..."

      http://www.investor-verlag.de/
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 19:28:33
      Beitrag Nr. 219 ()
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 19:34:06
      Beitrag Nr. 220 ()
      Deutschland

      Mehr als tausend Euro für die Steuererklärung

      Jeden Deutschen kostet die jährliche Steuererklärung im Schnitt 1036 Euro.




      Von diesem Betrag kassierten 357 Euro die Steuerberater, 16 Euro koste das Informationsmaterial, berichtet das Wirtschaftsmagazin DMEuro vorab. Am ärgsten schlage jedoch die zeitliche Beanspruchung zu Buche.

      Laut Rheinisch-Westfälischem Institut (RWI) koste die Steuerbürokratie die Deutschen jährlich insgesamt 15,5 Milliarden Euro. In einer bislang unveröffentlichten Studie, die vom Bundesfinanzministerium in Auftrag gegeben worden sei, würden nicht nur die Kosten für den Staat, also die der Steuererhebung, sondern auch der Aufwand der Steuerzahler für die Entrichtung geschätzt.

      Der Staat trägt von diesem Betrag den kleineren Teil: RWI-Projektleiter Hans-Friedrich von Löffelholz bezifferte dem Magazin zufolge die Verwaltungskosten für das Jahr 1995 auf 5,3 Milliarden Euro. Mit 10,2 Milliarden Euro rund doppelt so teuer seien die Steuererklärungen gewesen.

      Bei der Berechnung dieser so genannten „Befolgungskosten“ habe das RWI minutiös den monetären Aufwand und den Zeitbedarf ermittel.

      (sueddeutsche.de)
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 19:35:53
      Beitrag Nr. 221 ()
      Rüstungsausgaben

      Schelte vom Weltbank-Chef

      Mit ungewohnt deutlichen Worten hat Weltbankpräsident James Wolfensohn die hohen Rüstungsausgaben der Industrieländer kritisiert: "Zu wenige kontrollieren zu viel." Auch bei den Themen Bildung, Entwicklungshilfe und Agrarsubventionen klang er wie ein Globalisierungskritiker.





      mehr zum Thema

      WTO-Verhandlungen
      Verpasste Chance für mehr Wohlstand

      WTO-Proteste
      Randale in Montreal





      Die Industrieländer gäben jährlich hunderte Milliarden Dollar mehr für Verteidigung sowie zur Subventionierung ihrer Landwirtschaft aus als für die Entwicklungszusammenarbeit, kritisierte Wolfensohn zur Eröffnung der Jahrestagung seiner Institution und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Dubai. Auch die Entwicklungsländer investierten insgesamt mehr in die Rüstung als in den Bildungssektor.



      Vom Ungleichgewicht
      „Es herrscht ein Ungleichgewicht auf unserem Planeten“, sagte Wolfensohn vor den Delegierten aus 184 Ländern. „Zu wenige kontrollieren zu viel, und zu viele haben zu wenig zu erwarten.“

      Das Scheitern der Handelsgespräche in Mexiko vor zehn Tagen habe die tiefe Kluft erneut vor Augen geführt, deren Überwindung für eine stabile Zukunft notwendig sei, erklärte der Weltbankchef.

      Die Ausgaben der Industrieländer für die Entwicklungshilfe beliefen sich jährlich auf lediglich 56 Milliarden Dollar (49 Milliarden Euro), während die Verteidigungsetats rund 600 Milliarden umfassten, kritisierte Wolfensohn.



      » Es ist inkonsequent, über die Vorteile des freien Handels zu predigen und gleichzeitig an den höchsten Subventionen und Hürden für genau die Güter festzuhalten, bei denen die armen Länder einen Wettbewerbsvorsprung haben. «

      James Wolfensohn
      Für die Subventionierung der Landwirtschaft gäben die reichen Länder jährlich mehr als 300 Milliarden Dollar aus. „Es ist inkonsequent, über die Vorteile des freien Handels zu predigen und gleichzeitig an den höchsten Subventionen und Hürden für genau die Güter festzuhalten, bei denen die armen Länder einen Wettbewerbsvorsprung haben“, sagte Wolfensohn.

      An die Entwicklungsländer gerichtet forderte Wolfensohn ein schärferes Vorgehen gegen Vetternwirtschaft und Korruption. Auch in den ärmeren Ländern gebe es ein „starkes Ungleichgewicht“ beim Setzen von Prioritäten, kritisierte er. Insgesamt würden rund 200 Milliarden Dollar in die Verteidigung investiert, der Bildungssektor müsse aber mit weniger Geld auskommen.

      Zu Beginn der zweitägigen Jahrestagung rief der Finanzminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Hamdan bin Raschid el Maktum, die Teilnehmer zur Unterstützung des Wiederaufbaus in Irak und des Nahost-Friedensprozesses auf. Die arabische Welt werde ihr wirtschaftliches Potenzial erst ausschöpfen können, wenn eine gerechte und dauerhafte Lösung für die regionalen Konflikte gefunden sei, sagte er.

      (sueddeutsche.de/AP)
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 19:50:33
      Beitrag Nr. 222 ()
      Leben ohne Rente?

      Von Harald Neubauer


      Mit jedem Wort läßt sich rhetorisch Schindluder treiben. Derzeit ist die
      "Reform" in aller Munde - die Steuerreform, die Gesundheitsreform, die
      Arbeitsmarktreform, die Rentenreform. Überall Reform. Doch schaut man
      genauer hin, tut sich eigentlich gar nichts, jedenfalls nichts, was der
      Vokabel inhaltlich entspricht. Nirgendwo wird gearbeitet an einer
      "Verbesserung des Bestehenden" (so die lexikalische Umschreibung von
      "Reform"). Alles läuft vielmehr darauf hinaus, die Situation der
      Betroffenen zu verschlechtern, sprich: die Beiträge anzuheben und die
      Leistungen zu kürzen.

      Um was geht es wirklich? Die verantwortlichen Politiker sind wieder
      einmal mit ihrem Latein am Ende. Sie haben den Karren des Sozialstaats
      an die Wand gefahren und wollen trotzdem ihren Führerschein behalten.
      Also inszenieren sie eine "Sachzwang"-Debatte, bei der so getan wird,
      als sei die Wand schuld, nicht der Fahrer. Dem Publikum werden
      Zahlenkolonnen und komplizierte versicherungsmathematische Formeln
      an den Kopf geknallt. Keiner kennt sich mehr aus. Aber alle reden mit.
      Nahezu täglich macht ein neuer Vorschlag die Runde. Für jede noch so
      abwegige These findet sich ein "Experte", der sie vor laufender Kamera
      vertritt. Schon wird angeregt, ältere Menschen kurzerhand aus der
      Solidargemeinschaft zu werfen. Wer sich dem "sozialverträglichen
      Frühableben" verweigert, bekommt zur Strafe keine Prothese mehr -
      obwohl er genau dafür jahrzehntelang eingezahlt hat.

      Solche Debatte ist ganz nach dem Geschmack der politisch
      Verantwortlichen. Sie kennen die segensreiche Wirkung des
      Divide-et-impera: Teile und herrsche! Wo früher Klassenkampf gepredigt
      wurde, proklamiert man heute den Altersklassenkampf: Streitet Euch,
      rauft Euch! Wer sich so beschäftigt, bleibt den Verursachern der Krise
      vom Leib und kommt bei den nächsten Wahlen nicht auf dumme Ideen.

      Und der vielbeschworene "Generationenvertrag"? Ihn haben unsere
      famosen Politiker mit Kindern geschlossen, die es gar nicht gibt und die
      aus Single-Haushalten und Homo-Ehen auch schwerlich entsprießen
      können. Die demographische Entwicklung wurde ignoriert, das
      eingenommene Geld verpraßt. Jetzt sucht man Sündenböcke: Frauen,
      die zu wenig gebären; Rentner, die nicht sterben wollen; Kranke, die
      auf medizinischer Versorgung beharren. Soll heißen: Das Volk ist selber
      schuld. Niemand stellt die simple Frage, weshalb die zuständigen
      Politiker keine Rücklagen gebildet haben.

      Schon einmal vom Juliusturm gehört? Dort, in der Festung Spandau,
      bunkerte die Reichsregierung bis 1914 Gold im Wert von 120 Millionen
      Mark - für Krisenzeiten. Einen zweiten "Juliusturm" errichtete später
      Bundesfinanzminister Fritz Schäffer. Trotz horrender Wiederaufbau- und
      Besatzungskosten sparte er bis 1956 rund sieben Milliarden Mark an.
      Schäffers Nachfolger machten aus schwarzen Zahlen rote und trieben
      die Staatsverschuldung bis heute auf astronomische 1,3 Billionen Euro
      hoch.

      Ähnlich die Entwicklung der sozialen Sicherungssysteme. Bismarcks
      Konzeption war solide genug, um zwei Weltkriege zu überdauern. 1942
      betrug der Beitragssatz für die Rente 5,6 Prozent des Arbeitsentgeltes.
      Heute sind es bereits 19,5 Prozent (die zugeschossenen Steuermittel
      eingerechnet, sogar nahezu 30 Prozent). 1957 kam das
      Umlageverfahren. Seitdem werden die Rentenbeiträge nicht mehr
      angespart, sondern laufend verausgabt. Ein Glücksspiel nach dem
      Kettenbrief-Muster. Sobald die Nachrücker ausbleiben, bricht alles
      zusammen. Privat ein Fall für den Staatsanwalt. Politisch ein
      gigantischer Volksbetrug.

      Ob Rentenbeiträge, Krankenversicherung oder Steuern: Dem Bürger
      kann es egal sein, wie man die Zwangsabgaben jeweils betitelt und
      zuordnet. Es geht um die Gesamtbelastung. Wenn Teile des Systems
      mehr Geld benötigen, muß in anderen Bereichen gespart werden. Allein
      die Schulden ausländischer Staaten bei der Bundesrepublik betragen
      etwa 52 Milliarden Euro (SZ, 26. 5. 03). Wir pumpen unser Geld nach
      Afghanistan, auf den Balkan und morgen womöglich in den Irak.
      Deutschland gilt als Sozialamt der Dritten Welt und füttert Jahr für Jahr
      mit rund 15 Milliarden Euro das Monster in Brüssel.

      Nur: Darüber wird in der aktuellen Reform-Debatte kein Wort verloren.
      Statt dessen lesen wir im "Focus" die erstaunliche Nachricht, den
      Deutschen stehe ein "Leben ohne Rente" bevor. Das mag stimmen -
      aber nicht, weil kein Geld da ist, sondern weil es die Politiker
      anderweitig aus dem Fenster schütten. Erst kürzlich gingen fünf
      Milliarden Euro an ehemalige Fremdarbeiter in Osteuropa. Dabei sprach
      niemand von einer Ausbeutung der Jungen durch die Alten. Aber von
      moralischer Pflicht war die Rede. Mehr Verständnis erheischen auch
      deutsche Rentner nicht.

      www.nationeuropa.de
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 19:57:51
      Beitrag Nr. 223 ()
      Titel
      Rainer Balcerowiak

      Werden Warnstreiks bald verboten?

      Arbeitgebervereinigung legt Konzept für »moderne Tarifautonomie« vor


      Nur einen Tag nachdem der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sein »Reformkonzept« zur umfassenden Deregulierung und Minimierung der sozialen Daseinsvorsorge vorgelegt hat, präsentierte seine Schwesterorganisation, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitsgeberverbände (BDA), am Dienstag in Berlin ihr Konzept zur Abschaffung der Tarifautonomie und des Streikrechts. »Streik und Aussperrung sind Relikte einer vergangenen Epoche unter besonderen historischen, heute nicht mehr existierenden wirtschaftlichen Bedingungen«, formulierte BDA-Chef Dieter Hundt die Grundprämisse seiner Organisation. Daher trete man »für eine neue Balance in der modernen Tarifautonomie« ein. Besonders die jüngsten Tarifauseinandersetzungen der Metall- und Elektrobranche in den Ostbezirken hätten gezeigt, daß es ein »Defizit bei den rechtlichen Rahmenbedingungen« gebe. Zur Durchsetzung »völlig überzogener Forderungen« seien auch »internationale Lieferbeziehungen gefährdet« worden. Insgesamt seien dadurch »schwere Schäden für die Unternehmen, die Arbeitnehmer und die Arbeitslosen« entstanden.

      Kernpunkt der BDA-Pläne ist die verbindliche Einführung einer Zwangsschlichtung bei allen Tarifkonflikten, die nicht einvernehmlich gelöst werden. Jegliche Form von Arbeitskampf wäre nach BDA-Vorstellungen bis zum Abschluß dieser Schlichtung unzulässig, Warnstreiks somit generell illegal. Ferner forderte Hundt gesetzliche Schritte gegen »den Mißbrauch des Streikrechts durch spezialisierte Minderheiten«. Beispiele dafür seien in den letzten Jahren die Streiks der Pilotenvereinigung Cockpit und die Streikdrohung der Gewerkschaft der Lokomotivführer gewesen. Das aktuelle BDA-Konzept geht bereits in die Details. Dazu gehören die Einführung einer Vorwarnzeit von mindestens drei Tagen für jeden von einem Streik betroffenen Betrieb, der unbegrenzte Betriebszugang für Beschäftigte, Kunden und Lieferanten und das generelle Verbot von Streiks in Einrichtungen der öffentlichen Versorgung, beispielsweise bei Verkehrsunternehmen.

      Außer dem Streikrecht ist dem BDA auch die Tarifautonomie ein Dorn im Auge. Hundt erneuerte die Forderung seines und anderer Wirtschaftsverbände, die Möglichkeiten betrieblicher »Bündnisse für Arbeit« auszuweiten und gesetzlich abzusichern. Das Günstigkeitsprinzip, nach dem von Flächentarifvereinbarungen abgewichen werden kann, wenn für die Beschäftigten höhere Löhne oder geringere Arbeitszeit ausgehandelt werden, müsse in Zukunft auch gelten, wenn es materielle Verschlechterungen gebe, dafür aber eine Arbeitsplatzgarantie angeboten werde, so Hundt. Kernpunkt der BDA-Forderungen sei es, daß die Gewerkschaften als Tarifpartei in Zukunft kein Einspruchs- und Klagerecht gegen solche Vereinbarungen mehr haben sollten, wenn der Unternehmer, seine Belegschaft und der Betriebsrat zugestimmt hätten. Er forderte die CDU auf, ihren Gesetzentwurf zur Neugestaltung der Tarifautonomie, der am heutigen Mittwoch erstmalig im Bundestag debattiert wird, entsprechend zu modifizieren.

      Was die Umsetzung der BDA-Forderungen betrifft, zeigte sich Hundt am Dienstag betont optimistisch. Schließlich habe Bundeskanzler Schröder bereits in seiner Bundestagsrede zur Agenda 2010 im März dieses Jahres die Tarifpartner aufgefordert, neue Regelungen für die Ausgestaltung der Tarifautonomie und des Streikrechts zu entwickeln und andernfalls gesetzliche Regelungen angekündigt. Auch mit der DGB-Spitze befinde man sich in einem ständigen Dialog. Jedoch gebe es in diesem Lager noch einige Betonköpfe. So hätten die jeweiligen Branchengewerkschaften in der Druck-, Metall- und Elektroindustrie bisher tarifvertragliche Öffnungsklauseln für betriebliche Vereinbarungen konsequent blockiert. Falls es zu keiner Einigung mit den Gewerkschaften komme, hoffe man auf zügige Gesetzesinitiativen in Verbindung mit den zur Abstimmung anstehenden »Hartz-Reformen« im Oktober dieses Jahres.

      http://www.jungewelt.de./2003/09-24/001.php
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 19:59:32
      Beitrag Nr. 224 ()
      Ausland
      Christian Giacomuzzi

      Paris setzt Rotstift an

      Heftige Kritik an Kürzung der Unterstützung für Langzeitarbeitslose in Frankreich


      Heftige Kritik der französischen Gewerkschaften und der Linksopposition hat ein am vergangenen Freitag bekanntgewordener Regierungsbeschluß ausgelöst, der eine Senkung des Arbeitslosengeldes für Langzeitarbeitslose vorsieht. Von der Maßnahme, die dem Staat Einsparungen von 150 Millionen Euro bescheren soll, sind laut Gewerkschaften ab 2004 etwa 130 000 Menschen betroffen, die kein Anrecht mehr auf Arbeitslosenunterstützung haben. Anstatt wie bisher aus dem staatlichen Sonderfonds ASS bezahlt zu werden, müssen sich die betroffenen Bürger künftig mit der geringeren sozialen Mindestrente RMI (knapp 400 für Alleinstehende je Monat) begnügen.

      Die ASS-Rente (Allocation de solidarité spécificque) steht gegenwärtig jenen rund 420000 Langzeitbeschäftigungslosen in Frankreich zu, die kein Anrecht mehr auf das Arbeitslosengeld der Sozialkasse UNEDIC haben. Aufgrund der schlechten Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hat die Anzahl der ASS-Anspruchsberechtigten in den letzten Monaten stark zugenommen. Auch 2004 ist keine Wende zu erwarten. Die ASS wird allerdings direkt vom Staat und nicht wie die UNEDIC durch die So-zialabgaben der Lohnempfänger und Arbeitgeber finanziert.

      Die den Sozialisten nahestehende Gewerkschaft CFDT bezeichnete die Maßnahme in einer Erklärung als »inakzeptabel«. Die Gewerkschaft kritisierte insbesondere, daß die konservative Regierung des rechtsliberalem Premiers Jean-Pierre Raffarin (UMP) den gehobenen Einkommensklassen eine Einkommenssteuersenkung von drei Prozent zugestanden hat, während man den Mitbürgern auf den untersten sozialen Stufen das Leben noch schwerer mache.

      »Es ist nicht vorstellbar, daß einerseits die Dauer der Zahlung des Arbeitslosengeldes verkürzt wurde, und der Staat gleichzeitig den finanziellen Notstand dieser Bürger noch weiter verschärft«, kritisierte der Gewerkschafter Jean-Claude Quentin von Force Ouvrière (FO). Die CGT-Vertreterin Jacqueline Lazare erklärte gegenüber Le Monde vom Montag, daß von der geplanten zeitlichen Verkürzung der Arbeitslosengeldzahlung landesweit 850000 Beschäftigungslose betroffen seien. Dies vertiefe die »Kluft des sozialen Ausschlusses«, so die Vertreterin der den Kommunisten nahestehenden CGT.
      http://www.jungewelt.de./2003/09-24/009.php
      Avatar
      schrieb am 23.09.03 20:02:13
      Beitrag Nr. 225 ()
      Inland
      Rainer Balcerowiak

      Nadelstreifdemo

      Deutsche Unternehmerlobby demonstrierte in Berlin für Abschaffung des Sozialstaates


      Wenn Unternehmer demonstrieren, wie am Montag abend in Berlin, ist alles ein bißchen anders als sonst. Schließlich hat man wirksamere Einflußmöglichkeiten auf die politischen Entscheidungsträger und die öffentlichen Meinungsmacher als jede sonstige gesellschaftliche Gruppierung. Zudem eignet sich die Berufskleidung der ruling class – dunkle Anzüge, Krawatten und Designerschuhe bei den Herren, gehobene Business-Mode bei den wenigen Damen – auch nicht besonders gut für längere Umzüge. Am besten läßt man für ein solches Ereignis einfach eine ganze Straße absperren, auf der sich die parfümierte gesellschaftliche Elite ungestört austoben kann.

      Die »Kundgebung für Reforminitiativen« hatte für den zufälligen Passanten etwas von einem Zoobesuch. Die Breite Straße im historischen Berliner Zentrum auf der Spreeinsel war fürsorglich von Polizisten in schicken olivfarbenen Kampfanzügen abgesperrt worden. Direkt vor der Kommandozentrale des deutschen Kapitals, dem Haus der Deutschen Wirtschaft, war ein bequemes Refugium für die kundgebungswilligen Unternehmerpersönlichkeiten geschaffen worden.

      Zuvor hatten die Herrschaften bereits in 16 Foren Strategien zur Entsorgung der Reste des Sozialstaates diskutiert. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Veranstalter der ganzen Chose, ließ zudem drei ausgewachsene – allerdings abgerichtete – Adler im Saal herumfliegen, was die anwesende Creme der Gesellschaft zu lauten »Ooh’s« und »Aah’s«, animiert hatte.

      Dann ging es mit der »Kundgebung« los. Zu den »Conquest«-Klängen von Vangelis, sonst eher bei halbseidenen Profiboxkämpfen gespielt, versammelten sich die Entscheidungsträger vor der Bühne. Mit einem Gläschen trockenen Weißweines in der Hand, widmeten sie ihre Aufmerksamkeit ganz den auf dem Podium versammelten Häuptlingen. Angeführt vom Chef des BDI, Michael Rogowski, wurde das Hohelied der »Reformen« angestimmt. Allerlei Vereine sind inzwischen gegründet worden, mit poetischen Namen wie »Liberale Initiative«, »Deutschland packt’s an« oder »Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft«. Nicht selten sind das simple Anhängsel der PR-Abteilungen großer Konzerne. Und so findet man unter deren Sprechern auch die Namen der üblichen Verdächtigen, wie Oetker oder Rodenstock. Auch Hooligans der Marktwirtschaft, wie der Chef des Wirtschaftssenders n-tv, Karl-Ulrich Kuhlo, und der »Bürgerkonvent« des Wirtschaftsprofessors Meinhard Miegel waren vertreten. Rechtsradikale wie Arnulf Baring sowie grüne Turboliberale wie Oswald Metzger und Christine Scheel wurden als Unterstützer benannt.

      Es folgte der übliche Sermon: Freiheit, Eigenverantwortung, Überversorgung, Gleichmacherei, Wettbewerb, Steuerüberforderung. Besonders schräg gab sich die bayrische Unternehmertruppe »Aufbruch jetzt«, die sich einen ganzen Stall von Profisportlern wie Fuß- und Footballidol Manfred Burgsmüller, Dressur-Championesse Nicole Uphoff und Rad-Olympiasieger Jens Lehmann als Werbeträger hält. Auch durften auf den Unterstützerlisten Schlagerfuzzies wie Bernhard Brink oder Tobias Künzel von den »Prinzen« nicht fehlen.

      Nach den Reden spielte man noch ein bißchen Kindergarten. Alle tauchten die Hände in blaue Farbe und hinterließen ihren Abdruck auf einem weißen Tuch. »Wir reichen der Politik die Hand«, übersetzte Rogowski den Sinn dieser Aktion.

      Ein paar Gegendemonstranten hatten auch den Weg zur Breiten Straße gefunden. Ein Anti-Hartz-Bündnis durfte unbehelligt ein Plakat hochhalten. Mit Trillerpfeifen und Sirenen ausgestatteten Anhänger der Freien Arbeiterinnenunion (FAU) wurden von der Polizei hinter die Absperrungen verbracht.

      Es folgte schließlich das Wesentliche eines jeden Unternehmerevents. Im Atrium der Wirtschaftslobbyzentrale warteten mit Kandelabern bestückte, gedeckte Tische. Dutzende dienstbare Geister, vermutlich pauschal vergütete Studentinnen, reichten zunächst trockenen Sekt. Erneut ergriff Rogowski das Wort, doch sein Repertoire hatte sich mittlerweile erschöpft, und nach den diversen Reden des Tages trat bei allen ein gewisser Ermüdungseffekt ein. Kultur gab es natürlich auch. Mehrere BDI-prämierte Jungkünstler durften auf der Bühne Werke mäßigen musikalischen Gehaltes aufführen. Zwischen dem kanadischen Hummer und der getrüffelten Kürbiscremesuppe mit Seeteufelflecken gab es schließlich noch der Auftritt von Wolfgang Clement, dem Superminister. Von Rogowski zunächst aufgefordert endlich einzusehen, daß das gültige Grundgesetz der Bundesrepublik nach 55 Jahren Bestand kräftig umgekrempelt gehöre, sah Clement auch alles ein, was der BDI und seine Hilfstruppen forderten, und versprach zügige Umsetzung. Egal ob Steuersenkungen, weitere Einschränkungen der sozialen Daseinsfürsorge oder unmittelbaren Zwang gegen Arbeitslose zur Annahme von Billigjobs. Fast flehentlich bat er Rogowski doch zu goutieren, was die Regierung schon alles geschafft habe und in Kürze zu tun gedenke. Beispielsweise die Absenkung der Alimentation für weitere Millionen Menschen unter die Armutsgrenze. Rogowski zufrieden: »Das war eine gute Rede, Herr Minister.« Sogar etwas Schelte für die Unionsparteien hatte er parat. Die sollten sich endlich aktiv in den »Reformprozeß« einbringen, statt zu blockieren.

      Die Gäste vernahmen es wohlwollend und konnten sich beruhigt dem »Filet vom friesischen Ochsen an Kartoffelgratin mit Waldwinzlingen« zuwenden. Daß dazu ein pappig-süßlich schmeckender Dornfelder gereicht wurde, bewies allerdings, daß die deutsche Bourgeoisie nicht nur asozial handelt, sondern auch stillos lebt.


      http://www.jungewelt.de./2003/09-24/012.php
      Avatar
      schrieb am 24.09.03 00:52:42
      Beitrag Nr. 226 ()
      Gesundheitsreform - viel Geschrei und wenig dahinter?



      Helmut Creutz, 02.09.2003



      Seit Jahren schon und verstärkt in den letzten Monaten, ist das Thema "Gesundheitsreform" in Politik und Medien ein Dauerbrenner. Dabei geht es in Wirklichkeit weder um eine Reform der Gesundheit noch um eine des Gesundheitswesens, sondern allenfalls - wenn das Wort Reform hier überhaupt anwendbar ist - um eine Reform der Zahlungswege, also letztlich um die Frage, auf welche Weise man den Versicherten das Geld aus der Tasche holt. Eine Senkung der Gesamtbelastung steht dagegen so gut wie gar nicht zur Debatte, wie sich an den kaum in Mitleidenschaft gezogenen Pfründen der "Gesundheitsindustrie", also der Pharmaunternehmen, Ärzteververbände, Krankenkassen usw. nachweisen lässt. Die heiß diskutierte Positivliste ist ebenso vom Tisch wie die Ausschaltung der Kassenärztlichen Vereinigungen oder der verdeckten Abrechnungen, die geradezu zum Betrug einladen. - Man stelle sich einmal die Missbräuche vor, wenn die Kosten der KfZ-Reparaturen, hinter dem Rücken der Versicherten, von den Werkstätten über Werkstattsvereinigungen mit den Versicherungen abgerechnet würden!

      Auch bei den jetzt ins Gespräch gekommenen neuen Modellen einer Krankenversicherung steht immer nur der Einzug der Kosten über andere Kanäle im Vordergrund. Das trifft auf die Bürgerversicherungpläne zu, bei denen Beamte und Selbständige nach ihrer Einkommenshöhe mit heran gezogen werden sollen, wie auch auf die Kopfgeldlösung, die für alle Bürger, einschließlich der Kinder, einen gleichhohen Beitrag vorsieht. Dass diese genannten Varianten auch an den unsozialen Effekten des ganzen Systems nichts ändern, ist in beiden Fällen garantiert: Bei der Bürgerversicherung ist die Einkommenshöhe natürlich gedeckelt (damit für die Bezieher hoher Einkommen, neben der Steuerflucht, nicht auch noch eine Versicherungsflucht ansteht!) und bei dem gleichhohen Kopfgeld für alle kann sich jeder die Hände reiben, der mehr als ein Mindesteinkommen bezieht. Denn die relative Belastung nimmt mit der Einkommenshöhe ab und gerät für die Hochverdienenden zu einer Bagatelle, während Familien mit Kindern erst einmal die Dummen sind!



      Hauptabsicht bei diesen ganzen komplizierten Reformbemühungen ist allein der Versuch, die heute über die Löhne eingezogenen Krankenversicherungskosten abzusenken, wovon man sich eine Belebung der Nachfrage und damit des Arbeitsmarktes verspricht. Dabei greift man beim Gros der Verbraucher über direkte Zahlungen und Zuzahlungen nur in eine andere Tasche. Und bei Zahnersatz sollen die Patienten sogar in vollem Umfang zur Kasse gebeten werden. All diese direkten Leistungen können die Versicherten dann über eine Vielzahl von Zusatzversicherungen absichern, so dass der Versicherungswirrwarr, neben den bereits bestehenden 340 Krankenkassen, noch größer wird. Sieht man von den neuen Arbeitsplätzen in der Versicherungsindustrie ab, die dann auf Kosten der Versicherten entstehen, fragt man sich, wie es auf diese Weise zu einer Entlastung der Bürger und einer Belebung der Wirtschaft kommen soll!




      Was hat es nun mit diesen Kosten der Krankenversicherung tatsächlich auf sich? Sind sie wirklich so unbezahlbar? Oder sind sie in den letzten Jahren so explodiert, dass sie untragbar geworden sind?



      Die konkreten Kosten

      Messen wir die gesamten Kosten des Gesundheitswesens einmal an unserem Sozialprodukt, dann liegen sie in Deutschland bei neun bis zehn Prozent. Lässt man die USA außen vor, wo sich die gesamten Kosten - trotz breiter Privatisierung - auf 14 Prozent belaufen, ist dies zweifellos ein Spitzensatz. Eine genauere Untersuchung wäre darum schon sehr interessant gewesen, warum andere Länder, bei vergleichbarer Versorgung und vergleichbarem Gesundheitsstand, mit sieben oder acht Prozent auskommen. Aber dieser Spur ist man erst gar nicht nachgegangen, denn sie könnte ja zu einem Abbau mancher Überbesetzungen und Vorrechte führen, mit Widerstand der mächtigen Verbände und der von ihnen bezahlten und zahlungsfreudigen Lobbyisten im Bundestag.



      Geht man von den gesetzlichen Krankenversicherungen aus, die ja die Versorgung von 90 Prozent der Bevölkerung sicher stellen, so lagen die Mitgliederzahlen im Jahr 2001 bei 51 Millionen und die Leistungsausgaben bei 130 Milliarden Euro. Das heißt, je Mitglied wurden 2 550 Euro ausgegeben. Davon entfielen rund sechs Prozent auf die Leistungen der Zahnärzte, 18 Prozent auf die übrigen Ärzte, 15 Prozent auf die Apotheken, fünf Prozent auf Zahnersatz und 34 Prozent auf die Behandlungen in Krankenhäusern. Dabei sind die Krankenhausbehandlungen nicht nur der größte Posten, sondern auch der am schnellsten gewachsene. Denn während dieser Posten in den letzten 30 Jahren auf das Zwölffache angestiegen ist, nahmen die anderen nur auf das Acht- bis Neunfache zu.



      Die Entwicklung der gesamten Krankenversicherungskosten in den letzten drei Jahrzehnten ist in der Darstellung in Prozenten des BIP wieder gegeben, zusätzlich mit den Anfangs- und Endbeträgen in Milliarden Euro. Wie ersichtlich stiegen diese Kosten von 12 auf 130 Milliarden Euro an und damit auf knapp das Elffache. Da das Sozialprodukt in den 30 Jahren auf das Siebenfache zunahm, ist es zwangsläuftig zu einem relativen Überanstieg der Krankenversicherungskosten gekommen. Nicht zuletzt ist das mit der hohen Zunahme des Personalaufwandes in Kliniken und Krankenhäusern zu erklären, aber auch mit der Ausweitung der ärztlichen Niederlassungen, also mit einem Mehr an Arbeitsplätzen, nach denen wir doch so intensiv rufen.



      Gemessen in Milliardenbeträgen zeichnet sich diese Überentwicklung zwar vor allem in der ersten Hälfte der 90er Jahre ab. Gemessen aber an der jeweiligen Wirtschaftsleistung, also in Prozenten des BIP, nahmen die Aufwendungen für die gesetzlichen Krankenversicherungen jedoch - wie die Darstellung zeigt - fast ausschließlich in der ersten Hälfte der 70er Jahre zu, um sich danach, schwankend um die Marke von sechs Prozent des BIP, relativ zu stabilisieren. Das heißt, die Kostenentwicklung über die Wirtschaftsleistung hinaus, ist eine Sünde aus einer Zeit, die fast 30 Jahre zurückliegt und damals offensichtlich zu verkraften war. - Warum aber ist das heute nicht mehr der Fall? Warum wird heute der Aufwand von sechs Prozent unserer Wirtschaftsleistung, den wir über fast 25 hinweg zahlen konnten, auf einmal als zu hoch empfunden?


      Die relativen Kosten

      Eine Antwort auf diese Fragen findet man, wenn man die Anstiegsentwicklungen der beiden anderen Kurven in der Grafik mit in die Betrachtung einbezieht. Daraus wird ersichtlich, dass in den Jahren 1970 bis 1981 nicht nur die Krankenversicherungskosten deutlich zugenommen haben, sondern in etwa gleichem Umfang auch die Kosten der Mineralölimporte und - in einem noch viel deutlicheren Maße - der Anstieg der Schuldenzinslasten, für die hier die von der Bundesbank ausgewiesenen Bankzinserträge herangezogen wurden.





      Zweifellos war der Anstieg der Öl-Importkosten in den 70er Jahren ein Hammer, in dessen Schatten der fast gleich hohe Anstieg der Krankenversicherungskosten offensichtlich weniger beachtet wurde. Während jedoch dieser Anstieg der Ölpreise für riesige Schlagzeilen sorgte, wurde der noch steilere und über die ganzen 30 Jahren andauernde Anstieg bei den Schuldenzinslasten erstaunlicherweise bis heute weder in der Politik noch in den Medien beachtet! Dabei stiegen diese Kosten in den 30 Jahren von 25 auf 370 Milliarden Euro an, also auf rund das 15-fache!

      Dieser Anstieg der Schuldenzinslasten wird zwar nach jeder Hochzinsphase immer wieder von deutlichen Einschnitten unterbrochen, zeigt aber, wie die Trendlinie erkennen lässt, insgesamt steil nach oben. Und während die Importpreise für Erdöl, in Prozenten unserer Wirtschaftsleistung gemessen, sich im Jahr 2000 fast auf der Höhe des Jahres 1970 bewegten und die Krankenversicherungskosten von 3,5 auf 6,2 Prozent des BIP zulegten, sind diese Schuldenzinslasten von 7,2 auf 18,3 Prozent des BIP angestiegen, also auf das Zweieinhalbfache! Und mit 370 Milliarden Euro lagen diese Kosten im Jahr 2000 bereits bei 66 Prozent der Nettolöhne und -gehälter und 130 Prozent des Bundeshaushaltes!

      Alleine im Jahr 2000, in dem die Krankenversicherungskosten um 5 Milliarden anstiegen, legten die Zinszahlungen an die Banken um 47 Milliarden Euro zu, also fast zehn Mal mehr als die Krankenversicherungskosten, mit denen wir uns heute so sehr beschäftigen! Oder anders ausgedrückt: Hätte man diesen Überanstieg etwas abgebremst, brauchten nicht nur die Kalamitäten in der Krankenversicherung kein Thema zu sein, sondern auch nicht die in den Rentenkassen! Und wären diese Zinslasten, wie die Kosten der Krankenversicherung, im Jahr 2000 nur um fünf Milliarden Euro angestiegen, wäre unsere Volkswirtschaft um 42 Milliarden entlastet worden. Diese Entlastung hätte für die Geldgeber nur einen Zinsverzicht von sieben Wochen bedeutet! Mit diesem Zinsverzicht von 42 Milliarden hätten wir aber nicht nur den Anstieg der Krankenversicherungskosten ausgleichen, sondern auch noch über eine Million Arbeitskräfte einstellen und bezahlen können!



      Statt einer solchen sinnvollen Verwendung ist dieser Zinsbetrag als Überschuss jedoch erneut in jene Kassen geflossen, die schon lange keinen nennenswerten Bedarf mehr haben und ihn deshalb auf ihre Vermögenspolster aufsatteln. Daraus ist das Geld aber nur über eine erneute Ausweitung der Kredite in den Kreislauf zurück zu holen. Damit jedoch erhöht sich erneut die Kostenspirale steigender Zinslasten, zum Nachteil nicht nur der Kaufkraft der normalen Haushalte, sondern auch zum Nachteil der staatlichen Kassen, einschließlich jener der Renten- und der Krankenversicherung.



      Zweifellos brauchen wir eine vernünftige Reform des Gesundheitswesens, noch dringender aber, wenn wir wirklich aus der Misere herauswollen, eine unseres Geldsystems!




      Mehr hierzu in der Themenübersicht
      nachhaltige Wirtschaftsordnung

      http://www.equilibrismus.de/de/themen/verschiedenes/hc-gesun…
      Avatar
      schrieb am 24.09.03 01:06:57
      Beitrag Nr. 227 ()
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      Chancengleichheit, Sozialpartnerschaft, Gerechtigkeit – Ein alter Hut?



      von Volker Freystedt,
      veröffentlicht in: Sozialmagazin 7-8/2003; Juventa Verlag



      Ordnungen der Freiheit, die nicht zugleich so weit als irgend möglich
      der Gerechtigkeit dienen, gefährden die Freiheit selbst. [1]



      Das Grundgesetz ist absolut nicht neutral –
      es schützt das Eigentum, es schützt die Vertragsfreiheit
      und es schützt damit die Freiheit dessen,
      der die Möglichkeiten hat, seine Freiheit zu nutzen.[2]




      „Was ist sozial?“ Vor gut fünf Jahren brachte die Wirtschaftswoche diese Frage auf ihr Titelblatt und erhob sie im Untertitel zur „Schicksalsfrage der deutschen Politik“ [3]. In seinem Editorial mit der Überschrift „Schwerer Irrtum“ warf der Chefredakteur Stefan Baron der Politik vor, „sozial“ als Gegensatz zu „egoistisch“ zu definieren. Ihre „Sozialpolitik“ sähe sie deshalb als notwendiges Korrektiv zum ungerechten Wettbewerb des Marktes und strebe vor allem durch Umverteilung Verteilungsgerechtigkeit an.

      Stefan Baron hingegen sah „weder Wettbewerb noch Effizienz, ja nicht einmal notwendigerweise Egoismus“ als unsozial an. Und er setzte noch eins drauf: Die Verhinderung von Wettbewerb und Effizienz sei unsozial, weil nur diese für den Wohlstand sorgten, der es erst möglich mache, ein soziales Netz zu finanzieren. Es sei ja gerade der „besondere Charakter der Marktwirtschaft“, dass egoistische Motive und Wettbewerb zu sozialer Gerechtigkeit führten – die aber nicht in „Gleichheit am Ziel, sondern am Start“ bestünden. Diese Chancengleichheit bedeute „gleiche Möglichkeiten zu Bildung und Aufstieg“, vorausgesetzt, es herrsche „Fairness, also ein Wettbewerb, bei dem nicht geschoben wird, gleiches Recht für alle“.

      Diesen Ansichten wird hier so viel Raum gegeben, weil sie typisch sind für den Standpunkt der Wirtschaft, vor allem ihrer Manager, und weil an ihnen ein „schwerer Irrtum“ aufgezeigt werden kann, dem entweder (be)trügerische Absicht oder – wenn mildernde Umstände gelten können – Selbstbetrug zu Grunde liegt.


      Chancengleichheit – „Dabei sein ist alles?“

      Sicher sieht es für viele wie ein Idealbild aus, dass alle Menschen gleiche Chancen haben sollen – nur sind nicht alle Menschen gleich. Was nützt dem musisch Veranlagten die Chance zu einem Informatikstudium mit anschließend glänzenden Karrierechancen? Was fängt der Verträumte mit den schnellen Laufschuhen an, die ihm gleiche Chancen im Wettlauf einräumen sollen? Wir hätten also erst wirkliche Chancengleichheit, wenn jeder das in ihm steckende Potenzial zur optimalen Entfaltung bringen könnte. (Vorausgesetzt natürlich, dass es sich hierbei nicht um für das Gemeinwesen schädliche Kräfte handelt.) „Ich träume von einer Gesellschaft, in der Leistung nicht nur daran gemessen wird, was der Markt dafür zu zahlen bereit ist“, sagte der ehemalige Präsident des Bundesarbeitsgerichts, Thomas Dieterich, in einem Interview. [4]

      Aber selbst wenn man sich auf das in der Diskussion um gerechte Chancen meist als allgemeingültig vorausgesetzte Ziel des materiellen Wohlstands beschränkt: Es stimmt einfach nicht, dass alle Menschen die gleichen Chancen haben. Wenn die Wirtschaft immer wieder als Wettbewerb dargestellt wird, so nehmen die Teilnehmer mit sehr unterschiedlichen Hilfsmitteln daran teil (die individuelle Konstitution lassen wir hier beiseite): Die einen laufen barfuss oder gar mit Krücken, während andere ein Rennrad benutzen können. Und selbst die oft angeführten Tellerwäscher haben es nie durch Tellerwaschen an die Spitze geschafft, sondern erst in dem Moment, als sie in ein Rallye-Auto einsteigen konnten (und, um im Bild zu bleiben: hinterher hat niemand gefragt, ob sie es gekauft, geliehen oder gestohlen hatten.) Wenn Stefan Baron die Amerikaner als Vorbilder hinstellt, weil die „an ihre Chance glauben“ und deshalb schon meinen, in einem sozialen System zu leben, „auch wenn es zu großer Ungleichheit in der Verteilung führt“, so führt er ein neues Kastendenken ein: Weil theoretisch jeder die Chance zum Lottogewinn hat, haben wir Startgerechtigkeit; und auch, wenn nur sehr wenige jemals einen Haupttreffer landen können, sei das noch lange keine Ungerechtigkeit den anderen gegenüber. Es sei schlicht Pech, das man mit „Fairness“ ertragen muss, so wie indische Parias akzeptieren, in diesem Leben (verdient) zu kurz gekommen zu sein. Wenn der Staat meint, „die Nachzügler per Sozialpolitik trösten“ zu müssen, so deshalb, weil er den „großen Fehler“ begeht, „nur auf den Zieleinlauf zu starren“ – eine Optik, der auch „der hierzulande überall grassierende Neid“ entspringt.

      Soweit die Wirtschaftswoche als Beispiel für das vorherrschende ökonomisierte Denken, das alles mit dem Geldmaßstab misst.


      Sozialneid

      Die Verknüpfung von Leistung als Vorbedingung von Reichtum ist weit verbreitet; Die Verteidiger dieser Ideologie beklagen, wir würden in einer „Neidgesellschaft“ [5] leben, in der sich der Erfolgreiche auch noch „rechtfertigen“ müsse, vor allem, wenn der Wohlstand ererbt wurde, also „fleißigen und sparsamen Verwandten“ zu verdanken ist. Mehr oder weniger deutlich wird denen, die selbst „den bequemen Weg gehen“, der Vorwurf gemacht, selbst schuld zu sein, wenn sie nur von Sozialhilfe leben. Dabei hätten sie einen „Lebensstandard, nach dem sich die überwiegende Mehrheit der restlichen Menschheit nur die Finger lecken kann“. Das Forum dieser Leistungsapostel sind die Leserbriefseiten, auf denen sie den „Intellektuellen“ vorwerfen, „Gleichheit vor Freiheit“ zu wollen. Dabei verwechseln sie immer wieder Gleichmacherei mit den ungleichen Chancen von Gleichen. Denn selbst wenn ein Handwerker hundert Stunden in der Woche rackert – richtig reich werden kann er erst, wenn er eine größere Geldmenge angespart hat und diese dann für sich arbeiten lässt. Wie das geht, wird weiter unten noch ausführlich besprochen. Auf jeden Fall stößt die Arbeitskraft eines Arbeiters ziemlich schnell an eine natürliche Grenze, während es ziemlich gleich ist, ob ich hunderttausend oder eine Million Euro am Kapitalmarkt anlege – mit allerdings erheblichen Unterschieden im Ergebnis: aus hunderttausend werden nach fünf Verdoppelungsschritten 3,2 Millionen, aus einer Million aber 32 Millionen (Beispiel: bei zehn Prozent Verzinsung verdoppelt sich das eingesetzte Kapital nach etwa sieben Jahren; fünf mal sieben Jahre = 35 Jahre). Im ersten Fall habe ich 3,1 Millionen Euro „verdient“, im zweiten Fall aber 31 Millionen. War mein Einsatz, meine erbrachte „Leistung“, also um das Zehnfache höher? Und vor allem: um das Zehnfache höher als die des mittelständischen Unternehmers, der in 35 Jahren mit seinem Betrieb bei einem jährlichen Nettogewinn von neunzigtausend Euro auch nur 3,15 Millionen Euro für seine Leistung zusammen bekommt?


      Wertemarkt und Marktwert

      „Was Werte wert sind“ lautete ein provokanter Beitrag des Wirtschaftsredakteurs Nicolaus Piper zur hitzigen Debatte um die Erhaltung des arbeitsfreien Sonntags, in dem argumentiert wurde, man müsse auch immer beachten, dass uns der Schutz von Werten etwas kostet. [6] Provoziert wurde die Reaktion des Ökonomen durch einen vorangegangenen Artikel, in dem der Nicht-Ökonom Christian Nürnberger [7] unter der Überschrift „Mord am Sonntag“ [8] mit dem Philosophen Robert Spaemann folgerte: „Wer fragt, was kostet uns der Sonntag, der hat ihn bereits zum Abschuss freigegeben. Wer Werte zur Disposition stellt, hat sie schon aufgegeben. Wer soziale Gerechtigkeit nicht als ethischen Wert, sondern nur als Investitionshemmnis betrachtet, muss soziale Gerechtigkeit abschaffen.“ Dem behaupteten „Trend, der in einer Gesellschaft ohne verbindliche Werte dazu führt, dass letztlich der Markt die Normen setzt“, was dazu führt, dass „nur noch gemacht wird, was sich rechnet“, setzt Nicolaus Piper „die kühle Wahrhaftigkeit des ökonomischen Blicks“ entgegen. „Der Markt“ sorgt dafür, „dass die knappen Ressourcen so verteilt werden, dass sie den größten Nutzen stiften“, lautet das Credo der Vertreter seiner rein ökonomistischen Weltsicht.

      Dreh- und Angelpunkt ist die Definition des „größten Nutzen“. Wenn der sich, wie tagtäglich zu konstatieren, in Börsennotierungen ausdrücken soll, dann landet der Reis eben nicht in der Schale des Hungernden, sondern im Terminhandel. Und was neben den menschlichen Grundbedürfnissen regelmäßig auf der Strecke bleibt, sind die natürlichen Lebensgrundlagen, weil der Verbrauch von Luft, Wasser und Boden kaum in die Rechnungen einfließt.

      Das Hauptthema des Marktes, der inzwischen kein Gütermarkt mehr ist, sondern ein Kapitalmarkt, ist nicht die Knappheit an Gütern (wie in den Lehrbüchern postuliert), sondern deren Überschuss – und der Überschuss an Kapital an bestimmten Stellen, also seine Verklumpung. Dieses sucht eben nicht danach, wo es „größten Nutzen“ stiften könnte (zum Beispiel in der Erziehung, der Bildung sowie in der Pflege), sondern es zeigt sich nur dort, wo es günstige Bedingungen zu seiner Vermehrung findet – und ist mit einem Mausklick wieder verschwunden, wenn es anderswo mehr Rendite geben könnte. Wie das Kuckuckskind, das schneller wächst als die anderen im Nest, damit aber auch mehr Nahrung fordert auf Kosten der anderen, bis es so groß ist, dass neben ihm kein Platz mehr ist, so verdrängen die Kapitalinteressen alle anderen, nicht kapitalisierbaren, nicht in Aktienkursen darstellbaren Werte.


      (Soziale) Marktwirtschaft

      Auch wenn Ludwig Erhard nach einer Anekdote des Wirtschaftsnobelpreisträgers Friedrich August von Hayek gesagt haben soll: „Wenn ich von sozialer Marktwirtschaft spreche, meine ich damit, dass die Marktwirtschaft als solche sozial ist, nicht dass sie erst sozial gemacht werden muss“ [9], so waren er und Alfred Müller-Armack als die „Erfinder“ der „Sozialen Marktwirtschaft“ [10] offenbar ihrer Sache doch nicht so sicher und wollten die „Wettbewerbswirtschaft“ durch „eine dazu gehörende Rahmenordnung“ soweit domestizieren, dass „ein sozial funktionsfähiger Wettbewerb“ auf die Einschränkung „einseitiger Einkommensbildungen“ zielt, und andererseits „als Ausgangspunkt von Einkommenskorrekturen und -umleitungen seitens des Staates zugunsten schwächerer Bevölkerungsschichten“ dient. Die Grenze der staatlichen Intervention wird durch die „Marktkonformität“ gezogen, das heißt „der soziale Zweck muss (...) ohne Störung der marktgerechten Preisbildung erreicht werden“.

      Hierbei geht es in erster Linie um den Preis der Arbeit, also den Lohn. Die Auseinandersetzung darüber, wie weit Waffengleichheit besteht zwischen den Vertragsparteien Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dauert inzwischen schon über hundertdreißig Jahre an. Während der ökonomische Liberalismus die Arbeitskraft als eine Ware wie jede andere sah, machten seine Gegner - in Deutschland vor allem der Volkswirtschaftler und Sozialpolitiker Lujo Brentano (1844-1931) [11] - geltend, „dass beim Abschluss des Arbeitsvertrages wohl eine formell rechtliche Gleichheit bei beiden Teilen vorhanden sei, dass aber eine erhebliche Ungleichheit in der wirtschaftlichen Lage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehe, dass die Nachteile für den ersteren bei Nichtabschluss des Vertrages viel geringere seien, als für den letzteren.“ Denn anders „als der Verkäufer einer anderen Ware (...) sei der Arbeiter mit der Ware Arbeitskraft untrennbar verbunden, so dass er mit Überlassung derselben an den Arbeitgeber unvermeidlich in ein Abhängigkeitsverhältnis zu diesem gerät.“ [12] Seine Stellung könne der Arbeiter nur verbessern, wenn er sich in Gewerkschaften organisiere.

      Wie es heute aussieht, kann wohl der ehemalige Präsident des Bundesarbeitsgerichts, Thomas Dieterich, recht gut beurteilen. Auf die Feststellung der Interviewer: „Vor zwanzig Jahren waren die Gewerkschaften die Angreifer. Jetzt sind es die Arbeitgeber“, konstatierte er: „Die Ausgangslage hat sich verschoben. Es ist immer derjenige der Angreifer, der den Status quo verändern will. Das sind jetzt die Unternehmer, weil sie den Level senken wollen.“ [13]


      Freistilringen

      Und die Sache mit dem „freien Wettbewerb“? Inzwischen gab es eine New Economy, die der US-Finanzminister Lawrence Summers als „eine darwinistische Evolution“ bezeichnete [14]: „Es gibt ein konstantes Streben nach einem temporären Vorteil“; „höhere Effizienz und höhere Umsätze führen zu niedrigeren Preisen und noch höherer Nachfrage“. „Das neue ist die wachsende Zahl von Produkten, die mit hohen Fixkosten und geringen variablen Kosten produziert werden. Das ändert die Strukturen des Wettbewerbs. Ich halte es für schwierig, unter den neuen Bedingungen der New Economy das Standardmuster des perfekten Wettbewerbs aufrecht zu erhalten. Es geht um den zeitlich befristeten Vorteil auf einem bestimmten Markt.“ [15] Das bedeutet: Monopolbildung, Überschwemmung des Marktes mit Massenprodukten, Zwang zum Dinosauriertum – also anscheinend das, was die Ökonomie unter dem „größten Nutzen“ (siehe oben) versteht.


      Consumo, ergo sum

      Im „Manifest ´72“ von Ludwig Erhard und Alfred Müller-Armack sahen diese den Konsumenten noch in der wichtigen Rolle dessen, der „mit seinen Kaufentscheidungen das Marktgeschehen beeinflusst“. So appellierten sie: „Gerade der Konsument sollte wissen, dass die Soziale Marktwirtschaft es sich angelegen sein lässt, ihm seine Vorrangstellung am Markt einzuräumen.“ [16] Damit liegen sie weit entfernt von der heutigen Realität, der Karl Kraus 1914 in einem Vortrag fast schon visionär viel näher kam: „Gott schuf den Konsumenten! Aber Gott schuf den Konsumenten nicht, damit es ihm wohl ergehe auf Erden, sondern zu einem Höheren: damit es dem Händler wohl ergehe auf Erden. (...) Zivilisation ist die Unterwerfung des Lebenszwecks unter das Lebensmittel. Diesem Ideal dient der Fortschritt. (...) Die äußerste Bejahung des Fortschritts gebietet nun längst, dass das Bedürfnis sich nach dem Angebot richte, dass wir essen, damit der andere satt werde. (...) Der Fortschritt (...) hat den Lebenszweck den Lebensmitteln subordiniert und uns zu Hilfsschrauben unserer Werkzeuge gemacht.“ [17]


      Fusio(h)nmacht

      Unternehmensberater, die ihre Tätigkeit reflektieren, wissen, dass der Erfolg eines Betriebes nicht allein auf ihre gute Beratung zurück geht, sondern untrennbar damit verbunden ist, dass die Konkurrenz schrumpft oder verschwindet. Sie kämen ganz schön in Schwierigkeiten, wenn sich auch die Konkurrenzfirmen von ihnen beraten lassen wollten. Deshalb ist ein Grund für die rasante Zunahme von Firmenzusammenschlüssen das Erreichen einer Unverdaulichkeitsgröße für andere Konzerne – wenn A nicht mit B fusionieren würde, könnte B mit C zusammen gehen, und als nächstes würde A geschluckt.

      „Wirtschaft im Größenwahn“ (Die Zeit, 16.4.98), „Weltmarkt ohne Weltpolizei“ (Der Spiegel, 20.4.98), „Globale Mega-Konzerne geraten außer Kontrolle“ (SZ, 11.8.98) – das Unheimliche daran ist der Automatismus und die Beschleunigung, mit dem diese Zusammenschlüsse erfolgen (oder manchmal – siehe Deutsche und Dresdner Bank – wegen überhöhter Geschwindigkeit auch scheitern).

      Beängstigend auch, dass für die Kursrichtung dieser Riesentanker kein Kapitän mehr auszumachen ist: „Die Vorstände sind oft nur noch Getriebene, die großen Investmentfonds bestimmen die Strategien – ein anonymer Aktionärskapitalismus entsteht.“ [18] Wer würde sich schon einem Schiff anvertrauen, das von einer Gruppe von Nichtseeleuten von Land aus gesteuert wird, deren Ergeiz es ist, dass der Dampfer möglichst schnell fährt? Da zählt jede Ballasteinsparung: „Weniger Arbeitsplätze, weniger Wettbewerb, weniger Freiheit.“ [19]

      Domani, domani - Geschenke auf Kredit
      Besteht bei der Einschätzung zur Situation des Sozialstaats noch Einigkeit darin, dass er zumindest „in der Krise“, „unter Druck“, „ein Auslaufmodell“ oder des „Nachdenkens“ wert, wenn nicht gar bereits „am Ende?“ – meist mit Fragezeichen – sei und sein „Umbau“ notwendig, vielleicht sogar in vollem Gange wäre, so gehen die Diagnosen der Ursachen weit auseinander. Viele sehen das Prinzip des seligen Gebens und Nehmens walten: Politiker tendieren zu immer mehr „Geschenken“, die den Wähler wohlgesonnen stimmen, ihn als Bürger aber entmündigen. Das Ablehnen der Wohltaten fällt den Beglückten schwer, wie das Geben den Politikern leicht fällt, weil es letztlich die Beschenkten selbst sind (oder deren Kinder, wenn man es geschickt anstellt), die für die Zeche irgendwann einmal aufkommen müssen. Der Ökonom Paul C. Martin sieht hierin den „Staatsbankrott“ [20] vorprogrammiert. Bevor der Staat allerdings den Konkurs erklärt, würde er von seiner Möglichkeit des Gelddruckens Gebrauch machen und durch eine Hyperinflation seine Schulden (und damit die Ansprüche der Gläubiger) reduzieren.


      Die Wohlfahrtsdroge

      Der Volkswirtschaftsprofessor Carl Christian von Weizsäcker geht besonders abenteuerliche Wege [21]; er sieht im Vorgehen des „Wohlfahrtsstaats“ eine Art Anfütterung: „Indem der Wohlfahrtsstaat wuchs und sich immer weiter verästelte, begann die Bevölkerung, ihr Verhalten auf dieses Phänomen einzustellen.“ Dazu gehört für ihn neben der „illegalen Ausnutzung“ durch Schwarzarbeit vor allem die „vollkommen legale Form“ durch Fortpflanzungsverweigerung. Von Weizsäckers Logik ist äußerst originell: „Der Wohlfahrtsstaat erlaubt es einem, auf Kinder zu verzichten“, weil die großzügige Altersrente den mühsamen Umweg über Kindererziehung „zur Dankbarkeit gegenüber den Eltern“ (wie er in der Dritten Welt noch zwangsläufig praktiziert wird) erspart. Zu denen, die die Ursache für den Geburtenrückgang weniger in der Großzügigkeit des Wohlfahrtsstaats als in der zunehmenden Verarmung von Familien bei steigenden allgemeinen Ansprüchen sehen, gehört der Sozialrichter Jürgen Borchert. Er warnt vor einer „Innenweltzerstörung“, die „durch ein ökonomisches Denken, das ausschließlich die `Produktion´ und den `Markt´ im Auge hat und nicht auch die `Reproduktion´, das heißt die nichttauschbare Erhaltung und Erneuerung der Lebensgrundlagen.“ [22]

      Ist der Charakter erst einmal verdorben, gibt es kein Halten mehr: vom „Trend zum immer früheren Eintritt in den Rentenstatus“, über unsere „lohntreibende“ und „großzügige Arbeitslosenversicherung“ bis hin zur „Lohnstruktur, die nicht marktgerecht ist, so dass viele Personen deshalb keine Arbeit finden, weil sie `zu teuer´ sind“ – das Fazit für von Weizsäcker ist: „Der Wohlfahrtsstaat wird begründet mit dem Begriff der Solidarität. Aber (...) er hat uns weit egoistischer gemacht, als unsere Vorfahren es früher gewesen sind.“ Unterstützt würde das Elend noch durch die Bürokratie, die „letztlich an einer Beendigung der Hilfsbedürftigkeit (...) gar nicht interessiert“ ist. Den volkstümlichen Ausspruch „Gelegenheit macht Diebe“ übersetzt der Akademiker in die scheinbar mildere Formulierung: „Das Recht auf Unterstützung, das der Wohlfahrtsstaat konstituiert, ist ein Anreiz zur Perpetuierung der Hilfsbedürftigkeit.“

      Von Weizsäcker nimmt Pferd, Sattel, Steigbügel und Zaumzeug und bekommt das Tier geschickt aufgezäumt – nur leider völlig verkehrt herum. Trotzdem knallt er am Schluss sogar noch mit der Peitsche und beendet seine Darbietung mit einem beeindruckenden, auf Grund der vorangegangenen technischen Fehler nicht zu erwartenden und zusammenhangfreien Satz: „Unser Sozialstaat ist ein System, das nicht auf Nachhaltigkeit angelegt ist. (...) Er ist zutiefst unökologisch, weil er nur durch hohes wirtschaftliches Wachstum noch einige Zeit finanzierbar wäre. Indem wir ihn verteidigen, versündigen wir uns an den nachfolgenden Generationen.“


      Kraft durch Herausforderung

      Oberflächlich gesehen verkündete Wilhelm von Humboldt (1767 – 1835) vor über 300 Jahren eine ähnliche Theorie. In seinen „Ideen zu einem Versuche, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen“ [23] bezeichnete er „eine zu ausgedehnte Sorgfalt des Staats“ als „schädlich“, „denn sie bringt Einförmigkeit; schwächt die Kraft; (...) muss auf eine gemischte Menge gerichtet werden, und schadet daher den Einzelnen durch Maßregeln, welche auf einen jeden von ihnen nur mit beträchtlichen Fehlern passen; hindert die Entwicklung der Individualität (...); erschwert die Staatsverwaltung selbst, vervielfältigt die dazu erforderlichen Mittel.“ Wer sich selbst der Fürsorge des Staates überlässt, übergibt ihr noch weit mehr „das Schicksal seines Mitbürgers“. Im Gegensatz zu Carl Christian von Weizsäcker, der im Angesicht der leeren Staatskassen die Bürger in die „Subsidiarität“, konkret in die Solidarität ihrer Familien und Verwandtschaft entlassen möchte, damit dort die Folgen der von ihm geforderten „wettbewerbsfähigen Löhne“ gemildert werden können, sah Wilhelm von Humboldt die Subsidiarität darin verwirklicht, dass Bürger („einzelne Teile der Nation“) „sich durch Verträge verbinden“. Die Vorzüge dieser Verbindungen, die von Humboldt als „Nationalanstalt“ bezeichnet, bestehen im Unterschied zu einer „Staatseinrichtung“ darin, dass „bei einzelnen Veranlassungen einzelne Verbindungen eingegangen“ werden, statt dass „allgemeinere für unbestimmte künftige Fälle geschlossen werden.“ Für das Individuum gelte: „Je mehr der Mensch für sich selbst wirkt, desto mehr bildet er sich. In einer großen Vereinigung wird er zu leicht Werkzeug.“

      Die heute immer häufiger und erfolgreicher auftretenden Bürgerinitiativen, in den Medien „Nichtregierungsorganisationen“ (NRO, englisch NGO) genannt, dürften dem Humboldtschen Entwurf sehr nahe kommen. Sie verbinden sowohl Individuen als auch kleinere und größere Vereinigungen zu einer temporären, punktuellen Aktion – je nach Anlass national oder global. Hier tritt, wie von Humboldt postulierte, die Sache an die Stelle des Zeichens. Es sind Zweifel angebracht, ob die heutigen Prediger eines „zurück zur Selbsthilfe und zur Selbstverantwortung“ so weit gehen möchten, die Bürger alles das selbst tun zu lassen, was sie selbst – ohne den Staat – tun können. Die Antwort wird spätestens bei der Entscheidung darüber gegeben, ob die Schaffung von komplementären, privaten Währungen durch die Europäische Zentralbank geduldet wird oder nicht.


      Vorsicht – Baustelle!

      Umbau, Abbau, Rückbau – der Sozialstaat verändert sich. Selbst gestellte Aufgabe der Politiker, die die Bürger gerne vor dem unschönen Anblick der Abbrucharbeiten schützen wollen, ist die Verhüllung mit freundlichen Transparenten. „Schutz und Chance“ sollte der Sozialstaat mit den Vokabeln der CDU bieten, aus der „Hängematte“ sollte ein „Trampolin“ werden – kein Wort darüber, dass es sich in der Mitte besser hüpft als irgendwo am Rande.

      Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bürger auf die netten Vokabeln hereinfallen, sind allerdings heute nicht geringer als zu Zeiten Bismarcks, dem beim Ausgang der Wahlen von 1881 „am meisten zu Herzen gegangen ist“, „dass gerade in den industriellen und Arbeiterkreisen vorzugsweise Gegner der Regierung gewählt worden sind, (...) welche die freie Konkurrenz aller Kräfte, der Schwachen wie der Starken in allen Beziehungen vertreten, also (...) Herren des Freihandels, (...) des laissez faire, (...) der Richtung, welche auf dem Gebiete der Wirtschaftlichkeit das Recht des Stärkeren befürwortet, und welche dem Schwachen in seinem Kampfe gegen die Macht des Kapitals (...) jeden Beistand versagen und ihn dafür auf seine eigene Menschenwürde, auf die freie Konkurrenz und die Privatassekuranz (...) hinweisen, kurz, die ihm jede Staatshilfe versagen.“ [24]


      Nebenarena

      Doch zum Glück gibt es auch Experten, die sich nicht mit oberflächlichen Argumenten abgeben, mit denen ein Rückbau des Sozialen als direkt erstrebenswert „für den sozialen Prozess der Erneuerung des Menschen zur moralischen Reife“ (von Weizsäcker) verklärt wird, sondern die in der Sozialstaatsdebatte die Eröffnung einer „Nebenarena“ erkennen [25]: „Die Leitmotive der Sozialstaatsdebatte werden von der Wirtschaft diktiert.“

      Was von Weizsäcker – das muss man ihm unterstellen – zur Erzielung seiner Scheinlogik unterschlägt, wird von Friedhelm Hengsbach klar ausgesprochen: Wir können den Sozialbereich nicht verändern, ohne dort anzusetzen (und das heißt zunächst: mit der Analyse), wo seine Rahmenbedingungen entstehen. Letztlich geht es – neben allen ideologischen Differenzen – um die Frage der Finanzierbarkeit des Sozialsystems, also ums Geld. Besser gesagt: um das, was eine Volkswirtschaft bereitstellt.

      Und da wird schnell argumentiert: Wer viel verteilen will, muss erst einmal viel erzeugen. Der Kuchen muss also ständig wachsen, was tatsächlich ökologisch nicht zu vertreten ist. Aber ist es überhaupt möglich, auf Wirtschaftswachstum zu verzichten, auch wenn das vermeintliche Anspruchsdenken zurück gehen würde?

      Hengsbach nennt als „die eigentliche Ursache der Finanzierungskrise des Sozialstaats die seit fast zwanzig Jahren bestehende Massenarbeitslosigkeit“, die „konjunkturell und strukturell bedingt“ sei, unter anderem durch „die extreme Schieflage der Einkommens- und Vermögensverteilung“ und „die vom realen Kreislauf der Güter und Dienste weithin abgekoppelten internationalen Finanzströme.“

      So schnell ändern sich die Zeiten – hatte doch Oswald von Nell-Breuning noch vor fünfzehn Jahren die kapitalistischen Unternehmen als „Wertschöpfungsanstalten“ bezeichnet und den kapitalistischen Unternehmer als jemand, der es „an erster Stelle nicht darauf ablegt, reich zu werden, indem er anderer Leute Geld in die eigene Tasche lenkt, sondern dadurch, dass er neue Werte schafft“ [26].


      Attraktives Klima

      Heute bewegen nur noch etwa zwei Prozent der täglich weltweit umlaufenden Finanztransaktionen reale Handelsvorgänge; der Rest ist rein spekulativ unterwegs, auf der Suche nach kleinsten, sich durch die Häufigkeit aufsummierenden Renditen. Obwohl die Unternehmer mit den Arbeitern in dem gleichen Ruderboot sitzen, weil beide Parteien aktiv die Rendite für die Kapitalgeber erwirtschaften müssen (die Manager als Legionäre ohne Bindung zählen nicht hierher), unterliegen die meisten von ihnen dem Trugschluss, die Unternehmen könnten neue Arbeitsplätze schaffen, wenn nur der Staat „für ein attraktives Niederlassungsklima und günstige Bedingungen für ein Wirtschaftswachstum“ [27] sorgt. Damit werden die Nationalstaaten in ein Abwärtswettrennen getrieben um die niedrigsten Unternehmenssteuern, die niedrigsten Löhne und Lohnnebenkosten, die niedrigsten Umwelt- und Sozialstandards. Und alles nur, weil das Kapital im Land gehalten werden muss – wenn Carl Amery vom „Mammonismus“ als einem zunehmend verbreiteten Religionsersatz spricht: hier sind seine Riten, die Menschen- und Naturopfer, und der IWF ist die Kurie.

      Im Ergebnis verdoppelten sich die Vermögen im Schnitt alle sieben bis acht Jahre, während die Reallöhne sich bestenfalls halten konnten. Das ist der Tribut, den die eingeschränkt flexible Arbeitskraft dem behänden Kapital zollen muss. Da aber der Anteil der Lohnsteuern am Gesamtsteueraufkommen ständig gestiegen ist (weil sie kaum vor dem Zugriff des Fiskus „geschützt“ werden können), wird es auch für den Staat immer schwieriger, an sein Geld zu kommen – während gleichzeitig seine Verpflichtungen zunehmen, vor allem durch steigende Arbeitslosenzahlen und der zunehmenden so genannten Überalterung.


      Hilfe

      Wie die Staatshilfe für die Schwachen aussehen sollte, hängt für die einen von den Zielen ab, für die anderen von der Machbarkeit, also dem Zustand der Staatsfinanzen. Die Abhängigkeit besteht ohne Zweifel: „Der Wohlfahrtsstaat ist darauf angewiesen, dass das Teilsystem Ökonomie genügend Überschüsse erwirtschaftet und in Form des Tauschmittels `Geld´ bereitstellt, damit er seine sozialen Funktionen erfüllen kann.“ [28] Der Wohlfahrtsstaat kann also nur soviel helfen, wie er selbst an Hilfe bekommt. (In diesen Zusammenhang passt der Hinweis: Mit dem „Wachstum“ ist es hier genau umgekehrt als in der Wirtschaft: jeder Zuwachs bedeutet mehr Ausgaben, nicht mehr Einnahmen.)

      Trotzdem braucht es Zielsetzungen. Die Sozialstaatscharta der Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände von 1996 [29] will „Bedingungen für soziale Gerechtigkeit und den solidarischen Zusammenhalt der Gesellschaft“ schaffen; das gemeinsame Kirchenwort von 1997 [30] nennt eine „menschenwürdige, freie, gerechte und solidarische Ordnung von Staat und Gesellschaft“ als Ziel.

      Beide Texte bleiben erschreckend unverbindlich; die Charta sieht den Sozialstaat als „gefährdet“, auch als „Folge falscher politischer Weichenstellungen“. Die Unterzeichner meinen hingegen, er müsse „gesichert und weiterentwickelt werden“ und sehen sich „auch in der Lage und entschlossen, Widerstand zu leisten und zu organisieren gegen den Abbau des Sozialstaats zu Lasten derer, die seiner bedürfen.“ Das gemeinsame Kirchenwort wird da schon konkreter: „Geld- und Grundvermögen ist in zunehmendem Maß ungleich verteilt, so dass die breite Bevölkerungsmehrheit auch in Zukunft nicht über ein ausreichendes Vermögen zur Absicherung der elementaren Lebensrisiken verfügen wird“ (das sollte man gleich noch einmal lesen!), und fordert den „Abbau der strukturellen Ursachen für den Mangel an Teilhabe“.

      Was aber auch hier nicht geleistet wird, ist die Nachforschung nach den „strukturellen Ursachen“, nach dem Mechanismus, der diese Entwicklung „in zunehmendem Maße“ ablaufen lässt.


      Müheloser Gewinn

      Beschämend ist diese Feigheit vor allem deshalb, weil in früheren Äußerungen der Kirchen Pferd und Reiter recht deutlich benannt worden sind. So zeigte das gemeinsame Memorandum „Soziale Ordnung des Baubodenrechts“ [31] von 1973 ganz klar, wie die bestehenden Verhältnisse die „Vermögenskonzentration“ fördern, zu „Spekulation“ verleiten und mit „mühelosem Gewinn“ belohnen, „ohne eigene Leistung“ erbringen und „große Wagnisse“ eingehen zu müssen.

      In dieser Schrift wird auch gefordert, „den Besitzern von Bauland (...) durch eine entsprechende Abgabenpolitik die Anreize zur Bodenhortung“ zu nehmen. Zitiert wird dabei auch eine Forderung der Evangelischen Kirche von 1952 an Regierung und Bundestag: „Der vorhandene und praktisch kaum vermehrbare Boden ist ein Gut, das in besonderer Weise der Gemeinschaft zu dienen hat. (...) Wir sehen deshalb eine vordringliche Aufgabe der Gesetzgebung (...) mit durchgreifenden Maßnahmen ungerechtfertigtem Bodengewinn zu wehren.“

      Dass diese warnenden Worte ohne Wirkung verhallten, macht der Text der Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland von 1962 „Eigentumsbildung in sozialer Verantwortung“ [32] deutlich, und sie zeigt, wie viel bis dahin schon falsch gelaufen war.


      Freiheit und Gerechtigkeit

      Die Frage, die sich jede(r) auch persönlich stellen sollte, ist: Wenn ich es zu „etwas gebracht“ habe, habe ich es dann ganz allein mir zu verdanken? Habe ich nicht auch von anderen profitiert - oder habe ich gar auf Kosten anderer profitiert?

      Aristoteles’ Definition von Gerechtigkeit als „eine Tugend, durch die jeglicher das Seine erhält und wie es das Gesetz angibt“, wird noch verständlicher in ihrer Umkehrung: „Ungerechtigkeit dagegen ist es, wodurch einer fremdes Gut erhält und nicht nach dem Gesetz.“ [33]

      Im Memorandum „Eigentumsbildung in sozialer Verantwortung“ wird im Kapitel „Eigentum in der industriellen Gesellschaft“ in Satz 12 der Denkschrift festgestellt: „Niemand besitzt Güter und Gaben, die er nur durch seine eigene Leistung und nicht in erster Linie durch göttliche und menschliche Hilfe empfangen hat. (...) Die wirtschaftliche Überlegenheit solcher Menschen, die ein höheres Einkommen und Eigentumsrechte an Produktionsmitteln haben, legt diesen auch größere soziale Verpflichtungen auf.“

      Dass die Entwicklung eine ganz andere Richtung nahm, wird im Kapitel „Eigentumsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland“ in Satz 13 erklärt: Die zum „Wiederaufbau einer funktionierenden Wirtschaft“ erforderliche rasche Kapitalbildung führte dazu, dass „die höhere Belastung der wirtschaftlich Starken (...) weitgehend eingeschränkt, ja ins Gegenteil verkehrt“ wurde (Kommentar). Die Wirtschafts- und Steuerpolitik sorgte dafür, „dass ein Teil der Realwerte, die unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen der Arbeitnehmerschaft hätten zukommen sollen, im Eigentum der Unternehmen verblieben ist. Die Eigentumsbildung nach dem Krieg war also nicht mit einer stärkeren Belastung der wirtschaftlich Stärkeren verbunden, wie es der sozialen Gerechtigkeit entsprochen hätte. Sie erfolgte vielmehr durch die Belastung der wirtschaftlich Schwächeren, da es zunächst um die Stärkung der Wirtschaft überhaupt ging.“ (Kommentar).


      Einseitige Vermögensbildung

      In Satz 14 wird dann eine Feststellung getroffen, die zeigt, dass nicht Fleiß und Leistung allein zu unterschiedlichem Wohlstand geführt haben: „Die auf diese Weise entstandene Eigentumsverteilung wird in vielen Fällen den verschiedenen (...) genannten Beiträgen der im Wirtschaftsleben tätigen Menschen nicht gerecht. Bevorzugt waren vor allem die Inhaber von Besitztiteln an produktivem Vermögen. Diese einseitige Vermögensbildung ist bedenklich“.

      Entschuldigend fährt die Denkschrift fort: „Der rasche wirtschaftliche Aufbau zum Nutzen aller und die rechte Verteilung des entstandenen Vermögens waren unter den gesellschaftspolitischen Verhältnissen der Nachkriegszeit vielleicht nicht gleichzeitig erreichbar.“

      Es war also bereits zu Beginn der sechziger Jahre der von Aristoteles definierte Zustand der Ungerechtigkeit eingetreten – allerdings durchaus „nach dem Gesetz“.

      Zur Korrektur wurde von der Kammer für soziale Ordnung der Evangelischen Kirche in Satz 15 vorgeschlagen, „zu überprüfen, ob diese Anhäufung großer Vermögenswerte in der öffentlichen Hand wirklich dem Interesse der Allgemeinheit dient und wieweit sie dazu benutzt werden kann, die Bildung von Eigentum in den Händen bisher eigentumsloser Volksschichten zu fördern.“ Die öffentliche Hand hatte nämlich – „durch den kriegsbedingten Staatsbankrott von ihren Schulden befreit“ (Kommentar) „in den letzten Jahrzehnten Vermögenswerte gebildet und gewaltig vermehrt.“ (Satz 15)


      Ungleich und ungerecht

      Im Kapitel „Die Aufgabe der breiteren Eigentumsverteilung“ wird in Satz 17 ein weiteres Faktum der Benachteiligung aufgezeigt: „Die besonderen Verhältnisse nach dem Krieg haben einen Teil der privaten, die öffentlichen Träger der Wirtschaft und viele Eigentümer von Baugrundstücken begünstigt. Dies ist damals rechtlich möglich gewesen. Deswegen kann es kein Verstoß gegen eine gerechte Eigentumsordnung sein, wenn in einer Zeit, in der zu einer solchen Begünstigung kein Anlass mehr besteht, bisher nicht begünstigte Glieder des Volkes aus Gründen der Gerechtigkeit und im Interesse einer gesünderen Sozialstruktur durch besondere Maßnahmen in ihrer Vermögensbildung unterstützt werden.“ Auch dieser Satz ist wert, zweimal gelesen zu werden.

      Die ungleiche Verteilung der Vermögen ist insofern also auch eine ungerechte, als sie nie allein durch größere Anstrengung zustande kam. Und auch die werbeträchtige Behauptung „Lotto macht die meisten Millionäre“ stimmt nicht. Geld macht noch mehr Geld. Wenn das so ist, lohnt es sich doch, dem Geheimnis der Reichtumsmehrung einmal auf die Spur zu kommen.


      Geheimnis Geld

      Hat jemand durch Fleiß, Glück, Rechtsbruch oder Erbe einen größeren Geldbetrag in seine Hände bekommen, so hat das Folgen – muss es haben. Denn entweder wird das Geld von seinem Besitzer relativ zügig ausgegeben, kommt durch Konsum (Hauskauf, Reise, Geschäftseröffnung etc.) wieder in den Wirtschaftskreislauf; oder es muss, damit es der Zirkulation nicht entzogen bleibt (was die Nachfrage am Markt und damit die Produktion verhindern würde), über jemand anderen, der selbst nicht über ausreichend Geld verfügt und sich deshalb welches leihen muss, im Wirtschaftskreislauf gehalten werden.

      Wer sich mit dem Thema Geld beschäftigt – und das muss man bei der Sozialstaats-Debatte -, kennt auch die Formel „Geld = Schulden“; hiermit wird gesagt, dass nur dann ein Guthaben auf der einen Seite entstehen kann, wenn eine andere Seite bereit ist, sich zu verschulden. Tauschringe kennen das Phänomen, wenn zehn Leute zum Gründungstreffen zusammen kommen und ihre Angebote unterbreiten, aber niemand gleich zu Anfang sein Konto überziehen möchte, indem er eine Leistung in Anspruch nimmt. Der alltägliche Vorgang des Einkaufens läuft nach dem gleichen Prinzip ab, ohne dass uns das bewusst ist: Wenn mir der Bäcker ein Brot oder der Tankwart sechzig Liter Diesel überlässt, habe ich bei ihnen Schulden, das heißt ich bin ihnen eine Gegenleistung schuldig. Das Geld, womit ich meine Schuld sofort begleiche, wird vom Verkäufer der Ware akzeptiert, weil er davon ausgeht, dass ich dieses Geld als Bescheinigung für eine von mir bereits erbrachte Leistung erhalten habe, und er mit Annahme dieser Bescheinigung den Anspruch auf Leistung an mich zu einem Dritten weitertragen kann. Warum lässt sich jemand überhaupt auf solch einen Handel ein? Wenn ich zum Beispiel jemandem den Rasen mähe, dann das erhaltene Geld zum Kauf von Lebensmitteln benutze, hat mein Nachbar etwas davon, weil sein Rasen wieder schön kurz ist; ich habe etwas davon, weil ich nicht hungern muss; der Verkäufer aber hat nur ein Versprechen in Händen, das keinen direkten Nutzen bedeutet. Was wäre, wenn niemand mehr seinen Geldschein haben wollte? Dann wäre er der Dumme. Es hat auch bei uns Zeiten gegeben, wo durch galoppierende Inflation dieser Zustand fast erreicht war. Weil aber in einer komplexen, hoch arbeitsteiligen und global verzweigten Wirtschaft ein Tausch ohne ein allgemein akzeptiertes Zwischentauschmittel nicht denkbar ist, muss dafür gesorgt werden, dass sich alle auf die Akzeptanz des allgemeinen Tauschmittels verlassen können. Ja, der Staat, der für Herausgabe, Sicherheit und Mengenbeschränkung des Geldes sorgt, verpflichtet sogar zur Annahme des von ihm für gültig erklärten „Zahlungsmittels“.


      Das Zaubermittel

      Hierdurch bekommt die Angelegenheit einen ganz anderen Aspekt: Wenn ich sicher sein kann, für mein Geld zu jeder Zeit jede Ware oder Leistung im angegebenen Wert erhalten zu können, so habe ich quasi ein Zaubermittel in der Hand, das in sich schier unendliche Optionen speichert, die ich fast zu jeder Zeit an beinahe jedem Ort in beliebige Wunscherfüllung umwandeln kann. Ich muss mich also nicht mit einem Rucksack voller Lebens- und Tauschmittel auf die Reise machen, sondern nutze die „Liquidität“ meiner Geldscheine (beziehungsweise heute die meines Speicherchips), um unbeschwert an jedem Ort genau das zu kaufen, was gerade benötigt wird.

      Diese Eigenschaft des Geldes macht es allerdings auch so attraktiv, lieber lange seine Optionen festzuhalten – vorausgesetzt, man hat genug zur Verfügung. Volkswirtschaftlich gesehen darf Geld aber nicht in zu großem Ausmaß gehortet werden; die Zentralbank könnte zwar Geld „nachschießen“, so dass wieder genügend in Umlauf ist, doch bestünde dann die Gefahr einer Geldentwertung, sobald das gehortete Geld in den Markt zurückkehrt.


      Zuckerbrot oder Peitsche?

      Es steht also die Frage im Raum: Wie bekommt man die Geldhalter dazu, ihr überschüssiges Geld nicht unter die Matratze zu legen? Bisher lockt man durch Zins zum Verleihen des Geldes. Da der Zins aber unter der Wachstumsrate der Wirtschaft liegen müsste, und eine „ausgewachsene“ Wirtschaft wie die unsrige aus ökologischen Gründen ein Wachstum um Null haben sollte, müsste der Zins auch um Null pendeln (abgesehen von den Zinsanteilen Risikoprämie und Bankmarge). Ein Horten von Bargeld ist dann nur zu verhindern, wenn eine Umlaufsicherungsbebühr erhoben wird, die dazu zwingt, sein Geld auch bei Niedrigzins bei den Banken einzuzahlen.
      Da wir alle in das bestehende Geldsystem hineingewachsen sind und nie etwas anderes kennen gelernt haben, haben wir uns auch mit den geltenden Spielregeln abgefunden; wie wäre es aber, wenn jemand auf die Idee käme, ein anderes Transportmittel, zum Beispiel ein Stück Straße, die vor seinem Haus vorbeiführt, zu blockieren und nur gegen Gebühr freigeben zu wollen? Jeder würde ihn für verrückt erklären und ihm klar machen, dass man doch nicht einfach eine öffentliche, vom Staat angelegte Straße für sich reklamieren könne.


      Zins is just a four letter word

      Es trifft ins Schwarze, wenn Bernard Lietaer behauptet, neben Sex und Tod sei Geld das dritte große Tabu der Menschheit [34]. Und wie man längst über sexuelle Praktiken reden kann, aber das Thema Aids auszuklammern hat, so bröckelt das Geldtabu dort, wo es um den Fun oder den Thrill geht, die Börsenspekulation bringt, während ein Tabu erhalten bleibt: der Blick hinter die Kulissen, auf den Zins.

      Oswald von Nell-Breuning, Friedhelm Hengsbach sowie das „Gemeinsame Kirchenwort zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland“ [35] haben sich alle nicht an dieses Teufelszeug gewagt. Das Kirchenwort hat sogar das Kunststück geschafft, in seinem umfangreichen (acht Seiten) Glossar mit über zweihundert Stichwörtern das Wort Zins zu vergessen!

      So bleibt es immer wieder Außenseitern vorbehalten, auf die Bedeutung der Zinseszinsfunktion hinzuweisen – mit dem Ergebnis, dass diese Hinweise mit Totschlagargumenten abgeblockt werden und eine ernsthafte Diskussion gar nicht erst zugelassen wird. Dabei kommt dem historischen Umstand große Bedeutung zu, dass in den ersten wirtschaftspolitischen Programmen der Nationalsozialisten die „Brechung der Zinsknechtschaft“ gefordert wurde. Dies reicht vielen (vor allem den Ultra-Linken, die Kapitalismuskritik als ihr angestammtes Terrain betrachten und mit allen Mitteln verteidigen), alle Zinskritik in die antisemitische Ecke zu drängen, auch wenn ein Blick auf den historischen Ablauf klar zeigt, dass Hitler, als er dann alle Macht zum Handeln hatte, keineswegs den Kapitalismus und sein Zinseszinssystem, sondern die Juden vernichten wollte – egal ob Kapitalist oder Arbeiter.


      Wertvoller Hinweis

      So bleibt es eines der probatesten Mittel, sich bei möglichst vielen unbeliebt zu machen, indem man sich mit kritischen Argumenten zum bestehenden Geldsystem zu Wort meldet. Doch es gibt Hoffnung: Auf eine 1998 verfasste Stellungnahme zum gemeinsamen Kirchenwort erhielt der Verfasser vom Büro von Präses Manfred Kock zur Antwort: „Wertvoll erscheint mir besonders Ihr Hinweis auf das Fehlen der Problembereiche Boden und Zins. Auch andere Stellungnahmen zu dem gemeinsamen Wort weisen uns auf diese Problempunkte hin.“ Mit dem Ergebnis, dass der Evangelische Pressedienst (epd) am 2. 3. 99 meldete: „Ein heute erkennbares Defizit des Sozialwortes ist nach Ansicht des Ethik-Professors Friedhelm Hengsbach, die Funktion des Geldes, der Zinsen und die Rolle der Banken in einer kapitalistischen Marktwirtschaft nicht thematisiert zu haben.“

      Für einen Zusammenhang zwischen Zinssystem und exponentieller Geldvermehrung sprechen die Ergebnisse: über 2,8 Millionen Haushalte in der Bundesrepublik sind verschuldet; die öffentliche Hand ist verschuldet – beim Bund betragen die jährlichen Zinszahlungen gut ein Fünftel der Steuereinnahmen; auch die Zahl der Firmeninsolvenzen hat ständig zugenommen. Und die der Millionäre und Milliardäre.

      Weltweit stellt die UNDP, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, ebenfalls eine Konzentration des Wohlstands fest: „die wohlhabendsten zwanzig Prozent der Menschen genießen heute fast neunzig Prozent des Wohlstands. Die reichsten zweihundert Weltbürger verfügen mittlerweile über ein Vermögen von weit über einer Billion Dollar. Dies entspricht dem jährlichen Einkommen der Hälfte der Menschheit.“ [36]


      Welcher Wohlstand!

      Wenn weiter oben gesagt wurde, ein Guthaben auf der einen Seite könne nur entstehen, wenn sich jemand anderes in gleicher Höhe verschuldet, so heißt dies im Umkehrschluss: wenn die Höhe der Schulden der privaten wie öffentlichen Haushalte zurückgehen soll, dann müssen auch die (privaten) Vermögen weniger werden! Inzwischen sind allein die privaten Geldvermögen in Deutschland bei über 3.350 Milliarden Euro angelangt – jeder Haushalt hätte im Schnitt fünfundsiebzigtausend Euro Geldvermögen sowie pro Kopf vierzig Quadratmeter Wohn- und zwanzig Quadratmeter Gewerberaum. Ein Volk von Wohlhabenden! Wie kommt man diesem Zustand von der traurigen Realität wenigstens ein Stück näher?

      Durch Freiwilligkeit – wenn man sich so schön an ständig steigenden Reichtum gewöhnt hat? Durch Zwang – wenn doch der Staat gerade in breit angelegten Bewusstseinsprozessen immer mehr Bürger zur Alterssicherung durch private Geldanlagen bewegen will? (Dies hat nebenbei erwähnt dann die kuriose Folge, dass jemand durch seine in Rentenfonds für seine Alterssicherung angelegten Ersparnisse, die auf dem Kapitalmarkt nach renditebringenden Engagements suchen, vielleicht seinen eigenen Arbeitsplatz gefährdet, weil der dem zu erbringenden Profit im Wege steht.)


      Die guten ins Töpfchen...

      Die nach erfolgreichem Wiederaufbau und der Stabilisierung der Wirtschaft versäumte Aufgabe, ein bereits damals eingetretenes Missverhältnis zu korrigieren, ist einerseits noch schwieriger, andererseits noch drängender geworden. Das Wachstum der Vermögen ist eine krebsartige Belastung geworden, sie geht auf Kosten von immer mehr lebensnotwendigen Bereichen. Und es sortiert die Menschen nach dem Aschenputtel-Prinzip gnadenlos in die Gewinner, in die, die zur Erzielung der Gewinne beitragen dürfen, und in die Überflüssigen, die nur ein schlechten Gewissen bereiten - wenn man sie nicht erfolgreich verdrängt, wie Präsident Reagan Mitte der achtziger Jahre, der, statt von den „poor“ zu sprechen, den Begriff „the non-rich“ benutzte [37].


      Leben wie im Film

      Die zukünftigen Folgen der fortschreitenden Spaltung der Gesellschaften auch in den wohlhabenden Industriestaaten sind bereits in einigen Schwellenländern zu besichtigen. So brachte Die ZEIT in einem Dossier unter dem Titel „Paranoia im Paradies“ [38] einen eindrucksvollen Bericht über die luxuriösen Wohnburgen in Städten wie Johannesburg, Lagos, Manila und Sao Paolo, in die sich die Reichen vor der Realität flüchten – die Armut bleibt zwar draußen, doch die Angst zieht mit. Auch in den USA werden zunehmend heile Welten hinter Zäunen geschaffen, die Leben wie im Film „Truman-Show“ verheißen. Celebration ist so ein Ort, an dem es die Stadtverwaltung an Weihnachten sogar stündlich schneien lässt – in Florida. [39]

      Der Futurologe Riccardo Petrella, der im Auftrag der EU die Folgen der immer engeren Nachbarschaft zwischen Arm und Reich untersucht, sieht als Vision, dass „die Machtzentren der Zukunft nicht mehr Nationen sind, sondern von Gräben und Mauern umgebene, mittelalterlich anmutende Städte.“ [40]


      Bedürfnisse und Arbeit

      Was bleibt als Aufgabe für den Sozialstaat? Wenn die Mechanismen der Ökonomie (und der antreibende Motor ist dort der Finanzmarkt) ungehemmt weiter wirken, werden wir bald keinen Sozialstaat mehr haben – und wir werden auch keinen mehr brauchen. Wer braucht noch einen Verbandskasten, wenn eine Bombe explodiert ist? Und nichts anderes passiert vor unseren Augen: die Kernspaltung des Kapitals. Wie bei einem Kettenspiel wird es schwieriger und schwieriger, Abnehmer für die sich bei immer weniger Menschen auftürmenden Vermögen zu finden: Nein, danke, wir nehmen nichts mehr, wir haben schon so viele Schulden! Lange gehörte auch der Bundesfinanzminister zu den Kreditverweigerern – jetzt muss er (endlich!) zugreifen. Denn irgendjemand muss sich verschulden; Clinton z.B. konnte die Staatsschulden abbauen, solange die Unternehmen und die Verbraucher sich ins Zeug legten.

      Dabei gibt es jede Menge unbefriedigte Bedürfnisse auf dieser Welt, dementsprechend gibt es auch jede Menge Arbeit. Nur handelt es sich um Arbeit, für die gilt, was schon 1985 Oswald von Nell-Breuning sagte: Die in Umwelt und Pflege herzustellenden Güter sind nicht tausch- und/oder konsumierbar und fallen deshalb aus dem eingeschränkten Rahmen unserer Marktwirtschaft heraus. [41] Aus einem Wald ist schnell Papier gemacht, aber aus einer Baumschule einen Wald zu machen, bringt nicht den kurzfristigen Gewinn. Erst wenn nachhaltig gedacht werden kann, hat Zukunft eine Chance.


      Komplement!

      Für alle, die den Hauptfehler in unserem Geldsystem erkannt haben, läge die Lösung in seiner Abschaffung und Ersetzung durch ein neues System. Doch dies wird nicht durchführbar sein, weil einerseits den Mainstream-Ökonomen die Krisen noch nicht dramatisch genug sind, und weil andererseits erst verschiedene Modelle neuer Währungsordnungen durchgespielt werden müssen. Ansätze dazu gibt es bereits in den komplementären Währungen, von denen es derzeit weltweit rund zweitausend gibt – Tendenz rasant steigend. Nachdem es bisher in erster Linie private Tauschringe waren, die sich ihre Verrechnungseinheiten schufen, während große Firmen in so genannten Barter Clubs eine Art Naturaltausch betreiben (Siemens-Elektronik nicht gegen Rubel nach Moskau, sondern gegen Wodka), hat jetzt das Japanische Ministerium für Internationalen Handel mit einem Modell begonnen, in dem regionale Dienstleistungen in den Bereichen Sozialfürsorge, Bildung, Umweltschutz und Gesundheitswesen durch ein regionales, zinsloses „Ökogeld“ unterstützt werden. In der Praxis wird der Tausch von Waren und Dienstleistungen vor allem über ein Smartcard-System abgewickelt. Ein spezielles Verrechnungssystem gibt es schon in der Pflege; dort kann jemand, der eine Person in seiner Nähe betreut, sich seine Leistungen gutschreiben lassen – entweder zur Einlösung bei späterem Eigenbedarf, oder zur Übertragung zum Beispiel auf die entfernt lebenden Eltern, die man nicht selbst versorgen kann. Eine Fülle von Beispielen und Anregungen, vor allem aber die Begründung der Notwendigkeit von Komplementärwährungen, bietet der Wirtschaftsprofessor Bernard Lietaer in seinem Buch „Das Geld der Zukunft“. [42]

      Man kann nur hoffen, dass die Zentralbanken den entstehenden Geldpluralismus nicht unterbinden. Nur dann wird es möglich sein, genügend Rückhaltebecken bereit zu haben, wenn nicht nur an der Wall Street alle Wälle brechen unter dem Druck der platzenden Spekulationsblasen.

      Zuvor jedoch gilt es, sich von der Vorstellung zu verabschieden, es könne doch noch alles gut gehen – natürlich mit einigen Reformen hier und da, zum Beispiel bei der Besteuerung. Dabei wird leicht übersehen: Das Ergebnis, das wir heute haben, ist nicht durch Scheitern an Details, sondern durch Erfolg im Großen zustande gekommen! Wenn wir nun über das Erreichte nicht glücklich sind, und erst recht nicht mit der sich abzeichnenden weiteren Entwicklung, dann gibt es nur eines: Aussteigen aus diesem Monopoly, seine Spielregeln untersuchen [43] und radikal ändern!

      Wer im Kino vor einem herannahenden Unheil die Augen verschließt, erspart sich die Gänsehaut; wer sie aber vor der drohenden Realität schließt, ist dümmer als eine Gans.


      Autorennotiz

      Volker Freystedt, Jahrgang 1950, Dipl.- Soz.Päd. (FH), tätig als Bezirkssozialarbeiter in München und im Vorstand des Equilibrismus e.V. (www.equilibrimsus.de).



      Anmerkungen

      [1] Eigentumsbildung in sozialer Verantwortung. Der Text der Denkschrift, erläutert von D. Dr. Eberhard Müller. Furche-Verlag, Hamburg 1962.
      [2] Der ehem. Präsident des Bundesarbeitsgerichts, Thomas Dieterich (Südd. Zeitung, 5.7.1999).
      [3] Wirtschaftswoche Nr. 6 vom 29.1.1998.
      [4] Südd. Zeitung vom 5.7.1999
      [5] Alle Zitate dieses Abschnitts aus dem Leserbrief „Rechtfertigungszwänge in der Neidgesellschaft“; Südd. Zeitung vom 30.6.1998.
      [6] Südd. Zeitung vom 15.4. 1998.
      [7] Autor von: Die Machtwirtschaft. dtv, München 1999.
      [8] Südd. Zeitung vom 9./10.4. 1998.
      [9] Zitiert aus: Hugo Müller-Vogg: Unsere Unsoziale Marktwirtschaft. Kölner Universitätsverlag 1998.
      [10] Die folgenden Zitate aus: Ludwig Erhard; A. Müller-Armack: Soziale Marktwirtschaft. Ullstein, Frankfurt 1972.
      [11] Zitiert aus: P. Mombert: Soziale und wirtschaftspolitische Anschauungen in Deutschland. Quelle & Meyer, Leipzig 1919.
      [12] Ebda.
      [13] Südd. Zeitung vom 5.7.1999.
      [14] Südd. Zeitung vom 26.6.2000.
      [15] Hervorhebung von mir.
      [16] Ludwig Erhard; A. Müller-Armack: Soziale Marktwirtschaft. Ullstein, Frankfurt 1972.
      [17] Karl Kraus: In dieser großen Zeit. Auswahl 1914 - 25. Langen-Müller, München 1977.
      [18] Der Spiegel 17/1998.
      [19] Die Zeit vom 16.4.1998.
      [20] Paul C. Martin: Wann kommt der Staatsbankrott. Langen-Müller/Herbig 1983.
      [21] Die folgenden Zitate aus: Carl Christian von Weizsäcker: Sozialstaat und soziales Kapital in Deutschland; Universitas, März 2000, S. 232ff.
      [22] Jürgen Borchert: Innenweltzerstörung. Fischer, Frankfurt 1989.
      [23] Philipp Reclam jun., Leipzig o. J.
      [24] Rede im Deutschen Reichstag am 9.1.1882; aus: Otto von Bismarck: Ges. Werke 12; Reden, Bd.3: 1878-85. Otto Stollberg, Berlin 1929.
      [25] Die folgenden Zitate aus: Friedhelm Hengsbach, Soziales Krisenmanagement; „neue praxis“ Mai 1994, Luchterhand, S. 375ff.
      [26] Oswald von Nell-Breuning: Kapitalismus – kritisch betrachtet. Herder, Freiburg 1986.
      [27] Hans Wijers, ehem. Wirtschaftsminister der Niederlande, im Vorwort zu Wetzker/Strüven/Bilmes: Gebt uns das Risiko zurück. Hanser, München und Wien 1998.
      [28] Elke Steinbacher: Wohlfahrtsverbände und bürgerschaftliches Engagement – eine Allianz für die Gesellschaft? In: „neue praxis“ 2/2000, Luchterhand.
      [29] DGB-Bundesvorstand, AWO-Bundesverband, Diakonisches Werk der EKD, DPWV-Gesamtverband, Zentraler Wohlfahrtsverband der Juden in Deutschland, sowie Verband der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderter und Rentner Deutschland, verabschiedeten am 8.5.1996 eine gemeinsame Sozialstaatscharta; veröffentlicht u.a. in „neue praxis“ Nr. 3/1996, Luchterhand.
      [30] „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“; hrsg. Vom Kirchenamt der Ev. Kirche in Deutschland, Hannover, und vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn; 1997.
      [31] Hrsg.: Kammer für soziale Ordnung der Ev. Kirche in Deutschland; Arbeitskreis Kirche und Raumordnung beim Kommissariat der kath. Deutschen Bischöfe; Gerd Mohn, Gütersloh 1973.
      [32] Eigentumsbildung in sozialer Verantwortung. Der Text der Denkschrift, erläutert von D. Dr. Eberhard Müller. Furche-Verlag, Hamburg 1962.
      [33] Aristoteles: Rhetorik, I, 9. 1366f.
      [34] Bernard Lietaer: Mythos Geld. Riemann, München 2000.
      [35] „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“; hrsg. vom Kirchenamt der Ev. Kirche in Deutschland, Hannover, und vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz; Bonn, 1997.
      [36] Die Zeit Nr. 21, 18.5.2000.
      [37] Dorothee Sölle: Ein Volk ohne Vision geht zugrunde. Peter Hammer, Wuppertal 1987.
      [38] Die Zeit Nr. 21, 18.5.2000.
      [39] „So wahr sie eine Lüge ist“, Südd. Zeitung vom 20.6.2000.
      [40] Die Zeit Nr. 21, 18.5.2000.
      [41] Zitiert nach Jürgen Borchert: Sozialstaat unter Druck; in Universitas 4/1996.
      [42] Bernard Lietaer: Das Geld der Zukunft. Riemann, München 1999.
      [43] Vorgemacht hat das in vorbildlicher Form Helmut Creutz: Das Geld-Syndrom. Hackbarth Verlag 2003.




      http://www.equilibrismus.de/de/themen/wirtschaftsordnung/vf-…
      Avatar
      schrieb am 24.09.03 01:10:40
      Beitrag Nr. 228 ()
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      Chancengleichheit, Sozialpartnerschaft, Gerechtigkeit – Ein alter Hut?



      von Volker Freystedt,
      veröffentlicht in: Sozialmagazin 7-8/2003; Juventa Verlag



      Ordnungen der Freiheit, die nicht zugleich so weit als irgend möglich
      der Gerechtigkeit dienen, gefährden die Freiheit selbst. [1]



      Das Grundgesetz ist absolut nicht neutral –
      es schützt das Eigentum, es schützt die Vertragsfreiheit
      und es schützt damit die Freiheit dessen,
      der die Möglichkeiten hat, seine Freiheit zu nutzen.[2]




      „Was ist sozial?“ Vor gut fünf Jahren brachte die Wirtschaftswoche diese Frage auf ihr Titelblatt und erhob sie im Untertitel zur „Schicksalsfrage der deutschen Politik“ [3]. In seinem Editorial mit der Überschrift „Schwerer Irrtum“ warf der Chefredakteur Stefan Baron der Politik vor, „sozial“ als Gegensatz zu „egoistisch“ zu definieren. Ihre „Sozialpolitik“ sähe sie deshalb als notwendiges Korrektiv zum ungerechten Wettbewerb des Marktes und strebe vor allem durch Umverteilung Verteilungsgerechtigkeit an.

      Stefan Baron hingegen sah „weder Wettbewerb noch Effizienz, ja nicht einmal notwendigerweise Egoismus“ als unsozial an. Und er setzte noch eins drauf: Die Verhinderung von Wettbewerb und Effizienz sei unsozial, weil nur diese für den Wohlstand sorgten, der es erst möglich mache, ein soziales Netz zu finanzieren. Es sei ja gerade der „besondere Charakter der Marktwirtschaft“, dass egoistische Motive und Wettbewerb zu sozialer Gerechtigkeit führten – die aber nicht in „Gleichheit am Ziel, sondern am Start“ bestünden. Diese Chancengleichheit bedeute „gleiche Möglichkeiten zu Bildung und Aufstieg“, vorausgesetzt, es herrsche „Fairness, also ein Wettbewerb, bei dem nicht geschoben wird, gleiches Recht für alle“.

      Diesen Ansichten wird hier so viel Raum gegeben, weil sie typisch sind für den Standpunkt der Wirtschaft, vor allem ihrer Manager, und weil an ihnen ein „schwerer Irrtum“ aufgezeigt werden kann, dem entweder (be)trügerische Absicht oder – wenn mildernde Umstände gelten können – Selbstbetrug zu Grunde liegt.


      Chancengleichheit – „Dabei sein ist alles?“

      Sicher sieht es für viele wie ein Idealbild aus, dass alle Menschen gleiche Chancen haben sollen – nur sind nicht alle Menschen gleich. Was nützt dem musisch Veranlagten die Chance zu einem Informatikstudium mit anschließend glänzenden Karrierechancen? Was fängt der Verträumte mit den schnellen Laufschuhen an, die ihm gleiche Chancen im Wettlauf einräumen sollen? Wir hätten also erst wirkliche Chancengleichheit, wenn jeder das in ihm steckende Potenzial zur optimalen Entfaltung bringen könnte. (Vorausgesetzt natürlich, dass es sich hierbei nicht um für das Gemeinwesen schädliche Kräfte handelt.) „Ich träume von einer Gesellschaft, in der Leistung nicht nur daran gemessen wird, was der Markt dafür zu zahlen bereit ist“, sagte der ehemalige Präsident des Bundesarbeitsgerichts, Thomas Dieterich, in einem Interview. [4]

      Aber selbst wenn man sich auf das in der Diskussion um gerechte Chancen meist als allgemeingültig vorausgesetzte Ziel des materiellen Wohlstands beschränkt: Es stimmt einfach nicht, dass alle Menschen die gleichen Chancen haben. Wenn die Wirtschaft immer wieder als Wettbewerb dargestellt wird, so nehmen die Teilnehmer mit sehr unterschiedlichen Hilfsmitteln daran teil (die individuelle Konstitution lassen wir hier beiseite): Die einen laufen barfuss oder gar mit Krücken, während andere ein Rennrad benutzen können. Und selbst die oft angeführten Tellerwäscher haben es nie durch Tellerwaschen an die Spitze geschafft, sondern erst in dem Moment, als sie in ein Rallye-Auto einsteigen konnten (und, um im Bild zu bleiben: hinterher hat niemand gefragt, ob sie es gekauft, geliehen oder gestohlen hatten.) Wenn Stefan Baron die Amerikaner als Vorbilder hinstellt, weil die „an ihre Chance glauben“ und deshalb schon meinen, in einem sozialen System zu leben, „auch wenn es zu großer Ungleichheit in der Verteilung führt“, so führt er ein neues Kastendenken ein: Weil theoretisch jeder die Chance zum Lottogewinn hat, haben wir Startgerechtigkeit; und auch, wenn nur sehr wenige jemals einen Haupttreffer landen können, sei das noch lange keine Ungerechtigkeit den anderen gegenüber. Es sei schlicht Pech, das man mit „Fairness“ ertragen muss, so wie indische Parias akzeptieren, in diesem Leben (verdient) zu kurz gekommen zu sein. Wenn der Staat meint, „die Nachzügler per Sozialpolitik trösten“ zu müssen, so deshalb, weil er den „großen Fehler“ begeht, „nur auf den Zieleinlauf zu starren“ – eine Optik, der auch „der hierzulande überall grassierende Neid“ entspringt.

      Soweit die Wirtschaftswoche als Beispiel für das vorherrschende ökonomisierte Denken, das alles mit dem Geldmaßstab misst.


      Sozialneid

      Die Verknüpfung von Leistung als Vorbedingung von Reichtum ist weit verbreitet; Die Verteidiger dieser Ideologie beklagen, wir würden in einer „Neidgesellschaft“ [5] leben, in der sich der Erfolgreiche auch noch „rechtfertigen“ müsse, vor allem, wenn der Wohlstand ererbt wurde, also „fleißigen und sparsamen Verwandten“ zu verdanken ist. Mehr oder weniger deutlich wird denen, die selbst „den bequemen Weg gehen“, der Vorwurf gemacht, selbst schuld zu sein, wenn sie nur von Sozialhilfe leben. Dabei hätten sie einen „Lebensstandard, nach dem sich die überwiegende Mehrheit der restlichen Menschheit nur die Finger lecken kann“. Das Forum dieser Leistungsapostel sind die Leserbriefseiten, auf denen sie den „Intellektuellen“ vorwerfen, „Gleichheit vor Freiheit“ zu wollen. Dabei verwechseln sie immer wieder Gleichmacherei mit den ungleichen Chancen von Gleichen. Denn selbst wenn ein Handwerker hundert Stunden in der Woche rackert – richtig reich werden kann er erst, wenn er eine größere Geldmenge angespart hat und diese dann für sich arbeiten lässt. Wie das geht, wird weiter unten noch ausführlich besprochen. Auf jeden Fall stößt die Arbeitskraft eines Arbeiters ziemlich schnell an eine natürliche Grenze, während es ziemlich gleich ist, ob ich hunderttausend oder eine Million Euro am Kapitalmarkt anlege – mit allerdings erheblichen Unterschieden im Ergebnis: aus hunderttausend werden nach fünf Verdoppelungsschritten 3,2 Millionen, aus einer Million aber 32 Millionen (Beispiel: bei zehn Prozent Verzinsung verdoppelt sich das eingesetzte Kapital nach etwa sieben Jahren; fünf mal sieben Jahre = 35 Jahre). Im ersten Fall habe ich 3,1 Millionen Euro „verdient“, im zweiten Fall aber 31 Millionen. War mein Einsatz, meine erbrachte „Leistung“, also um das Zehnfache höher? Und vor allem: um das Zehnfache höher als die des mittelständischen Unternehmers, der in 35 Jahren mit seinem Betrieb bei einem jährlichen Nettogewinn von neunzigtausend Euro auch nur 3,15 Millionen Euro für seine Leistung zusammen bekommt?


      Wertemarkt und Marktwert

      „Was Werte wert sind“ lautete ein provokanter Beitrag des Wirtschaftsredakteurs Nicolaus Piper zur hitzigen Debatte um die Erhaltung des arbeitsfreien Sonntags, in dem argumentiert wurde, man müsse auch immer beachten, dass uns der Schutz von Werten etwas kostet. [6] Provoziert wurde die Reaktion des Ökonomen durch einen vorangegangenen Artikel, in dem der Nicht-Ökonom Christian Nürnberger [7] unter der Überschrift „Mord am Sonntag“ [8] mit dem Philosophen Robert Spaemann folgerte: „Wer fragt, was kostet uns der Sonntag, der hat ihn bereits zum Abschuss freigegeben. Wer Werte zur Disposition stellt, hat sie schon aufgegeben. Wer soziale Gerechtigkeit nicht als ethischen Wert, sondern nur als Investitionshemmnis betrachtet, muss soziale Gerechtigkeit abschaffen.“ Dem behaupteten „Trend, der in einer Gesellschaft ohne verbindliche Werte dazu führt, dass letztlich der Markt die Normen setzt“, was dazu führt, dass „nur noch gemacht wird, was sich rechnet“, setzt Nicolaus Piper „die kühle Wahrhaftigkeit des ökonomischen Blicks“ entgegen. „Der Markt“ sorgt dafür, „dass die knappen Ressourcen so verteilt werden, dass sie den größten Nutzen stiften“, lautet das Credo der Vertreter seiner rein ökonomistischen Weltsicht.

      Dreh- und Angelpunkt ist die Definition des „größten Nutzen“. Wenn der sich, wie tagtäglich zu konstatieren, in Börsennotierungen ausdrücken soll, dann landet der Reis eben nicht in der Schale des Hungernden, sondern im Terminhandel. Und was neben den menschlichen Grundbedürfnissen regelmäßig auf der Strecke bleibt, sind die natürlichen Lebensgrundlagen, weil der Verbrauch von Luft, Wasser und Boden kaum in die Rechnungen einfließt.

      Das Hauptthema des Marktes, der inzwischen kein Gütermarkt mehr ist, sondern ein Kapitalmarkt, ist nicht die Knappheit an Gütern (wie in den Lehrbüchern postuliert), sondern deren Überschuss – und der Überschuss an Kapital an bestimmten Stellen, also seine Verklumpung. Dieses sucht eben nicht danach, wo es „größten Nutzen“ stiften könnte (zum Beispiel in der Erziehung, der Bildung sowie in der Pflege), sondern es zeigt sich nur dort, wo es günstige Bedingungen zu seiner Vermehrung findet – und ist mit einem Mausklick wieder verschwunden, wenn es anderswo mehr Rendite geben könnte. Wie das Kuckuckskind, das schneller wächst als die anderen im Nest, damit aber auch mehr Nahrung fordert auf Kosten der anderen, bis es so groß ist, dass neben ihm kein Platz mehr ist, so verdrängen die Kapitalinteressen alle anderen, nicht kapitalisierbaren, nicht in Aktienkursen darstellbaren Werte.


      (Soziale) Marktwirtschaft

      Auch wenn Ludwig Erhard nach einer Anekdote des Wirtschaftsnobelpreisträgers Friedrich August von Hayek gesagt haben soll: „Wenn ich von sozialer Marktwirtschaft spreche, meine ich damit, dass die Marktwirtschaft als solche sozial ist, nicht dass sie erst sozial gemacht werden muss“ [9], so waren er und Alfred Müller-Armack als die „Erfinder“ der „Sozialen Marktwirtschaft“ [10] offenbar ihrer Sache doch nicht so sicher und wollten die „Wettbewerbswirtschaft“ durch „eine dazu gehörende Rahmenordnung“ soweit domestizieren, dass „ein sozial funktionsfähiger Wettbewerb“ auf die Einschränkung „einseitiger Einkommensbildungen“ zielt, und andererseits „als Ausgangspunkt von Einkommenskorrekturen und -umleitungen seitens des Staates zugunsten schwächerer Bevölkerungsschichten“ dient. Die Grenze der staatlichen Intervention wird durch die „Marktkonformität“ gezogen, das heißt „der soziale Zweck muss (...) ohne Störung der marktgerechten Preisbildung erreicht werden“.

      Hierbei geht es in erster Linie um den Preis der Arbeit, also den Lohn. Die Auseinandersetzung darüber, wie weit Waffengleichheit besteht zwischen den Vertragsparteien Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dauert inzwischen schon über hundertdreißig Jahre an. Während der ökonomische Liberalismus die Arbeitskraft als eine Ware wie jede andere sah, machten seine Gegner - in Deutschland vor allem der Volkswirtschaftler und Sozialpolitiker Lujo Brentano (1844-1931) [11] - geltend, „dass beim Abschluss des Arbeitsvertrages wohl eine formell rechtliche Gleichheit bei beiden Teilen vorhanden sei, dass aber eine erhebliche Ungleichheit in der wirtschaftlichen Lage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehe, dass die Nachteile für den ersteren bei Nichtabschluss des Vertrages viel geringere seien, als für den letzteren.“ Denn anders „als der Verkäufer einer anderen Ware (...) sei der Arbeiter mit der Ware Arbeitskraft untrennbar verbunden, so dass er mit Überlassung derselben an den Arbeitgeber unvermeidlich in ein Abhängigkeitsverhältnis zu diesem gerät.“ [12] Seine Stellung könne der Arbeiter nur verbessern, wenn er sich in Gewerkschaften organisiere.

      Wie es heute aussieht, kann wohl der ehemalige Präsident des Bundesarbeitsgerichts, Thomas Dieterich, recht gut beurteilen. Auf die Feststellung der Interviewer: „Vor zwanzig Jahren waren die Gewerkschaften die Angreifer. Jetzt sind es die Arbeitgeber“, konstatierte er: „Die Ausgangslage hat sich verschoben. Es ist immer derjenige der Angreifer, der den Status quo verändern will. Das sind jetzt die Unternehmer, weil sie den Level senken wollen.“ [13]


      Freistilringen

      Und die Sache mit dem „freien Wettbewerb“? Inzwischen gab es eine New Economy, die der US-Finanzminister Lawrence Summers als „eine darwinistische Evolution“ bezeichnete [14]: „Es gibt ein konstantes Streben nach einem temporären Vorteil“; „höhere Effizienz und höhere Umsätze führen zu niedrigeren Preisen und noch höherer Nachfrage“. „Das neue ist die wachsende Zahl von Produkten, die mit hohen Fixkosten und geringen variablen Kosten produziert werden. Das ändert die Strukturen des Wettbewerbs. Ich halte es für schwierig, unter den neuen Bedingungen der New Economy das Standardmuster des perfekten Wettbewerbs aufrecht zu erhalten. Es geht um den zeitlich befristeten Vorteil auf einem bestimmten Markt.“ [15] Das bedeutet: Monopolbildung, Überschwemmung des Marktes mit Massenprodukten, Zwang zum Dinosauriertum – also anscheinend das, was die Ökonomie unter dem „größten Nutzen“ (siehe oben) versteht.


      Consumo, ergo sum

      Im „Manifest ´72“ von Ludwig Erhard und Alfred Müller-Armack sahen diese den Konsumenten noch in der wichtigen Rolle dessen, der „mit seinen Kaufentscheidungen das Marktgeschehen beeinflusst“. So appellierten sie: „Gerade der Konsument sollte wissen, dass die Soziale Marktwirtschaft es sich angelegen sein lässt, ihm seine Vorrangstellung am Markt einzuräumen.“ [16] Damit liegen sie weit entfernt von der heutigen Realität, der Karl Kraus 1914 in einem Vortrag fast schon visionär viel näher kam: „Gott schuf den Konsumenten! Aber Gott schuf den Konsumenten nicht, damit es ihm wohl ergehe auf Erden, sondern zu einem Höheren: damit es dem Händler wohl ergehe auf Erden. (...) Zivilisation ist die Unterwerfung des Lebenszwecks unter das Lebensmittel. Diesem Ideal dient der Fortschritt. (...) Die äußerste Bejahung des Fortschritts gebietet nun längst, dass das Bedürfnis sich nach dem Angebot richte, dass wir essen, damit der andere satt werde. (...) Der Fortschritt (...) hat den Lebenszweck den Lebensmitteln subordiniert und uns zu Hilfsschrauben unserer Werkzeuge gemacht.“ [17]


      Fusio(h)nmacht

      Unternehmensberater, die ihre Tätigkeit reflektieren, wissen, dass der Erfolg eines Betriebes nicht allein auf ihre gute Beratung zurück geht, sondern untrennbar damit verbunden ist, dass die Konkurrenz schrumpft oder verschwindet. Sie kämen ganz schön in Schwierigkeiten, wenn sich auch die Konkurrenzfirmen von ihnen beraten lassen wollten. Deshalb ist ein Grund für die rasante Zunahme von Firmenzusammenschlüssen das Erreichen einer Unverdaulichkeitsgröße für andere Konzerne – wenn A nicht mit B fusionieren würde, könnte B mit C zusammen gehen, und als nächstes würde A geschluckt.

      „Wirtschaft im Größenwahn“ (Die Zeit, 16.4.98), „Weltmarkt ohne Weltpolizei“ (Der Spiegel, 20.4.98), „Globale Mega-Konzerne geraten außer Kontrolle“ (SZ, 11.8.98) – das Unheimliche daran ist der Automatismus und die Beschleunigung, mit dem diese Zusammenschlüsse erfolgen (oder manchmal – siehe Deutsche und Dresdner Bank – wegen überhöhter Geschwindigkeit auch scheitern).

      Beängstigend auch, dass für die Kursrichtung dieser Riesentanker kein Kapitän mehr auszumachen ist: „Die Vorstände sind oft nur noch Getriebene, die großen Investmentfonds bestimmen die Strategien – ein anonymer Aktionärskapitalismus entsteht.“ [18] Wer würde sich schon einem Schiff anvertrauen, das von einer Gruppe von Nichtseeleuten von Land aus gesteuert wird, deren Ergeiz es ist, dass der Dampfer möglichst schnell fährt? Da zählt jede Ballasteinsparung: „Weniger Arbeitsplätze, weniger Wettbewerb, weniger Freiheit.“ [19]

      Domani, domani - Geschenke auf Kredit
      Besteht bei der Einschätzung zur Situation des Sozialstaats noch Einigkeit darin, dass er zumindest „in der Krise“, „unter Druck“, „ein Auslaufmodell“ oder des „Nachdenkens“ wert, wenn nicht gar bereits „am Ende?“ – meist mit Fragezeichen – sei und sein „Umbau“ notwendig, vielleicht sogar in vollem Gange wäre, so gehen die Diagnosen der Ursachen weit auseinander. Viele sehen das Prinzip des seligen Gebens und Nehmens walten: Politiker tendieren zu immer mehr „Geschenken“, die den Wähler wohlgesonnen stimmen, ihn als Bürger aber entmündigen. Das Ablehnen der Wohltaten fällt den Beglückten schwer, wie das Geben den Politikern leicht fällt, weil es letztlich die Beschenkten selbst sind (oder deren Kinder, wenn man es geschickt anstellt), die für die Zeche irgendwann einmal aufkommen müssen. Der Ökonom Paul C. Martin sieht hierin den „Staatsbankrott“ [20] vorprogrammiert. Bevor der Staat allerdings den Konkurs erklärt, würde er von seiner Möglichkeit des Gelddruckens Gebrauch machen und durch eine Hyperinflation seine Schulden (und damit die Ansprüche der Gläubiger) reduzieren.


      Die Wohlfahrtsdroge

      Der Volkswirtschaftsprofessor Carl Christian von Weizsäcker geht besonders abenteuerliche Wege [21]; er sieht im Vorgehen des „Wohlfahrtsstaats“ eine Art Anfütterung: „Indem der Wohlfahrtsstaat wuchs und sich immer weiter verästelte, begann die Bevölkerung, ihr Verhalten auf dieses Phänomen einzustellen.“ Dazu gehört für ihn neben der „illegalen Ausnutzung“ durch Schwarzarbeit vor allem die „vollkommen legale Form“ durch Fortpflanzungsverweigerung. Von Weizsäckers Logik ist äußerst originell: „Der Wohlfahrtsstaat erlaubt es einem, auf Kinder zu verzichten“, weil die großzügige Altersrente den mühsamen Umweg über Kindererziehung „zur Dankbarkeit gegenüber den Eltern“ (wie er in der Dritten Welt noch zwangsläufig praktiziert wird) erspart. Zu denen, die die Ursache für den Geburtenrückgang weniger in der Großzügigkeit des Wohlfahrtsstaats als in der zunehmenden Verarmung von Familien bei steigenden allgemeinen Ansprüchen sehen, gehört der Sozialrichter Jürgen Borchert. Er warnt vor einer „Innenweltzerstörung“, die „durch ein ökonomisches Denken, das ausschließlich die `Produktion´ und den `Markt´ im Auge hat und nicht auch die `Reproduktion´, das heißt die nichttauschbare Erhaltung und Erneuerung der Lebensgrundlagen.“ [22]

      Ist der Charakter erst einmal verdorben, gibt es kein Halten mehr: vom „Trend zum immer früheren Eintritt in den Rentenstatus“, über unsere „lohntreibende“ und „großzügige Arbeitslosenversicherung“ bis hin zur „Lohnstruktur, die nicht marktgerecht ist, so dass viele Personen deshalb keine Arbeit finden, weil sie `zu teuer´ sind“ – das Fazit für von Weizsäcker ist: „Der Wohlfahrtsstaat wird begründet mit dem Begriff der Solidarität. Aber (...) er hat uns weit egoistischer gemacht, als unsere Vorfahren es früher gewesen sind.“ Unterstützt würde das Elend noch durch die Bürokratie, die „letztlich an einer Beendigung der Hilfsbedürftigkeit (...) gar nicht interessiert“ ist. Den volkstümlichen Ausspruch „Gelegenheit macht Diebe“ übersetzt der Akademiker in die scheinbar mildere Formulierung: „Das Recht auf Unterstützung, das der Wohlfahrtsstaat konstituiert, ist ein Anreiz zur Perpetuierung der Hilfsbedürftigkeit.“

      Von Weizsäcker nimmt Pferd, Sattel, Steigbügel und Zaumzeug und bekommt das Tier geschickt aufgezäumt – nur leider völlig verkehrt herum. Trotzdem knallt er am Schluss sogar noch mit der Peitsche und beendet seine Darbietung mit einem beeindruckenden, auf Grund der vorangegangenen technischen Fehler nicht zu erwartenden und zusammenhangfreien Satz: „Unser Sozialstaat ist ein System, das nicht auf Nachhaltigkeit angelegt ist. (...) Er ist zutiefst unökologisch, weil er nur durch hohes wirtschaftliches Wachstum noch einige Zeit finanzierbar wäre. Indem wir ihn verteidigen, versündigen wir uns an den nachfolgenden Generationen.“


      Kraft durch Herausforderung

      Oberflächlich gesehen verkündete Wilhelm von Humboldt (1767 – 1835) vor über 300 Jahren eine ähnliche Theorie. In seinen „Ideen zu einem Versuche, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen“ [23] bezeichnete er „eine zu ausgedehnte Sorgfalt des Staats“ als „schädlich“, „denn sie bringt Einförmigkeit; schwächt die Kraft; (...) muss auf eine gemischte Menge gerichtet werden, und schadet daher den Einzelnen durch Maßregeln, welche auf einen jeden von ihnen nur mit beträchtlichen Fehlern passen; hindert die Entwicklung der Individualität (...); erschwert die Staatsverwaltung selbst, vervielfältigt die dazu erforderlichen Mittel.“ Wer sich selbst der Fürsorge des Staates überlässt, übergibt ihr noch weit mehr „das Schicksal seines Mitbürgers“. Im Gegensatz zu Carl Christian von Weizsäcker, der im Angesicht der leeren Staatskassen die Bürger in die „Subsidiarität“, konkret in die Solidarität ihrer Familien und Verwandtschaft entlassen möchte, damit dort die Folgen der von ihm geforderten „wettbewerbsfähigen Löhne“ gemildert werden können, sah Wilhelm von Humboldt die Subsidiarität darin verwirklicht, dass Bürger („einzelne Teile der Nation“) „sich durch Verträge verbinden“. Die Vorzüge dieser Verbindungen, die von Humboldt als „Nationalanstalt“ bezeichnet, bestehen im Unterschied zu einer „Staatseinrichtung“ darin, dass „bei einzelnen Veranlassungen einzelne Verbindungen eingegangen“ werden, statt dass „allgemeinere für unbestimmte künftige Fälle geschlossen werden.“ Für das Individuum gelte: „Je mehr der Mensch für sich selbst wirkt, desto mehr bildet er sich. In einer großen Vereinigung wird er zu leicht Werkzeug.“

      Die heute immer häufiger und erfolgreicher auftretenden Bürgerinitiativen, in den Medien „Nichtregierungsorganisationen“ (NRO, englisch NGO) genannt, dürften dem Humboldtschen Entwurf sehr nahe kommen. Sie verbinden sowohl Individuen als auch kleinere und größere Vereinigungen zu einer temporären, punktuellen Aktion – je nach Anlass national oder global. Hier tritt, wie von Humboldt postulierte, die Sache an die Stelle des Zeichens. Es sind Zweifel angebracht, ob die heutigen Prediger eines „zurück zur Selbsthilfe und zur Selbstverantwortung“ so weit gehen möchten, die Bürger alles das selbst tun zu lassen, was sie selbst – ohne den Staat – tun können. Die Antwort wird spätestens bei der Entscheidung darüber gegeben, ob die Schaffung von komplementären, privaten Währungen durch die Europäische Zentralbank geduldet wird oder nicht.


      Vorsicht – Baustelle!

      Umbau, Abbau, Rückbau – der Sozialstaat verändert sich. Selbst gestellte Aufgabe der Politiker, die die Bürger gerne vor dem unschönen Anblick der Abbrucharbeiten schützen wollen, ist die Verhüllung mit freundlichen Transparenten. „Schutz und Chance“ sollte der Sozialstaat mit den Vokabeln der CDU bieten, aus der „Hängematte“ sollte ein „Trampolin“ werden – kein Wort darüber, dass es sich in der Mitte besser hüpft als irgendwo am Rande.

      Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bürger auf die netten Vokabeln hereinfallen, sind allerdings heute nicht geringer als zu Zeiten Bismarcks, dem beim Ausgang der Wahlen von 1881 „am meisten zu Herzen gegangen ist“, „dass gerade in den industriellen und Arbeiterkreisen vorzugsweise Gegner der Regierung gewählt worden sind, (...) welche die freie Konkurrenz aller Kräfte, der Schwachen wie der Starken in allen Beziehungen vertreten, also (...) Herren des Freihandels, (...) des laissez faire, (...) der Richtung, welche auf dem Gebiete der Wirtschaftlichkeit das Recht des Stärkeren befürwortet, und welche dem Schwachen in seinem Kampfe gegen die Macht des Kapitals (...) jeden Beistand versagen und ihn dafür auf seine eigene Menschenwürde, auf die freie Konkurrenz und die Privatassekuranz (...) hinweisen, kurz, die ihm jede Staatshilfe versagen.“ [24]


      Nebenarena

      Doch zum Glück gibt es auch Experten, die sich nicht mit oberflächlichen Argumenten abgeben, mit denen ein Rückbau des Sozialen als direkt erstrebenswert „für den sozialen Prozess der Erneuerung des Menschen zur moralischen Reife“ (von Weizsäcker) verklärt wird, sondern die in der Sozialstaatsdebatte die Eröffnung einer „Nebenarena“ erkennen [25]: „Die Leitmotive der Sozialstaatsdebatte werden von der Wirtschaft diktiert.“

      Was von Weizsäcker – das muss man ihm unterstellen – zur Erzielung seiner Scheinlogik unterschlägt, wird von Friedhelm Hengsbach klar ausgesprochen: Wir können den Sozialbereich nicht verändern, ohne dort anzusetzen (und das heißt zunächst: mit der Analyse), wo seine Rahmenbedingungen entstehen. Letztlich geht es – neben allen ideologischen Differenzen – um die Frage der Finanzierbarkeit des Sozialsystems, also ums Geld. Besser gesagt: um das, was eine Volkswirtschaft bereitstellt.

      Und da wird schnell argumentiert: Wer viel verteilen will, muss erst einmal viel erzeugen. Der Kuchen muss also ständig wachsen, was tatsächlich ökologisch nicht zu vertreten ist. Aber ist es überhaupt möglich, auf Wirtschaftswachstum zu verzichten, auch wenn das vermeintliche Anspruchsdenken zurück gehen würde?

      Hengsbach nennt als „die eigentliche Ursache der Finanzierungskrise des Sozialstaats die seit fast zwanzig Jahren bestehende Massenarbeitslosigkeit“, die „konjunkturell und strukturell bedingt“ sei, unter anderem durch „die extreme Schieflage der Einkommens- und Vermögensverteilung“ und „die vom realen Kreislauf der Güter und Dienste weithin abgekoppelten internationalen Finanzströme.“

      So schnell ändern sich die Zeiten – hatte doch Oswald von Nell-Breuning noch vor fünfzehn Jahren die kapitalistischen Unternehmen als „Wertschöpfungsanstalten“ bezeichnet und den kapitalistischen Unternehmer als jemand, der es „an erster Stelle nicht darauf ablegt, reich zu werden, indem er anderer Leute Geld in die eigene Tasche lenkt, sondern dadurch, dass er neue Werte schafft“ [26].


      Attraktives Klima

      Heute bewegen nur noch etwa zwei Prozent der täglich weltweit umlaufenden Finanztransaktionen reale Handelsvorgänge; der Rest ist rein spekulativ unterwegs, auf der Suche nach kleinsten, sich durch die Häufigkeit aufsummierenden Renditen. Obwohl die Unternehmer mit den Arbeitern in dem gleichen Ruderboot sitzen, weil beide Parteien aktiv die Rendite für die Kapitalgeber erwirtschaften müssen (die Manager als Legionäre ohne Bindung zählen nicht hierher), unterliegen die meisten von ihnen dem Trugschluss, die Unternehmen könnten neue Arbeitsplätze schaffen, wenn nur der Staat „für ein attraktives Niederlassungsklima und günstige Bedingungen für ein Wirtschaftswachstum“ [27] sorgt. Damit werden die Nationalstaaten in ein Abwärtswettrennen getrieben um die niedrigsten Unternehmenssteuern, die niedrigsten Löhne und Lohnnebenkosten, die niedrigsten Umwelt- und Sozialstandards. Und alles nur, weil das Kapital im Land gehalten werden muss – wenn Carl Amery vom „Mammonismus“ als einem zunehmend verbreiteten Religionsersatz spricht: hier sind seine Riten, die Menschen- und Naturopfer, und der IWF ist die Kurie.

      Im Ergebnis verdoppelten sich die Vermögen im Schnitt alle sieben bis acht Jahre, während die Reallöhne sich bestenfalls halten konnten. Das ist der Tribut, den die eingeschränkt flexible Arbeitskraft dem behänden Kapital zollen muss. Da aber der Anteil der Lohnsteuern am Gesamtsteueraufkommen ständig gestiegen ist (weil sie kaum vor dem Zugriff des Fiskus „geschützt“ werden können), wird es auch für den Staat immer schwieriger, an sein Geld zu kommen – während gleichzeitig seine Verpflichtungen zunehmen, vor allem durch steigende Arbeitslosenzahlen und der zunehmenden so genannten Überalterung.


      Hilfe

      Wie die Staatshilfe für die Schwachen aussehen sollte, hängt für die einen von den Zielen ab, für die anderen von der Machbarkeit, also dem Zustand der Staatsfinanzen. Die Abhängigkeit besteht ohne Zweifel: „Der Wohlfahrtsstaat ist darauf angewiesen, dass das Teilsystem Ökonomie genügend Überschüsse erwirtschaftet und in Form des Tauschmittels `Geld´ bereitstellt, damit er seine sozialen Funktionen erfüllen kann.“ [28] Der Wohlfahrtsstaat kann also nur soviel helfen, wie er selbst an Hilfe bekommt. (In diesen Zusammenhang passt der Hinweis: Mit dem „Wachstum“ ist es hier genau umgekehrt als in der Wirtschaft: jeder Zuwachs bedeutet mehr Ausgaben, nicht mehr Einnahmen.)

      Trotzdem braucht es Zielsetzungen. Die Sozialstaatscharta der Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände von 1996 [29] will „Bedingungen für soziale Gerechtigkeit und den solidarischen Zusammenhalt der Gesellschaft“ schaffen; das gemeinsame Kirchenwort von 1997 [30] nennt eine „menschenwürdige, freie, gerechte und solidarische Ordnung von Staat und Gesellschaft“ als Ziel.

      Beide Texte bleiben erschreckend unverbindlich; die Charta sieht den Sozialstaat als „gefährdet“, auch als „Folge falscher politischer Weichenstellungen“. Die Unterzeichner meinen hingegen, er müsse „gesichert und weiterentwickelt werden“ und sehen sich „auch in der Lage und entschlossen, Widerstand zu leisten und zu organisieren gegen den Abbau des Sozialstaats zu Lasten derer, die seiner bedürfen.“ Das gemeinsame Kirchenwort wird da schon konkreter: „Geld- und Grundvermögen ist in zunehmendem Maß ungleich verteilt, so dass die breite Bevölkerungsmehrheit auch in Zukunft nicht über ein ausreichendes Vermögen zur Absicherung der elementaren Lebensrisiken verfügen wird“ (das sollte man gleich noch einmal lesen!), und fordert den „Abbau der strukturellen Ursachen für den Mangel an Teilhabe“.

      Was aber auch hier nicht geleistet wird, ist die Nachforschung nach den „strukturellen Ursachen“, nach dem Mechanismus, der diese Entwicklung „in zunehmendem Maße“ ablaufen lässt.


      Müheloser Gewinn

      Beschämend ist diese Feigheit vor allem deshalb, weil in früheren Äußerungen der Kirchen Pferd und Reiter recht deutlich benannt worden sind. So zeigte das gemeinsame Memorandum „Soziale Ordnung des Baubodenrechts“ [31] von 1973 ganz klar, wie die bestehenden Verhältnisse die „Vermögenskonzentration“ fördern, zu „Spekulation“ verleiten und mit „mühelosem Gewinn“ belohnen, „ohne eigene Leistung“ erbringen und „große Wagnisse“ eingehen zu müssen.

      In dieser Schrift wird auch gefordert, „den Besitzern von Bauland (...) durch eine entsprechende Abgabenpolitik die Anreize zur Bodenhortung“ zu nehmen. Zitiert wird dabei auch eine Forderung der Evangelischen Kirche von 1952 an Regierung und Bundestag: „Der vorhandene und praktisch kaum vermehrbare Boden ist ein Gut, das in besonderer Weise der Gemeinschaft zu dienen hat. (...) Wir sehen deshalb eine vordringliche Aufgabe der Gesetzgebung (...) mit durchgreifenden Maßnahmen ungerechtfertigtem Bodengewinn zu wehren.“

      Dass diese warnenden Worte ohne Wirkung verhallten, macht der Text der Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland von 1962 „Eigentumsbildung in sozialer Verantwortung“ [32] deutlich, und sie zeigt, wie viel bis dahin schon falsch gelaufen war.


      Freiheit und Gerechtigkeit

      Die Frage, die sich jede(r) auch persönlich stellen sollte, ist: Wenn ich es zu „etwas gebracht“ habe, habe ich es dann ganz allein mir zu verdanken? Habe ich nicht auch von anderen profitiert - oder habe ich gar auf Kosten anderer profitiert?

      Aristoteles’ Definition von Gerechtigkeit als „eine Tugend, durch die jeglicher das Seine erhält und wie es das Gesetz angibt“, wird noch verständlicher in ihrer Umkehrung: „Ungerechtigkeit dagegen ist es, wodurch einer fremdes Gut erhält und nicht nach dem Gesetz.“ [33]

      Im Memorandum „Eigentumsbildung in sozialer Verantwortung“ wird im Kapitel „Eigentum in der industriellen Gesellschaft“ in Satz 12 der Denkschrift festgestellt: „Niemand besitzt Güter und Gaben, die er nur durch seine eigene Leistung und nicht in erster Linie durch göttliche und menschliche Hilfe empfangen hat. (...) Die wirtschaftliche Überlegenheit solcher Menschen, die ein höheres Einkommen und Eigentumsrechte an Produktionsmitteln haben, legt diesen auch größere soziale Verpflichtungen auf.“

      Dass die Entwicklung eine ganz andere Richtung nahm, wird im Kapitel „Eigentumsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland“ in Satz 13 erklärt: Die zum „Wiederaufbau einer funktionierenden Wirtschaft“ erforderliche rasche Kapitalbildung führte dazu, dass „die höhere Belastung der wirtschaftlich Starken (...) weitgehend eingeschränkt, ja ins Gegenteil verkehrt“ wurde (Kommentar). Die Wirtschafts- und Steuerpolitik sorgte dafür, „dass ein Teil der Realwerte, die unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen der Arbeitnehmerschaft hätten zukommen sollen, im Eigentum der Unternehmen verblieben ist. Die Eigentumsbildung nach dem Krieg war also nicht mit einer stärkeren Belastung der wirtschaftlich Stärkeren verbunden, wie es der sozialen Gerechtigkeit entsprochen hätte. Sie erfolgte vielmehr durch die Belastung der wirtschaftlich Schwächeren, da es zunächst um die Stärkung der Wirtschaft überhaupt ging.“ (Kommentar).


      Einseitige Vermögensbildung

      In Satz 14 wird dann eine Feststellung getroffen, die zeigt, dass nicht Fleiß und Leistung allein zu unterschiedlichem Wohlstand geführt haben: „Die auf diese Weise entstandene Eigentumsverteilung wird in vielen Fällen den verschiedenen (...) genannten Beiträgen der im Wirtschaftsleben tätigen Menschen nicht gerecht. Bevorzugt waren vor allem die Inhaber von Besitztiteln an produktivem Vermögen. Diese einseitige Vermögensbildung ist bedenklich“.

      Entschuldigend fährt die Denkschrift fort: „Der rasche wirtschaftliche Aufbau zum Nutzen aller und die rechte Verteilung des entstandenen Vermögens waren unter den gesellschaftspolitischen Verhältnissen der Nachkriegszeit vielleicht nicht gleichzeitig erreichbar.“

      Es war also bereits zu Beginn der sechziger Jahre der von Aristoteles definierte Zustand der Ungerechtigkeit eingetreten – allerdings durchaus „nach dem Gesetz“.

      Zur Korrektur wurde von der Kammer für soziale Ordnung der Evangelischen Kirche in Satz 15 vorgeschlagen, „zu überprüfen, ob diese Anhäufung großer Vermögenswerte in der öffentlichen Hand wirklich dem Interesse der Allgemeinheit dient und wieweit sie dazu benutzt werden kann, die Bildung von Eigentum in den Händen bisher eigentumsloser Volksschichten zu fördern.“ Die öffentliche Hand hatte nämlich – „durch den kriegsbedingten Staatsbankrott von ihren Schulden befreit“ (Kommentar) „in den letzten Jahrzehnten Vermögenswerte gebildet und gewaltig vermehrt.“ (Satz 15)


      Ungleich und ungerecht

      Im Kapitel „Die Aufgabe der breiteren Eigentumsverteilung“ wird in Satz 17 ein weiteres Faktum der Benachteiligung aufgezeigt: „Die besonderen Verhältnisse nach dem Krieg haben einen Teil der privaten, die öffentlichen Träger der Wirtschaft und viele Eigentümer von Baugrundstücken begünstigt. Dies ist damals rechtlich möglich gewesen. Deswegen kann es kein Verstoß gegen eine gerechte Eigentumsordnung sein, wenn in einer Zeit, in der zu einer solchen Begünstigung kein Anlass mehr besteht, bisher nicht begünstigte Glieder des Volkes aus Gründen der Gerechtigkeit und im Interesse einer gesünderen Sozialstruktur durch besondere Maßnahmen in ihrer Vermögensbildung unterstützt werden.“ Auch dieser Satz ist wert, zweimal gelesen zu werden.

      Die ungleiche Verteilung der Vermögen ist insofern also auch eine ungerechte, als sie nie allein durch größere Anstrengung zustande kam. Und auch die werbeträchtige Behauptung „Lotto macht die meisten Millionäre“ stimmt nicht. Geld macht noch mehr Geld. Wenn das so ist, lohnt es sich doch, dem Geheimnis der Reichtumsmehrung einmal auf die Spur zu kommen.


      Geheimnis Geld

      Hat jemand durch Fleiß, Glück, Rechtsbruch oder Erbe einen größeren Geldbetrag in seine Hände bekommen, so hat das Folgen – muss es haben. Denn entweder wird das Geld von seinem Besitzer relativ zügig ausgegeben, kommt durch Konsum (Hauskauf, Reise, Geschäftseröffnung etc.) wieder in den Wirtschaftskreislauf; oder es muss, damit es der Zirkulation nicht entzogen bleibt (was die Nachfrage am Markt und damit die Produktion verhindern würde), über jemand anderen, der selbst nicht über ausreichend Geld verfügt und sich deshalb welches leihen muss, im Wirtschaftskreislauf gehalten werden.

      Wer sich mit dem Thema Geld beschäftigt – und das muss man bei der Sozialstaats-Debatte -, kennt auch die Formel „Geld = Schulden“; hiermit wird gesagt, dass nur dann ein Guthaben auf der einen Seite entstehen kann, wenn eine andere Seite bereit ist, sich zu verschulden. Tauschringe kennen das Phänomen, wenn zehn Leute zum Gründungstreffen zusammen kommen und ihre Angebote unterbreiten, aber niemand gleich zu Anfang sein Konto überziehen möchte, indem er eine Leistung in Anspruch nimmt. Der alltägliche Vorgang des Einkaufens läuft nach dem gleichen Prinzip ab, ohne dass uns das bewusst ist: Wenn mir der Bäcker ein Brot oder der Tankwart sechzig Liter Diesel überlässt, habe ich bei ihnen Schulden, das heißt ich bin ihnen eine Gegenleistung schuldig. Das Geld, womit ich meine Schuld sofort begleiche, wird vom Verkäufer der Ware akzeptiert, weil er davon ausgeht, dass ich dieses Geld als Bescheinigung für eine von mir bereits erbrachte Leistung erhalten habe, und er mit Annahme dieser Bescheinigung den Anspruch auf Leistung an mich zu einem Dritten weitertragen kann. Warum lässt sich jemand überhaupt auf solch einen Handel ein? Wenn ich zum Beispiel jemandem den Rasen mähe, dann das erhaltene Geld zum Kauf von Lebensmitteln benutze, hat mein Nachbar etwas davon, weil sein Rasen wieder schön kurz ist; ich habe etwas davon, weil ich nicht hungern muss; der Verkäufer aber hat nur ein Versprechen in Händen, das keinen direkten Nutzen bedeutet. Was wäre, wenn niemand mehr seinen Geldschein haben wollte? Dann wäre er der Dumme. Es hat auch bei uns Zeiten gegeben, wo durch galoppierende Inflation dieser Zustand fast erreicht war. Weil aber in einer komplexen, hoch arbeitsteiligen und global verzweigten Wirtschaft ein Tausch ohne ein allgemein akzeptiertes Zwischentauschmittel nicht denkbar ist, muss dafür gesorgt werden, dass sich alle auf die Akzeptanz des allgemeinen Tauschmittels verlassen können. Ja, der Staat, der für Herausgabe, Sicherheit und Mengenbeschränkung des Geldes sorgt, verpflichtet sogar zur Annahme des von ihm für gültig erklärten „Zahlungsmittels“.


      Das Zaubermittel

      Hierdurch bekommt die Angelegenheit einen ganz anderen Aspekt: Wenn ich sicher sein kann, für mein Geld zu jeder Zeit jede Ware oder Leistung im angegebenen Wert erhalten zu können, so habe ich quasi ein Zaubermittel in der Hand, das in sich schier unendliche Optionen speichert, die ich fast zu jeder Zeit an beinahe jedem Ort in beliebige Wunscherfüllung umwandeln kann. Ich muss mich also nicht mit einem Rucksack voller Lebens- und Tauschmittel auf die Reise machen, sondern nutze die „Liquidität“ meiner Geldscheine (beziehungsweise heute die meines Speicherchips), um unbeschwert an jedem Ort genau das zu kaufen, was gerade benötigt wird.

      Diese Eigenschaft des Geldes macht es allerdings auch so attraktiv, lieber lange seine Optionen festzuhalten – vorausgesetzt, man hat genug zur Verfügung. Volkswirtschaftlich gesehen darf Geld aber nicht in zu großem Ausmaß gehortet werden; die Zentralbank könnte zwar Geld „nachschießen“, so dass wieder genügend in Umlauf ist, doch bestünde dann die Gefahr einer Geldentwertung, sobald das gehortete Geld in den Markt zurückkehrt.


      Zuckerbrot oder Peitsche?

      Es steht also die Frage im Raum: Wie bekommt man die Geldhalter dazu, ihr überschüssiges Geld nicht unter die Matratze zu legen? Bisher lockt man durch Zins zum Verleihen des Geldes. Da der Zins aber unter der Wachstumsrate der Wirtschaft liegen müsste, und eine „ausgewachsene“ Wirtschaft wie die unsrige aus ökologischen Gründen ein Wachstum um Null haben sollte, müsste der Zins auch um Null pendeln (abgesehen von den Zinsanteilen Risikoprämie und Bankmarge). Ein Horten von Bargeld ist dann nur zu verhindern, wenn eine Umlaufsicherungsbebühr erhoben wird, die dazu zwingt, sein Geld auch bei Niedrigzins bei den Banken einzuzahlen.
      Da wir alle in das bestehende Geldsystem hineingewachsen sind und nie etwas anderes kennen gelernt haben, haben wir uns auch mit den geltenden Spielregeln abgefunden; wie wäre es aber, wenn jemand auf die Idee käme, ein anderes Transportmittel, zum Beispiel ein Stück Straße, die vor seinem Haus vorbeiführt, zu blockieren und nur gegen Gebühr freigeben zu wollen? Jeder würde ihn für verrückt erklären und ihm klar machen, dass man doch nicht einfach eine öffentliche, vom Staat angelegte Straße für sich reklamieren könne.


      Zins is just a four letter word

      Es trifft ins Schwarze, wenn Bernard Lietaer behauptet, neben Sex und Tod sei Geld das dritte große Tabu der Menschheit [34]. Und wie man längst über sexuelle Praktiken reden kann, aber das Thema Aids auszuklammern hat, so bröckelt das Geldtabu dort, wo es um den Fun oder den Thrill geht, die Börsenspekulation bringt, während ein Tabu erhalten bleibt: der Blick hinter die Kulissen, auf den Zins.

      Oswald von Nell-Breuning, Friedhelm Hengsbach sowie das „Gemeinsame Kirchenwort zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland“ [35] haben sich alle nicht an dieses Teufelszeug gewagt. Das Kirchenwort hat sogar das Kunststück geschafft, in seinem umfangreichen (acht Seiten) Glossar mit über zweihundert Stichwörtern das Wort Zins zu vergessen!

      So bleibt es immer wieder Außenseitern vorbehalten, auf die Bedeutung der Zinseszinsfunktion hinzuweisen – mit dem Ergebnis, dass diese Hinweise mit Totschlagargumenten abgeblockt werden und eine ernsthafte Diskussion gar nicht erst zugelassen wird. Dabei kommt dem historischen Umstand große Bedeutung zu, dass in den ersten wirtschaftspolitischen Programmen der Nationalsozialisten die „Brechung der Zinsknechtschaft“ gefordert wurde. Dies reicht vielen (vor allem den Ultra-Linken, die Kapitalismuskritik als ihr angestammtes Terrain betrachten und mit allen Mitteln verteidigen), alle Zinskritik in die antisemitische Ecke zu drängen, auch wenn ein Blick auf den historischen Ablauf klar zeigt, dass Hitler, als er dann alle Macht zum Handeln hatte, keineswegs den Kapitalismus und sein Zinseszinssystem, sondern die Juden vernichten wollte – egal ob Kapitalist oder Arbeiter.


      Wertvoller Hinweis

      So bleibt es eines der probatesten Mittel, sich bei möglichst vielen unbeliebt zu machen, indem man sich mit kritischen Argumenten zum bestehenden Geldsystem zu Wort meldet. Doch es gibt Hoffnung: Auf eine 1998 verfasste Stellungnahme zum gemeinsamen Kirchenwort erhielt der Verfasser vom Büro von Präses Manfred Kock zur Antwort: „Wertvoll erscheint mir besonders Ihr Hinweis auf das Fehlen der Problembereiche Boden und Zins. Auch andere Stellungnahmen zu dem gemeinsamen Wort weisen uns auf diese Problempunkte hin.“ Mit dem Ergebnis, dass der Evangelische Pressedienst (epd) am 2. 3. 99 meldete: „Ein heute erkennbares Defizit des Sozialwortes ist nach Ansicht des Ethik-Professors Friedhelm Hengsbach, die Funktion des Geldes, der Zinsen und die Rolle der Banken in einer kapitalistischen Marktwirtschaft nicht thematisiert zu haben.“

      Für einen Zusammenhang zwischen Zinssystem und exponentieller Geldvermehrung sprechen die Ergebnisse: über 2,8 Millionen Haushalte in der Bundesrepublik sind verschuldet; die öffentliche Hand ist verschuldet – beim Bund betragen die jährlichen Zinszahlungen gut ein Fünftel der Steuereinnahmen; auch die Zahl der Firmeninsolvenzen hat ständig zugenommen. Und die der Millionäre und Milliardäre.

      Weltweit stellt die UNDP, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, ebenfalls eine Konzentration des Wohlstands fest: „die wohlhabendsten zwanzig Prozent der Menschen genießen heute fast neunzig Prozent des Wohlstands. Die reichsten zweihundert Weltbürger verfügen mittlerweile über ein Vermögen von weit über einer Billion Dollar. Dies entspricht dem jährlichen Einkommen der Hälfte der Menschheit.“ [36]


      Welcher Wohlstand!

      Wenn weiter oben gesagt wurde, ein Guthaben auf der einen Seite könne nur entstehen, wenn sich jemand anderes in gleicher Höhe verschuldet, so heißt dies im Umkehrschluss: wenn die Höhe der Schulden der privaten wie öffentlichen Haushalte zurückgehen soll, dann müssen auch die (privaten) Vermögen weniger werden! Inzwischen sind allein die privaten Geldvermögen in Deutschland bei über 3.350 Milliarden Euro angelangt – jeder Haushalt hätte im Schnitt fünfundsiebzigtausend Euro Geldvermögen sowie pro Kopf vierzig Quadratmeter Wohn- und zwanzig Quadratmeter Gewerberaum. Ein Volk von Wohlhabenden! Wie kommt man diesem Zustand von der traurigen Realität wenigstens ein Stück näher?

      Durch Freiwilligkeit – wenn man sich so schön an ständig steigenden Reichtum gewöhnt hat? Durch Zwang – wenn doch der Staat gerade in breit angelegten Bewusstseinsprozessen immer mehr Bürger zur Alterssicherung durch private Geldanlagen bewegen will? (Dies hat nebenbei erwähnt dann die kuriose Folge, dass jemand durch seine in Rentenfonds für seine Alterssicherung angelegten Ersparnisse, die auf dem Kapitalmarkt nach renditebringenden Engagements suchen, vielleicht seinen eigenen Arbeitsplatz gefährdet, weil der dem zu erbringenden Profit im Wege steht.)


      Die guten ins Töpfchen...

      Die nach erfolgreichem Wiederaufbau und der Stabilisierung der Wirtschaft versäumte Aufgabe, ein bereits damals eingetretenes Missverhältnis zu korrigieren, ist einerseits noch schwieriger, andererseits noch drängender geworden. Das Wachstum der Vermögen ist eine krebsartige Belastung geworden, sie geht auf Kosten von immer mehr lebensnotwendigen Bereichen. Und es sortiert die Menschen nach dem Aschenputtel-Prinzip gnadenlos in die Gewinner, in die, die zur Erzielung der Gewinne beitragen dürfen, und in die Überflüssigen, die nur ein schlechten Gewissen bereiten - wenn man sie nicht erfolgreich verdrängt, wie Präsident Reagan Mitte der achtziger Jahre, der, statt von den „poor“ zu sprechen, den Begriff „the non-rich“ benutzte [37].


      Leben wie im Film

      Die zukünftigen Folgen der fortschreitenden Spaltung der Gesellschaften auch in den wohlhabenden Industriestaaten sind bereits in einigen Schwellenländern zu besichtigen. So brachte Die ZEIT in einem Dossier unter dem Titel „Paranoia im Paradies“ [38] einen eindrucksvollen Bericht über die luxuriösen Wohnburgen in Städten wie Johannesburg, Lagos, Manila und Sao Paolo, in die sich die Reichen vor der Realität flüchten – die Armut bleibt zwar draußen, doch die Angst zieht mit. Auch in den USA werden zunehmend heile Welten hinter Zäunen geschaffen, die Leben wie im Film „Truman-Show“ verheißen. Celebration ist so ein Ort, an dem es die Stadtverwaltung an Weihnachten sogar stündlich schneien lässt – in Florida. [39]

      Der Futurologe Riccardo Petrella, der im Auftrag der EU die Folgen der immer engeren Nachbarschaft zwischen Arm und Reich untersucht, sieht als Vision, dass „die Machtzentren der Zukunft nicht mehr Nationen sind, sondern von Gräben und Mauern umgebene, mittelalterlich anmutende Städte.“ [40]


      Bedürfnisse und Arbeit

      Was bleibt als Aufgabe für den Sozialstaat? Wenn die Mechanismen der Ökonomie (und der antreibende Motor ist dort der Finanzmarkt) ungehemmt weiter wirken, werden wir bald keinen Sozialstaat mehr haben – und wir werden auch keinen mehr brauchen. Wer braucht noch einen Verbandskasten, wenn eine Bombe explodiert ist? Und nichts anderes passiert vor unseren Augen: die Kernspaltung des Kapitals. Wie bei einem Kettenspiel wird es schwieriger und schwieriger, Abnehmer für die sich bei immer weniger Menschen auftürmenden Vermögen zu finden: Nein, danke, wir nehmen nichts mehr, wir haben schon so viele Schulden! Lange gehörte auch der Bundesfinanzminister zu den Kreditverweigerern – jetzt muss er (endlich!) zugreifen. Denn irgendjemand muss sich verschulden; Clinton z.B. konnte die Staatsschulden abbauen, solange die Unternehmen und die Verbraucher sich ins Zeug legten.

      Dabei gibt es jede Menge unbefriedigte Bedürfnisse auf dieser Welt, dementsprechend gibt es auch jede Menge Arbeit. Nur handelt es sich um Arbeit, für die gilt, was schon 1985 Oswald von Nell-Breuning sagte: Die in Umwelt und Pflege herzustellenden Güter sind nicht tausch- und/oder konsumierbar und fallen deshalb aus dem eingeschränkten Rahmen unserer Marktwirtschaft heraus. [41] Aus einem Wald ist schnell Papier gemacht, aber aus einer Baumschule einen Wald zu machen, bringt nicht den kurzfristigen Gewinn. Erst wenn nachhaltig gedacht werden kann, hat Zukunft eine Chance.


      Komplement!

      Für alle, die den Hauptfehler in unserem Geldsystem erkannt haben, läge die Lösung in seiner Abschaffung und Ersetzung durch ein neues System. Doch dies wird nicht durchführbar sein, weil einerseits den Mainstream-Ökonomen die Krisen noch nicht dramatisch genug sind, und weil andererseits erst verschiedene Modelle neuer Währungsordnungen durchgespielt werden müssen. Ansätze dazu gibt es bereits in den komplementären Währungen, von denen es derzeit weltweit rund zweitausend gibt – Tendenz rasant steigend. Nachdem es bisher in erster Linie private Tauschringe waren, die sich ihre Verrechnungseinheiten schufen, während große Firmen in so genannten Barter Clubs eine Art Naturaltausch betreiben (Siemens-Elektronik nicht gegen Rubel nach Moskau, sondern gegen Wodka), hat jetzt das Japanische Ministerium für Internationalen Handel mit einem Modell begonnen, in dem regionale Dienstleistungen in den Bereichen Sozialfürsorge, Bildung, Umweltschutz und Gesundheitswesen durch ein regionales, zinsloses „Ökogeld“ unterstützt werden. In der Praxis wird der Tausch von Waren und Dienstleistungen vor allem über ein Smartcard-System abgewickelt. Ein spezielles Verrechnungssystem gibt es schon in der Pflege; dort kann jemand, der eine Person in seiner Nähe betreut, sich seine Leistungen gutschreiben lassen – entweder zur Einlösung bei späterem Eigenbedarf, oder zur Übertragung zum Beispiel auf die entfernt lebenden Eltern, die man nicht selbst versorgen kann. Eine Fülle von Beispielen und Anregungen, vor allem aber die Begründung der Notwendigkeit von Komplementärwährungen, bietet der Wirtschaftsprofessor Bernard Lietaer in seinem Buch „Das Geld der Zukunft“. [42]

      Man kann nur hoffen, dass die Zentralbanken den entstehenden Geldpluralismus nicht unterbinden. Nur dann wird es möglich sein, genügend Rückhaltebecken bereit zu haben, wenn nicht nur an der Wall Street alle Wälle brechen unter dem Druck der platzenden Spekulationsblasen.

      Zuvor jedoch gilt es, sich von der Vorstellung zu verabschieden, es könne doch noch alles gut gehen – natürlich mit einigen Reformen hier und da, zum Beispiel bei der Besteuerung. Dabei wird leicht übersehen: Das Ergebnis, das wir heute haben, ist nicht durch Scheitern an Details, sondern durch Erfolg im Großen zustande gekommen! Wenn wir nun über das Erreichte nicht glücklich sind, und erst recht nicht mit der sich abzeichnenden weiteren Entwicklung, dann gibt es nur eines: Aussteigen aus diesem Monopoly, seine Spielregeln untersuchen [43] und radikal ändern!

      Wer im Kino vor einem herannahenden Unheil die Augen verschließt, erspart sich die Gänsehaut; wer sie aber vor der drohenden Realität schließt, ist dümmer als eine Gans.


      Autorennotiz

      Volker Freystedt, Jahrgang 1950, Dipl.- Soz.Päd. (FH), tätig als Bezirkssozialarbeiter in München und im Vorstand des Equilibrismus e.V. (www.equilibrimsus.de).



      Anmerkungen

      [1] Eigentumsbildung in sozialer Verantwortung. Der Text der Denkschrift, erläutert von D. Dr. Eberhard Müller. Furche-Verlag, Hamburg 1962.
      [2] Der ehem. Präsident des Bundesarbeitsgerichts, Thomas Dieterich (Südd. Zeitung, 5.7.1999).
      [3] Wirtschaftswoche Nr. 6 vom 29.1.1998.
      [4] Südd. Zeitung vom 5.7.1999
      [5] Alle Zitate dieses Abschnitts aus dem Leserbrief „Rechtfertigungszwänge in der Neidgesellschaft“; Südd. Zeitung vom 30.6.1998.
      [6] Südd. Zeitung vom 15.4. 1998.
      [7] Autor von: Die Machtwirtschaft. dtv, München 1999.
      [8] Südd. Zeitung vom 9./10.4. 1998.
      [9] Zitiert aus: Hugo Müller-Vogg: Unsere Unsoziale Marktwirtschaft. Kölner Universitätsverlag 1998.
      [10] Die folgenden Zitate aus: Ludwig Erhard; A. Müller-Armack: Soziale Marktwirtschaft. Ullstein, Frankfurt 1972.
      [11] Zitiert aus: P. Mombert: Soziale und wirtschaftspolitische Anschauungen in Deutschland. Quelle & Meyer, Leipzig 1919.
      [12] Ebda.
      [13] Südd. Zeitung vom 5.7.1999.
      [14] Südd. Zeitung vom 26.6.2000.
      [15] Hervorhebung von mir.
      [16] Ludwig Erhard; A. Müller-Armack: Soziale Marktwirtschaft. Ullstein, Frankfurt 1972.
      [17] Karl Kraus: In dieser großen Zeit. Auswahl 1914 - 25. Langen-Müller, München 1977.
      [18] Der Spiegel 17/1998.
      [19] Die Zeit vom 16.4.1998.
      [20] Paul C. Martin: Wann kommt der Staatsbankrott. Langen-Müller/Herbig 1983.
      [21] Die folgenden Zitate aus: Carl Christian von Weizsäcker: Sozialstaat und soziales Kapital in Deutschland; Universitas, März 2000, S. 232ff.
      [22] Jürgen Borchert: Innenweltzerstörung. Fischer, Frankfurt 1989.
      [23] Philipp Reclam jun., Leipzig o. J.
      [24] Rede im Deutschen Reichstag am 9.1.1882; aus: Otto von Bismarck: Ges. Werke 12; Reden, Bd.3: 1878-85. Otto Stollberg, Berlin 1929.
      [25] Die folgenden Zitate aus: Friedhelm Hengsbach, Soziales Krisenmanagement; „neue praxis“ Mai 1994, Luchterhand, S. 375ff.
      [26] Oswald von Nell-Breuning: Kapitalismus – kritisch betrachtet. Herder, Freiburg 1986.
      [27] Hans Wijers, ehem. Wirtschaftsminister der Niederlande, im Vorwort zu Wetzker/Strüven/Bilmes: Gebt uns das Risiko zurück. Hanser, München und Wien 1998.
      [28] Elke Steinbacher: Wohlfahrtsverbände und bürgerschaftliches Engagement – eine Allianz für die Gesellschaft? In: „neue praxis“ 2/2000, Luchterhand.
      [29] DGB-Bundesvorstand, AWO-Bundesverband, Diakonisches Werk der EKD, DPWV-Gesamtverband, Zentraler Wohlfahrtsverband der Juden in Deutschland, sowie Verband der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderter und Rentner Deutschland, verabschiedeten am 8.5.1996 eine gemeinsame Sozialstaatscharta; veröffentlicht u.a. in „neue praxis“ Nr. 3/1996, Luchterhand.
      [30] „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“; hrsg. Vom Kirchenamt der Ev. Kirche in Deutschland, Hannover, und vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn; 1997.
      [31] Hrsg.: Kammer für soziale Ordnung der Ev. Kirche in Deutschland; Arbeitskreis Kirche und Raumordnung beim Kommissariat der kath. Deutschen Bischöfe; Gerd Mohn, Gütersloh 1973.
      [32] Eigentumsbildung in sozialer Verantwortung. Der Text der Denkschrift, erläutert von D. Dr. Eberhard Müller. Furche-Verlag, Hamburg 1962.
      [33] Aristoteles: Rhetorik, I, 9. 1366f.
      [34] Bernard Lietaer: Mythos Geld. Riemann, München 2000.
      [35] „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“; hrsg. vom Kirchenamt der Ev. Kirche in Deutschland, Hannover, und vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz; Bonn, 1997.
      [36] Die Zeit Nr. 21, 18.5.2000.
      [37] Dorothee Sölle: Ein Volk ohne Vision geht zugrunde. Peter Hammer, Wuppertal 1987.
      [38] Die Zeit Nr. 21, 18.5.2000.
      [39] „So wahr sie eine Lüge ist“, Südd. Zeitung vom 20.6.2000.
      [40] Die Zeit Nr. 21, 18.5.2000.
      [41] Zitiert nach Jürgen Borchert: Sozialstaat unter Druck; in Universitas 4/1996.
      [42] Bernard Lietaer: Das Geld der Zukunft. Riemann, München 1999.
      [43] Vorgemacht hat das in vorbildlicher Form Helmut Creutz: Das Geld-Syndrom. Hackbarth Verlag 2003.




      http://www.equilibrismus.de/de/themen/wirtschaftsordnung/vf-…
      Avatar
      schrieb am 24.09.03 15:22:04
      Beitrag Nr. 229 ()
      Erklärter Wille der G-7: Der US-Dollar soll abwerten – Über den Beginn eines ausweglosen Teufelskreises
      (24.09.2003)

      Die USA, repräsentiert von der Regierung Bush, wollen eine Abwertung ihrer Währung, und sie müssen es auch wollen. Eine weitreichende Abwertung erscheint der G-7 wenigstens nach außen hin als der einzige er- und damit auch verträgliche Weg, um das größte, immer drückender werdende Problem des Landes, nämlich sein beständig weiter wachsendes Leistungsbilanzdefizit, in den Griff zu bekommen.

      Die Absicht der Regierung Bush, die ihren Willen natürlich so klar nicht formuliert, ist am vergangenen Wochenende im Rahmen der Gruppe der sieben führenden Industrieländer (G-7) diskutiert und akzeptiert worden.

      Die Hoffnungen der USA gründen sich nun vor allem darauf, dass die asiatischen Länder, die ihre Währungen zuletzt mehr oder minder eng an den Dollar gekoppelt oder so massiv zu dessen Gunsten interveniert haben wie Japan, eine Aufwertung ihrer Valuten zulassen.

      Die G-7 hat in Dubai anlässlich der Tagung des Internationalen Währungsfonds erstmals seit September 2002 kein plattes Statement mehr vorgelegt, sondern eine flexiblere Entwicklung der Wechselkurse für wünschenswert erklärt. Im Klartext: Der Devisenmarkt soll sich die „richtigen“ Wechselkursverhältnisse ohne Interventionen selbst suchen.

      Was steht nun hinter der wundersamen Einigkeit innerhalb der G-7? Grundsätzlich kann man ohne Skrupel behaupten, dass das Gremium gewöhnlich reagiert und nicht aus Weitblick Zeichen setzt. Die augenblickliche Struktur der Wechselkurse muss also, von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, ziemlich prekär sein, wenn jetzt die Kräfte des Marktes als Heilmittel beschworen werden.

      Die Akteure am internationalen Devisenmarkt scheinen von dem Statement der G-7 so überrascht worden zu sein, dass sie sich erst einmal fassen und überlegen müssen, wie sie sich nun verhalten sollen. Dabei ist die Botschaft der G-7 so glasklar, dass im Grunde gar keine Überlegungen erforderlich sind, um zur Tat zu schreiten.

      Doch der Devisenmarkt traut dem Statement offenkundig nicht über den Weg. Er argwöhnt wohl berechtigterweise, dass die Notenbanken Gewehr bei Fuß stehen, um keine zu rasche und zu weite Abwertung des Greenback zuzulassen. Richtig betrachtet, wären die dabei gewiss zu erwartenden Interventionen nur eine modifizierte Politik kompetitiver Abwertungen.

      Auch den Amerikanern kann eine zu rasche und zu weite Abwertung des Greenback nicht genehm sein. Dann nämlich würde ausländisches Kapital den amerikanischen Wertpapiermärkten wegen drohender massiver Wechselkursverluste den Rücken kehren und damit den eigentlichen Kollaps des Dollar in Gang setzen.

      Die USA würden dann von der lebenserhaltenden Blutzufuhr nicht nur abgeschnitten, sondern sie müssten sogar Blut lassen. Das einzige Mittel, den Kollaps auch der Wirtschaft wegen Kapitalschwunds dort zu verhindern, wären höhere Zinsen, mit denen ausländische Blutspender für die Risiken, die sie mit ihrer Gabe eingehen, einigermaßen entschädigt werden. Doch höhere Zinsen wären in der gegenwärtigen Lage ein eigenständiger Anlass für einen Kollaps der fragilen amerikanischen Wirtschaft.

      Die USA und ihre Währung sind nun erkennbar in einen Teufelskreis geraten, aus dem es keinen schmerzlosen Ausstieg mehr gibt. Und wer glaubt, der Rest der Welt könne dieses erst in seinen Anfängen steckende Drama gelassen betrachten, irrt mit tausendprozentiger Sicherheit.

      Wir leben in interessanten Zeiten.



      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
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      Wussten Sie schon, dass ...?
      (24.09.2003)

      Hedge-Fonds sind derzeit mit einem Kapital von schätzungsweise 650 Milliarden US-Dollar ausgestattet.


      (Quelle: The Economist)

      http://www.taurosweb.de/index.php?id=02098
      Avatar
      schrieb am 24.09.03 15:27:53
      Beitrag Nr. 230 ()
      Roland Leuschel

      Der Schaum der Aktienbullen wird sauer!

      In meinem letzten Kommentar kündigte ich das bevorstehende Ende der dritten Rallye nach dem Crash vom März 2000 an, und wies darauf hin, dass es nach dem Börsencrash vom Oktober 1929 in der Periode von April 1930 bis Juli 1932 zu insgesamt 7 satten Erholungen kam, die eine Durchschnittsdauer von 40 Tagen und einen durchschnittlichen Anstieg von 24% verzeichneten. Dies hinderte jedoch den Dow Jones damals nicht daran, in diesem Zeitraum 86% an Wert zu verlieren.

      Die meisten Anleger interessiert das nicht und schon gar nicht die Bankanalysten. « Die Baisse an den Aktienmärkten ist vorüber, die aktuelle Rallye ist mehr als nur eine Zwischenerholung », so war der Aufmacher des Handelsblattes vom 9.9. dieses Jahres. Der Dax hatte gerade sein neues Jahreshoch von 3.670,30 erreicht und 15 Aktienexperten von Banken wurden vom Handelsblatt befragt und ihre Antwort war nahezu einhellig « bullish ». Ein paar Tage vorher hatte die FAZ in einem Leitartikel unter dem Titel « Die Gier ist wieder da » festgestellt, dass die Anleger die Konsequenzen aus dem letzten und grössten Börsencrash aller Zeiten einfach ignorieren. Aber in Amerika ist es genauso. In dem US-Magazin Barron’s, das auch die Bibel des Kapitalanlegers genannt wird, hieß es zur selben Zeit : « Die 10 von uns letzte Woche befragten Strategen sind sich praktisch einig. Alle erwarten in den nächsten Monaten weitere Kurssteigerungen von 5 bis 10%. »Besonders dramatisch sind die Zahlen zum Volumen der Wertpapierkredite (margin debt) in Amerika. Sie zeigen, dass der Schaum bei den Bullen so gross geworden ist, dass er ihnen die Sicht für die Realität versperrt. Die amerikanische Börsenaufsichtsbehörde NASD warnte vor den Konsequenzen der explosionsartig ansteigenden kreditfinanzierten Aktienkäufe, die in der Tat das Niveau vom Februar 2000 (über 25 Milliarden Dollar) erreichten. Ausserdem befragt Merrill Lynch regelmässig die Fondsmanager und ihr Anteil an Aktien in ihren Portefeuilles war noch nie so hoch wie jetzt (im Vergleich zu ihren Benchmarks natürlich). Der amerikanische Börsenbrief Crosscurrents kommt in seiner letzten Ausgabe vom September zu dem Schluss : « There can be no doubt that the greatest stock market mania of all time is still very much in progress. » Übrigens auch das Verhältnis der Verkäufer zu den Käufern bei Insidern erreicht nie geahnte Höhen, fünf mal so hoch wie das letzte Hoch im Juni 2002, als der Dow Jones bei 9.645 stand. Vier Monate später war er um über 25% gefallen…

      Was Sie als Anleger von den Prognosen der deutschen Bankenexperten zu halten haben, mögen Sie den Statistiken der vergangenen drei Jahre entnehmen, die sie im Jahrbuch Börse vom Börsenverlag nachlesen können : Die 34 zum jeweiligen Jahreswechsel befragten deutschen Banken gaben für Ende 2001 eine durchschnittliche Prognose für den Dax von 7.722,00 ab, tatsächlicher Stand 5.160,10. Für Ende 2002 prognostizierten dieselben Banken einen durchschnittlichen Stand von 5.827,65 - tatsächlicher Stand war 2.892,63. Diese Prognosen sind für den Anleger allemal lesenswert, denn er kann mit grosser Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Wirklichkeit anders sein wird und seine Anlagepolitik darauf einstellen.

      Fazit : Ich wiederhole meine Anlageempfehlung aus den letzten Monaten, kaufen Sie Gold und akkumulieren Sie Triple A Anleihen. Auch empfehle ich nach wir vor die 1%ige Goldanleihe von HSBC Trinkaus, die in 5 Jahren mindestens zu 100% in Euro zurückgezahlt wird. Der Anleger kann aber an einer eventuellen Goldpreishausse in Dollar ausgedrückt zu 45% partizipieren. Ausserdem kann ich Ihnen einen in Euro aufgelegten Rentenfonds empfehlen, der nur in Staatsanleihen der USA (Tips), Englands und Frankreichs investiert wird, deren Wert an den jeweiligen Lebenshaltungsindex gekoppelt ist, « Inflation @ Work », aufgelegt von einer kleinen Investmentbank Capital @ Work in Luxemburg. Bei einer Inflationsrate von 10% p.a. würde eine 10-jährige Staatsanleihe im Jahre 2013 zu 134,3% zurückgezahlt. Der Markt für inflationsgeschützte Anleihen ist seit 1997 stark angestiegen und umfasst schon heute mehr als 400 Milliarden Euro. Bei dem augenblicklichen rapiden Anwachsen der Staatsschulden auf der einen Seite und der Vollbeschäftigung der Geldpressen der Notenbanken auf der anderen Seite ist in den kommenden Jahren ein Anstieg der Inflationsraten zu erwarten. Solange bei den Notenbanken, unter Führung Alan Greenspans, eine Mentalität besteht, die es erlaubt, dass die US-Geldpolitik nicht mit festgelegten Regeln sondern aus dem Bauch ihres Präsidenten geleitet wird, solange streben wir mit grossen Schritten der Weltwirtschafts- und Währungskrise II entgegen. Wie hat ein ehemaliger US-Finanzminister zum damaligen deutschen Finanzminister gesagt : « Der Dollar ist unsere Währung und Euer Problem. » Daran hat sich bis heute nichts geändert.

      Roland Leuschel
      http://nachrichten.boerse.de/anzeige.php3?id=6d9e1494
      Avatar
      schrieb am 24.09.03 15:28:47
      Beitrag Nr. 231 ()
      OPEC beschließt Förderkürzung, Ölpreis steigt
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Die OPEC (Organisation Erdöl exportierender Staaten) hat überraschend einer Senkung der täglichen Fördermenge um 900,000 Barrel auf 24.5 Millionen Barrel (159 Liter) zugestimmt. Der kuwaitische Ölminister Scheich Ahmad al-Fahd al-Sabah hat bestätigt, dass die Förderkürzung ab dem 1. November in Kraft treten wird. Der Preis je Barrel Nordseeöl steigt zuletzt um 86 Cents auf $26.38.
      Avatar
      schrieb am 24.09.03 19:21:14
      Beitrag Nr. 232 ()
      Konjunktur

      Bayerns Wirtschaft schrumpft

      Während in sechs Bundesländern im ersten Halbjahr die Wirtschaft zulegen konnte, geht es in Bayern bergab.




      Bayerns Wirtschaft ist im ersten Halbjahr leicht geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt sei preisbereinigt um 0,1 Prozent gesunken, teilte das Statistische Landesamt am Mittwoch in München mit.

      Damit setzte sich die Abschwächung fort. Im Rekordjahr 2000 war die bayerische Wirtschaft noch um 5,1 Prozent gewachsen, im Jahr darauf um 0,9 Prozent und 2002 um 0,6 Prozent.

      Im ersten Halbjahr dieses Jahres lag Bayern genau im Bundestrend. In früheren Jahren stand der Freistaat meist in der Spitzengruppe. Sechs Bundesländer konnten im ersten Halbjahr im Gegensatz zu Bayern Wachstumsraten vorweisen. Am größten war der Zuwachs mit 1,4 Prozent in Sachsen.



      Verarbeitendes Gewerbe schwach
      Nominal wuchs die Wirtschaftsleistung in Bayern im Halbjahr um 0,7 Prozent. Damit blieb der Freistaat leicht hinter dem bundesweiten Wert von 0,8 Prozent zurück. Die Flaute war in fast allen Branchen zu spüren. „Ausschlaggebend für das bayerische Ergebnis war aber vor allem, dass sich die Bruttowertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe leicht, preisbereinigt um 0,3 Prozent, verringerte“, berichtete das Landesamt.

      Auch im Baugewerbe habe sich der rückläufige Trend weiter fortgesetzt. „Von Handel und Dienstleistungen gingen zudem nur recht geringe Wachstumsimpulse aus.“


      sueddeutsche.de/dpa)
      Avatar
      schrieb am 24.09.03 19:34:57
      Beitrag Nr. 233 ()
      USA: Wirtschaftliche Erholung ein Schwindel

      von Michael Vaupel

      Gestern hatte Bill Bonner im Investor`s Daily darüber geschrieben, dass die wirtschaftliche Erholung in den USA "ein Betrug" sei. Ich zitiere ihn: "Der Grund ist, dass Washington die Computer-Investitionen misst, indem berechnet wird, wie teuer es 1996 gewesen wäre, einen Computer mit dem heutigen Leistungsstandard zu kaufen. Von den 38,4 Mrd. Dollar Zuwachs bei Computer-Investitionen waren deshalb nur rund 6 Mrd. Dollar wirklich reale Ausgaben. Die anderen 32 Mrd. Dollar waren eine statistische Konstruktion – mit anderen Worten: Sie waren nicht real. Ohne diese Trickserei hätte das Wachstum des BIP (Bruttoinlandsprodukt) nicht bei 3,1 %, sondern bei knapp 1,7 % gelegen – und der größte Teil dieses Zuwachses war den Verteidigungsausgaben zu verdanken."

      Etwas schwierig zu verstehen – aber genau deshalb lesen Sie darüber auch nichts in der breiten Finanzpresse. Die offiziellen Zahlen zum amerikanischen Bruttoinlandsprodukt sind also mit Vorsicht zu genießen. Ich habe das zum Anlass genommen, generell über die Aussagekraft des Bruttoinlandsproduktes nachzudenken – da kommt der Volkswirt in mir durch. In der Öffentlichkeit und auch in der Finanzpresse wird darüber überhaupt nicht reflektiert: Das BIP wird als Maßstab für die wirtschaftliche Stärke eines Landes gesehen. Je höher, desto besser. Doch wie aussagekräftig ist dieser Indikator überhaupt? Ich habe dazu ein paar meiner Meinung nach aufschlussreiche Fakten zusammengetragen:

      Offiziell haben die USA ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von rund 11 Billiarden Dollar, während das BIP von China rund 1,1 Billionen Dollar beträgt, und das von Indien rund 500 Mrd. Dollar. Das BIP der Welt liegt bei rund 32 Billionen Dollar. Die entwickelten Volkswirtschaften haben ein BIP von insgesamt 25 Billionen Dollar, und die Emerging Markets in Asien (inklusive China und Indien, aber ohne Hong King, Japan, Singapur, Südkorea und Taiwan – Länder, die mittlerweile zu entwickelten Volkswirtschaften geworden sind) haben ein BIP von 2,2 Billionen Dollar. Wenn man sich allerdings die Zahlen der wirklichen Produktion ansieht, dann wird es offensichtlich, dass die US-Wirtschaft keineswegs 10 Mal so groß ist wie die von China, oder 20 Mal so groß wie die von Indien. Und auch die Produktion der G7 Länder ist nicht 10 Mal so groß wie die der asiatischen Emerging Markets.

      Laut "The Economist" ist China der weltgrößte Produzent von Fleisch, Früchten, Gemüse, Reis, Zink, Baumwolle. Es ist weltweit der zweitgrößte Produzent von Getreide, Tee, Schafwolle, Ölsamen, Kohle. Es ist der drittgrößte Produzent von Aluminium und Energie, und zwischen Platz vier und sechs bei der Produktion von Zucker, Kupfer, Edelmetallen und Gummi. Indien gehört zu den Top 3- Produzenten von Früchten, Gemüse, Getreide, Reis, Zucker, Tee und Baumwolle. Indonesien gehört zu den Top 4-Produzenten von Reis, Kaffee, Kupfer und Gummi; während Thailand der weltgrößte Gummi-Produzent ist. Und Vietnam ist der zweitgrößte Kaffee-Produzent der Welt.

      "Was soll`s?" mögen sich einige Leser fragen, denn das sind doch nur Rohstoffe ... und die sind "irrelevant" in post-industriellen Gesellschaften!

      Allerdings sollte man bedenken, dass China schon jetzt der weltweit größte Produzent von Textilien, Schuhen, Stahl, Kühlschränken, TV-Geräten, Radios, Spielzeug, Bürozubehör und Motorrädern ist, um nur ein paar Produkte zu nennen. Und wenn man dann die industrielle Produktion von Japan, Taiwan, Südkorea und Indien hinzufügt, dann erhält man ein ganz anderes Bild von der Größe der asiatischen Volkswirtschaften, als es die Statistik des Bruttoinlandsproduktes liefert.

      Warum? Die Zahlen zum nominalen Bruttoinlandsprodukt berücksichtigen nicht die unterschiedlichen Preisniveaus in unterschiedlichen Ländern.

      Es gibt einige Statistiker, die das Bruttoinlandsprodukt auf Basis des Gleichgewichts der Kaufkraft berechnen. Natürlich sollte man skeptisch gegenüber solchen Berechnungen sein (traue nie einer Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast! Winston Churchill), das Ergebnis ist bei allen Vorbehalten jedoch interessant: Asien – inklusive China, Japan, Indien, Südkorea, Indonesien, Taiwan, Thailand, den Philippinen, Pakistan, Bangladesh, Malaysia, Hong Kong und Vietnam – hat nach diesen Berechnungen ein BIP von 14 Billionen Dollar, was 50 % über dem angepassten US-BIP von 9,6 Billionen Dollar liegt.

      Wenn man nur die industrielle Produktion berücksichtigen würde, dann wäre schon die Produktion von Japan und China größer als die der USA – ganz zu schweigen von Südkorea, Taiwan und Indien.

      "Was soll`s?" werden einige wieder fragen. "Die USA haben einen boomenden Dienstleistungssektor, der sehr viel wichtiger ist als das produzierende Gewerbe." Aber diese Frager sollten bedenken, dass die Wertschöpfung des Dienstleistungssektors in Asien oft niemals offiziell ihren Weg in die Statistik findet. Mein Kollege Marc Faber, der gerade in Nepal war, hat berichtet, dass dort in einem abgelegenen Bergdorf mit ungefähr 25 Häusern alle Transaktionen ohne Bargeld abgewickelt werden. Demnach hat dieses Dorf überhaupt keinen Einfluss auf das Bruttoinlandsprodukt von Nepal. Obwohl das Land dort Individuen gehört, ernten in diesem Dorf die Bauern ihre kleinen Reisfelder gemeinsam. Wenn ein neues Haus gebaut wird, hilft jeder beim Bau. Oder wenn ein Haus den Besitzer wechselt – was nur dann passiert, wenn Leute heiraten oder sterben – dann braucht man keinen Makler, Notar oder sonstige Dienstleistungen. In einer entwickelten Volkswirtschaft würden alle diese Transaktionen den Wert des Bruttoinlandsproduktes erhöhen. Wenn Sie mehr über Nepal lesen wollen – heute schreibt Marc Faber über dieses interessante Land (siehe Artikel ganz unten).

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      OPEC kürzt Fördermenge

      von Michael Vaupel

      Heute Nachmittag kam eine überraschende Meldung über den Ticker: Die OPEC hat beschlossen, ab dem 1. November täglich 900.000 Barrel weniger Öl zu fördern. Das ist eine ganze Menge, da die tägliche Produktion bei rund 25,4 Millionen Barrel liegt (ohne Irak) – mithin eine Kürzung um gut 3,5 %. Weniger Angebot bei gleicher Nachfrage führt zu – ganz klar – steigenden Preisen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass der Ölpreis umgehend reagierte und nach oben schoss.

      Meine Einschätzung: In den letzten Wochen war der Ölpreis von rund 30 Dollar auf rund 25 Dollar zurückgekommen. Ich hätte noch ein bisschen abgewartet, um bei einem weiteren Rückgang mit einem Call-Optionsschein auf den Ölpreis einzusteigen. Denn gerade im Irak läuft die Produktion nur sehr schlecht an – und ich bin davon überzeugt, dass sich die Probleme dort nicht schnell lösen lassen. Deshalb bin ich für den Ölpreis ein Bulle – aber vielleicht hat er schon jetzt wieder nachhaltig nach oben gedreht. Abwarten. Kurse im Bereich 23,50/24,00 Dollar pro Barrel wären jedenfalls Kaufkurse
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      Wann endet "für immer"?

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Wann endet "für immer", liebe(r) Leser(in)?

      Gestern sagte ich "der Dollar wird fallen" ... und er fiel.

      "Yen steigt nach G7", so beschrieb Reuters dieses Ereignis. Ein "Erwachen Asiens" war die Phrase, die die Financial Times nutzte.

      Und sogar hier in Europa scheinen die Leute ihre Augen zu reiben und den Sommerschlaf zu vertreiben. Auch der Euro stieg, damit ist die jüngste Erholung des Dollar beendet.

      Was wird als Nächstes passieren?

      "Eine ordentliche Abwertung für den Dollar", ist das, was die Welt erhofft. Ein niedrigerer Dollar würde die amerikanische Schuldenlast erleichtern ... er würde das US-Handelsbilanzdefizit verringern ... er würde den amerikanischen Produzenten im globalen Handel einen kleinen Schub geben. Aber das Hoffen allein führt noch nicht dazu, dass es auch so kommen wird.

      "Die Geschichte sagt uns, dass der US-Dollar seinen Abwärtstrend gerade erst begonnen hat", erklärt Stephen Roach. "Auf handelsgewichteter Basis ist der Dollar (real) seit seinen Höchstständen zu Anfang 2001 um rund 8 % gefallen. Bei einer vollständigen Bereinigung des US-Handelsbilanzdefizits kann man einen Rückgang erwarten, der dreimal so groß ist – nicht so unterschiedlich von der 30 %igen Abwertung des Dollar, die in den späten 1980ern eintrat, als das Ungleichgewicht in der Handelsbilanz deutlich geringer war. Am Ende hat die Welt keine andere Wahl, als einen schwächeren Dollar zu akzeptieren."

      Mir fällt auf, dass der letzte ernste Rückgang des Dollarkurses in eine Zeit fiel, in der Alan Greenspan noch nicht Fed-Vorsitzender war und die USA noch ein Netto-Gläubiger waren. Bis in die Mitte der 1980er wurde den USA mehr geschuldet, als die USA dem Rest der Welt schuldeten. Heute sind die Amerikaner gegenüber dem Rest der Welt mit rund 3 Billionen Dollar verschuldet, und jeden Tag wächst diese Last um 1,7 Mrd. Dollar.

      Aber was dachten sich die Investoren? Dachten Sie, dass das Finanzsystem der Welt für immer aus dem Ruder laufen könnte? Die asiatische Handelsbilanz mit den USA läuft immer mehr aus dem Ruder ... zum Beispiel wachsen die chinesischen Exporte um fast 40 % pro Jahr. In Asien türmen sich die Dollarreserven. Bereits jetzt werden sie auf 1 Billion geschätzt, und sie steigen um 20 % pro Jahr.

      Währenddessen hat in den USA die verführerische Stimme der Schulden Millionen Amerikaner dazu geführt, sich selbst zu ruinieren. Seit 1975 ist z.B. die Zahl der persönlichen Pleiten um 400 % gestiegen.

      Aber dieses System war doch auf die Ewigkeit angelegt, oder nicht? Das System des Dollarstandards – das den Amerikanern erlaubte, Geld auszugeben, das sie nicht hatten – funktionierte so gut; die Leute sahen keinen Grund, warum es jemals enden sollte. Warum sonst verschuldeten sich die Konsumenten immer weiter ... obwohl sogar die Arbeitslosigkeit stieg? Warum sonst liehen sie der US-Regierung für 10 Jahre und länger Geld, für inflationsbereingt fast gar keine Zinsen? Sie mussten alle denken, dass nichts schief laufen konnte. Oder warum kauften sie Aktien mit einem KGV von 50 – doch wohl nur in der Annahme, dass Aktien immer steigen?

      "Der Weg, auf den uns die Fed und die Zentralbanken der Welt geführt haben, ist der Weg in den Bankrott, und ich meine damit besonders den Bankrott der Währung", schrieb Richard Russell am Montag. "Man kann nicht ein Haushaltsdefizit von einer halben Billion (!) Dollar und ein Handelsbilanzdefizit von einer halben Billion (!) Dollar und gleichzeitig eine stabile Währung haben. Das ist nicht möglich. Der Weg, auf dem wir gehen, hat den Dollar auf den Weg einer stetigen Ermattung oder eines sofortigen Kollaps gebracht."

      Die Dinge laufen von Zeit zu Zeit aus dem Ruder. Oft laufen sie so lange aus dem Ruder, dass die Leute denken, dieser Trend sei ewig. Aber die Dinge laufen niemals für ewig aus dem Ruder.

      Denn andernfalls wäre "aus dem Ruder gelaufen" normal, und normal wäre "aus dem Ruder gelaufen". Irgendwann – auf die eine oder die andere Weise – werden die Dinge wieder "normal".

      Wir mögen zwar noch nicht zum Ende der Welt gekommen sein, liebe(r) Leser(in), aber zumindest scheinen wir dem "Ende des für immer" nahe zu kommen.

      Jetzt zu Eric, nach New York:

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      G7-Treffen – noch ein Rückblick

      von unserem Korrespondenten Eric Fry an der Wall Street

      Das G7-Treffen in Dubai wurde mit einem Communiqué verabschiedet, in dem "Flexibilität" bei den Wechselkursen gefordert wurde. Für den normalen Beobachter von globalen monetären Dingen hört sich "Flexibilität" wie ein harmloser Begriff an. Aber für die Wissenden – und die weltweiten Devisenhändler – bedeutet "Flexibilität" einen frei floatenden chinesischen Yuan und einen nicht-manipulierten japanischen Yen – und beides bedeutet einen niedrigeren US-Dollar.

      "Wir betonen", so das G7-Communiqué, "dass mehr Flexibilität bei den Wechselkursen für die größeren Länder oder Wirtschaftsräume erstrebenswert ist, um weiche ( ...) Anpassungen des internationalen Finanzsystems zu unterstützen, basierend auf dem Marktmechanismus."

      Leider hat diese Ankündigung nicht zu "weichen Anpassungen" geführt. Am Montag flohen die Dollar-Besitzer aus ihren Dollar-Anlagen. Der Greenback fiel gegenüber dem Yen um 1,6 % und gegenüber dem Euro um rund 1 %.

      Allerdings war der Selloff beim Dollar kein kompletter Schock. Keine erhobenen Finger von Offiziellen werden das Schicksal des Dollars ändern können. Am Mittwoch ist der Dollar noch eine genauso gefährliche Währung wie am Montag.

      Ironischerweise ist der Verfall des Dollar derselben Nation zu verdanken, die ihn druckt. Und diese Ironie verstehen die größten Dollar-Besitzer der Welt. Viele asiatische Zentralbanken suchen schon nach Wegen, ihre Dollar-Bestände zu verkleinern.

      "Die Chinesen kaufen unsere Staatsanleihen nicht, weil sie ihnen als großartiges Investment erscheinen", so Stephanie Pomboy von MacroMavens, "sondern (eher) weil sie die feste Bindung des Yuan an den Dollar mechanisch unterstützen müssen ... angesichts der Kosten zur Aufrechterhaltung dieser festen Bindung ist es kein Wunder, warum es in Asien eine klare Bewegung dafür gibt, sich von der Dollarabhängigkeit zu lösen. Ein Treffen von Zentralbankvorsitzenden aus Ostasien und dem Pazifik hat einen asiatischen Anleihenfonds gegründet, um die Dollarreserven der asiatischen Zentralbanken in Dollar-notierte asiatische Schuldpapiere zu wechseln ..."

      "Chinas Vorschlag, dass es über fixe Wechselkurse zwischen einem ganzen Korb von Währungen nachdenkt, ist nur ein weiteres Teil in einem großen Puzzle ... ein Puzzle, das schließlich dazu führen wird, dass sich Asien vom Dollar lösen wird. Natürlich wird das nicht über Nacht geschehen. Aber da Asien zusammenkommt, um die Spekulationsblase aufzulösen, die ihnen die Amerikaner übergestülpt haben, wird die Sonne für die Dollar-Hegemonie untergehen ..."

      So ein Sonnenuntergang wäre besonders für die Amerikaner ungemütlich. Eine fortgesetzte Dollarschwäche könnte einen desaströsen Einfluss auf die internationalen Kapitalströme haben. Derzeit leihen sich die USA von Ausländern jedes Jahr Hunderte von Milliarden Dollar – und sie türmen jedes Jahr ein Handelsbilanzdefizit von einer halben Billion Dollar auf, ohne sich jemals darüber Sorgen zu machen, wann, wenn überhaupt, der Rest der Welt keine Lust mehr haben wird, unseren XXL-Kapitalbedarf zu finanzieren. Aber dieser Tag wird kommen, auch wenn er – wie ein italienischer Zug – nicht genau dann eintrifft, wenn man ihn erwartet.

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      Nepal

      von Marc Faber

      Ich war gerade eine Woche in Nepal, und befolge damit einen Vorsatz, den ich mir letztes Jahr Weihnachten vorgenommen habe: Jedes Jahr einen neuen Ort zu besuchen. Nepal ist eines der schönsten Länder der Welt – und gleichzeitig eines der ärmsten.

      Komplett von Land umgeben, ist Nepal zwischen Indien im Süden und Tibet (jetzt China) im Norden eingeschlossen. Das Bruttoinlandsprodukt liegt in Nepal bei nur 240 Dollar pro Jahr und Kopf – das ist der drittniedrigste Wert in Asien. Die Lebenserwartung liegt bei 60 Jahren (Botswana hat eine Lebenserwartung von nur 36 Jahren, in Japan liegt sie bei 81,5 Jahren), und die Analphabetenquote bei 58 %.

      Nepals Hauptstadt Kathmandu hat einige ungewöhnliche und beeindruckende kulturelle Plätze, die auf Reichtum in der Vergangenheit hinweisen. Kathmandu hat auch Charme und eine angenehme Atmosphäre. Das rapide Bevölkerungswachstum in den letzten 100 Jahren ist eine Bürde geworden, denn immer mehr Menschen müssen durch die selbe Ackerfläche ernährt werden, was das Land angesichts der Abwesenheit von Industrie und Handel einfach hat verarmen lassen. Hinzu kommt, dass Nepal zwar sicherlich arm ist, aber die nepalesische Bevölkerung von 22 Millionen geht davon aus, dass sie die Welt mit einigen der härtesten und mutigsten Kämpfer versorgt hat. Das waren die Gurkha-Bataillone der britischen und indischen Armeen, die heute im Mittleren Osten eingesetzt werden (es ist erwähnenswert, dass Nepal niemals von seinen mächtigen Nachbarn kolonisiert oder erobert worden ist).

      Nachdem ich ein paar Tage in Kathmandu verbracht hatte, flog ich nach Pokhara, das zwischen den Bergketten von Annapurna und Dhaulagiri liegt – in klarem Wetter sind das sensationelle Ausblicke. Leider konnte ich diesen Ausblick nur von Postkarten und Fotos genießen, denn e regnete tagelang. Der kontinuierliche Regen bot mir immerhin die Gelegenheit, etwas über Nepal und seine Geschichte zu lesen, und ich hatte auch Gelegenheit, über die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte nachzudenken.

      Meine Schlussfolgerung? Das langfristige wirtschaftliche Potenzial Asiens könnte auch intakt bleiben, selbst wenn die westlichen Volkswirtschaften wieder schwächeln. Eine Abkoppelung der asiatischen Aktienmärkte von den US-Börsen ist eine entfernte Möglichkeit.

      Auf dem Flughafen von Kathmandu drehte ich fast durch, denn die Sicherheitskontrollen dauerten ungefähr eine Stunde. Ich verfluchte Länder wie Nepal, die nicht sicherstellen, dass das Zollpersonal ausländische Besucher effizient und schnell abfertigt. Immerhin sind die ausländischen Touristen die wichtigste Einnahmequelle Nepals, und die sollten doch das Land in guter Erinnerung behalten.

      Aber dann erinnerte ich mich daran, dass ich Ende Juli in Chicago angekommen war und dort 2 1/2 Stunden in einer völlig überfüllten und chaotischen Wartehalle warten musste, bis der Sicherheitscheck erledigt war. Als ich mich bei einem Zollbeamten darüber beschwerte, wurde mir gesagt, dass die Zollbehörde unterbesetzt sei, weil der Bundesstatt Illinois Arbeitsplätze gekürzt hat und die anwesenden Zollbeamten schon Überstunden schieben würden. Aber keine Sorge – wie bei anderen Unternehmen werden diese Kürzungen zu höherer Produktivität führen und damit letztlich den Aktienmarkt beflügeln.

      Aber was ist mit der Produktivität des Konsumenten, der zwei Stunden lang in der Warteschlange stehen muss? Seine Produktivität wird – natürlich – angenehmerweise gar nicht gemessen.

      http://www.investor-verlag.de/
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      schrieb am 24.09.03 19:38:56
      Beitrag Nr. 234 ()
      Klappe zu, Dollar tot

      ++ Angst vor Wechselkursverlusten ++
      Von Dirk Harbecke
      Die Spekulanten triumphieren wieder einmal. Weniger spektakulär als seinerzeit George Soros, der 1992 das britische Pfund aus dem europäischen Wechselkursmechanismus trieb und die Bank of England besiegte, aber dafür durch große Hartnäckigkeit. Die japanische Notenbank hat es seit dem Wochenende aufgegeben, den Dollar durch Käufe an den Devisenmärkten über 115 Yen zu halten. Damit ist der Versuch gescheitert, den Greenback durch permanente Interventionen in einer Spanne zwischen 115 und 125 Yen zu stabilisieren. Das neue Währungsband liegt nach Einschätzung der Devisenhändler bei 105 bis 115 Yen. Am Montag fiel der Dollar gegenüber der japanischen Devise innerhalb von Minuten von 116 auf gut 111 Yen – und sorgte für gute Profite bei allen, die gegen den Einfluss der Tokioter Notenbanker spekulierten.

      Was auf der Sitzung der G 7-Notenbanken und des Internationalen Währungsfonds (IWF) am vergangenen Wochenende verkündet wurde, klingt auf den ersten Blick harmlos: Man wünsche sich zukünftig „mehr Flexibilität bei den Wechselkursen“, die „die ökonomischen Fundamentaldaten widerspiegeln sollten“, hieß es in einem Abschluss-Kommunique, auf das sich die Teilnehmer vermutlich nur schwer einigen konnten. Im Klartext heißt dass: Bereitschaft zu größeren Schwankungen am Devisenmarkt und weniger Interventionen der Notenbanken. Die Reaktionen der Märkte sind eindeutig: Die exportabhängigen Börsen in Tokio und Frankfurt verloren deutlich an Boden, Yen und Euro werteten auf. Gleichzeitig wurden US-Bonds verkauft, weil vor allem die Großanleger aus Fernost Wechselkurs-Verluste durch einen abstürzenden Dollar fürchten.

      ++ Gold gewinnt an Glanz ++

      Die Interessenunterschiede innerhalb der G 7 dürften sich in den kommenden Monaten weiter verschärfen. Während sich die Amerikaner nun offenbar auch offiziell von der „Politik des starken Dollar“ verabschiedet haben und hoffen, ihre Handelsbilanzdefizite durch weitere Abwertungen zu bereinigen, wehren sich vor allem die Asiaten gegen jegliche Aufwertung: Japan hat die begründete Angst, die zögerlich wieder aufblühende Wirtschaft könnte von einem starken Yen beerdigt werden. Die Chinesen sehen ihrerseits keinen Grund, die feste Bindung ihres Yuan an den Dollar aufzugeben. Solange diese Bindung bestehen bleibt, profitieren die chinesischen Exporteure nämlich auch von jeder Abwertung des Dollar gegenüber den anderen Leitwährungen Yen und Euro: Sie können ihre Produkte in Japan und Europa noch billiger anbieten, Marktanteile hinzugewinnen und gleichzeitig hohe Profite erwirtschaften. Es kristallisiert sich heraus, dass neben den USA zukünftig auch Europa und Japan auf einen stärkeren Yuan drängen müssen. Vor diesem Hintergrund muss auch die Warnung des scheidenden EZB-Chefs Wim Duisenberg gesehen werden, dass die EZB einen Anstieg des Euro nur begrenzt dulden wird.

      Die Konsequenzen der Richtungsänderungen des vergangenen Wochenendes könnten weitreichend sein. Die Verunsicherung an den Börsen wird zunehmen, weil der Dollar deutlich abwertet. Der amerikanische Anleihenmarkt muss neben ständig neuen Belastungen durch die Rekord-Haushaltsdefizite auch noch die Währungsverluste für ausländische Anleger ausgleichen, ein aus meiner Sicht unmögliches Unterfangen. Profiteure sind Yen und Euro – was die EZB über kurz oder lang zu weiteren Zinssenkungen bewegen wird, um den Kapitalfluss in den Euro zu mindern – und vor allem Gold. Ich kann meine Empfehlung der vergangenen Wochen nur wiederholen: Schauen Sie sich Gold und Goldminen-Aktien an. Gold ist die weltweit einzige „Währung“, die unbeschränkt aufwerten und gleichzeitig nur begrenzt produziert werden kann – und nicht aus nationalen Handelsinteressen von Notenbanken schwach gehalten wird.


      Dirk Harbecke ist Börsenexperte und Finanzkolumnist.

      http://www.instock.de/Nachrichten/10134382/pos/2
      Avatar
      schrieb am 24.09.03 22:39:35
      Beitrag Nr. 235 ()
      Ein Ölminister ohne Quellen

      Bei der Opec-Konferenz sitzt wieder ein Iraki mit am Tisch - aber das Rohstoffgeschäft in Bagdad kontrollieren die USA


      Von Karl Grobe



      Abdullah bin Hamad al-Attiyah, der Energieminister von Katar wollte gern mit seinem Kollegen aus Irak zusammensitzen, und zwar in der Organisation der Erdöl exportierenden Länder (Opec). Schließlich ist der Irak ist ein Gründungsmitglied der Opec, sein Erdölminister ist Ibrahim Bahar al-Ullum. Ihn hatte Opec-Präsident al-Attiyah eingeladen. Aber Bagdads Teilnahme an der Konferenz, die am Mittwoch in Wien begann, war umstritten bis zum Schluß. Venezuela hatte zunächst Bedenken angemeldet: Nur souveräne Staaten hätten Anspruch auf einen Platz am U-förmigen Verhandlungstisch. Aber der Irak ist besetzt, und die Vereinten Nationen (UN) haben im Mai mit der Sicherheitsrats-Resolution 1483 den Fonds, der Iraks Erdöl von der Quelle bis zum Exporthafen regiert, an die Besatzungsmacht übergeben. Deshalb hat der Chef der von den USA eingesetzten Beraterkommission für die irakische Ölwirtschaft mehr zu sagen. Der heißt Phillip J. Carroll, ist Amerikaner und kommt aus dem Hause Royal Dutch Shell.

      Präsident George W. Bush sorgte mit der Executive Order 13303 am 28. Mai dafür, dass "alles irakisches Erdöl, alle irakischen Erdölprodukte und damit verbundenen Interessen, Vorgänge, Verpflichtungen und finanziellen Instrumente, die mit dem Verkauf oder der Vermarktung verbunden sind", juristisch unanfechtbar dem nationalen Sicherheitsinteresse der USA unterstehen. Wer über Iraks Öl gebietet, ist demnach klar- Erdölminister al-Ullum ist es nicht.

      Der Rohstoff ist aus drei Gründen begehrt: Er hat hervorragende Qualität, er ist billig zu fördern, und es gibt sehr viel davon. Das irakische Öl ist schwefelarm und deshalb leicht zu verarbeiten. Die Vorräte im Boden - nachgewiesen sind 112,5 Milliarden Barrel - werden nur von Saudi-Arabien übertroffen, aber das könnte sich bei weiterer Exploration ändern. In der westlichen Wüstenregion Iraks vermutet man Lagerstätten in saudischer Größenordnung. Seit Saddam Hussein 1980 begonnen hat, Krieg zu führen, ist dort nicht genau nachgeforscht worden. Die irakischen Förderkosten liegen laut Oil and Gas Journal unter 1,50 Dollar pro Barrel; in Russland oder Mexiko muss man bis zu acht, in der Nordsee zwölf bis 16 Dollar aufwenden. Selbst in der Golf-Region hat Irak hervorragende Wettbewerbsperspektiven.

      Allerdings müssen sowohl Fördertechnik als auch Transport-Infrastruktur runderneuert werden. In Saddam Husseins Kriegsjahren wurde nur das Notwendigste getan, und das UN-Embargo nach dem Kuwait-Krieg von 1991 erschwerte die Reparaturarbeiten, weil wichtige Ersatzteile nicht eingeführt werden durften. Im vergangenen Monat brachte Irak rund 1,5 Millionen Barrel täglich (b/d) auf den Weltmarkt, vor dem Krieg höchstens drei, und erst in einigen Jahren kann der Export die saudische Größenordnung von sieben b/d erreichen. Strategisch bedeutend ist Iraks Erdöl aber schon jetzt.

      Aus der Golf-Region werden derzeit etwa 22,7 Millionen Barrel täglich exportiert, davon 2,3 Millionen b/d an die USA, die allein rund 40 Prozent der Welt-Ölproduktion verbrauchen. Saudi-Arabien ist mit 1,6 Millionen b/d ihr wichtigster einzelner Lieferant. Wesentlich mehr als vom Golf, nämlich 4,7 Millionen b/d, beziehen sie insgesamt aus Mexiko, Venezuela, Kolumbien, Nigeria und Kanada. Der gegenwärtige US-Verbrauch von etwa 20 Millionen b/d wird sich bis 2020 auf rund 27 Millionen b/d erhöhen, wie die Washingtoner Energy Information Agency (EIA) schätzt. Bisher decken die USA fast die Hälfte ihres Bedarfs, etwa 44 Prozent, aus eigenen Quellen. Doch in einigen Jahren wird es nur noch gut ein Drittel sein (35 Prozent): erschöpft sind dann die bisher bekannten Vorräte, zu teuer die Förderung. Wahrscheinlich werden die USA aus der Golfregion dann 4,2 Millionen b/d importieren - dreieinhalbmal so viel wie jetzt -, die Golfregion mit Irak wird für sie dann um so wichtiger.

      Eine politische Krise in Saudi-Arabien kann zur Verringerung der dortigen Produktion führen oder gar eine Regierung an die Macht bringen, deren Ölpreispolitik nicht mehr "im Interesse der Weltwirtschaft" liegt. Dann wird Irak um so wichtiger für die USA.

      Doch die USA sind nicht die einzigen Konkurrenten um biliges Erdöl: Der gesamte Weltverbrauch wird sich bis 2020 von jetzt rund 50 auf 112 Millionen b/d mehr als verdoppeln.

      Vor allem die dynamischen Volkswirtschaften Ost- und Südasiens werden ihre Öl-Nachfrage um jährlich etwa 3,7 Prozent steigern. China allein wird im 15 Jahren 7,2 bis 7,5 Millionen b/d einführen müssen. Schon seit 1993 ist China Netto-Importeur und war 2002 schon der drittgrößte Käufer auf dem Weltmarkt, nach den USA und Japan, das in hohem Maße von der Golfregion abhängt. Das hohe Interesse Pekings und Tokios an einer Zusammenarbeit mit den sibirischen Förderern wie Jukos und mit zentralasiatischen Staaten geht nicht nur auf starken Petroleumdurst zurück, sondern spiegelt auch den Wunsch wider, sich nicht in zu große Abhängigkeit vom Nahen Osten und damit der US-Protektoratssphäre zu begeben.

      Den weltweiten Bedarf wird aber vor allem die Golfregion decken. Ihr gesamter Export wird bis 2015 von 14,8 Millionen auf wenigstens 33,5 Millionen b/d ansteigen. Die Kontrolle darüber - und über die Preise - bedeutet Macht über die Weltwirtschaft. Die künftige Schlüsselposition der Gesellschaften, die über Iraks Erdöl und seine Wege auf den Weltmarkt verfügen werden, ist deutlich erkennbar.

      Die Pipeline von den nordirakischen Ölfeldern zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan ist zur Zeit die wichtigste Exportverbindung Iraks. Eine weitere verläuft durch Syrien und Libanon nach Saida. Inzwischen denken israelische Regierungsmitglieder laut darüber nach, die seit fünfzig Jahren stillliegende Leitung von Kirkuk durch Jordanien nach Haifa wieder in Betrieb zu nehmen, wie der arabische Fernsehsender Al Dschasira kürzlich berichtete. Israels Finanzminister Benjamin Netanyahu meinte diesem Bericht zufolge, es werde nicht mehr lange dauern, bis irakisches Öl nach Haifa fließt. Die Voraussetzung ist politisch: Eine "pro-arabische" Regierung in Bagdad könnte sich zu einer Entscheidung, von der Israel wirtschaftlich profitiert, wohl kaum entschließen.



      International: Bush und Schröder legen Streit bei


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      schrieb am 24.09.03 22:44:41
      Beitrag Nr. 236 ()
      Wenn Bundestagsabgeordnete eine Flasche gepanschtes Öl bekommen

      Der Fall Lidl und die Folgen: Verbraucherschützer halten die Gesetzesnovelle gegen unlauteren Wettbewerb für zu lax


      Von Thomas Wüpper




      Billiganbieter (ap)


      Unlauterer Wettbewerb darf sich nicht lohnen. Das fordern Verbraucherschützer, die Bundestagsabgeordneten deshalb heute eine Flasche gepanschtes Olivenöl übergeben. Ihre Botschaft: Werden die Gesetze nicht strenger gefasst, wird sich Tricksen und Täuschen an den Ladentheken weiter auszahlen - auf Kosten des Verbrauchers.

      Die Aktion ist geschickt vorbereitet. Pünktlich vor der ersten Lesung zur Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verteilt der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) derzeit eine ungewöhnliche "Hausmarke" ans interessierte Publikum. "Natives Olivenöl extra, gepanscht - Mischerzeugnis aus pflanzlichen Ölen und Mineralauszügen" steht auf dem Etikett der grünen Flasche. Und darunter süffisant: "Hergestellt für: Ihr Billigdiscounter". Daneben prangt unübersehbar die Qualitätsnote "gut" der Stiftung Warentest.

      Patrick von Braunmühl hofft, dass die Ölflasche mit dem suspekten Inhalt möglichst viele Politiker wachrüttelt. Denn dahinter steht ein konkreter Fall, der für den VZBV-Experten zeigt, "wie leicht mit Etikettenschwindel viel Geld verdient werden kann".

      Es geht dabei um die Billigkette Lidl, die vorigen Herbst zunächst allen Grund zum Jubeln hatte. Denn im Kampf gegen Konkurrent Aldi hatte die Nummer zwei endlich einmal klar die Nase vorn. Die Stiftung Warentest hatte das Olivenöl in den Lidl-Regalen bei einer Qualitätsprüfung zum Preisleistungssieger erklärt - und zudem das Aldi-Öl, das beim Test zuvor die Bestnoten bekommen hatte und ein Umsatzrenner des Discounters war, auf ein sehr dürftiges "ausreichend" abgewertet.

      Der Test führte zu massiven Reaktionen. In Massen griffen Käufer fortan zum Lidl-Öl, der Konzern warb kräftig mit der guten Testnote. Doch die Freude von Lidl währte nicht allzu lange. Nach Beschwerden führte die Stiftung Warentest Nachtests durch, bei denen herauskam, dass die Qualität der nächsten Ölchargen lausig war. Einige Monate später korrigierten die Tester ihr Urteil ebenfalls auf "ausreichend". Lidl durfte die auf dem Etikett mit "gut" beworbenen Flaschen aber noch verkaufen - und verzichtet seither auf den Abdruck der Qualitätsnote.

      Den Reibach allerdings hat Lidl gemacht, zumal viele Verbraucher von der nachträglichen Korrektur des Testergebnisses wohl nichts mitbekommen haben. Das ärgert nicht nur von Braunmühl. Die Verbraucherschützer fordern daher, dass solch fragwürdige Gewinne künftig vom Staat abgeschöpft werden. Bisher vergeblich: Die Gewinnabschöpfung ist zwar, trotz heftigen Widerstands der Wirtschaftslobby, erstmals in der UWG-Novelle enthalten. "Der Anspruch ist aber juristisch so unpraktikabel geregelt, dass er in der Praxis kaum greifen wird", ärgert sich der VZBV-Experte.

      Denn dem Unternehmen muss nicht nur Vorsatz nachgewiesen werden, auch der entstandene Schaden muss exakt berechnet werden können. Und das dürfte nicht nur im Falle Lidl schwer sein.

      Für den Verbraucher stellt sich derweil die Frage, inwieweit man den Urteilen der Stiftung Warentest zumindest bei Lebensmitteln trauen kann. Gerade bei einem Naturprodukt wie Olivenöl kann die Qualität schwanken. Jede Charge fällt, abhängig vom eingekauften Rohstoff, unterschiedlich aus. Andererseits treibt der Handel gewaltigen Aufwand und stellt an die Hersteller hohe Anforderungen, um dem Kunden möglichst gleichbleibende Qualität seiner Produkte garantieren zu können. Mit dem Abdruck einer Qualitätsnote auf dem Etikett wird dem Kunden diese gleichbleibend hohe Güte förmlich versprochen.

      So sieht man das auch bei der Stiftung Warentest. "Gerade die erfolgreichen Handelsmarken von Anbietern wie Aldi und Lidl sollen dauerhaft einen hohen Standard erfüllen", sagt der zuständige Prüfer Jochen Wettach. Der Lebensmittelchemiker betont nachdrücklich, "dass unsere Prüfungen fehlerfrei waren". Er vermutet, dass Lidl nach dem ersten Test die Nachfrage kaum noch decken konnte und der Lieferant auf dem Weltmarkt Öl einkaufte, das der vormals hohen Qualität nicht entsprach.

      Eigentlich seien deshalb verstärkt teure Nachtests nötig: "Aber dafür bräuchte die Stiftung dann auch mehr Geld. Überdies können und wollen wir die Qualitätssicherung der Anbieter nicht ersetzen."

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      schrieb am 24.09.03 23:15:27
      Beitrag Nr. 237 ()
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      Europas neuer Feudalismus

      Zum Entwurf einer europäischen Verfassung


      von Bob Barr, Atlanta, Washington, D.C*
      Die Verfassung der Vereinigten Staaten, eine der dauerhaftesten und fundiertesten in der Geschichte der Menschheit, wurde vor 216 Jahren von einer kleinen Gruppe brillanter Männer geschrieben, die heute zu unseren «Gründervätern» gerechnet werden. Das Dokument mit seinen klaren Gedanken, seiner einfachen Ausdrucksweise, dem Ausmass seiner Visionen und seinem Verständnis der menschlichen Natur ist wirklich grossartig.

      Man fragt sich, wie diese Verfassung aussehen würde, wenn sie nicht von ihren wirklichen Autoren, sondern von einer Gruppe Bürokraten des 21. Jahrhunderts geschrieben worden wäre. Sie würde wahrscheinlich wie die vorgeschlagene europäische Verfassung aussehen, die zurzeit vor der Europäischen Union anhängig ist.

      Dieser Entwurf, der mit seinen 253 Seiten um einiges länger ist als sein amerikanisches Gegenstück, ist schwieriger zu lesen und zu entziffern als irgendein Dutzend Stellungnahmen, die vom Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten verfasst wurden. Er ist das Resultat von mindestens 16 Monaten Arbeit von Leuten, die das «Wall Street Journal» vor kurzem als Europas «Spitzenpolitiker und Rechtsexperten» bezeichnete. Wenn es nicht ein ernsthafter Entwurf wäre, ein Dokument, das sehr wohl innerhalb des nächsten Jahres zum bestimmenden Regelwerk der Europäischen Union werden kann, könnte man es gut subsumieren unter «Dokumente, die zeigen, wie man eine brauchbare Verfassung nicht entwerfen sollte».

      Es ist ein monströses Dokument - mit vier Mammut-«Teilen», noch mehr «Titeln» innerhalb dieser «Teile», unzähligen «Kapiteln», die sich in diesen «Titeln» verstecken, und genügend «Untertiteln», um jedem politisch korrekten, modernen Bürokraten das Herz zu erwärmen. Anders als die amerikanische Verfassung, die jene europäischen Verfasser ohne Zweifel in ihrer einfachen Ausdrucksweise als prosaisch einstufen würden, enthält dieses Sendschreiben alles - eine Hymne an die Europäer (Beethovens 9. Symphonie), ein Motto («Einheit in der Vielfalt»), sogar einen verordneten «Europäischen Tag» (9. Mai).

      Was fehlt, ist gesunder Menschenverstand. Im Versuch, jeden nur denkbaren Bereich einer möglichen Debatte mit einzubeziehen, garantiert das Dokument, dass es sehr wahrscheinlich scheitern wird mit dem, was Dänemarks Aussenminister Per Stig Moeller als das Ziel der Verfasser beschrieb, nämlich - um in den Worten des «Wall Street Journal» zu sprechen - «eine neue Verfassung, die den mühsamen Entscheidungsprozess innerhalb der EU vereinfacht». Wie dieses zerstückelte, gewundene, aufgeblähte Entwurfsdokument irgendetwas «vereinfachen» soll, ist kaum nachzuvollziehen.

      Der Entwurf zollt jeder nationalen, geschlechtsorientierten, altersorientierten, gender-orientierten, Behinderten-, Berufs-, Gewerkschafts- und Wirtschaftsgruppe, die seinen Verfassern in den Sinn kam, die erforderliche Ehrerbietung. Er ist die Amok laufende politische Korrektheit. Aktionen gegen die Diskriminierung von Minderheitsgruppen werden ausdrücklich einbezogen, zumindest für die Frauen. Auch haut der Entwurf den letzten Nagel in den Sarg der Souveränität der Mitgliedsländer der EU. Das Schicksal der Millionen von Bürgern jener Länder, die einmal Europa ausmachten, wird jetzt total von überbezahlten, sich nicht verantwortlich zeigenden Bürokraten und Bankern entschieden, die nicht von den Bürgern gewählt werden, sondern von den EU-Beamten selbst, und die den Bürgern gegenüber auch keine Rechenschaft ablegen müssen.

      Unter der Regierung, die durch diesen Verfassungsvorschlag eingesetzt würde, hätte die Europäische Union ihren eigenen Aussenminister, der die Aussenpolitik für alle Mitgliedsstaaten prägen würde. Sie hätte ihre eigene Armee und würde ihre eigenen militärischen Ziele verfolgen, nicht nur in Europa, sondern auch überall dort in der Welt, wo nach Überzeugung ihrer Bürokraten «ihre Interessen» liegen könnten. Die EU könnte und würde Steuern von ihren Bürgern erheben, sie auf eine harte Probe stellen, an ihre weltweiten Entscheidungen binden und über jede Art von landwirtschaftlicher Produktion, finanzieller und politischer Tätigkeit für ihre Bevölkerung entscheiden. Der «neue Feudalismus», der unter diesem vorgeschlagenen Verfassungssystem entstünde, würde wenig oder überhaupt keine Diskussion ertragen; Entscheidungen würden von oben nach unten getroffen werden, veranlasst von ziemlich überbezahlten Bürokraten in Brüssel, die sich nicht einmal mehr als Angehörige einer Nation betrachten, sondern als «Eurokraten» im vollen Wortsinn. Das System der Gewaltenkontrolle innerhalb dieses Dokuments ist so kompliziert, dass, als ich es zusammen mit zwei Rechtsanwälten aus der Schweiz und aus Deutschland untersuchte, keiner von beiden in der Lage war, Fragen zu den Details des vorgeschlagenen Systems zu beantworten, obwohl sie beide den Entwurf gründlich studiert hatten. Beide Rechtsanwälte erklärten mir, dass diese Komplexität nicht unbeabsichtigt sei, sondern sie wurde absichtlich in die Verfassung eingebaut, um ein allgemeines Verständnis oder eine Bürgerbeteiligung zu verhindern.

      Das Prinzip des Privateigentums, das über Jahrhunderte eine der Wurzeln des Fortschritts in der westlichen Gesellschaft war, obwohl es selbst im amerikanischen System nicht absolut gesehen wird, ist im Verfassungsentwurf praktisch bedeutungslos. Während beispielsweise Artikel II-17 allgemeine Floskeln enthält, die Privateigentum und Besitz zum Lippenbekenntnis machen, hat das «öffentliche Interesse» immer Vorrang vor dem privaten Interesse, und das «allgemeine Interesse» ist ausdrücklich immer wichtiger als das persönliche Interesse. Der Artikel II-24 über die «Rechte des Kindes» ordnet Elternrechte ausdrücklich den Rechten des Kindes unter, die von der Regierung festgelegt sind.

      Die dem Dokument und seinen vielen Kapiteln innewohnende fundamentale Widersprüchlichkeit tritt - sicherlich unabsichtlich - im ersten Abschnitt des Artikels II-52 überdeutlich hervor. Dieser gibt vor, die Möglichkeiten der Regierung, irgendwelche bestehenden («nicht garantierten») Rechte durch die Verfassung einzuschränken, zu minimieren. Der nächste Satz enthält einen verräterischen Widerspruch. Er ermächtigt dazu, diese Rechte zu begrenzen, wenn diese Beschränkungen im «allgemeinen Interesse» wären oder es erforderlich werden würde, «die Rechte und die Freiheit anderer zu schützen». Die Streitereien und Diskussionen, die wahrscheinlich bei der Interpretation solch sich widersprechenden Formulierungen (und davon gibt es viele) entstehen, werden die europäischen Rechtsanwälte auf Jahrzehnte hinaus beschäftigen und reich machen.

      Über Tausende von Jahren regierten absolutistische europäische Monarchen ihre Länder und übten vollständige Macht über ihre Feudalherren und die ihnen untergeordneten glücklosen Untertanen aus. Nur in den letzten zweihundert Jahren haben europäische Nationen die süsse Frucht der Demokratie gekostet. Mit dem bevorstehenden neuen Verfassungssystem scheint sich eine Rückkehr zum Feudalismus anzubahnen, der dieses kurze Experiment für Europas Bürger zu beenden droht.

      Jetzt werden Europas Bürger nicht mehr auf Könige und Feudalherren, die über Leben und Tod bestimmten, sondern auf die Europäische Kommission und den Europarat reagieren müssen. Was ist schlimmer? Spielt das wirklich eine Rolle?



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      EU-Verfassung

      Deutscher Verfassungsrichter fordert Volksabstimmung
      me. Die jetzt ausgearbeitete EU-Verfassung ist für die Deutschen genauso wichtig wie das Grundgesetz - und doch interessiert sich niemand dafür. Verständlich, denn es handelt sich um ein Monstrum im Umfang von mehreren hundert Seiten. Und diese sogenannte Verfassung wurde ohne die geringste Beteiligung einer europäischen Öffentlichkeit ausgearbeitet. Anfang Juli hat Konventspräsident Giscard d`Estaing, der sich einen Maybach als Dienstwagen genehmigte, den Entwurf an die Académie Française geschickt - mit der Bitte, ihn sprachlich aufzupolieren. Die geplante Verfassung enthält Positives und Negatives, stärkt aber insgesamt den Brüsseler Zentralismus. Der deutsche Aussenminister Fischer, der gerne EU-Aussenminister werden möchte, lehnt Änderungswünsche ab. Dennoch ist die Verfassung noch keineswegs unter Dach und Fach. Frage: Wozu braucht die EU einen Aussenminister, wenn ihr die gemeinsame Aussenpolitik fehlt? Aussenpolitisch relevant in der EU ist nur die Achse Paris - Berlin. Dies meldete Bruno Bandulet in seinem «DeutschlandBrief».

      Die Vertraulichen Nachrichten meldeten zum gleichen Thema folgendes: Bisher stand die CSU mit ihrer Forderung nach einer Volksabstimmung über den Entwurf der europäischen Verfassung weitgehend alleine da. Auch wichtige Europapolitiker der CDU lehnen dies ab. Unter anderem wohl auch, weil eine glatte Ablehnung des Verfassungsentwurfs herauskommen könnte [...].

      Doch jetzt hat die CDU für ihre Forderung hochqualifizierte juristische Unterstützung erhalten. Siegfried Bross, für Europarecht zuständiger Richter beim Bundesverfassungsgericht, bezeichnete eine Volksabstimmung als für diese Frage «unabdingbar». Die in Frage stehenden Bestimmungen seien schliesslich so weitgehend, dass ein «neues Staatengebilde» entstehen würde, wozu das ausdrückliche Einverständnis des Souveräns, des Wählers, eingeholt werden müsse. Sollte es zur Annahme der Verfassung kommen, verspricht sich Bross darüber hinaus eine grössere Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern, als wenn dies alles ohne explizite Befragung der Menschen im Lande über die Bühne gehen würde.

      Und Bross hält noch ein weiteres Argument für eine Volksabstimmung bereit, das gerade in Anbetracht der wenig sorgfältigen Gesetzgebungsarbeit der rot-grünen Bundesregierung nicht gering geschätzt werden sollte - die Deutschen wissen schliesslich inzwischen zur Genüge, was es heisst, mit in ihren Grundzügen an «runden Tischen» vereinbarten und dann mangelhaft formulierten Gesetzen leben zu müssen: «Mit einem Referendum ist [...] der Zwang einer jeden nationalen Regierung und der zuständigen nationalen Institution verbunden, sich selbst noch einmal ganz umfassend über das zu vergewissern, was vereinbart werden soll. Der Konvent ist für mich insoweit nicht repräsentativ.»

      Quelle: Vertrauliche Mitteilungen vom 26.8.03


      http://www.zeit-fragen.ch/
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      schrieb am 24.09.03 23:19:15
      Beitrag Nr. 238 ()
      Schweden

      Nach der Euro-Abstimmung


      Rl./thk. Die Schweden hatten nach ihrem Beitritt zur EU genau geprüft, ob sie nun auch die Einheitswährung Euro haben wollen - sie haben sich am 14. September klar dagegen ausgesprochen. Dieser Abstimmung ging ein langer und intensiver Abstimmungskampf voraus. Neben dem bekannten Argument - man könne nicht abseits stehen, man würde dadurch an Einfluss verlieren - wurden besonders wirtschaftliche Fragen ins Feld geführt. Immerhin hatten die Schweden im Gegensatz zu den Deutschen die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob sie den Euro wollten oder nicht.

      Aus Kreisen der Wirtschaft, hier insbesondere einige multinationale Konzerne, wie dem Elektronikkonzern L. M. Ericsson, hiess es, im Falle einer Ablehnung der europäischen Einheitswährung müsse man sich überlegen, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern. Anders argumentierte wiederum der Konzern Electrolux, der eine eigene nationale Währung befürwortete. Gegen das Argument, zu einem Zusammenschluss Europas gehöre eine gemeinsame Währung, stand das Argument, wenn Schweden weiterhin souverän über sich selbst und seine Wirtschaft bestimmen will, dann muss es seine eigene Währung behalten. Auf seiten der Ablehnungsfront wirkte gerade das aktuelle politische Verhalten der beiden EU-Führungsmächte Frankreich und Deutschland abschreckend, die sich kaum noch um die von ihnen selbst gesetzten Stabilitätskriterien scheren, aber diese von allen anderen EU-Beitrittskandidaten einfordern.

      Kampagne für den Euro
      Ungefähr drei Viertel der schwedischen Parlamentarier machten sich für den Euro stark, eine entsprechende Medienpräsenz war den Befürworten des Euro dadurch gewiss. Besonders der Ministerpräsident Göran Persson wurde nicht müde, seinen Landsleuten die Wichtigkeit und Notwendigkeit des Euro nahezulegen. Kurz vor der Abstimmung beteuerten führende Politiker und Wirtschaftskapitäne nochmals die historische Dringlichkeit eines Beitritts zum EuroRaum. Doch entgegen dieses Engagements für den Euro zeigten die Umfragen weiterhin eine eindeutige Ablehnung des Euro (vgl. Zeit-Fragen Nr. 32 vom 1. September) voraus.

      Mord an der Aussenministerin Lindh
      Doch einige Tage vor der Abstimmung kam es zu dem brutalen Mord an der schwedischen Aussenministerin Anna Lindh in einem Kaufhaus. Nach kurzen Beratungen entschied sich die Regierung dazu, die Abstimmung nicht auszusetzen und sie trotz dieses furchtbaren Attentates stattfinden zu lassen. In der Presse, aber auch von einigen Meinungsforschungsinstituten, wurde offen spekuliert, ob der Mord an der beliebten schwedischen Politikerin, die sich sehr stark für einen Beitritt zur Währungsunion engagierte, nicht doch zu einem Meinungsumschwung in der Bevölkerung führen würde. Der Mord an der Politikerin wurde von den Medien unauflöslich an die Abstimmung geknüpft. Der Ausgang erschien von nun an ungewiss. Doch das Ergebnis der Abstimmung vom 14. September fiel eindeutig aus. Nur in den drei städischen Regionen Stockholm, Malmö und Göteborg hatten die Befürworter eine knappe Mehrheit. Im gesamten Rest des Landes traf der Euro auf breite Ablehnung.

      Volk nicht repräsentiert
      Die Kommentatoren verschiedener Zeitungen fragten, ob das Land von einer Regierung geführt werden kann, die die Meinung des Volkes nicht annähernd repräsentiert. Tatsächlich vertreten 80% der Volksvertreter eine andere Meinung als ihre Wähler.

      Die Schweden hatten in den letzten Jahren rasante Veränderungen erleben müssen. Das ehemals neutrale Land befand sich durch den EU-Beitritt plötzlich in Kriegskonstellationen wieder, die es sich nicht erträumt hatte, zusätzlich begann die Regierung mit einem rigorosen Abbau der Sozialfürsorge. Für viele Schweden ist eine allzu enge Anbindung an die EU nicht mehr erstrebenswert, und ein Bestreben nach Eigenständigkeit tritt wieder stärker zutage.

      http://www.zeit-fragen.ch/
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      schrieb am 24.09.03 23:23:51
      Beitrag Nr. 239 ()
      Zu den Absichten des «US-Investors» Saban

      Nachdem die «ProSiebenSat.1 Medien AG» nun doch an die amerikanische «Saban Capital Group» veräussert worden ist, befasste sich die «Financial Times Deutschland» mit den mutmasslichen Zielen, die der Investor Saban mit diesem Kauf verbindet: «Über die Ziele sagte Saban: ÐWir müssen die Werbeeinnahmen erhöhen.` Zu den Sparmöglichkeiten sagte er, `in ein bis zwei Monaten` rechne er mit Vorschlägen von Rohner [Chef der Sendergruppe, die Red.]. Derzeit gebe es noch keine Pläne, etwa den Doppelstandort München (Pro Sieben, Sat.1) und Berlin (Sat.1) zu überprüfen. Der US-Investor Saban sehe seine Aufgabe vor allem darin, die Beziehungen von ProSiebenSat.1 zu Hollywood neu aufzubauen und dafür zu sorgen, dass die Produzenten ihre besten Formate an die Sendergruppen gäben.

      Für Streit wird wahrscheinlich ein inhaltlicher Hinweis sorgen. Zwar sagte er: `Ich werde mich […] in keiner Weise politisch einmischen.` Gleichzeitig verlangte der US-Bürger mit engen Bindungen nach Israel aber eine veränderte Berichterstattung über den Konflikt zwischen Israeli und Palästinensern, die er `extrem einseitig` nannte. `Ich sage meinen Leuten, dass ich keine Absicht habe, mich journalistisch einzumischen. Aber sie müssen ausgewogen bleiben. Sie müssen beide Seiten darstellen.`» [...]

      Quelle: Vertrauliche Mitteilungen vom 26.8.2003
      http://www.zeit-fragen.ch/
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      schrieb am 24.09.03 23:26:44
      Beitrag Nr. 240 ()
      Kommentar

      Was hat der Milchpreis mit mir zu tun?


      Mit einigem Erstaunen beobachtete ich, wie meine Nachbarin ihren Kombi auslädt und dabei mehrere Liter deutsche Milch in ihre Garage trägt. «In Deutschland ist die Milch viel billiger als hier, und bei einer grossen Menge lohnt sich der Einkauf abzüglich der Fahrtkosten», ist ihre spontane Antwort, und auf meinen verwunderten Blick erklärt sie weiter, schliesslich könnte man die Milch in der Schweiz auch viel billiger verkaufen, wenn man nur wolle, in anderen Ländern sei es auch möglich. Etwas konsterniert gehe ich weiter und fange an, über diese Situation nachzudenken. 60 Rappen koste der Liter Milch im Nachbarland, und einen Qualitätsunterschied merke sie auch nicht.

      Die Argumentation erstaunt nicht, und trotzdem stimmt es nachdenklich; hier wird Entscheidendes ausser acht gelassen, und zwar nicht nur von meiner Nachbarin, sondern auch von den Politikern, die die gesamte Schweizer Landwirtschaft dem Weltmarkt opfern wollen.

      «In Zürich ist die Milch am billigsten»
      Ein Vergleich der Lebenshaltungskosten zwischen den Ländern der EU und der Schweiz lässt diese Argumentation in einem ganz anderen Lichte erscheinen. Nach den statistischen Erhebungen in der EU ist es so, dass ein EU-Bürger im Durchschnitt 18 Prozent seines Verdienstes für Lebensmittel ausgibt. In der Schweiz sind es gerade einmal 7 Prozent (vgl. Zeit-Fragen, Nr. 10 vom 17.3.03). Wie ist das möglich, wenn doch Fleisch und Milchprodukte, Brot usw. in Deutschland erheblich billiger sind? Die Ursache dieses Unterschieds liegt im Lohnniveau der Schweizer. Dieses ist beträchtlich höher und macht den deutlichen Preisanstieg aus. Eine Studie im Schweizer Bauer vom 17. September 2003 kommt dann auch zu dem Schluss, dass die Milch in Zürich in der Gegenüberstellung mit anderen Staaten am billigsten ist, auch wenn man einen vergleichsweise hohen Preis dafür bezahlen muss.

      Die Schweiz, ein Hochlohnland
      Ein Vergleich mit Preisen in anderen Ländern hinkt also gewaltig und verzerrt das Bild. Die Schweiz ist ein Hochlohnland, und niemand würde freiwillig weniger Lohn wollen, um so den Verkaufspreis der Produkte weiter zu senken. Unser Land hat eine qualitativ hochwertige Agrarproduktion, und das sollte uns Bürgern doch etwas wert sein, auch wenn es im ersten Moment verlockend scheint, im billigen Ausland einzukaufen. Neben dieser Fehlkalkulation sind es aber auch Steuergelder, die so unserem Land verlorengehen.

      Entwicklungsländer als Opfer der Globalisierung?
      Unter diesem Gesichtspunkt erscheint auch die WTO-Verhandlung in Cancún in einem anderen Licht. Natürlich ist es auch in der Verantwortung der Industrienationen, den Schwellenländern bei ihrer wirtschaftlichen Entwicklung Unterstützung zu geben, doch hat jeder Staat auch eine Verantwortung für seine Bürger, so wie jeder Bürger für das Land, dessen Bürger er ist, Mitverantwortung trägt. Man darf nicht, um Kosten zu sparen, die Landesversorgung immer mehr abbauen und sich so bei den Grundnahrungsmitteln mehr und mehr vom Ausland abhängig machen. Der Wunsch der Entwicklungs- und Schwellenländer, besseren Zugang zu den Weltmärkten zu bekommen, um vom Welthandel auch zu profitieren, ist verständlich, jedoch über einen absoluten Freihandel nicht zu erreichen. Seit der Öffnung der Märkte im Industrie- und Finanzbereich ist eine zunehmende Verarmung der Schwellenländer, wie beispielsweise Brasilien oder Argentinien, zu beobachten. Gerade Argentinien, das eine blühende Wirtschaft besass, ist heute völlig ruiniert, und eine grosse Anzahl staatlicher Betriebe ist in ausländischer Hand. Bewohnern dieses einst reichen Landes droht der Hungertod. Die von der WTO vorangetriebene Öffnung des Agrarmarktes kommt denn auch nicht den Armen zugute, sondern ermöglicht, dass Agrarmultis bessere Geschäfte machen und sich bei der geplanten Globalisierung das grösste Stück sichern können. Hinter dem Feigenblatt der Drittweltstaaten verbirgt sich eine Agroindustrie, die weiter expandieren und Milliarden scheffeln will.

      Die eigene Landwirtschaft stärken
      Diesen Firmen gegenüber ist unsere Landwirtschaft zu schwach, um sich auf dem Weltmarkt zu behaupten. Unsere Bauern müssen auf kleinstem und häufig schwer bearbeitbarem Raum möglichst viel erwirtschaften können, um einen entscheidenden Beitrag zur Landesversorgung zu leisten, und dazu braucht es staatliche Unterstützung. Zum anderen ist unsere Landwirtschaft auf uns als Konsumenten dringend angewiesen, denn auf Grund unseres Lohnniveaus sind wir problemlos in der Lage, 7 Prozent für Lebensmittel auszugeben. Und das, was von den Konsumenten im eigenen Land ausgegeben wird, fliesst in Form von Steuern wieder zurück in die Kasse unserer eigenen Gemeinde, wenn wir bewusst dort einkaufen. Ein billiger Einkauf im nahegelegenen Ausland bringt sicher kurzfristig und begrenzt auf das eigene Portemonnaie einen Vorteil, jedoch längerfristig und auf die gesamte Volkswirtschaft gesehen einen nicht zu unterschätzenden Nachteil. Es ist im Interesse aller Menschen, wenn man die landeseigenen Produkte kauft und nicht auf billige Konkurrenzware aus dem Ausland zurückgreift.

      Thomas Kaiser

      Artikel 2: Zeit-Fragen Nr.35 vom 22.9.2003, letzte Änderung am 23.9.2003
      Zum Artikel-Anfang: auf den roten Balken klicken!
      http://www.zeit-fragen.ch/
      Avatar
      schrieb am 24.09.03 23:39:18
      Beitrag Nr. 241 ()
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      Globalisierung von oben nach unten
      von Paul Street
      ZNet Kommentar 21.09.2003


      “Wirtschaftsglobalisierung”, schreibt John Pilger sei “ein Projekt, das so alt ist wie Kanonenboote” (in “‘Humanitarian Intervention’ is the Latest Brand Name of Imperialism”, New Statesman vom 28. Juni 1999). Die historische Parallele zwischen imperial-staatlicher Gewalt und Globalisierung, die Pilger hier herstellt, wird an interessanter Stelle wiederholt - so im Sunday Magazine der New York Times. Dort schrieb vor vier Jahren der Araberfresser, Times-Kolumnist und Globalisierungsenthusiast Thomas Friedman folgende Zeilen - gerade als sich die Clinton-Administration anschickte, Belgrad zu bombardieren: “Die verborgene Hand des Markts wird nie ohne eine verborgene Faust agieren. MacDonald’s blüht nicht ohne McDonnell Douglas, Konstrukteur des F-15. Und die verborgene Faust, die die Welt für die Technologien des Silicon Valley sicher erhält, heißt US-Armee, Airforce, Navy, Marine-Korps... Ohne Amerika ‘on duty’ gibt es kein Amerika ‘online’”. (“A Manifesto for the Fast World,” New York Times, 28. März 1999)


      Das neoliberale Rezept hinter der US-Zerstörung des Irak



      Ein Beispiel aus jüngerer Zeit ist der Irak - ein Land, verheert in weniger als zwei Dekaden durch drei Kriege, zwei US-Invasionen und das massenmörderische zehnjährige Programm der von den USA aufoktroyierten Wirtschaftssanktionen. Und während die tödlichste aller Armeen in der Geschichte ihre indefinitive Besatzung des Landes fortsetzt, teilt, laut New York Times, der oberste Zivilverwalter der USA im Irak, Paul Bremer III, dem von den USA ernannten irakischen Regierungsrat mit, der Irak müsse einen Großteil seiner “Industrien für ausländische Investitionen aufhebeln”. Laut eines Bremer-Memos an den Rat, so die Times, “muss” der Irak “eine offene Wirtschaft kreieren, in einer Region, die mit ihren heimischen Märkten lange Zeit protektiv verfuhr” - eine Region, dominiert vom “sozialististischen Wirtschaftsdogma”. Der “künftige Wohlstand” der Nation werde davon abhängen, “wie erfolgreich sie ausländische Investitionen anlocken (kann)”. Indem sie ihr “sozialistisches” und “protektionistisches” Vermächtnis überwinden, so Bremer, “eröffnen” die Irakis “eine neue Lebensader für eine Ökonomie, die während Saddam Husseins Regime nach Kapital dürstete” - auf diese Weise könnten sie ihre Wirtschaft “demokratisieren”. Dabei erlaubt der Bremer-Vorschlag, laut Times, andererseits “ausländischen Investoren, ihre Profite außer Landes zu schaffen, ohne Verpflichtung, ihr Geld (im Irak) zu reinvestieren.” (Richard A. Oppel, Jr., “U.S. Seeking Foreign Investment for Iraq,” New York Times, 26. August 2003. A10). Bremers Memo exemplifiziert das orthodox-neoliberale Rezept für eine globale Entwicklung - bekannt unter dem Namen ‘Washington-Konsens’. Gemäß dieser Formel (mit imperialer Willkür aufoktroyiert (denn interessanterweise sind die reichsten Nationen von vielen der wichtigsten Diktate ausgenommen) durch die USA und den von ihnen dominierten Weltfinanz- und -handelsorganisationen, wie IWF, Weltbank u. WTO) maximiert sich Wachstum, bei gleichzeitigem Anstieg der Armut, durch den Abbau von Schranken des freien Kapitalflusses, des Waren-, Währungs- und Dienstleistungsflusses. Dazu müssen Nationalökonomien einerseits der Disziplin des globalen kapitalistischen Markts unterworfen werden und sich andererseits für dessen Möglichkeiten öffnen.


      Das neoliberale “System funktioniert nicht auf der Ebene der Menschen”


      Der Bremer’sche “Vorschlag” wird in allen wichtigen Punkten auf die Unterstützung Ahmed Chalabis rechnen können, eines früheren internationalen Bankers u. Washington-Lobbyisten. Der neoliberale Chalabi - in den USA ausgebildet (University of Chicago) -, ist Liebling George Bushs. Jetzt sitzt er jenem Komitee des irakischen Regierungsrats vor, das das Memo “studieren” soll. Dem irakischen Volk ist anzuraten, Bremers Ratschlag mit Vorsicht zu genießen. Denn nach über 25 Jahren globaler “Entwicklung” - gemäß den sogenannten Richtlinien zum “freien Handel / freien Kapitalfluss”, wie sie Bremer und Chalabi favorisieren -, kommt das ‘United Nations Human Development Program’ zu folgendem Schluss: Die “globale Ungleichheit bei Einkommen und Lebensbedingungen hat inzwischen groteske Proportionen angenommen.” Laut Bericht des ‘Human Development’ der Vereinten Nationen “konzentriert” die Globalisierung “Macht und Reichtum auf eine kleine, privilegierte Gruppe von Menschen, Nationen und Korporationen, und die anderen werden marginalisiert”. Eine Beurteilung, die seltsamerweise auch durch die CIA und das ‘US Space Command’ - in deren Vision-Statements zum 21. Jahrhundert - gestützt wird. Beide Agenturen sagen eine Steigerung der terroristischen Bedrohung für die “nationalen Interessen der USA und US-Investitionen” voraus. Diese Bedrohungen erwüchsen zum Teil aus der “Globalisierung”. Man gibt zu, die Globalisierung habe zur Vergrößerung der Kluft zwischen “Besitzenden” und “Habenichtsen” auf dem Planeten geführt (interessanterweise das genaue Gegenteil von dem, was in offiziellen US-Statements erklärt wird, nämlich, der “Freihandel” sei universal von nutzen).

      Das Datenmaterial gibt ihnen recht. Die Einkommenskluft zwischen dem reichsten Fünftel und dem ärmsten Fünftel aller Weltnationen (berechnet durch das durchschnittliche nationale Pro-Kopf-Einkommen) betrug 1960 noch 30 : 1. 1997 betrug die Ratio schon 74 : 1. 1980 war das mittlere Einkommen in den 10% reichsten Ländern 77 mal so hoch wie das in den 10% ärmsten Ländern; bis 1999 vergrößerte sich die Kluft auf 122. “1980", so Weller und Hersh, “lebten die 10 Prozent Ärmsten der Welt - 400 Millionen Menschen - von einem Betrag, der 79 Cents pro Tag entsprach oder weniger. Dieselbe Anzahl (Menschen) hatte 1990 79 Cents zur Verfügung, 1999 noch 78 Cents. Das Einkommen der Ärmsten dieser Welt konnte also nicht mal mit der Inflation Schritt halten”. Die 200 reichsten Menschen der Welt (größtenteils aus den entwickelten Staaten des Nordens) konnten ihren Reichtum zwischen 1994 u. 1998 auf $1 Billion verdoppeln, während gleichzeitig mehr als 1,3 Milliarden Menschen in den ‘Entwicklungsländern’ mit weniger als 1 Dollar am Tag auskommen mussten (1 Dollar ist die Grenze, unter der laut Weltbank “bittere Armut” anfängt). Der Boston Globe schreibt, bis zur Jahrtausendwende sei die “Globalisierung für die reichsten 20 Prozent der Weltbevölkerung zu einem Boom geworden, für alle anderen jedoch (war es) eine Pleite”. Der Korrespondent der Chicago Tribune, RC Longworth hielt zum Ende des 20. Jahrhunderts fest, die “sprudelnde Wirtschaft” der Welt, “macht wenige reich”, “den Rest umgeht sie”. Longworth Einschätzung: “das 21. Jahrhundert begann ebenso wie das 20. mit einer Belle Epoche, für die, die das Glück hatten, in ihren Genuss zu kommen.” Aber für die “Mehrheit” der Welt, “(die)... in den Elendsvierteln der Außenbezirke des globalen Dorfs leben, sieht die Sache ganz anders aus”. Longworth denkt an “den Rest der Menschheit” - jenseits der reichen Minderheiten: “Millionen nomadisierende Arbeitslose in China, Straßenmenschen in Kalkutta, europäische Arbeiter ohne Job, 28 Prozent der Amerikaner haben Hungerlöhne, halbgebildete junge Männer in Marokko, die in vier Sprachen betteln, die hoffnunglos Armen Afrikas, Kinderarbeiter in Bangladesh, Rentner in Polen und Russen, die sich fragen, was ist aus unserem Leben geworden?”

      Besonders erschütternd die Berichte aus Russland - jener gefeierten neuen “Demokratie”, jener “offenen Wirtschaft”, befreit aus den satanischen Klauen der “sozialistischen” Diktatur. Aber der Enthusiasmus des russischen Volks für die Globalisierung unter US-Führung und “den Marsch der Freiheit” (gemäß neoliberaler u. neokonservativer Doktrin dasselbe) bzw. für den Globalkapitalismus hat einen Dämpfer erhalten. Nach dem Zusammenbruch des “marxistischen” Sowjetstaats fiel die Nation in die schlimmste Depression, die eine industrialisierte Gesellschaft je erlebt hat. John Lloyd, früherer Chef des Moskau-Büros der Financial Times, berichtet in einem Artikel der New York Times, Sommer 1999, mit dem Titel ‘Russische Devolution (Rückentwicklung)’: Im Russland nach dem Kalten Krieg seien die “Russen - frei, um reich zu werden -, ärmer” geworden. Und weiter: “Der Reichtum der Nation hat abgenommen - zumindest jener Teil des Reichtums, in dessen Genuss das Volk kommt. Man nimmt an, dass die Top 10% 50% des staatlichen Reichtums besitzen; die am unteren Ende, 40%, (besitzen) weniger als 20%. Zwischen 30 und 40 Millionen (Russen) leben unterhalb der Armutsgrenze, die bei etwa $300 monatlich festgelegt ist. Das Bruttoinlandsprodukt sackte mit jedem Jahr der russischen Freiheit weiter ab, mit Ausnahme vielleicht - 1997. Aber da stieg es bestenfalls um weniger als 1% an. Die Arbeitslosigkeit, die zu Sowjetzeiten offiziell gar nicht existierte, liegt inzwischen offiziell bei 12 Prozent, in Wirklichkeit aber wohl bei 25 Prozent. Männer sterben heute im Durchschnitt mit Ende 50. Krankheiten wie Tuberkulose und Diphterie sind wieder da. Soldaten leiden an Unterernährung. Die Population geht rapide zurück”. Dank solcher Zahlen u. Berichte musste selbst Weltbank-Präsident James Wolfensohn vor drei Jahren einräumen, das globale neoliberale “System funktioniert nicht” “auf der Ebene der Menschen” - so nennt er das. Eine sehr wesentliche Ebene - sollte man doch hoffen. “Haben wir die Demokratie nur”, so Lula da Silva, als er in den 90gern Führer der ‘Brasilianischen Arbeiterpartei’ war, “damit uns das Recht zusteht, vor Hunger zu schreien?” Und im selben Jahrzehnt schreibt Noam Chomsky in einer Studie, die sich kritisch mit dem globalen Neoliberalismus auseinandersetzt: “Freiheit ohne Chancen ist ein Geschenk des Teufels”.


      Globalisierung von oben nach unten



      Die vom “Teufel Beschenkten” sind aber keineswegs Opfer der Globalisierung per se. Ihre Probleme rühren von den “Mechanismen” einer speziellen Form der Globalisierung - die unter dem Kommando des westlichen Kapitals steht: eine privilegien-freundliche Globalisierung von oben nach unten. Das herrschende non-liberale Modell, aufoktroyiert durch die USA und den von ihr dominierten globalen Finanz- und Handelsorganisationen, “kickt” den Ländern, die im Weltssystem an der Peripherie existieren, “die Leiter weg” - die Leiter zur Entwicklung. So verhindert man, dass diese Länder zu den gleichen politischen Strategien greifen können, die in den Kernländern und den semi-peripheren “industriellen Spätentwicklern” “erfolgreich” zur Entwicklung des internationalen Wettbewerbs geführt haben. Zu diesen Strategien zählen: Einfuhrbeschränkungen, Industriepolitik, staatliche Industrien u. umfassende Kontrolle von ausländischem Kapital bzw. der Wechselkurse.

      Das von den USA favorisierte Modell spielt die überschuldeten “Entwicklungsländer” unfair gegeneinander aus - in einer Orgie des Exportwettbewerbs - während ihnen gleichzeitig (im Namen des “freien Markts”) das Recht verweigert wird, die heimische Wirtschaft vor massiv subventionierten Importen der “entwickelteren” Länder und vorm Eindringen der ebenfalls massiv staatlich subventionierten multinationalen Konzerne mit Sitz in den reichen Nationen zu schützen. Wollen arme Länder Zugang zur Weltwirtschaft, fordert das Modell von ihnen einen hohen Preis. Geopfert werden muss eine gesicherte Ernährungslage und das ökologische Gleichgewicht. Die geringen (Finanz-)Mittel werden aus Bereichen wie Bildung, Gesundheit, soziale Dienstleistungen u. Umweltschutz abgezogen und an die reichen Aktionäre und Konzerne weitergeleitet. Das Modell benutzt den ‘Schutz geistigen Eigentums’ der den reichsten Staaten zusteht, um den ‘Entwicklungsländern’ mehrere $10 Milliarden abzuknöpfen. Unter diesem ‘Schutz’ versteht man die teure, ineffiziente und für viele tödliche Patent-Monopolisierung, die überwiegend Konzernen aus Europa und Nordamerika zugutekommt. Das Modell dereguliert globale Währungen und den Kapitalfluss und macht Länder und Regierungen so zu Geiseln häufig wechselnder Marktstimmungen, es erzeugt Finanzkrisen, unter denen Millionen Menschen leiden. Das Modell privilegt autoritäre Strukturen gegenüber echter Demokratie, da demokratischere Staaten tendenziell höhere Löhne zahlen und bessere Umweltstandards halten. Noch schlimmer, das Modell überschwemmt die Welt mit einer Flut von Waffen. Auf diese Weise wird weiter Benzin in die Flammen der Gewalt und des Terrors gekippt - Flammen, genährt durch die destabilisierenden Auswirkungen der Konzern- und Finanzkapitalisierung. Das Modell produziert Müll und zerstört die natürlichen Lebensräume - in so gewaltigem Maßstab, dass die Erde sich nicht mehr regenerieren, nicht mehr selbstheilen, kann. Das Modell plündert und requiriert, was früher “Gemeingut” war - Gemeingut, der Menschen und der Natur - zum privaten Nutzen, häufig ist es der der Konzerne. Alles - ganz gleich ob Wasser, Land, Luft, Tiere, Vegetation, Krankenversicherung, Wissenschaft, Bildung, Kultur, öffentlicher Raum, menschliche Arbeitskraft, Liebe oder Politik - wird zur Ware, zu einer Chance für private Investoren.


      Wen wundert’s, dass die “Wirtschaftsglobalisierung” Kanonenboote braucht, A-10 Warzenschwein-Kampfflieger und B-2 Bomber.


      Eigentlich unnötig anzumerken, dass diese Art der globalen Integration mit “Demokratie” nichts zu tun hat. Edward S. Herman sagt: “... die Globalisierung (von oben nach unten) der letzten Jahrzehnte beruhte nie auf der demokratischen Entscheidung der Völker der Welt, vielmehr war dieser Prozess wirtschaftsgesteuert, durch Wirtschaftsstrategien und Taktik, zum Wohle der Wirtschaft”. Und ganz oben auf der Liste dieser “Wirtschaftsziele” steht die Schwächung des Volks als Souverän - im In- wie im Ausland. Mittels der Globalisierung versucht das Kapital, Volks- und Regierungsregularien zu umgehen, zu unterlaufen bzw. auszuschalten. Die Macht der Arbeit soll zurückgefahren werden - sowohl in den Kernländern des globalen Wirtschaftssystems als auch an dessen Peripherie.

      Demokratie heißt: eine Person gleich eine Stimme; alle haben den gleichen Einfluss auf die Politik, unabhängig (unter anderem) von ihren Besitzverhältnissen. Es ist daher kaum vorstellbar, dass eine demokratisch empowerte Volksmehrheit irgendeines Landes - oder die Weltbevölkerung - ein solches Weltsystem akzeptieren würde. Wen wundert’s da, dass eine Globalisierung, die obigem Modell folgt, zum “Kanonenboot” (Pilger) bzw. zur (mehr oder minder) “versteckten Faust” (Friedman) greifen muss? Und wen wundert’s, dass es eine Verbindung gibt zwischen dem wuschelköpfigen, mürrischen Bremer und dem grauen Pentagon-Gangster Donald Rumsfeld bzw. dass Bremer Rumsfelds Untergebener ist? Rumsfeld zitiert gern Al Capone: “Ein nettes Wort und eine Kanone wirken besser als ein nettes Wort allein”.

      Paul Street - ‘urban social policy researcher’ aus Chicago - ist u.a. Autor von: “Capitalism and Democracy ‘Don’t Mix Very Well’: Reflections on Globalization”, Z Magazine (Feb. 2000): 20-24. Weitere Artikel von Paul Street, hier auf unserer deutschen ZNet-Seite: Sie können P. Street kontaktieren unter pstreet@cul-chicago.org

      http://www.zmag.de/article/article.php?id=829
      Avatar
      schrieb am 24.09.03 23:41:08
      Beitrag Nr. 242 ()
      Vom Niedergang der Energieversorgung


      Für Außenstehende und Nichttechniker ist es schwer zu ermessen, inwieweit die Stromversorgung schon durch den rot-grünen Ökowahn in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Da fielen dem BWL-Boten schon aufgrund des ihm eigenen Fachgebietes betriebswirtschaftliche Argumentationen leichter, etwa daß Solarstrom derzeit 2,22 EUR/KWh kostet, was möglicherweise die Richtung für die zukünftige Energieversorgung vorgibt.

      Interessanter ist möglicherweise eine statistische Untersuchung über manifeste Probleme mit der Stromversorgung, d.h., über Stromausfälle. Dabei meine ich nicht die Ein-Sekunden-Flackerausfälle, die wir hier recht gut kennen, oder die 14 Stunden Dunkelheit, die die Stadtwerke Erfurt dem Autoren dieses Beitrages mitten in einer deutschen Landeshauptstadt schon beschert haben, sondern richtig große Blackouts, die ganze Städte betreffen, und damit zusammenhängende Probleme. Fassen wir das also mal zusammen:

      September 2003 Möglicherweise durch einen Schaltfehler und vom Sturm beschädigte Hochspannungsleitungen kommt es in Südschweden und Dänemark zu stundenlangen Stromausfällen, die ca. zwei Millionen Menschen betreffen.
      August 2003 500.000 Menschen sind von einem Stromausfall in London betroffen.
      August 2003 Im Nordosten der USA und Kanada sind mehr als 50 Millionen Menschen ohne Strom - teilweise bis zu drei Tage. Offenbar haben kleinere einzelne Störungen eine große Kettenreaktion ausgelöst.
      August 2003 Deutsche Energieversorger kündigen Stromrationierungen an, da der erneuerbare Ökostrom sich in der Sommerhitze nicht schnell genug erneuert. Zum Glück kommt es nicht mehr dazu, aber es war kurz davor.
      Sommer 2003 In Frankreich sterben ca. 13.000 Personen an der Hitze, vorwiegend alte Menschen, deren Leben durch Klimaanlagen hätte gerettet werden können, aber dafür fehlt der Strom. Erst als Leichen liegen sie in wohlklimatisierten Kühlzelten und warten auf ihre Bestattung, oft wochenlang. Der widerliche Verdacht liegt in der Luft, daß das die Rentenversicherer freut. Deutschland führt keine Statistik über Hitzetote.
      Juli 2003 Aufgrund der Hitzewelle kommt es in Italien zu Mangelrationierungen.
      Frühjahr 2001 Nach zahlreichen Blackouts und der Pleite des größten kalifornischen Energieversorgers PG&E trotz (oder wegen?) einer Vertausendfachung der Strompreise kommt es zu stunden-, ja sogar tagelangen Stromausfällen.
      Sommer 2000 In Kalifornien kommt es zu Energieknappheit. Die Preise steigen.
      März 1999 In Rio de Janeiro, Sao Paulo und Brasilia sind 26 Millionen Einwohner zwei Stunden ohne Strom, damals ein undenkbarer Vorfall.
      August 1997 Fünf Millionen Einwohner von Caracas sind ohne Strom.
      November 1993 In Athen fällt für vier Millionen Einwohner mehrere Stunden der Strom aus.
      Mai 1987: Für einige Stunden sind 11 Millionen Einwohner von Bombay ohne Strom.
      Juli 1984 In New Delhi fällt für sieben Millionen Einwohner vier Stunden der Strom aus.


      Während es in den 80ern und 90ern nur alle paar Jahre mal ein größeres Problem irgendwo auf der Welt gab, scheinen sich Probleme mit der Energieversorgung seit 2000 und besonders in 2003 auffällig zu häufen. Ein Zufall? Möglicherweise nicht: Die unheilvolle Mischung aus "Nachhaltigkeit", "Atomausstieg", Privatisierung und Trennung von Netzbetreiber und Versorger mit entsprechendem Investitionsstopp zur Kostenreduktion hat einst zuverlässige Versorgungssystemen nachhaltig ruiniert. Und neues Unheil droht: ab 2005 soll der Zertifikatehandel zwangsweise eingeführt werden. Dann können wir uns wohl von kontinuierlicher Energieversorgung endgültig verabschieden.

      http://www.bwl-bote.de/index.htm
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 00:03:15
      Beitrag Nr. 243 ()
      @bluemoons

      Nach einem zweiwöchigen Frankreich-Urlaub habe ich deine letzten Postings wieder eingehend studiert. Vielen Dank für diese. Ich finde es eigentlich riesig schade, dass du darauf hin kaum Feedbacks erhältst. Dabei zeigen diese Beiträge die aktuelle globale soziale und wirtschaftliche Krise in exzellenter Weise auf. Aber dies ist m.E. symptomatisch: Viele lesen, doch nur wenige glauben. Ich weiß dies aus meiner eigenen Autorentätigkeit bei w:o.

      Mit herzlichem Gruß
      Hajo
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 00:05:45
      Beitrag Nr. 244 ()
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      Die Folgen der Freiheit
      24.09.2003



      Die USA werden gerne als das "freieste Land der Erde" bezeichnet. Politisch drängen sich an dieser Formulierung immer mehr Zweifel auf, wirtschaftlich ist sie aber sicherlich zutreffend.

      Über die Folgen eines Aspektes dieser Freiheit berichtete am Montag die New York Times.

      Immer mehr Menschen in den USA leben unterhalb der - mit einem Jahreseinkommen von 18.390 US-Dollar für eine vierköpfige Familie sowieso schon mehr als nur knapp bemessenen - Armutsgrenze. Im vergangenen Jahr waren es 34,8 Millionen Menschen, also 12,4 Prozent der Gesamtbevölkerung.

      Viele dieser Menschen, versuchen ihre finanziellen Probleme zu überbrücken, indem sie ihre Kreditkarten einsetzen, was ihre Lage aber noch wesentlich verschlimmert. Da der Markt auch für Kreditkarten in den USA nicht reguliert wird, erreichen die zu zahlenden Zinsen häufig 30 Prozent, ein Wert, den der Autor des Artikels, Bob Herbert als "Wucher" bezeichnet und den einigen Unterschied zu Geldverleihern der Mafia darin sieht, daß die Menschen nicht um ihre Kniescheiben fürchten müssen.

      Zwei von diesen Menschen sind das Ehepaar Julie und Jerry Pickett aus der Stadt Middletown im US-Bundesstaat Ohio. Kurz, nachdem sie Zwillinge zur Welt gebracht hatte und deshalb ihre Vollzeitarbeit aufgegeben hatte, begann das Geschäft ihres Mannes Absatzprobleme zu entwickeln.

      In dieser Situation entwickelten sich die Kreditkarten der Familie zu "Lebensadern" des täglichen Bedarfs, Lebensmitteln, Benzin, Reparaturen und Kleidung für die Kinder.

      Nach der Geburt eines weiteren Kindes stiegen die Kreditkartenschulden der Picketts auf 40.000 US-Dollar, eine Summe, die sie angesichts der massiven Zinszahlungen vermutlich nie werden zurückzahlen können. "Wir hatten eine Karte mit einem Saldo von 8.000 US-Dollar", sagte Frau Pickett. "Durch Zinsen und Verspätungszuschläge sind es jetzt 18.000 US-Dollar. Die Zinsrate lag anfangs bei 18 Prozent. Nachdem wir ein Jahr lang nicht bezahlt haben, liegt sie jetzt bei 28 Prozent."

      Zwar sind die Schuldner grundsätzlich selbst für das Entstehen und die Rückzahlung ihrer Schulden verantwortlich, die Kreditkartenunternehmen machen es den Menschen durch niedrige "Einstiegszinssätze", die nach dem ersten Zahlungsverzug sehr schnell auf bis zu 30 Prozent steigen und zusätzliche Verspätungszuschläge sehr leicht, in eine Schuldenfalle zu geraten, aus der es kein Entkommen mehr gibt.

      Eine Studie (Adobe Acrobat-Datei) der Organisation "Demos: A Network for Ideas and Action" zeigt, daß die Kreditkartenschulden in den USA zwischen 1989 und 2001 von 238 Milliarden US-Dollar auf 692 Milliarden US-Dollar angewachsen sind.

      Am stärksten betroffen sind die Menschen mit den niedrigsten Einkommen. In der untersuchten Zeitspanne ist der Kreditkartenschuldenstand einer durchschnittlichen Familie um 53 Prozent angestiegen. Bei Familien der Mittelschicht waren es 75 Prozent und bei älteren Menschen 149 Prozent. Bei Familien mit einem sehr niedrigen Einkommen von unter 10.000 US-Dollar jährlich lag der Anstieg bei 184 Prozent.

      Dies wird durch neue Geschäftsbedingungen der Kreditkartenunternehmen ausgenutzt. Verspätungszuschläge liegen im Mittel jetzt bei 29 US-Dollar und die meisten Kreditkartenunternehmen haben die Schonfrist für verspätete Zahlungen von 14 Tagen auf 0 Tage gesenkt. Die erste verspätete Zahlung wird außerdem als Grund genutzt, die anfänglichen, niedrigen Zinsraten, die teilweise bei 0 Prozent liegen, auf Zinssätze von 22 bis 29 Prozent anzuheben.

      Dies hat der Studie zufolge dazu geführt, daß die Verspätungszuschläge die am schnellsten wachsenden Einnahmequelle der Kreditkartenunternehmen sind. Von 1,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 1996 sind sie auf 7,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2002 angewachsen.

      Und auch bei den Zinssätzen ist die Spitze aller Wahrscheinlichkeit nach noch nicht erreicht. Tamara Draut, eine Autorin der Studie, zufolge haben alle großen Kreditkartenunternehmen ihren Firmensitz in US-Bundesstaaten, die die Zinssätze nicht beschränken, so daß hier nach oben keine Grenze besteht, daß nach US-Gesetzen hierbei der Firmensitz und nicht der Wohnort des Kunden ausschlaggebend ist.

      Diese Situation fördert die weitere Verarmung der betroffenen Familien und drängt immer neue Familien in die Armut.


      http://www.freace.de/artikel/sep2003/cc240903.html
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 00:06:02
      Beitrag Nr. 245 ()
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      Die Folgen der Freiheit
      24.09.2003



      Die USA werden gerne als das "freieste Land der Erde" bezeichnet. Politisch drängen sich an dieser Formulierung immer mehr Zweifel auf, wirtschaftlich ist sie aber sicherlich zutreffend.

      Über die Folgen eines Aspektes dieser Freiheit berichtete am Montag die New York Times.

      Immer mehr Menschen in den USA leben unterhalb der - mit einem Jahreseinkommen von 18.390 US-Dollar für eine vierköpfige Familie sowieso schon mehr als nur knapp bemessenen - Armutsgrenze. Im vergangenen Jahr waren es 34,8 Millionen Menschen, also 12,4 Prozent der Gesamtbevölkerung.

      Viele dieser Menschen, versuchen ihre finanziellen Probleme zu überbrücken, indem sie ihre Kreditkarten einsetzen, was ihre Lage aber noch wesentlich verschlimmert. Da der Markt auch für Kreditkarten in den USA nicht reguliert wird, erreichen die zu zahlenden Zinsen häufig 30 Prozent, ein Wert, den der Autor des Artikels, Bob Herbert als "Wucher" bezeichnet und den einigen Unterschied zu Geldverleihern der Mafia darin sieht, daß die Menschen nicht um ihre Kniescheiben fürchten müssen.

      Zwei von diesen Menschen sind das Ehepaar Julie und Jerry Pickett aus der Stadt Middletown im US-Bundesstaat Ohio. Kurz, nachdem sie Zwillinge zur Welt gebracht hatte und deshalb ihre Vollzeitarbeit aufgegeben hatte, begann das Geschäft ihres Mannes Absatzprobleme zu entwickeln.

      In dieser Situation entwickelten sich die Kreditkarten der Familie zu "Lebensadern" des täglichen Bedarfs, Lebensmitteln, Benzin, Reparaturen und Kleidung für die Kinder.

      Nach der Geburt eines weiteren Kindes stiegen die Kreditkartenschulden der Picketts auf 40.000 US-Dollar, eine Summe, die sie angesichts der massiven Zinszahlungen vermutlich nie werden zurückzahlen können. "Wir hatten eine Karte mit einem Saldo von 8.000 US-Dollar", sagte Frau Pickett. "Durch Zinsen und Verspätungszuschläge sind es jetzt 18.000 US-Dollar. Die Zinsrate lag anfangs bei 18 Prozent. Nachdem wir ein Jahr lang nicht bezahlt haben, liegt sie jetzt bei 28 Prozent."

      Zwar sind die Schuldner grundsätzlich selbst für das Entstehen und die Rückzahlung ihrer Schulden verantwortlich, die Kreditkartenunternehmen machen es den Menschen durch niedrige "Einstiegszinssätze", die nach dem ersten Zahlungsverzug sehr schnell auf bis zu 30 Prozent steigen und zusätzliche Verspätungszuschläge sehr leicht, in eine Schuldenfalle zu geraten, aus der es kein Entkommen mehr gibt.

      Eine Studie (Adobe Acrobat-Datei) der Organisation "Demos: A Network for Ideas and Action" zeigt, daß die Kreditkartenschulden in den USA zwischen 1989 und 2001 von 238 Milliarden US-Dollar auf 692 Milliarden US-Dollar angewachsen sind.

      Am stärksten betroffen sind die Menschen mit den niedrigsten Einkommen. In der untersuchten Zeitspanne ist der Kreditkartenschuldenstand einer durchschnittlichen Familie um 53 Prozent angestiegen. Bei Familien der Mittelschicht waren es 75 Prozent und bei älteren Menschen 149 Prozent. Bei Familien mit einem sehr niedrigen Einkommen von unter 10.000 US-Dollar jährlich lag der Anstieg bei 184 Prozent.

      Dies wird durch neue Geschäftsbedingungen der Kreditkartenunternehmen ausgenutzt. Verspätungszuschläge liegen im Mittel jetzt bei 29 US-Dollar und die meisten Kreditkartenunternehmen haben die Schonfrist für verspätete Zahlungen von 14 Tagen auf 0 Tage gesenkt. Die erste verspätete Zahlung wird außerdem als Grund genutzt, die anfänglichen, niedrigen Zinsraten, die teilweise bei 0 Prozent liegen, auf Zinssätze von 22 bis 29 Prozent anzuheben.

      Dies hat der Studie zufolge dazu geführt, daß die Verspätungszuschläge die am schnellsten wachsenden Einnahmequelle der Kreditkartenunternehmen sind. Von 1,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 1996 sind sie auf 7,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2002 angewachsen.

      Und auch bei den Zinssätzen ist die Spitze aller Wahrscheinlichkeit nach noch nicht erreicht. Tamara Draut, eine Autorin der Studie, zufolge haben alle großen Kreditkartenunternehmen ihren Firmensitz in US-Bundesstaaten, die die Zinssätze nicht beschränken, so daß hier nach oben keine Grenze besteht, daß nach US-Gesetzen hierbei der Firmensitz und nicht der Wohnort des Kunden ausschlaggebend ist.

      Diese Situation fördert die weitere Verarmung der betroffenen Familien und drängt immer neue Familien in die Armut.


      http://www.freace.de/artikel/sep2003/cc240903.html
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 00:07:19
      Beitrag Nr. 246 ()
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      Die Folgen der Freiheit
      24.09.2003



      Die USA werden gerne als das "freieste Land der Erde" bezeichnet. Politisch drängen sich an dieser Formulierung immer mehr Zweifel auf, wirtschaftlich ist sie aber sicherlich zutreffend.

      Über die Folgen eines Aspektes dieser Freiheit berichtete am Montag die New York Times.

      Immer mehr Menschen in den USA leben unterhalb der - mit einem Jahreseinkommen von 18.390 US-Dollar für eine vierköpfige Familie sowieso schon mehr als nur knapp bemessenen - Armutsgrenze. Im vergangenen Jahr waren es 34,8 Millionen Menschen, also 12,4 Prozent der Gesamtbevölkerung.

      Viele dieser Menschen, versuchen ihre finanziellen Probleme zu überbrücken, indem sie ihre Kreditkarten einsetzen, was ihre Lage aber noch wesentlich verschlimmert. Da der Markt auch für Kreditkarten in den USA nicht reguliert wird, erreichen die zu zahlenden Zinsen häufig 30 Prozent, ein Wert, den der Autor des Artikels, Bob Herbert als "Wucher" bezeichnet und den einigen Unterschied zu Geldverleihern der Mafia darin sieht, daß die Menschen nicht um ihre Kniescheiben fürchten müssen.

      Zwei von diesen Menschen sind das Ehepaar Julie und Jerry Pickett aus der Stadt Middletown im US-Bundesstaat Ohio. Kurz, nachdem sie Zwillinge zur Welt gebracht hatte und deshalb ihre Vollzeitarbeit aufgegeben hatte, begann das Geschäft ihres Mannes Absatzprobleme zu entwickeln.

      In dieser Situation entwickelten sich die Kreditkarten der Familie zu "Lebensadern" des täglichen Bedarfs, Lebensmitteln, Benzin, Reparaturen und Kleidung für die Kinder.

      Nach der Geburt eines weiteren Kindes stiegen die Kreditkartenschulden der Picketts auf 40.000 US-Dollar, eine Summe, die sie angesichts der massiven Zinszahlungen vermutlich nie werden zurückzahlen können. "Wir hatten eine Karte mit einem Saldo von 8.000 US-Dollar", sagte Frau Pickett. "Durch Zinsen und Verspätungszuschläge sind es jetzt 18.000 US-Dollar. Die Zinsrate lag anfangs bei 18 Prozent. Nachdem wir ein Jahr lang nicht bezahlt haben, liegt sie jetzt bei 28 Prozent."

      Zwar sind die Schuldner grundsätzlich selbst für das Entstehen und die Rückzahlung ihrer Schulden verantwortlich, die Kreditkartenunternehmen machen es den Menschen durch niedrige "Einstiegszinssätze", die nach dem ersten Zahlungsverzug sehr schnell auf bis zu 30 Prozent steigen und zusätzliche Verspätungszuschläge sehr leicht, in eine Schuldenfalle zu geraten, aus der es kein Entkommen mehr gibt.

      Eine Studie (Adobe Acrobat-Datei) der Organisation "Demos: A Network for Ideas and Action" zeigt, daß die Kreditkartenschulden in den USA zwischen 1989 und 2001 von 238 Milliarden US-Dollar auf 692 Milliarden US-Dollar angewachsen sind.

      Am stärksten betroffen sind die Menschen mit den niedrigsten Einkommen. In der untersuchten Zeitspanne ist der Kreditkartenschuldenstand einer durchschnittlichen Familie um 53 Prozent angestiegen. Bei Familien der Mittelschicht waren es 75 Prozent und bei älteren Menschen 149 Prozent. Bei Familien mit einem sehr niedrigen Einkommen von unter 10.000 US-Dollar jährlich lag der Anstieg bei 184 Prozent.

      Dies wird durch neue Geschäftsbedingungen der Kreditkartenunternehmen ausgenutzt. Verspätungszuschläge liegen im Mittel jetzt bei 29 US-Dollar und die meisten Kreditkartenunternehmen haben die Schonfrist für verspätete Zahlungen von 14 Tagen auf 0 Tage gesenkt. Die erste verspätete Zahlung wird außerdem als Grund genutzt, die anfänglichen, niedrigen Zinsraten, die teilweise bei 0 Prozent liegen, auf Zinssätze von 22 bis 29 Prozent anzuheben.

      Dies hat der Studie zufolge dazu geführt, daß die Verspätungszuschläge die am schnellsten wachsenden Einnahmequelle der Kreditkartenunternehmen sind. Von 1,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 1996 sind sie auf 7,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2002 angewachsen.

      Und auch bei den Zinssätzen ist die Spitze aller Wahrscheinlichkeit nach noch nicht erreicht. Tamara Draut, eine Autorin der Studie, zufolge haben alle großen Kreditkartenunternehmen ihren Firmensitz in US-Bundesstaaten, die die Zinssätze nicht beschränken, so daß hier nach oben keine Grenze besteht, daß nach US-Gesetzen hierbei der Firmensitz und nicht der Wohnort des Kunden ausschlaggebend ist.

      Diese Situation fördert die weitere Verarmung der betroffenen Familien und drängt immer neue Familien in die Armut.


      http://www.freace.de/artikel/sep2003/cc240903.html
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 00:12:25
      Beitrag Nr. 247 ()
      ---------------------------


      Die Folgen der Freiheit
      24.09.2003



      Die USA werden gerne als das "freieste Land der Erde" bezeichnet. Politisch drängen sich an dieser Formulierung immer mehr Zweifel auf, wirtschaftlich ist sie aber sicherlich zutreffend.

      Über die Folgen eines Aspektes dieser Freiheit berichtete am Montag die New York Times.

      Immer mehr Menschen in den USA leben unterhalb der - mit einem Jahreseinkommen von 18.390 US-Dollar für eine vierköpfige Familie sowieso schon mehr als nur knapp bemessenen - Armutsgrenze. Im vergangenen Jahr waren es 34,8 Millionen Menschen, also 12,4 Prozent der Gesamtbevölkerung.

      Viele dieser Menschen, versuchen ihre finanziellen Probleme zu überbrücken, indem sie ihre Kreditkarten einsetzen, was ihre Lage aber noch wesentlich verschlimmert. Da der Markt auch für Kreditkarten in den USA nicht reguliert wird, erreichen die zu zahlenden Zinsen häufig 30 Prozent, ein Wert, den der Autor des Artikels, Bob Herbert als "Wucher" bezeichnet und den einigen Unterschied zu Geldverleihern der Mafia darin sieht, daß die Menschen nicht um ihre Kniescheiben fürchten müssen.

      Zwei von diesen Menschen sind das Ehepaar Julie und Jerry Pickett aus der Stadt Middletown im US-Bundesstaat Ohio. Kurz, nachdem sie Zwillinge zur Welt gebracht hatte und deshalb ihre Vollzeitarbeit aufgegeben hatte, begann das Geschäft ihres Mannes Absatzprobleme zu entwickeln.

      In dieser Situation entwickelten sich die Kreditkarten der Familie zu "Lebensadern" des täglichen Bedarfs, Lebensmitteln, Benzin, Reparaturen und Kleidung für die Kinder.

      Nach der Geburt eines weiteren Kindes stiegen die Kreditkartenschulden der Picketts auf 40.000 US-Dollar, eine Summe, die sie angesichts der massiven Zinszahlungen vermutlich nie werden zurückzahlen können. "Wir hatten eine Karte mit einem Saldo von 8.000 US-Dollar", sagte Frau Pickett. "Durch Zinsen und Verspätungszuschläge sind es jetzt 18.000 US-Dollar. Die Zinsrate lag anfangs bei 18 Prozent. Nachdem wir ein Jahr lang nicht bezahlt haben, liegt sie jetzt bei 28 Prozent."

      Zwar sind die Schuldner grundsätzlich selbst für das Entstehen und die Rückzahlung ihrer Schulden verantwortlich, die Kreditkartenunternehmen machen es den Menschen durch niedrige "Einstiegszinssätze", die nach dem ersten Zahlungsverzug sehr schnell auf bis zu 30 Prozent steigen und zusätzliche Verspätungszuschläge sehr leicht, in eine Schuldenfalle zu geraten, aus der es kein Entkommen mehr gibt.

      Eine Studie (Adobe Acrobat-Datei) der Organisation "Demos: A Network for Ideas and Action" zeigt, daß die Kreditkartenschulden in den USA zwischen 1989 und 2001 von 238 Milliarden US-Dollar auf 692 Milliarden US-Dollar angewachsen sind.

      Am stärksten betroffen sind die Menschen mit den niedrigsten Einkommen. In der untersuchten Zeitspanne ist der Kreditkartenschuldenstand einer durchschnittlichen Familie um 53 Prozent angestiegen. Bei Familien der Mittelschicht waren es 75 Prozent und bei älteren Menschen 149 Prozent. Bei Familien mit einem sehr niedrigen Einkommen von unter 10.000 US-Dollar jährlich lag der Anstieg bei 184 Prozent.

      Dies wird durch neue Geschäftsbedingungen der Kreditkartenunternehmen ausgenutzt. Verspätungszuschläge liegen im Mittel jetzt bei 29 US-Dollar und die meisten Kreditkartenunternehmen haben die Schonfrist für verspätete Zahlungen von 14 Tagen auf 0 Tage gesenkt. Die erste verspätete Zahlung wird außerdem als Grund genutzt, die anfänglichen, niedrigen Zinsraten, die teilweise bei 0 Prozent liegen, auf Zinssätze von 22 bis 29 Prozent anzuheben.

      Dies hat der Studie zufolge dazu geführt, daß die Verspätungszuschläge die am schnellsten wachsenden Einnahmequelle der Kreditkartenunternehmen sind. Von 1,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 1996 sind sie auf 7,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2002 angewachsen.

      Und auch bei den Zinssätzen ist die Spitze aller Wahrscheinlichkeit nach noch nicht erreicht. Tamara Draut, eine Autorin der Studie, zufolge haben alle großen Kreditkartenunternehmen ihren Firmensitz in US-Bundesstaaten, die die Zinssätze nicht beschränken, so daß hier nach oben keine Grenze besteht, daß nach US-Gesetzen hierbei der Firmensitz und nicht der Wohnort des Kunden ausschlaggebend ist.

      Diese Situation fördert die weitere Verarmung der betroffenen Familien und drängt immer neue Familien in die Armut.


      http://www.freace.de/artikel/sep2003/cc240903.html
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      schrieb am 25.09.03 00:13:12
      Beitrag Nr. 248 ()
      ---------------------------


      Die Folgen der Freiheit
      24.09.2003



      Die USA werden gerne als das "freieste Land der Erde" bezeichnet. Politisch drängen sich an dieser Formulierung immer mehr Zweifel auf, wirtschaftlich ist sie aber sicherlich zutreffend.

      Über die Folgen eines Aspektes dieser Freiheit berichtete am Montag die New York Times.

      Immer mehr Menschen in den USA leben unterhalb der - mit einem Jahreseinkommen von 18.390 US-Dollar für eine vierköpfige Familie sowieso schon mehr als nur knapp bemessenen - Armutsgrenze. Im vergangenen Jahr waren es 34,8 Millionen Menschen, also 12,4 Prozent der Gesamtbevölkerung.

      Viele dieser Menschen, versuchen ihre finanziellen Probleme zu überbrücken, indem sie ihre Kreditkarten einsetzen, was ihre Lage aber noch wesentlich verschlimmert. Da der Markt auch für Kreditkarten in den USA nicht reguliert wird, erreichen die zu zahlenden Zinsen häufig 30 Prozent, ein Wert, den der Autor des Artikels, Bob Herbert als "Wucher" bezeichnet und den einigen Unterschied zu Geldverleihern der Mafia darin sieht, daß die Menschen nicht um ihre Kniescheiben fürchten müssen.

      Zwei von diesen Menschen sind das Ehepaar Julie und Jerry Pickett aus der Stadt Middletown im US-Bundesstaat Ohio. Kurz, nachdem sie Zwillinge zur Welt gebracht hatte und deshalb ihre Vollzeitarbeit aufgegeben hatte, begann das Geschäft ihres Mannes Absatzprobleme zu entwickeln.

      In dieser Situation entwickelten sich die Kreditkarten der Familie zu "Lebensadern" des täglichen Bedarfs, Lebensmitteln, Benzin, Reparaturen und Kleidung für die Kinder.

      Nach der Geburt eines weiteren Kindes stiegen die Kreditkartenschulden der Picketts auf 40.000 US-Dollar, eine Summe, die sie angesichts der massiven Zinszahlungen vermutlich nie werden zurückzahlen können. "Wir hatten eine Karte mit einem Saldo von 8.000 US-Dollar", sagte Frau Pickett. "Durch Zinsen und Verspätungszuschläge sind es jetzt 18.000 US-Dollar. Die Zinsrate lag anfangs bei 18 Prozent. Nachdem wir ein Jahr lang nicht bezahlt haben, liegt sie jetzt bei 28 Prozent."

      Zwar sind die Schuldner grundsätzlich selbst für das Entstehen und die Rückzahlung ihrer Schulden verantwortlich, die Kreditkartenunternehmen machen es den Menschen durch niedrige "Einstiegszinssätze", die nach dem ersten Zahlungsverzug sehr schnell auf bis zu 30 Prozent steigen und zusätzliche Verspätungszuschläge sehr leicht, in eine Schuldenfalle zu geraten, aus der es kein Entkommen mehr gibt.

      Eine Studie (Adobe Acrobat-Datei) der Organisation "Demos: A Network for Ideas and Action" zeigt, daß die Kreditkartenschulden in den USA zwischen 1989 und 2001 von 238 Milliarden US-Dollar auf 692 Milliarden US-Dollar angewachsen sind.

      Am stärksten betroffen sind die Menschen mit den niedrigsten Einkommen. In der untersuchten Zeitspanne ist der Kreditkartenschuldenstand einer durchschnittlichen Familie um 53 Prozent angestiegen. Bei Familien der Mittelschicht waren es 75 Prozent und bei älteren Menschen 149 Prozent. Bei Familien mit einem sehr niedrigen Einkommen von unter 10.000 US-Dollar jährlich lag der Anstieg bei 184 Prozent.

      Dies wird durch neue Geschäftsbedingungen der Kreditkartenunternehmen ausgenutzt. Verspätungszuschläge liegen im Mittel jetzt bei 29 US-Dollar und die meisten Kreditkartenunternehmen haben die Schonfrist für verspätete Zahlungen von 14 Tagen auf 0 Tage gesenkt. Die erste verspätete Zahlung wird außerdem als Grund genutzt, die anfänglichen, niedrigen Zinsraten, die teilweise bei 0 Prozent liegen, auf Zinssätze von 22 bis 29 Prozent anzuheben.

      Dies hat der Studie zufolge dazu geführt, daß die Verspätungszuschläge die am schnellsten wachsenden Einnahmequelle der Kreditkartenunternehmen sind. Von 1,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 1996 sind sie auf 7,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2002 angewachsen.

      Und auch bei den Zinssätzen ist die Spitze aller Wahrscheinlichkeit nach noch nicht erreicht. Tamara Draut, eine Autorin der Studie, zufolge haben alle großen Kreditkartenunternehmen ihren Firmensitz in US-Bundesstaaten, die die Zinssätze nicht beschränken, so daß hier nach oben keine Grenze besteht, daß nach US-Gesetzen hierbei der Firmensitz und nicht der Wohnort des Kunden ausschlaggebend ist.

      Diese Situation fördert die weitere Verarmung der betroffenen Familien und drängt immer neue Familien in die Armut.


      http://www.freace.de/artikel/sep2003/cc240903.html
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      schrieb am 25.09.03 00:27:37
      Beitrag Nr. 249 ()
      uups,entschuldigung für die anzahl der gleichen Postings.
      man konnte den Artikel nicht senden und auf einmal sind aus 1 gleich 5.
      ein Zauber, genau wie es Herr Grünspan, wohl mit seinen Dollarscheinen tut!:D ;)
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 00:28:17
      Beitrag Nr. 250 ()
      Leopold Kohr

      Das Ende der Großen
      Zurück zum menschlichen Maß

      Über das Verhältnis von Größe und Kleinheit in gesellschaftlichen Systemen.


      Es herrscht Unordnung in Europa im Jahre 2003. Das Verhältnis zwischen der EU und den USA ist zerrüttet, die Abstimmung einer gemeinsamen Außenpolitik liegt in weiter Ferne. Und doch hoffen alle führenden Köpfe in Europa auf eine Besserung durch die Vereinigung.
      Aus vielen kleinen Staaten soll eine Großmacht Europa werden. Ein solcher Staat mit künftig über 25 Nationen und über 400 Millionen Einwohnern soll nach dem Denken der Politiker zentral regiert werden. Vor diesem Hintergrund, wurde jetzt Leopold Kohrs wichtigstes Werk, "Das Ende der Großen - Zurück zum menschlichen Maß" welches erstmals 1957 erschien, neu im Otto-Müller Verlag, Salzburg veröffentlicht.

      Zwar gehörte Leopold Kohr nicht zu den bekanntesten, wohl aber zu den bedeutendsten Denkern des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Ideen des Staatswissenschaftlers gehen weit über das Verständnis der Nationalökonomie hinaus, weil Leopold Kohr über die philosophischen Grundlagen der Wirtschaft nachdenkt. Mit überaus klarer Argumentation entschlüsselt Kohr die früheren Thesen des menschlichen Elends und zeigt auf, warum sie nur unvollständig sein können: Nicht irgendeine Masse spaltbaren Materials löst ein Kernspaltung aus, sondern die kritische Masse. Nicht irgendeine Menge Macht wird zu brutalem Mißbrauch führen, sondern die kritische Menge Macht. Gegen die heutige Tendenz vieler Globalisierungskritiker spricht sich Kohr aber nicht prinzipiell gegen Wettbewerb, Profit oder gar gegen den Kapitalismus aus. Vielmehr kommt er in seinen differenzierten und wunderbar lesbaren Betrachtungen zu der Erkenntnis, das die ständige Zunahme des Wettbewerbs, die Zunahme des Profits und das uneingeschränkte Wachsen des Kapitalismus die wahren Ursachen für das Elend der Globalisierung seien.

      Kohrs Philosophie, die Philosophie der Größe beruht darauf, dass alle Formen des sozialen Elends nur eine Ursache haben: ihre Größe. Dabei setzt Kohr Größe mit Überdimensioniertheit gleich. Weil moralisches, physisches oder politisches Unheil nur von der Dimension abhänge, liege die Lösung dieses Problems darin, die Substanz oder den Organismus, der seine natürliche Größe überschritten hat, zu reduzieren. Wann immer etwas zu klein geraten sei, setzte automatisch ein Wachstums- und Vereinigungsprozeß ein. Aber ab einer bestimmten Größe verursache die schlichte Massenanhäufung Probleme. Das wäre dann der Punkt an dem die Natur der Übergröße ihre Instabilität eingebaut habe. Bakterienkulturen können beispielsweise nicht ins Unendliche Wachsen. Ab einer bestimmten Größe verursachen die Stoffwechselausscheidungen und Nährmittelknappheit einen Wachstumsstopp. Wird eine bestimmte Größe überschritten, ist sogar ein Absterben der Bakterienpopulation durch Selbstvergiftung bis auf wenige Resistenzorganismen möglich. Es handelt sich hier grundsätzlich nicht um ein Problem des Wachsens, sondern um das des "Nicht-Weiterwachsens". "Wenn manche Sterne in einer spontanen Explosion zerbersten, geschieht dies nicht weil ihre Substanz aus dem Gleichgewicht geraten ist, sondern weil ihre Materie an eine kritische Grenze gelangte, die jeder Anhäufung gesetzt ist: Ihre Masse ist zu groß geworden." So wie dieses Gesetz im physischen Sinne wirke, so funktioniere es auch in sozialen Bereichen. Als Beispiel führte er bereits in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts einen Vielvölkerstaat wie die UdSSR an - heute längst in kleinere Einheiten zerfallen.

      Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und den daraus folgenden Kriegen besteht ein steigendes Interesse an Politik und Gesellschaft der Vereinigten Staaten. In einem lesenswerten Kapitel über die Geschichte von Macht und Größe in den USA liegt vielleicht ein Schlüssel zum besseren Verständnis, warum sich die Vereinigten Staaten von Amerika für viele so unverständlich verhalten. Hierzu Leopold Kohr: "Keine Ideologie des Friedens, mag sie auch noch so tief in einem Land verwurzelt sein, kann den Krieg verhindern, wenn einmal eine bestimmte Macht-Konstellation in Erscheinung getreten ist. Sie mag einen verlangsamenden oder einen verschönenden Effekt haben, aber das ist auch schon alles." Die Bildung solcher Macht-Konstellation erklärt Kohr: Ein Staat solle eine Bevölkerungsgröße von 8 bis 10 Millionen Menschen nicht übersteigen, denn dann würde er seine reibungslose Funktionsfähigkeit verlieren. Der Kontakt der Staatsspitze zur Bevölkerung wäre dann nicht mehr optimal gewährleistet. Dem Problem der Korruption begegnet Kohr auf seine beinahe unwiderlegbare Weise: "Relative Macht korrumpiert relativ. Absolute Macht korrumpiert absolut."

      Als Lösung schlägt Leopold Kohr eine neue politische Landkarte für Europa vor: Anstatt unbedingter Vereinigung solle das Prinzip der Trennung herrschen. Anstatt die kleinen Staaten wegzuschmelzen, plädiert er für eine Aufstückelung der Großen - und orientiert sich dabei an dem Schweizer Kantons-System. Eine Auflösung von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien beispielsweise würde Kleinststaaten hervorbringen die es schon einmal gab: Bayern, Sachsen, Holstein, Normandie, Savoyen, Burgund, Lombardei, Venetien, Neapel, Cornwall, Schottland, Wales usw. "Auf dieser Landkarte taucht nichts Künstliches mehr auf. Es handelt sich um die natürliche und ursprüngliche Landschaft Europas. Kein einziger Name müsste erfunden werden, denn es gibt sie alle noch. Und sie sind sehr lebendig, wie die vielen Autonomie-Bewegungen der Mazedonier, Sizilianer, Basken, Katalanen, Schotten, Bayern, Walliser, Slowaken oder Normannen aufzeigen." Würde man also die Großmächte in Kleinbereiche aufteilen, so Kohr, so würde das nicht zu einer Rückkehr Europas in einen künstlichen, sondern in einen natürlichen Zustand führen. Kleine Staaten hält Kohr aufgrund ihrer Natur für immanent demokratisch. Da der Staat klein sei, sei auch die Regierung im Vergleich zum Bürger klein. In einem interessanten Gedankenexperiment stellt Leopold Kohr gar die These auf, dass Hitler nie zu solch geballter Macht gekommen wäre, wenn Deutschland in Kleinststaaten zerstückelt gewesen wäre. "Mit einem Hitler als Bayern-Diktator wären die Nachbarn Württemberg und Österreich fertig geworden. In Deutschland konnten die vereinten Kräfte Großbritanniens, Frankreichs, der USA und der Sowjetunion das Nazi-Geschwür nicht am Wuchern hindern."

      Natürlich würde es in einer Welt kleiner Staaten auch Kriege geben. Nur ihre Dimension wäre eine andere: Kriege würden dann eher so wie im Mittelalter ausfallen: "Der Herzog von Tirol erklärte dem Markgrafen von Bayern den Krieg, weil jemandes Pferd gestohlen worden war. Der Krieg dauerte zwei Wochen. Es gab einen Toten und sechs Verwundete. Ein Dorf wurde eingenommen, dabei der Wein getrunken, der im Keller des Gasthofes lagerte. Dann wurde Frieden geschlossen und eine Summe von hundert Talern als Entschädigung gezahlt. Die geographisch nahe liegenden Länder, die Erzbischofsresidenz von Salzburg und das Fürstentum Liechtenstein, erfuhren von den Vorgängen ein paar Wochen später, und der Rest Europas hörte davon überhaupt nichts."
      Leider haftet heute dem Thema Mittelalter ein Stigma des Grausamen und Grauenhaften an. Dabei gab es lange Friedensperioden als natürliche Folge des Kleinstaatensystems.
      Unsere heutige Sicht auf das Mittelalter ist eine Sicht des Leides. Kohr erklärt die Gründe für unser Denken: Weil die Geschichte hauptsächlich die Störungen des Friedens und nicht die Existenz des Friedens registriere, sei das Mittelalter so in Verruf gekommen.

      Der intellektuelle Weltbürger Kohr verbrachte den größten Teil seines Lebens fern der Heimat Oberndorf am Inn. In den USA, in Mexiko, in Puerto Rico und in der englischen Grafschaft Wales lebte und lehrte Kohr - nicht ohne das Leben auch zu genießen: Während seines Lehraufenthaltes in Wales verlegte er seine Vorlesungen manchmal sogar von den unterkühlten, großen Sälen der Universität Aberystwyth, in die kleinen, einladenden Pubs, und hielt dort seine Vorlesungen - zur großen Freude seiner Studenten.
      Prägend für Leopold Kohr waren, wie er immer wieder betonte, seine politischen Studien und die Philosophie der griechischen Stadtstaaten, die bis heute das beste Modell für demokratische Selbstbestimmung, Autarkie und eigenständige Vielfalt sind.
      Keine Zentralregierung im fernen Brüssel kann den Menschen vorschreiben was sie beispielsweise in Bayern oder Katalonien zu tun haben. Dieser neu entstehende Monolith Europa wird nicht von Bestand sein, wenn er von einer Zentrale mit ungeheurer Machtanfüllung geleitet wird. Und dies ist der große Verdienst von Leopold Kohr, obwohl er ein so eingefleischter EU-Gegner war: Sollten die zentralen Stellen der EU erkennen, das sie die Entscheidungsgewalt, für regionale Belange in die Problemzonen verlagern, ganz gleich ob österreichisch, französisch oder deutsch, dann kann es wirklich gelingen ein humanistisches, demokratisches System mit einer gesunden Grundstruktur zu implementieren.

      Im gut bestückten Anhang des Buches sind zahlreiche Anmerkungen und eine Bibliographie der zitierten Werke zu finden. Acht Karten verdeutlichen das Prinzip der Föderation nach dem Schweizer-Kantonsmodell für Europa.
      "Das Ende der Großen - Zurück zum menschlichen Maß" ruft zu einem neuem Denken auf: Zu einer gesunden Skepsis zur Größe von Staaten, Unternehmen und Institutionen.

      Stephan Buchberger

      23. September 2003
      http://www.politik-buch.de/rezens/rez_kohr.htm
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 00:36:34
      Beitrag Nr. 251 ()
      LANGFASSUNG

      Sozialdemokraten in der neoliberalen Falle

      Der vielbenutzte Begriff der Eigenverantwortung kaschiert nur den Ruf nach sozialer Verantwortungslosigkeit
      / Von Christoph Butterwegge

      Aufgrund der veränderten weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und innergesellschaftlichen Machtverhältnisse steht die Sozialpolitik bzw. der Wohlfahrtsstaat seit geraumer Zeit unter Druck, finanziell wie ideologisch oder legitimatorisch. Regierungsfähig wird künftig nur eine Partei sein, der es gelingt, die Mehrheit der Wahlbürger/innen von der Notwendigkeit eines Umbaus des Sozialstaates einerseits und der Richtigkeit ihres Bauplans andererseits zu überzeugen. Dies gilt auch und gerade für die SPD, schreibt Christoph Butterwegge.








      Chancengleichheit ist mehr als nur die gleiche Startchance für jeden (dpa)


      Sozialstaat in der Krise - Krise des Sozialstaates?

      Kaum jemand bezweifelt noch, dass sich der Sozialstaat in einer tiefen Krise befindet, für die meist er selbst verantwortlich gemacht wird. Schaut man genauer hin, ist es aber gar nicht die Krise des Sozialstaates, welche seine Fortexistenz gefährdet, vielmehr - neben Sonderfaktoren wie der Vereinigung von DDR und Bundesrepublik - diejenige des kapitalistischen Wirtschaftssystems, das weder ein ausreichendes Wachstum (Konjunkturschwäche) noch einen hohen Beschäftigungsstand (strukturelle Arbeitslosigkeit) zu gewährleisten vermag.

      Der durch Reichskanzler Otto von Bismarck auf Druck der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung wie der aufstrebenden Industrie, die bei jedem Betriebsunfall in Schadensersatzprozesse verwickelt war, begründete Sozialstaat ist erwerbsarbeits-, ehe- und erwachsenenzentriert. Durch epochale gesellschaftliche Strukturveränderungen wie die Globalisierung bzw. neoliberale Modernisierung, Individualisierung und Pluralisierung der Lebensformen gerät er auf drei Ebenen in eine Schieflage:




      DER AUTOR

      Christoph Butterwegge leitet die Abteilung für Politikwissenschaft an der Uni Köln. Er veröffentlichte zuletzt: Kinderarmut und Generationengerechtigkeit. Familien- und Sozialpolitik im demografischen Wandel, Opladen.




      Im Produktionsbereich löst sich das Normalarbeitsverhältnis tendenziell auf, vom Kapital unter den Stichworten "Deregulierung" und "Flexibilisierung" forciert. Es wird zwar nicht ersetzt, durch eine steigende Zahl prekärer, befristeter, Leih- und (Zwangs-)Teilzeitarbeitsverhältnisse, die den so Beschäftigten wie ihren Familienangehörigen weder ein ausreichendes Einkommen noch den erforderlichen arbeits- und sozialrechtlichen Schutz bieten, in seiner Bedeutung aber stark relativiert.

      Im Reproduktionsbereich büßt die Normalfamilie, d. h. die z. B. durch das Ehegattensplitting im Einkommensteuerrecht staatlicherseits subventionierte traditionelle Hausfrauenehe mit ein, zwei oder drei Kindern, in vergleichbarer Weise an gesellschaftlicher Relevanz ein. Neben sie treten andere Lebens- und Liebesformen, die zumindest tendenziell weniger materielle Sicherheit für Kinder gewährleisten (sog. Ein-Elternteil-Familie, "Patchwork-Familie", gleichgeschlechtliche Partnerschaft usw.).

      Hinsichtlich der Entwicklung des Wohlfahrtsstaates bedingt der Wettbewerb zwischen den "Wirtschaftsstandorten" einen Abbau von Sicherungselementen für "weniger Leistungsfähige", sofern man der Standortlogik folgt und ein neoliberaler Kurs die (Sozial-)Politik dominiert. Was als naturwüchsiger Prozess erscheint, der die Bundesrepublik - genauso wie andere Länder des hoch industrialisierten Westens - zwingt, Lohn- bzw. Lohnnebenkosten und Sozialleistungen zu senken, um konkurrenzfähig zu bleiben oder zu werden, basiert auf wirtschafts-, währungs- und finanzpolitischen Entscheidungen der mächtigsten Industriestaaten, die auch wieder revidierbar sind. Neoliberalen erscheint der (nordwest)europäische Wohlfahrtsstaat, wie wir ihn seit dem Zweiten Weltkrieg kennen, als von der ökonomisch-technologischen Entwicklung überholt, als Hemmschuh der Wettbewerbsfähigkeit und moderner Dinosaurier, der ins Museum der Altertümer gehört, neben das Spinnrad und die bronzene Axt.


      Vom aktiven zum "aktivierenden" Sozialstaat?

      Die neoliberale Hegemonie, d. h. die öffentliche Meinungsführerschaft des Marktradikalismus, hat in der Gesellschaft bisher allgemein verbindliche Gleichheits- und Gerechtigkeitsvorstellungen auf den Kopf gestellt. Galt früher der soziale Ausgleich zwischen den gesellschaftlichen Klassen, Schichten und Individuen als Ziel staatlicher Politik, so steht Siegertypen heute alles, "Leistungsunfähigen" bzw. "-unwilligen" hingegen nichts zu. Wenn davon überhaupt noch die Rede ist, ruft man in der Öffentlichkeit nach mehr "Generationengerechtigkeit"; die wachsende Ungleichheit innerhalb aller Generationen wird aber zunehmend ignoriert.

      "Gleichheit der Chancen, nicht im Ergebnis!" lautet ein viele Menschen überzeugendes Motto von Theoretikern, welche durch Erstere die Freiheit gefährdet wähnen und dagegen die Gerechtigkeit in Anschlag bringen. Gerhard Schröders erster Kanzleramtschef Bodo Hombach hat ein von den sozioökonomischen Bedingungen abstrahierendes Gleichheitsverständnis in der SPD salonfähig gemacht: "Wir brauchen Gleichheit beim Start, nicht im Ergebnis, eine Politik der zweiten Chance. Das Stichwort ist der aktivierende Staat. Wir müssen Instrumente in die Hand nehmen, die Selbsthilfe, Eigeninitiative und Unternehmertum fördern."
      Hombach, der vom aktivierenden Sozialstaat als "Trampolin" sprach, gehörte auch zu den Mitverfassern des sog. Schröder/Blair-Papiers, das die beiden Regierungschefs im Juni 1999 der Öffentlichkeit vorlegten. Darin war von einer "Ausweitung der Chancengleichheit" die Rede, verbunden mit einem klaren Bekenntnis zum Arbeitszwang für Leistungsempfänger/innen: "Ein Sozialversicherungssystem, das die Fähigkeit, Arbeit zu finden, behindert, muss reformiert werden. Moderne Sozialdemokraten wollen das Sicherheitsnetz aus Ansprüchen in ein Sprungbrett in die Eigenverantwortung umwandeln." Dass beide Turngeräte nur gesunden Menschen nützen, wurde geflissentlich übersehen.

      Schröders und Blairs Rat, statt sozialer nur noch Chancengleichheit bzw. Fairness anzustreben, überzeugte ihre Kritiker nicht: "Soziale Gerechtigkeit ist mehr als Chancengleichheit, wenn auch Chancengleichheit als eine Voraussetzung sozialer Gerechtigkeit angesehen werden kann. Gerechtigkeit setzt in einem bestimmten Maße eben auch Gleichheit im Ergebnis voraus" (Volker Offermann). Auch Horst Heimann betont, dass soziale Gleichheit und Gerechtigkeit nicht voneinander zu trennen sind, sondern einander bedingen: "Der Grundwert der sozialen Gerechtigkeit ist (. . .) ohne den Begriff Gleichheit nicht inhaltlich zu füllen. Ein Zuviel an Ungleichheit ist ein Widerspruch zur sozialen Gerechtigkeit. Wer aber von Ungleichheit nicht reden will, der sollte auch von Gerechtigkeit schweigen."




      An die Stelle eines demokratischen Sozialismus, der Gleichheit postuliert, trat in der SPD-Politik ein Sozialliberalismus à la John Rawls, bei dem die Ungleichheit im Namen der Gerechtigkeit akzeptiert wird. In der "zivilen Bürgergesellschaft", die Gerhard Schröder anstrebt, steht der Gerechtigkeitsgedanke im Vordergrund, beschränkt sich aber nicht auf Verteilungsgerechtigkeit, die als überholt gilt: "Gerade weil (. . .) die Herstellung und Bewahrung sozialer Gerechtigkeit in einem umfassenden Sinne oberstes Ziel sozialdemokratischer Politik ist und bleibt, können wir uns nicht mehr auf Verteilungsgerechtigkeit beschränken. Dies geht schon deshalb nicht, weil eine Ausweitung der Sozialhaushalte nicht zu erwarten und übrigens auch nicht erstrebenswert ist. Für die soziale Gerechtigkeit in der Wissens- und Informationsgesellschaft ist vor allem die Herstellung von Chancengerechtigkeit entscheidend." So sinnvoll die Erweiterung des Gerechtigkeitsbegriffs in Richtung einer "Teilhabe-" oder "Beteiligungsgerechtigkeit" sein mag, so wenig darf sie vergessen machen, dass dieser durch soziale Ungleichheit der Boden entzogen wird. Ohne soziale Emanzipation gibt es keine umfassende politische Partizipation und ohne Verteilungsgerechtigkeit keine Beteiligungsgerechtigkeit.

      Das Berliner Programm von 1989 nennt Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität als Grundwerte der SPD, die auch für den Sozialstaat der Zukunft maßgeblich sein müssten. Heutzutage hat besonders die Freiheit publizistisch Hochkonjunktur. Auch innerhalb der deutschen Sozialdemokratie, die mehr als ihre Konkurrenzparteien mit dem programmatischen Ziel einer auf relative Gleichheit gegründeten Gesellschaft identifiziert wird, akzentuiert man - dem Zeitgeist entsprechend - immer stärker die Freiheit. So betont Schröder in einem Essay zum 140. Jahrestag der SPD-Gründung: "Unser oberstes Leitbild ist die Freiheit der Menschen, ihr Recht auf ein Leben in Würde, Selbstbestimmung und freier Entfaltung ihrer Fähigkeiten in einem solidarischen Gemeinwesen."
      In seiner Regierungserklärung vom 14. März 2003 sprach Schröder nicht weniger als 18 Mal von "(Eigen-)Verantwortung", in seiner Rede auf dem Berliner Sonderparteitag der SPD am 1. Juni 2003 sogar 19 Mal von "Freiheit". Jürgen Kocka, Präsident des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), plädiert in einem Vorwärts-Interview mit dem Titel "Das Wichtigste ist die Freiheit" für eine Reduktion der Staatsintervention, die statt sozialer Gleichheit lieber mehr Möglichkeiten der Selbstverwirklichung und Teilhabe schaffen solle: "Staatliche Fürsorge ist nicht mehr so nötig und nicht so wünschenswert wie früher." Übersehen wird hier, dass es auf Grund der sozialen Polarisierung durch die neoliberale Modernisierung bzw. Umstrukturierung fast aller Gesellschaftsbereiche nach dem Vorbild des Marktes auch in einem so reichen Land wie der Bundesrepublik mehr statt weniger Armut gibt, die besonders Kinder und Jugendliche trifft. Wie aber soll eine allein erziehende Mutter, die nicht einmal weiß, ob sie genug Geld für die nahende Klassenfahrt ihres Kindes erübrigen kann, sich selbst verwirklichen und am gesellschaftlichen bzw. politischen Leben teilhaben?

      Die deutsche Sozialdemokratie kann sich der neoliberalen Hegemonie nur schwer entziehen, weil diese das Gefüge ihrer Grundwerte auf eine harte Probe stellt: Gefragt sind Leistungsbereitschaft und Konkurrenzfähigkeit, während soziale Gleichheit und Solidarität eher zu den Auslaufmodellen zählen. Die drei genannten Grundwerte stehen zwar nicht in einem Spannungsverhältnis, sondern ergänzen einander, lassen sich aber unterschiedlich interpretieren: Impliziert der Grundwert "Freiheit" die Möglichkeit aller Marktteilnehmer, ihre auf mehr persönlichen Wohlstand gerichteten Ziele ohne Rücksicht auf das Gemeinwohl zu vertreten? Ist unter dem Grundwert "Gerechtigkeit" zu verstehen, dass jeder nach seiner eigenen Leistung, d. h. dem individuell schwer messbaren Anteil am wirtschaftlichen Erfolg, entlohnt werden soll, oder aber, dass jeder nach seinem individuellen Bedarf am gesellschaftlichen Reichtum beteiligt werden soll? Bedeutet der Grundwert "Solidarität" nur, dass niemand Not leiden und verhungern darf, solange andere im Überfluss leben, oder schließt er auch das Teilen zwischen allen Gesellschaftsmitgliedern ein?

      Unter den Rahmenbedingungen einer wohlfahrtsstaatlichen Demokratie ist Freiheit immer die Möglichkeit der Schwächsten, über ihr Leben selbst zu bestimmen, statt unabhängig von der beruflichen Qualifikation wie der familiären Situation jeden Arbeitsplatz annehmen zu müssen, aber nicht die Möglichkeit von Spitzenverdienern und Kapitaleigentümern, sich der Verantwortung für die Allgemeinheit weitgehend zu entziehen. Wahlfreiheit kann nicht bedeuten, dass sich junge und gesunde Arbeitnehmer/innen durch die Option für preiswerte Spezialtarife ihrer Krankenkasse aus der sozialen Verantwortung stehlen. Wahlfreiheit muss vielmehr darin bestehen, dass sich vornehmlich Alleinerziehende für Teilzeitarbeit entscheiden können, ohne dadurch noch Jahrzehnte später gravierende Nachteile bei der Bemessung ihrer Altersrente zu haben.


      Modernisierung oder Abschied der Sozialdemokratie von sich selbst?

      In der aktuellen "Umbau"-Diskussion verschwimmen die Grenzen zwischen sozialdemokratischen Prinzipien und neoliberalen Positionen immer mehr. Peter Glotz, heute Hochschullehrer in St. Gallen und früher Bundesgeschäftsführer der SPD, verlangt einen radikalen Kurswechsel: "Die sozialdemokratische Theorie des Sozialstaats und der sozialen Gerechtigkeit muss neu formuliert werden, und zwar nicht wegen temporärer Bugdetprobleme oder irgendeines läppischen (aber von uns Deutschen erfundenen) Defizitkriteriums im ‚Stabilitätspakt` der EU. Vielmehr unterscheiden sich die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters radikal von der Periode, in der der europäische Wohlfahrtsstaat konzipiert wurde." Glotz, dem ein "Rückbau des Sozialstaates" trotz des immensen Reichtums der Bundesrepublik als "unausweichlich" erscheint, nennt zur Begründung drei Aspekte: das Altern der Gesellschaft, den "digitalen Kapitalismus" ohne eine Möglichkeit der Rückkehr zur Vollbeschäftigung und die deutsche Wiedervereinigung.

      Der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel fordert ein "zweites Godesberg", das die individuelle Entscheidungsfreiheit und das Bewusstsein einer gemeinsamen Verantwortung für die Gesellschaft miteinander zu versöhnen hätte: "Im Grunde geht es um eine Wiederbelebung unseres Solidaritätsbegriffes: verantwortliches Handeln für sich und gegenüber anderen." Neben das Plädoyer für mehr Eigenverantwortung tritt bei Gabriel der Appell an den Gemeinsinn: "Wir brauchen einen sozialen Patriotismus, dem sich insbesondere die geistigen und wirtschaftlichen Eliten verpflichtet fühlen." Von hier bis zu einem Standortnationalismus, wie ihn die Agenda 2010 propagiert, ist es nicht mehr sehr weit. Dort heißt es ganz zum Schluss: "Wir Deutsche können stolz sein auf die Kraft unserer Wirtschaft, auf die Leistungen unserer Menschen, auf die Stärke unserer Nation wie auch auf die sozialen Traditionen unseres Landes."

      fortsetzung unten....
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 00:41:56
      Beitrag Nr. 252 ()
      Fortsetzung

      In der aktuellen Reformdiskussion ist es Mode geworden, "mehr Eigenverantwortung" zu fordern. Mir scheint, dass vornehmlich Menschen diesen Anspruch erheben, die gar nicht auf Leistungen des Sozialstaates angewiesen sind, wohingegen ihn Menschen erfüllen sollen, denen es umso mehr an Möglichkeiten, persönlichen Potenzialen und finanziellen Reserven mangelt, als man ihnen die dazu nötige staatliche Unterstützung entzieht. "Eigenverantwortung" wäre ein würdiges "Unwort des Jahres", weil diese aus dem neoliberalen Begriffsarsenal stammende Vokabel nicht nur höchst vage, missverständlich und mehrdeutig ist, vielmehr auch soziale Verantwortungslosigkeit kaschiert und legitimieren soll. Schlagworte wie "Privatinitiative", "Eigenverantwortung" oder "Selbstvorsorge" lassen sich nur im Sinne solidarischen Fortschritts umdeuten, wenn man nach der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit von Einzelpersonen, Berufsgruppen und Gesellschaftsschichten fragt und daraus Konsequenzen im Hinblick auf die Verteilung der gesellschaftlichen Ressourcen zieht. Allen dem "Standort D" geltenden Unkenrufen zum Trotz ist die Bundesrepublik wohlhabend genug, um ein hoch entwickelter Sozialstaat zu bleiben.

      Durch mehr Leih- und Zeitarbeit, die Sozialdemokrat(inn)en noch vor kurzem als "moderne Sklaverei" rundweg ablehnten, sowie Mini- bzw. Midijobs nach der am 1. April 2003 in Kraft getretenen Hartz-Reform wird Armut nicht verringert, sondern in Bereichen der tarifvertraglich geregelten Arbeitsverhältnisse etabliert, die davon bisher noch weitgehend frei waren. Der "aktivierende Sozialstaat" bedeutet das Ende eines aktiven (d. h. interventionsfähigen und -bereiten) Sozialstaates. Mit der "Ich-AG" erhebt man die (Schein-) Selbstständigkeit von Hilfebedürftigen zum Programm, ist jedoch darauf bedacht, diese möglichst umgehend aus dem Leistungsbezug zu entlassen und die Kosten für ihre Unterstützung zu senken, obwohl hauptsächlich unternehmerische Kümmerexistenzen entstehen.

      Seitdem man die Bundesanstalt für Arbeit unter ihrem neuen Vorsitzenden Florian Gerster nach den Ratschlägen namhafter Unternehmensberater zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen umstrukturiert, werden die Betroffenen kaum mehr reintegriert, sondern bewusst fallen gelassen. Durch den Verzicht auf Zielgruppenförderung und sozialpädagogische Zusatzbetreuung sowie die unsoziale und kurzsichtige Konzentration auf den zu erwartenden Vermittlungserfolg (Festlegung einer "Verbleibsquote" von mindestens 70 Prozent sowohl als Voraussetzung für die Finanzierung von wie auch die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen) bleiben die sog. Hauptproblemgruppen des Arbeitsmarktes (Langzeitarbeitslose, Ältere und Berufsrückkehrerinnen) von Qualifizierungs- bzw. Fördermaßnahmen praktisch ausgeschlossen.

      Transferleistungen für Langzeitarbeitslose, also davon existenziell Abhängige, zu kürzen oder gar - wie bei der faktischen Abschaffung der Arbeitslosenhilfe (Zusammenlegung mit der Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II) - zu streichen, um "die Substanz des Sozialstaates zu erhalten" (Gerhard Schröder, Agenda 2010), folgt einer paradoxen Logik. Es ist, als würde man Selbstmord aus Angst vor dem Tod begehen oder den Ast absägen, auf dem man sitzt.


      Für einen solidarischen Um- und Ausbau des Sozialstaates!

      Tatsächlich ist ein Umbau des Sozialstaates erforderlich, der allerdings nicht neoliberalen Rezepten folgen und zur Reprivatisierung sozialer Risiken führen darf. Es geht darum, die spezifischen Nachteile des deutschen Sozialstaatsmodells auszugleichen, ohne seine Vorzüge preiszugeben. Strukturdefekte des "rheinischen" Wohlfahrtsstaates bilden seine duale Architektur (Spaltung in Sozialversicherung und Sozialhilfe), seine strikte Lohn- und Leistungsbezogenheit (Äquivalenzprinzip) sowie seine Barrieren gegen Egalisierungstendenzen (im Grunde systemwidrige Beitragsbemessungsgrenzen; Versicherungspflichtgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung; partielle Freistellung prekärer Beschäftigungsverhältnisse von der Sozialversicherungs- bzw. Steuerpflicht). Der entscheidende Pluspunkt des Bismarck`schen Sozialsystems gegenüber anderen, damit konkurrierenden Modellen liegt darin, dass seine Geld-, Sach- und Dienstleistungen keine Alimentation von Bedürftigen und Benachteiligten aus Steuermitteln darstellen, sondern durch Beitragszahlungen erworbene und auch verfassungsrechtlich garantierte Ansprüche.

      Gegen eine Zurückdrängung der Beitrags- und einen Ausbau der Steuerfinanzierung des sozialen Sicherungssystems sprechen jedoch drei gewichtige Gründe:

      1. unterliegen steuerfinanzierte - im Unterschied zu beitragsfinanzierten - Sozialausgaben den staatlichen Haushaltsrestriktionen; sie fallen deshalb eher den allgemeinen Sparzwängen der öffentlichen Hand zum Opfer; außerdem ist ihre Höhe von wechselnden Parlamentsmehrheiten und Wahlergebnissen abhängig. Wie sollen die ständig sinkenden Steuereinnahmen des Staates zur Finanzierungsbasis eines funktionsfähigen Systems der sozialen Sicherung werden? Schließlich haben alle Parteien die weitere Senkung von Steuern auf ihre Fahnen geschrieben.

      2. muss man sich bloß die Struktur der Steuereinnahmen ansehen, um erkennen zu können, dass Unternehmer und Kapitaleigentümer im "Lohnsteuerstaat" Deutschland kaum noch zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. Durch diese Schieflage der steuerlichen Belastung (nicht nur, aber vor allem bei den indirekten Steuern) würde das Sozialsystem einseitig von den Arbeitnehmer(inne)n finanziert, wohingegen die (im Pflegebereich und bei der sog. Riester-Rente freilich bereits durchbrochene) Beitragsparität der Sozialversicherung für eine angemessene Beteiligung der Arbeitgeberseite an den Kosten sorgt. Zu fragen ist auch, welches Interesse die Unternehmer am Abbau der Arbeitslosigkeit, die ihre gesellschaftliche Position stärkt und die Gewerkschaften schwächt, überhaupt noch haben sollten, wenn sie die Kosten der Arbeitslosigkeit fast ganz auf die Allgemeinheit, hauptsächlich die Lohn- und Mehrwertsteuer zahlenden Massen, abwälzen könnten.

      3. ist die Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen für die Betroffenen erheblich weniger diskriminierend als die Abhängigkeit von staatlicher Hilfe, deren Inanspruchnahme ihnen noch mehr Missbrauchsvorwürfe eintragen würde, weil ihr keine "Gegenleistung" in Form eigener Beitragsleistungen entspricht.




      Sinnvoll wären ein Um- und Ausbau des sozialen Systems zu einer Art "Bürgerversicherung", die aber sehr viel mehr bieten muss als eine Basisversorgung, wie sie Neoliberalen mit Modellen für eine "Grundrente" à la Biedenkopf/Miegel vorschwebt, und aus den o. g. Gründen gerade nicht über Steuermittel finanziert werden darf. Von einer Bürgerversicherung kann eigentlich nur die Rede sein, wenn sie auf dem Konzept sozialer Bürgerrechte basiert, das Thomas H. Marshall um die Mitte des letzten Jahrhunderts entwickelt hat, und nicht zum Bruch mit den Prinzipien eines Sozialversicherungsstaates führen muss, damit vielmehr sinnvoll verschränkt werden kann.

      Sozialpolitik muss statt vom "Standort D" aus wieder stärker vom hilfebedürftigen Individuum her gedacht werden, das als Bürger/in über soziale Grundrechte verfügt, die der Staat zu garantieren hat. Eine soziale Bürgergesellschaft knüpft die politische Teilhabe ihrer Mitglieder an materielle und soziokulturelle Mindeststandards, deren Gewährleistung dem Wohlfahrtsstaat obliegt. Auf diese Weise wird soziale Sicherheit zum konstitutiven Bestandteil einer neuen Form der Demokratie, die mehr beinhaltet als den regelmäßigen Gang zur Wahlurne, das Funktionieren des Parlaments und die Existenz einer unabhängigen Justiz.

      Das in der Bundesrepublik bestehende System der sozialen Sicherung speist sich nur zu etwa einem Drittel aus Steuereinnahmen; zwei Drittel der Finanzmittel stammen aus Beiträgen der Versicherten und ihrer Arbeitgeber. Umso wichtiger wäre es, durch Übertragung des Prinzips der ökonomischen Leistungsfähigkeit auf dieses Gebiet für mehr Beitragsgerechtigkeit zu sorgen. Statt alle nicht dem Äquivalenzprinzip entsprechenden Leistungen gleich als "versicherungsfremd" zu brandmarken, was der Logik gewinnorientierter Privatversicherungen entspricht, müsste man überlegen, wie ein Mehr an solidarischer Umverteilung innerhalb der Sozialversicherungzweige zu realisieren und die Öffentlichkeit dafür zu gewinnen ist. Nahe lägen die Aufhebung der Versicherungspflichtgrenze in der Krankenversicherung sowie die An- oder Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenzen (unter Beibehaltung der Leistungsobergrenzen).

      Die vorhandenen Sicherungslücken können nur durch eine Universalisierung geschlossen werden: Eine allgemeine Versicherungs- und Mindestbeitragspflicht für Wohnbürger/innen, nicht nur für Arbeitnehmer/innen, würde die Sozialversicherung auf eine breitere Grundlage stellen, wobei der Staat die Beiträge im Falle fehlender oder eingeschränkter Zahlungsfähigkeit voll oder teilweise subventionieren, grundsicherungsorientiert und bedarfsbezogen zuschießen müsste.


      http://frankfurterrundschau.de/ressorts/nachrichten_und_poli…
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 12:59:47
      Beitrag Nr. 253 ()
      Wussten Sie schon, dass ...?
      (25.09.2003)

      Die Verschuldung des Privaten Sektors in den USA im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen ist heute um 25 Prozent höher als zu Beginn der zurückliegenden Konjunkturerholung.


      (Quelle: Pimco)


      --------------------------------------------



      Devisen
      (25.09.2003)

      Der Euro kostet am Jahresende 1,53 SFr und Ende nächsten Jahres 1,45 SFr, sagt Pictet voraus.

      Der US-Dollar kostet in drei Monaten 1,42 kanadische Dollar und in zwölf Monaten 1,35 Kanada-Dollar, schätzt CSFB.

      Der US-Dollar könnte gegenüber dem Yen, beginnend mit dem Jahr 2001, eine enorm große „Schulter-Kopf-Schulter“-Formation gebildet haben, erklärt Merrill Lynch aus rein technischer Sicht.

      http://www.taurosweb.de/index.php?id=02103
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 13:15:53
      Beitrag Nr. 254 ()
      Ausland
      Knut Mellenthin

      Iran in der Atomfalle

      USA suchen Kriegsgründe – egal, ob Teheran die IAEA-Forderungen erfüllt oder nicht


      (Die USA brauchen die Kriege ,weil sie wirtschaftlich am Ende sind.Wenn es keine Gründe gibt , dann werden eben welche herbeigezaubert.)

      Die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) hat die iranische Regierung vor wenigen Tagen mit einem Ultimatum konfrontiert: Bis zum 31. Oktober muß Teheran eine verschärfte Kontrolle seiner Atomanlagen akzeptieren. Dazu gehört, daß Iran eine »vollständige Erklärung« über sein ziviles Atomenergieprogramm abgeben soll. Zweitens soll Iran ein Zusatzabkommen zum Atomwaffensperrvertrag, dem das Land schon vor Jahren beigetreten ist, unterzeichnen. Es müßte sich damit verpflichten, in weit größerem Umfang als bisher internationale Inspektionen an sämtlichen Atomanlagen zuzulassen. Drittens wird von Teheran verlangt, seine Arbeiten an einer Anlage für Urananreicherung sofort einzustellen. Falls Iran diesen Forderungen nicht in vollem Umfang nachkommt, würde die IAEA voraussichtlich erklären, daß das Land den Atomwaffensperrvertrag verletzt. Unmittelbare Folge wäre, daß alle Staaten sofort ihre Unterstützung des iranischen Atomprogramms einstellen müßten. Das gilt in erster Linie für Rußland, das maßgeblich am Bau des Reaktors in Bushehr beteiligt ist.

      Eine weitergehende Konsequenz des IAEA-Ultimatums wäre, daß sich der UNO-Sicherheitsrat mit dem Problem befassen müßte. Dieser könnte als Minimum zunächst wirtschaftliche Sanktionen beschließen. Die amerikanische Regierung hat sofort erklärt, eine Nichtbefolgung des Ultimatums werde als »weiterer Beweis« interpretiert, daß Teheran tatsächlich Atomwaffen produzieren will. Das klingt schon sehr nach Legitimierung künftiger Kriegshandlungen.

      Wie Teheran mit dem Ultimatum umgehen wird, ist immer noch ungewiß. Einerseits sind die iranischen Machthaber schon seit etlichen Jahren bemüht, den USA keinen Vorwand für eine militärische Konfrontation zu bieten. In diese Richtung deuten auch Aussagen einiger iranischer Politiker, man wolle mit der IAEA weiter »vertrauensvoll zusammenarbeiten« und habe auch gegen schärfere Inspektionen nichts einzuwenden.

      Dagegen stehen Äußerungen, wie jüngst von Irans Vertreter bei der IAEA, Ali Akbar Salehi. In einem Interview mit dem staatlichen iranischen Fernsehen sagte er, Iran habe den Inspektoren der Behörde bisher weitgehende Rechte eingeräumt, zu denen es nach dem Atomwaffensperrvertrag gar nicht verpflichtet wäre. Das werde es künftig nicht mehr geben.

      Zutreffend stellte Präsident Mohammed Khatami am Montag fest: »Selbst wenn wir dem Feind keinen Vorwand liefern, wird er einen finden.« Schon die von der IAEA geforderte »vollständige Erklärung« würde von den USA selbstverständlich sofort angezweifelt werden, wobei sie sich weder um die Erkenntnisse der Inspektoren, noch um Fakten oder um die Meinung anderer Regierungen kümmern würden, wie man spätestens seit den Erfahrungen des Irak weiß. Sich auf die Forderungen der IAEA einzulassen, würde für Iran bedeuten, sich der Dynamik einer fortwährend steigernden Erpressung auszuliefern. Aber die Forderungen der IAEA abzulehnen, hätte die internationale Isolierung und wirtschaftliche Strangulierung zur Folge. Denn die ehemaligen Gegner des Irak-Kriegs, Frankreich, Rußland und Deutschland, sind offenbar fest entschlossen, sich an der Erpressung des Iran zu beteiligen. »Nie wieder Krieg ohne uns«, scheint ihre Devise geworden zu sein.

      Selbst wenn Teheran dem Ultimatum der IAEA hundertprozentig nachkommen würde, was technisch fast unmöglich und politisch kaum wahrscheinlich ist, liegen schon die nächsten Vorwürfe bereit, die einen passablen Kriegsgrund abgeben würden. Auf einer gemeinsamen Sitzung US-amerikanischer und israelischer Parlamentarier trug in der vorigen Woche Paula DeSutter, Unterstaatssekretärin im US-Außenministerium, das jüngste Gerücht vor: Iran besitze die Fähigkeit, Raketen mit biologischen Gefechtsköpfen auszurüsten. Und: Iran versuche vermutlich, Raketen zu entwickeln, die nicht nur Westeuropa, sondern sogar die USA erreichen könnten. Das ist weitaus mehr, als Saddam Hussein jemals zugeschrieben wurde. Aber noch lange nicht genug: Paula DeSutter verkündete, daß Iran selbstverständlich Atomwaffen entwickeln will, egal was seine Regierung behauptet. Dies sei eine Bedrohung nicht nur für den Nahen Osten, sondern auch für die USA.


      http://www.jungewelt.de/2003/09-25/006.php
      ----------------------------------
      Wieso dürfen manche Länder Atomwaffen besitzen und andere nicht?
      Entweder keiner oder jeder!
      Welche Garantien gibt es für die Länder die keins haben , dass Sie nicht von Atommächten mit Ihren Atomwaffen angegriffen werden.
      Verträge sind vergänglich, sofern es den Leuten nicht mehr passt.:mad:
      Den Oberlehrer zu spielen, ist nach dem dem Vorfall im Japan Hiroshisma,Nagasaki)
      wohl sehr zynisch.:mad:
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 13:33:07
      Beitrag Nr. 255 ()
      Hallo bluemoons.

      Ich und evtl. viele andere lesen deinen Thread jeden Tag.
      Wir sind die "schweigend" lesende Mehrheit.
      Vielen Dank für deine Mühen und mach bitte weiter.

      Gruß
      JN
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 14:54:33
      Beitrag Nr. 256 ()
      @alle

      und ich bedanke mich bei allen Lesern und aktiven Usern, die diesen Thread Interesse schenken.
      einen guten Durch-und Überblick !
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 15:05:45
      Beitrag Nr. 257 ()
      Thema

      TektonischePlatten in Bewegung versetzt

      Der Reichstagsbrand, der 11. September und Der Spiegel. Eine Replik

      Alexander Bahar


      http://www.jungewelt.de/2003/09-25/003.php
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 15:08:53
      !
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      Avatar
      schrieb am 25.09.03 15:10:14
      Beitrag Nr. 259 ()
      Inland
      Judith Taudien

      Unigelder radikal gekürzt

      Berliner Hochschulverträge sehen bis 2009 Streichungen von 75 Millionen Euro vor


      Der Berliner Senat hat am Dienstag die Änderung der Hochschulverträge beschlossen. Damit fallen für die Berliner Universitäten in den nächsten zwei Jahren finanzielle Zuschüsse in Höhe von 54 Millionen Euro weg. Bis 2009 sollen dann, so sieht es Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) vor, insgesamt 75 Millionen Euro sein. Die Hochschulen bekommen zur Zeit Zuschüsse von insgesamt etwa 950 Millionen Euro. 2009 wird sich die Summe dann nur noch auf insgesamt 870 Millionen belaufen.

      »Die Folgen dieser Kürzungen sind eine Katastrophe, nicht nur für die Universitäten, sondern auch für die Stadt«, kritisierte Lisa Paus, hochschulpolitische Sprecherin der Berliner Grünen-Fraktion, am Mittwoch. Schon jetzt seien die Berliner Hochschulen unterfinanziert. »Bei weiteren Einsparungen könnte das die Abschaffung ganzer Studienfächer bedeuten. Zu Beginn des neuen Semesters sind bereits 92 Prozent aller Studienfächer mit einem Numerus Clausus belegt«, so Paus weiter. Eine verstärkte Abwanderung von Studienanfängern in andere Bundesländer sei zu befürchten. Die Uni Potsdam habe als Reaktion darauf ihre Fächer mit Zulassungsbeschränkungen belegt, aus Angst, dem Ansturm neuer Studenten nicht gewachsen zu sein.

      »Der Senat hat zugesichert, trotz der Einsparungen 85000 ausfinanzierte Studienplätze in den nächsten Jahren zu erhalten«, so Paus weiter. Dies sei für die Berliner Grünen-Fraktion jedoch das absolute Minimum. »Bereits jetzt teilen sich 130000 Studierende diese 85000 Plätze. Auf längere Sicht brauchen wir in Berlin mindestens 100000 ausfinanzierte Studienplätze«. »Wissenschaftssenator Flierl läßt sich hingegen für seinen tollen Erfolg feiern, daß statt der geplanten 100 Millionen nur 75 Millionen Euro an den Unis eingespart werden müssen«, empört sich die Grünen-Politikerin.

      Weniger deutlich äußert sich Benjamin Hoff zu dieser Problematik. Der hochschulpolitische Sprecher der PDS kritisiert zwar die enorme Unterfinanzierung der Universitäten, bezeichnet die Verlängerung der Hochschulverträge mit dem Senat jedoch als sinnvoll. »Wären die Verträge nicht zustande gekommen, müßten die Unis noch weitere Einsparungen in Kauf nehmen«, so Hoff. Als Alternative bliebe dann nur die Einführung von Studiengebühren, wie die SPD es gerne hätte. »Das will ich aber nicht«, beteuert der PDS-Politiker. Betrachte man die schlechte finanzielle Lage Berlins, seien die in den Hochschulverträgen beschlossenen Kürzungen »das kleinere Übel«.

      http://www.jungewelt.de/2003/09-25/013.php
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 15:11:19
      Beitrag Nr. 260 ()
      Inland
      disch

      Neoliberale Erfolgszahl

      Teilzeitquote: 21 Prozent


      Teilzeit ist in. Nicht, weil über diese Beschäftigungsvariante der Lebensunterhalt der Betroffenen gesichert ist. Auch nicht, weil der unbändige Drang nach möglichst viel Freizeit immer mehr Menschen in der BRD dazu treibt, solche Jobs anzunehmen. Nein, einziger Grund für den Teilzeitboom, den das Land derzeit erlebt, ist, daß Teilzeit sich für die Unternehmen besser rechnet.

      Wie sehr dieser »Trend« im Arbeitsleben der Glücklichen, die überhaupt noch einen Job haben, inzwischen um sich gegriffen hat, wird an den jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes deutlich. Insgesamt war im Frühjahr 2003 jede fünfte Stelle (21 Prozent), die auf dem deutschen Arbeitsmarkt außerhalb der Selbständigkeit besetzt war, eine auf Teilzeitbasis.

      Aber nicht nur das. Teilzeitbeschäftigung scheint auch eine Frauendomäne zu sein. Den Wiesbadener Statistikern zufolge waren von den 6,9 Millionen Teilzeitjobs im Arbeiter- oder Angestelltenverhältnis sechs Millionen mit Frauen besetzt. Dies entspricht einem Anteil von 86 Prozent. Eher unwahrscheinlich ist daran, daß die Frauen von sich aus so sehr auf Teilzeit erpicht sind. Denn Teilzeit heißt im besten Falle Teilgeld. Meist jedoch bedeutet es, daß die Betroffenen unter der Kategorie Geringverdiener und Geringverdienerin geführt werden. Bei den Statistikern jedenfalls heißt das dann schlicht, daß Teilzeitbeschäftigung in den Branchen konzentriert sei, »in denen erwerbstätige Frauen besonders stark vertreten sind«. 60 Prozent aller Teilzeitjobs stellen Handel, Gastgewerbe sowie der Dienstleistungssektor ohne öffentliche Verwaltung. Für die männlich dominierten Konzernvorstände wurde keine Teilzeitquote mitgeteilt.

      http://www.jungewelt.de/2003/09-25/015.php
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 15:13:43
      Beitrag Nr. 261 ()
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 21:11:08
      Beitrag Nr. 262 ()
      Deutliches Umsatzminus in Ernährungsindustrie

      25. Sep 17:03

      Der Umsatz der deutschen Ernährungsindustrie ist im ersten Halbjahr deutlich zurückgegangen. Die Abwärtsbewegung des vergangenen Jahres hat damit an Tempo zugelegt.


      Der Umsatz der Ernährungsbranche ist in den ersten sechs Monaten dieses Jahres in Deutschland verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um 4,7 Prozent eingebrochen. Das teilte die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie am Donnerstag in Köln mit. Die Organisation bezifferte den Umsatz mit 50,9 Milliarden Euro.

      Abwärtstrend beschleunigt



      Lebensmittelindustrie setzt weniger um
      23. Mai 2003 15:24
      Großhandel setzt mehr um
      31. Mär 2003 09:30

      Damit habe die negative Entwicklung des Vorjahres an Tempo zugelegt, sagte die Geschäftsführerin der Vereinigung, Sabine Eichner Lisboa. Den Angaben zufolge war der Inlandsumsatz 2002 um 1,8 Prozent auf 100,6 Milliarden Euro gesunken. Eine Trendwende auf dem Binnenmarkt sei derzeit nicht in Sicht, sagte Lisboa weiter.

      Eine positive Bilanz weise dagegen der Auslandsumsatz auf: Im ersten Halbjahr 2003 seien die Exporte deutscher Lebensmittel um 8,1 Prozent auf 11,9 Milliarden Euro angestiegen. Wegen der EU-Osterweiterung rechne die Branche für das ganze Jahr sogar mit zweistelligen Wachstumsraten, hieß es.


      Preise sollen nicht steigen

      Die Preise für Essen und Trinken werden vorerst nicht anziehen, teilte der Bundesverband des deutschen Lebensmittelhandels mit. Der «Trend zum Billiganbieter» habe sich im Vergleich zum Vorjahr zwar leicht abgeschwächt, normale Lebensmittelläden hätten dafür aber inzwischen ihr Sortiment dem Preisniveau der Discounter angepasst, hieß es weiter.

      Der Lebensmittel-Einzelhandel machte nach Angaben des Verbandes in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres ein Umsatzplus von 1,4 Prozent. Wachstumsraten von bis zu 16 Prozent hätten die Discounter - allen voran Aldi, Lidl und Plus - verzeichnet. (nz)


      http://www.netzeitung.de/wirtschaft/255961.html
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 21:12:54
      Beitrag Nr. 263 ()
      -----------------------

      Enron verklagt sechs Banken

      25. Sep 15:21


      Enron-Firmenzentrale
      Foto: AP

      Der zusammengebrochene US-Konzern Enron hat sechs seiner Gläubigerbanken verklagt. Die Geldhäuser, darunter die Deutsche Bank, sollen - getrieben von «Geldgier» - Bilanzfälschungen gebilligt haben.


      Im Streit mit den kreditgebenden Banken hat der Pleite gegangene US-Energiekonzern Enron nun sechs seiner früheren Geldgeber, darunter die Deutsche Bank, verklagt. Medienberichten vom Donnerstag zufolge wirft Enron in der am Mittwochabend beim Insolvenzgericht in Manhattan eingereichten Klage den Banken vor, wesentlichen Anteil am Niedergang Enrons gehabt zu haben.
      Die Banken seien, von «Geldgier» getrieben, essenziell für die Entwicklung bei Enron gewesen, heißt es demnach in der 280 Seiten starken Klageschrift. Die Institute hätten die Unternehmen «finanziell schlecht beraten» und so wesentlich zu Enrons Zusammensturz beigetragen. Die Banker hätten sich, zusammen mit einer kleinen Gruppe von führenden Enron-Managern, jahrelang an der Manipulation und Falschdarstellung der Finanzlage des Unternehmens beteiligt.


      Von enormen Gebühren verführt



      Enron-Manager zu fünf Jahren Haft verurteilt
      11. Sep 2003 09:10, ergänzt 09:13
      Enron wird zerschlagen
      11. Jul 2003 17:54
      Enron bekommt «Todesstrafe»
      25. Jun 2003 18:55

      Die «unwiderstehliche Verlockung enormer Gebühren und anderer Erlöse» habe die Banken zur Beteiligung am Betrug verführt, so Enron. Neben der Deutschen Bank verklagte das Energieunternehmen seine zwei größten Gläubiger, JP Morgan und Citigroup, sowie Merrill Lynch, Barclays und Canadian Imperial Bank of Commerce. Unter den beschuldigten Managern wird vor allem Ex-Finanzchef Andrew Fastow hervorgehoben.

      Enron steht derzeit unter Gläubigerschutz nach Kapitel elf des US-Insolvenzrechts, der dem Konzern Zeit zur Restrukturierung gibt. In dieser Zeit sollen betroffene Unternehmen versuchen, so viel Geld wie möglich von ihren Gläubigern wieder hereinzubekommen. Wie viel Enron von den Banken erstattet bekommen will, wurde nicht bekannt. Die Geldhäuser versuchen selbst, Milliarden Dollar von Enron zurück zu erhalten.


      Enron schuldet Milliarden

      Bei der Klage kann sich Enron auf einen Bericht des vom Justizministerium mit der Untersuchung des Falls Enron beauftragten Anwalts Neal Batson stützen. Batson beschrieb darin Fehler im Geschäftsgebaren vieler Enron-Banken. Enron schuldet seinen 20.000 Gläubigern insgesamt 67 Milliarden Dollar.

      Der Zusammenbruch des Energiehändlers ist der nach Worldcom zweitgrößte in der US-Wirtschaftsgeschichte. Das Unternehmen hatte Gewinne künstlich aufgebläht, Schulden durch Buchungstricks nicht in der Bilanz ausgewiesen und so seine wirtschaftliche Lage verschleiert. Im Dezember 2001 flog der Schwindel auf, Enron musste Insolvenz anmelden. Die Aktien des einst zu den zehn größten US-Konzernen zählenden Unternehmens wurden quasi über Nacht wertlos. (nz)

      http://www.netzeitung.de/wirtschaft/255948.html
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 21:18:03
      Beitrag Nr. 264 ()
      ----------------


      Mehr arbeiten fürs gleiche Geld

      Das Continental Reifenwerk will die Arbeitszeit für 1.800 Beschäftigte auf 40 Stunden erhöhen. Ein Teil der Kollegen arbeitet heute schon mehr - ohne entsprechenden Lohn
      BERLIN taz Beim Gummi- und Reifenhersteller Continental AG in Hannover beginnen in Kürze Verhandlungen über eine unengeltliche Verlängerung der Arbeitszeit. Betroffen wären etwa 1.800 Beschäftigte im Werk Hannover-Stöcken, wo besonders Reifen für luxuriöse Autos gefertigt werden.

      Nach Informationen der Konzernleitung ist die Verlängerung der Arbeitszeit von den tariflich vereinbarten 37,5 Stunden pro Woche auf 40 Stunden nur ein Vorschlag der Geschäftsleitung unter mehreren. Eine andere Möglichkeit, die Kosten zu senken und die Produktivität zu erhöhen, sei die Reduzierung der Ausfallzeiten durch Krankheit. Die Reifenproduktion in Deutschland steht unter Kostendruck durch die billigere Herstellung in Osteuropa...........

      http://www.taz.de/pt/2003/09/26/a0080.nf/text
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 21:20:10
      Beitrag Nr. 265 ()
      DAIMLER IN SINDELFINGEN

      1.000 Jobs fallen weg


      DaimlerChrysler drosselt seine Mercedes-Produktion im Stammwerk Sindelfingen. Gut 1.000 Beschäftigte müssen nach dem Auslaufen ihrer auf maximal 24 Monate befristeten Verträge gehen, so die Stuttgarter Nachrichten. Früher wurden solche Mitarbeiter oft übernommen. (ap)

      http://www.taz.de/pt/2003/09/26/a0073.nf/text
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 21:40:59
      Beitrag Nr. 266 ()



      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 21:44:20
      Beitrag Nr. 267 ()
      FAZ.NET-Anlagestrategie
      Konjunkturdaten stützen den Kursaufschwung nur bedingt

      Von Jürgen Büttner

      25. September 2003 An der Börse werden bekanntlich Hoffnungen gehandelt. Das zeigt sich auch an dem seit März zu beobachtenden Kursaufschwung. Denn der basiert vornehmlich auf der Prognose eines demnächst einsetzenden nachhaltigen weltweiten konjunkturellen Belebung.

      Das Dumme daran ist nur, daß auch die Börsianer mit ihren Annahmen, selbst wenn sie noch so ausgetüftelt sein mögen, nicht immer Recht behalten. Die Gefahr einer Fehlprognose ist derzeit besonders akut. Dafür ist der am Donnerstag veröffentlichte ifo-Geschäftsklimaindex, der die Lage in der deutschen Wirtschaft widerspiegelt, ein guter Beleg.

      Konjunkturbelebung bisher mehr Schein als Sein

      Der Index ist im September zwar zum fünften Mal in Folge gestiegen, aber wie bei zuletzt vielen anderen Konjunkturdaten steckt hinter einer positiven nackten Zahl nur die halbe Wahrheit. So ist der Mangel am ifo-Index, daß die Befragten nur die Zukunftsaussichten besser beurteilen, nicht aber die aktuelle Lage. Wie an der Börse ist also auch hier viel auf Hoffnungen gebaut.

      Harte Indizien für ein Durchstarten der deutschen Konjunktur gibt es bisher jedenfalls nur bedingt und im Gesamtjahr 2003 wird beim Wachstum des Bruttoinlandsprodukts nicht mehr als eine schwarze Null herauskommen. Und ob es im nächsten Jahr wie erhofft deutlich besser wird, ist noch keine ausgemachte Sache. Was den ifo-Index angeht, bleibt nämlich festzuhalten, daß die Entwicklung des Lage-Indexes fast hinter allen Aufschwungphasen der vergangenen 20 Jahre zurückbleibt.

      Das nährt die Befürchtung, es könne zu einer ähnlichen Ernüchterung wie im Vorjahr kommen. Da ist der ifo-Index getrieben von wachsendem Optimismus zunächst von Monat zu Monat gestiegen, der erhoffte Aufschwung hat sich dann letztlich aber doch nicht eingestellt.

      Charttechnik hilft bei den momentan unklaren fundamentalen Aussichten

      Die Geschichte muß sich zwar nicht zwangsläufig wiederholen, zumal zuletzt auch exogene Faktoren wie der Irak-Krieg oder die Lungenkrankheit Sars ein Durchstarten der stärkeres Wirtschaft verhinderten. Gleichzeitig ist aber auch jetzt nicht zu übersehen, daß noch immer Risiken bestehen. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang ein möglicherweise starker Dollar-Verfall oder die vielen ungelösten strukturellen Probleme in der Weltwirtschaft, die nicht zuletzt die Wachstumslokomotive Amerika betreffen.

      „Der Aufschwung ist in Deutschland bis jetzt mehr Hoffnung als Wirklichkeit", kommentiert folglich Bernd Weidensteiner, Analyst bei der DZ Bank, völlig zutreffend. Für die bereits vorgepreschten Börsen bedeutet dies ein Vabanquespiel. Gehen die positiven Erwartungen auf, dann dürften die eingeleiteten Aufwärtstrends fortgeschrieben werden. Werden die Prognosen der Optimisten erfüllt, könnte es drohen, daß sich der jüngste Schwächeanfall zu einer ausgeprägten Korrektur ausweitet.

      Für die Börsianer ist diese Hängepartie aber kein Problem, schließlich sind sie es ja gewohnt, ihre Anlageentscheidungen auf Hoffnungen zu basieren. Und wer lieber etwas mehr Sicherheit hat, der vertraut sowieso neben der fundamentalen Analyse auf die Charts und achtet darauf, ob die Aufwärtstrend verteidigt werden oder nicht.

      Text: @JüB
      faznet.de
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      schrieb am 25.09.03 21:56:29
      Beitrag Nr. 268 ()
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 22:16:27
      Beitrag Nr. 269 ()
      Steuerlast und Steuerflucht

      Wo vom Geld mehr übrig bleibt


      Eine wachsende Zahl von Unternehmern denkt wegen hoher Steuern über Umzug ins Ausland nach. Experten wie der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof forderte eine radikale Vereinfachung des Steuersystems: Statt 36 Steuerarten soll es nur noch vier geben.

      Von Thomas Öchsner





      (SZ vom 26.09.2003) –Im Gegenzug macht der Fiskus Schluss mit Steuervergünstigungen wie den Nacht- und Sonntagszuschlägen und anderen, beliebten Schlupflöchern. Am Donnerstag durfte Kirchhof sein Konzept für eine radikale Steuervereinfachung bei einem Treffen der Länderchefs in Berlin vorstellen. Rückendeckung für seine Ideen erhielt er in den vergangenen Tagen auch von einigen Bundesbürgern, die endgültig genug vom deutschen Steuerstaat haben.

      Jüngst kündigte der schwäbische Molkereibesitzer Theo Müller an, er werde noch dieses Jahr wegen einer drohenden Erbschaftsteuer von 200 Millionen Euro seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegen. Dann ließ Ex-Tennis-Star Boris Becker verlauten, er wolle aus seinem Münchner Hotel in den Kanton Zug ziehen. Die beiden Prominenten sind keine Einzelfälle. Viele vermögende Bundesbürger haben Deutschland längst verlassen. Und viele Unternehmen sind dabei, es zu tun.



      Infineon droht mit Abwanderung
      Im April kündigte Erich Sixt, Chef der großen Autovermietung mit den flotten Werbesprüchen („Geizixt“), an, mit seinem Auslandsgeschäft vor dem Fiskus unter das Dach einer Schweizer Holding zu flüchten. Steuerersparnis pro Jahr: 500.000 Euro.

      Kurze Zeit später dachte Ulrich Schumacher, Vorstandschef des Chipherstellers Infineon, laut darüber nach, die Münchner Konzernzentrale in die Schweiz zu verlegen. Und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) versuchte kürzlich, mit einer Umfrage die Öffentlichkeit aufzurütteln. Danach erwägt fast jedes vierte Industrie-Unternehmen, in den nächsten drei Jahren Teile der Produktion ins Ausland zu verlagern.

      Nun spiegeln solche Umfragen zwar auch die schlechte Stimmung der Firmen wider. Und Unternehmenschefs haben schon immer gern mit ihrer Abwanderung und dem Abbau von Arbeitsplätzen gedroht, um sich steuerliche Vorteile zu sichern. Deutschland kann sich aber dem nicht entziehen, was etwa der Ökonom Rüdiger Parsche vom Münchner Ifo-Institut die „unterschiedliche Mobilität“ von Kapital und Arbeit nennt.

      Während die meisten Beschäftigten, Handwerksmeister und Gemüsehändler durch Arbeit, Haus oder Sprache an ihre Heimat gebunden sind, können sich größere Unternehmen weltweit den für sie günstigsten Standort aussuchen. Um dem vorzubeugen, wurden ausgerechnet Müller-Milch und Infineon mit Millionen-Subventionen für den Aufbau neuer Werke in Ostdeutschland belohnt. „Die Folge ist auch ein mörderischer Steuerwettbewerb“, sagt Steuerexperte Parsche.



      Börsennotierte Unternehmen drücken Steuerlast massiv
      Einerseits ist die Abgabenlast für die Normalverdiener immer größer geworden; die Kaufkraft der privaten Haushalte sank nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2002 sogar unter das Niveau von 1991. Andererseits haben sowohl die Regierung Kohl wie auch die rot-grüne Koalition die Belastung der Gewinn- und Kapitaleinkünfte stetig gesenkt.

      Vor allem für die Unternehmen, deren Aktien an der Börse gehandelt werden, bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, ihre Steuerschuld auf Jahre hinaus zu drücken. Keine der sieben Münchner Firmen, die Mitglied im Deutschen Aktienindex sind, zahlt derzeit Gewerbesteuer. Doch all dies scheint nicht auszureichen, um die Fluchtwelle zu stoppen.




      Großer Wettbewerb unter EU-Staaten
      „Ob Irland, Belgien, die Niederlande oder die Schweiz – wir sind von Staaten umgeben, die weitaus niedrigere Steuersätze haben als wir“, sagt Parsche. Seiner Ansicht nach wird dieses Problem noch verstärkt, weil auch zukünftige Neu-Mitglieder der EU wie die Slowakei oder die baltischen Staaten mit Niedrig-Steuern um Unternehmen buhlen werden.

      Der Ifo-Experte fordert deshalb eine einheitliche Mindeststeuer in Europa. Gleichzeitig müsse Deutschland den Faktor Arbeit endlich billiger machen, den Sozialstaat reformieren und aufpassen, dass traditionelle Wettbewerbsvorteile wie etwa die Bildung nicht verloren gehen. „Sonst werden wir nach unten durchgereicht“, warnt Parsche.

      Steuervereinfacher Kirchhof dürfte es trotzdem schwer haben, sich durchzusetzen. Bisher ist noch jede Steuerreform, die diesen Namen verdient hätte, am Widerstand der Lobbyisten und Interessengruppen gescheitert.
      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/654/18636/
      ---------------------

      Ist es ein Wunder, wenn dem Staat das Geld fehlt.
      Die Kaufkraft sinkt schon seit Jahren, anstatt dies zu verhindern, wird es noch gefördert.
      Das größte Steuereinkommen des Staates ist die Lohn-und Einkommenssteuer. Wenn, aber die Lohnquote sinkt wird der
      Staat auch weniger Lohn-und Einkommenssteuer einstreichen können. Die Lohnquote sollte steigen, wenn der Staat sein Handlungsspielraum behalten will.
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      schrieb am 25.09.03 22:20:28
      Beitrag Nr. 270 ()
      Studiengebühren

      Weg mit dem Verbot
      :(

      CDU und CSU sind für Studiengebühren. Ihre bildungspolitische Sprecherin Katherina Reiche fordert, das derzeit geltende Studiengebühren-Verbot aufzuheben.








      Die CDU/CSU-Fraktion ist in der Hochschuldebatte des Bundestages erstmals geschlossen für die Einführung von Studiengebühren eingetreten. Bisher war die Union in dieser Frage gespalten. Ihre bildungspolitische Sprecherin Katherina Reiche (CDU), forderte am Donnerstag die Aufhebung des Studiengebühren-Verbots im Hochschulrahmengesetz. Ihre Fraktionskollegin Marion Seib (CSU) sagte, das Verbot verhindere zusätzliche Einnahmen der Hochschulen.

      Reiche forderte Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) auf, die Hochschulen „endlich in die Freiheit zu entlassen“. Auf Dauer werde keine deutsche Hochschule an Studiengebühren vorbei kommen. Deshalb müsse das Gebühren-Verbot weg. Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) hatte sich dagegen im Wahlkampf klar gegen Studiengebühren ausgesprochen.

      Bulmahn hatte zuvor in einer Regierungsklärung zum Treffen von 40 europäischen Bildungsministern in Berlin die Hochschulen zu einer Reform der Studieninhalte aufgefordert. Bei der Einführung der neuen, weltweit anerkannten Bachelor- und Masterstudiengänge sollten sie nicht bloß „alten Wein in neue Schläuche füllen“. Der bereits nach drei Studienjahren zu erwerbende Bachelor-Abschluss werde nur dann in der Wirtschaft Akzeptanz finden, wenn auch die Qualität der Ausbildung stimme.

      Jeder Fünfte soll ins Ausland

      Redner aller Fraktion begrüßten die angestrebte Schaffung eines „Hochschulraumes Europa“ mit freien Wechselmöglichkeiten für Studenten wie Wissenschaftler. Die Grünen-Abgeordnete Anna Lührmann beklagte allerdings, dass die Anerkennung von Studienleistungen derzeit selbst zwischen deutschen Hochschulen noch nicht gesichert sei. Bulmahn sagte, ihr Ziel sei es, dass künftig mindestens jeder fünfte deutsche Student einen Teil seiner Ausbildung im Ausland absolviert. Bisher sind dies erst 14 Prozent.

      Heftige Kritik übte die Opposition an der Absicht der Bundesregierung, die Hochschulbaumittel im kommenden Jahr um 135 Millionen Euro zu kürzen. Dies sei angesichts des angestrebten „Hochschulraum Europas“ eine schlechte Nachricht für die Hochschulen.

      (sueddeutsch.de/dpa)
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      schrieb am 25.09.03 22:24:54
      Beitrag Nr. 271 ()
      Die Gesellschaft wird an Biss verlieren
      Heute soll der Zahnersatz privatisiert werden: Ein neuer Wendepunkt in der Karriere des Dentisten

      von Ulli Kulke


      Zahnpflege am Modell-Gebiss
      Foto: dpa
      Das beliebte Planspiel: Wann hätten Sie eigentlich am liebsten gelebt. Heute? Natürlich nicht, in diesen schlimmen Zeiten. Dann also früher, als alles noch besser war? Schon eher, aber ein paar Annehmlichkeiten der Moderne wollen wir uns auch nicht nehmen lassen. Nein, nicht Liebigs Erfindung der künstlichen Fleischbrühe ist hier gemeint. Die meisten Zeitgenossen kommen - nach reiflicher Abwägung - auf jenen entscheidenden Moment der Weltgeschichte, kurz nachdem die Betäubung für Zahnbehandlungen erfunden wurde. Einfach Zahn ziehen, ohne alles, das gilt offenbar als schlimmste Pein aller Zeiten.


      Aber vielleicht gehen wir ja wieder dorthin zurück, so dass wir auch in der Vorwärtsbewegung aufpassen müssen bei der Suche nach dem idealen Lebenszeitrahmen. Was nämlich, wenn alle "Zahnweh" brüllen, aber keine Kasse mehr zahlt? Wenn der Zahnarztberuf sich wieder in die gesellschaftliche Nische zurückzieht, in der er sich so lange Jahrhunderte eingerichtet hatte.


      900 Euro für eine Brücke, vom eigenen, kargen Monatslohn? "Wer sucht auf unserem Rückweg zum Mittelalter noch einen Zahnarzt auf, wenn der Hufschmied viel billiger ist? Da man auf Grund der neuen Benzinpreiserhöhung sowieso schon einmal da ist und sein neues Pferd beschlagen lassen will", schlägt ein generalkritischer Zeitgenosse stellvertretend für Viele in seinem Internet-Chatclub Alarm. Ihm fällt nur noch der Weg in den Zynismus ein. Und er hat natürlich schon gar kein Mitleid mit den Zahnärzten: "Die können ja zum Hufschmied umlernen." Stimmt.


      Dabei war der Hufschmied in der Ära vor "Dr. med. dent." nicht der einzige Berufsstand, der sich an den Zähnen unserer Vorväter vergriff. Auf jeden Fall war es, anders als beim gemeinen Schulmediziner, schon immer etwas besonderes, zum Zahnarzt zu gehen, wenn sich der Schmerz meldet.


      Vor allem die Barbiere dominierten den Reparaturbetrieb im Mund, zu jener Zeit, als außer Ex und Hopp noch wenig andere Therapien bekannt waren. Nicht selten entfernten sie erst mal alle kranken Zähne, bevor sie an die Bartstoppeln gingen - was aber nun, bei den eingefallenen Wangen gar nicht mehr so einfach war. Doch die Nebenberufs-Zahnärzte kannten einen Trick: "Über den Löffel balbieren." Ein im Mund quer plaziertes Essbesteck sorgte wieder für die nötige Backenspannung.


      Heute sagt uns die Methode zweierlei. Zum einen macht sie uns klar, dass schon die damaligen Zahnreißer keinen guten Leumund genossen, der Spruch mit dem Löffel steht schließlich für subtilen Beschiss jeder Art. Andererseits haben es ihre gut ausgebildeten Kollegen von heute niemals vermocht, auch nur ansatzweise ein ähnlich geflügeltes Wort zu Stande zu bringen. Ganz offenbar fehlt es ihnen an der nötigen Popularität. Auch eine Ursache dafür, dass für ihren Stand das Kassengeklingel nun leiser werden soll?


      Die Branche hatte sich niemals in die erste Reihe des Geschehens gesetzt, obwohl Paläontologen doch Zahnerkrankungen schon für die Zeiten der Dinosaurier vor 70 Millionen Jahren nachweisen. Die gewagtesten Operationen am offenen Schädel ihrer Zeitgenossen getrauten sich schon die Geschickten unter den Cro-Magnon-Menschen durchzuführen, etwa gegen 40 000 v. Chr. Doch von Zahnärzten war da noch weit und breit keine Spur. Erst zur klassischen Zeit dann der große Fortschritt: Das Reißen kam in Mode, avancierte zu den bedeutenden Dingen des menschlichen Lebens. Und ägyptische und etruskische Prothesenkünstler fingerten schon aus feinstem Golddraht, später aus Elfenbein, Knochen, Perlmutt und Porzellan, kunstfertigen Zahnersatz im Mund zurecht - für besser verdienende wie Pharaonen, Fürsten, später dann US-Präsidenten und Premierminister, die mit ihren Dritten Zähnen in die Geschichtsbücher eingingen


      Doch wer bediente die Zangen zum Ziehen, bis weit in die Neuzeit hinein? Barbiere, Zahnbrecher, Marktschreier und Quacksalber. Manche von ihnen zogen von Markt zu Markt und mussten hinterher für gar nichts gerade stehen. Erst im 18. Jahrhundert dann bildete sich eine eigenständige, sesshafte Zahnheilkunde heraus, die einerseits unabhängig vom niederen, grobschlächtigen Handwerk war, andererseits aber auch von der Chirurgie. Fortan musste der Patient seine Pein nicht mehr vor den Augen aller Marktbesucher erdulden.


      Die Branche begann sich zu etablieren. Brechen, Bohren und Ziehen konnte zwar nach wie vor, wem es beliebte. Doch den Titel Zahnarzt durfte ab dem 19. Jahrhundert nicht mehr jeder führen. Aber der war ohnedies noch immer nicht der wohlklingendste. Zahnärzte stritten mit den Kassen, wie viel, ob und wofür die zahlen sollten, galten als Inbegriff der "Neureichs". Viele wollten auch damals, bis in die Nachkriegszeit hinein gar keine Gelder von den Kassen annehmen, weil die sowieso nur die Honorarsätze drückten. Doch schließlich hielt die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung ihre Fittiche auf, bot Lobbydienste in Richtung Kassen, Regierung, Patienten, hielt Zahntechniker und Dentisten in Schach, die schließlich auch noch aus dem direkten Geschäft am Patienten gekegelt werden mussten.


      Es dauerte eine ganze Menschheitsgeschichte, bis schmerzfreies Bohren, optisch einwandfreie Vorderzähne sowie Kronen mit Lebensdauern von 20, 30 Jahren und anderes mehr erreicht wurden im Zusammenraufen von Zahnarzt, Kasse und Patient. Doch das Gefüge wankt, der Bereich zwischen Unter-und Oberkiefer wird als erster aus dem Kaskokomfort in die Eigenverantwortung des Einzelnen überführt. Die Gesellschaft, so steht zu befürchten, wird insgesamt an Biss verlieren. Aber wenn schon Eigenverantwortung, dann gehört eben auch dazu, dass wir uns auch wieder über den Löffel balbieren lassen dürfen - und es wieder etwas ganz besonderes sein wird, zum Zahnarzt zu gehen.


      Artikel erschienen am 26. Sep 2003
      http://www.welt.de/data/2003/09/26/173571.html?s=2
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 22:28:55
      Beitrag Nr. 272 ()
      Pharmawirtschaft erwägt Verfassungsklage
      Rückendeckung durch unabhängiges Gutachten - Verärgerung über Unions-Parteien hält an

      von Alexander von Gersdorff

      Berlin - Die deutsche Pharmaindustrie bereitet eine Verfassungsklage gegen Teile der Gesundheitsreform vor. Dabei geht es um die drei Punkte, deren Umsetzung für die Branche nach eigenen Berechnungen einen Umsatzverlust von rund einer Mrd. Euro jährlich bedeuten würde: Ausschluss einer Reihe von Arzneimitteln aus der Erstattungspflicht durch die Krankenkassen sowie Festpreise und Zwangsrabatte für bestimmte Arzneimittel.


      Die Branche stützt sich dabei auf ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Ulrich Gassner. "Aus dem Gutachten geht eindeutig die Verfassungswidrigkeit der geplanten Reformmaßnahmen hervor", sagte Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), der WELT. Zwar könne der Verband, der das Gutachten in Auftrag gegeben hatte, nicht selbst klagen, "allerdings liefert es unseren rund 300 Mitgliedsunternehmen klare Argumente, um gegebenenfalls eine Verfassungsklage einzureichen".


      Einige Unternehmen hätten ihm signalisiert, "dass sie bereit sind, diesen Weg zu gehen", fügte Fahrenkamp hinzu. Hierfür hätte er persönlich "volles Verständnis". Die Gesundheitsreform soll heute vom Bundestag verabschiedet werden und 2004 in Kraft treten.


      Nach dem von dem Augsburger Juraprofessor Gassner erstellten Gutachten verstößt besonders der geplante Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus der Erstattungspflicht durch die gesetzlichen Krankenkassen gegen geltendes Recht. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nicht gewahrt, weil der zu erwartende Umsatzeinbruch die "primär mittelständisch strukturierte Branche völlig überfordert". Der Erstattungs-Ausschluss vertrage sich weder mit Artikel 14 des Grundgesetzes ("Gewährleistung des Eigentums") noch mit Artikel 3 ("Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich").


      Der weiteren Streitpunkte, die Preisdeckelung patentgeschützter Arzneimittel sowie die Erhöhung des Zwangsrabatts von sechs auf 16 Prozent für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die keinem Festbetrag unterliegen, vertrügen sich ebenfalls nicht mit Artikel 14. Gassner: "Die Patentrechte würden wirtschaftlich ausgehöhlt." Verletzt werde aber auch Artikel 12 ("Recht auf freie Berufswahl").


      Derweil ist die Pharmawirtschaft immer noch verärgert über die Unionsparteien. "Wir sind enttäuscht, dass sich CDU und CSU in den Konsensverhandlungen zur Gesundheitsreform, soweit es die Pharmaindustrie betrifft, die Regierungsposition zu eigen gemacht haben", sagte BPI-Hauptgeschäftsführer Fahrenkamp. Die Reformpläne schadeten der Pharmaindustrie und letztlich dem Standort Deutschland. Der BPI setze jetzt noch auf Änderungen im Unions-dominierten Bundesrat. "Sollte es dort jedoch zu keiner Verbesserung kommen, bliebe die Klage als letzter Ausweg."


      Artikel erschienen am 26. Sep 2003
      http://www.welt.de/data/2003/09/26/173733.html
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 22:40:09
      Beitrag Nr. 273 ()
      arbeitszeit

      Mehrarbeit bringt’s nicht

      Die Deutschen sind faul und sollen länger arbeiten, meinen Politiker und Unternehmer. Doch statt starrer Regeln hilft nur Flexibilität


      Von Christian Tenbrock und Wolfgang Uchatius



      Gar nicht faul: Arbeiter am Brandenburger Tor
      © Lambert/Ullstein


      Die Bilder zur Krise können sich die Freizeitweltmeister jeden Tag im Fernsehen ansehen, Zeit genug haben sie ja. Ein verzweifelter Unternehmer beklagt den Konkurs seiner Firma, ein abgekämpfter Finanzminister verkündet weitere Sparmaßnahmen, ein roter Strich zeigt steil nach oben: Die Arbeitslosenquote ist auf 5,3 Prozent gestiegen.

      5,3 Prozent? Damit würde Rot-Grün jede Wahl gewinnen. So niedrig war die Arbeitslosigkeit in Deutschland seit 22 Jahren nicht mehr.

      Die Freizeitweltmeister sind die Holländer. Nirgendwo arbeiten die Leute so wenig wie in den Niederlanden. Auch dort hat die weltweite Wirtschaftskrise breite Spuren hinterlassen, aber in kaum einem anderen Land ist die Arbeitslosigkeit zuvor so stark gesunken. Bis vor kurzem herrschte Vollbeschäftigung.

      Kurze Arbeitszeiten und geringe Arbeitslosigkeit? In Deutschland erscheint das neuerdings als Widerspruch. Je mehr sich in den vergangenen Monaten die Wirtschaftsdaten verschlechterten, desto mehr erhöhte sich die gefühlte Faulheit. Politiker, Funktionäre und Unternehmer verkündeten, eine der Ursachen der Krise sei leicht zu finden: Die Deutschen arbeiteten zu wenig.

      „Wer unseren Feiertagskalender mit dem anderer Staaten vergleicht, kommt ins Grübeln“, meinte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement Mitte Juni.

      In ganz Deutschland müsse die 40-Stunden-Woche wieder Pflicht werden, verlangte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel Ende August.

      „Wir sind zu satt geworden“, sagte Siemens-Chef Heinrich von Pierer vergangene Woche und forderte, den Samstag wieder zum allgemeinen Arbeitstag zu machen.

      Weniger freie Tage. Mehr arbeiten. Jeder Einzelne und alle zusammen. Die Ärmel hochkrempeln, das Bruttosozialprodukt steigern, Arbeitsplätze schaffen: alles ganz einfach. „Aus solchen Forderungen spricht die Mentalität der fünziger Jahre“, sagt der Münchner Soziologe Wolfgang Bonß. Damals verbrachten Arbeiter oft 45 Stunden pro Woche im Bergwerk oder am Schmelzofen. Damals gehörte Vati am Samstag noch nicht den Kindern. Damals wuchs die Wirtschaft. Damals fand jeder einen Job.

      Heute erscheint eine 45-Stunden-Woche so weit entfernt wie die Vollbeschäftigung. Stattdessen kursiert da plötzlich diese Theorie, wonach Ersteres die Voraussetzung von Letzterem ist. Der ökonomische Erfolg eines Landes erkläre sich daraus, wie viele Stunden seine Bewohner am Fließband stünden oder im Büro säßen, meinen die Apologeten der Mehrarbeit: Weil in Deutschland die Urlaubs- und Feiertage zu zahlreich und die Arbeitszeiten zu niedrig seien, stocke das Wachstum. Weil die Deutschen zu faul seien, seien sie arbeitslos.

      Nur: Weder ist die Faulheit der Deutschen eine ausgemachte Sache, noch wird die Theorie durch die Fakten gestützt.

      Schon die Statistiken zeichnen ein verwirrend gegensätzliches Bild. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) etwa kommt zu dem Schluss, dass unter den größeren Industrienationen nur die Norweger und Niederländer pro Jahr weniger arbeiten als die Deutschen. Dagegen stehen die Zahlen der Brüsseler Statistik-Behörde Eurostat, wonach ein durchschnittlicher Beschäftigter in neun der 15 Mitgliedsländer der Europäischen Union pro Woche nicht mehr, sondern weniger arbeitet als in Deutschland. Und auch die oft wiederholte Ansicht, die Deutschen seien mit den weltweit meisten Urlaubs- und Feiertagen gesegnet, ist falsch. Allein in der EU haben fünf Länder mehr freie Tage im Jahr als die Deutschen (siehe Kasten).

      Klar ist also: In den meisten Staaten wird nicht wesentlich mehr gearbeitet als in Deutschland. Aber, da stimmen die Statistiken überein, es gibt eine Reihe von Ausnahmen, Länder, in denen die Arbeitszeiten tatsächlich sehr viel höher liegen. Mit Sicherheit werden die Deutschen bei der Zahl der jährlichen Arbeitsstunden etwa von den Japanern und Amerikanern, den Südkoreanern und den Bewohnern einiger Dutzend Schwellen- und Entwicklungsländer übertroffen. Aber ist das Wachstum dort höher und die Arbeitslosigkeit niedriger?

      Die Antwort ist eindeutig uneindeutig.

      Die Amerikaner etwa arbeiten laut OECD pro Jahr durchschnittlich 1815 Stunden, so viel wie keine andere große Industrienation. In den Neunzigern erlebten sie einen bis dato nie gesehenen Boom.

      Japan folgt knapp hinter den Vereinigten Staaten auf der Arbeitszeit-Hitliste. Dort hat die Wirtschaft im Gegensatz zum ähnlich arbeitsamen Amerika in den vergangenen zehn Jahren allerdings stagniert, die Ökonomen sprachen von der „japanischen Krankheit“.

      Am Ende der OECD-Tabelle, nur wenig vor den Holländern, stehen die Norweger. Die arbeiteten 2002 im Durchschnitt angeblich gerade mal 1342 Stunden. In Norwegen aber ist die Wirtschaft in den vergangenen zehn Jahren noch stärker gewachsen als in Amerika. Und die Arbeitslosigkeit liegt bei nur knapp fünf Prozent.

      Die simple Gleichung, dass Mehrarbeit höheres Wachstum und zusätzliche Arbeitsplätze bringt, stimmt also nicht.

      „Man darf die Arbeitszeit nicht isoliert betrachten“, sagt Ralph Solveen, Referatsleiter Volkswirtschaft bei der Commerzbank in Frankfurt. Entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens ist vielmehr, wie viel ein Arbeitnehmer pro Stunde durchschnittlich produziert und wie viel ihm der Arbeitgeber dafür bezahlen muss. Entscheidend sind die so genannten Lohnstückkosten.

      Die hat auch das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) im Blick. Auch dessen Ökonomen empfehlen, jeder festangestellte Bundesbürger solle künftig eine Stunde pro Woche mehr arbeiten – aber bei unverändertem Lohn. Dann würden die Lohnstückkosten sinken. Die Unternehmen könnten billiger produzieren und würden folglich, so die IW-Forscher, schon im kommenden Jahr rund 60000 neue Jobs schaffen.

      „Das sind immer so schöne Überlegungen aus den Instituten“, sagt dazu Ilona Klein, Sprecherin des Zentralverbands des deutschen Baugewerbes. Mit der Praxis habe die Theorie wenig zu tun. Die Bauindustrie ist seit Jahren eine der Schwachstellen der deutschen Wirtschaft. „Für neue Jobs am Bau brauchen wir nicht mehr Arbeit, sondern mehr Aufträge“, so Klein.

      Ein ähnliches Bild im Einzelhandel: Längere Arbeitszeiten würden seiner Branche nur helfen, wenn die Verbraucher mehr einkaufen würden, sagt Heribert Joris vom Hauptverband des deutschen Einzelhandels. Bliebe die Nachfrage dagegen konstant, „wäre der Effekt, dass wir nicht mehr so viele Mitarbeiter benötigten“. Anders gesagt: Mehr Arbeitslosigkeit dank weniger Faulheit.

      Tatsächlich belegen die Fakten, dass die Lohnstückkosten derzeit nicht das primäre Problem der deutschen Wirtschaft sind. In den vergangenen sieben Jahren sind sie hierzulande nicht einmal halb so stark gestiegen wie im EU-Durchschnitt. Logische Folge: Beim Exportwachstum übertraf Deutschland alle anderen großen Industrienationen. Trotzdem stagniert die Wirtschaft.

      Kein Wunder. Die Exporte tragen nur rund 30 Prozent zur deutschen Wirtschaftsleistung bei. Ungleich wichtiger ist die Inlandsnachfrage, und die war in Deutschland in den vergangenen Jahren so schwach wie in kaum einem anderen Industrieland.

      Mit längeren Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich verhält es sich folglich wie mit den meisten Arzneimitteln: Nur bei medizinischer Indikation anwenden!

      „In Boomzeiten zum Beispiel kann Mehrarbeit durchaus sinnvoll sein“, sagt Ullrich Heilemann, Vizepräsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen. Dann kommt so manches Unternehmen kaum mit dem Verkaufen nach und ist für jede zusätzliche Arbeitsstunde dankbar.

      Nur, was der einen Firma hilft, muss nicht auch der anderen nutzen. Und während der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) Michael Rogowski noch fordert, „die Arbeitszeit pauschal auf 38 bis 40 Stunden anzuheben“, gibt es eine pauschale Arbeitszeit längst nicht mehr.

      So gilt zwar für etwa ein Fünftel der Beschäftigten in Deutschland eine tarifvertragliche Wochenarbeitszeit von weniger als 36 Stunden – aber über 40 Prozent aller Ostdeutschen arbeiten mehr als 40 Stunden. Im Durchschnitt. Jeder fünfte Arbeiter oder Angestellte muss regelmäßig am Samstag, mehr als jeder zehnte am Sonntag ran. Am Bau und im Handwerk wird oft so lange geschuftet, wie es der Auftrag erfordert. Die Nahrungs- und Genussmittelbranche erlaubt Wochenarbeitszeiten von 45 Stunden, im Gastgewerbe wird – nach Tarif – unter Umständen sogar noch länger gearbeitet. „Bis zu 47,6 Stunden“ könnten Kellner oder Zimmermädchen im Hotel Bristol am Berliner Kudamm verpflichtet werden, wenn der Laden brumme, berichtet Kempinski-Betriebsrat Klaus Brockhoff – und in anderen Hotels der Stadt würden auch die 50 Stunden mitunter überschritten.

      Einst übersichtliche Arbeitszeitstandards haben sich längst aufgelöst. Auch in kleinen Betrieben – und besonders in solchen Firmen, die nicht an die Tarifverträge gebunden sind. Auf manchen Hamburger Baustellen etwa, sagt Mathias Maurer, Zimmerer beim Baukonzern Hochtief, „arbeiten ostdeutsche Kollegen zehn oder zwölf Stunden und werden nur für acht bezahlt“. Auch dort, wo Gewerkschaft und Arbeitgeber klare Tarifvereinbarungen getroffen haben, treten flexible Arbeitszeitkorridore oder Arbeitszeitkonten an die Stelle einheitlicher Regelarbeitszeiten. Nur noch jeder fünfte Metall- und Elektrobetrieb operiert mit einer starren Stundenzahl.

      Wenn sie dem Unternehmen tatsächlich hilft, ist auch die unbezahlte Mehrarbeit längst Realität. Zum Beispiel bei der Lufthansa-Tochter LSG. Die versorgt Flugzeugpassagiere mit Mahlzeiten und Getränken. Um das Unternehmen zu sanieren, stimmte die Gewerkschaft ver.di einer vorübergehenden Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 37,5 auf 40 Stunden zu – ohne Lohnausgleich.

      Ganz ähnlich operieren Betriebsrat, Gewerkschaft und Management bei ContiTech, einer Tochter des Hannoveraner Reifenherstellers Continental. Auch hier müssen über 300 Beschäftigte 40 Stunden in der Woche an den Maschinen stehen, auch hier werden sie nur für 37,5 Stunden bezahlt.

      „Diese Regelung“, sagt Holmer Struck, Personalchef von ContiTech, „war ein Notausgang, der Beschäftigung sichern hilft. Sie sollte das Geschäft wieder profitabel mache, und das ist auch gelungen.“

      Doch trotz dieser Erfahrung ist Struck gegen eine generelle Verlängerung der Arbeitszeit. Nicht die Löhne, sagt der Praktiker, seien der Grund für die starke Belastung mancher Firmen, sondern die Lohnnebenkosten, vor allem die hohen Abgaben für die Sozialversicherungen. „Hier müsste die Politik ansetzen, alles andere lenkt von den eigentlichen Problemen ab.“

      Tatsächlich müssen die Unternehmen hierzulande auf jeden Euro, den sie als Lohn an ihre Angestellten auszahlen, nach Erkenntnissen des IW noch einmal 27,6 Cent als Arbeitgeberbeiträge für die Sozialversicherungen drauflegen. Tendenz steigend.

      Gleichzeitig reduzieren Steuern und Abgaben das Bruttoeinkommen eines deutschen Durchschnittsverdieners inzwischen um gut ein Drittel. Weil der Staat von seinen Bürgern in den vergangenen Jahren einen immer größeren Teil ihrer Einkommen einzog, hat ein durchschnittlicher Arbeitnehmer heute trotz gestiegener Bruttolöhne weniger Geld zur Verfügung als zu Beginn der neunziger Jahre. Würde dieser durchschnittliche Arbeitnehmer nun ohne Lohnausgleich eine Stunde pro Woche zusätzlich arbeiten, würde das allein seinen Arbeitgeber finanziell etwas entlasten.

      Würde die Regierung dagegen die Sozialabgaben senken, würden beide Seiten profitieren – die Unternehmen und die Beschäftigten – was wiederum der Inlandsnachfrage zugute käme.

      Die Forderung nach Mehrarbeit sei deshalb ein politisches Armutszeugnis, sagt der Würzburger Wirtschaftsprofessor Norbert Berthold. „Anstatt endlich die Sozialversicherungsysteme zu reformieren, fällt Regierung und Opposition nichts anderes ein, als kollektiv alle Beschäftigten zu längerer Arbeitszeit zwingen zu wollen.“

      Wie eben zu Zeiten des Wirtschaftswunders. Womöglich schwingt deshalb auch ein wenig Sehnsucht nach der guten alten Zeit mit, wenn etwa der CDU-Politiker Lothar Späth einen „Mentalitätswandel“ verlangt. Die deutsche „Freizeitsucht“, so Späth, dezimiere den Wohlstand, das Ansinnen, das „Lebensglück maßgeblich in der Befreiung von Arbeit zu sehen“, sei der falsche Weg.

      Zurück in die fünfziger Jahre, um die Probleme des neuen Jahrtausends zu lösen? Die meisten Beschäftigten sind längst weiter, als ihnen Späth und andere unterstellen: Fast drei Viertel der Deutschen sind nach einer Umfrage des Allensbach-Instituts bereit, ihre Arbeitszeit der Auftragslage anzupassen, wenn das ihren Job sichert. Über 70 Prozent würden auch Mehrarbeit ohne Lohnausgleich akzeptieren. Beispiele wie LSG und ContiTech zeigen, dass es reicht, dies zwischen den Tarifparteien auf Betriebsebene zu vereinbaren. Warum eine kollektive Lösung für alle, wenn Flexibilität das Gebot der Stunde ist?

      Alle runter auf 35 Stunden! – rief vor 20 Jahren die IG Metall und wiederholte den Schlachtruf vor ein paar Monaten in Ostdeutschland. Vergebens, der Streik scheiterte an der Wirklichkeit in den Unternehmen. Alle rauf auf 40 Stunden!, verlangen jetzt manche Funktionäre und Teile der Politik – oft, nachdem sie noch kurz zuvor die Starrheit der Flächentarifverträge gegeißelt und vehement Lösungen auf Betriebsebene gefordert hatten.

      Die gibt es längst – und sie könnten weiter ausgebaut werden. Eingebettet in tarifvertragliche Vereinbarungen über die Länge der Arbeitszeiten, könnte der noch stärkere Einsatz von Jahres- oder Lebensarbeitszeitkonten künftig für noch mehr Flexibilität sorgen.

      Oder man geht noch weiter: Der Tarifvertrag sollte nicht mehr regeln, wie lange gearbeitet werde, sondern nur, wie viel Geld ein Unternehmen für eine Arbeitsstunde zahlen müsse, empfiehlt der Berliner Arbeitszeitberater Michael Weidinger. Den Rahmen gibt mit einem maximalen Durchschnitt von 48 Stunden in der Woche und mindestens 20 Tagen Jahresurlaub der Gesetzgeber vor. Die Tarifparteien könnten ihn bei Bedarf weiter verengen. Ob dann aber der einzelne Mitarbeiter innerhalb dieses Rahmens zum Beispiel 42 oder nur 24 Stunden pro Woche arbeitet, wäre Angelegenheit seines individuellen Arbeitsvertrages – und abhängig von seiner finanziellen Lage und der Situation des Unternehmens.

      Ein solches Modell wäre wohl nicht für jede Firma möglich – und nicht für jeden Arbeitnehmer. Aber wahrscheinlich für ziemlich viele. So oder so: Nur mit mehr Flexibilität lassen sich auch Familie und Beruf, Arbeits- und Privatleben besser vereinbaren. Work-life-balance nennen das die Arbeitsforscher – im Kollektiv ist die kaum zu erreichen.


      (c) DIE ZEIT 25.09.2003 Nr.40

      ZUM ARTIKELANFANG
      http://www.zeit.de/2003/40/Arbeitszeit
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 22:49:07
      Beitrag Nr. 274 ()
      arbeitsvermittler

      Schluss mit Jux und Langeweile

      Das größte Arbeitsamt der Republik wird zur Agentur. Auf den Fluren verschwinden die Warteschlangen, der Druck auf die Arbeitslosen steigt. Was bleibt, ist Bürokratie


      Von Wolfgang Gehrmann



      http://www.zeit.de/2003/40/Arbeitsamt
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 22:54:39
      Beitrag Nr. 275 ()
      Quo vadis Dax, Nikkei...

      Von Claus Vogt

      Dax

      Der Dax übertraf seine Juli-Hochs um gut 5 Prozent und befindet sich damit erstmals im Bereich der langfristigen Abwärtstrendlinie. Diese halten wir nach dem steilen und von uns klar unterschätzten Kursanstieg für einen fast idealen Endpunkt der Bearmarket-Rallye, zumal sich im Bereich 3.500 bis 4.000 Zähler auch massive andere charttechnische Widerstände befinden und auch solche, die sich aus längerfristigen Fibonacci-Relationen ergeben. Aufgrund mangelnder Umsätze interpretieren wir den Anstieg über 3.500 Punkte nicht als den Abschluß einer Bodenbildung, sondern Fortsetzung der Bearmarket-Rallye. Einen kurzfristigen Kursrückgang in den Bereich der steigenden 200-Tage-Durchschnittlinie, derzeit bei gut 3.000 Zählern, halten wir für sehr wahrscheinlich.

      Nikkei

      Der japanische Index setzte seine Aufwärtsbewegung wie vermutet fort, und die Dynamik des Marktes spricht für eine mittelfristige Fortsetzung des Aufwärtstrends. Jede Korrektur, die entweder einen Kursrückgang von 10 Prozent beschert oder vier bis sechs Wochen Zeit in Anspruch nimmt, halten wir in einem Bullenmarkt für eine Kaufgelegenheit, so auch hier. Die im vergangenen Monat genannte Stop Loss-Marke bei 9.200 kann jetzt auf 9.800 Punkte angehoben werden, wie immer auf Basis zweier aufeinanderfolgender Schlußkurse.

      Gold

      Der Ausbruch aus der großen Dreiecksformation hat mit der geforderten Dynamik stattgefunden. Dann kam es im Bereich der Februar-Hochs oberhalb von 380 US-Dollar pro Unze zu einer bisher sehr harmlosen Konsolidierung. Wir rechnen weiterhin mit einem baldigen Anstieg auf etwa 420 Dollar.

      Aus fundamentalen Überlegungen heraus sprechen die in Japan, Europa und den USA völlig aus dem Ruder laufenden Staatsfinanzen und die seit Jahren teilweise extrem expansive Notenbankpolitik natürlich klar und deutlich für das Edelmetall. Was können sich die Politiker und ihre Notenbanker denn noch alles erlauben, bevor ein Aufschrei durch die Bevölkerung geht?


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.


      [ Donnerstag, 25.09.2003, 16:00 ]
      http://www.instock.de/Nachrichten/10134422.html
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 23:06:49
      Beitrag Nr. 276 ()
      Zinssenkungen gut? Ein Schmarrn!


      von Michael Vaupel

      Heute möchte ich mit einem weiteren wirtschaftlichen Vorurteil aufräumen, das lautet: "Zinssenkungen beleben die Wirtschaft." Ich bin dagegen, solche festgefahrenen Ansichten einfach zu übernehmen – auch wenn sie scheinbar seit Jahrzehnten etabliert sind. Denn Zeit allein ist für mich noch kein hinreichender Beweis für die Richtigkeit dieser Aussage. Oder, um mit Kurt Tucholsky zu sprechen: "Erfahrung heißt gar nichts. Man kann eine Sache auch 35 Jahre lang schlecht machen." Was nicht bedeutet, dass ich Anhänger einer "Neuen Ära" bin, in der angeblich alles anders ist, und Erfahrungswerte der Vergangenheit nicht mehr gelten. Wohin das führt, hat uns ja die Spekulationsblase der späten 1990er gezeigt. Nein, was mir am Herzen liegt, ist, ihnen nahe zu legen, die Aussagen der Finanzpresse nicht einfach als gegeben hinzunehmen. Ein kritischer Geist schadet nie. Jetzt aber zur Sache:

      Ich erwarte auch von einer weiteren Zinssenkung der amerikanischen Zentralbank (Fed) keine Verbesserung der amerikanischen Wirtschaftslage. Warum auch? Schließlich halfen auch die ersten 12 Zinssenkungen nicht. Genau so wenig, wie die dekadenlange vergleichbare Geldpolitik den Japanern geholfen hat, den Schmutz nach dem Platzen der dortigen Spekulationsblase wegzukehren. Zinssenkungen in den USA sind natürlich sinnvoll, wenn man eine neue Spekulationsblase will, die den Dow Jones wieder über 10.000 Punkte hieven wird ... und im Schlepptau auch den DAX Richtung 4.000 ziehen wird. Und wenn man die Leute zu einer weiteren Erhöhung ihrer Hypotheken veranlassen will – damit sie das frisch erhaltene Geld in den Konsum stecken können. Aber ist das wirklich erstrebenswert? In den USA sind die Verbraucher mit einem riesigen Schuldenberg belastet, die traditionell niedrige Sparquote fiel letztes Jahr auf Rekordtiefs, erholt sich gerade ein wenig. Meiner Ansicht nach ist dies eine gesunde Entwicklung: Nach der Party (Spekulationsblase am Aktienmarkt von 1998 bis 2000, Konsumorgie) mit viel Alkohol (Schulden) folgt der Kater. Und das bedeutet eben, dass jetzt eine Phase mit Kopfschmerzen durchzumachen ist. Eine Phase, in der die Verbraucher eben nicht mehr ganz so fleißig konsumieren, sondern auch einmal daran denken, ihre Kreditkartenschulden und Dispo-Kredite zumindest ein bisschen zurückzuführen. Und in der die Preise nicht mehr so stark steigen, sondern stagnieren. Und vielleicht sogar ein bisschen zurückgehen (leichte Deflation). Ist das wirklich so schlimm? Zeigen Sie mir einen Konsumenten, der leicht fallende Preise als Unglück bezeichnen würde! Ich meine: Das Leben besteht aus Zyklen, Boom und Abschwung, und diese Phasen müssen einfach durchstanden werden. Es macht keinen Sinn, in der "Katerphase" den Leuten neuen "Alkohol" (= neue Schulden) anzubieten. Genau das will die Fed derzeit aber. Immerhin: Für Sie als Anleger hat das Vorteile. Was ich damit meine:

      Die Europäische Zentralbank (EZB) hat vor einigen Monaten zwar auch die Zinsen gesenkt – sie macht die extreme Niedrigzinspolitik, die die Fed anstrebt, aber nicht mit. Meine Einschätzung: Der Renditeunterschied von US- und Euro-Staatsanleihen wird sich zugunsten Eurolands vergrößern. Die Folge: Es wird für ausländische Investoren zunehmend interessanter, ihr Geld in Euro – und nicht in US$ – anzulegen. Investoren aus dem arabischen Raum switchen bereits: Raus aus Vermögensanlagen in US$, rein in Euro-Vermögensanlagen. Noch kaufen allerdings insbesondere die Japaner weiterhin sehr fleißig amerikanische T-Bonds. Aber: Der Kursverlust des US$ sollte ihnen zu denken geben. Wenn sie erst einmal die Alternative "Euro-Anleihen" entdeckt haben, könnte es zu einem Domino-Effekt kommen: Die Japaner verkaufen ihre Vermögensanlagen in US$ und kaufen Euro-Vermögensanlagen. Das führt zu Druck auf den Kurs des US$, was weitere ausländische Investoren zum Absprung verursacht – was den Druck auf den Wechselkurs des US$ weiter erhöht. Das Ergebnis: Der Letzte macht das Licht aus. Gerade diese selbstverstärkenden Effekte könnten eine Eigendynamik entwickeln, die auch durch Interventionen der Zentralbanken nicht mehr verhindert werden könnte. Mein Fazit:

      Es bestätigt sich immer wieder – der fallende US$ ist keine kurzfristige Entwicklung, sondern ein wirklicher Megatrend. Aus diesem Grund empfehle ich meinen Lesern des Optionsschein-Profits seit Monaten EUR/US$ Powercalls – bis jetzt brachte jeder Trade mit diesem Instrument einen Gewinn (6 abgeschlossene Trades mit insgesamt 166 % Plus, mehrere offene Position mit per saldo Gewinn im dreistelligen Prozentbereich). Wenn Sie sich bis jetzt noch überhaupt nicht mit dem Thema Euro/US$ befasst haben – denken Sie einmal darüber nach. In diesem Sektor lassen sich Trends schließlich klarer erkennen als bei einzelnen Aktien, wo sie nie genau wissen, wie groß der Wissensvorsprung der Insider ist. Oder ob die genannten Zahlen überhaupt stimmen. Am Devisenmarkt hingegen liegen die Fakten offen auf dem Tisch – und es gibt keine Gewinnwarnungen. Mein Rat: Wenn Sie Dollar-Konten oder sonstige Dollar-Vermögensanlagen haben, sollten Sie schnell über eine Liquidation dieser Anlagen nachdenken. Euro-Anlagen sind derzeit die bessere Alternative.

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      Erholung: Hose runter!

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Wirtschaftlicher Optimismus weitverbreitet", so ein Artikel in der Financial Times vom Dienstag. "Eine weltweite Umfrage von Merrill Lynch unter Fondsmanagern, letzte Woche veröffentlicht, zeigte, dass 87 % der Befragten damit rechnen, dass die Weltwirtschaft in den nächsten 12 Monaten wachsen wird, und die meisten rechneten mit einem `deutlich` stärkeren Wachstum."

      Die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Die Inflation ist keine offensichtliche Bedrohung. Die Fed ist frei, die Zinssätze eine "bemerkenswert lange Periode" niedrig zu halten, um sicherzustellen, dass die Wirtschaft nachhaltig auf Erholungskurs einschwenkt. Auch die US-Regierung steht bereit, zu helfen – solange es jemanden gibt, der ihr das Geld dazu leiht – mit einem 500 Milliarden Dollar schweren Ausgabenprogramm. "Es wird weithin erwartet, dass die Wachstumsrate im dritten Quartal aufs Jahr hochgerechnete 5 % erreichen wird", so die Financial Times weiter. Sie kennen meine Meinung, liebe(r) Leser(in). Jedes Mal, wenn vor mir eine "Erholung" auftaucht, dann will ich am Bart dieser Erholung reißen, denn ich bin mir sicher, dass er falsch ist. Heute ziehe ich der Erholung die Hosen runter und suche nach Muttermalen.

      Wenn man der populären Presse glaubt, dann befinden sich die amerikanischen Fabriken und Geschäftszeilen in einem vollen Aufschwung. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im 2. Quartal um 3,1 % – zweimal so schnell wie erwartet.

      "Die Konsumausgaben stiegen so schnell wie nie seit dem Herbst; die Unternehmensinvestitionen wuchsen so schnell wie seit 3 Jahren nicht mehr, und die Bauausgaben waren stärker als erwartet", so schließt das Wall Street Journal.

      Ich habe bereits betont, dass mehr als die Hälfte des Wachstums des Bruttoinlandsproduktes im zweiten Quartal das Ergebnis der erhöhten Militärausgaben war. Ohne diese wäre das BIP gegenüber dem ersten Quartal kaum gestiegen. Ich habe auch den kuriosen Effekt der schön gerechneten IT-Ausgaben erwähnt. Ein Computer, der heute gekauft wird, geht demnach mit dem Wert, den er im Jahr 1996 gehabt hätte, in das BIP ein. Und 1996 hätte ein heutiger PC mit durchschnittlicher Technologie einen deutlich höheren Wert gehabt. Fazit: Wenn heute IT-Ausgaben von z.B. 10 Mrd. Dollar anfallen, dann steigt dadurch das BIP um ein Vielfaches!

      Deshalb findet der "Boom" bei den IT-Ausgaben real gar nicht statt. Die IT-Ausgaben sind durch die Statistiker um mehr als 600 % nach oben gerechnet worden. Wenn man diese Schönrechnung herausrechnet, dann erhält man einen ganz anderen Eindruck vom amerikanischen Wirtschaftswachstum. Dann wuchs das BIP im zweiten Quartal nur um magere 0,27 %. "Selbst wenn man den großen Betrag der Verteidigungsausgaben mit berücksichtigt, dann ist das kaum besser als die Wachstumsraten im Rest der Welt", meint Dr. Richebächer (den Sie als Gastautor im Investor`s Daily kennen) dazu.

      Wenn ich der Erholung die Hose runterziehe, dann entdecke ich die hässliche Wahrheit. Da finde ich die Arbeitslosenzahlen. Und nicht eine der 7 oder 8 Nachkriegserholungen schaffte keine neuen Jobs, so Dr. Richebächer. Aber in den 20 Monaten nach dem offiziellen Ende der letzten Rezession sind in den USA etwa 1 Million Jobs abgebaut worden. Im zweiten Quartal gingen 260.000 Jobs verloren. Selbst das ist eine kleine Lüge. Denn die Leute, die es aufgegeben haben, nach Arbeit zu suchen, werden dabei nicht berücksichtigt – eine Zahl, von der man sagt, dass sie zweimal so groß sei.

      Und wo Herr Erholung schon die Hosen unten hat – da finde ich noch eine größere Enttäuschung. "Die Regierung fügt jeden Monat 30.000 bis 50.000 imaginäre Arbeiter zu der Zahl der Beschäftigten hinzu", so Dr. Richebächer. "Das basiert auf der Annahme, dass die Leute sich in einer wirtschaftlichen Erholung selbstständig machen ... und einmal pro Jahr revidieren die Statistiker ihre Schätzungen anhand der wirklichen Zahlen. Als sie das im Mai 2003 taten, verschwanden auf einmal 400.000 neue Jobs, die vorher gemeldet worden waren, einfach so. Solche Revisionen finden natürlich außerhalb der monatlichen Bekanntgabe der Arbeitslosenzahlen statt. Insgesamt denke ich, dass diese statistischen Tricks die Zahl der Arbeitsplatzverluste in den letzten zwei Jahren um über 100.000 pro Monat untertrieben haben."
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      Schmerzhafter Zeitraum der Anpassung

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Paris

      Ich bin wirklich aufgeregt – denn auf der Bestseller-Liste von bn.com hatte das neue Buch von Bill Bonner und mir zwischenzeitlich das neue Werk von John Grisham überholt und Platz 1 erreicht! Ich spreche von der englischen Version – eine deutsche Version gibt es noch nicht. Und leider hat bn.com auch nicht genug Bücher, um mit der Nachfrage mithalten zu können. Da also der Bücherverkauf stoppte, fielen wir wieder auf Platz 9 zurück ... quelle tristesse!

      Aber zu den Märkten ... der Dollar ist auf ein 3 Jahrestief gefallen. US-Finanzminister Snow warnte während seiner Rückkehr vom G7-Treffen in Dubai "andere Nationen", dass sie besser nicht damit rechnen sollten, dass der US-Konsument weiterhin so fleißig Waren importieren würde ... und Kofi Annan warnte die UNO-Vollversammlung dass "wir zu einer Kreuzung auf dem Weg gekommen sind ... ein Moment, der nicht weniger entscheidend ist als 1945, als die Vereinten Nationen gegründet wurden."

      Was haben diese Ereignisse gemeinsam? Dave Lewis schreibt auf seiner Homepage (Chaos-onomics) ganz schön: "Die wirtschaftlichen Entscheidungsträger rund um die Welt scheinen sich endlich zu dem Versuch entschieden zu haben, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Das ist nie eine schmerzlose Bemühung, denn sie bedeutet einen Verhaltenswechsel auf Massenebene, was wir zuletzt in den USA in den 1970ern erlebt haben. Ob der politische Wille diesen Kurs durchhält, muss gesehen werden ...

      Wie wird eine schmerzvolle Periode der Anpassung aussehen? Vielleicht ist das ein Indikator. Eine Umfrage zeigt, dass die viele US-Arbeitnehmer bis in ihre 70er arbeiten wollen. "Höhere Gesundheitskosten", so ein Bericht bei CNN.com, "unzureichende Pensionsfonds und die jüngsten Verluste bei den Investments führen zu der Notwendigkeit, länger Geld zu verdienen."

      Man fragt sich, in welchen Jobs sie weiter arbeiten werden, angesichts der steigenden Arbeitslosenzahlen? Der "Tag der Abrechnung" hat mehr und tiefere Konsequenzen als wir uns vorstellen können ... wir, die wir das jeden Tag mit der Ehrfurcht des Zeugen eines Zugunfalls beobachten ...

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      Investmentlegende Warren Buffett

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner, derzeit in Bonn

      Ich bin derzeit in Bonn, um Robert P. Miles zu sehen, einen Verehrer von Warren Buffett. Ich sage "Verehrer", denn seine Kommentare über Mr. Buffett am Dienstag gingen sehr stark in diese Richtung.

      Mr. Miles erklärte die Investmentgeheimnisse von Warren Buffet. Mein Zug hatte Verspätung, weshalb ich zu spät ankam, aber ich schreibe Ihnen das, was ich mitbekommen habe:

      "Kaufen Sie nicht ein bisschen von vielen verschiedenen Aktien, wie es Ihnen die Wall Street empfiehlt", erklärte Miles. "Kaufen Sie lieber viel von ein paar Werten. Buffett sagt, er kennt keinen Super-Investor, der mehr als 4 oder 5 Aktien hätte."

      "Diversifizieren Sie nicht", so Miles weiter; "konzentrieren Sie sich auf ein paar wenige Gesellschaften und stellen Sie sicher, dass Sie diese sehr, sehr gut auswählen."

      Welche Gesellschaften sollte man kaufen? "Die, die man zu intrinsischem Wert oder weniger kaufen kann (das basiert auf dem Abdiskontieren der erwarteten Ertragsströme) ... die ein gutes Management und ein dauerhaftes Geschäft mit einem Burggraben um sich herum haben."

      Auf was achtet er bei Managern? "Buffett achtet auf drei Dinge: Integrität, Energie und Intelligenz. Von diesen Dingen ist die Integrität am wichtigsten. Wenn sie keine Integrität haben, dann würde Buffett lieber Manager nehmen, die dumm und faul sind. Und er will keine Unternehmen kaufen von Leuten, die nur Geld wollen. Er will Manager, die ihr Geschäft lieben und daran hängen. Buffett hat keine Vizevorsitzenden. Er hat weniger als 15 Angestellte. Er kann keinen herausschicken, um Gesellschaften mit Problemen zu helfen. Er lässt sie alleine. Ein Vorstandsvorsitzender einer Gesellschaft im Besitz von Warren Buffett sagte mir, dass er in 20 Jahren Warren Buffett nicht einmal gesehen hätte."

      "Kaufen und verkaufen Sie nicht zu oft. Kaufen Sie nur ein paar unterschiedliche Titel und halten Sie diese eine lange, lange Zeit. Die liebste Haltedauer von Warren Buffett ist für immer", so Miles weiter. "Wussten Sie, was die durchschnittliche Haltedauer von Nasdaq-Aktien ist? Es sind nur 6 Monate. ( ...) Aber Buffett selbst hält seine Aktien durchschnittlich 20 Jahre."

      Da haben Sie es, liebe(r) Leser(in). Alles, was Sie wissen müssen, um ein(e) Milliardär(in) zu werden. Natürlich könnten Sie dazu auch den größten Bullenmarkt der Weltgeschichte brauchen, aber Mr. Miles hat das nicht erwähnt.

      Ich persönlich habe gemischte Gefühle, wenn es um Warren Buffett geht. Ich schätze seinen weisen Rat, aber ich finde sein Beispiel gleichzeitig nobel und erschütternd. Mr. Miles zeigte ein Photo vom einfachen Haus von Warren Buffett in Omaha. Die ganze Hingabe von Buffett gilt seinem Métier. Wie Hannibal so teilt der führende General der amerikanischen Aktionäre mit seinen Soldaten das harte Leben ... und nur gelegentlich entflieht er in seine 6 Millionen Dollar teure kalifornische Ferienwohnung.

      Aber wenn ich mir das Photo von Omaha ansehe, kann ich nicht anders, als mich zu fragen: Wenn man in so einer Baracke lebt, dann könnte man genauso gut arm sein.

      Mehr zu Warren Buffett ... Abraham Lincoln ... Jonny Cash ... und zu anderen nicht zusammenhängenden Themen ... in den nächsten Tagen.

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      Verrückte werden reich


      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Das ist ein Auszug aus dem Buch, das ich zusammen mit Addison Wiggin geschrieben habe. Zahlreiche Leser des Investor`s Daily wollten einen Ausschnitt aus diesem Buch – hier haben sie ihn:

      Einer der führenden Unternehmer des vergoldeten Zeitalters (der Zeit der Spekulationsblase, mit dem Topp Ende 1999/Anfang 2000) war Michael Saylor, Gründer von MicroStrategy. Von allen messianischen Verrückten dieser Ära ragte Saylor besonders heraus – vielleicht als der Verrückteste, und bestimmt als einer der Reichsten. Saylor unterhielt Millionen Leute, und er half mit, zahllose Dummköpfe von ihrem Geld zu trennen.

      "Wir reinigen diesen Planeten von Ignoranz", erklärte Saylor, womit er sich selbst ein edles Ziel setzte. Er war auf einem "Kreuzzug für Intelligenz", so nahm er es für sich in Anspruch; er wollte Informationen "frei" machen, und sie sollten "wie Wasser laufen". Er plante, ein großes Buch zu dem Thema zu schreiben, mit dem Titel "Intelligenz". In einem Wettbewerb zwischen Ignoranz und Dummheit auf der einen und Information und Intelligenz auf der anderen Seite wüsste ich, auf welche Seite ich setzen würde. Ein bestimmtes Niveau an Verrücktheit ist oft ein Vorteil in der Geschäfts- und Unterhaltungswelt, aber dies war dafür zu extrem. Den Planeten von Ignoranz reinigen? Nur ein Idiot oder ein Scharlatan konnte so etwas Dummes sagen. Saylor war offensichtlich eines von beiden – vielleicht beides. Schließlich machte er ein öffentliches Spektakel von sich selbst, jedes Mal, als er seinen Mund öffnete: "Ich denke, meine Software wird allgegenwärtig werden, so wesentlich, dass es Unruhen geben wird, wenn sie zu arbeiten aufhört", hatte er einem Redakteur des "New Yorker" erzählt. MicroStrategy hatte eine kaum entwickelte Software, die den Unternehmen half, herauszufinden, wer ihre Produkte kaufte. Die Software erlaubte zum Beispiel McDonald`s, herauszufinden, wie viel mehr (oder weniger) Big Macs an einem Freitag im Winter ein McDonald`s in Chicago als ein McDonald`s in Miami verkaufen würde. Saylor hatte auch weniger sichtbare Schwächen; er hatte versteckte massive Indiskretionen in den Finanzberichten der Gesellschaft. Der Aktienmarkt wurde wegen Gesellschaften wie MicroStrategy verrückt. Die Aktien von MicroStrategy wurden am 11. Juni 1998 emittiert. Fast zwei Jahre später stand der Aktienkurs bei 333 US$. Saylor verdiente an diesem Tag 1,3 Milliarden US$, und 4,5 Milliarden US$ in der folgenden Woche – was seinen persönlichen Netto-Reichtum auf 13,6 Milliarden US$ brachte. Zu dieser Zeit war MicroStrategy mit Umsätzen von nur 200 Millionen US$ und einem ausgewiesenen Gewinn für 1999 von 12,6 Millionen US$ mehr wert als DuPont. Das machte Saylor zum reichsten Mann in der Gegend von Washington, D.C. – reicher als den Gründer von Oracle, Larry Ellison. Zu 333 US$ war der Aktienkurs so wahnsinnig wie der Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft.

      Während ich mich schon damals über MicroStrategy, deren Aktienkurs und deren verrückten Vorstandsvorsitzenden lächerlich machte, pries ihn der Rest der Finanzpresse. Man konnte kaum einen Bericht finden, der nicht etwas Schmeichelhaftes zu sagen hatte. Die englische Sprache hat Tausende von negativen Worten, aber vor dem 20. März 2000 konnten die Analysten und TV-Moderatoren nicht ein einziges für Michael Saylor finden. Dann kam der 20. März 2000. An diesem Tag öffneten die Finanzredakteure ihre Wörterbücher und Michael Saylor schrieb Geschichte. Unter dem Druck der amerikanischen Finanzaufsichtsbehörde (Securities and Exchange Commission, SEC) war er gezwungen, zuzugeben, dass MicroStrategy in den zwei vorigen Jahren die Bilanzen manipuliert hatte. Statt einem Gewinn von 12,6 Millionen US$ im Jahr 1999 würde die Gesellschaft nun einen Verlust von 34 bis 40 Millionen US$ zeigen. Auch der Umsatz wurde nach unten korrigiert. Niemals zuvor hatte ein Mann soviel Geld in so kurzer Zeit verloren. In nur 6 Stunden fiel sein Netto-Vermögen um 6,1 Milliarden US$.

      Von diesem Tag an hatte sich das Leben von Saylor geändert. Statt von den Investoren und der Finanzpresse gepriesen zu werden, wurde es ihm hart gegeben. Die Investoren waren um 11 Milliarden US$ ärmer geworden. Einige von ihnen waren wütend. Andere hatten Selbstmordtendenzen. "Ich dachte niemals, dass ich soviel wie jetzt verlieren würde", sagte ein Investor auf dem Internet-Forum von Yahoo zu MicroStrategy ... bevor er verkündete, dass er sich umbringen werde.

      Vor dem 20. März 2000 konnte Michael Saylor nichts falsch machen; jetzt konnte er nichts richtig machen. Das "Fortune"-Magazin führte ihn sehr prominent als Nummer 1 im "Club der Milliardärs-Verlierer", mit totalen Verlusten von 13 Milliarden US$. Aber ein schwieriges Scheitern ist für einen Mann besser als ein leichter Erfolg. Demnach war Saylor im Herbst 2001 ein besserer Mann, als er es ein paar Jahre zuvor gewesen war. Laut Berichten der Washington Post begann er zu trinken, um seine Verluste herunterzuspülen. Wenn er nicht gerade trank, dann kümmerte er sich um sein Geschäft. Die Aktie war immer noch überbewertet, aber bei 3,36 US$ war sie erheblich weniger überbewertet als sie es zuvor gewesen war.

      Also war er immer noch ein Visionär? Ein "älterer, weiserer", antwortete er. Die Exzesse der Internet-Spekulationsblase sind sehr gut anderswo dokumentiert. Selbst in 2001 räumten die Volkswirte und Analysten ein, dass das gesamte Internet-Ding aus dem Ruder gelaufen war. Natürlich konnten sie nicht wissen, dass Saylor die Bilanzen gefälscht hatte. Und ihnen konnte auch nicht vorgeworfen werden, dass sie nicht realisiert hatten, wie schnell viele der Technologiegesellschaften kollabieren würden, oder wie tief der gesamte Sektor fallen würde. Wer hätte diese Dinge schon prognostizieren können? Aber die meisten von denen, die keinen Grund gesehen hatten, warum man MicroStrategy im Dezember 1999 nicht zu mehr als 110 US$ pro Aktie kaufen sollte, gaben plötzlich vor, sie hätten es die ganze Zeit gewusst, dass es im Technologiesektor eine Spekulationsblase gegeben hätte. Sobald der Wind aus einer anderen Richtung wehte, fanden sie es sehr einfach, ihr Fähnchen nach dem Wind zu hängen.

      Ich zitiere die Exzesse dieser Ära nicht nur um zu starren oder zu schelten, sondern um zu zeigen, wie die Welt wirklich funktioniert. Es waren nicht nur die schlimmsten Köpfe in Amerika, die von der Spekulationsblase getäuscht worden waren, sondern viele der besten. Und diese Spekulationsblase war auch keine Version der menschlichen Natur oder eine Verirrung in der menschlichen Geschichte. Von Zeit zu Zeit passieren solche Dinge. Die Leute beginnen zu glauben, dass die alten Lektionen nicht länger Gültigkeit haben, und dass die alten Regeln nicht mehr funktionieren.


      http://www.investor-verlag.de/
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 23:52:33
      Beitrag Nr. 277 ()
      Kommentare von Henry Littig

      24.09.2003 - 15:39 Uhr
      Unsere derzeitige Marktmeinung, dass wir uns bereits in Mitten einer Topbildung befinden, hat sich in der vergangenen Woche zumindest leicht bestätigt. Dies bedeutet nicht, dass wir es nun mit einem „Selbstläufer“ zu tun haben, sondern bestenfalls eine Chancenverschiebung in unsere Richtung stattgefunden hat. Denn: Die US-Börsen sind nach wie vor bombenfest (dass die USA-Märkte besser laufen würden, haben wir schon am 10.09. vermutet) und hierzulande wird die Allgemeinheit den jüngsten DAX-Rückgang schlimmstenfalls als „notwendige Korrektur“ bezeichnen, die „vielleicht noch ein wenig anhält“, aber in „jedem Fall zu Käufen genutzt werden sollte“, da „noch immer nicht alle `drin sind und Liquidität im Überfluss vorhanden sein soll“. Außerdem: Die deutsche Wirtschaft wächst im nächsten Jahr um mindestens 1-1,5 %; dies ist z.Zt. kollektivmedial beschlossene Sache...die Regierung kalkuliert sogar mit 2%!!!
      D.h., dies könnte durchaus alles zutreffen und die Märkte steigen noch geraume Zeit an. Unser Problem: Wir sind uns bzgl. der Wachstumsaussichten in Europa bzw. des aktuellen Investitionsgrades der Anleger„nicht ganz so sicher“ und sehen den DAX bis spätestens ca. Ende Feb.04 zumindest zeitweilig in die Range 2900-3100 zurückfallen – ein Irrtum bzw. ein vorher noch mal erreichtes Zwischenhoch ist wie üblich immer möglich. Sie sehen, so sicher wie sich die anderen sind, dass es „garantiert“ weiter läuft sind wir uns hier bzgl. sinkenden Kurse nicht, aber --- vielleicht ist das unser Vorteil!
      Die Liste der Gründe, die zu abbröckelnden Notierungen führen könnten, ist zwar mindestens ebenso lang wie die der Bullenargumente, aber dennoch lese ich z.Zt. nur positives zum Markt. Oder anders: Der Markt bzw. die Anleger befinden sich evtl. bereits jetzt schon wieder in der Optimismusfalle, aus der es möglicherweise kein Entkommen gibt. Die Begründung ist denkbar einfach: Hausse und Baisse sowie Tag und Nacht, Leben und Tod, Sommer und Winter, groß und klein, das Wachstum und anschließender Fall von Bäumen und Pflanzen etc. etc. etc. sind uns Menschen sehr vertraute Gegensätze – und fast alle völlig akzeptiert. Nur an der Börse – an der Börse will es im Grunde keiner wahr haben, dass es nicht nur nach oben geht, oder? Dabei trifft die meisten Anleger jedoch keine Schuld, denn viele wissen nicht, das auch in sinkenden Märkten Geld verdient werden kann.
      Bildlich gesprochen ist die Optimismusfalle bzw. ein ganzer Börsenzyklus vergleichbar mit der Situation, in der viele Menschen um 18 Uhr abends leicht bekleidet zusammensitzen und darüber philosophieren, dass und vor allem warum es an diesem Tag nicht Nacht werden wird. Gegen 24 Uhr sitzen sie noch immer leicht bis mittelmäßig frierend zusammen und wundern sich, wieso die Nacht doch gekommen ist bzw. ob es sich vielleicht doch nur um eine Sonnefinsternis handelt. Wenn sie dann im morgengrauen übernächtigt nach Hause zurückkehren, sind sie kaum in der Lage, den folgenden Tag zu genießen bzw. verschlafen ihn größtenteils. Der eigentliche Gewinner der Nacht, ein Realist, hat sich dagegen schon gegen 19 Uhr nach angeregter Diskussion artig verabschiedet, sich ins Nachtlager gelegt und die „böse“ Nacht zur Regeneration genutzt – und ist den Optimisten am nächsten Tag immer ein Tempo (Schachausdruck) voraus.
      Das Problem an der Börse: Während der Sonnenuntergang relativ sicher vorhergesagt werden kann, so ist dieser Zeitpunkt an den Märkten wesentlich komplizierter einzuschätzen. Aber: Wer später nicht frieren will, muss es versuchen!

      Fazit: Jetzt, wo sogar jahreszeitlich bedingt „die Tage kürzer werden“, bleiben wir zunächst bei unserer Marktmeinung, d.h.: Topbildung und anschließend tiefere Kurse.

      Höhere Kurse sehen wir noch immer im Gold- und Rohstoffbereich. Seit unserer ersten Kaufempfehlung für diesen Bereich vor ca. 2 Jahren konnte z.B. der Phil.Gold.u.Silber-Index (Kürzel XAU auf der Webcamseite) um knapp 100% zulegen. Wie sie vielleicht wissen, haben wir eigens für diesen Bereich einen eigenen Investmentfonds aufgelegt (HPM Invest Sicav RV Golden Dynamic Plus, WKN 779333), der seit Handelsstart (Ende 2002) schon über 60%! zulegen konnte. Da wir im Gold- und Rohstoffbereich einen neuen Megatrend erkannt haben wollen, empfehlen wir in jedem Fall einen Teil des jeweiligen Anlagevermögens in diesen Bereich langfristig zu investieren. Ob in unserem, oder in einem anderen Goldfonds ist im Grunde egal – in jedem Fall sehe ich im XAU noch geraumes Potential...

      http://www.hpm-online.de/HPM/index.html
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 14:34:16
      Beitrag Nr. 278 ()
      Sicheres Geld im Alter


      Die Renten sind sicher! Diesem Versprechen des ehemaligen bundesdeutschen Arbeitsministers Norbert Blüm mag heute keiner mehr so recht glauben. Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine zusätzliche private Altersvorsorge - nicht nur in Deutschland. Ein Dossier von DW-WORLD zeigt, welche Probleme andere europäische Länder mit der Finanzierbarkeit der Renten haben.......





      http://www.dw-world.de/german/0,3367,1503_A_880191,00.html
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 14:36:27
      Beitrag Nr. 279 ()
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      Weltwirtschaft: Chancen und Risiken


      Die Globalisierung verwandelt unsere Welt in einen einzigen Markt für Produkte, Kapital, Menschen und Ideen.



      Für ihre Befürworter ist sie eine Chance auf eine bessere Welt. Sie sagen, dass der internationale Handel allen Ländern zugute kommen werde, dass neue Kommunikationsnetze den Austausch wissenschaftlicher Forschungsergebnisse und kultureller Ideen fördern würden, und dass es am Ende mehr Gewinner und weniger Verlierer geben werde.



      Dagegen sehen Kritiker in der Globalisierung einen Bankrott auf Raten. Für sie regieren Konzerne über die globalen Märkte, erpressen Börsenspekulanten gewählte Politiker und beuten Unternehmen die Ressourcen der Umwelt hemmungslos aus. Die Globalisierungsgegner fürchten außerdem, dass die sozialen Standards weltweit sinken werden.



      DW-WORLD und ihr Partner fluter.de haben Interviews mit Globalisierungsexperten geführt – mit Befürwortern ebenso wie mit Kritikern. fluter.de ist das neue Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung.........


      http://www.dw-world.de/german/0,3367,6370_A_600676,00.html
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 14:40:07
      Beitrag Nr. 280 ()
      26.9.03 Topökonom warnt vor neuem Aktiencrash

      Von Sebastian Dullien und Mark Schieritz, Berlin




      Der amerikanische Ökonom Robert Shiller hat vor einem Crash am US-Immobilien- und Aktienmarkt gewarnt. Deutschland spendete er Lob.




      "Amerikanische Aktien sind im historischen Vergleich noch immer teuer", sagte Shiller der FTD. Ähnlich brisant sei die Lage bei den Häusern. "An den Immobilienmärkten deutet viel auf eine Spekulationsblase hin." Für die Erholung der Weltwirtschaft sei ein Einbruch bei den Vermögenspreisen "derzeit das größte Risiko".




      Mit Robert Shiller warnt jener Ökonom vor Gefahren für die globale Wirtschaft, der Ende der 90er Jahre in seinem Buch "Irrationaler Überschwang" das Platzen der Aktienblase vorhergesagt hatte. Kurze Zeit später waren die US-Börsen tatsächlich eingebrochen. Dies war ein entscheidender Auslöser für die folgende globale Wirtschaftskrise. "Ein beträchtlicher Teil der Hauskäufer in den USA kauft derzeit Eigenheime zur Geldanlage", so Shiller. "Das ist typisch für eine Spekulationsblase. Die Menschen kaufen, weil sie denken, der Wert steigt."




      "Ein Rückschlag bei den Immobilienpreisen könnte den Konsum einbrechen lassen", warnte Shiller. Besonders die hohe Verschuldung der US-Haushalte sei in diesem Zusammenhang problematisch. (FTD, 26.9.03)



      ----------------------------------------------



      Investmentbanker sehen Silberstreif

      Von R. LANDGRAF, M. MAISCH und F. SCHÖNAUER

      Marktbeobachter sind optimistisch: Sie erwarten für 2004 mehr Fusionen, Übernahmen und eine Belebung des Geschäfts mit Aktien.

      ...

      FRANKFURT/M. Im Investmentbanking in Europa steigt die Zuversicht. Der Tenor der Banker: Es kommen wieder bessere Zeiten, die allerdings nicht mit den Boomjahren zur Jahrtausendwende vergleichbar sind. Wie viele seiner Kollegen rechnet Walter Gubert, Chef des Investmentbanking des US-Instituts JP Morgan Chase, mit einer Trendwende in der krisengeschüttelten Branche: „Die Verhandlungen, die wir derzeit mit den Unternehmen führen, sind weitaus ernsthafter als noch vor einigen Monaten.“ Ab 2004 werde sich das auch in einer steigenden Anzahl von Fusionen und Börsenemissionen niederschlagen, sagte er dem Handelsblatt.

      ... (Handelsblatt.com, 26.9.03)




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      Nur die Hoffnung steigt

      Deutsche Firmen glauben an den Aufschwung - Geschäftslage verschlechtert sich aber - Risiko Ölpreis

      Berlin - Das Wirtschaftsklima in Deutschland ist im September dank der wachsenden Zuversicht der Unternehmen den fünften Monat in Folge besser geworden. Allerdings macht den Experten die noch immer schwache wirtschaftliche Lage der Firmen Sorge: "Der Aufschwung ist in Deutschland bis jetzt mehr Hoffnung als Wirklichkeit", sagte Volkswirt Bernd Weidensteiner von der DZ Bank.

      Der Geschäftsklima-Index des Ifo-Instituts stieg im September auf 91,9 Punkte. Im August waren es noch 90,8 Punkte. Der Grund dafür war, dass die Geschäftserwartungen der Unternehmen in Westdeutschland erstmals seit Frühjahr 2002 wieder überwiegend positiv waren. Allerdings beurteilten die 7000 befragten Firmen ihre gegenwärtige Lage negativer als noch im August. Der entsprechende Teilindex sank von 79,9 auf 79,2 Punkte.

      Volkswirte warnten vor der Gefahr einer "Erwartungsblase": "Meinetwegen können die Erwartungen auf 120 Punkte steigen, das ist mir egal, so lange die Lage nicht nachzieht", sagte Thomas Hueck von der Hypo-Vereinsbank. Obwohl das Ifo-Institut schon einen dreimaligen Anstieg als Aufschwung-Signal interpretiert, blieb auch Ifo-Volkswirt Gernot Nerb vorsichtig: "Wir sind weiter im schwierigen Terrain eines beginnenden Aufschwungs."

      Viele Experten fühlen sich an das Jahr 2002 erinnert, als der Index von Monat zu Monat stieg, der erhoffte Aufschwung aber ausblieb.

      ... Pessimisten befürchten, dass der Aufschwung in den USA nur ein Strohfeuer sein könnte. Zudem könnte ein weiterer Kursanstieg des Euro der deutschen Exportwirtschaft das Geschäft verhageln. ... (Welt, 26.9.03)




      Kommentar: Während sich ein gewaltiger Crash abzeichnet, sind die „Experten“ wieder einmal optimistisch. Allein die Erwartung und Hoffnung auf einen Aufschwung reicht schon aus, um den Optimismus noch weiter anzuheizen. Da stört es dann auch wenig, daß in der realen Wirtschaft gar nichts von einem Aufschwung zu spüren ist – im Gegenteil. Demgegenüber nehmen die fundamentalen Unsicherheiten und Bedrohungen zu. Die Aktien- und Immobilienblase wächst, das Leistungsbilanzdefizit und Verschuldung der USA explodiert. Dies muß zwangsläufig zu einem Crash führen, da hilft auch kein Zweckoptimismus dagegen.

      Kommentar v.Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 14:43:58
      Beitrag Nr. 281 ()
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 14:53:47
      Beitrag Nr. 282 ()
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      Ärger mit Lebens-
      versicherungen
      Rendite sinkt auf Sparbuchniveau

      NDR| 23.09.2003 | 21.55
      Katrin Prüfig

      Die böse Überraschung kommt oft nach Jahrzehnten fleißigen Sparens: Viele Kapitallebensversicherungen bringen nicht mehr das, was den Kunden beim Abschluss in Aussicht gestellt wurde. Überschussbeteiligung? In etlichen Fällen keine. Gute Verzinsung? Fehlanzeige. Kündigung? Hat sich noch nie gelohnt. Viele Verbraucher mit Kapitallebensversicherungen bekommen in diesen Monaten Post von ihrer Versicherung mit diesen schlechten Nachrichten. Besonders für Ältere, die mit der Versicherung sparen und später ihre Rente aufbessern wollten, ist eine gesunkene Auszahlung oft schwer zu verkraften.
      Die Konzerne machen den Einbruch an den Aktienmärken und die schwache Konjunktur für die Entwicklung verantwortlich. Sie hatten einen erheblichen Teil ihres Geldes an der Börse angelegt - in der Hoffnung auf steigende Kurse. Als die aber nur noch fielen, war es mit den satten Gewinnen vorbei. Und wo keine Gewinne sind, da kann es auch keine Gewinnausschüttung an die Versicherten geben. So jedenfalls die Argumentation der Versicherungskonzerne. Und wieder sind die Versicherten die Dummen.

      Altersvorsorge im Eigenbau: Plusminus hat nachgerechnet
      Stellt sich die Frage, ob viele Verbraucher, die einfach nur sparen wollen, nicht besser fahren würden, wenn sie ihr Geld selbst anlegen. Das spart auf jeden Fall schon mal die hohen, oft verdeckten Abschlusskosten einer Versicherung. Und man bleibt flexibel, falls man doch zwischendurch mal an das Geld ran muss. Aber lohnt es sich tatsächlich? Das Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen (IFF) hat im Auftrag von Plusminus die Renditen von Lebensversicherungen und die Renditen anderer Geldanlagen berechnet.

      Beispiel 1:
      Das Ehepaar Hanke hat 12 Jahre in zwei Kapitallebensversicherungen eingezahlt, von März 1991 bis Februar 2003. Die Beiträge stiegen jedes Jahr (dynamischer Verlauf), betrugen für beide zusammen im Schnitt jedoch 178 Euro. Am Ende bekamen Hankes 25.889 Euro ausgezahlt - und waren enttäuscht. Denn noch zwei Jahre vorher hatte ihre Versicherung ihnen 2.000 Euro mehr in Aussicht gestellt. Laut IFF beträgt die Rendite der beiden Lebensversicherungen damit nur 2,6 Prozent.

      Die Hankes hatten nur ein Ziel - Geld für später zu sparen. Sie waren Anfang 50 und hatten gerade noch 12 Jahre Zeit vor dem Eintritt ins Rentenalter. Trotzdem hätten sie aus ihrem Geld mehr machen können. Zum Beispiel so: Sie teilen ihr Angespartes einmal im Jahr auf drei Töpfe auf.

      Ein Drittel fließt in festverzinsliche Bundesschatzbriefe. Das sind Wertpapiere des Bundes, die fest für sechs (Typ A) oder sieben Jahre (Typ B) angelegt werden. Die Zinsen dafür steigen jedes Jahr, der Zinsverlauf ist vorher festgelegt. Im gleichen Zeitraum wie Hankes Versicherung schafften die Bundesschatzbriefe eine jährliche Rendite von 5,1 Prozent.
      Wer Bundesschatzbriefe kaufen will, tut das am besten bei der Bundeswertpapierverwaltung in Bad Homburg. Dort kann man kostenlos ein Depot eröffnen und führen. Auch der Kauf der "Bundesschätzchen" ist kostenlos.

      Das zweite Drittel ihrer Sparrate hätten die Hankes in einen Rentenfonds leiten können. Das IFF hat für uns die Rendite des Fonds Adirenta von der Commerzbank-Tochter ADIG ausgerechnet: 5,7 Prozent genau in den Zeitraum, in dem Hankes in ihre Lebensversicherung einzahlten.

      Das dritte Drittel hätten sie in einen offenen Immobilienfonds stecken können. Für den Deka Immobilienfonds zum Beispiel hat das IFF eine jährliche Rendite von 3,7 Prozent ausgerechnet.

      Dieser Anlagemix verzichtet bewusst auf Aktienfonds. Das macht ihn weniger anfällig für Schwankungen und ist gerade für ältere Anleger daher sicherer. Beide Fonds sind Allerweltsprodukte, für die man bei jeder Bank einen Sparplan mit monatlichen oder vierteljährlichen Einzahlungen abschließen kann. Außerdem haben sie sich im Vergleichszeitraum nur durchschnittlich entwickelt. In der folgenden Rechnung sind für beide Fonds Ausgabeaufschläge und Depotkosten (0,5%) abgezogen, Ausschüttungen dagegen mit eingerechnet.

      Ergebnis:
      Während die Versicherung der Hankes am Ende 25.889 Euro brachte, hätten sie mit diesem Anlagemix 29.302 Euro auf dem Konto, also 3.413 Euro mehr!

      Beispiel 2:
      Lange Ansparzeit
      Funktioniert das Prinzip "Eigenbau" auch über einen längeren Zeitraum? Plusminus hat den Fall eines Kunden nachrechnen lassen, der über 35 Jahre monatlich 71,79 Euro in seine Kapitallebensversicherung eingezahlt hat (Januar 1968 bis Dezember 2002). Am Ende der Laufzeit hat die Versicherung 82.905 Euro überwiesen, eine Rendite von immerhin 5,2 Prozent jährlich.

      Altersvorsorge im Eigenbau:
      Hätte dieser Sparer sein Geld selbst in die Hand genommen, wäre nochmal erheblich mehr dabei raus gekommen. Auch er hätte sein Geld gleichmäßig auf drei Töpfe verteilen können: Das erste Drittel in einen internationalen Aktienfonds, zum Beispiel in den Intervest von der Fondsgesellschaft DWS, eine Tochter der Deutschen Bank. Der schaffte seit 1968 eine jährliche Rendite von 8,29 Prozent.

      Die zweite Säule des Sparplans: der Euro-Rentenfonds der Dresdner Bank-Tochter DIT. Über 35 Jahre brachte der eine Rendite von 7,1 Prozent im Jahr, schwankte jedoch erheblich weniger als der Aktienfonds.

      Die dritte Säule könnte der wieder der oben genannte Deka-Immobilienfonds sein. Über die lange Laufzeit erreichte er ein jährliches Plus von 6,1 Prozent.

      Wenn man auch hier Depotkosten (1%), Ausgabeaufschläge und Ausschüttungen berücksichtigt, kommt man zu einem erstaunlichen Ergebnis: Während die Kapitallebensversicherung 82.905 Euro auszahlte, hätte dieser Anlagemix 105.195 Euro gebracht, also 22.290 Euro mehr!
      Ein paar Tipps für die Praxis der "Lebensversicherung im Eigenbau"
      Wichtig ist: regelmäßig sparen. Wenn die monatliche Sparrate zu klein für die direkte Einzahlung in einen Fonds ist, kann man es auch so machen: einen Dauerauftrag einrichten, der jeden Monat eine selbst festgelegte Sparrate abzweigt, und auf einem Extra-Konto ansammelt (Tagesgeldkonto, schon hier auf attraktive Zinsen achten!). Vorteil dabei: die Sparrate ist nicht starr. Der Anleger kann sie kürzen, wenn er mal klamm ist. Oder mehr zurücklegen, wenn er mehr übrig hat. Das geht bei der Lebensversicherung nicht so einfach.

      Regelmäßig einmal im Jahr wird das Geld dann angelegt - am Besten, man verteilt es auf mehrere Töpfe, auf unterschiedliche Anlageprodukte - so wird das Risiko gestreut. Wer nur sehr kleine Summen sparen kann, kann diese Töpfe auch abwechselnd befüllen: ein Jahr in den Immobilienfonds einzahlen, ein Jahr in den Rentenfonds usw. - sonst fallen womöglich unverhältnismäßig hohe Gebühren für die kleinen Einzahlungen an. Wer ganz unaufwändig kleine Beträge sparen will, kann seine Monatsrate einfach direkt bei der Hausbank in einen Banksparplan einzahlen.
      Verbraucherzentrale: Schlechte Renditen eher die Regel als die Ausnahme
      Verbraucherschützer sind über das Ergebnis unserer Berechnungen nicht überrascht: Die Hamburger Verbraucherzentrale rechnet laufend für Versicherungskunden die zu erwartende Rendite nach. Auch diese Stichproben belegen: Die Kapitallebensversicherungen erzielen bestenfalls mäßige Renditen. Edda Castelló von der Verbraucherzentrale: "Nach unseren Berechnungen liegen die Renditen von KapLV eher zwischen zwei und drei, vielleicht mal vier, ganz selten über fünf Prozent. Aber das sind sogar noch geschönte Ergebnisse. Denn man muss wissen, dass das nur die Leute erreichen, die bis zum Ende durchhalten. Jeder zweite Vertrag wird ja vorzeitig abgebrochen - und diese Leute haben sogar Verlust."

      Was raten Experten für die Zukunft?
      Der garantierte Zins für Kapitallebensversicherungen beträgt zurzeit 3,25 Prozent. Er gilt noch für alle, die in diesem Jahr eine Kapitallebensversicherung abschließen. Anfang 2004 fällt er jedoch auf 2,75 Prozent.:eek: (aber nicht vergessen, nur auf den Sparanteil, nach Abzug der Kosten )

      Der Bund der Versicherten rät, nur diese Verzinsung anzusetzen, wenn man seine laufende Lebensversicherung seriös berechnen will. Überschussbeteiligungen und Sonderausschüttungen am Ende der Laufzeit sind nicht garantiert, deshalb sollte man sie auch nicht mit einrechnen.

      Vor dem Abschluss einer neuen Kapitallebensversicherung raten die Experten übereinstimmend dazu, Versicherung und Geldanlage zu trennen. Also: Wer einen Todesfallschutz braucht, weil er als Familienvater seine Angehörigen absichern will, der sollte eine Risiko-Lebensversicherung abschließen (und eben keine Kapitallebensversicherung!). Wer aber einfach regelmäßig sparen will, der sollte zur Bank gehen und nach Banksparplänen, Fondssparplänen oder Bundesschatzbriefen fragen.



      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 23.09.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.


      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=96
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 14:54:38
      Beitrag Nr. 283 ()
      zum obigen beitrag
      Adressen
      Bund der Versicherten e.V
      Postfach 11 53
      24547 Henstedt-Ulzburg
      Telefon 04193-94221
      Verbraucherzentrale Hamburg
      Kirchenallee 22
      20099 Hamburg
      Tel. 040-24832-0, Montag bis Freitag 10-16 Uhr

      Institut für Finanzdienstleistungen
      Rödingsmarkt 31/33
      Hamburg

      Bundesschatzbriefe erhältlich bei: Bundeswertpapierverwaltung Bahnhofstr.16-18 61352 Bad Homburg v.d. Höhe Tel. 06172-1080

      Links ·
      Bund der Versicherten e.V

      ·
      Institut für Finanzdienstleistungen, Hamburg

      ·
      Bundeswertpapierverwaltung

      ·
      Finanztest
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 14:59:41
      Beitrag Nr. 284 ()
      Die Marbella-Connection
      Wie windige Geschäftemacher Firmen ausplündern

      NDR| 23.09.2003 | 21.55
      Autor: Nicolas Peerenboom

      "Das war der Job: Übernehmen und fertig"
      Per Anzeige in den Tageszeitungen Welt, FAZ oder Handelsblatt und im Internet werben professionelle "Firmenbestatter" für ihre Dienste. Das Geschäftsmodell ist dabei immer das gleiche. Bevor eine Firma entgültig pleite ist und Insolvenz anmelden muss, wird das Unternehmen vom alten Inhaber und Geschäftsführer an eine im Ausland lebende Person verkauft. Die übernimmt die Firma inklusive sämtlicher Schulden und kassiert dafür ein Honorar. In der Regel handelt es sich bei den Übernehmern um Strohleute. Die wahren Absahner sind Leute mit entsprechendem Know How: Abgehalfterte Ex-Anwälte und Steuerexperten. Ist die Firma erst einmal verkauft, haben die Gläubiger und Arbeitnehmer in Deutschland das Nachsehen. Rechnungen und Gehälter werden nicht mehr gezahlt. Das Unternehmen wird systematisch ruiniert.
      Dabei nutzen die Firmenbestatter Rechtsunterschiede innerhalb der Europäischen Union: Während in Deutschland der Geschäftsführer einer GmbH von Gläubigern zur Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung gezwungen werden kann, ist das zum Beispiel in Spanien nicht möglich. Auch deshalb leben viele Firmenübernehmer in Spanien.

      Die Hamburger Beratungsfirma GMO hatte noch mehr als 100 Mitarbeiter, als sie von den bisherigen Geschäftsführern und Inhabern, Heinz Meyering und Marcus Sümnick, an die Firmenbestatterin Jutta Sandau verkauft wurde. Jutta Sandau ist eine vielbeschäftigte Frau: In Deutschland ist sie bei über 40 GmbHs als Geschäftsführerin, meist auch als Inhaberin im Handelsregister eingetragen (siehe untenstehende Liste). Für jede übernommene Firma kassierte sie in der Regel 1.000 Euro. Um echte Geschäftsführung ging es dabei nie. "Das war der Job: Übernehmen und fertig", sagt Jutta Sandau heute.

      Das Hauptgeschäft machten andere. Plusminus liegen interne Unterlagen vor, wonach die ehemaligen Inhaber und Geschäftsführer zwischen 5.000 und 10.000 Euro dafür gezahlt haben, ihre Firma los zu werden - und die daran hängenden Verpflichtungen. Der Verkauf der GMO Consulting an Jutta Sandau wurde von den beiden in Spanien lebenden "Entsorungsprofis" Herbert Elders und Claus Krause vermittelt. Das ist zwar moralisch fragwürdig, aber nicht strafbar.

      Kriminell wird es erst, wenn Restvermögen der Firma (das eigentlich den Gläubigern und Arbeitnehmern zusteht) beiseite geschafft und "vor den Gläubigern gerettet" (Zitat Jutta Sandau) werden soll. Vermutlich sollte auch die GMO Consulting GmbH ausgeschlachtet werden: Kurz nachdem Jutta Sandau Firmeninhaberin geworden war, wies sie die Deutsche Bank an, 300.000 Euro vom Firmenkonto der GMO nach Spanien zu transferieren. Und zwar auf ein Konto der Firma "Flemming Financial Group S.L." mit Sitz in Marbella. Am 16.6.03 führte die Deutsche Bank diese Lastschrift aus. Als Zahlungsgrund wurde angegeben: "Darlehensrückzahlung ohne Zinsen".

      Weder dem ehemaligen Controller der GMO, Oliver Eckel, noch dem Ex-Geschäftsführer Marcus Sümnick ist bekannt, dass sich die GMO jemals 300.000 EURO bei der "Flemming Financial Group S.L." geliehen hat. Plusminus-Recherchen im Handelsregister von Malaga ergaben: Die "Flemming Financial Group S.L." gehört Christine Maria Elders, der Ehefrau des Steuerexperten Herbert Elders. Seit dem 26.5.03 ist eine Karin Anneliese Eissing als Geschäftfsführerin eingetragen. Dabei handelt es sich um die Lebenspartnerin von Jurist Claus Krause, der bis 2001 in Kleve als Rechtsanwalt tätig war und dem von der Anwaltskammer die Zulassung als Rechtsanwalt am 18.9.2001 entzogen wurde. Vor der Kamera weist Jutta Sandau die Verantwortung von sich. Sie habe immer nur auf Anweisung gehandelt. Die Anweisungen seien meistens von Claus Krause gekommen, manchmal auch von Herbert Elders. Plusminus liegen Schreiben mit handschriftlichen Anweisungen vor, die laut Jutta Sandau von Ex-Anwalt Krause stammen.

      Mehrere Staatsanwaltschaften, unter anderem in München und in Hamburg, ermitteln gegen Jutta Sandau und andere. Frau Sandau hat sich inzwischen als Kronzeugin angeboten. Sie will auspacken.

      Jutta Sandaus Firmen
      Die folgende Liste nennt Firmen, bei denen Jutta Sandau, geb. 03.07.1943, zur Geschäftsführerin bestellt wurde. Alle Angaben basieren auf Handelsregisterauskünften (in Klammern das zuständige Amtsgericht)

      A.M.M. Systemhaus GmbH (47533 Kleve)
      ASS Bauträger und Sanierungs GmbH (86150 Augsburg)
      AZ Baubetreuung + Immmobilien GmbH (14057 Berlin)
      BFD Projektbau Baubetreuung GmbH (96047 Bamberg)
      BSR GmbH (20355 Hamburg)
      Brembach-Reisen GmbH (56410 Montabaur)
      BVG Besitz und Verwaltungs GmbH (44787 Bochum)
      ClassAct Entertainment Gesellschaft mbH (04275 Leipzig)
      Claus Winter Architektur- und Bauträgergesellschaft mbH (14057 Berlin)
      Clip Clap International GmbH (74072 Heilbronn)
      concept plan gmbh (09130 Chemnitz)
      DOMUS-Immobilien GmbH (23568 Lübeck)
      Edgar Zimmermann GmbH (72764 Reutlingen)
      ENRO-Haus GmbH (90429 Nürnberg)
      FGE- Feinkost Getränke Express GmbH (56410 Montabaur)
      Flamborough Marketing GmbH (80315 München)
      Frische Express 2000 Lebensmittelhandelsgesellschaft mbH (04275 Leipzig)
      GBI Gesellschaft für Beteiligungen und Immobilienservice GmbH (83278 Traunstein)
      GERIAMED Baugesellschaft mbH (20355 Hamburg)
      Blue Marlin 55. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH (20355 Hamburg)
      GRAPA - GmbH Verarbeitung Graphischer Produkte und Verlag (72622 Nürtingen)
      IBN GmbH Industriebuchbinderei (72622 Nürtingen)
      GtA Gesellschaft für technischen Anlagenbau mbH (80315 München)
      Hüpkes Holz- und Baustoff-Handelsgesellschaft mbH (41747 Viersen)
      IB Immobilien Verwaltungs-GmbH (14057 Berlin)
      ICM-INFRA CONSULT GmbH (80315 München)
      Klinkenberg Rohstoffhandel GmbH (Korbach Außenstelle 34454 Bad Arolsen)
      Konzept Immobilien Verwaltungs GmbH (86150 Augsburg)
      Lange & Lange GmbH (04275 Leipzig)
      Leibhammer GmbH (76131 Karlsruhe)
      MABO Systembau-und Handels GmbH (77933 Lahr)
      Pegasus Immobilienhandelsgesellschaft mbH (68159 Mannheim)
      Porscha Transport und Baustoffhandels GmbH (76646 Bruchsal)
      QUALITAS Vermögensverwaltung GmbH (80315 München)
      RF Immobilien GmbH (90762 Fürth)
      Rosemarie Klamert K.L. GmbH (33602 Bielefeld)
      Ruppiner Straßen- und Tiefbau GmbH (16816 Neuruppin)
      Rupp Zimmerei Trockenbau GmbH (90402 Nürnberg)
      S + A Valperz GmbH (51545 Waldbröl)
      SecuSoft GmbH (76131 Karlsruhe)
      SKN Kunststoffe GmbH (41334 Nettetal)
      SKY COM GmbH (01099 Dresden)
      STAR-PROMOTION GmbH (66104 Saarbrücken)
      Thoma Holz GmbH87435 Kempten (Allgäu)
      Wohn & Wert Wohnungsbaugesellschaft mbH (58452 Witten)
      WVI Wiesbadener Verwaltungs- und Inkasso GmbH (65185 Wiesbaden)



      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 23.09.2003
      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=95
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 15:08:41
      Beitrag Nr. 285 ()
      Gesund geschrieben
      Kranke Menschen werden zum Opfer des Kostendrucks der Krankenkassen

      (Willkommen im neuen Sozialstaat, der nur für Stärkere gilt))
      NDR| 23.09.2003 | 21.55
      Autor: Tilman Billing

      Den Kostendruck der Krankenkassen bekommen kranke Menschen immer stärker zu spüren. Die Patientenberatungsstellen im gesamten Bundesgebiet machen täglich die Erfahrung: Die Gutachter des medizinischen Dienstes urteilen schärfer und härter als früher. Die Folge: Kranke Menschen werden einfach gesund geschrieben und erhalten so kein Krankengeld mehr, oder aber medizinisch dringend erforderliche Reha-Therapien werden nicht mehr verlängert, um Kosten zu sparen. Das Absurde daran: die Gutachter entscheiden vielfach, ohne die Patienten jemals untersucht zu haben. Schlimmer noch, sie urteilen häufig über Menschen, ohne sie auch nur ein einziges Mal gesehen oder zumindest gesprochen zu haben. Die Gutachten der behandelnden Ärzte, die ihre Patienten vielfach seit Jahren genau kennen, sind nichts wert gegenüber dem Medizinischen Dienst, der in unzähligen Fällen nach Aktenlage entscheidet. Nicht nur Verbraucherschützer finden diese Praxis skandalös, zumal kranke Menschen so zum Opfer des Kostendrucks der Krankenkassen werden.
      Arbeitsunfähigkeit trotz Gehirntumor?
      Helga Hansen aus Jarplund in Schleswig-Holstein hat über 40 Jahre lang hart gearbeitet, in der Flensburger Brauerei, mit schweren Maschinen aber auch im Akkord am Band. Wegen eines Gehirn-Tumors sieht sie vieles nur noch verschwommen, die Beweglichkeit ihrer Hände ist eingeschränkt, dazu kommen starke Rückenschmerzen. Folglich wurde sie krankgeschrieben. Die AOK zahlte aber nur zehn Tage lang Krankengeld. Dann war Schluss, mit der Begründung, dass Frau Hansen ja zu leichter Arbeit noch immer in der Lage sei. Ihr Arzt ist sich dagegen absolut sicher, dass Frau Hansen unter keinen Umständen mehr arbeiten kann, auch nicht stundenweise. Trotz der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit schreibt der Medizinische Dienst Helga Hansen nach Aktenlage gesund, ohne Untersuchung. Die Gutachter haben sie kein einziges Mal zu Gesicht bekommen. Die 58-Jährige legt Widerspruch ein. Die Widerspruchsausschuss der AOK bescheinigt ihr daraufhin nach einigen Monaten, dass sie wegen motorischer Störungen arbeitsunfähig sei. Frau Hansen wird das Krankengeld jedoch weiter verweigert, weil sie eine Erwerbsminderungsrente beantragt hat und Rentenantragsteller prinzipiell keine Zahlungen erhalten. Sie bekommt also keine Rente, weil sie ja offiziell arbeitsfähig ist. Sie kann aber nicht arbeiten, weil sie krank ist. Und wer krank geschrieben ist, kriegt auch vom Arbeitsamt nichts. Seit Februar diesen Jahres bekommt Helga Hansen also keinen Cent, obwohl sie ein ganzes Berufsleben lang Beiträge in ihre Krankenkasse eingezahlt hat. Helga Hansen ist verbittert. Wenn sie keinen Mann mit regelmäßigem Einkommen hätte, bliebe ihr nur noch der Gang zum Sozialamt.

      Wie unabhängig ist der Medizinische Dienst?
      Die Verbraucherzentralen zweifeln die Unabhängigkeit des medizinischen Dienstes an. Schließlich gehört der MDK organisatorisch zu den Krankenkassen. Von dort kommen auch die Aufträge und das Geld. Die Krankenkassen werden als Auftraggeber zwangsläufig ein Interesse daran haben, in erster Linie Kosten zu sparen. Vor diesem Hintergrund ist es wenig glaubhaft, wenn der medizinische Dienst behauptet , er sei unabhängig.

      Almosen für Patienten
      Zu den Betroffenen der MDK-Gutachterpraxis gehört auch Familie Hill aus Marne in Schleswig-Holstein. Der Vater leidet am Guillain-Barré-Syndrom, kurz GBS, einer schweren Nervenkrankheit. Urplötzlich war er vollständig gelähmt. Auf Empfehlung des MDK hatte die AOK beschlossen, Peter Hills Reha-Therapie abzubrechen. Schlimmer noch: wichtige Medikamente, sogenannte Immunglobuline wurden ihm verweigert.

      Karl-Heinz Bartel leidet auch am GBS-Syndrom. Um anderen GBS-Kranken zu helfen, hat er eine Selbsthilfegruppe gegründet. Er ist sich sicher, hätte er damals Immunglobuline erhalten, müsste er jetzt nicht im Rollstuhl sitzen. Deshalb kämpft er heute für Patienten wie Peter Hill. Karl-Heinz Bartel setzt die Gutachter des Medizinischen Dienstes unter Druck. Auf einmal empfiehlt der MDK eine Verlängerung der Reha von Peter Hill, unter einer Bedingung: Er muss Immunglobuline erhalten. Die Reha-Klinik kann das teure Medikament angeblich nicht aus dem Pflegesatz bezahlen, die AOK verweigert eine Übernahme der Kosten mit dem Hinweis, die Klinik sei dafür zuständig. Die Verantwortung wird hin- und hergeschoben. Der gelähmte Peter Hill ist das Opfer. In letzter Minute spendet die GBS-Selbsthilfegruppe Immunglobuline im Wert von 6000 Euro. Ist das Gesundheitssystem in Deutschland bereits so marode, dass schwerkranke Patienten auf Medikamenten-Spenden angewiesen sind? Helga Hansen und Peter Hill sind keine bedauernswerten Einzelfälle. Die Patientenstellen in ganz Deutschland bestätigen gegenüber Plusminus, dass gesetzlich Versicherte täglich zum Opfer der verschärften Prüfungspraxis des medizinischen Dienstes werden. Die Krankenkassen sparen, auf dem Rücken schwerkranker Menschen.



      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 23.09.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      Gesund geschrieben
      Kranke Menschen werden zum Opfer des Kostendrucks der Krankenkassen
      NDR| 23.09.2003 | 21.55
      Autor: Tilman Billing

      Den Kostendruck der Krankenkassen bekommen kranke Menschen immer stärker zu spüren. Die Patientenberatungsstellen im gesamten Bundesgebiet machen täglich die Erfahrung: Die Gutachter des medizinischen Dienstes urteilen schärfer und härter als früher. Die Folge: Kranke Menschen werden einfach gesund geschrieben und erhalten so kein Krankengeld mehr, oder aber medizinisch dringend erforderliche Reha-Therapien werden nicht mehr verlängert, um Kosten zu sparen. Das Absurde daran: die Gutachter entscheiden vielfach, ohne die Patienten jemals untersucht zu haben. Schlimmer noch, sie urteilen häufig über Menschen, ohne sie auch nur ein einziges Mal gesehen oder zumindest gesprochen zu haben. Die Gutachten der behandelnden Ärzte, die ihre Patienten vielfach seit Jahren genau kennen, sind nichts wert gegenüber dem Medizinischen Dienst, der in unzähligen Fällen nach Aktenlage entscheidet. Nicht nur Verbraucherschützer finden diese Praxis skandalös, zumal kranke Menschen so zum Opfer des Kostendrucks der Krankenkassen werden.
      Arbeitsunfähigkeit trotz Gehirntumor?
      Helga Hansen aus Jarplund in Schleswig-Holstein hat über 40 Jahre lang hart gearbeitet, in der Flensburger Brauerei, mit schweren Maschinen aber auch im Akkord am Band. Wegen eines Gehirn-Tumors sieht sie vieles nur noch verschwommen, die Beweglichkeit ihrer Hände ist eingeschränkt, dazu kommen starke Rückenschmerzen. Folglich wurde sie krankgeschrieben. Die AOK zahlte aber nur zehn Tage lang Krankengeld. Dann war Schluss, mit der Begründung, dass Frau Hansen ja zu leichter Arbeit noch immer in der Lage sei. Ihr Arzt ist sich dagegen absolut sicher, dass Frau Hansen unter keinen Umständen mehr arbeiten kann, auch nicht stundenweise. Trotz der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit schreibt der Medizinische Dienst Helga Hansen nach Aktenlage gesund, ohne Untersuchung. Die Gutachter haben sie kein einziges Mal zu Gesicht bekommen. Die 58-Jährige legt Widerspruch ein. Die Widerspruchsausschuss der AOK bescheinigt ihr daraufhin nach einigen Monaten, dass sie wegen motorischer Störungen arbeitsunfähig sei. Frau Hansen wird das Krankengeld jedoch weiter verweigert, weil sie eine Erwerbsminderungsrente beantragt hat und Rentenantragsteller prinzipiell keine Zahlungen erhalten. Sie bekommt also keine Rente, weil sie ja offiziell arbeitsfähig ist. Sie kann aber nicht arbeiten, weil sie krank ist. Und wer krank geschrieben ist, kriegt auch vom Arbeitsamt nichts. Seit Februar diesen Jahres bekommt Helga Hansen also keinen Cent, obwohl sie ein ganzes Berufsleben lang Beiträge in ihre Krankenkasse eingezahlt hat. Helga Hansen ist verbittert. Wenn sie keinen Mann mit regelmäßigem Einkommen hätte, bliebe ihr nur noch der Gang zum Sozialamt.

      Wie unabhängig ist der Medizinische Dienst?
      Die Verbraucherzentralen zweifeln die Unabhängigkeit des medizinischen Dienstes an. Schließlich gehört der MDK organisatorisch zu den Krankenkassen. Von dort kommen auch die Aufträge und das Geld. Die Krankenkassen werden als Auftraggeber zwangsläufig ein Interesse daran haben, in erster Linie Kosten zu sparen. Vor diesem Hintergrund ist es wenig glaubhaft, wenn der medizinische Dienst behauptet , er sei unabhängig.

      Almosen für Patienten
      Zu den Betroffenen der MDK-Gutachterpraxis gehört auch Familie Hill aus Marne in Schleswig-Holstein. Der Vater leidet am Guillain-Barré-Syndrom, kurz GBS, einer schweren Nervenkrankheit. Urplötzlich war er vollständig gelähmt. Auf Empfehlung des MDK hatte die AOK beschlossen, Peter Hills Reha-Therapie abzubrechen. Schlimmer noch: wichtige Medikamente, sogenannte Immunglobuline wurden ihm verweigert.

      Karl-Heinz Bartel leidet auch am GBS-Syndrom. Um anderen GBS-Kranken zu helfen, hat er eine Selbsthilfegruppe gegründet. Er ist sich sicher, hätte er damals Immunglobuline erhalten, müsste er jetzt nicht im Rollstuhl sitzen. Deshalb kämpft er heute für Patienten wie Peter Hill. Karl-Heinz Bartel setzt die Gutachter des Medizinischen Dienstes unter Druck. Auf einmal empfiehlt der MDK eine Verlängerung der Reha von Peter Hill, unter einer Bedingung: Er muss Immunglobuline erhalten. Die Reha-Klinik kann das teure Medikament angeblich nicht aus dem Pflegesatz bezahlen, die AOK verweigert eine Übernahme der Kosten mit dem Hinweis, die Klinik sei dafür zuständig. Die Verantwortung wird hin- und hergeschoben. Der gelähmte Peter Hill ist das Opfer. In letzter Minute spendet die GBS-Selbsthilfegruppe Immunglobuline im Wert von 6000 Euro. Ist das Gesundheitssystem in Deutschland bereits so marode, dass schwerkranke Patienten auf Medikamenten-Spenden angewiesen sind? Helga Hansen und Peter Hill sind keine bedauernswerten Einzelfälle. Die Patientenstellen in ganz Deutschland bestätigen gegenüber Plusminus, dass gesetzlich Versicherte täglich zum Opfer der verschärften Prüfungspraxis des medizinischen Dienstes werden. Die Krankenkassen sparen, auf dem Rücken schwerkranker Menschen.



      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 23.09.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      Gesund geschrieben
      Kranke Menschen werden zum Opfer des Kostendrucks der Krankenkassen
      NDR| 23.09.2003 | 21.55
      Autor: Tilman Billing

      Den Kostendruck der Krankenkassen bekommen kranke Menschen immer stärker zu spüren. Die Patientenberatungsstellen im gesamten Bundesgebiet machen täglich die Erfahrung: Die Gutachter des medizinischen Dienstes urteilen schärfer und härter als früher. Die Folge: Kranke Menschen werden einfach gesund geschrieben und erhalten so kein Krankengeld mehr, oder aber medizinisch dringend erforderliche Reha-Therapien werden nicht mehr verlängert, um Kosten zu sparen. Das Absurde daran: die Gutachter entscheiden vielfach, ohne die Patienten jemals untersucht zu haben. Schlimmer noch, sie urteilen häufig über Menschen, ohne sie auch nur ein einziges Mal gesehen oder zumindest gesprochen zu haben. Die Gutachten der behandelnden Ärzte, die ihre Patienten vielfach seit Jahren genau kennen, sind nichts wert gegenüber dem Medizinischen Dienst, der in unzähligen Fällen nach Aktenlage entscheidet. Nicht nur Verbraucherschützer finden diese Praxis skandalös, zumal kranke Menschen so zum Opfer des Kostendrucks der Krankenkassen werden.
      Arbeitsunfähigkeit trotz Gehirntumor?
      Helga Hansen aus Jarplund in Schleswig-Holstein hat über 40 Jahre lang hart gearbeitet, in der Flensburger Brauerei, mit schweren Maschinen aber auch im Akkord am Band. Wegen eines Gehirn-Tumors sieht sie vieles nur noch verschwommen, die Beweglichkeit ihrer Hände ist eingeschränkt, dazu kommen starke Rückenschmerzen. Folglich wurde sie krankgeschrieben. Die AOK zahlte aber nur zehn Tage lang Krankengeld. Dann war Schluss, mit der Begründung, dass Frau Hansen ja zu leichter Arbeit noch immer in der Lage sei. Ihr Arzt ist sich dagegen absolut sicher, dass Frau Hansen unter keinen Umständen mehr arbeiten kann, auch nicht stundenweise. Trotz der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit schreibt der Medizinische Dienst Helga Hansen nach Aktenlage gesund, ohne Untersuchung. Die Gutachter haben sie kein einziges Mal zu Gesicht bekommen. Die 58-Jährige legt Widerspruch ein. Die Widerspruchsausschuss der AOK bescheinigt ihr daraufhin nach einigen Monaten, dass sie wegen motorischer Störungen arbeitsunfähig sei. Frau Hansen wird das Krankengeld jedoch weiter verweigert, weil sie eine Erwerbsminderungsrente beantragt hat und Rentenantragsteller prinzipiell keine Zahlungen erhalten. Sie bekommt also keine Rente, weil sie ja offiziell arbeitsfähig ist. Sie kann aber nicht arbeiten, weil sie krank ist. Und wer krank geschrieben ist, kriegt auch vom Arbeitsamt nichts. Seit Februar diesen Jahres bekommt Helga Hansen also keinen Cent, obwohl sie ein ganzes Berufsleben lang Beiträge in ihre Krankenkasse eingezahlt hat. Helga Hansen ist verbittert. Wenn sie keinen Mann mit regelmäßigem Einkommen hätte, bliebe ihr nur noch der Gang zum Sozialamt.

      Wie unabhängig ist der Medizinische Dienst?
      Die Verbraucherzentralen zweifeln die Unabhängigkeit des medizinischen Dienstes an. Schließlich gehört der MDK organisatorisch zu den Krankenkassen. Von dort kommen auch die Aufträge und das Geld. Die Krankenkassen werden als Auftraggeber zwangsläufig ein Interesse daran haben, in erster Linie Kosten zu sparen. Vor diesem Hintergrund ist es wenig glaubhaft, wenn der medizinische Dienst behauptet , er sei unabhängig.

      Almosen für Patienten
      Zu den Betroffenen der MDK-Gutachterpraxis gehört auch Familie Hill aus Marne in Schleswig-Holstein. Der Vater leidet am Guillain-Barré-Syndrom, kurz GBS, einer schweren Nervenkrankheit. Urplötzlich war er vollständig gelähmt. Auf Empfehlung des MDK hatte die AOK beschlossen, Peter Hills Reha-Therapie abzubrechen. Schlimmer noch: wichtige Medikamente, sogenannte Immunglobuline wurden ihm verweigert.

      Karl-Heinz Bartel leidet auch am GBS-Syndrom. Um anderen GBS-Kranken zu helfen, hat er eine Selbsthilfegruppe gegründet. Er ist sich sicher, hätte er damals Immunglobuline erhalten, müsste er jetzt nicht im Rollstuhl sitzen. Deshalb kämpft er heute für Patienten wie Peter Hill. Karl-Heinz Bartel setzt die Gutachter des Medizinischen Dienstes unter Druck. Auf einmal empfiehlt der MDK eine Verlängerung der Reha von Peter Hill, unter einer Bedingung: Er muss Immunglobuline erhalten. Die Reha-Klinik kann das teure Medikament angeblich nicht aus dem Pflegesatz bezahlen, die AOK verweigert eine Übernahme der Kosten mit dem Hinweis, die Klinik sei dafür zuständig. Die Verantwortung wird hin- und hergeschoben. Der gelähmte Peter Hill ist das Opfer. In letzter Minute spendet die GBS-Selbsthilfegruppe Immunglobuline im Wert von 6000 Euro. Ist das Gesundheitssystem in Deutschland bereits so marode, dass schwerkranke Patienten auf Medikamenten-Spenden angewiesen sind? Helga Hansen und Peter Hill sind keine bedauernswerten Einzelfälle. Die Patientenstellen in ganz Deutschland bestätigen gegenüber Plusminus, dass gesetzlich Versicherte täglich zum Opfer der verschärften Prüfungspraxis des medizinischen Dienstes werden. Die Krankenkassen sparen, auf dem Rücken schwerkranker Menschen.

      (Was soll man dazu sagen, dafür fehlen mir einfach die Worte.) :mad: :mad: :(



      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 23.09.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=99
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 15:11:22
      Beitrag Nr. 286 ()
      Deutsche Post zockt ab
      Früher war das Aufbewahren von Briefen in der Urlaubszeit ein kostenloser Service. Aber das war einmal. Heute ist die Post-AG börsennotiert -und sie grapscht nach jedem Euro, den sie kriegen kann: 7 Euro 80 will der Gelbe Riese jetzt dafür haben, dass er die Post nicht austrägt! Ein stolzer Preis fürs Liegenlassen - Postwendend unsre Wertung für den Noch-Monopolisten: Minus!
      -----------------------------------


      Ganz privater Pleiterekord

      Immer mehr Deutsche sitzen in der Schuldenfalle: mehr als 30.000 Anträge auf Privat-Insolvenz wurden im ersten Halbjahr 2003 gestellt. Das ist ein Plus von mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit - immer mehr Menschen können die Raten für Auto, Eigentumswohnung und Couchgarnitur nicht mehr zahlen. Verbraucher in der Schuldenfalle - düstre Aussichten für die Konjunktur. Minus!


      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 23.09.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=101
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 15:41:41
      Beitrag Nr. 287 ()
      Thema
      Manfred Sohn

      Rentenimperialismus

      Umlageverfahren oder Kapitaldeckung? Unsere Perspektive soll der Extraprofit sein. Wer in diese Zukunft sehen will, reise in die USA


      Die Riester-Rente ist ein Flop. Statt der erwarteten 20 Millionen Verträge zur zusätzlichen Altersvorsorge haben die privaten Versicherungskonzerne bis jetzt trotz gewaltiger Werbefeldzüge nur 3,5 Millionen abgeschlossen. Der von CDU bis tief in die SPD hinein erhoffte Umbau der Altersvorsorge vom überwiegend über eine Generationenumlage finanzierten zu einem privat kapitalgedeckten System ist in seinen Anfängen steckengeblieben.

      Das beweist die Klugheit des Volkes. Was die politisch Aktiven aus Gewerkschaftslager, PDS und linker Sozialdemokratie nicht zuwegegebracht haben, haben die Arbeiter und tariflich entlohnten Angestellten dieser Republik mit ihren Mitteln hinbekommen: Der erste Anlauf zur massiven Privatisierung der Renten ist an die Wand geklatscht.

      Das ist der Hintergrund für die jetzt vom SPD-Kabinett forcierte nächste Runde zur Zerstörung der Reste des Bismarckschen Sozialgesetzsystems, das bekanntlich erzwungen wurde von der damaligen Angst der Herrschenden vor der revolutionären Sozialdemokratie. Das jetzt diskutierte Einfrieren der Renten, der sogenannte demographische Faktor, die Ausdehnung des formalen Renteneintrittsalters auf 67 – das alles steht unter der unveröffentlichten Überschrift: »Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt!«.

      Das Volk hat nicht mitgespielt

      Das Wunschszenarium des ersten Schröder-Kabinetts war ein anderes: Es wollte der privaten Versicherungswirtschaft mit Steuermitteln helfen, einen massiven Anreiz vor allem für tariflich entlohnte Menschen zu schaffen, sich einen eigenen »Kapitalstock« für die Altersversorgung aufzubauen. In dem Maße, wie dieses Anfüttern gelungen wäre, sollten dann schrittweise die traditionellen Systeme der Landesversicherungsanstalten (LVA) und der Bundesversicherungsanstalt (BfA) zurückgefahren werden. Zielpunkt wäre das angelsächsische System einer staatlichen Elendsversorgung für die Alten gewesen, die sich, wenn sie später nicht darben wollen, in die Arme der privaten Versicherungskonzerne und privater oder gewerkschaftlich organisierter Pensionskassen hätten werfen müssen.

      Aber das Volk, der große Lümmel, hat nicht mitgespielt. Im ersten Schritt haben die Menschen sich schlicht massenhaft geweigert, ihre Gelder zu Allianz und Axa zu tragen. Aber die Herrschenden sind zähe Knaben. Jetzt geht’s in die nächste Runde. Jetzt wollen sie die gesetzlichen Ansprüche auf Rente so zusammentrümmern, daß am Schluß gar nichts anderes übrig bleibt, als privat vorzusorgen. Der deutsche Otto Normalverbraucher soll gezwungen werden, sich seinem amerikanischen Pendant Joe Sixpack anzunähern. Gelänge dies, würde auch hierzulande ein alltägliches Bild, was USA-Reisende immer wieder verblüfft: Kassiererinnen in Supermärkten, Hausmeister, Fahrer – viele sind weit über 65 Jahre alt. Denn dort liegt die staatliche Rente schon jetzt im Durchschnitt bei weniger als 50 Prozent des letzten Lohns und macht alles in allem weniger als die Hälfte der Einkommen der über 65jährigen aus. Wer schon mit seinem kargen Gehalt schwer über die Runden kam, landet im American Way of Life im Alter mit Sicherheit im finanziellen Graben.

      Dagegen gab’s staatlich steuerlich begünstigt die Möglichkeit, sich per Vorzugsaktien selbst einen Kapitalstock fürs Alter aufzubauen. Der Kursverfall seit Oktober 2000 hat diese Säule, die hier zur Zeit so hübsch beworben wird, krachend zusammenbrechen lassen. Wer seine Gelder bei Enron oder dem in die Pleite gegangenen Telekom-Ausrüster Global Crossing oder anderen aufgeblasenen High-Tech-Unternehmen angelegt hatte, wird sich in das Heer der grauen Diener Amerikas einreihen müssen. Wahrscheinlich ist das erst der Anfang. Außer auf Ansprüche aus Aktien, die nichts mehr wert sind, hoffen viele Arbeiter vor allem aus den etablierten Großkonzernen auf ihre Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung – auch hierzulande bekanntlich ein Steckenpferd vor allem gewerkschaftlicher Fans der privaten Altersabsicherung.

      Der Londoner Economist wies am 13. September darauf hin, daß die privaten Pensionsfonds der US-Konzerne inzwischen mit 5,7 Milliarden Dollar unterdeckt sind. Das heißt, sie bauen aus der Altersversorgung ihrer ehemaligen Mitarbeiter Ansprüche auf, die sie immer schwerer erwirtschaften können. Der Grund ist unter anderem die forcierte Rationalisierung, wodurch sich das Verhältnis von Arbeitern zu Pensionären umgedreht hat. Wo früher Zehntausende Arbeiter mit einem Teil des aus ihnen herausgeholten Profits für einige tausend Pensionäre mitschufteten, arbeiten heute mitunter Tausende für zehntausend Pensionäre. In einigen Stahlwerken kommen auf einen Arbeiter zur Zeit sieben Betriebsrentner. Laut Economist kostet für General Motors die verpflichtend eingegangene Altersversorgung für ehemalige Mitarbeiter so viel, daß umgerechnet von jedem verkauften PKW oder LKW 1445 Dollar in die betriebliche Altersversorgung fließen.

      Wer nicht bis in die USA reisen möchte, um in Deutschlands Zukunft zu sehen, kann auf den britischen Inseln Zwischenstopp machen: Nach Aussagen der dortigen Beratungsfirma Watson Wyatt belaufen sich in Großbritannien die Deckungslücken in den firmenfinanzierten Pensionsplänen inzwischen auf rund 110 Milliarden Euro. Dagegen sind die Probleme der BfA moderat.

      Blütenträume und Panikglocke

      Je mehr die Praxis die Blüten- bzw. Blasenträume der Anhänger kapitalmarktgedeckter Altersversorgung zum Platzen bringt, desto verzweifelter bemühen sich die potentiellen Profiteure der Zerstörung der umlagefinanzierten Systeme um sogenannten wissenschaftlichen Beistand. Zu vernebeln sind ziemlich einfache Weisheiten, die an anderer Stelle so klar dargelegt wurden1, daß sie hier nur noch kurz zusammengefaßt werden müssen:

      – Die Panikglocke »Immer weniger Junge müssen immer mehr Alte versorgen!« kann nur den alarmieren, der auf seinem Balkon seit Jahren Kartoffeln anbaut, weil ja immer weniger Bauern immer mehr Städter ernähren. Anders gesagt: Solange die Produktivität – was sie tut – schneller wächst als das durchschnittliche Lebensalter der Menschen, kann sich eine rational organisierte Gesellschaft auch locker zehn Alte auf einen Menschen leisten, der Autos, Zahnbürsten oder andere materielle Gebrauchswerte herstellt.

      – Das Austrocknen der umlagefinanzierten Rentenkassen hat nichts mit Demographie, sondern fast alles mit Arbeitslosigkeit zu tun. Ihr Zusammenbruch fällt zeitlich und logisch zusammen mit den Massenentlassungen seit Anfang der 70er Jahre. Würden alle Steuererleichterungen für Unternehmer und Vermögensbesitzer – die sie in den letzten drei Jahrzehnten gegen das Versprechen, dann Arbeitsplätze zu schaffen, erhalten haben – wieder einkassiert und LVA und BfA zugeführt, gäbe es höchstens Streit um den Umfang der nächsten Rentensteigerungen.

      Da die Propagandamaschinen des Kapitals diese beiden einfachen Wahrheiten bis jetzt im Massenbewußtsein erfolgreich vernebeln (zum Glück setzen sich Reste an proletarischem Masseninstinkt dann trotzdem durch), erlahmt der Ruf nach einem neuen Nach-Riester-Anlauf nicht. Gegen die schlechten Erfahrungen der alten Leute aus den USA und Großbritannien wird jetzt verstärkt argumentiert, das sei nur vorübergehend, der Aktienbesitz, auf den die Altersversorgung aufbaut, müsse halt breiter gestreut werden, dann würde so was wie bei Enron nicht wieder passieren, und auf lange Sicht sei eben die Kapitaldeckung dem Umlageverfahren doch überlegen.

      Dieser Streit ist ziemlich alt und wissenschaftlich in Deutschland schon seit 1952 entschieden. Damals wies der keineswegs marxistisch orientierte deutsche Sozialpolitiker Gerhard Mackenroth darauf hin, daß es volkswirtschaftlich überhaupt keine Möglichkeit einer Versicherung gegen soziale Risiken gibt.2 Der Grund ist simpel: Aller Sozialaufwand einer Volkswirtschaft müsse letztlich immer aus dem Produktionsergebnis der jeweils laufenden Periode gedeckt werden. Egal, ob das Papier, wo mir als Altem das Geld zugesichert wird, um mir Brot und Theaterkarten zu kaufen, nun »Rentenbescheid« oder »Aktienfonds« heißt: Wenn niemand mehr Brot bäckt und Theatervorhänge hochzieht, wenn ich 85 bin, kann ich mir weder für das eine noch für das andere das eine oder andere kaufen. Originaltext Mackenroth: »Kapitalansammlungsverfahren und Umlageverfahren sind also der Sache nach nicht wesentlich verschieden. Volkswirtschaftlich gibt es immer nur ein Umlageverfahren.«

      Wie kreuzweise verknotete Gräten

      Das war in den 50er Jahren genauso richtig wie heute. Warum wurde das damals herrschende Politik und heute nicht? Um es kurz zu machen: Weil es 1952 die DDR gab und heute nicht mehr. Jeder, der sich mit der Entstehung der damals international tonangebenden deutschen Sozialversicherung Ende des 19. Jahrhunderts beschäftigt, weiß, daß sie im wesentlichen eine Reaktion der Kaiserregierung war, um der Sozialdemokratie politisch Wind aus den Segeln zu nehmen. Ein staatlich organisiertes Umlageverfahren, an dem sich die Unternehmer auch noch zur Hälfte beteiligen, geht jedem ordentlichen Kapitalisten so glatt runter wie zwei kreuzweise verknotete Fischgräten. Für sie war der Wunschtraum schon immer und wird es immer bleiben: »Der Arbeiter oder Angestellte gibt mir Geld, das ich profitabel verwerten kann und das ich ihm, wenn er alt ist, mit einem (geringen) Teil des von mir kassierten Zinses wieder zurückzahle – oder auch nicht, wenn’s halt dumm gelaufen ist.« Damit wäre nicht der politisch aus Kapitalsicht immer von Unzuverlässigkeit bedrohte Staat, sondern das Kapital selbst Herr der Geldvorräte, und vor allem ist der Boß der Allianz oder ein anderer Versicherungskonzernmanager Herr der Geldanlage und hat damit ein Instrument des Mitprofitierens auch in allen anderen Wirtschaftszweigen.

      Nur unter Androhung revolutionärer Unruhen während des Höhepunkts der Arbeiterbewegung Ende des 19. Jahrhunderts und der realen Gefahr der Systemalternative im Zeitalter des Sputnik-Schocks konnte sich die banale bürgerliche Vernunft eines Mackenroth sogar in den herrschenden Adenauer-Kreisen durchsetzen. Da es heute weder die eine noch die andere Drohung gibt, wird die Demontage der von 1870 bis 1970 aufgebauten sozialen Sicherungssysteme weitergehen. Um die Folgen des Zusammenbruchs der kapitalgedeckten Altersversorgung in den USA und Großbritannien politisch-propagandistisch abzufangen, werden im Moment drei Argumentationen aufgebaut, die wir uns zum Schluß genauer ansehen wollen.3

      Ernstgenommen wird die sogenannte »Asset-Meltdown«-Hyphothese. Asset heißt Vermögen, Meltdown Wegschmelzen. Manche bürgerliche Kreise argumentieren – im Grunde auf den Spuren von Mackenroth –, daß auch eine Kapitaldeckung von massivem Bevölkerungsrückgang nicht unberührt bliebe. Wenn also die Nachfrage nach Gütern der Fabrik, deren Aktien ich besitze, und die mich über die Dividendenausschüttung im Alter versorgen soll, nachläßt, beeinflußt das auch den Aktienwert. Wenn nun immer mehr Alte immer mehr Aktien besitzen, während der Kreis der produktiv Tätigen immer kleiner wird, schmelzen die realen Aktienwerte rapide zusammen und die Altersversorgung ist im Eimer.

      Erstens, wird dagegen eingewendet, zwänge die Kapitaldeckung jeden einzelnen, stärker Geld zurückzulegen als er es täte, wenn er sich auf das Umlageverfahren verläßt. Das mag stimmen, ist aber bei näherer Betrachtung vor allem ein Beleg des Zynismus dieser Kreise: Für 100 Euro im Alter lege ich vielleicht, wenn Rürup und andere sich voll durchsetzen, von meinem Lohn statt wie bisher zehn Euro in staatliche Kassen sicherheitshalber 15 privat weg. Von der Differenz nimmt sich dann die Allianz drei, gibt mir zwei auf meine Altersversorgung oben drauf und rechnet mir danach noch vor, daß ich tatsächlich per Kapitaldeckung mehr im Alter habe als per Umlageverfahren.

      Zweitens, wird gesagt, die demographischen Verschiebungen wären gegenüber den Effekten immer besserer Kapitalausstattung der Volkswirtschaft und sich dadurch beschleunigender Produktivität verschwindend gering. Das Argument stimmt, wie oben bereits dargelegt – und entkräftet aus berufenem Munde damit alles Gerede, die demographischen Probleme seien schuld an der Krise der Altersversorgung.

      Die »demographische Arbitrage«

      Und dann gibt es ein drittes Argument, das einem Schauer über den Rücken jagen könnte. Es lautet im verquasten Deutsch der Versicherungswirtschaft: »Nicht zuletzt können auch über die ›demographische Arbitrage‹ – also die Investition von Produktivkapital in jüngeren Volkswirtschaften – die Renditeeinbußen noch weiter verringert werden.« (GDV-Rundschreiben 1927/2002, S. 1) Arbitrage heißt unter Volkswirten die Ausnutzung von Preis- oder Kursunterschieden für das gleiche Handelsobjekt an verschiedenen Börsen. Das Handelsobjekt, um das es hier geht, ist die Ware Arbeitskraft.

      Professor Börsch-Supan redet Klartext: »Und es wird allmählich klar, warum uns Deutschen eine offene und globalisierte Welt während des Alterungsprozesses viel helfen kann: Das konsumentenreiche, aber arbeitskräftearme Deutschland wird zunehmend importieren müssen. Ausgehend davon, daß Arbeit relativ immobil ist, und wir keine massive Einwanderungswelle bekommen, werden statt der in Deutschland knappen Arbeitskräfte die Erwerbstätigen im Ausland die Konsumgüter produzieren, die in Deutschland nachgefragt werden. Offene Handelsbeziehungen sind ein Substitut für Grenzen, die für diejenigen offen sind, die hier Arbeit suchen. Offenheit im Handel bedingt jedoch auch Offenheit auf dem internationalen Kapitalmarkt. Der Grund ist einfach: Für die Ausweitung der Produktion im Ausland wird Kapital benötigt. Zudem wird Deutschland ein starkes Interesse haben, über den Mechanismus deutscher Direktinvestitionen im Ausland auch eine gewisse Kontrolle über die Unternehmen zu behalten, die in Zukunft unsere Konsumgüter herstellen sollen. Nur im Rahmen globaler Finanzmärkte findet das deutsche Kapital die rentablen und ausbaufähigen Produktionsstätten im Ausland, deren Absatzmarkt wiederum unser Inland ist.«4

      Schöner ist der von rechts geplante Rentenimperialismus des 21. Jahrhunderts wohl noch nicht beschrieben worden. Nach dem Zerschlagen solidarischer Sozialversicherungssysteme soll die Ausbeutung der Arbeitskraftreserven der Entwicklungsländer innenpolitisch damit begründet werden, daß sonst unsere Altersversorgung nicht sicherzustellen sei. Man kann sich ausmalen, daß Fischer, Struck oder einer ihrer Nachfolger ihr braves Volk demnächst empört belehren werden: »Wer die deutschen Truppen aus Afghanistan, dem Irak und Kenia abzieht, gefährdet bereits mittelfristig die Sicherheit unserer Altersversorgung.«

      Aber im Blick sind nicht nur die frischen, billigen Arbeitskräfte aus dem fernen Osten und dem schwarzen Afrika. Auch die EU-Osterweiterung wird unter diesem Blickwinkel forciert, wie die Börsenzeitung am 6. August 2002 in einer Abhandlung über die Zukunft der kapitalgedeckten Altersversorgung skizzierte: »Große Hoffnungen werden in diesem Zusammenhang auf die Osterweiterung der Europäischen Union gesetzt, deren Entwicklung bis zum kritischen Zeitpunkt nach Meinung von Frank Bulthaupt, Volkswirt bei der Dresdner Bank, bereits so fortgeschritten ist, daß diese als Nachfrager auf den Kapitalmärkten auftreten. Werden einige dann sogar in die Währungsunion integriert, fielen auch die Währungsrisiken weg.«

      Diese Möglichkeit der Internationalisierung von Lasten ist in der Tat eine nicht wegzudiskutierende Überlegenheit der Kapitaldeckung gegenüber dem tradtionellen national organisierten Umlageverfahren. Es ist aber gleichzeitig der Rückfall in die unverhohlene Ausbeutung der Arbeitskräfte ferner Länder zur Bestechung der eigenen Bevölkerung. Die Diskussion um die Altersversorgung reiht sich damit leider nahtlos ein in die Wiederbelebung von Formen internationaler Beziehungen, die jedem Kenner des 19. Jahrhunderts gut geläufig sind. Unsere Perspektive soll der Extraprofit sein, der durch die erzwungene Öffnung fremder Märkte aus den noch billigen Arbeitskräften aus Übersee gezogen werden kann – jedenfalls solange es noch genug junge hiesige Einheimische gibt, die gut bewaffnet den dunkelhäutigen Wilden eins auf Maul geben, wenn sie gegen diese neue Weltordnung aufmucken sollten.

      1 So Sahra Wagenknecht in »Mythos Demographie« in konkret 1/2003 und Rainer Roth in »Fakten gegen Legenden« in junge welt vom 28.06.2003

      2 Gerhard Mackenroth: Die Reform der Sozialpolitik durch einen deutschen Sozialplan. Schriften des Vereins für Socialpolitik, Berlin 1952

      3 Kompakt in der Information des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft vom 13.09.2002, Rundschreibennummer 1927/2002, mit einer ausführlichen Untersuchung »Zu den Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf die Kapitalmärkte« von Prof. Axel Börsch-Supan von der Uni Mannheim

      4 ebenda, Gutachten S. 7f
      http://www.jungewelt.de/2003/09-26/004.php
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 15:56:56
      Beitrag Nr. 288 ()
      Ausland
      Rüdiger Göbel

      Mehr Soldaten, mehr Geld

      USA erwägen Truppenverstärkung im Irak. Besatzungskosten könnten auf 160 Milliarden Dollar steigen


      Vor dem Hintergrund anhaltender Guerilla-Aktivitäten stellen sich die USA auf die Verlegung weiterer amerikanischer Soldaten in den Irak ein. Offensichtlich sind immer weniger Länder bereit, Washington Truppen für das Besatzungsregime am Golf zu stellen. Sollten nicht wie erhofft »befreundete Regierungen« weitere Soldaten schicken, würden die USA zusätzliche Reservisten und Nationalgardisten in den Irak verlegen, erklärte Vizegeneralstabschef Peter Pace am Mittwoch (Ortszeit) in Washington. Ende Oktober oder Anfang November solle darüber entschieden werden.

      Die Besetzung des Irak erfordert nicht nur mehr Truppen, sondern auch immer mehr Geld. Die US-Regierung geht mittlerweile davon aus, daß noch weit mehr als die von Präsident George W. Bush geforderten 87 Milliarden Dollar gebraucht werden. Nach Angaben von Nancy Pelosi, Fraktionschefin der Demokraten im Repräsentantenhaus, rechnet das Weiße Haus mit weiteren 50 bis 75 Milliarden Dollar, das heißt, mit insgesamt mehr als 160 Milliarden Dollar Besatzungskosten. Ein Vertreter der Bush-Administration habe sie vor zwei Wochen darüber sowie über die Überlegungen informiert, woher die zusätzlichen Milliarden fließen könnten: »Die denken, daß das Geld von unseren Verbündeten kommt und aus Ölgeschäften. Dies wird aber nicht passieren«, so Pelosi – unter anderem, weil es irakischen Widerstandsgruppen anhaltend gelingt, Pipelines durch Anschläge lahmzulegen und den Ölexport zu unterbinden.

      Zudem ist selbst die von den USA eingesetzte irakische Hilfsregierung nicht mit dem Ausverkauf des Landes einverstanden. So distanzierte sich der »Regierende Rat« mittlerweile von den Plänen, wonach irakische Unternehmen künftig zu 100 Prozent von Ausländern übernommen werden dürfen. »Finanzminister« Kamel Al Kilani hatte am Sonntag auf der Tagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Dubai die komplette Liberalisierung der irakischen Wirtschaft angekündigt. Unter anderem schlug er die hundertprozentige Übertragung von Firmen an Ausländer vor – ausgenommen bleibt einzig der Rohstoffsektor, der weiter von einem amerikanischen Konsortium verwaltet wird. Der 25köpfige Übergangsrat kann die Wirtschaftspläne allerdings nur kritisieren, nicht korrigieren. Dies steht nur dem Chef der US-Besatzungsbehörde, Paul Bremer, zu.

      Bremer selbst gab am Donnerstag den Tod eines Mitglieds seines Regierungsrates bekannt. Die Politikerin Akila Al Haschimi starb an den Folgen eines Anschlags vom vergangenen Samstag. Sie war beim Verlassen ihres Hauses in Bagdad von Unbekannten angeschossen und schwer verletzt worden. Haschimi galt als Favoritin für die Nominierung zur Vertreterin des Irak bei den Vereinten Nationen. Ursprünglich hätte sie zur UN-Vollversammlung in New York reisen sollen. Obgleich die US-Hilfsregierung von den Vereinten Nationen nicht anerkannt wird, repräsentiert der amtierende irakische Ratspräsident und Pentagon-Protegé Ahmed Chalabi seit Wochenbeginn ungehindert den Irak in der UN-Zentrale. US-Präsident Bush würdigte Chalabi, dem in Jordanien eine mehrjährige Haftstrafe wegen Bankenbetrugs droht, während seiner Rede vor der Vollversammlung als »Vertreter des freien Irak«.

      Im Irak dauern derweil die Angriffe auf die Besatzungstruppen an. Bei Feuergefechten mit US-Soldaten wurden am Mittwoch nach Armeeangaben in der Nähe von Tikrit und Balad mindestens neun Iraker getötet. Zwei Iraker kamen bei einem Anschlag auf ein Kino in der nordirakischen Stadt Mosul ums Leben. Zahlreiche weitere Menschen wurden verletzt, als während einer Filmvorführung eine Handgranate explodierte. Bei einer Bombenexplosion im Generatorenraum des Hotels Aike im Stadtzentrum von Bagdad starb am Donnerstag mindestens ein Beschäftigter. Unklar ist, ob der Anschlag dem US-Fernsehsender NBC galt, der in dem Gebäude Quartier bezogen hat.

      Bundeskanzler Gerhard Schröder zeigte sich am Donnerstag nach seiner Rückkehr aus New York zuversichtlich, daß es im UN-Sicherheitsrat zwischen den USA, Frankreich und Deutschland eine Einigung bezüglich der Irak-Politik geben wird. Unabhängig von der Einstellung zum Irak-Krieg habe Deutschland ein Interesse an einem stabilen, demokratischen und freien Irak, sagte er vor dem Bundestag. Schröder wiederholte seine Ablehnung, deutsche Soldaten als Besatzungshelfer in den Irak zu schicken. Allerdings werde sich Deutschland an der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte beteiligen. »Dies wird insgesamt als beachtlicher Beitrag unseres Landes zum Wiederaufbau gesehen.«

      http://www.jungewelt.de/2003/09-26/007.php
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      schrieb am 26.09.03 16:00:25
      Beitrag Nr. 289 ()
      Inland
      Jeannette Winkelhage

      Arm von Amts wegen

      Sozialhilfekongreß in Berlin. Teilnehmer diskutierten über Folgen der Hartz-»Reformen«


      Der Hörsaal im Institut für Physiologie und Biochemie der Freien Universität Berlin (FU) war am Mittwoch völlig überfüllt. Anders als sonst bestimmten diesmal aber nicht Studierende das Bild, und auch die Geräuschkulisse erinnerte eher an ein Fußballstadion – Mißfallensbekundungen und Applaus wechselten sich ab. Angesichts der anstehenden Veränderungen für Arbeits- und Sozialämter im Zuge der sogenannten Hartz-Reformen hatten die »Kooperationsstelle der Gewerkschaften an der FU« und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Berlin-Brandenburg zum Sozialhilfekongreß 2003 geladen. Über 400 Teilnehmer waren gekommen: Fachleute des Berliner SPD-PDS-Senats und der Bezirksämter, Personalräte, Politiker und Gewerkschafter.

      »Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen muß«, schilderte Jürgen Borchert, Landessozialrichter, seine Sicht der Dinge in Deutschland. So sei die Sozialbedürftigkeit seit den 60er Jahren explodiert, die relative Verarmung von Familien und die Arbeitslosenzahl stetig gestiegen und der Staat bis zum Hals verschuldet. Anhand von Statistiken zeigte Borchert auf, daß die Steuerbelastung eines Durchschnittsverdieners inzwischen höher ist als die eines Spitzenverdieners oder Unternehmers. Die gestiegene Staatsverschuldung sei Folge der Versäumnisse, »Steuern von denen einzunehmen, die es sich leisten können«, beklagte der Jurist.

      Als einen Ausweg aus der Arbeitsplatzmisere führte der Ex-Bundestagsabgeordnete der Grünen Oswald Metzger die Parole von mehr Eigeninitiative ins Feld: »Die Leute sollen Marktnischen entdecken und Firmen gründen.« Karl-Peter Fuß, Präsident des Landesarbeitsamts Sachsen, nannte die geplante Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe einen »Schritt in die richtige Richtung«. Im Modellprojekt in Köln funktioniere die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) und den Sozialämtern bereits sehr gut, so Fuß. Zukünftig soll in allen Bundesländern Arbeitslosen in sogenannten Job- Centern »schnell und unbürokratisch« die passende Arbeitsstelle vermittelt werden.

      Die anwesenden Sozialamtsmitarbeiter stehen den Plänen skeptisch gegenüber. Ein Beschäftigter des Sozialamts Berlin-Pankow klagte über das organisatorische Chaos. Er und seine Kollegen wüßten nicht, wo, nach welchen Gesetzesvorlagen und vor allem mit wem sie demnächst zusammenarbeiten würden. Auch die Kürzung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau kritisierte er scharf. Dadurch würde den Betroffenen jegliche Kaufkraft entzogen, was »unmöglich im Sinne des Staates und schon gar nicht im Sinne dieser Menschen« sein könne.

      Selbst Heidi Knake-Werner, Senatorin für Gesundheit und Soziales in Berlin, sprach von einem größeren »Armutsrisiko für Langzeitarbeitslose«. Nichtsdestotrotz begrüßte die PDS-Politikerin das hohe »Einsparpotential«, wenn Sozialhilfebezieher in die Zuständigkeit der BA übergeben würden. Mit den Geldern könne Berlin endlich seine Schulden abbauen.

      http://www.jungewelt.de/2003/09-26/012.php
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 16:12:41
      Beitrag Nr. 290 ()
      DAS ENDE DES WACHSTUMS IN DEN USA

      In der Schuldenfalle


      DIE US-amerikanische Federal Reserve Bank hat am 19. April mit ihrer vierten diesjährigen Zinssenkung den Aktienmärkten neuen, zumindest kurzfristigen Auftrieb gegeben. Aber zugleich hat die rasche Folge dieser Zinsschritte, der Mitte Mai ein fünfter folgen könnte, die Befürchtungen, die US-amerikanische Ökonomie könnte eine Rezession erleben, eher noch bestätigt. Die Europäische Zentralbank (EZB) dagegen verharrt auf ihrer orthodoxen monetären Position und weigert sich, mit der Zinspolitik von Alan Greenspan mitzuziehen. Überhaupt fällt es schwer, sich vorzustellen, wie die Europäer auf die Entwicklung reagieren werden, die sich mit dem Abschwung der US-Wirtschaft ankündigt.
      Von FRÉDÉRIC F. CLAIRMONT *
      * Wirtschaftswissenschaftler

      Das längste "Saufgelage" in der Geschichte der amerikanischen Konjunkturzyklen geht seinem Ende zu und wird wohl einen gigantischen Kater nach sich ziehen. Die "Wunderwirtschaft", wie die New York Times sie einst betitelte, ist in Schwierigkeiten, und das nicht ohne Grund. In den letzten neun Jahren wurde die US-amerikanische Wirtschaft vor allem durch das Anlagekapital aus dem Ausland gespeist und angetrieben. Der klarste Beleg dafür ist die Wachstumsrate der Börsenkapitalisierung (also des Koeffizienten, der das Verhältnis von börsengebundenem Kapital zu Bruttoinlandsprodukt ausdrückt), die von 81 Prozent in 1994 innerhalb von fünf Jahren auf 184 Prozent anstieg. Mit anderen Worten: 1999 überstieg der Wert des Börsenkapitals das Bruttoinlandsprodukt um 84 Prozent. So rasant akkumulierte sich das US-Kapital nicht einmal in den Jahren zwischen 1925 und 1929. Doch die Finanzblase droht nunmehr zu explodieren.


      Was uns bevorsteht, ist keineswegs die "sanfte Landung" oder die "Marktkorrektur", von der die Ideologen der Finanzsphäre ausgehen. Vielmehr erleben wir die ersten Anzeichen der schwersten Wirtschaftskrise seit Ende des Zweiten Weltkriegs, deren Konsequenzen sich als weit schwerwiegender herausstellen könnten als die Folgen des Finanzkrachs in Thailand im Juli 1997 oder der Einstellung des Schuldendienstes durch Russland im August 1998. Das internationale Finanzsystem stößt an seine Grenzen.


      Anders als die Schönredner des globalen Kapitalismus glauben machen wollen, sollte dieses System, das einem Kasino der systematischen Falschspielerei gleicht, noch nie der "optimalen Ressourcenallokation" dienen. Ihr einziger Zweck war und ist die Bereicherung einer kleinen Minderheit von Aktionären der transnationalen Konzerne.


      Allein die Schulden der Dritten Welt stiegen von 1 300 Milliarden Dollar 1992 auf 2 100 Milliarden Dollar Ende 2000, während die jährlichen Zinszahlungen im gleichen Zeitraum von 167 Milliarden auf 343 Milliarden Dollar anwuchsen. Die Schuldnerstaaten haben im Lauf der Jahre bereits ein Mehrfaches der geliehenen Summen zurückgezahlt. Und wer kein Erdöl zu exportieren hat, bekommt die Verlangsamung des amerikanischen Wirtschaftswachstums voll zu spüren.


      Die US-Industrie schlittert allmählich in eine Überproduktionskrise. Der Nasdaq Composite Index, ein Schlüsselbarometer der so genannten Neuen Ökonomie ist seit dem 10. März 2000 um 50 Prozent gefallen. Dieser Wall-Street-Index hat damit das schlechteste Jahr seiner Geschichte erlebt. Der britische Techmark 100 hat im selben Zeitraum um 57 Prozent, der deutsche Nemax um 67 Prozent nachgegeben. Diese drastischen Kurseinbrüche sind Ausdruck des verlangsamten Wirtschaftswachstums und der pessimistischen Markteinschätzung der Investoren.


      Sieht man von den Haushaltsüberschüssen ab, so sind sämtliche Konjunkturindikatoren der US-Wirtschaft in den roten Bereich gerutscht: Die Börsenwerte sacken ab, die Importe sinken, das Vertrauen der Verbraucher nimmt ab und damit zugleich ihre Konsumausgaben. Der Wohnungsbau verzeichnet einen Fünfjahrestiefstand, und das Kreditvolumen, das nachgerade explosionsartig expandiert war, beginnt ebenfalls deutlich zu schrumpfen. Die Anleger schrecken vor risikobehafteten Industriewerten zurück, die traditionellen Aktienmärkte bröckeln, und die Bilanzen der Geschäftsbanken verschlechtern sich im selben Maß wie ihre Aktiva an Wert einbüßen.


      Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass der US-Boom und die Stärke des Dollar auf Verschuldung beruhen und daher ex definitione auf Sand gebaut sind. Irgendwann muss jeder seine Schulden zurückzahlen, mit Zins und Zinseszins - es sei denn, er bekennt sich als zahlungsunfähig. Die Zunahme der seit 1960 aufgenommenen und bisher nicht zurückgezahlten Kredite spricht eine deutliche Sprache. Nach Angaben der US-Zentralbank stieg das Volumen dieser Kredite zwischen 1964 und 1999 von gut 1 027 Milliarden auf 25 678 Milliarden Dollar, das entspricht einer jährlichen Steigerungsrate, die mitdurchschnittlich 9,6 Prozent weit über der Zunahme des Bruttoinlandsprodukts liegt. Mit der jetzt einsetzenden Verlangsamung des Wirtschaftswachstums wird sich die Schere noch weiter öffnen. Um diese Außenstände zu begleichen, wäre mehr als das Dreifache des derzeitigen jährlichen BIP der USA nötig.


      Um die Finanzsituation der Unternehmen ist es kaum besser bestellt. Ihre Verschuldung überschritt 1999 die Grenze von 7 Billionen Dollar, das 144-fache der Schuldensumme von 1964. Damit wurde vor allem die gewaltige Kapitalkonzentration, namentlich im Bankensektor, finanziert. Der Bankensektor erlebte im Zeitraum 1980 bis 1998 einen Strukturwandel, der in der Wirtschaftsgeschichte der Vereinigten Staaten seinesgleichen sucht. Im Zuge der 8 000 Bankenfusionen und -akquisitionen wechselten Aktiva in Höhe von 2 000 Milliarden Dollar den Besitzer.


      Ein weiterer Grund für das stockende Wirtschaftswachstum ist die Verschuldung der Privathaushalte. Diese haben Kredite in Höhe von 34 Prozent ihres Einkommens aufgenommen, während die Sparquote(1)zwischen 1990 und 1999 von 8 Prozent auf minus 0,8 Prozent gefallen ist. Mit anderen Worten: Die Privathaushalte leihen mehr Geld, als sie sparen. Sie verschulden sich - zumeist indem sie ihre Wohnung oder ihr Haus mit Hypotheken belasten -, um ihre laufenden Ausgaben zu decken, die das verfügbare Einkommen derzeit um rund 247 Milliarden Dollar übersteigen.


      Eine Schlüsselgröße ist auch die exponentielle Zunahme des Zahlungsbilanzdefizits seit 1992.(2) Ende 2000 belief sich der Fehlbetrag auf spektakuläre 420 Milliarden Dollar, das sind über 4 Prozent des BIP. Die Importe übersteigen die Exporte um 35 Prozent, und dieser Trend geht weiter. Dabei müssen wir uns in Erinnerung rufen, dass die Vereinigten Staaten bis 1981 eine Gläubigernation waren. Der Boom der letzten Jahren war dagegen eine kreditfinanzierte Veranstaltung, und die damit einhergehende Steigerung der Binnennachfrage wurde durch ständig wachsende Einfuhren befriedigt.


      Es besteht wenig Hoffnung, dass sich das Handelsbilanzdefizit in den kommenden Monate reduzieren lässt. Das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich in allen Ländern, die weltweiten Industriekapazitäten sind nur noch zu rund 66 Prozent ausgelastet - was einem Zehnjahrestiefstand entspricht -, und die Überbewertung des Dollar schadet der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der US-Exporte. Die Eisen- und Stahlindustrie mag als Beispiel dienen. Die Stahlerzeuger hatten Grund zum Jubel, bis die Konjunktur in der Mitte der Neunzigerjahre einbrach. Die Folge waren wachsende Lagerbestände, rückläufige Einnahmen und - aufgrund des verschärften Wettbewerbs - sinkende Preise. Unter den elf führenden Stahlproduzenten der Welt rangieren die Vereinigten Staaten in puncto Produktivität an letzter Stelle.


      Eine weitere Folge der Krise ist, dass sich der Handelskrieg verschärft. Derzeit klagt die US-Regierung wieder einmal, die amerikanische Stahlindustrie habe unter Dumping-Importen zu leiden, die angeblich die eigentliche Ursache von Betriebsschließungen und Entlassungen sind. Die Europäische Union wiederum wirft den Vereinigten Staaten nicht ohne Grund vor, die Einfuhrbeschränkungen bei manchen Stahlsorten verstoße gegen die Freihandelsbestimmungen. Südkorea hat aus diesem Grund bereits die Welthandelsorganisation eingeschaltet. Das Beispiel der Stahlindustrie verdeutlicht, dass der US-amerikanische Kapitalismus trotz milliardenschwerer Exportsubventionen nicht in der Lage ist, der Weltmarktkonkurrenz standzuhalten.


      Der US-Kapitalismus hängt am Tropf der Verschuldung, zum Überleben braucht er Finanzspritzen in Höhe von jährlich 400 bis 500 Milliarden Dollar. Dass das Finanzministerium am dogmatischen Ziel eines "starken Dollar" festhält und dass diese Strategie von der gesamten politischen Klasse unterstützt wird, dient einzig dem Zweck, Auslandskapital anzuziehen, von dem die US-amerikanische Wirtschaft immer stärker abhängig geworden ist. Sogar die Federal Reserve Bank räumt ein, dass die höhere Rendite auf den US-Märkten eine der Hauptantriebskräfte der Akkumulation ist, da sie die ausländischen Kapitalisten zu Investitionen in die US-Wirtschaft anhält. Nur so lässt sich die gewaltige Welle der Unternehmensfusionen und -übernahmen erklären, die in den letzten Jahren stattgefunden haben.


      Die US-Volkswirtschaft bindet derzeit 80 Prozent der weltweiten Ersparnisse. Nach Angaben des US-Handelsministeriums wuchsen die Ausgaben ausländischer Investoren im ersten Quartal 1999 zweieinhalb Mal so schnell wie im Vergleichszeitraum 1995. Nun könnte man meinen, der Kurs des Greenbacks werde so lange nicht fallen, wie die Akteure der ausländischen Finanzfonds ihre immensen und immer weiter anwachsenden Dollarbestände halten.


      Der beschleunigte Kursverfall an den Aktienmärkten wird diese windige Annahme wohl widerlegen. Boomende Finanzmärkte haben das Auslandskapital angezogen; ein Konjunktureinbruch genügt, und diese Gelder werden per Mausklick wieder abgezogen.


      Die US-Wirtschaft hat mit ihrer Strategie, die weltweiten Spargelder an sich zu binden, eine Grenze erreicht. Die Expansion der vergangenen neun Jahre droht sich in Nichts aufzulösen. Die Schwankungen der Handelsbilanz werden die endemische Instabilität des Dollar auf absehbare Zeit verschlimmern. Der Schuldenberg der Vereinigten Staaten wird weiter wachsen und durch orthodoxe Geldpolitik kaum zu beseitigen sein.


      Das Phänomen einer massiven Verschuldung ist zwar nicht auf die USA beschränkt, hat aber in diesem Fall besonders gravierende Implikationen. Die US-Volkswirtschaft ist mit ihrem 30-Prozent-Anteil am weltweiten Sozialprodukt von strategischer Bedeutung. Die USA kontrollieren die wichtigsten Positionen, die für die Kapitalbewegung, die Finanzmärkte und den Welthandel entscheidend sind.


      Eine Rezession in den Vereinigten Staaten hätte für die Weltwirtschaft also höchstwahrscheinlich verheerende Konsequenzen. Dabei geht es gar nicht um die Frage, ob die USA ihre Auslandsschulden begleichen werden oder nicht. Anders als Keynes am Vorabend des Versailler Vertrags glaubte, hängt die Rückzahlung von Schulden nicht von der Qualität der politischen Führung ab.


      Die amerikanische Regierung und das amerikanische Großkapital haben weder den Willen noch die Mittel, die Schulden zurückzuzahlen. Dasselbe gilt für die Länder der Dritten Welt. Es ist durchaus denkbar, dass sie und die USA einen großen Teil ihrer Schulden schon in naher Zukunft nicht mehr anerkennen werden. Irgendwelche Faktoren, die diese düstere Situation spürbar und dauerhaft positiv beeinflussen könnten, sind nirgends in Sicht. Steigende Rüstungsausgaben wären jedenfalls kein hinreichendes Konzept. Schon heute stecken die Vereinigten Staaten alljährlich 300 Milliarden Dollar in ihr Waffenarsenal, und auch wenn Präsident Bush den Einsatz weiter erhöhen wird - Stichwort: Raketenabwehrsystem -, würde dies an den ökonomischen Grunddaten nichts Wesentliches ändern.


      Zinssenkungen zur Belebung der Nachfrage bieten sich vielleicht als Notbehelf an, würden aber keines der grundlegenden Probleme aus der Welt schaffen. Für die Bankiers und Chefs der großen Konzerne bleibt als Notbehelf nur die Fortsetzung von illegalen Transaktionen via Steuerparadiese, von Geldspekulation, Geldwäsche und dergleichen mehr.


      Anderthalb Jahre nach dem Debakel von Seattle haben die führenden Institutionen der Weltwirtschaft - die US-Zentralbank, die Weltbank, der Internationale Währungsfonds (IMF) und die Welthandelsorganisation (WTO) - jede Glaubwürdigkeit verloren. Die alten Slogans der Neoliberalen - Freihandel, Liberalisierung, Deregulierung - reißen niemanden mehr vom Sitz. Und was noch bedeutsamer ist: Die Macht dieser Institutionen und ihre Plattitüden werden zunehmend in Frage gestellt, wie auf dem Weltsozialforum in Porto Alegre im Januar dieses Jahres deutlich wurde. Nach den Kriterien der Wall Street mag der nun zu Ende gehende Boom als spektakulär gelten, der überwiegende Teil der US-Bürger aber hat von dem Geldsegen nichts abbekommen. Die Kluft zwischen den wenigen Superreichen und dem Rest wird immer tiefer. Im Jahr 1998 verfügten die reichsten 10 Prozent der US-Amerikaner über 76 Prozent der nationalen Vermögenswerte, und mehr als die Hälfte dieser Werte konzentrierte sich in den Händen von einem Prozent der Bevölkerung.


      Was die angebliche "Vollbeschäftigung" anbelangt, so fallen aus der statistischen Bilanz natürlich die 2,3 Millionen Gefängnisinsassen heraus. Würden sie berücksichtigt, ergäbe sich eine ähnlich hohe Arbeitslosenquote wie in den anderen OECD-Ländern. In jedem Fall kann man sich schwer vorstellen, wie Präsident George Bush die beschriebene Krisenspirale anhalten will. Eine Krisenspirale, die von der UN-Konferenz über Handel und Entwicklung (Unctad) auf ihrem letzten Kongress mit den Worten gekennzeichnet wurde: "Die Weltwirtschaft steht am Rande des Abgrunds."


      dt. Bodo Schulze

      Fußnoten:
      (1) Anteil der Ersparnis der privaten Haushalte an ihrem verfügbaren Einkommen.
      (2) Die Zahlungsbilanz setzt sich aus der Handels-, Dienstleistungs-, Übertragungs- und Kapitalverkehrsbilanz zusammen.

      http://monde-diplomatique.de/mtpl/2001/05/11/a0012.stext?Nam…



      http://f7.parsimony.net/forum9673/messages/32352.htm
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 16:16:09
      Beitrag Nr. 291 ()
      der obige Text ist schon ein bißchen älter, trotzdem hat sich seit dem wenig geändert, eher verschlechtert.
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 17:57:38
      Beitrag Nr. 292 ()
      Ja, so sind sie, die "guten" Menschen, die Protagonisten für eine "soziale", bessere Welt, die Kämpfer gegen den "Imperialismus,
      "Kapitalismus", gegen die "Profitgier", den "Egoismus" der "korrupten" Mächtigen und die "Klüngelei" in elitären Zirkeln......................



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      NEUE HEIMAT IN HANNOVER

      Wirbel um Villen des IG-Metall-Chefs

      Von Hendrik Ankenbrand

      Jürgen Peters gerät schon wieder unter Druck. Der frisch gekürte IG-Metall-Chef hat zusammen mit Arbeitskampf-Partner Hasso Düwel zwei idyllische Luxusvillen in einer der besten Wohnlagen Hannovers gekauft. Der Preis sei verdächtig niedrig, behaupten Kritiker - und der Verkäufer ist ein Unternehmen der Stadt.


      "Abzocker" Jürgen Peters: Stress in Hannover

      Hamburg - Die gelb gestrichenen Häuser mit rotem Dach, Jägerstraße 15 in Hannover-Herrenhausen, stehen an einem idyllischen Plätzchen. Nebenan der Georgengarten, ein öffentlicher Park, unweit plätschert der Leinealtwassersee, nur selten verirrt sich ein Auto hierher. Eine exklusive Wohnlage, die bald einen berühmten Anwohner haben wird: Jürgen Peters, Boss der weltgrößten Industriegewerkschaft IG Metall.
      Seit vergangenem Dezember ist Peters Mitbesitzer von Häusern und Grundstück - doch seit Donnerstag dürfte ihm sein künftiges Wohnparadies mehr Ärger als Freude bereiten. Die "Bild"-Zeitung, Leib- und Magenblatt der deutschen Arbeiterschaft und damit auch von Peters IG-Metall-Klientel, brachte auf der zweiten Seite einen vermeintlichen Skandal ans Tageslicht: "Zwei Villen für 700.000 Euro: IG-Metall-Chef sorgt mit Hauskauf für Wirbel."

      Peters habe mit Verwandten und Vertrauten eine (Ammerk: steuersparende!!!) Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet. Die beiden Villen mit einer Gesamt-Wohnfläche von knapp 615 Quadratmetern sollen den Herrschaften einst als Alterswohnsitz dienen. Eine richtige "Oldie-WG" solle dort entstehen, bestätigte IG-Metall-Sprecher Georgios Arwanitidis der "Bild" - und in die soll ausgerechnet auch noch ein Mitstreiter Peters aus dem verlorenen Streikdebakel in Ostdeutschland einziehen: der damalige Bezirksleiter der IG Metall in Brandenburg, Hasso Düwel.

      Kaufpreis angeblich zu niedrig

      Während das Hauptaugenmerk der "Bild" am Donnerstag noch auf den bisherigen Mietern der Häuser lag, die der IG-Metall-Chef nun hinauswerfen wolle, legte das Blatt am Freitag mit schwerwiegenderen Vorwürfen nach: Ob es bei dem Grundstücksdeal mit rechten Dingen zugegangen sei, fragte die "Bild" und zitierte Makler, die den Preis für Grundstück und Häuser von 700.000 Euro als viel zu niedrig einschätzten.

      Pikant an dem Vorgang: Der Verkäufer ist kein privates Maklerunternehmen, sondern die Gesellschaft für Bauen und Wohnen Hannover mbH (GBH) - das größte Wohnungsunternehmen der Stadt Hannover. Der kommunale Wohndienstleister stellt laut Eingenwerbung ein "sozial verträgliches Handeln in den Mittelpunkt":D seines Wirkens und kassiert dafür reichlich öffentliche Zuschüsse.


      Grünen-Abgeordneter Enno Hagenah: "Die Häuser wurden Peters geschenkt"

      Was an dem Deal mit Peters "soziales Handeln":D sein soll, ist Enno Hagenah, Grünen-Abgeordneter im niedersächsischen Landtag und ehemaliger Aufsichtsrat der GBH, völlig unverständlich. Die öffentliche Wohnungsgesellschaft habe die Häuser an Peters "verschenkt". Der Wert von Häusern und Grundstück betrage gut das Doppelte, sagte Hagenah gegenüber SPIEGEL ONLINE: "Jürgen Peters hat bei dem Deal nur den Wert des Grundstücks bezahlt."

      "Doppelte Preis wäre erzielbar gewesen"

      Schließlich liege das Grundstück in bester Wohnlage: Inmitten eines von der öffentlichen Hand gepflegten Parks, an einer überaus ruhigen Straße und verkehrsgünstig unweit einer Straßenbahnlinie-Haltestelle. Auch der Grünen-Fraktionsvize Michael Dette schätzt den tatsächlichen Preis der Objekte viel höher ein: "Selbst unter Freunden wäre der doppelte Preis erzielbar gewesen", sagte er der Hannoverschen "Neue Presse". "Skandalös" sei der Verkauf an Peters, so ein FDP-Lokalpolitiker in der gleichen Zeitung.

      Ob der Kaufpreis tatsächlich zu niedrig war, ist allerdings umstritten. Die "Neue Presse" zitiert Immobilienmakler, die den Preis als "marktüblich" bezeichnen. Schließlich müssten die Häuser stark saniert werden. Bei dem Geschäft habe es "keine Mauschelei" und "keine Trickserei" gegeben, sagte GBH-Sprecherin Bettina Otto der Zeitung. Ein höherer Preis sei nicht erzielbar gewesen. SPIEGEL ONLINE konnte in der GBH-Zentrale niemanden für eine Stellungnahme erreichen.

      In der Tat muss Peters mit Verwandten und Freunden die 1826 erbauten Häuser wohl renovieren. Doch weil diese unter Denkmalschutz stehen, könnte die Sanierung zumindest billiger werden: Reparatur- und Instandhaltungskosten können die neuen Eigentümer dann in größerem Maße von der Steuer absetzen.(Was sich die Gutmenschen Peters und Düwel sicherlich nicht zweimal sagen lassen werden.:D )

      Gerangel um Gebote

      Die Frage bei dem vermeintlichen Spitzendeal ist nun laut Hagenah: "Geschah dies aus Willfährigkeit oder Unfähigkeit auf Seiten der GBH?" Mit anderen Worten: Hat ein öffentliches Unternehmen Peters und seine Mitkäufer bevorzugt? Immerhin war Peters langjähriger IG-Metall-Statthalter in Hannover mit besten Kontakten zur Lokalpolitik.

      In der "Bild" behauptet der Kaufmann Fritz Hein, 10.000 Euro mehr als die Peters-Gesellschaft für die Häuser geboten zu haben. Er wird mit den Worten zitiert: "Die GBH hat Peters die Häuser zugeschustert!"

      Dies sei jedoch falsch, sagt Enno Hagenah und beruft sich dabei auf Kreise um den GBH-Aufsichtsrat. Vielmehr habe der Kaufmann ein niedrigeres Angebot als die Peters-Gesellschaft abgegeben und dann nachgebessert - allerdings erst als die Angebotsfrist schon abgelaufen gewesen sei - im Dezember habe die GBH unter Führung des damaligen Geschäftsführers René Schweyer den Deal genehmigt.

      Die Basis will Peters zur Rede stellen

      Auch Peters dürfte nun ein Interesse an Aufklärung haben. Eine Stellungnahme des IG-Metall-Chefs gibt es jedoch bisher nicht, Sprecher Arwanitidis antwortete bislang nicht auf eine Anfrage von SPIEGEL ONLINE.

      Glaubt man der "Bild", brodelt angeblich die Stimmung an der Metaller-Basis, der neue Vorsitzende solle am Gewerkschaftstag am 14. Oktober zur Rede gestellt werden.


      ............................
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 18:16:03
      Beitrag Nr. 293 ()
      Ablehnung von Union und FDP


      Bundestag lockert Kündigungsschutz


      Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes wird gekürzt und der Kündigungsschutz gelockert. Das hat der Bundestag mit der rot-grünen Mehrheit beschlossen.






      HB BERLIN. Der Bundesrat kann die Neuregelungen trotz der Unions-Mehrheit nicht stoppen, weil die Zustimmung der Länderkammer nicht erforderlich ist.

      Für die Reform votierten am Freitag in der namentlichen Abstimmung offenbar alle Abgeordneten von SPD und Grünen. Das Gesetz wurde mit 305 Ja- bei 250 Nein-Stimmen verabschiedet. Aufschluss über die Stimmenverteilung auf die Fraktionen kann nur das Abstimmungsprotokoll geben, das erst am Nachmittag vorliegt. Union und FDP hatten ihre Ablehnung angekündigt.

      Mit dem Gesetz passierte nach der Gesundheitsreform ein zweiter Baustein der Reform-Agenda 2010 von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) das Parlament. Nach einer Übergangsfrist von mehr als zwei Jahren wird das Arbeitslosengeld ab dem Jahr 2006 grundsätzlich nur noch zwölf Monate lang gezahlt. Arbeitslose ab 55 Jahren erhalten es noch 18 statt bisher bis zu 32 Monate. Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern können fünf Beschäftigte zusätzlich befristet einstellen, ohne dass der Kündigungsschutz greift. Zudem werden die Kriterien für die Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung und die Höhe der Abfindung, die der Arbeitgeber anbieten kann, im Gesetz verankert.

      Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) sagte, die Änderung beim Kündigungsschutz sei ein „vorsichtiger Schritt, um das Arbeitsrecht gelenkiger zu machen“. Kein Arbeitnehmer müsse Einbußen beim bestehenden Kündigungsschutz hinnehmen. Mit der Verkürzung des Arbeitslosengeldes solle unterbunden werden, dass Betriebe Ältere auf Kosten der Sozialversicherung in den vorzeitigen Ruhestand schickten. Die Regelung trete erst 2006 in Kraft. Dann müsse man auf dem Arbeitsmarkt so weit sein, dass kein Arbeitnehmer mehr in die Langzeitarbeitslosigkeit abrutsche und länger als ein Jahr arbeitslos sei.


      HANDELSBLATT, Freitag, 26. September 2003, 13:23 Uhr
      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 18:24:44
      Beitrag Nr. 294 ()
      Sparschwein und Börsenbaisse

      (Frauenfinanzseite) Das hat es seit Kriegsende nicht mehr gegeben: Erstmals seit 1949 ist das Geldvermögen der Bundesbürger nicht gewachsen. Im vergangenen Jahr mussten die Deutschen zusehen, wie ihr Geldvermögen um 15 Milliarden Euro schrumpfte. Der Grund: Kursverluste an den Aktienmärkten.

      Nach Angaben des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) betrug das Geldvermögen zum Jahresende nur noch 3,658 Billionen Euro und damit 15 Milliarden weniger als noch im Jahr 2001.

      Schmerzhafte Verluste mussten die deutschen Sparer insbesondere beim Aktienvermögen hinnehmen: Dieses halbierte sich im Jahresverlauf von 347 auf 166 Milliarden Euro. 2001 konnten die Einbußen an den Börsen noch durch andere Posten wie Barvermögen, Spareinlagen oder Lebensversicherungen aufgefangen werden.

      Am liebsten halten die Bundesbürger ihr Geld als Barvermögen oder kurzfristiges Bankguten. Mit einem Volumen von 1,34 Billionen Euro ist diese Anlageform Spitzenreiter. Danach folgen Versicherungen mit einem Anteil von 27,2 Prozent und Investmentzertifikate mit 11,6 Prozent.

      Die Bundesbürger legten 2001 im Durchschnitt 10,4 Prozent ihres verfügbaren Einkommens auf die hohe Kante: Damit soll vor allem der Ruhestand finanziert werden. Das jedenfalls geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Emnid hervor.

      [ Freitag, 26.09.2003, 13:50 ]
      http://www.instock.de/Nachrichten/10134456.html
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 18:27:33
      Beitrag Nr. 295 ()
      Schilda in echt
      ++ Potemkinsche Dörfer ++

      Von Bernd Niquet
      Der Finanz-Journalist der „Welt“, Holger Zschäpitz, hat den illusionären gegenwärtigen Stand der Reformdiskussionen in unserem Land in einem wunderbar satirischen Satz auf den Punkt gebracht: „Die Geschichte der Bundesrepublik", schreibt er, "teilt sich in zwei Epochen: vor der Bayernwahl und nach der Bayernwahl."

      Ich denke, das soll heißen: Man macht sich einfach etwas vor. Es wird viel geredet, jeden Tag ein neuer Vorschlag, es werden Wolkenkuckucksheime errichtet, doch was unter dem Strich übrig bleibt, ist nichts als eine tägliche Steigerung der Verunsicherung der Menschen. Das Einzige, mit dem wir uns gegenwärtig dem Attentismus entgegenstellen, sind Potemkinsche Dörfer und die feste Absicht aller Lobbygruppen, nicht einmal diese Dörfer bauen zu lassen. Von bewohnbaren und zukunftsträchtigen Konstruktionen einmal ganz abgesehen.

      Wahrscheinlich muss eine Demokratie so funktionieren, doch es geht schon vielfach über die Schmerzgrenze, das alles zu ertragen. Und es passt natürlich hinten und vorne alles nicht zusammen. Da sollen auf der einen Seite die Leute mit Kindern entlastet werden, auf der anderen Seite holt man sich von Staatsseite die Entlastung durch einen sprunghaften Anstieg der Kita-Gebühren wieder zurück.

      Doch bleiben wir an dieser Stelle bei der Börse. Bei der Besteuerung von Zinsen und Kapitalerträgen. Niemand, der zum Jahreswechsel Aktien und Festverzinsliche besessen hat, wusste zu Beginn dieses Jahres, welche Steuern auf welche Erträge es hier geben würde. Jeder Anleger musste wichtige Weichenstellungen vornehmen, doch keiner wusste, wie sich das rechnen würde. Dass so etwas in einem zivilisierten Land möglich ist, ist schon ein Unding.

      Erst sollten die Kursgewinne von Aktien nicht besteuert werden, dann doch, und nun wieder nicht. Und bei den Festverzinslichen: Erst der persönliche Steuersatz, dann die Abgeltungssteuer, und nun doch wieder der persönliche Steuersatz. Die Unterschiede in der Steuerbelastung erreichen bei den unterschiedlichen Varianten bei Festverzinslichen bis zu 100 Prozent und sind bei Aktien sogar unendlich! (Denn wird eine Steuerfreiheit beendet, so ist der Anstieg der Steuer unendlich.)


      ++ Potemkinsche Dörfer ++
      ++ Heilloses Durcheinander ++

      Aus informierten Kreisen hört man jetzt: In der SPD rumort es, dass die Kursgewinnbesteuerung bei Aktien doch durchgedrückt werden könnte. Das Amnestiegesetz zur Rückkehr hinterzogener Vermögen aus dem Ausland soll hingegen nächstes Jahr kommen und die Abgeltungssteuer ein Jahr später. Hier wartet die Bundesregierung noch bis 2005, um ihre Gesetzgebung mit der entsprechenden EU-Richtlinie abzustimmen. Bei der Abgeltungssteuer werden Zinsen einheitlich mit 25 Prozent besteuert und nicht mehr mit dem persönlichen Grenzsteuersatz von bis zu 50 Prozent. Die heutigen Bondhalter zahlen also bis zu 100 Prozent mehr Steuern als diejenigen des Jahres 2005. Wahrscheinlich. Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Wer weiß?

      Gleichzeitig jedoch versucht man mit der vorgeschlagenen Bürgerversicherung, die Einnahmen der Kranken- und Sozialversicherungskosten nicht mehr alleine nur auf den Faktor Arbeit abzustellen, sondern auch die anderen Einkunftsarten wie Mieten und Zinsen mit einzubeziehen. Spätestens an dieser Stelle beißt sich dann aber die Katze in den Schwanz: Die Zinsen sollen nun zukünftig einerseits in der Bürgerversicherung genauso behandelt werden wie Arbeitseinkommen, andererseits jedoch in der Einkommensteuer – wie die Aktien – faktisch nur noch mit dem halben Steuersatz besteuert werden.

      Die Bezieher von Kapitaleinkünften werden damit also einerseits steuerlich völlig ungebührlich bevorzugt, um sie dann jedoch andererseits gerechterweise mit in die Pflicht der Allgemeinheit zu nehmen. Ich glaube, diese Logik kann niemand mehr nachvollziehen. Was also tun? Sich selbst in das Parlament wählen lassen? Mit der Waffe kämpfen? Auswandern? Zur Feder greifen? Ich habe mich entschieden, nachdem ich gerade in meinem neuen Buch "Klabautermannzeit" versucht habe, mein tiefgreifendes Unverständnis der vergangenen Börsenhausse zu thematisieren, dies noch einmal ganz generell für die gegenwärtige Zeit zu tun. Arbeitstitel: "Schilda in echt."


      ACHTUNG +++ NEUERSCHEINUNG +++ BUCH-NEUERSCHEINUNG +++
      Bernd Niquet, Klabautermannzeit, Roman, Volk Verlag, München 2003, 175 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 3-937200-04-5. Jetzt – noch druckfrisch – überall im Handel. Sie können das Buch auch hier bestellen.


      Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.

      http://www.instock.de/Nachrichten/10134463/pos/2
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      schrieb am 26.09.03 18:42:49
      Beitrag Nr. 296 ()
      Optionsscheine – zu kompliziert?

      von Michael Vaupel

      In den letzten Tagen habe ich einige Zuschriften von Lesern erhalten, die mehr zum Thema "Optionsscheine" wissen wollten. Der Tenor der Zuschriften: "Ich würde das ja gerne auch einmal probieren, aber das ist mir zu heiß, außerdem blicke ich bei diesen ganzen Kennzahlen nicht durch."

      Ich weiß: Viele Investoren lassen sich gerade wegen der Vielfalt der "Griechen" (Omega, Delta, Vega ...) vom Optionsscheingeschäft abschrecken. Das ist falsch – denn dadurch lassen Sie sich die einmaligen Kurschancen entgehen, die Optionsscheine und Zertifikate bieten. Und: Viele dieser Kennzahlen können Sie am Anfang getrost ignorieren, da ihr Einfluss auf die Kursbildung recht gering ist. Es reicht für den Anfang völlig aus, wenn Sie mit den zwei wichtigsten Kennzahlen – Omega und Delta – umgehen können. Was diese bedeuten: Das Omega – auch effektiver Hebel genannt – gibt an, um wieviel Prozent sich der Kurs des entsprechenden Scheins ändert, wenn sich der Kurs des Basiswertes um 1 % ändert. Ein Omega von 4,5 bedeutet demnach, dass der Schein um 4,5 % steigt, wenn der Basiswert um 1 % zulegt. Bei Puts ist das Omega negativ. Ein Omega von –3,5 z.B. bedeutet, dass der Kurs des Scheins um 3,5 % steigt, wenn der Basiswert um 1 % fällt. So einfach ist das.

      Bitte beachten Sie: Es ist sehr wichtig, dass Sie das Omega (den "effektiven" Hebel) und nicht etwa den "normalen" Hebel nehmen, der noch in vielen Börsenpublikationen genannt wird. Denn der "normale" Hebel ist nur ein theoretischer Wert, der wenig aussagekräftig ist. So kann z.B. ein Schein, der nur noch einen Cent kostet, einen "normalen" Hebel von mehreren 100 % haben – in der Praxis macht sich dieser Hebel aber gar nicht bemerkbar, wenn der Schein bereits zu deutlich aus dem Geld liegt (d.h. der Kurs des Basiswertes bei einem Call nur einen Bruchteil des Basispreises erreicht). Fazit: Auf das Omega kommt es an!

      Wenn Sie statt mit prozentualen Veränderungen lieber mit absoluten Beträgen rechnen, dann ist das Delta für Sie die richtige Kennzahl. Das Delta gibt an, wie stark sich der Kurs des Scheins verändert, wenn sich der Basiswert um einen Euro verändert (bereinigt um das Bezugsverhältnis). Ein Beispiel: Ein Siemens-Call mit Bezugsverhältnis 10:1 und einem Delta von 0,8 steigt um 8 Cent, wenn die Siemens-Aktie um 1 Euro steigt (0,8*1 Euro, bereinigt um das Bezugsverhältnis). Je höher das Delta, desto stärker profitiert der Schein von Bewegungen des Basiswertes.

      Kompliziert? Am Anfang vielleicht schon. Wenn Sie das verstanden haben, dann wissen Sie aber auch schon das Wichtigste im Geschäft mit Optionsscheinen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich näher mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Denn mit Optionsscheinen können Sie immer gewinnen – egal, ob die Börse steigt oder fällt. Und mit Spezialkonstruktionen kann man auch in einer Seitwärtsbewegung gewinnen. Man muss sich nur eine Marktmeinung bilden – das richtige Instrument zu dieser Marktmeinung gibt es angesichts von mittlerweile fast 30.000 Optionsscheinen und Zertifikaten ziemlich sicher!

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      Europäische Aktien: Durchwachsenes Bild

      von Michael Vaupel

      An den europäischen Börsen bleibt die Lage durchwachsen. Die Signale liefern kein klares Bild. Charttechnisch sieht es für den DAX eher negativ aus, da der seit März etablierte Aufwärtstrend nach unten durchbrochen worden ist. Gegen ein Engagement auf der SHORT-Seite (Put-Optionsschein) spricht allerdings, dass die Indikatoren nun teilweise im überverkauften Bereich sind, was weitere Kursverluste vorerst begrenzen könnte. Die Fundamentals geben ebenfalls kein klares Bild ab:

      So kam der ifo-Geschäftsklima-Index diese Woche zwar das fünfte Mal in Folge mit einem Zuwachs rein. Allerdings war dies der gestiegenen Erwartungskomponente zu verdanken (von 102,2 auf 105,2 Punkte), die Beurteilung des aktuellen Geschäftsklimas ging sowohl in West- als auch in Ostdeutschland leicht zurück. Meine Einschätzung – strategisch hat sich nichts geändert. Im Hinblick auf das nächste Jahr ist für Deutschland mit einer bescheidenen Wachstumsrate von rund 1 % zu rechnen. Die Bewertungen der Aktienkurse sind historisch gesehen nicht billig. Die Wachstumsdynamik ist nicht gerade überwältigend. Die Charttechnik gibt kein grünes Licht. Eine LONG-Position (Call-Optionsschein oder Kauf von Aktien) kommt deshalb nicht in Frage.

      Allerdings ist die Situation auch nicht so schlecht, als dass ein Put angesagt wäre. In diesem Umfeld ist es zu riskant, auf den breiten Markt zu setzen. "Stock Picking", also das Suchen von Einzelwerten mit interessanter Sondersituation, ist angesagt! Normalerweise bedeutet das, dass man nach unentdeckten Perlen sucht. Aber auch der umgekehrte Weg ist möglich – und der ist oft erfolgsversprechender. Also die Suche nach überteuerten Unternehmen, die einfach fallen müssen – und der Kauf von Put-Optionsscheinen.

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      US-Konsumenten: Bis zum Hals in Schulden

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Wir haben eine Verantwortung", so der US-Präsident am amerikanischen Feiertag Labor Day, "dass sich die Regierung bewegen muss, wenn uns jemand weh tut."

      Es muss ziemlich viele Leute in den USA geben, denen etwas weh tut, wenn man sich die Arbeitslosen- und Konkurszahlen ansieht. Aber keine Sorge; die Regierung bewegt sich, normalerweise – in die falsche Richtung.

      Die Quelle des großen Stroms der Schmerzen, der heute die USA überschwemmt, liegt meiner Meinung nach in der Ära des US-Präsidenten Johnson (mit seinen "Guns and Butter"-Programmen) ... gefolgt von der Entscheidung von Richard Nixon im Jahr 1971, das Währungssystem der Welt vom Gold zu lösen. Aus diesem verunreinigten Strom der Schmerzen kommt die Geld- und Kreditwelle, die jetzt die Konsumenten der 50 amerikanischen Bundesstaaten überschwemmt – und darüber hinaus.

      "Ich mache mir mehr darüber Sorgen, dass jemand einen Job findet, als über eine Zahl auf dem Papier", sagte George W. Bush im August. Wenn der Präsident wirklich den Leuten helfen will, Jobs zu finden, dann sollte er vielleicht über die folgenden Zahlen nachdenken wollen:

      Zwischen 1997 und 2000 sind die Konsumentenschulden um 27,3 % gewachsen – das ist ein Zuwachs von 1,5 Billionen US$. Das verfügbare Einkommen stieg um nur 1,1 Billionen Dollar. In den 1960ern lag das Verhältnis von neuen Schulden zu neuem Einkommen bei nur 30 %. In den 1980ern war es gewachsen, aber lag immer noch unter 50 %. Aber in dieser verrückten Welt der späten Spekulationsblase sind die Schulden 131 % schneller als die Einkommen gestiegen.

      Die Rezession von 2001 sollte einen Rückgang der Schuldenstände erzwungen haben; denn dafür sind Rezessionen da. Die Leute zahlen normalerweise ihre alten Schulden zurück, sparen ihr Geld und bereiten sich auf den nächsten Wachstumszyklus vor. Die glücklichen Leute, die die Rezession von 2001 als die "mildeste Rezession der Nachkriegszeit" bezeichnen, haben das Wesentliche nicht verstanden – es war keine milde Rezession, sondern eine gescheiterte Rezession.

      Die Regierung hat sich bewegt. Die Dämme sind gebrochen. Bald werden die Konsumenten nicht nur Schmerzen haben, sondern ertrinken. Die Zinssätze wurden schneller und stärker gesenkt als jemals zuvor in der Geschichte. In nur 6 Quartalen hat sich in den USA der Haushaltsüberschuss von 306 Milliarden Dollar in ein Defizit von 526 Milliarden Dollar verwandelt (aufs Jahr hochgerechnete Zahlen). Die Konsumenten und die Unternehmen standen bis zu ihren Knien ... und dann bis zum Hals ... in neuen Schulden und Krediten.

      "Während der 2 1/2 Jahre seit Ende 2000", erklärt Dr. Richebächer, "ist die Verschuldung des heimischen nichtfinanziellen Sektors um rund 3,3 Billionen Dollar gestiegen, und die des Finanzsektors um zusätzliche 2,3 Billionen Dollar, zusammen also ungefähr 5,6 Billionen Dollar." Während dieses Zeitraums ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um nur 416 Mrd. Dollar gestiegen, und davon waren 185 Milliarden Dollar erhöhten Regierungsausgaben zu verdanken und weitere 100 Milliarden Dollar statistischen Anpassungen von IT-Ausgaben. "Mit anderen Worten – mehr als 2 Drittel des Zuwachses waren kein richtiges Wachstum", so das Fazit von Dr. Richebächer. Die Konsumenten können kaum ihre Köpfe über Wasser halten. In den letzten 5 1/2 Jahren haben sie ihre Schulden um 3,3 Billionen Dollar erhöht, während ihre Einkommen um nur 2,15 Billionen Dollar gestiegen sind. Und aktuell wachsen die Schulden dreimal so schnell wie die Einkommen.

      Seit ich für den Investor`s Daily schreibe, hat mich noch nie ein wirtschaftlicher Berater der US-Regierung nach meiner Meinung gefragt. Ich werde sie dennoch abgeben. Mein Rat an die Bush-Administration: Nicht bewegen.

      Und jetzt zu Eric Fry, unserem Mann in New York, mit den letzten News vom Börsenparkett:

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      Gold Richtung 400

      von unserem Korrespondenten Eric Fry an der Wall Street

      "Einer dieser idiotischen Kommentatoren im Fernsehen nannte den gestrigen Selloff am Aktienmarkt einen `gesunden, ordentlichen Rückzug`", so Michael Martin, ein verdammt guter Aktienhändler und ein verdammt guter Freund von mir. "Aber ich kann Dir aus erster Hand sagen, dass sich der Rückgang für die Leute, die derzeit Geld investiert haben, sehr ungesund und unordentlich angefühlt hat."

      Am 26. Tag des bis jetzt in diesem Jahr schlechtesten Monats für Aktien haben die Bullen absolut nichts mehr, was sie vorzeigen können. Aber immerhin – noch ist ihre Performance leicht im Plus. Seit Monatsbeginn hat der Dow Jones noch magere 10 Punkte zugelegt, der S&P einen einzigen Punkt.

      Natürlich haben auch die Bären nichts, was sie vorweisen können. Gegen den Markt zu setzen war sogar noch weniger gewinnbringend als auf ihn zu setzen. Allerdings haben die speziellen Bären, die auch Goldaktien gekauft haben, durchaus jede Menge Grund zur Freude. Seit dem letzten Augusttag hat das gelbe Edelmetall rund 12 Dollar zugelegt, und der XAU-Index der Goldminenaktien ist um 7 % gestiegen.

      Der stetige Marsch des Goldes in Richtung 400 Dollar pro Feinunze war beeindruckend und hat den Hauch von etwas Unausweichlichem. Hinzu kommt, dass die Weigerung des Goldes, eine Kurskorrektur hinzulegen, für sich genommen schon ein Sieg ist. Erinnern Sie sich: Das ist dasselbe Edelmetall, das für 2 Jahrzehnte vergessen hatte, wie ein Bullenmarkt aussieht.

      Aber das neue Jahrtausend war nett zum gelben Edelmetall. Ein kolossaler Kollaps am Aktienmarkt half mit, das Gold nach vorne zu bringen. Und der folgende Selloff beim Dollar – angefeuert durch den niemals enden Strom an schwachen Bemerkungen der Fed-Gouverneure und Offiziellen vom US-Finanzministerium – hat genug Treibstoff für eine nachhaltige Rally geliefert.

      Jetzt, wo das gelbe Metall mehr als 150 Dollar über seinen Tiefs von vor 3 Jahren steht, scheint die Botschaft des Goldmarktes ziemlich klar zu sein: Vermeidet den Dollar! Der Rückgang des Dollar wird die Investment-Story des Jahres, was bedeutet, dass die Rally beim Gold zumindest eine faszinierende Nebenrolle in dieser Story spielen wird.

      Als ob es eine griechische Tragödie wäre: Die Fed und das US-Finanzministerium rufen durch ihre Taten genau das Schicksal hervor, das sie eigentlich vermeiden wollen. Während die monetäre Tragödie Gestalt annimmt, werden wir zwar wahrscheinlich das Schicksal von Ödipus vermeiden können (mit der Mutter schlafen und den Vater töten). Aber wir Amerikaner werden eine höhere Inflation und deutlich niedrigeres Wachstum nicht vermeiden können.

      Und das Ergebnis könnte noch tragischer werden, wenn z.B. die ausländischen Investoren ihren Appetit auf amerikanische Staatsanleihen verlieren würden. "Die Ausländer haben fast 80 % der neuen Schuldpapiere im Quartal gekauft", so Floyd Norris von der New York Times. Sie halten nun 38 % der ausstehenden Treasuries, mehr als das Doppelte des Wertes vor einer Dekade."

      Ich kann nicht wissen oder mir vorstellen, was mit den Amerikanern passieren wird, wenn die Japaner und die Chinesen ihre Käufe von US-Staatsanleihen reduzieren werden ... aber die Ergebnisse werden nicht schön sein.

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      Die Clintons und General Clark

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      *** Ich erinnere mich daran, dass ich Ihnen sehr oft empfohlen habe, Gold immer dann zu kaufen, wenn es unter 350 Dollar pro Unze fallen würde. Aber ich erinnere mich nicht daran, dass ich diesen Rat jemals selber befolgt hätte. Jetzt weiß ich nicht, was ich tun soll. Der Preis wird steigen und fallen. Wenn er das tut, womit ich rechne, dann wäre es ein brillanter Zug, zum heutigen Kurs – rund 388 Dollar – zu kaufen; meiner Einschätzung nach wird der Goldpreis nämlich auf über 1.000 Dollar pro Feinunze steigen, bevor der Bullenmarkt beim Gold vorüber ist. Aber wenn der Goldpreis noch einmal auf 350 Dollar zurückfallen sollte, dann werde ich mich wie ein Idiot fühlen, wenn ich bei 388 Dollar gekauft habe. Andererseits könnte es auch sein, dass wir nie wieder 350 Dollar pro Unze sehen werden.

      *** Ähnlich die Situation beim Euro. Ich denke, dass er bis auf 1,50 oder 2,00 steigen wird, bevor dieser Zyklus vorbei ist. Ich fühle mich ein bisschen dumm, wenn ich Dollar gegen Euro tausche bei einem Kurs von 1,14, wo ich das auch schon bei 0,88 hätte tun können. Aber wieviel dümmer käme ich mir vor, wenn ich erst bei einem Kurs von 2,00 Dollar pro Euro meine Dollar in Euros tauschen würde?

      *** Wie dumm sind eigentlich die Chinesen? Der US-Finanzminister Snow sagt uns, dass die Chinesen ihre Währung künstlich beeinflussen, indem sie sie seit fast 10 Jahren fest an den Dollar gebunden haben. Damit können sie die amerikanischen Preise unterbieten und amerikanische Jobs stehlen. Aber was könnte noch dümmer sein als das? Das ist so, als ob man guten Whiskey zur Hälfte des Wertes verkauft, nur um ins Geschäft zu kommen ... oder als ob man einem Alkoholiker in einer Kneipe anschreiben lassen würde, aus Angst, dass er sonst woanders hingehen würde.

      Der Dollar ist bereits deutlich gefallen. Der Goldpreis hat angezogen. Diese Trends werden sich wahrscheinlich nicht so schnell umdrehen. Dennoch sind nur 2 % der Reserven der chinesischen Zentralbank in Gold. Fast der gesamte Rest sind Dollar. Wenn sie den Yuan weiter unten halten, dann bedeutet das, dass sie weiter Dollar ansammeln. Wenn mich die chinesische Zentralbank anruft, dann werde ich ihnen sagen, dass es dumm ist, so viele Dollar und so wenig Gold zu halten. Es ist noch dümmer, weiterhin Dollar zu akzeptieren, und damit im Endeffekt einem Land Kredit zu geben, das seine Schulden wahrscheinlich nie zurückzahlen kann. Und es ist noch dümmer, immer noch Dollar zu einem fixen Verhältnis (im Verhältnis zum Yuan) anzunehmen, weil man dann weniger für seine Produkte erhält, als sie wert sind.

      Irgendwann – vielleicht bald – wird US-Finanzminister Snow mehr bekommen, als er will (er drängt auf eine Freigabe des chinesischen Wechselkurses). Die Chinesen könnten klüger werden.

      Wenn sie das werden, dann werden Investoren, die in China investiert haben, ihre Yuan-Investments dramatisch steigen sehen. Natürlich nur so lange, bis auch diese Spekulationsblase platzt.

      *** "Ich denke, dass die Clintons General Clark ermuntert haben, (bei den kommenden US-Präsidentschaftswahlen gegen Bush) anzutreten", so mein Freund Dan Denning, als wir zusammen im Zug nach Köln saßen, "weil sie zu realisieren beginnen, dass Bush zu schlagen ist. Deshalb senden sie Clark – der gefährlich inkompetent ist, von dem was ich höre. Er bricht das Feld für die Demokraten auf und macht es für Bush schwieriger, sich als militärischer Führer zu präsentieren. Wenn Clark das gut macht, dann kann Hillary zu ihm dazu stoßen. Wenn er es schlecht macht, dann kann sie ihn ignorieren und in der letzten Minute als eigenständige Kandidaten in den Ring gehen ... und sie kann das als große und noble Geste hinstellen, indem sie sagt, dass sie die Party vor der sicheren Niederlage retten will."

      *** Wer zählt die entscheidenden Stimmen für die US-Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr? George W. Bush hat sich selbst in eine sehr ungewöhnliche Position begeben; ich kann mich an keine Zeit in der Vergangenheit erinnern, in der die Karriere eines US-Präsidenten mehr in den Händen von Ausländern lag. Sein Erfolg nächsten Herbst hängt von zwei Dingen ab – und keins von beiden kann er kontrollieren. Wenn die Chinesen oder die Japaner ihn aus dem Amt haben wollen, dann müssen sie nur US-Staatsanleihen verkaufen. Der Anleihenmarkt würde über Nacht zusammenbrechen, die Zinssätze würden explodieren. Die US-Wirtschaft würde sofort eine Krise erleiden.

      Im Irak sind es die Terroristen (in der ausländischen Presse oft fälschlicherweise als Guerilla-Kämpfer oder Freiheitskämpfer bezeichnet) die die entscheidende Stimme haben könnten. Wenn sie so organisiert und gut ausgerüstet sind, wie das Bush-Team warnt, dann könnten sie eine Reihe von hässlichen Attacken durchführen, die die amerikanische öffentliche Meinung ändern könnte, gegen das irakische Abenteuer.

      Aber selbst wenn die Terroristen die entscheidende Stimme haben – wie würden sie sie nutzen? Die Terroristen könnten es bevorzugen, Bush im Amt zu haben; nichts als die Präsenz von ausländischen Truppen im eigenen Land radikalisiert schließlich die ansonsten indifferente Bevölkerung.
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      Internet-Aktien mit Vorsicht zu genießen

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Als die Internet-Aktien in den Sommermonaten so nach oben geschossen waren, fühlte ich mich fast an die Zeiten der Spekulationsblase – Höhepunkt Anfang 2000 – erinnert. Die Fundamentals wurden in beiden Fällen zunehmend ignoriert. Ich erinnere mich daran, dass ich mir im Sommer 2000 besonders am Beispiel von Amazon Gedanken über den ganzen Internet-Hype gemacht hatte. Der Anlass:

      Im Sommer 2000 kam der erste "Harry Potter"-Band in die Bücherregale der Nation. Dieses Buch war so ein Hit, dass vielen Läden bald der Nachschub ausging. Die Eltern wendeten sich dem Internet zu, und der bekanntesten Gesellschaft des Internets, Amazon.com, um sich eine Ausgabe zu sichern. Amazon konnte diese Erfolgsstory für sich nutzen und 63.550 neue Kunden gewinnen.

      Aber selbst das populärste Buch der Saison war für die Gesellschaft ein Verlustbringer. Harry Potter Umsätze führten für Amazon zu Verlusten von rund 5 Millionen US$, oder ungefähr 78,68 US$ pro Verkauf (mehr als das Dreifache des Verkaufpreises). Unternehmenssprecher nahmen prompt für sich in Anspruch, dass es keinen Anlass zu Sorge geben würde, da sie die Verluste durch all die neuen Kunden, die das Buch gebracht hatte, ausgleichen würden. Aber wie, so fragte ich mich damals? Indem sie das nächste Harry Potter Buch zum Vierfachen des Preises verkaufen würden, den es in den Buchläden kosten würde?

      Und wie, so fragte ich mich wieder, konnte man diesen Geld verlierenden Internetgesellschaften irgendeinen vernünftigen Wert zumessen? Aber im Sommer 2000 war noch nicht die Zeit, Fragen zu stellen. Es war noch eine Zeit des Glaubens.

      Der Wert einer Aktie wird letztlich durch den Fluss der Gewinne, die erwartet werden, bestimmt; dasselbe gilt sogar für Internetaktien. Aber Amazon, der großartige große Fluss der Internet-Landschaft, produzierte keinen Fluss von Gewinnen. Noch nicht einmal ein Rinnsal. Zudem fand ein Bericht von McKinsey heraus, dass der beste Weg, Internet-Unternehmen zu bewerten, die Rückkehr zu wirtschaftlichen Fundamentals mit der Methode des Abdiskontierens des Cash Flows sei. Aber es ist schwer, einen Cash Flow, der nicht existiert, abzudiskontieren.

      Und doch war es die Nichtexistenz eines Cash Flows, die Amazon.com und viele andere Internet-Gesellschaften so attraktiv machte. Da die Fakten fehlten, blieben den Investoren ihre Vorstellungen. Der Cash Flow konnte alles sein, was sie wollten. Analysten konnten jedes Kursziel bestimmen, das ihnen gefiel. Und keine Gesellschaft regte die Vorstellungskraft mehr an als Amazon.com. Die Gesellschaft floss durch die gesamte Landschaft der Manie des Internet-Landes. Von der Gletscherschmelze hoch in den Anden der technologischen Innovation und der spekulativen Vorstellungskraft ... hin zu den dunklen Tiefen des vergoldeten Zeitalters ... zum mit Fehlern infizierten Dschungel des Wettbewerbs und der kreativen Zerstörung ... zu den Betrügereien des Vorteils des "first-mover" und den hedonistischen Preismaßen ... zu den Mythen des Neuen Menschen, der New Economy, neuen Maßen und der Neuen Ära ... bis hin zum Delta der ausgewaschenen Träume, wo schließlich all diese hochfliegenden Überflieger irgendwann im Schlamm landen ... Amazon.com floss durch das alles. Und niemals während dieser gesamten Periode der Absurdität, Hirnverbranntheit und Machenschaften konnte irgendjemand mit irgendeiner Sicherheit sagen, was diese Gesellschaft wert war.

      Wenn man sich die finanziellen Details genauer ansieht, dann hätte Amazon in den ersten drei Monaten des Jahres 2000 Umsätze von 574 Millionen US$ haben können, aber die Gesellschaft hatte auch einen Nettoverlust von 308 Millionen US$ und einen operativen Verlust von 198 Millionen US$. Zudem hatten sich die operativen Verluste verglichen mit der entsprechenden Vorjahresperiode fast vervierfacht, obwohl sich die Umsätze verdoppelt hatten. Zugegeben – die Gesellschaft konnte mit 1 Milliarde Dollar Bargeld und bargeldnahen Aktiva prahlen, aber dagegen stand, dass sie 2 Milliarden Dollar Schulden hatte, ein akkumuliertes Defizit von über 1 Milliarde Dollar und nur 25,6 Millionen Dollar Eigenkapital.

      Heute sieht es besser aus bei Amazon – aber ist diese Gesellschaft wirklich ihre gewaltige Marktkapitalisierung wert? Natürlich kann der Kurs der Aktie wieder steigen. Aber ich würde nicht darauf setzen.

      http://www.investor-verlag.de/
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 18:44:52
      Beitrag Nr. 297 ()
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 18:51:59
      Beitrag Nr. 298 ()
      12. FINALE.
      Vom Wiener Baurat und vereidigten Gerichtssachverständigen Dipl.-Ing. (einem unbestechlichen Naturwissenschaftler also) Walter Lüftl stammt die Formel (hier in Worten, nicht in Zahlen):
      Steigen Schulden schneller als das, woraus sie verdient werden können, kommt es in berechenbar endlicher Zeit zum Bankrott. Gilt für Tante-Emma-Läden genauso.
      Nur beim Staat ist das, woraus er sich bedienen kann, nur die Wirtschaftsleistung, und wächst die langsamer als die Staatsverschuldung... (vollenden Sie den Satz bitte selbst). Alle Staaten sind hart unterm Wind auf Bankrott-Kurs.

      Aus: Das 1 x 1 der Wirtschaft




      Was dieses Jahr (2003) los ist, bekommen wir ja zu genüge mit !!

      Gesamtstaatlicher Schuldenzuwachs (Nettokreditaufnahme) Jan.-Juli 03: 62,2 Mrd. € (Quelle)

      BIP-Zuwachs Jan.-Juli 03 (gegenüber Vorjahr): 8,4 Mrd €(Quelle)


      http://www.miprox.de/Wirtschaft_allgemein/Zinszahlungen_vs_B…
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 18:52:38
      Beitrag Nr. 299 ()
      Das 1x1 der Wirtschaft

      In den Medien oder in den Internet-Foren hört und liest man immer wieder Begriffe rund um die Wirtschaft. Viele Board-Teilnehmer haben jedoch Schwierigkeiten diese Begriffe und ihren Zusammenhang untereinander zu verstehen.
      Herr Dr. Paul C. Martin, Autor vieler Wirtschaftsbücher (u.a. "Die Krisenschaukel") hat sich bereit erklärt, in einer für Jedermann kurzen und verständlichen Form, diese Begriffe zu erklären.
      Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Dr. Paul C. Martin bedanken! -Webmaster-

      Ich erfülle seine Bitte gern, zumal es immer wieder Begriffsverwirrungen gibt. Ich bitte, diesen Beitrag auch nur als ein kurzes Destillat meiner allgemein Theorie der Wirtschaft zu verstehen, die ich unter dem Begriff "Debitismus" in die Diskussion eingeführt habe und der - auch von Hochschulprofessoren - bisher nicht ernsthaft widersprochen werden konnte.


      1. DEBITISMUS.
      Wort von "debit" (lat. = schuldet). Grundgedanke: Nicht Geiz und Gier, nicht Profitsucht oder ähnliches treiben die Wirtschaft voran, sondern der auf ihr lastende permanente Schuldendruck. Theorie übrigens von den Bremer Proff. Heinsohn & Steiger zum 1. Mal entdeckt, ihr Buch "Eigentum, Zins und Geld" erklärt alles en detail; allerdings sehr akademisch und umfangreich.

      2. TAUSCHTHEORIE.
      Die ist Schrott, die Theorie nämlich, auf der alle (!) heutigen ökonomischen Modelle basieren, dass - im Grunde - immer ein Gleichgewicht in der Wirtschaft herrscht, weil die Kosten immer zu Einkommen werden und die dann die mit Hilfe der Kosten hergestellt Produktion vom Markt nehmen. Geld spielt darin sozusagen nur als "Tauschmittel" eine Rolle, quasi als Vereinfacher des Tausches von Zement in Hühner oder Löhne in BMW-Cabrios.

      3. NACHSCHULDNER.
      Tatsächlich ist die Wirtschaft nie im Gleichgewicht, ganz einfach, weil Zeit verstreicht, bis die Kosten wieder in die Firmen zurückkehren können. Diese Zeit kostet Geld (Zins). Aber das Geld dazu ist nirgends in der Wirtschaft vorhanden. Also? Also muss es sich jemand "leihen", so dass wir in einem System leben, das die alten Schuldner nur erlösen kann, indem immer wieder neue "Nachschuldner" dazu kommen. Fielen sie eines Tages aus, würden alle vorangegangenen Schuldner logischerweise sämtlich pleite gehen.

      4. GELDMENGE.
      Irrlehre! Es gibt keine Geld"menge", das ist eine Begriffsverwechslung, aus dem Bereich der Güter entlehnt. Es gibt immer nur eine gleich hohe Summe von Guthaben und Schulden bzw. umgekehrt. Und da auf beidem immer Zins liegt, der aber immer wieder durch neue Verschuldung herbeigezaubert werden muss, schreit das System immer nach neuer Nettoneuverschuldung. Oder es geht unter.

      5. SCHULDENDRUCK.
      Jeder im Kapitalismus (= unsere freie Wirtschaft) ist ein armes Schwein. Selbst wenn er selbst mal gerade schuldenfrei ist, wohnt er doch in einem Haus, das sein Vermieter finanziert hat oder arbeitet in einer Firma, die gerade mit ihrer Bank um neue Kredite feilschen muss.

      Das war erstmal das Vorspiel. Und gleich geht`s weiter:

      6. NACHFRAGE.
      Jeder kann nachfragen; dazu braucht er kein Geld. Es reicht, wen er sagt: "Ich kaufe" - wie er dann das Geld besorgt, ist sein Problem (Wechsel, Konto überziehen, Visa, Geld von Oma leihen usw.). Jeder Nachfrager ist - sub summa aller Nachfrager - also verschuldet, egal ob der einzelne doch gerade flüssig war/ist oder klamm.

      7. INFLATION I.
      Jede Nachfrage steigert tendenziell den Preis - es sei denn der Unternehmer ist zu blöd, die Preise anzuheben, wenn der Laden voller Leute ist. Jeden Tag erleben wir also an einzelnen Märkten und in einzelnen Produkten Mini-Inflationen.

      8. DEFLATION I.
      Nun habe ich also mein Ding, das tendenziell im Preis gestiegen ist. Aber ich habe noch nicht das Geld, um es zu bezahlen. Dazu muss ich mich nun anstrengen und etwas leisten oder produzieren - also ein Zusatzangebot in die Welt zu schicken. Und das senkt den Preis auf diesem Markt wieder. Also Mini-Deflationen.

      9. STABILITÄT.
      So besteht die Welt aus lauter kleinen Inflationen und Deflationen - und am Ende bleibt das Preisniveau stabil. Dass das ganze vor dem Hintergrund der permanent benötigten "Zusatzverschuldung" stattfindet, spielt keine Rolle, denn 7 und 8 sind genau das, was damit gemeint war.

      Das war`s eigentlich schon: Alles paletti!
      Zwar gibt`s niemals Gleichgewicht, weil sich das System immer wieder aus sich heraus vorwärts treibt. Aber es läuft - es sei denn, die Nachschuldner fallen komplett aus. Aber warum sollten sie? Wir alle wollen doch besser leben und da stecken wir schon mal was ins Geschäft (der Unternehmer in seine Firma, wir in unser Ego).

      Doch dann!

      10. STAAT.
      Nun dürfen ja nicht nur wir Schulden machen, sondern auch ein sonderbares Gebilde, das STAAT heisst. Während wir unsere Schulden abarbeiten, für Zins und Tilgung sorgen müssen, juckt den STAAT sowas überhaupt nicht. Er ist der einzige Schuldner, der auf die Frage nach Zinszahlungen sagen kann: Ach schreiben Sie`s doch dazu.

      11. SCHULDENEXPLOSION.
      Der Staat darf also seine Schulden "stehen lassen" und damit mahlt der Zinseszins. Bei 7 % verdoppelt sich die Schuld alle zehn Jahre, bei 10 % alle sieben Jahre, usw. Einfach mal in die Schuldenkurven aller Staaten gucken - sofort ist alles klar. Da ist ein Hochleistungskrimineller am Werk gegen den Baulöwe Jürgen Schneider usw. Waisenknaben waren und sind.

      12. FINALE.
      Vom Wiener Baurat und vereidigten Gerichtssachverständigen Dipl.-Ing. (einem unbestechlichen Naturwissenschaftler also) Walter Lüftl. stammt die Formel (hier in Worten, nicht in Zahlen):
      Steigen Schulden schneller als das, woraus sie verdient werden können, kommt es in berechenbar endlicher Zeit zum Bankrott. Gilt für Tante-Emma-Länden genauso.
      Nur beim Staat ist das, woraus er sich bedienen kann, nur die Wirtschaftsleistung, und wächst die langsamer als die Staatsverschuldung... (vollenden Sie den Satz bitte selbst). Alle Staaten sind hart unterm Wind auf Bankrott-Kurs.

      13. INFLATION II.
      Die Staatsschulden sind zunächst zusätzliche Nachfrage und deshalb auch so beliebt, weil ins System des "Debitismus" (1) scheinbar passend. Da der Staat aber nicht leistet, fehlt die "Warenmenge", die das Preisniveau wieder senken könnte. Es kommt zur richtigen Inflation:
      Immer nur Nachfrage, aber die erlösende Warenmenge erscheint nie. Es gibt demnach nur eine einzige (!) Ursache für Inflation - das ist der STAAT.

      14. INFLATIONSENDE.
      Das ist - auch bei robuster Staatsnachfrage mit Hilfe immer neuer Schulden - spätestens dann erreicht, wenn die Kosten der Fortsetzung der Inflation ihre Erträge übersteigen. Kurz: Wenn die staatliche Neuverschuldung gerade noch ausreicht, um die inzwischen aufgelaufenen Zinszahlungen zu egalisieren. Dann ist der Zauber weg und selbst bei größten Defiziten (siehe heute Japan) schmiert die Wirtschaft mehr und mehr ab.

      15. HYPERINFLATION.
      Der Staat kann auch noch die Notenpressen laufen lassen und Geld drucken wie blöd (bei der Notenbank wird`s abgeholt gegen Hinterlegung immer kurzfristigerer Rückzahlungsversprechen), doch auch das endet nach Regel 14: Die deutsche Hyperinflation endete 1923 warum? Weil die Kosten für Papier und Druck höher waren als das, was draufstand. Deshalb sind die letzten "Billionen"-Scheine nur noch ganz klein und bloß einseitig bedruckt.

      16. DISINFLATION.
      Die Hyper-Infla-Lösung steht diesmal noch aus. Nach der ausschließlich STAATSverschuldeten Normal-Inflation der 70er Jahre kam erst mal die Infla-Kippe (auch durch "Bremsmanöver" der Notenbanken) und dann sanken die Preissteigerungsraten und damit die Zinsen.
      Eigentlich sehr schön, nicht? (Aber Achtung: Die alten Schulden sind stehen geblieben, wir sehen sie noch wieder; Schulden verschwinden nie von selbst!).

      17. GOLD.
      Die Goldhausse der 70er Jahre mit Spitze 1980 bei 850 $ / Unze brach mit Crash (Sachwerte-Crash) und damit war das Thema vorerst zu Ende...

      18. BÖRSEN-HAUSSE.
      ... bis es dann 1982/83 zwanglos in die Finanztitel-Hausse mündete, die mit jeder Menge Möglichkeiten, auf die Notenbanken zu ziehen richtig flott gemacht wurde, die aber vor allem der sinkende Zinsfuß vorantrieb.

      19. MANIE.
      Die Hausse wurde, wie immer, wenn die Gier jeden mit Blindheit schlägt, vollends zur Manie, es wurde entspart (USA), sogar auf Aktien Kredit aufgenommen wie noch nie zuvor in der Weltgeschichte.
      Double-your-money-every-hour!

      20. TOP.
      Auch die Finanztitel-Hausse muss logischerweise enden (wie vorher die Sachwert-Hausse), sobald die Kosten ihrer Fortsetzung ihren Ertrag übersteigen. Dies wurde durch die Zinsanhebungen der Fed (amerikanische Notenbank) ermöglicht, die sowieso nichts kapiert hat. Wenn Fed-Chef Greespan in der Hausse von einer "irrational exuberance" spricht, versteht er nicht, was in jeder Disinflation vollständig "rational" passiert (zum letzten Mal 1923 ff.; US-Infla davor war 1915 bis 1920).

      21. CRASH.
      Ob Crash als Crash, als Salami oder als langer Bärenmarkt daherkommt, ist egal. Es geht abwärts, immer mehr Träume platzen, immer mehr Kredite werden notleidend, Stimmung schlägt um. Der Bär hat viel Zeit und nur eins im Sinn: die maximal mögliche Zahl von Anlegern mit sich in die Tiefe zu nehmen.

      22. DEFLATION II.
      Das ist der eigentliche Würger. Weil die alten Guthaben ja noch da sind (gleich hoch wie die Schulden - Sie erinnern sich doch!), drängend die jetzt immer mehr auf Zahlung. Und da die Preise anfangen zu sinken (Notverkäufe und andere Ursachen; schließlich haben wir ja "Debitismus", d.h. ständigen Liquiditätsdruck), wiegen die zum alten Nominalwert existierenden Schulden "real" immer schwerer.

      23. DEPRESSION.
      Dann fällt alles, Kurse, Preise, Werte. Ob die Zinsen auch noch auf Null gesenkt werden, spielt keine Rolle mehr, siehe Japan jetzt. Die ausgweglose Lage entsteht. Hilfe wäre nur möglich, wenn die Schulden/Guthaben gestrichen bzw. zumindest zinsfrei gestellt würden - und das zumindest bei den Staatsanleihen, die nichts anderes sind als Forderungen der Bürger an sich selbst, Schwindelpapiere also, oder eben ein "hochverzinsliches Nichts".

      24. SCHLUSS.
      Der ist erst, wenn alle jene Schulden ausgebucht sind, die die Inflation verursacht haben. Schluss in der Geschichte heisst immer: Das alte Preisniveau (Vor-Infla!) wird wieder erreicht. Perfektes Beispiel USA: Die Preise von 1915 wurden punktgenau (!!) 1934 wieder erreicht. Also herrschte 20 Jahre absolut stabiles Preisniveau - oder nicht? Wer spricht denn da von "Weltwirtschaftskrise", was will er uns damit sagen? Ich sage aber: Auch diesmal werden alle Preise, vergleichbare Güter vorausgesetzt, wieder auf das Niveau der frühen 50er Jahre fallen.

      Tja und nun? Und GOLD??? Jetzt wird`s spekulativ.

      25. GOLD WOHIN I?
      In der Deflation fallen alle Preise, auch der von Gold. Wie weit weiß ich nicht. Es gibt für mich nur ein einleuchtendes Preisziel, das von Jürgen Küssner, dem m. E. besten Elliott-Wellen-Analytikers, den ich kenne (man schaue in seine Page). Es liegt bei ca. 200. Ich weiß natürlich, dass es einen absoluten "Nullpunkt" für Gold gibt. Der liegt bei 42,22 $ / Unze. Zu diesem Preis muss US Treasury alles Gold ankaufen, das angeboten wird. Tiefer kann der Preis nicht fallen.

      26. GOLD WOHIN II.?
      Küßner "sieht" aufgrund seiner sehr sorgfältigen Analyse eine Goldpreis von 2000 bis 3000 $ / Unze. Für mich "fundamental" gesehen unvorstellbar, weil selbst in einem Komplett-Crash des Geld- und Finanzsystems kein Mensch mehr ins Gold gehen kann, ganz einfach weil ihm das Geld dafür fehlt (niemand hat dann mehr "Geld"), ich erinnere an Hongkong nach dem 87er Crash: Gleich nach den Aktien stürzte Gold, weil Liquidität beschafft werden musste. Also kann hinter dieser verwegenen Analyse nur etwas ganz anderes stehen: Eine Goldauf-
      (=Dollarab-)wertung!

      So etwas gab`s zuletzt 1934 unter Roosevelt (von ca. 20 auf 35 Dollar / Unze). Mit einem solchen Geniestreich würden sich die USA schlagartig ihrer Schulden entledigen (die entsprechend abgewertet würden). Das Preisniveau würde schlagartig steigen und alle Schuldner entlasten. Nummer funktioniert aber nur, wenn anschließend wieder Rückkehr zum alten, Goldstandard mit Goldan- und -verkaufsverpflichtung in jeder gewünschten Höhe.

      Reine Spekulation heute noch. Und auf keinen Fall eine Anlageempfehlung weder auf der Long- noch auf der Short-Seite.

      Dr. Paul C. Martin, Hamburg

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      Anmerkung des Webmasters: weiterführender Artikel auf unseren Seiten: "Staatsverschuldung"

      http://www.miprox.de/Wirtschaft_allgemein/Zinszahlungen_vs_B…
      http://www.goldseiten.de/ansichten/pcm-03.htm
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 19:57:48
      Beitrag Nr. 300 ()
      Riskante Börsenpläne

      Deutscher Bahn drohen Einschnitte


      An der Börse ist das Unternehmen noch nicht — trotzdem zeichnen sich bereits mögliche Folgen für die Fahrgäste ab: Der Vorstand der Bahn will mit einer Investitionsbremse die Ausgaben verringern. Von Klaus Ott



      (SZ-Artikel vom 27.9.2003)— Bei der Bahn zeichnen sich die großen Risiken des von Vorstandschef Hartmut Mehdorn geplanten Börsengangs und dessen Folgen für die Fahrgäste immer stärker ab. Das Staatsunternehmen plant eine „Optimierung des Schienennetzes unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten“.

      Seit der zweiten Septemberwoche wird geprüft, welche „Struktur, Qualität und Größe“ das Netz künftig haben soll. Das ergibt sich aus den internen Plänen für einen Börsengang.

      Nach Angaben der Bahn liegen noch keine Ergebnisse vor. Es gebe Gespräche mit der Bundesregierung, die noch laufen, teilte die DB auf Anfrage mit. Das gelte auch für weitere Punkte.



      "Freiere Verwendung" von Bundesmitteln
      Die Bahn strebt laut den Unterlagen eine „freiere Verwendung“ der Bundesmittel für das Netz an, über die es in den vergangenen Jahren wiederholt Streit gab. Außerdem ist eine langfristige „Finanzierungsvereinbarung“ mit dem Bund vorgesehen, um Investoren anzulocken. Dem Vernehmen nach soll der Bund 15 Jahre lang bestimmte Mittel für das Netz zusagen.

      Als besonders heikel erweist sich der von Mehdorn angekündigte Stopp beim Ausbau des Schienennetzes. Öffentlich erklärt der Vorstandschef, das liege an den geringeren Bundeszuschüssen. In den internen Papieren wird aber ein anderer Grund genannt: „Investitionsbremse zur Ergebnisstabilisierung in 2003.“

      Demnach will die Bahn bei den eigenen Ausgaben für den Netzausbau sparen, um trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage ihre Finanzziele einzuhalten. Für 2003 ist noch ein Verlust von 220 Millionen Euro vorgesehen, ab 2004 sind hohe Gewinne geplant.

      In der Bundesregierung gab es aber schon im Frühjahr Bedenken, die Zahlen könnten deutlich schlechter ausfallen. Die DB erklärte dazu, es sei ganz normal, in schwierigen Phasen „gegenzusteuern“.



      Börsenpläne trotz roter Zahlen
      Trotz der Finanzprobleme treibt die Bahn ihre Börsenpläne voran. Im Herbst soll mit dem Bund ein genauer Zeitablauf festgelegt werden. Nach diversen Zwischenschritten ist für Dezember 2004 die Wahl der Börse und der Aktienart vorgesehen, die „Positionierung am Kapitalmarkt“ soll von Juni 2004 bis September 2005 erfolgen.

      Aus den Unterlagen ergibt sich allerdings, dass die DB wesentliche „Mindestanforderungen“ an einen Börsengang erst 2007 erfüllt. Das gilt vor allem für den Cash Flow, der mindestens 30 Prozent der Nettoschulden betragen soll. Sie wird 2007 voraussichtlich bei knapp 15 Milliarden Euro liegen.

      Bis dahin ist ein Regierungswechsel möglich. Die Union akzeptiert entgegen Mehdorns Plänen keinen Börsengang mit dem Unternehmensbereich Netz. „Es wäre falsch, aus dem weitgehend steuerfinanzierten Netz ein Renditeobjekt für Aktionäre zu machen“, sagt Dirk Fischer, Verkehrsexperte der Union im Bundestag.

      Der Fehler von Großbritannien, wo die Strecken in Privathand gelitten hätten, dürfe sich nicht wiederholen. Auch die SPD-Fraktion hat Bedenken, ist aber unter Auflagen zu einer Teil-Privatisierung bereit.

      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/712/18694/
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 20:01:13
      Beitrag Nr. 301 ()
      Bund der Steuerzahler

      Deutschland verschwendet 30 Milliarden Euro


      Fünf Prozent der Ausgaben aller öffentlichen Haushalte seien völlig unnütz, meldet das "Handelsblatt" unter Berufung auf das neueste Schwarzbuch des Verbandes.



      Die öffentliche Verwaltung hat im vergangenen Jahr nach Schätzungen des Bundes der Steuerzahler rund 30 Milliarden Euro Steuergelder vergeudet.

      Damit seien rund fünf Prozent der Ausgaben aller öffentlichen Haushalte unnütz, berichtete das Düsseldorfer Handelsblatt (Freitagausgabe) unter Berufung auf das neueste Schwarzbuch des Verbandes.

      Laut Handelsblatt dokumentiert der Bericht 110 Fälle öffentlicher Misswirtschaft. „Ganz offensichtlich ist immer noch genug Geld da, um verschwenderisch damit umzugehen“, zitierte die Zeitung Steuerzahlerpräsident Karl Heinz Däke aus dessen Vorwort für das Schwarzbuch, das nach Angaben der Zeitung am Dienstag kommender Woche veröffentlicht werden soll.

      (sueddeutsche.de/AP)
      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/673/18655/
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 20:08:58
      Beitrag Nr. 302 ()
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      Das Bären-Lager bekommt Zulauf

      Experten: Konsolidierung am Aktienmarkt noch nicht abgeschlossen - Goldpreis steigt

      von Holger Zschäpitz; Thomas Exner

      Berlin - Die Bären klatschen sich auf die Schenkel. Den frisch gebackenen Börsenbullen ist dagegen in den vergangenen Tagen das Lachen gründlich vergangen. Am gestrigen Donnerstag zeigten sich am deutschen Aktienmarkt zwar leichte Stabilisierungstendenzen, doch der Kurseinbruch um rund zehn in den vier Tagen zuvor hat gerade den Neueinsteigern den Schreck in die Glieder fahren lassen. "Viele haben in der vergangenen Woche versucht, noch auf den fahrenden Zug aufzuspringen, und mussten plötzlich feststellen, dass er in die falsche Richtung rollt", sagt Gianni Hirschmüller, Stratege beim Analysehaus Cognitrend in Frankfurt. "Sie haben dann bei ihren Investments flugs die Notbremse gezogen."


      Tatsächlich schien die Stimmung am Aktienmarkt zuletzt schon beinahe wieder euphorische Züge anzunehmen. Der von Cognitrend ermittelte Bull-Bear-Index etwa wies in der letzten Woche ein Maß an Optimismus auf, wie zuletzt im Juni. Und unter Börsianern liefen bereits wieder Wetten, wann der Dax die 4000-Punkte-Schwelle überspringen würde. "Doch in Wahrheit sind die meisten Investoren schon seit Wochen nur mit einem flauen Gefühl dabei", so Hirschmüller. "Solange es weiter aufwärts ging, wurde die Angst von der Freude über die Performance kompensiert. Doch mit den ersten kräftigeren Kursrückschlagen war es mit der Contenance vorbei."


      Die Frage ist jetzt nur, ob es sich wirklich um eine kleinere Korrektur in einem neuen Bullen-Markt handelt, wie es die Mehrheit der Strategen bis zuletzt glauben machen wollte. Oder haben die Skeptiker Recht, die die zurückliegende Kursrallye seit langem als maßlose Übertreibung werten?


      Charttechnisch sieht die Lage jedenfalls brenzlig aus. Bei 3488 und 3477 Punkten sind gleich zwei wichtige Unterstützungsmarken mit Wucht durchbrochen worden. "Und die Dynamik des Geschehens spricht für weitere Kursverluste", konstatiert Stefan Schilbe von HSBC Trinkaus & Burkhardt. Einen nächsten technischen Haltepunkt sieht er erst bei 3120 Zählern. Möglich sei aber sogar auch ein Test der 200-Tage-Linie, die derzeit bei 3029 Punkten verläuft. Bedenklich stimmen ihn zudem die massiven Insiderverkäufe in den USA. Laut Thomson Financial haben die Top-Manager von US-Unternehmen zuletzt 42mal mehr Aktien ihrer eigenen Gesellschaften verkauft als gekauft. "Das ist ein Extremwert - ein Signal, dass etwas faul ist", so der HSBC-Experte. Erst ein Verhältnis von unter zwölf gilt als Zeichen für Optimismus. Schilbe: "Vieles erinnert mich heute an die Bärenmarkt-Rallye des Nikkei 1993. Das Chance/Risiko-Verhältnis spricht eindeutig gegen Investments."


      Doch auch bei fundamental orientierten Marktbeobachtern lassen sich durchaus Skeptiker finden. Einer von ihnen ist Bob McKee, Chefstratege des unabhängigen Analysehauses Independent Strategy in London. "In den kommenden zwölf Monaten werden wir die alten März-Tiefstände noch einmal testen", ist er überzeugt. Vor allem die ambitionierten Gewinnschätzungen für die US-Unternehmen bergen seiner Meinung nach Sprengstoff. Der Marktkonsens erwartet für 2004 ein Gewinnplus von 15 Prozent bei den S&P-500-Unternehmen. Dies lasse sich angesichts der verhaltenen Wachstumsperspektiven aber nur durch weitere drastische Einschnitte beim Personal erreichen, warnt McKee. Nach seinen Berechnungen müssten allein die 500 führenden US-Gesellschaften weitere 750 000 Arbeitsplätze abbauen. "Der Konsum würde damit aber endgültig abgewürgt. Die Folgen für die Konjunktur und damit auch die Aktienmärkte wären fatal", warnt der Londoner Stratege. Er rät deshalb zu europäischen Staatsanleihen oder Gold-Investments. In London kletterte die Notiz des Edelmetalls gestern bereits auf ein Sieben-Jahres-Hoch - ein weiterer Indikator, der zur Vorsicht gemahnt. Denn eine Gold-Hausse verträgt sich nur schlecht mit der Erwartung weiter steigender Aktienkurse.


      Selbst Star-Fondsmanager Klaus Kaldemorgen von der DWS räumt ein, dass er in den letzten Tagen auf der Verkäuferseite gestanden hat. "Am Ende des dritten Quartals bin ich ein bisschen vorsichtiger geworden", so der Leiter des Aktienfondsmanagements bei Deutschlands größter Investmentgesellschaft. "Wir brauchen eine Dosis Realitätssinn. Einige Aktien sind einfach zu stark gelaufen." Sorgen bereit ihm vor allem die Qualität des US-Wachstums.


      Dennoch knüpfen sich an die USA auch Hoffnungen. Denn die nächste beginnende Quartalssaison dürfte nach Einschätzung der meisten Analysten für einige positive Überraschungen sorgen. Und auch die nach wie vor hohe Liquidität spricht für eine Stabilisierung der Märkte. Hirschmüller: "Viele Anleger sind noch immer unterinvestiert. Sie werden spätestens bei 3250 Dax-Punkten die Chance zum Einstieg nutzen."


      Artikel erschienen am 26. Sep 2003
      http://www.welt.de/data/2003/09/26/173817.html?s=2
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 20:44:01
      Beitrag Nr. 303 ()
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      Währungspolitik:

      Das große Spiel mit den Wechselkursen

      China gilt in den USA als Hauptschuldiger an den amerikanischen Wirtschafts- und Finanzproblemen – Pekings Währung steht unter massivem Aufwertungsdruck – die USA leben über ihre Verhältnisse und verstricken sich in eine unproduktive Militärpolitik – von Experten wird bereits ein Dollar-Absturz prophezeit.





      EM – Um ihre Rolle als „einzige Weltmacht“ zu behaupten, kämpfen die USA an allen Fronten. Eine ganz entscheidende ist dabei die der Wirtschaft und der Finanzen. Und hier geraten sie nach Ansicht vieler internationaler Finanzexperten weltweit zunehmend ins Hintertreffen.

      Es ist auch bereits ein Hauptschuldiger ausgemacht. Er heißt China. Der Vorwurf lautet, die Volksrepublik sichere sich mit der festen Anbindung der seit der Machtübernahme der Kommunisten 1949 als Renmimbi (Volksgeld) bezeichneten Landeswährung an den Dollar unfaire Wettbewerbsvorteile. Seine Exporte in die Vereinigten Staaten seien viel zu billig und verdrängten US-Waren aus dem Markt. Fast ein Viertel des US-Außenhandelsdefizits entstehe aus diesem Grunde gegenüber China.

      Allein in den vergangenen zwei Jahren hätten dadurch drei Millionen US-Amerikaner ihren Job verloren – sie waren fast alle im verarbeitenden Gewerbe tätig. Jede vierte Waschmaschine in den USA kommt aus chinesischen Fabriken, dazu drei Viertel aller Uhren, die Hälfte aller Kameras. Was Japan in den 80er Jahren für die USA war, ist nun China geworden: die ökonomische Bedrohung Nummer eins. Derzeit liegt die US-Arbeitslosenquote bei 6,4 Prozent, das ist der höchste Stand seit acht Jahren. US-Verbände und Gewerkschaften fordern nun bereits Handelszölle von bis zu 80 Prozent auf Waren aus China, um die heimische Wirtschaft und die Arbeitsplätze zu schützen.

      Tatsächlich hat Peking seit 1994 den gleichen Wechselkurs gegenüber dem US-Dollar. Er beträgt knapp 8,3 Yuan (Einheit der China-Währung) und damit ist er ganz sicher unterbewertet. Denn in den zurückliegenden Jahren hat Chinas Wirtschaft einen beispiellosen Aufschwung erlebt. Seine Kaufkraft ist inzwischen wesentlich höher als die 8,3 Yuan pro Dollar. Amerikanische Finanzexperten gehen davon aus, daß die chinesische Währung um rund 40 Prozent zu niedrig bewertet ist.

      Die Wirtschaftskraft der Volksrepublik China lehrt die USA das Fürchten
      Keine der großen Volkswirtschaften wächst zur Zeit schneller als die Chinas – im ersten Halbjahr 2003 legte die Industrieproduktion erneut um über 16 Prozent zu – trotz der Einbrüche durch das Schwere Atemwegssyndrom SARS. Kein anderes Land zieht derzeit soviel ausländisches Kapital an, nirgends läßt es sich so billig produzieren.

      Die Chinesen werden nun immer heftiger von westlichen Währungspolitikern – vor allem aus den USA - gedrängt, ihre Währung aufzuwerten und damit ihre Exporte zu verteuern. Auch auf den jüngsten Währungskonferenzen der sieben führenden Industrienationen, der sogenannten G7-Staaten, und des Internationalen Währungsfonds (IWF) war dies eines der Hauptthemen.

      Es lastet ein großer Aufwertungsdruck auf dem Yuan – das zeigt auch die enorme Summe von rund 600 Millionen US-Dollar, die von der chinesischen Zentralbank jeden Tag aufgekauft wird, um die Währung stabil zu halten. Die chinesischen Devisenreserven sind laut IWF allein von Dezember 2002 bis Mai 2003 von 290 Milliarden Dollar auf 345 Milliarden Dollar gestiegen, die Devisenreserven der USA im gleichen Zeitraum von 68 auf 71 Milliarden.

      China spielt bei den Wechselkursen auf Zeit. Chinesische Politiker taten gegenüber US-Finanzminister John Snow bei dessen kürzlichem Besuch in Peking wortreich kund, die Volksrepublik werde sich langfristig für flexiblere Wechselkurse entscheiden – aber in naher Zukunft, das machten sie deutlich, werde es nicht zu Änderungen der starren Dollarbindung kommen.

      Ein Leitartikel in der staatlichen Zeitung „China Daily“ zeigt die Haltung der Chinesischen Führung in dieser Frage. Die Forderung der Amerikaner nach Wechselkursänderungen seien reine Wahlkampfmanöver. US-Hersteller würden von einer Renmibi-Aufwertung keinesfalls profitieren. Chinas entscheidender Wettbewerbsvorteil liege nämlich in seinen niedrigen Lohnkosten, und die würden davon nicht betroffen.

      Forderung nach Wechselkursänderung - Waffe im wirtschaftlichen Konkurrenzkampf
      Der Chef des IWF, Horst Köhler, erklärte in verschiedenen Interviews anläßlich der Tagung von IWF und Weltbank im September in Dubai am persischen Golf, der Yuan sei tatsächlich unterbewertet. Aber er stellte gleichzeitig fest: „Ich bin beeindruckt, mit welcher Sorgfalt die chinesische Führung die Risiken einer weiteren Öffnung des Landes abwägt. Ich halte deshalb nichts davon, China öffentlich unter Druck zu setzen.“

      Es wäre fatal, führte Köhler aus, wenn China seine Politik „über Nacht“ plötzlich ändern würde. „Die Chinesen sollen das gar nicht, sie dürfen es gar nicht und sie können es auch gar nicht“, sagte der internationale Finanzfachmann geradezu beschwörend. Köhler: „Vor einem Hauruckverfahren zur Lösung dieses Problems über drastische Wechselkursveränderungen rate ich ab. Das könnte die ganzen internationalen Wirtschaftsbeziehungen ins Chaos stürzen. Ich kann nur dringend davon abraten, dieses Thema zum Anlaß für Kraftmeierei zu nehmen.“

      In Dubai und bei den Diskussionen um Wechselkurse und um die internationale Wirtschaftsentwicklung kam indes ein ganz anderes Thema zur Sprache. Es hat nichts mit dem gewesenen World-Trade-Center zu tun, wenn dabei vom „Zwillingsdefizit der USA“ die Rede ist. Gemeint ist das gleichermaßen hohe Haushalts- und das Leistungsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten.

      IWF-Chef Köhler sagte unmißverständlich: „Dieses Zwillingsdefizit der USA ist eines der Hauptrisiken für dauerhaftes gesundes Wachstum der Weltwirtschaft.“ Die USA müßten „einen Plan haben, wie sie ihre hohen Haushaltsdefizite wieder abtragen.“

      Der Euro leidet unter der Stärke Chinas und der Schwäche Amerikas
      Auch Wim Duisenberg, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), erläuterte kürzlich, unter welchen Problemen der Euro und die wirtschaftliche Entwicklung in Europa derzeit besonders zu leiden hätten: unter dem großen Spiel um Wechselkurse zwischen den USA und Asien – aber auch den riesigen US-Defiziten im Haushalt und der Leistungsbilanz. Der Devisenhandel sei zur Zeit quasi bipolarer Natur. Auf der einen Seite stehe der Dollar, in dessen Schlepptau sich die manipulierten Währungen Asiens befänden, vom chinesischen Yuan über den japanischen Yen bis hin zum koreanischen Won. Die andere Seite dieser bipolaren Welt verkörpere der Euro, dessen Wechselkurs weitgehend dem Spiel der Marktkräfte überlassen werde. Hier spielten sich dann die Wertberichtigungen ab, die eigentlich zwischen den USA und Asien stattfinden müßten. Der vom Dollar ausgehende Abwertungsdruck, der aus dessen Schwäche aufgrund des „Zwillingsdefizits“ herrühre, entlade sich vor allem auf die europäische Gemeinschaftswährung. Der Dollar-Wechselkurs sei seit Anfang 2002 gegenüber den Währungen seiner weltweiten Handelspartner im Schnitt um sieben Prozent gefallen. In der gleichen Zeit jedoch gegenüber dem Euro um satte 27 Prozent. Um etwa diesen Betrag sei die Währung Europas aufgewertet und somit teurer geworden. Das bedeute natürlich Exporteinbußen. Der Euro habe den Löwenanteil der Dollarabwertung auffangen müssen.

      Der von den USA so heftig kritisierte Wechselkurs der chinesischen Währung ist nach Ansicht von international angesehenen Fachleuten keineswegs das Hauptproblem der US-Wirtschaft. Stephen Roach, Chefvolkswirt des globalen Finanzdienstleisters Morgan Stanley hält dagegen: Der Renmimbi sei gar nicht unterbewertet. Stattdessen hätten sich amerikanische Firmen die Vorteile der günstigen und gut ausgebildeten chinesischen Arbeiter zu eigen gemacht und Teile ihrer Produktion nach China verlagert. Die Produktion in Asien sei zu einem wichtigen Teil der amerikanischen Zuliefererkette geworden. Deshalb sei es unsinng, nun eine Währungsaufwertung von den Chinesen zu verlangen. (Das ist in etwa auch die Meinung der bereits zitierten Daily China).

      Roach warf der US-Regierung vor, selbst für das wachsende Außenhandelsdefizit verantwortlich zu sein. „Indem der US-Kongreß auf China zeigt, lenkt er von seiner eigenen Verantwortung ab,“ so der Ökonom.

      Ursache des US-Außenhandelsdefizits sei weniger Chinas Wettbewerbsdruck als vielmehr der Mangel an inländischen Ersparnissen in den USA. Das ausufernde US-Staatsdefizit trage immens dazu bei, die geringen Ersparnisse in den USA immer noch weiter zu verringern. Kurzum: Die USA lebten einfach über ihre Verhältnisse.

      Chinesische Fachkräfte – Dienstleister für Westfirmen
      Viele Tätigkeiten westlicher Firmen werden tatsächlich bereits in chinesische Metropolen ausgelagert, nach Shanghai, nach Peking usw. Bisher waren es vor allem einfache Büroarbeiten. Aber schon in den nächsten Jahren wird sich auch der Umsatz mit anspruchsvollen Computer-Dienstleistungen verdoppeln. Schon 2007 soll China damit knapp 30 Milliarden Dollar verdienen, das doppelte von dem, was derzeit Indien mit seinen Software-Spezialisten verdient.

      Das bevölkerungsreichste Land der Erde ist einer der wichtigsten Absatzmärkte für Waren aus dem Westen geworden. Die Exportquote nach China steigt noch schneller als die Menge der Güter, die das Land verlassen. – Schon im nächsten Jahr könnte die Volksrepublik mehr ein- als ausführen.

      An den chinesischen Ausfuhren sind westliche Multis in hohem Maße beteiligt. Zwei Drittel der chinesischen Exporte kommen aus Fabriken, die eng mit westlichen Konzernen zusammenarbeiten. Auch US- Firmen wie General Electric, Du Pont oder General Motors. Eine Verteuerung chinesischer Waren würde also nicht nur US-Konsumenten teuer zu stehen kommen. Auch die Konzerne bekämen Probleme.

      Der niedrige Wechselkurs, den China fährt, hat außerdem auch eine bedeutende asiatische Komponente: Die Länder der Asien-Region profitieren indirekt vom Kurs des Renminbi, da sie Rohstoffe und Vorprodukte nach China liefern. Während China im letzten Jahr einen Handelsüberschuß von 103 Milliarden Dollar gegenüber den USA hatte, lag es gegenüber seinen asiatischen Handelspartnern mit 68 Milliarden im Defizit. Bei einem Rückgang der chinesischen Exporte hätten sie einen entsprechenden Rückgang der Nachfrage Chinas nach ihren eigenen Produkten zu befürchten.

      Erinnerungen an Vietnam
      Jenseits aller Wechselkursproblematik und ihres Doppeldefizits kranken die USA auch an der „Militarisierung der US-Gesellschaft“, wie Werner Biermann und Arno Klönne schreiben („The Big Stick. Imperiale Strategie und globaler Militarismus – die USA als Megamacht“?, (PapyRossa Verlag, Köln 2003). Die Rüstungsbetriebe stellten demnach im amerikanischen Wirtschaftsleben einen enormen Faktor dar. Ohne ihn würden in den Südstaaten ganze Regionen und Wirtschaftszweige nicht überleben können. Und die Folgen? Dieser überbetonte Rüstungskomplex sei, ähnlich wie seinerzeit in der Sowjetunion, als vergeudete „Wirtschaft in der Wirtschaft“ zu kritisieren. Die Vereinigten Staaten hätten den gleichen Weg eingeschlagen, wie ihr einstiger Kontrahent. Dies werde den ökonomischen Niedergang beschleunigen.

      Ganz aktuell schreibt dazu Deanne Julius, Vorsitzende des britischen Royal Institute of International Affairs in der „Financial Times Deutschland“ unter dem Titel „Erinnerungen an Vietnam“. Sie meint, die Außenpolitik von US-Präsident Bush sei ökonomisch nicht durchzuhalten. Er brauche Verbündete – oder er werde seine Strategie irgendwann aufgeben müssen. In dem Beitrag heißt es: „Präsident George W. Bushs jüngste Rede an die Nation war das erste Zeichen dafür, daß sich im Krieg gegen den Terrorismus auch eine wirtschaftliche Front aufbaut. Diese wird in den USA sein, nicht im Irak. Der Ausgang dieser Schlacht wird nicht nur für die Amerikaner, sondern für uns alle von Bedeutung sein.“

      Bush selbst habe die Verbindung zur US-Wirtschaft hergestellt, indem er sagte: „Wir werden so viel Geld ausgeben wie notwendig, um diesen wichtigen Sieg im Kampf gegen den Terrorismus zu erringen, um die Freiheit zu fördern und unser eigenes Land noch sicherer zu machen.“ – Er habe weitere 87 Milliarden Dollar von den US-Steuerzahlern gefordert, wovon 75 Milliarden für die Besatzungsmacht im Irak ausgegeben werden sollen.

      „Die erste Forderung von einmalig 75 Milliarden Dollar für den Irak im April“, schreibt Deanne Julius, „ ist jetzt durch Bushs neue Forderung verdoppelt worden. Wie viel Vertrauen kann man in diese Rechnung setzen?“

      Die Vorsitzende des Royal Institute rechnet vor: „Bei den neuen Etatzahlen werden nun dieselben Fehler begangen, denn die Kosten beziehen sich nur auf die Zeit bis Oktober 2004. Offensichtlich erwartet man, daß die meisten Kosten danach durch Ölexporte oder Verbündete getragen werden. Zusatzkosten, die durch die Nahost-Krise entstehen könnten, werden ignoriert. Schon jetzt ist Israel mit drei Milliarden Dollar jährlich größter Empfänger von US-Hilfen. Im Gegenzug für eine neue Vereinbarung wird das Land vermutlich noch mehr Geld fordern.“

      Dazu kämen innerhalb von Bushs neuer Weltordnung möglicherweise bald weitere Kosten hinzu: für einen Palästinenserstaat, für Verwicklungen, die mit dem Iran und mit Nordkorea entstehen könnten. „Die gegenwärtig nicht abzusehenden Elemente der US-Außenpolitik könnten sich schnell auf 100 bis 200 Milliarden US-Dollar pro Jahr belaufen.“

      Wer wird als erstes die Reißleine ziehen?
      Wie auf anderen Gebieten auch sind die USA in punkto Wirtschafts- und Währungsentwicklung keiner Kritik zugänglich. Bush sagt, das Leistungsbilanzdefizit zeige doch nur, wie attraktiv die USA für ausländisches Kapital seien. Das ist blanker Zynismus. Zwar haben die Notenbanken von Japan, China, Südkorea und Taiwan über ihre Käufe amerikanischer Staatsanleihen allein in diesem Jahr rechnerisch rund 60 Prozent des amerikanischen Leistungsbilanzdefizits finanziert. Doch mit Sicherheit nicht wegen der Attraktivität der USA.

      Über die Entwicklung der US-Wirtschaft gibt es im eigenen Land inzwischen immer mehr besorgte Stimmen. Der demokratische US-Senator Robert Byrd sagte: „Die Bush-Regierung hat uns an den Rand einer Krise gigantischen Ausmaßes gebracht.“

      „Ab Mitte nächsten Jahres wird die Haushaltspolitik der US-Regierung restriktiv auf die Konjunktur wirken“, prophezeite Bill Dudley von der international tätigen amerikanischen Investmentbank Goldmann Sachs. Dann würden die derzeit einsetzenden Positiveffekte der Steuersenkungen auslaufen, während Bundesstaaten und die Zentralregierung in Washington wegen der hohen Defizite im Haushalt die Ausgaben stark kürzen und die Abgaben erhöhen müßten.

      Ähnlich sehen es auch Experten im Euro-Raum. So David Milleker von der Dresdner Bank, der damit rechnet, daß das derzeitige US-Wachstum nach kurzer Beschleunigung - rechtzeitig zum Wahlkampf des Präsidenten – ab Mitte 2004 wieder deutlich abstürzt. „Der Aufschwung ist ein politikindiziertes Strohfeuer“ sagt Milleker.

      Das US-Haushaltsbüro sagt allein der Zentralregierung für 2004 das höchste Defizit in der Geschichte der USA voraus: knappe 500 Milliarden Dollar. Zusammen mit den Fehlbeträgen der Bundesstaaten wird es sich auf über 600 Milliarden Dollar belaufen.

      Ökonomen halten aber inzwischen für keineswegs mehr ausgeschlossen, daß die Anleger weltweit plötzlich nicht mehr gewillt sein könnten, die Massen von US-Anleihen zu kaufen, die zur Finanzierung des US-Außenhandelsdefizits nötig sind. – Immer öfter tauchen die Schlagworte vom „unkontrollierten Dollar-Absturz“ und vom „Dollar-Chrash“ in den Finanzspalten der Medien auf. Auf der Seite „Finanzen“ der Tageszeitung DIE WELT hieß es kürzlich beispielsweise: „Angst vor Dollar-Kollaps wächst“.

      David Rosenbaum von der US-Investment-Bank Merrill Lynch stellt fest: „Es gibt keinen Zweifel, die Tage des starken Dollars sind vorbei.“ Heute müssen die USA pro Minute insgesamt 2,3 Millionen Dollar an ausländischem Kapital ins Land locken, um ihre Schuldenexistenz aufrechtzuerhalten.

      J. Bradford DeLong, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität von Kalifornien in Berkeley und ehemaliger stellvertretender Staatssekretär im US-Finanzministerium wird mit einem Beitrag von „Project Syndicate“ in der Ausgabe der Tageszeitung die Welt vom 23. September wie folgt zitiert:.

      „Klar ist, daß Amerikas Leistungsbilanzdefizit auf Dauer nicht finanzierbar ist.“ Eine Möglichkeit, dem Leistungsbilanzdefizit beizukommen, sei das Aufholen der Volkswirtschaften im Rest der Welt und damit verbunden ein rasches Ansteigen der Nachfrage nach US-Exporten.

      „Die andere Möglichkeit, dem Leistungsbilanzdefizit ein Ende zu bereiten, wäre, die Kapitalzuflüsse nach Amerika zu stoppen. Dadurch würde der Dollar zwischen 25 und 50 Prozent an Wert einbüßen.“

      Die amerikanischen Auslandsschulden seien größtenteils Schulden in Dollar. Deshalb verringere ein Wertverlust des Dollars den realen Wert der Bruttoauslandsschulden Amerikas. DeLong: „Ein Kurssturz des Dollars würde so zwar den Lebensstandard der Amerikaner vermindern, aber keine Liquiditäts- oder Solvenzkrise auslösen.“

      Der US-Experte weist stattdessen auf Probleme hin, die durch einen Dollarabsturz in Bereichen entstehen würden, an die man nicht sofort denkt: „Durch eine rapide Entwertung des Dollars würden Arbeitnehmer verarmen, deren Produkte nach Amerika exportiert werden, und Investoren, die zusehen müßten, wie der Wert ihrer Dollar-Portefeuilles dahinschmilzt.“

      Sein Resumé: „Die Investoren sitzen in einer Falle. Sie erkennen das Ausmaß des Handelsbilanzdefizits, berechnen den wahrscheinlichen Kursverlust des Dollars, der nötig ist, um das Defizit zu eliminieren, und kommen darauf, daß der Zinssatz und die Unterschiede in der Eigenkapitalrendite ihrer Investitionen in den USA nicht ausreichen, um das Risiko verminderter Kapitalzuflüsse abzudecken. Das ist der Grund, warum der Kapitalzufluß nach Amerika nun schon viel länger andauert, als dies prinzipienorientierte Ökonomen für möglich gehalten hätten. Sicherlich, irgendwann werden die Investoren die Reißleine ziehen. Aber kein Ökonom ist in der Lage zu sagen, wann das sein wird.“

      Johann von Arnsberg
      http://www.civisdigitalis.de/em/info/article.asp?article=905…
      Avatar
      schrieb am 26.09.03 20:49:09
      Beitrag Nr. 304 ()
      -----------------------


      Das Orchester spielt sein letztes Stück

      Das Fundament für steigende Edelmetallkurse, einen sinkenden USD-Kurs und schwächelnde Aktienpreise war schon länger gelegt. Wie auf www.markt-daten.de zu lesen war, machten die staatlich legitimierten Buchhalter von der amerikanischen Ostküste einen tiefen Griff in die Trickkiste und präsentierten ein höchst erfreuliches Wirtschaftswachstum. Dass diese Zahlen enron-mässig zusammengeschustert waren, dringt jetzt langsam an die Oeffentlichkeit. Prof. Malik wies in seinem Newsletter vom 14. September darauf hin:

      "Einmal mehr haben wir ein krasses Beispiel dafür, wie mit amerikanischen Wirtschaftszahlen unkritisch - nachgerade dumm - umgegangen wird. Offenbar wird jede US-Zahl einfach naiv geglaubt. Die Schlüsse, die daraus gezogen werden, sind falsch, irreführend und zum Teil gefährlich. Man kann darauf keine Anlageentscheidungen stützen, keine Konjunkturbeurteilung und schon gar keinen Vergleich mit Europa und Deutschland. Die Wahrheit der Zahlen machen die Hoffnung auf eine deutliche Konjunkturerholung in den USA mehr als fragwürdig."

      Noch deutlicher wird dies von einem Direktor der Credit Suisse Asia-Pacific ausgesprochen:

      "Es gab schlicht und einfach KEIN reales Wirtschaftswachstum in den USA in den letzten drei Jahren, es war nur eine grosse statistische Manipulation." Den genauen Wortlaut (engl.) finden Sie hier.

      Nachdem die Edelmetallpreise und der USD-Kurs bereits in den letzten Tagen und Wochen darauf reagiert hatten, kommen nun die Aktienkurse unter Druck. Entscheidend dabei war das G7-Treffen in Dubai vom letzten Wochenende, als deren Vertreter sich für frei floatende Wechselkurse stark machten. Im Klartext heisst das, der US$ wird dem freien Spiel der Devisenmärkte übergeben, was zu tieferen Notierungen der amerikanischen Währung führen wird (Ich hatte bereits im Newsletter vor zwei Wochen darauf hingewiesen). Wenn nun die japanische Zentralbank auf Interventionen zu Gunsten des US$ verzichtet, könnte ein Dominoeffekt seinen Anfang nehmen, der nur noch schwer zu stoppen sein wird.

      Die Japaner gehören zu den grössten Handelspartnern der USA. Die Amerikaner kaufen die japanischen Produkte auf Kredit. Die Kredite werden von den Japanern in Form von Anleihen den Amerikanern abgekauft. Somit konnten sich die Amerikaner immer mehr verschulden ohne dass dies Auswirkungen auf den US$-Kurs gehabt hätte. Bei jeder Schwäche sprang die japanische Notenbank ein und kaufte die überschüssigen US$ auf, um ihr Exportgeschäft nicht zu gefährden. Falls die Japaner nun auf Interventionen verzichten, schaden sie ihrer eigenen Exportwirtschaft. So ist über Jahre eine verhängnisvolle Abhängigkeit geschaffen worden, die nun in Dubai seine ersten Risse bekommen hat.

      Die selbe Abhängigkeit besteht auch zwischen den USA und China mit dem bekannten Unterschied, dass China seine Währung an den US$ gekoppelt hat. Der Tag der Wahrheit wird hier noch für eine gewisse Zeit in die Zukunft verschoben aber nicht aufzuhalten sein.

      Bei näherem Betrachten wiesen die fundamentalen Faktoren schon länger auf eine schwache Wirtschaft in den USA und Europa hin. Jetzt scheint aber auch die Massenpsychologie vor einer Trendwende zu stehen. Der Cocktail ist angerichtet und das Orchester spielt sein letztes Stück. Ob es nochmal eine Zugabe geben wird, ich würde mich nicht darauf verlassen.

      Replik zum Thema Inflation/Deflation

      Als Folge der Staatsverschuldung steigen die Abgaben der Bürger jedes Jahr stärker als es in den Inflationszahlen ausgewiesen wird. Nun hat auch das Schweizer Magazin "Facts" diesem Thema eine Reportage gewidmet und ist dabei auf folgende erschreckende Erkenntnis gekommen:

      "Sie legen in der Krise ihre Zurückhaltung ab, schröpfen Lohnbezüger, bestrafen Studenten, belasten Autofahrer, selbst vor allein erziehenden Müttern machen sie nicht Halt. Wer so zulangt, sind nicht sinistre Unternehmer bei der Gewinnmaximierung, sondern staatliche oder halbstaatliche Institutionen und Firmen, die vom Staat mitfinanziert oder reguliert werden."

      Und das sind die Prognosen für das Jahr 2004:

      Mietzinsen + 7.3 %

      Krankenkassenprämien + 5 %

      Pensionskassenbeiträge + 1-2 %

      Unfallversicherungsprämie + 7 %

      Flughafentaxen + 47 %

      Steuern auf Alcopops + 300 %

      Kinderkrippen der Stadt Zürich + 6.3 %

      Taxen für A-Post + 11.1 %

      Auto-Haftpflichtversicherung + 5-10 %

      Eine Inflation bei (halb)staatlichen Dienstleistungen und Energiepreisen führt zu Nachfrageausfällen bei allen verzichtbaren Produkten, so lange die Löhne nicht angehoben werden und davon ist nichts zu sehen.

      Wie heisst es doch so schön "Der Aufschwung beginnt im Kopf" UND mit einem vollen Geldbeutel. Weil der Staat aber in seiner Fürsorglichkeit in den letzten zwanzig Jahren keine wirkliche Rezession zugelassen hat, hängt er jetzt selbst am Tropf und nimmt dem Steuerzahler die letzten Mittel, um einen Aufschwung herbeizuführen.

      Hansruedi Ramsauer

      www.zeitenwende.ch
      Avatar
      schrieb am 27.09.03 00:47:29
      Beitrag Nr. 305 ()
      Inland
      Das bringt die Gesundheitsreform



      Ärztliche Praxis (Foto: ddp)
      Mit einer deutlichen Mehrheit hat die Bundesregierung die umstrittene Gesundheitsreform durch den Bundestag geboxt. Nach einer Zitterpartie erreichte die rot-grüne Koalition bei der Abstimmung über den mit der Union ausgehandelten Gesundheitskompromiss eine eigene Mehrheit. 297 Abgeordnete der Koalition votierten mit Ja und damit neun mehr als erforderlich. Der Kanzler zeigte sich mit dem Ergebnis "sehr zufrieden".


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      Bundesratsentscheidung im Oktober
      Kommt der zwischen Union und Rot-Grün ausgehandelte Kompromiss am 17. Oktober durch den Bundesrat, bedeutet das für die Versicherten und Patienten vor allem eines: zusätzliche Kosten. Die Eckpunkte:


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      Rentenschätzer Was am Ende übrig bleibt


      Zahnersatz
      Ab 2005 ist der Zahnersatz keine normale Kassenleistung mehr. Die Patienten müssen ihn zusätzlich bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse (GKV) oder einer Privatkasse (PKV) versichern. Bei Wechsel zu einer PKV ist eine Rückkehr zur GKV nicht mehr möglich. Bei den gesetzlichen Kassen kostet die Zusatzversicherung je nach Einkommen rund sechs Euro.


      Krankengeld
      Ab 1. Januar 2006 wird das von der siebten Krankheitswoche an zu zahlende Krankengeld allein vom Arbeitnehmer finanziert. Dafür soll er einen Sonderbeitrag von 0,5 Prozentpunkte seines Gehalts aufbringen.


      Zuzahlungen
      Grundsätzlich sollen Patienten zehn Prozent jeder Leistung selbst bezahlen, mindestens jedoch fünf und höchstens zehn Euro. Bei ärztlicher Behandlung wird künftig eine Praxisgebühr von zehn Euro fällig. Für Anwendungen, etwa jede Massage werden zehn Prozent der Kosten fällig. Bei Krankenhausaufenthalt zahlen die Patienten zehn Euro pro Tag - maximal 28 Tage - aus eigener Tasche. Für häusliche Krankenpflege und Heilmittel sind zehn Euro Praxisgebühr plus zehn Prozent der Kosten zu zahlen. Für alle Versicherten gilt jedoch eine Belastungsgrenze von zwei Prozent des Bruttoeinkommens, bei chronisch Kranken von einem Prozent. Bei Armen begrenzt eine Härtefallregel die Zuzahlung. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren sind von der Zuzahlung befreit.


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      Chronik Die Diskussion über die Reform


      Streichungen
      Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig sind, werden nur noch in Ausnahmefällen von der Krankenkasse bezahlt. Brillen müssen künftig selbst finanziert werden. Ausnahmen bilden Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren und schwer sehbeeinträchtigte Personen. Fahrtkosten, wie beispielsweise Taxifahrten zu einer ambulanten Behandlung müssen selbst aufgebracht werden. Gestrichen werden zudem: Sterbegeld, Sterilisation aus nicht-medizinischen Gründen und Entbindungsgeld. Künstliche Befruchtung muss zur Hälfte selbst finanziert werden.


      Weitere Neuregelungen
      Für die Teilnahme an Vorsorgeprogrammen dürfen die Kassen einen Finanzbonus einräumen. Auch Beitragsrückerstattungen sind teilweise möglich. Ambulante Behandlungen im EU-Ausland werden bezahlt - für Klinikaufenthalte ist dagegen eine Genehmigung nötig.


      Apotheker sind Nutznießer
      Der Versandhandel mit Medikamenten wird künftig erlaubt. Apotheker dürfen künftig bis zu drei Filialen in einer Region besitzen. Zudem erhalten sie grundsätzlich eine Beratungspauschale unabhängig vom Arzneimittelpreis.


      Mehr Rechte für Versicherte
      Versicherte dürfen künftig eine Patientenquittung verlangen. Ab 2006 löst die so genannte Gesundheitskarte die bisherige Krankenkassenkarte ab. Patienten haben die Möglichkeit, ohne vorherige Genehmigung durch die Kasse im EU-Ausland einen Arzt aufsuchen.


      Ziel: Beitragssenkung
      Durch die Gesundheitsreform sollen die gesetzlichen Krankenkassen um 20 Milliarden Euro entlastet werden. Ein Teil davon soll für den Schuldenabbau verwendet werden, der Rest zur Senkung des Beitragssatzes. Dieser soll innerhalb von zwei Jahren von heute durchschnittlich 14,4 auf 12,5 Prozent sinken.


      Konditions-Ratgeber So starten Sie durch
      Gesunde Ernährung Gar nicht erst krank werden

      http://onnachrichten.t-online.de/c/09/84/12/984120.html
      Avatar
      schrieb am 27.09.03 19:29:34
      Beitrag Nr. 306 ()
      Hihihi...........;):D
      Nochmal eine kleine Stinkbombe für Bluemoons.

      So leben Bluemoons Freunde im Geist, die "Kämpfer" für eine "sozialere", "gerechtere" Welt................


      Metaller-Villen in Hannover: Insignien des Kapitalismus


      Nicht schlecht, oder???..........und das für lumpige, äh, 1000 Euro pro Quadratmeter. Also Preise, praktisch auf Sozialwohnungsniveau. Wenn so soziale Gleich- und Gerechtigkeit für ALLE aussehen würde, würd` ich mir sofort meine Brille(du weißt was ich meine, Bluemoons) beim Optiker umtauschen lassen und in die SPD und in die Gewerkschaft eintreten...........:laugh: :laugh: :laugh: :laugh: :laugh: :laugh: :laugh: :laugh: :laugh: :laugh:




      ...............................


      GEWERKSCHAFTER

      Hamstern in Herrenhausen

      Der Kauf zweier Villen in Hannover bringt IG-Metall-Chef Peters in Erklärungsnot: Juristisch mag der Deal in Ordnung sein, für seine Organisation ist er ein Desaster.



      Metaller-Villen in Hannover: Insignien des Kapitalismus

      Die Annonce in der "Neuen Presse" Hannover versprach ein Leben auf der besseren Seite dieser Welt: Schöner Wohnen mit Parkanschluss, insgesamt 615 Quadratmeter Fläche, verteilt auf zwei denkmalgeschützte Häuser. Dazu noch gut 2000 Quadratmeter Grund, für einen langen Blick ins Grüne.
      Dieses repräsentative Anwesen aus dem Bestand der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GBH wollte sich neben mehreren anderen Bewerbern auch eine achtköpfige Bietergruppe leisten - für 690 000 Euro. Ob sich allerdings zwei Herren aus der Runde leisten konnten, dass sie nun den Zuschlag bekamen, ist eine ganz andere Frage: Auch IG-Metall-Chef Jürgen Peters und sein Kumpel Hasso Düvel, IG-Metall-Bezirksleiter für Berlin-Brandenburg-Sachsen, haben sich ins bourgeoise Ambiente eingekauft. Und dass die alten Mieter raussollen, gehörte gleich mit zum Plan.

      Rote Bosse in gelben Villen: Ausgerechnet der Fundi-Flügel der IG Metall um ihren Vorsitzenden und vordersten Klassenkämpfer Peters schmückt sich privat mit Insignien des Kapitalismus: hohen Decken, gepflegten Hecken. Viel Platz für den künftigen Altersruhesitz einer Metaller-WG.

      Das ist zwar nicht verboten - auch wer wie Peters ständig klagt, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, muss deshalb nicht in Armut darben. Außerdem: Sogar schärfste Kritiker hatten bis Ende vergangener Woche keinen Beweis für ihre Spekulationen, dass sich die Manager der Arbeiterklasse die Herrenhäuser in Herrenhausen auf die krumme Tour eingesackt haben könnten.

      Aber was rechtlich nicht verboten ist, das ist zumindest instinktlos, zeigt es doch dem kleinen Gewerkschaftsmann, dass sein Chef Peters mit Kapital auf dem Konto besser umgehen kann als mit dem wichtigsten Kapital eines Gewerkschaftsbosses: der Glaubwürdigkeit.

      Von Peters, Image Betonkopf, ist Einsicht nicht zu erwarten. Am vergangenen Freitag schimpfte er im Intranet der IG Metall über eine "Schmutzkampagne" der "Bild"-Zeitung, die "Genossen-Filz" gewittert hatte und genüsslich fragte: "Der mächtige Arbeitnehmervertreter, privat ein skrupelloser Hausherr?"

      Alles Quatsch, behauptet der Funktionär, "fair und sauber" werde man mit den Mietern umgehen und ihnen Aufhebungsverträge anbieten. An die Häuser sei man regulär gekommen, ohne Kungelei mit der Stadt, die seit Jahrzehnten fest in SPD-Hand ist. Als ob es nur darum ginge.

      Tatsächlich hatte die städtische Tochterfirma GBH schon lange verkaufen wollen und ein Wertgutachten für die renovierungsbedürftigen Gebäude eingeholt. Für die Ausschreibung schraubte die GBH die Summe sogar noch hoch - mindestens 645 750 Euro sollten die Villen bringen. Nach den Anzeigen im August gaben dann sieben Interessenten ein Angebot ab. Das höchste, von Peters und Freunden, bekam den Zuschlag und wurde vom Aufsichtsrat abgenickt - auch von den CDU- und FDP-Vertretern.

      So weit, so unverdächtig. Allerdings ärgerte sich ein Konkurrent, der eine Frist versäumt hatte, über die verpasste Chance. Und seit der das Genossenmodell öffentlich machte, wird auch munter über den Preis spekuliert: "Die Häuser haben eine exzellente Lage", wundert sich etwa Rainer Beckmann, Chef des Eigentümerverbands Haus & Grund in Hannover. Seine Vermutung: Da wäre mehr drin gewesen.

      Die Preisfrage für Peters ist aber eine ganz andere: Darf man als Gewerkschaftsboss Mieter aus dem Haus kaufen? Wie jeder beliebige Immobilienhai? Drei Parteien haben von ihm und seinen Kompagnons schon je 5000 Euro bekommen, damit sie gehen. Ausgerechnet der Vorkämpfer gegen Ausbeutung und Unterbezahlung also ein praktizierender Kapitalist, für den alles käuflich ist? Sogar die Heimat der 79 Jahre alten Aglaia Rusu, die im Erdgeschoss wohnt und Alzheimer hat?

      Gepflegt wird sie von ihrer Tochter Adriana Ahorner im ersten Stock; gehen wollen beide nicht; noch im Juli 2002 hatte die GBH geschrieben, sie müssten sich keine Sorgen machen, denn "Kauf bricht Miete nicht". Im Mai kam wieder ein Schreiben, diesmal von Christoph Gebauer, Anwalt der neuen Eigentümer, mit der Aufforderung, bis Ende April 2004 auszuziehen.


      Davon teilte Peters, der sich auch ansonsten bedeckt hält, den "lieben Kolleginnen und Kollegen" im Intranet nichts mit. Macht aber nichts: Im Frankfurter Gewerkschaftshaus kursieren schon genügend Geschichten über die Genüsse des Genossen.

      Der Chef, gemeinsam mit Düvel verantwortlich für das Streikdebakel der Metaller im Osten, poltert zwar gern gegen Abzocker in den oberen Etagen der Konzerne. Dem süßen Leben ist er selbst hingegen nicht abgeneigt. So pflegte Peters - Selbstbekenntnis: "Ich hamstere gern" - seine Tarifverhandlungen als Bezirksvorsitzender in Hannover bei edlen Rotweinen in Luxushotels zu führen.

      Dass sich auch seine Gattin Edith Großpietsch mit einem Anteil in die Alten-WG eingekauft hat, passt für die Kritiker aus der Gewerkschaft noch schöner ins Bild. Schon bisher wurden Peters und seine Frau wegen ihrer altlinken Klassenkämpfer-Attitüde :D in Anlehnung an die Honeckers als "Margot und Erich" verspottet. Jetzt hat auch das neue Anwesen seinen Namen weg: "Wandlitz zwei".

      JÜRGEN DAHLKAMP, MICHAEL FRÖHLINGSDORF, MICHAEL SAUGA


      .......................................



      Die schlimmsten Gangster sind die Gangster, die sich mit ihrem Reden und Tun auch noch als ehrbare Bürger vorkommen.

      H_S
      Avatar
      schrieb am 28.09.03 01:51:33
      Beitrag Nr. 307 ()
      Danke bluemoons für deine super Zusammenstellung hier.
      Artikel die Hintergründe liefern, ich les sehr gern hier!

      Gruss,
      Gelenk :)
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 13:42:06
      Beitrag Nr. 308 ()
      ------------------------


      Italien im Dunkeln - neue Probleme mit der Energieversorgung

      Vor gerade mal vier Tagen haben wir eine Zusammenfassung von Stromausfällen und Problemen mit der Energieversorgung veröffentlicht, und letzte Nacht ist es wieder passiert: nach Problemen mit zwei Hochspannungsleitungen brach in weiten Teilen Italiens in der vergangenen Nacht die Energieversorgung zusammen, und ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrages (gegen Mittag) noch immer nicht wieder überall wiederhergestellt. Nachdem schon im Sommer Rationierungen und Abschaltungen zu verzeichnen waren, ist das Land nunmehr zum zweiten Mal von solchen Problemen betroffen.

      Nach Medienberichten erklärte die französische Firma Réseau de Transport d`Electricité (RTE) in Paris, daß ein Gewitter das Leitungssystem beschädigt habe, das Energie nach Italien liefere. Schon die naheliegende Frage, wie es denn sein könne, daß ein einziges Gewitter ein ganzes Land von der Stromversorgung abschneiden könne, blieb jedoch unbeantwortet. Gibt es denn keine Backup-Kapazitäten, auf die in einem solchen Fall umgeschaltet werden könne? Und da so etwas früher offenbar nie vorkam, hat es solche Notfallreserven früher offrenbar gegeben. Warum aber jetzt nicht mehr, und weshalb wurden sie abgebaut? Und wie immer wurden die interessantesten Details gar nicht angesprochen, nämlich der Umstand, daß Italien offensichtlich schon so weit auf Stromimporte angewiesen ist, daß der Ausfall von nur zwei Leitungen zu einem Totalabsturz der Energieversorgung führen kann. Der Strom in Rom also stets am Rande des Absturzes?

      Offensichtlich hat die an dieser Stelle schon oft beklagte unheilvolle Mischung aus "Nachhaltigkeit", Kernkraftausstieg und Privatisierungs-Investitionsstopp die italienische Stromversorgung schon jetzt viel tiefgreifender geschädigt als bisher die Deutsche. Man muß aber kein Prophet sein um sich vorzustellen, daß die Italiener die Schnauze vom Ökologismus gestrichen voll haben dürften. In Deutschland dagegen träumt man noch immer von einem sanften Land der Wiesen und Felder voller Windmühlen und Solarzellen, in dem der Strom aber nur fließt, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht, nicht aber, wenn kriminelle Minister Wirbel machen. Es bleibt abzuwarten, wann die Deutschen aus ihren grünen Träumen endlich aufwachen, und wie weit es hierzulande kommen muß, bis sich endlich etwas bewegt.


      http://www.bwl-bote.de/index.htm
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 13:43:41
      Beitrag Nr. 309 ()
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 13:52:02
      Beitrag Nr. 310 ()
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 13:55:14
      Beitrag Nr. 311 ()
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 13:57:07
      Beitrag Nr. 312 ()
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 14:00:42
      Beitrag Nr. 313 ()
      Wussten Sie schon, dass...?
      (29.09.2003)

      2002 haben rund 34,6 Millionen amerikanische Staatsbürger unter der Armutsgrenze gelebt. 2001 waren es noch 32,9 Millionen Personen. Die Zahl der Kinder im Alter von weniger als 18 Jahren stieg von 11,7 Millionen auf 12,1 Millionen.

      Die offizielle Armutsgrenze lag 2002 für einen Vierfamilienhaushalt bei einem Einkommen von 18 392 Dollar, für einen Dreifamilienhaushalt bei 14 348 Dollar, für einen Zweifamilienhaushalt bei 11 756 Dollar und für eine Einzelperson bei 9 183 Dollar.

      (Quelle: Census Bureau, Washington)
      taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 14:00:59
      Beitrag Nr. 314 ()
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 14:19:20
      Beitrag Nr. 315 ()
      Quergedacht: Was viele denken aber wenige auszusprechen wagen
      Anstößige Texte zum Runterladen und Weiterverbreiten
      spatzseite.de

      Energie, Angst und Herrschaft: 28.09.2003

      DIESE WOCHE
      Nach den zahlreichen Stromausfällen dieses Jahres, zuletzt am 24. für einige Stunden in Skandinavien, befaßt sich der Spatz diese Woche höchst aktuell mit den wahren Zielen der Energiepolitik. Er identifiziert die weltanschaulichen Motive der sogenannten Klimapolitik und ihre Profiteure. Er findet, welche Angst hinter dem vorgeblichen Motiv der Risikominimierung lauert, und welche Opfer es uns abfordert - ein Spatz, den Rot-Grüne Politiker gewiß nicht gerne zwitschern hören!

      Gürtel enger schnallen!



      Europa muß Kraftwerke mit einer Kapazität von 200 Gigawatt elektrischer Leistung bis zum Jahre 2020 bauen, nur um überalterte, hinfällig gewordene Kohlekraftwerke zu ersetzen, meinte Gerd Jaeger vom Verband der Großkraftwerkbetreiber auf der Europatagung dieser Wirtschaftsvereinigung Mitte September in Kopenhagen. Damit ist noch keine Vorsorge für steigenden Strombedarf in der Europäischen Union getroffen. Welche Kraftwerke soll man bauen? Eines scheint Jaeger sicher zu sein mit Wind und Sonnenenergie ist, vom Preis abgesehen, dieser Bedarf nicht zu decken. "Die Blackouts in den USA und Großbritannien in den letzten Wochen haben nachdrücklich gezeigt, was es bedeutet die Zuverlässigkeit zu verlieren."

      Kaum hatte er das gesagt, als auch in Skandinavien (am 24. September) die Lichter ausgingen, und 4 Millionen Menschen in den dünn besiedelten Ländern im Dunkeln saßen. Der Grund: Ausschaltungen infolge eines plötzlichen Spannungsabfalls im Verbundnetz. Waren in Dänemark plötzlich die Windmühlen stehen geblieben? Wäre es so, würden Sie es nicht erfahren. Denn wer wirft schon mit Dreck nach einer heilige Kuh?

      Den Großkraftwerksbetreibern könnte es eigentlich gleichgültig sein, für welche Form der Energieerzeugung sich die politische Klasse entscheidet. Die Unterschiede liegen in den Kosten und die zahlt der Verbraucher geduldig. Doch Gerd Jaeger geht davon aus, daß er mit regenerativen Energien den Strombedarf - von den Kosten abgesehen - nicht wird decken können. Daher solle man sich endlich von den Märchen der Ideologen über die sogenannten erneuerbaren Energiequellen trennen. Auch die Vorstellung, daß jeder - wie der Ideologe Jeremy Rifkin meint - sein eigenes Kraftwerk im Keller betreibt, hält Jaeger für eine "extrem gefährliche Entwicklung" mit "verheerenden Auswirkungen auf die Volkswirtschaften und speziell für die Arbeitplätze". (während Schwarz-Rot-Grün meint, damit könne man das Geldausgeben und damit die Wirtschaft antreiben, eine Welle Brennstoffzellen nach der DVD-Welle) "Weiterentwickelte Atomkraftwerke" müssen zum "Energiemix" gehören. Die Versammlung sah es auch so und verabschiedete eine Kopenhagener Erklärung. Diese verlangt eindeutige EU Vorgaben zur Energiepolitik verbindliche Entscheidungsgrundlage für Investoren in teure Neubauten zu künftigen Energieversorgung in Europa.

      Die Kraftwerkbauer glauben, wie andere auch, Energiepolitik diene dem Ziel, die Energieversorgung der Menschen langfristig sicherzustellen. Dem ist aber offensichtlich nicht so. Aber Kraftwerkbauer haben auch eigene Interessen, sie wollen in erster Linie am Kraftwerksbau verdienen, also zählen ihre Argumente nicht - ist eines der Standard Argumente der Rot-Grünen.

      "Energiepolitik muß heute als Auftrag verstanden werden, Risiken zu senken" leitet der MEP der SPD Rolf Linkohr (einer der wenigen überlebenden Kernkraftbefürworter in der Partei) das Standardwerk "Energiepolitik" (Springerverlag 1997) ein. Als Risiken zählt er dann die wildesten Szenarien der Klimakatastrophe (halt auch nur ein Zeitgeist-Nachbeter) auf, gegen die es Vorsorge zu treffen gelte. Die Rechtfertigung solcher Angstmache hatte ursprünglich eine theoretische Eigenschaft des CO2 Moleküls zu liefern. Von der Pflanzennahrung CO2, die neben flüssigem Wasser eine der beiden Grundvoraussetzungen für Leben auf diesem Planeten ist, kommen rund 3 bis 4 Moleküle auf 10.000 Luftmoleküle. Jedes CO2-Molekül stößt zwischen der Absorption eines für sie typischen Lichtquantums und der Wiederabgabe genau des gleichen Energiequantums (so das Naturgesetzt) um die 100.000 Mal mit einem anderen Luftmolekül zusammen, was den Energiehaushalt des CO2-Moleküls kräftig durcheinanderwirbelt. Doch wer kann schon in einzelne Moleküle hineinschauen? Und gerade das macht CO2 für die Energiepolitik so wertvoll.

      Die Verteufelung von CO2 als Klimagift ist eine energiepolitische Maßnahme, um bestimmte gesellschaftspolitische und letztlich sogar weltanschauliche Ziele zu erreichen, die der unklar gebrauchte Begriff Umweltschutz nur notdürftig verdeckt. Das heißt, weil man CO2 zum Klimagift und Risikofaktor macht, braucht man über die eigentlich peinlichen Ziele, die man auf energiepolitischem Weg anstrebt, nicht zu sprechen. Energiepolitik ist vielschichtig und durchaus nicht so nüchtern und sachlich, wie man meinen sollte.

      Risiken zu vermeiden ist ein wertvolles Ziel, wenn solche Risiken wirklich gegeben sind und nicht zur Terrorisierung der Bevölkerung in politischer Absicht eigens erfunden wurden. Eines der größten Risiken, das der Weltbevölkerung trotz der enorm gestiegenen Verfügbarkeit über Produktivkräfte offensichtlich noch immer geblieben ist, ist die Versorgung mit den wichtigsten Lebensmitteln wie Nahrungsmitteln und sauberem Wasser. 55 Jahre UNO haben daran nichts geändert - es eher noch verschärft. Die Unterversorgung ist scheinbar sachlich eine Folge knapper Energie. Energie ist nicht nur im Weltall sondern auch auf unserem Planeten überreichlich vorhanden, ihre künstliche Verknappung ist Folge der Energiepolitik, die durch "Risiken" gerechtfertigt wird.

      Das Ziel Risikovermeidung offenbart eine negative Einstellung. Hinter ihr lugt unverkennbar die Angst vor Veränderung hervor. Welche Veränderung ängstigt? Etwa die Sorge, daß die Menschen von Sorgen und Nöten befreit zu frech oder gar zu mächtig werden? Auf Anhieb wirkt eine solche Unterstellung absurd, weil demokratische Politik ja gerade darauf abzielen will, das Leben der Menschen sicherer zu machen und das bedeutet, sie von Daseinsängsten, also materiellen Sorgen und Nöten zu befreien. Jedenfalls sagen uns das die Politiker. Doch sorglose Menschen werden leicht übermütig und Übermut maßt sich oft an, über den Bereich, für den man zuständig ist, hinaus in Führungsbereiche anderer einzugreifen. Kurz: Knappgehaltene Menschen lassen sich leichter regieren. Das mag einer der Gründe gewesen sein, weshalb Otto Normalverbraucher in der DDR fast mehr Zeit aufwenden mußte, um für sein Geld etwas Brauchbares zu bekommen, als zum Geldverdienen. (Auch Schnorren bindet Denkvermögen und hält es von riskanten Zielsetzungen ab. Das gilt übrigens genauso für die Schnäppchenjägerei). Aber das Knapphalten verlangt bei überschäumenden produktiven Möglichkeiten eine glaubhafte Begründung, und die liefert eine entsprechende Energiepolitik mit mehr oder weniger überzeugend vorgeschobenen Sachzwängen. Überlassen sie diese nur nicht den Experten!

      Energie steht den Menschen kostenlos zur Verfügung. Kosten entstehen dadurch, daß man sich erst Zugang zu den kostenlosen Energiequellen verschaffen, sie sich aneignen, für seine Nutzungszwecke umwandeln und verfügbar halten muß. Wie alles auf dieser Welt, ist auch die Energie in endlichen Mengen vorhanden. Doch sind die Mengen zum Teil so ungeheuerlich groß, daß von einigen Energiearten abgesehen - kein Ende abzusehen ist. Auf welche Energieart sollte Energiepolitik also abzielen? Offensichtlich auf diejenige, die am reichlichsten und zuverlässigsten Energie liefern. Wer macht sich schon auf einen Tagesmarsch an eine tröpfelnde Quelle im tiefen Wald, wenn er zu Hause den Wasserhahn aufdrehen kann? Fragen Sie das mal Trittihn und na ja...

      Seit Einsteins berühmter Formel E = mc² wissen wir, daß Energie nicht nur die Substanz des Lebens sondern allen Seienden ist. Masse läßt sich - theoretisch - in Energie und umgekehrt Energie in Masse umwandeln. Das heißt aber nicht, daß der Mensch das beim jetzigen Stand des Wissens und der Technik auch nach Belieben kann. Wir nutzen bisher vier vorgefundene Energieformen produktiv für unsere Zwecke: erstens Energie in Form von sich bewegender Materie, zum Beispiel Wasserkraft und Windenergie, zweitens in Form von Strahlung z.B. Sonnenenergie, drittens in Form von molekularen Bindungskräften und deren Freisetzung durch Oxidation (z.B. Verbrennung oder in einer Brennstoffzelle), das betrifft Wasserstoff, Kohlenstoff und andere chemische Verbindungen, und schließlich viertens in Form von nuklearen Bindungskräften, z.B. deren Freisetzung durch die Spaltung schwerer oder die Verschmelzung leichter Kerne.

      In anderen Ländern mag bei der Nutzung der Energie fallenden Wassers noch Spielraum sein, bei uns ist die Möglichkeit weitgehend genutzt. Und nicht nur in trockenen Jahren streiten sich Umweltschützer und Kraftwerksbetreiber darüber, ob mehr Wasser über die Turbine oder in den versiegenden Rinnsal, in dem allerlei Getier zu verenden droht, laufen soll. Windenergie scheint üppig vorhanden zu sein, nur fällt sie sehr unberechenbar an, was bei geringfügiger Nutzung nicht weiter ins Gewicht fällt. Solange wir auf eine gleichmäßige Energieversorgung angewiesen sind, bringt es wenig, den Strom aus dem gerade mal sich drehenden Windrad zu nehmen und dafür den Dampf des bereitgehaltenen Heizkraftwerks verpuffen zu lassen.

      Windenergie gilt als umweltfreundlich, aber auch das gilt nur, solange sie kaum genutzt wird. Geschieht es so, wie in Norddeutschland, dann verschandelt das nicht nur die Landschaft sondern gefährdet - im Unterschied zu CO2 nachweisbar - das Klima. Um aus Wind Energie zu gewinnen, muß man nämlich die Windgeschwindigkeit verlangsamen, und weil Luft eine geringe Masse hat, muß dazu viel Luft abgebremst werden. Wind hat aber die Aufgabe, die Feuchtigkeit vom Meer, wo sie aus Verdunstung entsteht, möglichst weit ins trockene Land zu wehen, damit dort etwas wachsen kann. In dem Maße, in dem er durch Windräder an der Küste abgebremst wird, wird er dieser Aufgabe schlechter gerecht. - Ach was, sagen die Grünen (und ihr Gefolge): Das bißchen Abbremsen! Ein ähnliches "bißchen" anderswo, läßt sie den kommenden Weltuntergang fürchten?

      Über Sonnenstrahlung braucht man nicht zu reden. Zum Wasserwärmen reicht es gerade mal. Damit elektrischen Strom zu erzeugen versucht nur einer, dem der Wohlstand aus den Ohren quillt. Erst im Weltall ist Photovoltaik sinnvoll, und dafür wurde sie ja auch entwickelt. Dann sind da noch die bekannten Brennstoffe: Holz so schnell es nachwächst und die Abgase sich von den bösen Beimengungen reinigen lassen; Kohle, so weit man in der Erdkruste an sie herankommt und sich die feinen Stäube herausfiltern lassen; Öl und Gas mit deutlichen Vorteilen, aber im Grunde zu Schade, um sie zu verbrennen. Früher sagte man uns, diese Energieträger seien knapp und versiegten bald (nach Meinung der "Experten" vom Club of Rome wären sie das bereits). Als man immer neue Lagerstätten entdeckte und die Vorräte trotz des Verbrauchs weiter zunahmen, schwenkte man um. Nun war die Aufnahmefähigkeit der Atmosphäre für ihr Abgas CO2 begrenzt - und schon war die Klimakatastrophe wider besseren Wissens geboren und dröhnt seitdem aus allen Fernseh- und Rundfunkröhren. Sie erinnern sich, die fürchterlichsten Gottheiten der Vergangenheit waren Wettergötter, Thor z.B. Zeus, Jupiter und viele andere.

      Bleibt die Kernenergie. Ihre Fülle ist schier unermeßlich. Auch sie hat einen Haken, für Interessierte ein Vorteil. Um sie zu gewinnen, braucht man riesige und teure Anlagen. Ohne Bankkredit ist da nichts zu machen. Dafür fließt aus ihnen der Strom aber auch dicht und üppig. Also läßt sich diese Energiequelle über den Kredithahn leicht regeln und damit das Angebot und damit die Preise und damit die... Die Angst vor ihrem bißchen macht, daß die Leute sogar freiwillig auf Energie verzichten wollen und damit auf eine angemessene Versorgung und damit brav bleiben. Aber die Gefährdung ist "kein bißchen", sie ist gewaltig - sagen Ihnen die Banken, ihre Medien und deren Schwarz-Rot-Grüne - und Sie glauben das bei so geballter Anerkanntheit.

      So hält man Leute knapp und bei der Stange, solange die Menschen mitspielen. Habt Angst, bleibt Ahnungslos und bedient euch unserer Experten, Priester, Haudegen etc., das sagten die Gebieter aller Zeiten und hatten ihren Untertanen immer auch etwas zu bieten, was zu glauben war. Noch Fragen?

      Vielleicht finden Sie Antworten auf Ihre Kernenergiebesorgnis in: "Ehrlich Streiten über Kernenergie!" von Dr. H. Böttiger, DIN A 4 Broschüre, 42 Seiten, 7 € plus Porto zu bestellen hier über boettiger@solidaritaet.com.
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      schrieb am 29.09.03 14:39:09
      Beitrag Nr. 316 ()
      @h-s

      Ich wüsste nicht , wo ich die SPD oder Gewerkschaftsfunktionäre gelobt hätte. Lese die Texte lieber von vorne durch , dann weiß du was Sache ist.
      Die SPD steht doch für SOZIALE (PROGRAMM) PARTEI der (FÜR)DEMONTAGE oder etwa doch nicht?:D ;)
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 15:00:11
      Beitrag Nr. 317 ()
      Die Baisse dauert an!

      In den Aktienmärkten hat sich der errechnete Terminus nach dem mathematischen Naturgesetz bestätigt. Mittlerweile werden die Aussagen der Akteure pessimistischer.

      Ein großer Teil sieht jedoch im 4. Quartal weiteres Aufwärtspotenzial.(?!) Die eingeleitete Trendwende wird sich allerdings nach Süden fortsetzen. Der Verbrauchervertrauens-Index der Uni Michigan hat weiter nachgegeben. Am Montag monitoren wir den 199ten Tag nach dem 12. März 2003 (1,618^11). Es ist angebracht, den "Schleudersitz" zu überprüfen.

      Comstock macht darauf aufmerksam, dass die Immobilienblase der Auslöser für den ökonomischen Kollaps sein wird. Siehe "Special Report".

      Verbrauchervertrauen und Arbeitsmarkt geben noch keine Signale für einen Auftrend. Alles nur Hoffnung und keine Realität. Der Aufschwung wird nur herbeigeredet.

      Wie Bill Bonner von Daily Reckoning so schön sagt: Es gibt 3 Arten von Geld an der Wall Street. Es gibt das "smarte Geld", es gibt das "dumme Geld"...und da ist das Geld, derart gehirngeschädigt, dass es praktisch um "Euthanasie" bittet. Während die Smart Investoren den Markt verlassen, kauft das "dumme Geld".... und die Preise steigen. Aber es ist bereits der "Deckel drauf", wie man an der untenstehenden Berechnung sehen kann. Da das "dumme Geld" nicht rechnen kann, versucht es den Markt weiter nach oben zu treiben. Der Tag der Erleuchtung ist nicht fern. Der parabolische Verlauf des Kurses seit dem 12.3.2003 deutet unweigerlich auf den bevorstehenden Absturz hin. Die U.S. Arbeitsmarktdaten für August lagen bei 6,1% (6,2% Vormonat)

      Greenspan gibt vor, die Wirtschaft hat die Kurve gekriegt. Wenn so, dann ist dies die seltsamste Belebung in der Geschichte:

      Investoren verloren 2,4 Billionen in 2002. Entmutigt werden sie beginnen mehr zu sparen und weniger auszugeben.
      Firmen reportierten USD 197 Milliarden nach Steuern Gewinne in 2002, weniger als USD 205,3 Milliarden in 2001. Ohne Gewinne können Unternehmen nicht wachsen.
      Das Handelsdefizit nähert sich USD 500 Milliarden. Jeder Dollar, der nach Übersee geht, ist einer weniger für US Gewinne.
      Die Amerikaner halten USD 1,7 Billionen Schulden. Das ist mehr als USD 5934 pro Kopf und steigt täglich an. Jeder Cent muss zurückbezahlt werden.
      Die Wahrheit ist, dass nur Regierungs- und Verbraucherausgaben die Wirtschaft noch am Laufen erhalten. Der einzige Weg, um das zu erreichen, liegt im Aufblähen, mehr Geld zu drucken. Je mehr Dollar es gibt, umso wertloser wird das Geld. Es dauert nicht mehr lange, dann ist es wertlos.
      Ein steiler Abtrend führt den Aktienmarkt in neue Tiefen. Die von den meisten Analysten angesagte weitere Erholung im Aktienmarkt und der Konjunktur findet natürlich nicht statt. Es gibt ein jähes Erwachen. Wir bleiben bei der "Sell" Empfehlung.

      Die Konjunktur hier und über den großen Teich lahmt und die Arbeitslosigkeit steigt an. Insolvenzen wird es in steigender Rekordzahl geben. Ab Ende Juli wird der Markt Abschläge bescheren. Nach dem Verlassen des Trend-Kanals können wir mit einem beschleunigten Abtrend rechnen. Bei einem KGV von 29 im SPX ist der Markt immer noch extrem überbewertet. Ein neuer Bullmarkt startet keinesfalls bei diesem Niveau. Wenn das KGV 60% niedriger liegt, kann man wieder bullish sein.

      Ein TSUNAMI ist wieder im Anrollen mit verheerenden Folgen! Koinzidierend ist der 5 Jahreszyklus seit 1998. Damals hatten wir die Asienkrise. Es ist höchste Aufmerksamkeit angesagt, denn ein Kollaps kann sehr sehr schnell stattfinden. Die Navigation läuft nach Elliott in eine große Welle 3. Dreier Wellen sind verheerend in einem Bärenmarkt. In einem Bullenmarkt generieren sie gute Gewinne. Dreier Wellen sind meist ausgedehnt. Nach der Sinuskurve des Dow werden wir ein signifikantes Tief am 29. September 2003 (Montag) haben. Am 27. September 2003 (Samstag) erreichen wir 199 Tage seit dem 12. März 2003 (1,618^11).

      Wir können uns auf eine "Wildwasserfahrt" gefasst machen..........

      http://www.evotrade.de/Tag_im_Markt/tag_im_markt.html
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 15:13:23
      Beitrag Nr. 318 ()
      Bleib auf dem Perserteppich!

      Michaela Simon 27.09.2003
      Wer reich ist, darf dumm sein; wer arm ist, muss dagegen klug sein


      Das Leben ist kein Wunschkonzert, das Leben der Wissenschafts-Afficionados ist eher ein Konzert von Studien, alle mehr oder weniger misstönend, manche eingängig, andere schrill; viele passen nicht zusammen, so dass von einem harmonischen Gesamtkunstwerk nicht die Rede sein kann. Aber sie dudeln unbeirrt vor sich hin und jeden Moment kommt eine neue Meldung oder Melodie, ganz nach dem Motto, "was interessiert mich der Scheiß, den andere gestern gespielt haben".






      Eine neue Stimme im Konzert, das Instrument: der Dudelsack vielleicht, denn die Virtuosen sind aus Schottland. Die Partitur steht in der Septemberausgabe der Zeitschrift Psychosomatic Medicine. Wir hören:



      --------------------------------------------------------------------------------

      Die starke Wechselwirkung von IQ und Entbehrung lässt darauf schließen, dass für die Sterblichkeit von Menschen, die als Erwachsene in einer privilegierten Gegend leben, die Intelligenz, welche sie als Kind hatten, eine weniger große Rolle spielt als für jene, die ihr Leben in einem entbehrungsreichen Umfeld verbringen
      Carole L. Hart





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      Zu deutsch: Menschen mit einem hohen Intelligenzkoeffizienten haben in Armutsvierteln eine höhere Lebenserwartung als Menschen mit einem niedrigen IQ. In den Reichenvierteln wirkt sich die Intelligenz nicht auf die Lebenserwartung aus. - Im Dschungel musst du schlau sein, wenn du lange leben willst, auf dem Perserteppich schaffen es auch die Dümmsten.

      Die Studie orientiert sich an Intelligenztests, die 1932 mit 87,498 schottischen Schulkindern gemacht wurden. Etwa 1000 von ihnen wurden dann über einen Zeitraum von 70 Jahren beobachtet. Dabei half die Überschneidung mit einer Midspan-Studie aus den 1960er und 1970er Jahren, die Daten bezüglich Adresse, Alter, Beruf und Gesundheit von 24 000 Menschen in den mittleren Jahren gesammelt hatte. Nun wurden über Jahre Krankheitsfälle und Krankenhausaufenthalte registriert. Nach 25 Jahren waren 51 Prozent der Männer und 38 Prozent der Frauen gestorben. Jeweils 15 Prozent weniger (in der Kindheit getestete) Intelligenz erhöhte laut Auswertung die Wahrscheinlichkeit des Todes um 17 Prozent. Bei Feinabstimmung und Gegencheck mit den sozioökonomischen Lebensbedingungen ergab sich dann der Zusammenhang dieses Ergebnisses mit den Lebensverhältnissen.

      Dem Reich der Interpretationen sind, wie so oft, keine Grenzen gesteckt: Ein niedriger Intelligenzquotient könnte zu einem unterprivilegierten Leben führen und das wiederum zu einem frühen Tod. Es könnten auch unterprivilegierte Lebensumstände zu einem niedrigen IQ als Kind führen und das wiederum zu einem frühen Tod. Umgekehrt könnte das heißen: Kluge stopfen sich nicht mit billigen Fritten voll und joggen auch mal durchs (Armuts)-Viertel. Es ist beruhigend, dass es in unserer Gesellschaft immer mehr Reiche gibt, die nicht besonders schlau sind (vgl. Effenbergs Lieblingslektüre: Hitlers Tagebuch) - denn sollen nicht gerechtigkeitshalber die Dummen reich sein, wenn die Klugen ja auch ohne Geld lange leben können?

      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/lis/15723/1.html
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 16:10:30
      Beitrag Nr. 319 ()
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 17:15:24
      Beitrag Nr. 320 ()
      Quelle:
      Der Derivatertrader

      In Deutschland schrumpft die reale Wirtschaft. Das Bruttoinlandsprodukt ist nicht nur im ersten, sondern auch im zweiten Quartal gefallen. Das heißt: Deutschland steckt in einer Rezession.

      4.314.200 Arbeitslose wurden im August gemeldet, ein Anstieg von 296.000 gegenüber dem Vorjahr. Im Winter rechnet die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit mit über 5 Millionen Arbeitslosen.

      Die öffentlichen Haushalte kollabieren unter der Last steigender Sozialabgaben.

      Die Zahl privater und Unternehmensinsolvenzen erreicht traurige Rekordhöhe. Nahezu alle DAX-Unternehmen haben in den letzten Jahren weit über ihre Verhältnisse gewirtschaftet und einen Schuldenberg von rund 1.500 Milliarden Euro aufgetürmt. Eine einzige Pleite eines großen Konzerns oder einer Bank würde eine verheerende Kettenreaktion auslösen.

      In den USA sieht die Lage noch schlimmer aus: Das Haushaltsdefizit soll sich 2003, wie das Weiße Haus jüngst einräumte, allein auf Bundesebene auf knapp 700 Milliarden $ ausweiten. Experten gehen davon aus, dass die Staatsverschuldung in den nächsten zehn Jahren um weitere 5,8 Billionen US-Dollar steigen wird. In den letzten drei Jahren gingen in den USA mehr als 2,7 Millionen Arbeitsplätze verloren, Einkommen und Stundenlöhne sinken beharrlich.

      Der US-Konsument ist so hoch verschuldet wie nie. Die Verschuldung aller amerikanischen Haushalte liegt bei 7,7 Billionen US-Dollar, das sind 74.047 US-Dollar pro Haushalt. Das Durchschnittseinkommen liegt allerdings nur bei rund 42.000 US-Dollar ... Das Platzen der Kredit-Blase ist zum Greifen nahe.

      Auch der Immobilienmarkt steht kurz vor dem Zusammenbruch, allein das Platzen dieser Blase würde nach Expertenmeinung mindestens eine Halbierung des Dow Jones bedeuten.

      Diese Liste ließe sich beliebig fortführen. Tatsache ist: Wir steuern unaufhaltsam und direkt auf den nächsten großen Börsencrash zu. Und bei den augenblicklichen Kurserholungen handelt es sich keineswegs um realwirtschaftliche Aufhellungen, sondern vielmehr um massive, letztendlich erfolglose Sanierungsbemühungen von Notenbanken und Regierungen
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 19:11:10
      Beitrag Nr. 321 ()
      China – Macht der Zukunft

      von Michael Vaupel

      Schauen Sie einmal über den Tellerrand hinaus – d.h., achten Sie nicht nur immer auf DAX, MDAX, Dow Jones und Nasdaq, sondern auch einmal auf die Märkte, mit denen sich die wenigsten Kleinanleger befassen. Heute rede ich konkret von China.

      Da ich in den letzten Wochen einige Empfehlungen zum chinesischen Aktienmarkt verfasst habe, habe ich mich intensiv mit dem Thema "China" befasst. Während die Welt auf den Irak und die Wirtschaftsentwicklung in den USA und Europa schaut, geht China fast unbemerkt seinen Weg nach oben. Mit beeindruckendem Tempo. Die Zahlen haben mich so fasziniert, dass ich sie Ihnen nicht vorenthalten möchte.

      Denn China ist SEIT ÜBER EINEM JAHRZEHNT die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft Asiens (wenn nicht der Welt). Während sonst das Wirtschaftswachstum weltweit von der Entwicklung des "Wachstumsmotors" USA abhängt, wächst China unabhängig von den Amerikanern. Und zwar beeindruckend, mit derzeit rund 7 % pro Jahr. Natürlich ist ein Grund dafür, dass das Niveau noch relativ niedrig ist – und hohe Wachstumsraten erreicht man naturgemäß einfacher bei niedrigem Niveau. Denken Sie nur an die Wirtschaftsentwicklung Westdeutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg. Da waren ähnlich hohe Wachstumsraten zu verzeichnen wie heute in China.

      Deshalb bin ich mir sicher: Das 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert von China. Was nicht heißt, dass China innerhalb der nächsten 10 Jahre die USA als politische Führungsmacht der Welt ablösen wird. China wird mit seiner Wirtschaft punkten. Und es kann auch noch 20 Jahre dauern, bis die USA auf diesem Gebiet überholt worden sind. Aber die Entwicklung ist unaufhaltsam. Es ist ein langfristiger Trend, keine temporäre Entwicklung. In solchen Fällen spreche ich von einem "Megatrend". Und es gefällt mir, auf Megatrends zu setzen. Mittlerweile gibt es für fast alle Megatrends – meiner Meinung nach u.a. "fallender Dollar", "steigender Goldpreis", "anziehende Rohstoffpreise" – geeignete Zertifikate, mit denen man leicht von diesen Trends profitieren kann. Doch zurück zu China, mit einigen Zahlen:

      Gemessen an der Produktion steht China auf Platz 4 der Welt – nach den USA, Deutschland und Japan. Mein Kollege James Boxley Cooke hat mir folgende Fakten genannt:

      Chinas Anteil an der Weltproduktion von

      - Kameras liegt bei über 50 %, bei Fernsehern sind es über 35 %, bei Klimaanlagen sind es über 30 %, und 25 % der weltweit verkauften Waschmaschinen werden in China produziert, – außerdem mehr als 22 % der weltweit verkauften Kühlschränke.

      Die Vorstände der großen multinationalen Konzerne haben die Zeichen der Zeit erkannt und in den letzten zwei Jahrzehnten mehr als 600 Milliarden Dollar (!) in China investiert. Die Kleinanleger hingegen schlafen noch bis auf den heutigen Tag.

      Dabei zeigt Volkswagen, wie wichtig China ist – mittlerweile ist Volkswagen der größte ausländische Autohersteller in China, und das Reich der Mitte ist für die Wolfsburger mittlerweile genauso wichtig wie der nordamerikanische Markt (bald wird China der wichtigere Markt sein). Der Einzelhandelsriese Wal-Mart teilt mit, dass jedes Jahr in China hergestellte Güter für 10 Milliarden Dollar verkauft werden.

      Wie kann man als Kleinanleger davon profitieren? Einzelne chinesische Aktien zu kaufen, bietet natürlich die höchsten Chancen – aber auch die höchsten Risiken. Ich empfehle, langfristiger zu denken. Auf mindestens 5 bis 10 Jahre. Und am besten einen Sparplan auf einen chinesischen Aktienindex oder auf einen guten Aktienfonds mit chinesischen Titeln abzuschließen. Monat für Monat einen fixen Betrag von mindestens 50 Euro vom Konto abbuchen lassen, die dann automatisch dort investiert werden. Fertig. Also ein bisschen Kostolany spielen (kaufen und liegenlassen). Wenn man das noch irgendwo kann, dann bei China-Investments.

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      Euro: Kurze Korrektur

      von Michael Vaupel

      Der Euro wird weiter steigen – davon bin ich fest überzeugt. Die USA importieren schließlich pro Tag für 1,5 Milliarden (!) Dollar mehr, als sie exportieren. Gleichzeitig wächst die Staatsverschuldung derzeit im gleichen Tempo – da sieht es in Deutschland im Vergleich sogar noch richtig gut aus. Kurzfristig könnte der Euro jetzt aber auf 1,1407 zurückkommen – an dieser Marke verläuft eine wichtige Unterstützung. Der Grund: Der Euro hat es nicht ganz geschafft, in seinen alten Aufwärtstrend zurückzukommen. Deshalb schwächelt er jetzt etwas, bevor ein weiterer Anlauf genommen wird. Die Chancen stehen gut, dass er im Bereich 1,1410 sollte er wieder gen Norden drehen wird.

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      US-Anleihen kein gutes Investment

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      In den USA sind die Hypothekenzinsen unter 6 % gefallen.

      Die Hausverkäufe haben im August mal wieder fast einen neuen Rekordwert erreicht. Die wöchentliche Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe fiel unter die Marke von 400.000, aber Zyniker betonten, dass viele Regierungsbüros geschlossen wurden, dank Hurrikan Isabel. Wie können sich so viele Leute in den USA neue Häuser leisten? Sie sind doch schon so stark verschuldet. Ihre Einkommen steigen kaum. Sie verlieren ihre Jobs. Woher kommt das Geld?

      Hinter jedem neuen Haus steht eine Kreditlinie, die sich von der kalifornischen Küste bis nach Japan und China zieht. Diese wunderbaren Menschen in Asien leihen das Geld ... und sie wollen kaum etwas dafür haben – die Zinsen sind so niedrig, dass man denken könnte, man befände sich in den 1950er Jahren.

      Wieder einmal danken die Amerikaner der Freundlichkeit von Ausländern. Warum tun sie das? Weil sie so nett sind? Weil sie klug sind? Weil sie dumm sind? Sie haben Vertrauen in den Dollar ... die US-Wirtschaft ... und den amerikanischen Traum. Sie wollen auch den Dollar so niedrig halten, damit sie mehr Waren verkaufen können und Jobs für ihre Leute haben.

      Aber der jüngste Kursrutsch beim Dollar könnte dazu führen, dass viele Asiaten darüber nachzudenken beginnen, ob sie vielleicht weniger klug und etwas dümmer gewesen sind, als sie dachten:

      "Die offensichtliche Bereitwilligkeit der asiatischen Länder, Jobs gegen ein schlechtes Investment einzutauschen, führt zu einer wichtigeren Frage", schreibt Bill Gross, der Fondsmanager des größten Rentenfonds der Welt.

      "Wenn Asien sein Wachstum dadurch unterstützt, dass es US-Staatsanleihen zu höchsten Preisen kauft, was ist dann mit dem Rest von uns? Welche Vorteile erhalten wir, wenn wir so überteuerte Dollar-Anleihen kaufen? Ganz bestimmt bekommen PIMCO (sein Rentenfonds) und die anderen denselben Zinssatz und (ohne die Zauberei des Risikomanagements) erhalten wir auch die gleichen Renditen wie die asiatischen Investoren. Wir machen deshalb ( ...) ein schlechtes Geschäft."

      "Wir haben nichts für unseren Investment-Erfolg als zu niedrig verzinsliche Anleihen, die in einer Währung notiert werden, die überbewertet ist ...", so Gross weiter. "Aber was für ein Geschrei wird es geben, wenn es sich als wahr herausstellt, oder was wäre, wenn sich die PIMCOs der Welt eines Besseren besinnen würden, als die chinesische Wirtschaft zu stützen durch den Besitz von überbewerteten US-Staatsanleihen? Und falls ich zu apoplektisch (wie jemand, der zu Schlaganfällen neigt) klinge – der Name der nächsten Runde muss nicht Weltuntergang heißen. Wahrscheinlicher wäre es, dass die Asiaten und die Amerikaner weniger US-Staatsanleihen kaufen werden, eine Diversifikation hin in die Eurobonds, hin zu einem stärkeren Yen und zu einem stärkeren Yuan in den nächsten paar Jahren, teurere US-Importe nach einer gewissen Zeitverzögerung, ein Rückgang der Kaufkraft der US-Konsumenten, graduell steigende mittlere und langfristige Zinsen, ein schrumpfender US-Immobilienmarkt und ja, ein harter Schlag für die amerikanische auf Finanzen basierende Volkswirtschaft."

      "Ich wiederhole", wiederholt Gross", Aktien, Anleihen die Währung einer Schuldnernation, die sich gerade in einer Ankurbelungsphase befindet, sind keine attraktiven Investments."

      Sie mögen nicht attraktiv sein ... aber die Leute scheinen sie dennoch zu wollen – zumindest derzeit. Aber die US-Anleihenbesitzer in China, Japan und überall ... könnte ihre Meinung ändern.

      Oder, Addison?

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      Die Ansichten des Ökonoms de Soto

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Paris

      "Die Stunde des größten Triumphes des Kapitalismus", schrieb der die Zukunft kennende Ökonom Hernando de Soto im Jahr 2000, "ist die Stunde seiner Krise."

      Ich hatte die Ehre, den Overhead-Projektor von de Soto bedienen zu dürfen, bei einem kleinen Vortrag, den er letzte Woche hier in Paris gab. Es war nicht geplant, dass ich ihm helfen sollte. Es kam einfach so, weil ich zu spät war und mich dann nur noch neben ihn an den Tisch setzen konnte. "Désolé", das ist die kürzere Version von dem, was ich sagte; denn der Peruaner de Soto hielt seinen Vortrag in Französisch. Als er meinen Kommentar hörte, ließ er ein Geräusch hören, das sich wie ein Grunzen anhörte, ... dann schüttelte er seinen Kopf, dann fuhr er mit seinem Vortrag fort. Der einzige Weg, mein Eindringen zu entschuldigen, war, dass ich seine Folien richtig hinlegte und die Maschine an- und ausmachte, wenn es notwendig war.

      De Soto verrichtet mit seinem Gehirn und seiner Stimme die Arbeit, von der die Neo-Konservativen in den USA denken, dass sie mit ihren Waffen erledigt wird. "In den letzten 5 Jahren", erklärt er in seinem Buch `The Mystery of Capital`, das er bei seinem Vortrag feilbot, "haben ich und ein paar Hundert Kollegen aus sechs verschiedenen Nationen unsere Bücher geschlossen und unsere Augen geöffnet – und wir sind in die Straßen und aufs Land unserer vier Kontinente gegangen, um zu sehen, wieviel die ärmsten Sektoren unserer Gesellschaft gespart haben. Die Quantität ist enorm." Aber statt mit einer 87 Milliarden Dollar schweren Armee eine Invasion zu starten, gingen de Soto und sein Team mit Rucksäcken und Notebooks los, um mit den Leuten zu reden.

      Was er herausfand, ist verblüffend. Bei dem Versuch, diese Frage zu beantworten: "Warum blüht der Kapitalismus nur im Westen?", entdeckten er und seine Wissenschaftler, dieses: "Selbst in den ärmsten Ländern sparen die Armen Geld. In Haiti, der ärmsten Nation in Lateinamerika, haben die Armen mehr als 150 Mal soviel gespart wie die Summe aller Auslandsinvestitionen, die Haiti seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1804 erhalten hat. Wenn die USA ihre Entwicklungshilfe auf das Niveau erhöhen würden, das die Vereinten Nationen vorschlagen –0,7 % des Bruttoinlandsproduktes –, dann würde das reichste Land der Erde mehr als 150 Jahre brauchen, um den Armen der Welt die Ressourcen zu transferieren, die sie bereits besitzen."

      Aber wenn die Armen angeblich so reich sind ... was ist das Problem? Das meiste des Kapitals, das sie besitzen, ist laut de Soto "totes Kapital". Regulierungen der Regierungen und unklare Eigentumsrechte halten den größten Teil der "Ersparnisse" der Welt in illiquiden Positionen. Nur ein Beispiel: "Wenn jemand in den Philippinen LEGAL seine Hütte zu einem Haus ausbauen will, dann würde das 168 Schritte erfordern, darunter 53 Schritte mit öffentlichen und privaten Agenturen, und es würde 13–25 Jahre bis zur Fertigstellung brauchen." De Soto entdeckte eine vergleichbar schlechte Bürokratie in Haiti, Ägypten, Peru, Venezuela ... und so weiter. Die Armen werden arm gehalten, weil sie das Kapital, das sie bereits besitzen, nicht sinnvoll einsetzen können ...


      "Der Fall der Berliner Mauer", so beobachtet de Soto, "beendete ( ...) den politischen Wettbewerb zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Der Kapitalismus steht jetzt als der einzig mögliche Weg da, um eine moderne Volkswirtschaft rationell zu organisieren." Dennoch haben die Versuche von Russland, Venezuela, Malaysia und anderen, den "Kapitalismus" zu implementieren, in der letzten Dekade zu "wirtschaftlichem Leiden, einbrechenden Einkommen, Angst und Widerwillen (geführt); oder zu `Hunger, Unruhen und Plünderungen`, um mit den Worten des malaysischen Premierministers Mahathir Mohamad zu sprechen."

      Die amerikanische und europäische Antwort auf "Hunger, Unruhen und Plünderungen" war – vor der Invasion des Irak – der Vorschlag, dass die Länder der Dritten Welt "ihre Volkswirtschaften stabilisieren sollten, hart bleiben sollten, die Hungerunruhen ignorieren und geduldig darauf warten sollten, dass die ausländischen Investoren zurückkehren." Jetzt haben sie zu dieser Liste "Regimewechsel" hinzugefügt, und "nation building". Und "deficit spending", also Staatsausgaben auf Pump, in historischen Dimensionen.

      "Wird das Auftürmen von Schulden die Erholung sabotieren`?" fragt eine Zeitung hier in Paris. Oh là là ... wenn das stimmt, dann könnten wir ernsthaften Ärger bekommen. Dan Denning berechnet, dass ein Anstieg der Zinssätze um einen Prozentpunkt den Betrag, den die US-Regierung den Anleihenbesitzern zahlen muss, fast verdoppeln würde (Sie finden mehr von Dan Denning im nächsten Artikel ...).

      "Der Triumph des Kapitalismus nur im Westen" so de Soto vor drei Jahren, "könnte ein Rezept für ein wirtschaftliches und politisches Desaster sein." Letzten Monat gab der Fondsmanager Bill Gross seine Meinung dazu ab, wie so ein Desaster aussehen könnte; er nannte es "Hegemonialen Niedergang". "Der Crash des Dollar könnte die US-Wirtschaft ruinieren", ist eine Schlagzeile der Detroit Free Press vom letzten Freitag. "Ein Rückgang des Dollar", so der Artikel, "hat diese Woche die Aktien- und Anleihenmärkte in Schrecken versetzt, eine Erinnerung an die elenden Risiken, die ein Crash des Dollar für die amerikanische und weltweite Wirtschaft bedeutet."

      Das Gold hingegen stieg letzte Woche auf ein frisches 7-Jahres-Hoch ...

      -------------------------------------------

      Vor 11 Jahren: George Soros verdient an einem Tag eine Milliarde Dollar

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      *** Oh nein! Der Goldpreis ist letzte Woche über 390 Dollar pro Feinunze gestiegen. Es sah so aus, als ob der Kurs auf 400 Dollar zulaufen würde, bevor er dann drehte und später sogar wieder viel. Aber der Preis bleibt im Bereich der oberen 380er. Werde ich jemals mein Kaufziel von 350 Dollar pro Feinunze wieder sehen? Vielleicht, liebe(r) Leser(in), ... vielleicht ...

      *** Der Jeanshersteller Levi Strauss hat seine verbliebenen amerikanischen Fabriken geschlossen. Und auch "Indian Motorcycle" hat seine Fabriken geschlossen, nach einer Kampagne, die Marke neu zu etablieren. Sie werden es wahrscheinlich nicht wissen – aber in den USA gab es eine Zeit, in der Indian Motorcycles eine Marke mit Topp-Verkäufen war, und die Leute fuhren diese Motorräder mit Jeanshosen von Levis, hergestellt in Amerika. Tja: Sic transit gloria mundus.

      *** Mein Kollege Dan Denning hat mir aus seinem Büro in Paris folgende Nachricht gesendet:

      "Wer sagte: `Es kann kein anderes Kriterium, keinen anderen Standard als das Gold geben. Ja, Gold, das sich niemals ändert, das in Barren und Münzen geformt werden kann, das keine Nationalität hat und das ewig und universell akzeptiert ist, das unveränderliche, vertrauenswürdige Wertaufbewahrungsmittel par excellence`?"

      "Alan Greenspan? Nein. Es war Charles de Gaulle."

      "1968 wusste de Gaulle, dass der Dollarstandard die amerikanischen Konsumenten begünstigte. Er sagte, dass der Status des Dollar als die Reservewährung der Welt ein `exorbitantes Privileg` für die amerikanische Wirtschaft sei."

      "Er nahm die amerikanische Regierung beim Wort und begann, die Papierwährung Dollar gegen Gold aus Fort Knox einzutauschen. Als de Gaulle das 1968 tat, verursachte er einen kleinen Run aufs amerikanische Gold, der Nixon dazu zwang, drei Jahre später das Goldfenster zu schließen. De Gaulle führte den Goldstandard nicht wieder ein. Indem er das Ende des Abkommens von Bretton Woods beschleunigte, half er sogar mit, die Ära der Papierwährung, die durch gar nichts gedeckt ist, hervorzubringen: Den Dollarstandard, den wir heute haben."

      "Aber er zeigte, dass es nur eine minimale Änderung braucht, um den Fall eines Währungsregimes beginnen zu lassen. Alles, was man braucht, ist ein prominenter Verkäufer, der den großen Bluff der scheinbaren wirtschaftlichen Stärke, die die Papierwährung stützt, aufdeckt. De Gaulle hat den amerikanischen Bluff aufgedeckt, was die USA dazu zwang, ihr Versprechen, den Dollar gegen Gold einzutauschen, aufzugeben. Nixon wusste, dass reales Gold erheblich mehr wert war als amerikanisches Papier, also hörte er mit der ganzen Scharade auf."

      "Jetzt in die Gegenwart, zum Dollarstandard. Was ist das Rückgrat des Dollarstandards ...? Es ist das unerschütterliche Vertrauen, das die Investoren der Welt (besonders der Chinesen und der Japaner) in die US-Anleihen haben. Die Administration denkt offensichtlich, dass sie eine `geordnete` Abwertung des Dollar durchführen kann, ohne damit die ausländischen Anleihenbesitzer zu veranlassen, ihre US-Anleihen zu verkaufen."

      "Devisenmärkte tun selten etwas in geordneter Weise, besonders nicht an den Extrempunkten, wenn ein Währungsregime endet und ein anderes beginnt. Fragen Sie nur John Major und die Bank of England, was passiert, wenn man eine Währung von den Marktkräften abschotten will!"

      "Vor fast genau den Tag 11 Jahren (am 22. September 1992) versuchte die Bank of England, das britische Pfund ordentlich ins europäische Wechselkurssystem einzuführen. Aber George Soros wusste, dass das Pfund bereits überbewertet war. Der Markt weiß das immer schon. Soros dachte sich, `Warum warten?`"

      "Er verkaufte an den Terminmärkten das Pfund Sterling und erhöhte damit das Angebot an britischen Pfund. Mehr Angebot hat den Effekt, die Preise herunterzubringen. Die Bank of England konterte, indem sie die Zinsen erhöhte, um ihre Währung zu unterstützen. Sie ging davon aus, dass höhere Zinsen zu einer höheren Nachfrage nach Pfund führen würden, was das zusätzliche Angebot, das Soros verursacht hätte, ausgleichen würde."

      "Erinnern Sie sich, die Bank of England wusste, dass das Pfund zu stark war. Aber sie wollten einen ordnungsgemäßen Rückgang in Gang setzen. Radikale Anpassungen sind störend. Die Investoren verlieren das Vertrauen, wenn eine Währung zu schnell zu viel Wert verliert. Sie beginnen dann, auch andere Vermögensanlagen zu verkaufen, die in dieser Währung notiert werden. Ein Selloff bei einer Währung führt deshalb auch zu einem Selloff am Aktienmarkt. Und ein Selloff am Aktienmarkt führt zu Wahlniederlagen."

      "Soros verkaufte dennoch immer weiter das Pfund, und am Ende des Tages war die Bank of England gezwungen, die Zinserhöhung zu bedauern. Die Bank befand sich in der ungemütlichen Position, dass sie einräumen musste, dass ihre Währung nicht soviel wert sei, wie sie es vorher gesagt hatte. Und dass sie es sich nicht leisten konnte, diese Währung länger zu unterstützen. Aber sie war gezwungen, ihre Position aufzugeben, weil Soros soviel Geld auf die Gegenseite gesetzt hatte – also darauf, dass das Pfund überbewertet sei und korrigieren MÜSSE."

      "Soros verdiente an diesem einem Tag eine Milliarde Dollar."

      --

      http://www.investor-verlag.de/
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 19:48:35
      Beitrag Nr. 322 ()
      derStandard.at | Investor | Meinung
      29.09.2003 14:54

      USA in der Wachstumsfalle?
      Die Lokomotive hat Gegenverkehr: Der Dollar sinkt, der Ölpreis steigt

      - Ein Gastkommentar von Michael Margules - Foto

      Seit den Börseniden des heurigen März hatte anscheinend nichts die gute Laune der Anleger trüben können, und nun kam es in der abgelaufenen Woche zum ersten Mal zu einem kräftigen Kursrückschlag. Verantwortlich für den Kursrückgang waren nicht etwa negative Nachrichten von Unternehmen, sondern ein Cocktail aus enttäuschenden makroökonomischen Daten aus den USA, dem Wertverlust des Dollars und dem Erdölpreisanstieg.

      Experten interpretierten den Kursrückgang aber eher nicht als Trendwende, sondern als Atempause. Allerdings mehren sich die Stimmen, die nicht mehr so wie zu Anfang jahr vor einer Deflation, sondern einer Inflationierung des Wirtschaftsgeschehens warnen.

      Lokomotive USA mit Gegenverkehr

      Wie an den jüngsten Aktienmarkt-Entwicklungen abzulesen war, trauen Anleger trotz der einen oder anderen konjunkturellen Enttäuschung den USA unter den Industrieländern die rascheste wirtschaftliche Erholung zu. Diese potentielle Aufhellung am Konjunkturhimmel erhält von der sicherlich noch lange nicht abgeschlossenen latenten Dollarschwäche noch zusätzlichen Antrieb, die nach dem G-7-Gipfel in Dubai wieder virulent geworden war. Die Marktteilnehmer schlossen aus Äusserungen, die in Dubai unter anderem – nicht ganz überraschend und wohl auch nicht ganz zufällig – durch US-Finanzminister Show gefallen waren, dass die Amerikaner einen Wertverlust des Dollars begrüssen würden.

      Des einen Freud, des anderen Leid führt vor allem in Japan, aber auch Europa zu eher betrübten Konjunktur-Minen. Die kräftigeren Heimwährungen werden in Japan, derzeit von Finanzexperten als Nummer zwei in Sachen Wirtschaftserholung betrachtet, sowie im Schlusslicht Europa auf das ohnehin schwache Wachstum weiter drücken. Zudem belastet ein stärkerer Dollar tendenziell die Gewinnausweise derjenigen Unternehmen, die in einem Land mit starker Währung produzieren, ihre Produkte jedoch im Dollarraum absetzen. Hinzu kommt der Anstieg des Erdölpreises, nachdem die Opec eine wenngleich nicht wirklich markante Kürzung der Förderquoten beschlossen hatte.

      „Tausche“ Wachstum gegen Inflation ...

      Bis zuletzt erschien das Thema „Inflation“ bis auf weiteres abgehakt – und (noch) zeigen sich in den makroökonomischen Zahlen auch weiterhin keine Anzeichen für ein Anziehen der Teuerung –, und nur die Vermeidung „japanischer Zustände“, also deflationärer Entwicklungen, stand im Mittelpunkt notenbankerischer Sorgenfalten. Jedenfalls mehren sich an den Finanzmärkten jene Stimmen, die vor Inflationsgefahren warnen. Sie beziehen sich einerseits auf die schon länger bestehende Lockerheit, mit der die geldpolitischen Zügel derzeit gehalten werden - und zwar in allen Industrieländern.

      Besonders argwöhnisch betrachtet werden die USA, wo die Leitzinsen besonders tief sind, während gleichzeitig die Lebenszeichen von der Konjunkturfront im Vergleich mit den anderen Regionen am deutlichsten ausfallen.

      Anderseits scheinen die Verschuldungszahlen von Staat und Privathaushalten - wiederum vor allem jenseits des Atlantiks, aber auch mancherorts in Europa – offensichtlich schon jetzt den Politikern und im Falle der USA auch bei den Notenbankiers sehr wohl in der Versuchung zu münden, die makroökonomischen Ungleichgewichte mit Hilfe einer Inflationierung „abzubauen“.

      Die Märkte sprechen ihre eigen Sprache

      Die klarsten Anzeichen dafür, dass die Investoren mit steigenden Güterpreisen zu rechnen beginnen, treten aber an den Rohwarenmärkten auf: Die Preise für Basismetalle, Gold, aber auch viele der übrigen Grundstoffe haben erneut angezogen. Dementsprechend scheinen sich viele Investoren auf ein Umfeld mit hoher Teuerung einzurichten. Von den Anleihen mit ihren noch im vergangenen März rekordtiefen Renditen haben sich einige Anleger schon länger abgewendet. Für die Aktienmärkte bestehen mehrschichtige Szenarios:

      Unternehme(r)n sehen einer drohenden Teuerung eher gelassen entgegen, denn unter dem Motto „derfs a bisserl Inflation sein“ dürften damit allfällige Preiserhöhungen auf den Märkten weitaus leichter zu argumentieren und durchzusetzen sein als in den letzten drei, sicherlich aus Unternehmer sicht im grunde deflationären Jahren. Und dieses saloppe Motto könnte auch den Aktienmärkten durchaus zumindest kurzfristig schmecken.

      Fragt sich bloß, wie vor allem die angesprochene Konjunkturlokomotive USA mit der Dreiecksbeziehung „überdurchschnittliches Wachstum – schwacher Dollar – tiefe Zinsen“ vor dem Hintergrund der Finanzierungszwänge eines ernuet rekordhohen Budgetdefizits umzugehen weis. Von der (Finanz)Logik her würde dies alles nämlich nur eines bedeuten und unweigerlich nach sich ziehen: steigende Zinsen – und die werden von den Aktienbörsen in etwa so geliebt wie vom Teufel das Weihwasser!

      Nachlese
      http://derstandard.at/Text/?id=1434619&
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 20:22:16
      Beitrag Nr. 323 ()
      Nach dem Blackout in Italien

      Stromausfall könnte auch Deutschland treffen

      Großkonzerne und Regierung sehen die Versorgungssicherheit in Deutschland gewährleistet. Doch Fachleute sind skeptisch.

      Von Hans Willy Bein und Karl-Heinz Büschemann



      (SZ-Artikel vom 30.9.2003)— Die Lichter waren in Italien nach dem großen Stromausfall gerade wieder angegangen, da teilten die Experten der heimischen Energiewirtschaft schon mit, eine solche Katastrophe sei in Deutschland unmöglich. Ein Vertreter der Gruppe Vattenfall, zu dem die Stromversorger in Hamburg und Berlin gehören, will so etwas ganz „ausschließen.“ Die Forschung nach den Gründen der Katastrophe in Italien, die 57 Millionen Menschen stundenlang ohne Strom ließ, ist noch im Gang. Dennoch weiß auch die Bundesregierung bereits, dass die Panne „ein Sonderfall“ war.



      Deutschland keine "Insel der Glückseeligen"
      Doch es gibt erste Stimmen, die auch in Deutschland Gefahren für die Versorgungssicherheit sehen. „Wir sitzen nicht auf einer Insel der Glückseeligen“, sagt Joachim Vanzetta, Leiter der Systemführung beim Netzbetreiber RWE.Heiko Neus, vom Energiewirtschaftlichen Institut der Universität Köln kann „nicht völlig ausschließen“, dass es in Deutschland zu einem Totalausfall kommen könnte. „Es müssten dafür aber viele unwahrscheinliche Ereignisse zeitgleich passieren“, so der Kölner Experte.

      Zum nächsten Kollaps nach den Stromausfällen von Nordamerika oder London war es offenbar gekommen, nachdem im Schweizer Kanton Schwyz am Sonntagmorgen um drei Uhr ein Baum auf eine 380-Kilovolt-Leitung gefallen war. Als danach wegen Überlastung eine weitere Schweizer Durchgangsleitung ausfiel war die Versorgung Italiens mit dringend nötigem Importstrom aus Frankreich unterbrochen. Das italienische Netz brach zusammen. Im übrigen Europa mussten Kraftwerke eilig hinunterfahren, weil Frankreich plötzlich den überschüssigen Strom in seinen Leitungen loswerden musste.

      Eine solche Kettenreaktion sei in Deutschland nicht denkbar, heißt es bei dem Energieunternehmen Vattenfall. Es gebe in diesem Land „hinlängliche Kapazität“ zur Stromerzeugung, das Leitungsnetz sei „stabil genug“, sagt ein Vattenfall-Vertreter. Ähnlich äußert sich Eon, der größte Stromversorger Deutschlands: „Ein Blackout wie in Italien ist bei uns nicht möglich“.



      Auf Import angewiesen
      Italien ist zu stark auf Stromlieferungen aus dem Ausland angewiesen, doch die Leitungen, die aus Frankreich nach Italien führen, seien zu schwach gewesen, wissen Fachleute. Experten der Stromkonzerne erklären, das deutsche Stromnetz sei so ausgelegt, dass beim Ausfall eines Kraftwerks, einer Umschaltstation oder eines Transformators sofort Ersatz zur Verfügung stehen müsse.

      Das deutsche Stromnetz ist historisch über mehr als hundert Jahre gewachsen. Ausgehend von regionalen Versorgungsgebieten in Städten und Ballungsräumen schalteten nach und nach alle Versorger ihre Netze zusammen. So entstand ein flächendeckendes System mit „engen Maschen“, wie die Fachleute sagen. Es ist heute in vier so genannte Regelzonen eingeteilt. Sie werden von den großen Konzernen gemanagt.

      Jeder Netzbereich ist so ausgelegt, dass der zuständige Betreiberkonzern den Bedarf im eigenen Gebiet decken kann. Die Kraftwerke stehen meist nahe an den großen Verbrauchsstandorten. Zur Sicherheit sind die Regelzonen miteinander verbunden, so dass bei Bedarf auch Strom aus anderen Zonen bezogen werden kann.

      Die Bundesrepublik verfügt über eine Kraftwerksleistung von gut 100000 Megawatt. Auch zu Zeiten des Spitzenbedarfs im Winter waren die Kraftwerke bisher nur zu 85 bis 90 Prozent ausgelastet. Die deutschen Energiemanager glauben auch, dass der Mix aus unterschiedlichen Energieträgern, wie Braun- und Steinkohle (44 Prozent), Kernkraft (22 Prozent), Wasser (9 Prozent) Wind, Öl oder Gas erheblich zur Versorgungssicherheit beiträgt. Durch die geplante Stilllegung der Atommeiler und die Modernisierung anderer Kraftwerke müssen in den nächsten zehn bis 20 Jahren aber Kraftwerke mit einer Kapazität von 40 000 Megawatt ersetzt werden.

      In der Energiebranche gibt es aber zunehmend kritische Stimmen, die in sinkenden Investitionen eine Gefahr für die Zukunft sehen. Abgesehen von den Engpässen wegen der Hitzewelle im Juli und August war die Stromversorgung bedingt durch ungünstige Wetterverhältnisse in der Vergangenheit auch in Deutschland mehrfach angespannt.

      Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen Energieagentur (Dena), die sich im Auftrag der Bundesregierung und der Kreditanstalt für Wiederaufbau um Energiefragen kümmert, ist der Meinung, dass die Gefahr von Systemausfällen à la Italien in Deutschland täglich wächst. Nach dem Italiendebakel sind nach Kohlers Meinung „die Minen in der deutschen Energiewirtschaft deutlich nachdenklicher geworden.“ Auch wir können langfristig Probleme bekommen“, sagt Kohler.



      Weniger Investitionen

      Der Grund sei die Liberalisierung des Strommarktes, die in Deutschland vor fünf Jahren begonnen habe. In manchem europäischen Land hätten die Stromkonzerne nicht mehr ausreichend in ihre Kraftwerke und Netze investiert, um die Sicherheit der Versorgung garantieren zu können. „Wir profitieren noch von den Überkapazitäten aus den Monopolzeiten“, meint Kohler. „Das wird aber abnehmen.“

      Die zukünftige deutsche Regulierungsbehörde für die Stromwirtschaft müsse daher Bedingungen schaffen, die ausreichende Investitionen in Netze und Kraftwerke sicher stelle. Diese Bedingungen hätten sich in Deutschland in den vergangenen Jahren „deutlich verschoben“ – zum Nachteil der Versorgungssicherheit. Ähnlich sieht das Uwe Leprich, Energiefachmann an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken: „Ein großer Ausfall kann mittelfristig auch bei uns passieren“. Der Grund sei, „dass sich in Deutschland niemand für die Versorgungssicherheit verantwortlich fühlt.“




      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/813/18795/
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 20:54:01
      Beitrag Nr. 324 ()
      Die Generation Gier steht vor Gericht
      Ex-Tyco-Chef Kozlowsky drohen 30 Jahre Haft - Hat Star-Banker Frank Quattrone Kollegen zur Aktenvernichtung angestiftet?

      von Martin Halusa


      Frank Quattrone, ehemaliger Banker bei Credit Suisse First Boston
      Foto: AP
      New York - Mit großem Rummel sind am Montag in New York zwei spektakuläre Prozesse gegen einstige Helden von "Corporate America" eröffnet worden. Der eine richtet sich gegen den ehemaligen Chef des Industriekonglomerats Tyco, Dennis Kozlowsky, dessen Gier zum Symbol der Industriekrise wurde. Im anderen Verfahren wird der einstige Star-Banker Frank Quattrone von Credit Suisse First Boston bezichtigt, Ermittlungen behindert zu haben. In beiden Fällen, die nur einen Straßenblock voneinander entfernt eröffnet werden, plädieren die Angeklagten auf "nicht schuldig".


      Die Prozesse gegen Kozlowsky und Quattrone sind der Beginn einer Welle an Verfahren, an denen Staatsanwälte seit Monaten arbeiten. Schon bald dürften weitere Klagen hinzukommen: Die Justiz formiert sich, geprellte Aktionäre schlagen zurück - sie verlangen Bestrafung, Schadenersatz, neue Gesetze.


      Das Platzen der Börsenblase und die Pleite des texanischen Energiehändlers Enron im Dezember 2001 hatten zu einem dramatischen Vertrauensverlust geführt. Investoren zogen sich zurück, die Aktienindices rasten in den Keller, bei Hauptversammlung kam es zu Tumulten. Aus einst als Heroen gefeierten Managern wurden die Schurken der Nationen. Seit der Pleite Enrons ist ein halbes Dutzend Großfirmen - von Adelphia bis Worldcom - Bankrott gegangen. Spitzenmanager verloren ihren Job. Wo immer die Staatsanwälte zu suchen begannen, schienen sie fündig zu werden.


      Die Corporate Governence - also die Unternehmensführung und ihre -kontrolle - war in eine tiefe Krise geraten, von der sich das Land bis heute nicht vollends erholt hat. Seither haben Kontroll- und Experten-Institutionen - von der Börsenaufsicht SEC über die New York Stock Exchange bis hin zum Forschungsinstitut Conference Board - mit Vorschlägen überschlagen. Die meisten Vorhaben sind freilich noch nicht umgesetzt.


      Derweil kommen immer wieder neue Skandale ans Tageslicht: Vor wenigen Tagen musste der Chef der New Yorker Börse, Richard Grasso, seinen Hut nehmen, weil sein Einkommen auf die sagenhafte Summe von insgesamt 188 Mio. Dollar gestiegen war - ohne dass dies Aufseher wie der Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp gemerkt hatten. Nur wenige Executives - wie Sam Waksal von Imclone oder Enrons Schatzmeister Ben Glisan - sitzen in Haft.


      Im am Montag eröffneten Verfahren wirft die Staatsanwaltschaft dem Ex-Tyco-Chef Kozlowsky (56) und Finanzvorstand Mark Swartz (43) vor, das Unternehmen wie ein Sparschwein geschlachtet zu haben. Kozlowsky soll von Tyco insgesamt 600 Mio. Dollar erhalten haben, unter anderem 6000 Dollar für einen Duschvorhang in der New Yorker Firmenwohnung. Kozlowsky und Swartz sagen, dass die Zahlungen vom Aufsichtsrat genehmigt und von unabhängigen Experten geprüft worden seien. Beiden droht eine Haft von bis zu 30 Jahren.


      Auch dem ehemaligen Investmentbanker Frank Quattrone droht eine hohe Haftstrafe, sollte er wegen Behinderung der Justiz verurteilt werden. Quattrone - der während des High-Tech-Booms bei fast jedem Deal die Finger im Spiel hatte - soll Kollegen empfohlen haben, Akten zu vernichten. Quattrone weist den Vorwurf zurück. Der Prozessbeginn wird an Wall Street mit dem spektakulären Verfahren gegen Michael Milken Ende der 80er Jahre verglichen. Milken hatte zum Börsencrash 1987 beigetragen, indem er Luftgeschäfte mit Billig-Anleihen betrieb.


      Nicht nur Quattrone und Kozlowsky geht es an den Kragen. Das Wall Street Journal will erfahren haben, dass auch die beiden ehemaligen Chief Executive Officers von Enron, Kenneth Lay und Jeffrey Skilling, bald mit einer Anklage zu rechnen haben. Bislang konzentrieren sich die Ermittlungen vor allem auf Andrew Fastow, dem ehemaligen Finanzchef und mehrere seiner Mitarbeiter. Das Team soll die Bilanzen von Enron gefälscht und dabei selbst mehrere Mio. Dollar ergaunert haben. Ein Verfahren gegen das einstige Enron-Management wäre eines der spektakulärsten in der Geschichte der USA. Enron war früher das siebtgrößte Unternehmen Amerikas.


      Besonders Aufsehen erregend war bislang das Blitzverfahren gegen den früheren CEO und Gründer von Imclone, Sam Waksal, in diesem Frühjahr. In einem Gefängnis in der Nähe von Philadelphia leistet Waksal sieben Jahre Haft ab. Wie es heißt, ist er vor allem mit Rasenmähen und Bodenputzen beschäftigt; sein Stundenlohn betrage 40 Cent. Vor einem Jahr war bekannt geworden, dass Waksal - Multi-Millionär und New Yorker Partylöwe - mit den Aktien seiner Bio-Tech-Firma Insidergeschäfte getätigt hatte. In den Skandal ist auch die Einrichtungsdiva Martha Stewart verwickelt. Gegen sie laufen Ermittlungen.


      Auch gegen das Management der gestrandeten Telekomfirma Worldcom ermitteln die Staatsanwälte. Vor zwei Wochen musste Ex-Firmenchef Bernard Ebbers vor einem Gericht erscheinen. Investoren werfen Ebbers und seinen Kollegen Betrug und Kursmanipulation von elf Mrd. Dollar vor.


      Die neuen Helden sind nun jene, die der "Generation Gier" nachstellen. Als besonders scharf gilt der New Yorker Staatsanwalt Eliot Spitzer: Banken rang er bereits 1,4 Mrd. Dollar an Vergleichszahlungen ab - sowie die Zusage, dass die Arbeit der Analysten neu organisiert wird. Derzeit geht Spitzer gegen Finanzfirmen und Banken vor, die wohlhabenden Kunden Vorzugsbehandlung eingeräumt hatten. Ersten Verhaftungen gab es bereits.


      Artikel erschienen am 30. Sep 2003
      http://www.welt.de/data/2003/09/30/175929.html?s=2
      Avatar
      schrieb am 29.09.03 22:50:46
      Beitrag Nr. 325 ()
      Jenseits von Gier und Knappheit

      von Bernard Lietaer

      (Aus der KS-Zeitschrift "YES" # 2, Frühling 1997) übersetzt von Erika Riemer-Noltenius



      gibt nur wenige Menschen, die das Geldwesen so durchschauen wie Bernard Lietaer. Er war fünf Jahre in der Belgischen Zentralbank, wo seine Aufgabe der Entwurf und die Durchsetzung der europäischen Währung (ECU) war. Darüberhinaus war er Präsident des Elektronischen Zahlungssystems der belgischen Zentralbank und hat für transnationale Firmen Techniken entwickelt, mit denen diese im Bereich von unterschiedlichen Währungen am besten operieren können. Er hat Entwicklungsländern geholfen, ihre Devisenguthaben zu vergrößern und unterrichtete an der Universität seiner Geburtsstadt Louvain das Fach "Internationale Finanzen". Bernard Lietaer war außerdem Generalbevollmächtigter und Währungshändler eines der größten und erfolgreichsten Investmentfonds. Zur Zeit ist er Gastprofessor für "Sustainable Resources" an der Berkeley-Universität in Kalifornien.

      Die YES - Herausgeberin Sarah van Gelder hat mit Bernard Lietaer über die Möglichkeiten neuer Währungssysteme gesprochen, die besser für die Gemeinschaft und die Umwelt geeignet sind. Bernard diskutiert dieses Thema gerne mit Interessierten im Internet. Dort kann er erreicht werden unter: http://www.transaction.net/money/ .........




      http://www.anhalt.net/larana/texte/sarahandbernard.html
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 18:33:36
      Beitrag Nr. 326 ()
      The `OK` [but fictional] Economy


      http://www.financialsense.com/stormwatch/update.htm
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 19:29:41
      Beitrag Nr. 327 ()
      DAIMLERCHRYSLER

      Tarifvertrag stellt 17.700 Jobs zur Disposition


      In Zeiten des sich ankündigenden Aufschwungs setzt DaimlerChrysler Signale für neue Massenentlassungen. Im neuen Tarifvertrag mit der US-Automobilarbeiter-Gewerkschaft UAW ließ sich Chrysler das Recht einräumen, bis zu 17.700 Jobs streichen zu können.


      Chrysler-Produktion: Kampf um jedes Quentchen Produktivität


      Detroit - Mit den in dem Vertrag enthaltenen Klauseln eröffne sich der Konzern die Möglichkeit, die Produktivität zu erhöhen und die Kosten zu senken, berichtete die "Detroit News" in ihrer Onlineausgabe. Die Gewerkschaft vertritt bei Chrysler nach Angaben der Zeitung insgesamt 58.155 Arbeitnehmer.
      Der Verkauf oder die Schließung von fünf Autoteile-Fabriken beinhalte 8000 Arbeitsplätze. Zusätzlich seien vier Komponenten-Fabriken mit insgesamt 4300 Beschäftigten informiert worden, dass sie wettbewerbsfähiger werden müssten, da sonst der Verkauf oder die Schließung drohe. Außerdem würden 400 Designer-Jobs gestrichen.

      DaimlerChrysler und die Gewerkschaft hätten außerdem ein spezielles Ruhestandsprogramm vereinbart, in dessen Rahmen bis zu 5000 der 12.000 Facharbeiterstellen bei Chrysler wegfallen könnten. Die Zeitung berief sich hierbei auf Gewerkschaftsdokumente und Unternehmensquellen. Ein Chrysler-Sprecher verwies nach Angaben der "Detroit News" auf die Notwendigkeit, die Produktivitätslücke zu den "Transplants" (US-Auto- und -Teilefabriken ausländischer Anbieter) zu schließen. Das Unternehmen wollte zum Inhalt des Vertrages keine Stellung nehmen. .....




      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,267852,00.html
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 19:34:23
      Beitrag Nr. 328 ()
      Asien - Lachen bis zuletzt
      Von Alan Beattie, Washington

      Die wachsenden Dollar-Reserven, mit denen Schwellenländer in Asien das
      Leistungsbilanzdefizit der USA finanzieren, beunruhigen Experten. Was
      passiert, wenn die Staaten ihre Mittel abziehen?




      Währungsreserven
      Kenneth Rogoff ist ein Mann, der sich in Währungsfragen gewöhnlich sehr
      behutsam äußert. Angesichts der Milliardensummen, die asiatische
      Zentralbanken in den vergangenen Jahren aufgehäuft haben, findet jedoch
      sogar der scheidende Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF)
      drastische Worte: "Es ist eine Sache, für Notzeiten zu sparen, aber Reserven
      von 1000 Mrd. $ erinnern eher an den Bau einer Arche Noah."

      Laut IWF hielten vergangenes Jahr die Schwellenmärkte Asiens zwei Fünftel
      der weltweiten Reserven in Höhe von insgesamt 2500 Mrd. $. Japans Reserven
      beliefen sich auf weitere 500 Mrd. $. Ein Anteil, der den Anteil der Region
      am Welthandel und am globalen Volkseinkommen um ein Vielfaches übersteigt.

      Die Regierungen beteuern, sich vor einer erneuten Wirtschaftskrise schützen
      zu wollen. Indem sie die heimischen Währungen billig halten, verschaffen sie
      ihren Unternehmen Exportvorteile gegenüber westlichen Industrienationen.
      Ökonomen fürchten jedoch, die Staaten könnten die internationalen
      Kapitalmärkte ins Wanken bringen, wenn sie ihre Devisenmengen, die sie im
      Ausland investiert haben, plötzlich zurückziehen.

      Asiatische Zentralbanken springen ein

      Dass asiatische Staaten Kapital exportieren, ist kein neues Phänomen. Die
      Sparquoten in der Region sind hoch, das Geld wird im Ausland angelegt,
      häufig in den USA. Dort finanziert es den Konsum der Amerikaner, der durch
      eigene Ersparnisse nicht gedeckt ist. In den vergangenen Jahren floss
      allerdings immer weniger Kapital aus dem Privatsektor in die USA, vor allem
      europäische Beteiligungsgesellschaften schraubten nach dem Höhenflug der
      Börsen im Jahr 2000 ihre Einkäufe zurück.

      Asiatische Zentralbanken haben die Lücke gefüllt. Nach Angaben der Bank für
      Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel stockten ausländische
      Zentralbanken im vergangenen Jahr ihre Dollar-Reserven um 220 Mrd. $ auf und
      finanzierten somit fast die Hälfte des US-Leistungsbilanzdefizits. "Sie
      haben die Rolle des rettenden Dollar-Käufers übernommen", sagt Alan Ruskin
      von der Wirtschaftsberatungsfirma 4Cast in New York.


      Leistungsbilanzsaldo
      Für die asiatischen Schwellenstaaten hat dies eine überaus vorteilhafte
      Nebenwirkung: Die heimischen Währungen werden verbilligt. China hat durch
      wiederholte Interventionen den Wechselkurs zum Dollar bei 8,28 Renminbi Yuan
      eingefroren. US-Hersteller, die mit Importen aus Fernost konkurrieren
      müssen, beklagen sich über die Quasikopplung der chinesischen Währung an den
      Greenback. Hartnäckige Lobbyarbeit der USA veranlasste die Gruppe der sieben
      größten Industrienationen (G7) dazu, auf dem jüngsten Treffen in Dubai
      flexible Wechselkurse einzufordern.

      Peking zögert jedoch, sein Währungsregime zu ändern und die
      Kapitalverkehrskontrollen zu lockern. Die Regierung will Schaden vom
      chinesischen Finanzsystem abwenden, das mit riesigen notleidenden Krediten
      zu kämpfen hat. Eine plötzliche Aufwertung der heimischen Währung könnte
      Banken an den Rand des Ruins bringen und eine Wirtschaftskrise
      heraufbeschwören.

      Asiatische Währungen sind unterbewertet

      Viele Staaten in der Region ziehen wohl oder übel mit und häufen ebenfalls
      gewaltige Dollar-Reserven auf. Thailand und Malaysia zum Beispiel
      konkurrieren mit China auf Märkten in Drittländern. Sie fürchten, weniger
      wettbewerbsfähig zu sein, wenn ihre Währungen gegenüber dem Renminbi
      aufwerten. "China ist die Lösung für alles", sagt Edward Luttwak vom Centre
      for Strategic and International Studies in Washington. "Niemand wird sich
      bewegen, solange sich China nicht bewegt."

      Das Ungleichgewicht als Folge der Dauerinterventionen nimmt immer
      dramatischere Züge an. Der US-Ökonom David Hale schätzt, dass Ostasiens
      Währungen gemessen am Außenhandelsvolumen um 10 bis 20 Prozent unterbewertet
      sind. Staaten, die auf Grund ihres Wirtschaftswachstums eigentlich
      Netto-Kapitalimporteure sein müssten, verzeichnen
      Leistungsbilanzüberschüsse. Die Regierungen verzichten darauf, die heimische
      Nachfrage durch Kapitalspritzen anzukurbeln, und verleihen stattdessen Geld
      an Volkswirtschaften wie die USA, die im Gegenzug - auf Pump - asiatische
      Güter nachfragen.

      Schwache Währungen, eine hohe Exportquote und fleißiges Sparen gelten in den
      Tigerstaaten als Rezept für den wirtschaftlichen Erfolg in den vergangenen
      Jahrzehnten. "Zweifellos ist dies der Grund, dem die Asiaten selbst ihren
      Aufstieg zuschreiben", sagt Adam Posen vom Institute for International
      Economics in Washington.

      Angst vor neuer Asienkrise

      Ob dieser Zusammenhang stimmt, ist unter Ökonomen umstritten. Klar ist, dass
      die Regierungen Angst vor einer Wiederauflage der Asienkrise haben. Zu
      Beginn der 90er Jahre ließen sie bewusst steigende Leistungsbilanzdefizite
      zu: Zwischen 1990 und 1994 zog die Boomregion Asien nach Angaben der Uno ein
      Fünftel der weltweiten ausländischen Direktinvestitionen an. Als dann die
      Finanzmärkte liberalisiert wurden, strömten riesige Zuflüsse kurzfristiger
      Kreditmittel in die Länder - und die Leistungsbilanzen rutschten tief ins
      Minus.

      Der Schock, der 1997/98 die asiatischen Volkswirtschaften erschütterte,
      führte zu einem raschen Stimmungsumschwung der Investoren, und die Länder in
      der Region kehrten zur früheren Strategie zurück, Leistungsbilanzüberschüsse
      zu erwirtschaften, um den heimischen Export zu fördern.

      Diese erneuten merkantilistischen Strömungen wirken auf den Ökonomen Posen
      wie der Rückfall eines Alkoholikers unter Stress. Die asiatischen Staaten
      verfielen in alte Gewohnheiten, um die Schocks zu verkraften, denen ihre
      Region ausgesetzt ist: die langsame Erholung von der Asienkrise (mit
      Ausnahme Koreas), der jüngste Kursverfall des US-Dollar und die allgemeine
      Schwäche des Welthandels.

      Politiker warnen vor Ungleichgewichten

      Für die Region selbst ist die Anhäufung von Milliardenreserven eine
      gigantische Verschwendung. Die asiatischen Schwellenländer mit ihren relativ
      hohen Zinsen für Inlandskredite verlieren Geld, wenn sie den USA
      Niedrigzinsdarlehen gewähren und sich dann daheim refinanzieren, um eine
      Schwemme auf den nationalen Geldmärkten zu verhindern.

      Außerhalb der Region, so warnen Politiker immer nachdrücklicher, führe die
      asiatische Interventionspolitik zu wachsenden Ungleichgewichten. Bei der
      IWF-Tagung in Dubai hieß es mehrfach, inflexible Wechselkurse verursachten
      untragbare Belastungen für die USA, die wichtigste Konsumlokomotive der
      Welt. Deren Leistungsbilanzdefizit ist in den vergangenen Monaten auf mehr
      als fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts angewachsen. Ein Absturz des
      Dollar ist wegen der anhalten Kapitalzuflüsse indes ausgeblieben.

      Doch wie lässt sich das US-Defizit ausgleichen? Eine Abwertung des Dollar
      wäre kaum ein idealer Weg. Die starken Kursschwankungen in den 80er Jahren
      haben gezeigt, dass eine drastische Änderung des Dollar-Kurses erst nach
      zwei bis drei Jahren zu einem Umschlagen der Leistungsbilanz führt.
      Aussichtsreicher erscheint es, die allgemeine Nachfrage außerhalb der USA zu
      beleben.


      Zusammensetzung des Wachstums
      Dies ist allerdings gerade auf den Wachstumsmärkten in Asien schwierig:
      Japan versucht seit zehn Jahren, die Überreste der geplatzten
      Spekulationsblase zu beseitigen und die private Nachfrage anzukurbeln -
      vergeblich. In den übrigen asiatischen Staaten führen die künstlich
      geschwächten Währungen zu niedrigen Reallohnzuwächsen. Importgüter aus den
      Vereinigten Staaten sind dort für viele Menschen unerschwinglich.

      Die größte Gefahr für die amerikanische Wirtschaft besteht indes in einem
      plötzlichen Kurswechsel der Notenbanken. Stellt nur eine von ihnen die
      Kreditvergabe ein, könnte es schnell zur Massenflucht aus dem Dollar kommen,
      die Kurse von US-Anleihen fielen ins Bodenlose. Die Asiaten haben mit ihren
      Reserven einen starken Hebel in der Hand.

      Angst vor Flucht aus dem Dollar

      Wie gefährlich eine solche Abhängigkeit für die USA ist, hat sich Anfang der
      70er Jahre gezeigt. Damals kamen Dollar-Reserven als geopolitische Waffe zum
      Einsatz. Unter dem Bretton-Woods-Abkommen, bei dem der Dollar durch Gold
      gedeckt war und andere Währungen an die US-Währung gekoppelt waren, horteten
      viele Länder Dollar-Reserven. Als die USA ihr Leistungsbilanzdefizit durch
      vermehrtes Gelddrucken finanzieren wollten, kam es zum Eklat: Der
      französische Präsident Charles de Gaulle, dem die amerikanische
      Wirtschaftsdominanz ein Dorn im Auge war, setzte die Amerikaner unter Druck,
      indem er offen Dollar gegen Gold verkaufte. Dies führte zu einer Flucht aus
      der US-Währung und letztlich zum Zusammenbruch des Systems.

      Würden die asiatischen Regierungen ähnlich agieren und ihr Kapital abziehen,
      schadeten sie sich allerdings selbst. Eine Massenflucht aus dem Dollar
      würde, wenn sie die Zinsen hochtreibt und US-Verbraucher zu drastischem
      Sparen zwingt, unmittelbar die asiatischen Exporte treffen: "Wenn der Dollar
      unter Druck gerät, kommen diese Länder unter Druck", sagt 4Cast-Experte
      Ruskin, "also schützen sie den Dollar."

      Das Dilemma, in dem Asiens Regierungen stecken, hat der US-Milliardär John
      Paul Getty so beschrieben: "Schuldest du der Bank 100 $, hast du ein
      Problem. Schuldest du ihr 100 Millionen, hat die Bank ein Problem."







      http://www.ftd.de/cms/gate2?pAssettype=FtdArticle&pAssetID=1…
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 20:14:45
      Beitrag Nr. 329 ()
      Robert Kurz

      Die zweite Finanzblase

      Der Absturz der westlichen Aktienmärkte, der Zusammenbruch der New Economy und die damit einhergehende Stagnation der Weltkonjunktur bestimmen seit drei Jahren das Bild des kapitalistischen Weltsystems. Trotz aller statistischen Tricks, aller Leistungskürzungen und Zwangsmaßnahmen steigt die Massenarbeitslosigkeit auch in den westlichen Ländern immer weiter an. Sozialstaat und öffentliche Dienste werden in einer bislang nicht für möglich gehaltenen Größenordnung niedergerissen. Genau so hat es auch in den jetzigen Zusammenbruchsregionen der 3. Welt und der europäischen Peripherie (Jugoslawien) angefangen. Ideologische Hysterie und sozialer Masochismus machen sich breit. Große Gegenbewegungen und eine neue radikale Kapitalismuskritik lassen auf sich warten. Der Damm ist noch nicht gebrochen, auch wenn sich zahllose Risse zeigen.

      Die kapitalistische Katastrophe einer neuen Weltwirtschaftskrise kommt gebremst und in gedehnten Etappen, dafür wird die schließliche Eruptionsgewalt umso heftiger sein. Der Grund sowohl für die Verzögerung als auch für die zu erwartende finale Durchschlagskraft ist der im Vergleich zur großen Weltwirtschaftskrise des 20. Jahrhunderts (1929-33) weitaus höhere Grad an globaler ökonomischer Vernetzung, wechselseitiger Durchdringung und Abhängigkeit, also der relative Bedeutungsverlust der Nationalökonomien gegenüber dem Weltmarkt in finanzkapitalistischer wie in realökonomischer Hinsicht. Dabei hat sich die Weltökonomie im Verlauf der 90er Jahre nicht nur zunehmend von einer Finanzblasen-Konjunktur genährt, sondern auch zunehmend auf das Zentrum USA ausgerichtet. Daran hat sich auch nach dem Ende der New Economy und dem Rückgang oder Platzen der Finanzblasen auf den Aktienmärkten nichts geändert.

      Der Grund dafür besteht nicht nur darin, daß die US-Aktienpreise bislang weniger stark abgestürzt sind als in der übrigen Welt. Wenn die US-Konjunktur trotz eines erheblichen Rückgangs ihre Sogwirkung auf die Weltökonomie noch nicht ganz eingebüßt hat, so ist das hauptsächlich auf eine Explosion der Immobilienpreise zurückzuführen. Mit anderen Worten: Die Aktienblase ist zunächst einmal durch eine Immobilienblase abgelöst worden. In Deutschland ist der Anteil an privatem Wohneigentum relativ geringer und die binnenökonomische Baukonjunktur stagniert seit langem, deshalb konnte es hier keine Immobilienblase geben. In Japan fielen in den 80er Jahren Aktien- und Immobilienblase zeitlich zusammen und platzten auch gleichzeitig Anfang der 90er Jahre; seither sitzt der ehemalige Champion der Weltökonomie in der Falle eines riesigen Überhangs fauler Kredite. In den USA dagegen traten Aktien- und Immobilienblase zeitlich auseinander, sodaß für die letzte Lokomotive der Weltkonjunktur gewissermaßen eine zusätzliche Gnadenfrist ihrer Laufzeit erschwindelt werden konnte.

      Das hat auch etwas mit der Struktur des Immobilienbooms zu tun. Während es in Japan und Südostasien vor allem Überkapazitäten bei kommerziellen Bauten, Bürotürmen und staatlichen oder halbstaatlichen Prestige-Objekten waren, die den Immobilienboom parallel zum Aktienboom auslösten, ist die zeitliche Versetzung in den USA durch die Konzentration auf den Eigenheimbau bedingt. Der von der Aktienblasen-Konjunktur profitierende Teil der Bevölkerung finanzierte mit der Beleihung der breit gestreuten Kursgewinne an den Aktienmärkten nicht zuletzt Einfamilienhäuser. Die durch gestiegene Nachfrage zeitversetzt steigenden Immobilienpreise machten den Sektor zum lohnenden Terrain der Spekulation, als die Aktienmärkte einbrachen. So wurden nicht nur Finanzwerte vernichtet, sondern es fand auch eine gewaltige Umschichtung statt, nicht zuletzt durch institutionelle Anleger (Banken, Versicherungen etc.). Deshalb begann der spekulative Immobilienboom erst so richtig, als der Aktienboom endete; vor allem in den USA, aber auch in Großbritannien. Seit dem Ende der Aktienblase stiegen die Immobilienpreise in den USA um etwa 50 Prozent, in Großbritannien um fast 25 Prozent.

      Die Folge ist, daß die Hausbesitzer auf wundersame Weise bei den Immobilien gewinnen, was sie bei den Aktien verloren haben; ganz oder wenigstens teilweise. Im Zuge dieser Entwicklung gruppierten auch die Privathaushalte entsprechend ihr Vermögen um. Ersparnisse, soweit vorhanden, flossen nicht mehr an die Aktienmärkte, sondern in Anleihen und andere Papiere des Immobiliensektors. Auch die Privatleute begannen sich also an der neuen, zweiten Finanzblase zu beteiligen; nicht bloß durch realen Eigenheimbau, sondern auch durch den Erwerb von entsprechenden spekulativen Papieren. Auch der Erlös von Aktienverkäufen, ob mit oder ohne Verlust, floß zunehmend in diesen Sektor. Das Resultat ist eine dramatische Umschichtung in der Vermögensstruktur: Der Anteil der privaten US-Vermögen im Aktiensektor schrumpfte binnen drei Jahren um 40 Prozent, während er im Immobiliensektor um 30 Prozent anstieg.

      Dieselbe Umschichtung ist es auch, von der die wundersame Kauflust der US-Konsumenten erhalten wird, wenn auch in etwas vermindertem Umfang. Wie man vorher den fiktiven Wertzuwachs bei den Aktienpapieren beliehen hat und damit einkaufen konnte, so macht man dasselbe jetzt bei den Immobilienpapieren. Schon seit einiger Zeit stellen sich die Finanzanalysten der US-Banken die bange Frage, wie lange das gut geht. Irgendwann muß auch die zweite Blase platzen, und erst dann wird der große Einbruch kommen. Der realistische Wert einer Immobilie wird normalerweise mit der damit zu erzielenden Jahresmiete berechnet, multipliziert mit dem Faktor 20. Nach dieser Meßlatte sind die US-Eigenheime derzeit extrem überbewertet.

      Hinzu kommt, daß sich das Gros des fiktiven Wertzuwachses auf ganz wenige US-Hausfinanzierer konzentriert, deren Papiere die meisten Banken dick in ihren Büchern stehen haben. Bei einem drohenden Absturz der Immobilienpreise würde das gesamte Finanzsystem der USA in Schieflage geraten, mit entsprechenden Folgen für die ohnehin schon angeschlagenen Aktienmärkte. Sobald aber die US-Konsumenten, de facto jene Hälfte der Bevölkerung, die bislang direkt oder indirekt ihren Lebensstandard durch die Finanzblasen-Konjunkturen erhalten oder sogar gesteigert hat, endgültig auf ihre seit langem gesunkenen "reellen" Lohneinkommen zurückgeworfen werden, muß ihnen auch die Puste der vielgepriesenen Kauflust ausgehen. Erst dann naht die Stunde der Wahrheit für die US- und damit für die Weltökonomie, erst dann wird der Damm brechen.
      erschienen: 2003


      http://www.giga.or.at/others/krisis/r-kurz_finanzblase-immob…
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 20:19:19
      Beitrag Nr. 330 ()
      Fitch rechnet mit weiteren Fällen für Protektor



      BZ - Die Ratingagentur Fitch erwartet weitere Schieflagen unter deutschen Lebensversicherern, die von der Protektor AG – dem Sicherungsfonds der Branche – übernommen werden müssen. Bei der Vorstellung ihres aktuellen Reports berichtete Fitch Ratings, dass die aufgrund einer Bilanzierungshilfe aufgeschobenen und in diesem Jahr nachzuholenden Abschreibungen für eine Vielzahl der am Markt agierenden Versicherer existenziell bedrohlich sind. Zahlreiche deutsche Lebensversicherer hätten per 31. Dezember 2002 auf Basis von Marktwerten die gesetzlich geforderten Solvabilitätsanforderungen nicht erreichen können. Per saldo verfügten die Lebensversicherer zum Jahresende 2002 kaum noch über nennenswerte Reserven zur Glättung künftiger Belastungen, heißt es in dem Spezial-Report, der die Sicherheitsmittelausstattung und die Kapitaladäquanz für 86 deutsche Lebensversicherer anhand der Geschäftsberichte 2002 analysiert.


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      Abwertungsdruck auf den Dollar dürfte anhalten



      web - Die G7-Erklärung von Dubai hat deutliche Wechselkursbewegungen an den Devisenmärkten ausgelöst. Der Dollar hat die gewünschte Richtung eingeschlagen und wertet ab - stärker gegenüber dem Yen als gegenüber dem Euro. Dieser Trend dürfte sich im letzten Vierteljahr fortsetzen, auch wenn die konjunkturelle Entwicklung in den drei Währungsblöcken Dollar, Euro und Yen eher für einen festeren Dollar sprechen sollte. Doch nachdem die USA ihr Zinspulver quasi verschossen haben, ohne dass ihre Währung dadurch wesentlich schwächer ging, bleibt Washington nur noch die Währungsseite, um die strukturellen Probleme wie Haushalts- und Leistungsbilanzdefizit in den Griff zu bekommen. Zwar dürfte der Euro vermutlich einen geringeren Teil der Last der Dollar-Abwertung zu spüren bekommen als der Yen. Dennoch könnte eine weiter kletternde Gemeinschaftswährung die EZB noch einmal mit einer Zinslockerung auf den Plan rufen, sollte die ohnehin schwache Konjunkturerholung in der Eurozone wechselkursbedingt wieder in sich zusammenbrechen. Gegen eine Lockerung spricht der Unmut in der Zentralbank gegenüber den zunehmenden Haushaltsdefiziten besonders in den großen Nationen des Euro-Wirtschaftsraumes. Näheres dazu lesen Sie morgen in einem Beitrag zur BZ-Serie „Die Kapitalmärkte vor dem vierten Quartal“.

      http://www.boersen-zeitung.com/online/redaktion/aktuell/vors…
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 20:27:00
      Beitrag Nr. 331 ()
      stromnetze

      Gefahr verkannt

      Stromausfälle kommen in Deutschland selten vor. In Zukunft könnten die Steckdosen öfter tot sein


      Von Ralf Köpke

      Mannheims Oberbürgermeister Gerhard Widder ist bekannt als Mann, der seine Ansichten unverblümt ausspricht. Nichts anderes tat der Kurpfälzer, der auch an der Spitze des Verbandes kommunaler Unternehmen steht, neulich auf einer Tagung der Energietechnischen Gesellschaft – noch vor dem großen Black-out in Amerika: „Netzausfall ist doch bislang ein Wort, das die Leute kaum schreiben können, weil sie es kaum erleben.“ Fragt sich nur, wie lange noch. Die seit Jahrzehnten gewohnte Erwartung, dass der Strom jederzeit aus jeder Steckdose kommt, könne „nicht mehr ohne weiteres weiterbestehen“, mahnt der Oberbürgermeister. „Wegen der neuen Marktgegebenheiten.“

      Widder, selbst studierter Elektroingenieur, versteht seine Worte als Weckruf an die Politik: Seit der Liberalisierung des Strommarktes vor fünf Jahren dreht sich die Debatte um allerlei Probleme mit dem Wettbewerb. Ob Industrie und private Haushalte künftig ihre Elektronen auch sicher geliefert bekommen, ist dagegen kaum ein Thema. „Das kann sich rächen“, sagt Professor Armin Schnettler. „Wenn wir nicht vorbeugen, haben wir bald italienische Verhältnisse“, so der Direktor des Instituts für Hochspannungstechnik an der RWTH Aachen.

      Tatsächlich kommt in Italien jährlich 190 Minuten lang kein Saft aus der Steckdose; hierzulande dauert der Blackout nur 15 Minuten. Noch. Denn um Kosten zu sparen, kappen die Netzbetreiber ihre Budgets sowohl für Neuinvestitionen als auch für die Instandhaltung – und zwar drastisch. In Zukunft könnten die Steckdosen immer häufiger mal tot sein, ohne Strom.

      Schnettler macht folgende Rechnung auf: Der Tagesneuwert des bundesweiten Netzequipments beträgt gegenwärtig rund 100 Milliarden Euro. Bislang war es Usus, Betriebsmittel wie Transformatoren und Schaltanlagen nach 30- bis 40-jähriger Betriebsdauer routinemäßig auszutauschen, auch wenn sie nicht schadhaft waren. Daraus ergibt sich ein jährlicher Investitionsbedarf von ungefähr drei Milliarden Euro. Mittlerweile aber sind die jährlichen Investitionen auf weniger als eine Milliarde Euro gefallen. „Die Betriebsdauer wird verlängert, während die Belastungen wachsen“, schlussfolgert Schnettler. Beunruhigt ist der Experte, weil die Energieversorger gleichzeitig auch noch in großem Stil Personal abbauen und damit Know-how verloren geht: „Das kann nicht gut gehen.“

      Schnettler ist nicht der Einzige, der Unheil ahnt. „Beim Netzbetrieb die Kosten zu senken und gleichzeitig die Qualität der Stromversorgung beibehalten zu wollen, das haut nicht hin“, sagt auch Michael Schwan von der Forschungsgemeinschaft für elektrische Anlagen und Stromwirtschaft mit Sitz in Mannheim. Noch gar nicht abzusehen seien die Folgen für die deutsche Volkswirtschaft: „Viele Prozesse in der Industrie laufen heute über digitale Techniken und Steuerungen, für die Ausfälle bei der Stromversorgung Gift sind.“

      Um das zu vermeiden, sieht Klaus Schilling, der bei der Siemens AG in der Power Transmission and Distribution-Einheit arbeitet, die Politik gefordert: „Als Land, in dem es für fast alles eine DIN-Norm gibt, ist es schon auffällig, dass es für die Versorgungssicherheit beim Strom keine Norm gibt.“ Hochspannungstechnik-Experte Schnettler fordert eine „Gesamtstrategie in Sachen power quality“. Den Netzbetreibern müssten „klare Vorgaben gemacht werden, wo es hingehen soll“. Bei dieser Debatte geht es aber nicht zuletzt darum, welcher Aufwand betrieben und von wem das Ganze bezahlt werden soll. Schließlich könne nicht jeder Betrieb und Haushalt mit einer Batteriespeicheranlage ausgerüstet werden, die auch dann noch Saft liefert, wenn das Netz hin und wieder zusammenbricht.

      Genährt wird die Sorge um Deutschlands Stromnetze auch vom Boom der Windenergie. Die Bundesregierung will bis zum Jahr 2030 in der Nord- und Ostsee mehrere große Windparks mit einer Gesamtkapazität von 20000 bis 25000 Megawatt bauen lassen – rund ein Fünftel des heutigen atomar-fossilen Kraftwerkparks an Land. „Die spannende Frage ist, wie wir diesen Strom von der See ans Land bekommen“, sagt Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen-Energie-Agentur GmbH (Dena). Tatsächlich werden an der Küste selbst große Mengen Strom gar nicht gebraucht. Kohler hält es deshalb für „unverzichtbar“, die Stromtrassen in Richtung Ruhrgebiet und Frankfurter Raum auszubauen und zu verstärken. Und zwar bald, wegen der langen Planungs- und Genehmigungszeiten.

      Zudem sollte die Stromwirtschaft ihre Vorbehalte gegen die steigende Windstrom-Einspeisung abbauen, fordert Marcel Krämer aus Bremen. Mit seiner Dissertation hat der Wirtschaftswissenschaftler das so genannte WEsER-Modell (Wind Energy substitutes conventional Electricity Resources) entwickelt. Es soll die Integration der Windenergie in das bestehende und künftige Stromversorgungssystem erleichtern. Das Problem: Weil es mal kräftig und mal weniger kräftig bläst, schwankt die Stromproduktion der Windmühlen; die vom Wetter unabhängigen, fossil befeuerten oder atomar betriebenen Kraftwerke müssen diese Schwankungen ausgleichen. Krämers Modell hilft dabei, den Einsatz dieser Kraftwerke der schwankenden Windstromproduktion anzupassen und den demnächst fälligen Bau neuer Kraftwerke so zu steuern, dass sich konventioneller und grüner Strom im Netz besser ergänzen.

      Die heutige Stromversorgung basiert auf der Annahme, dass es einen permanenten Nachfragesockel gibt. Rund 60 Prozent der Stromerzeugung stammt aus so genannten Grundlastkraftwerken, also Atom- und Braunkohlekraftwerken. Weil sie fast rund um die Uhr Elektrizität produzieren müssen, um rentabel zu sein, harmonieren diese in Monopolzeiten gebauten Blöcke schlecht mit der wetterabhängigen Einspeisung von Windstrom.

      Indes bietet sich demnächst die Chance, das zu ändern. Nach Planungen der Stromkonzerne müssen zwischen 2010 und 2020 rund 40000 Megawatt Kraftwerkleistung ersetzt werden. Diesen Neubau, fordert Dena-Chef Kohler, „müssen wir für einen optimalen Kraftwerkmix nutzen“. Wie genau dieser Mix aussehen könnte, lässt die Dena gerade in einer umfassenden Studie untersuchen. Dabei ziehen übrigens, sagt Kohler, die Stromunternehmen, die Windbranche, die Kraftwerkbauer und die Zulieferindustrie an einem Strang.

      Das Netz in Schuss zu halten und die Stromfabriken den neuen Zeiten anzupassen – beides erfordert die Kooperation der Branche. Auf Klagen seitens der Konzerne sollte die Politik indes gelassen reagieren, meint Kohler. Schließlich hätten sie schon einmal bewiesen, dass sie ihre Netze ausbauen und neuen Umständen anpassen können. Damals, in den siebziger und achtziger Jahren, als der deutsche Kraftwerkpark um 19 Atomkraftwerke bereichert wurde.

      Verweigern sich allerdings die Netzbetreiber, werden sie sich eine Frage immer häufiger gefallen lassen müssen: Was machen sie eigentlich mit den hohen Netzgebühren?


      (c) DIE ZEIT 18.09.2003 Nr.39

      ZUM ARTIKELANFANG
      http://www.zeit.de/2003/39/E-Netze_neu
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 20:35:19
      Beitrag Nr. 332 ()
      Devisenmarkt
      Euro steigt bei turbulenten Handel auf Dreimonatshoch


      30. September 2003 Die seit dem G7-Treffen zu beobachtenden Kursturbulenzen am Devisenmarkt setzen sich fort. Auch am Dienstag ging es wieder richtig zur Sache. Dabei sorgten vor allem Interventionsgerüchte für Bewegung.

      Angaben von Devisenhändlern zufolge soll die Bank of Japan (BoJ) massiv mit dem Ziel interveniert haben, den Yen gegenüber den Dollar zu schwächen. Offensichtlich versuche die Notenbank nach dem jüngsten Anstieg der japanischen Währung eine neue “Verteidigungslinie“ bei 110 Yen je Dollar zu ziehen, vermuten Händler.

      „Obwohl das Handelsvolumen heute sehr dünn ist, stellt dies die größte Intervention seit dem G-7-Treffen dar“, sagte ein Devisenhändler in Singapur. „Mir scheint, daß dies nicht nur ein Eingreifen gegen übermäßige Kursschwankungen ist; sie wollen den Dollar nicht im Bereich von 110 JPY sehen.“

      Markt hat die große Angst vor Interventionen verloren

      Die Taktik zeigte aber einen zeitlich nur sehr begrenzten Erfolg. Denn nur anfänglich reagierte der Markt wie gewünscht auf die neuesten Interventionsmeldungen und der Yen verbilligte sich zum Dollar von 110,70 Yen zu Handelbeginn auf über 112 Yen. Doch gegen 12.00 Uhr hat er sich wieder bis auf 110,37 Yen verteuert, was einem Dreijahreshoch entspricht. Ähnlich sieht es auch bei der Parität Euro-Dollar aus. Hier verbilligte sich der Euro erst etwas auf 1,1574 Dollar, ehe er dann im Verlauf des Vormittags in der Spitze bis auf 1,1688 Dollar anzog und damit den höchsten Stand seit drei Monaten markierte.

      Zur Erinnerung: Am 3. September notierte der Euro noch bei glatt 1,08 Dollar und der Yen wurde noch am 15. September bei 117,44 Yen zum Dollar gehandelt. Doch seitdem die G-7-Staaten am 20. September in einer Erklärung eine größere Beweglichkeit bei den Wechselkursen gefordert haben, was von Beobachtern als deutliche Kritik an einigen asiatischen Regierungen - vor allem Japan und China - aufgefaßt wurde, geht es zur Sache am Devisenmarkt.

      Anders als noch vor wenigen Wochen, als plötzlich wieder der Wachstumsvorsprung in Amerika als kursbewegender Faktor dominierte, achten die Marktteilnehmer jetzt vor allem wieder auf die strukturellen Ungleichgewichte in Amerika. Und da findet sich mit dem doppelten Defizit in der Leistungsbilanz und dem Staatshaushalt ein gefährliches Gemisch.

      Bleibt es bei dieser Ausrichtung in der Wahrnehmung, dann dürfte das letzte Wort in Sachen Dollar-Schwäche noch lange nicht gefallen sein. Daran werden dann, wie an dieser Stelle schon öfters beschrieben (siehe Links), auch alle Interventionsversuche nichts ändern können. Wie es aus Händlerkreisen heißt, lassen sich Hedge-Fonds trotz aller Interventionsgerüchte derzeit nicht beirren und verkaufen den Dollar massiv gegen den Euro.

      Charttechnik spricht für anhaltende Dollar-Schwäche

      Als charttechnisches Signal für dieses Vorgehen sei der Bruch der Hürde von 1,15 Dollar zu verstehen. Dadurch habe sich der Euro weiteres Aufwärtspotenzial erschlossen, das mittelfristig einen Angriff auf das im Mai markierte Hoch von 1,1933 Dollar erwarten lasse. Und mit Blick auf die Parität Dollar-Yen heißt es, sollte da die Marke von 110 Yen unterschritten werden, könne es charttechnisch motiviert schnell weiter abwärts für den Dollar bis auf 108 Yen gehen.

      Fundamental hänge die Richtung im übrigen davon ab, wie am Mittwoch der japanische Tankan-Bericht ausfallen wird und am Freitag die Daten zum amerikanischen Arbeitsmarkt. In beiden Fällen wird derzeit aber in der Tendenz mit solchen Werten gerechnet, die den jüngsten Kursentwicklungen an den Devisenmärkten nicht im Wege stehen.

      Die in dem Beitrag geäußerte Einschätzung gibt die Meinung des Autors und nicht die der F.A.Z.-Redaktion wieder.

      Text: @JüB

      http://www.faz.net/s/Rub72B1B2E621EE41E6873F3331C2905F59/Doc…
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 20:38:43
      Beitrag Nr. 333 ()
      Bundesbank warnt: Basel II steht jetzt auf der Kippe

      Forderung der Amerikaner nach Nachbesserungen gefährdet Zeitplan - Folgen für Kreditwirtschaft wären unabsehbar

      von Anja Struve

      Frankfurt/Main - Die Deutsche Bundesbank hat davor gewarnt, die neuen Eigenkapitalrichtlinien für Banken (Basel II) erneut zu verschieben. "Nach fünf Jahren Beratungszeit muss das Streben nach Perfektion zum Ende kommen", sagte Bundesbankvorstand Edgar Meister. Bei weiteren grundlegenden Änderungen sei eine erhebliche Verschiebung des Zeitplans unausweichlich. "Im Ergebnis würde dies zu einem nicht zu unterschätzenden Risiko für das Gesamtprojekt führen", warnte er.


      Ursprünglich sollte Basel II Ende dieses Jahres verabschiedet und Ende 2006 umgesetzt werden. Doch dieser Zeitplan gerät zunehmend in Gefahr, weil US-Banken und ihre Aufseher vor wenigen Tagen überraschend erheblichen Änderungsbedarf angemeldet haben. Zwar soll das neue Regelwerk angesichts der stark regional zersplitterten US-Bankenlandschaft ohnehin nur von rund zehn bis 15 international tätigen amerikanischen Großbanken umgesetzt werden. Diese befürchten nun jedoch, dass sie durch die geplanten Eigenkapitalanforderungen für besonders riskante Kreditgeschäfte im Wettbewerb benachteiligt werden könnten. Neben einer Neuberechnung der entsprechenden Risikogewichte fordern die Amerikaner deshalb, auch das Kernkapital von Banken neu zu definieren.


      Doch genau diese Forderung bereitet den meisten europäischen Verhandlungsführern Kopfzerbrechen. Sie befürchten, dass eine Neudefinition den Verhandlungsprozess in Basel unnötig belasten und zu Zeitverzögerungen von mehr als einem Jahr führen würde. "Es bestünde die Gefahr, dass das Paket Basel II noch einmal völlig neu aufgeschnürt würde, mit ungewissem Ausgang", sagte Meister. Statt dessen schlug der Bundesbanker vor, dieses heikle Thema erst nach dem Abschluss von Basel II zu behandeln. Die ebenfalls geforderte Neuberechnung der Risikogewichte könnte hingegen separat von der den übrigen Arbeiten am Regelwerk verhandelt und anschließend zeitnah in den neuen Akkord eingebaut werden.


      Am Dienstag hatte sich bereits der Vorsitzende des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht, Jamie Caruana, zuversichtlich darüber geäußert, dass die US-Vorbehalte am Ende doch ausgeräumt werde könnten. "Basel II ohne die USA funktioniert nicht", sagte auch Meister. Schließlich würden unterschiedliche Eigenkapitalregeln zu erheblichen Wettbewerbserzerrungen unter den international tätigen Banken führen.


      Allerdings deutete Caruana auch die Möglichkeit an, dass der neue Eigenkapitalakkord später als geplant verabschiedet werden könnte. Auch Meister zeigte sich eher skeptisch, dass der Akkord noch wie geplant schon ende dieses Jahres verabschiedet werden könnte. "Aber wenn eine Zeitverzögerung schon unvermeidlich ist, dann sollte sie wenigstens so gering wie möglich gehalten werden", sagte Meister mit Blick auf das Ziel, Basel II ab Ende 2006 in Kraft treten zu lassen. "Gerade die deutschen Kreditinstitute haben schon viel in die Umsetzung von Basel II investiert. Sie brauchen nun Planungssicherheit."


      Der neue Eigenkapitalakkord soll den Banken dabei helfen, ihre Kredite künftig stärker abhängig vom individuellen Ausfallrisiko ihrer Kreditnehmer mit Eigenkapital zu unterlegen. Verbraucherschützer befürchten allerdings, dass sich Kredite für Privatkunden mit schlechterer Bonität künftig stark verteuern könnten. Banken- und Sparkassenverbände halten diese Sorge hingegen für unbegründet. Sie argumentieren, dass gerade Kredite an Privatkunden nach Basel II mit deutlich weniger Eigenkapital unterlegt werden müssen als bisher.


      Artikel erschienen am 1. Okt 2003
      welt.de
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      schrieb am 30.09.03 20:45:26
      Beitrag Nr. 334 ()
      Outsourcing rechnet sich für Konzerne nicht

      Studie: "Schlechtes Management" ist Hauptursache für die Auslagerung von Informationstechnologie

      von Lutz Frühbrodt

      Frankfurt/Köln - Die Auslagerung der Informationstechnologie an externe Dienstleister, im Fachjargon "IT-Outsourcing" genannt, rechnet sich nicht für Konzerne. Zu diesem Ergebnis gelangt die Studie "Struktur und Kosten der IT in der Deutschen Wirtschaft" der Kölner Management-Beratung KDL-Consulting. "Großunternehmen, die ihre gesamte IT oder zumindest große Teile davon auslagern, können damit rein betriebswirtschaftlich keinen Gewinn erzielen", sagte KDL-Chef Klaus Leciejewski der WELT.


      Leciejewski begründet dies damit, dass ein Outsourcing nur dann Sinn mache, wenn externe Dienstleister wie IBM, EDS oder T-Systems ihren Auftraggebern Produktivitätsgewinne von 20 bis 30 Prozent verschaffen könnten. Verfüge die IT-Abteilung des Unternehmens jedoch über eine entsprechende Größe und sei bisher viel Kapital in sie investiert worden, sei diese Zielmarke kaum erreichbar. Der Outsourcer könne dann nur noch Produktivitätsgewinne erzielen, indem er Software zu hohen Mengenrabatten einkauft. Dies reiche in der Regel aber nicht für große Sprünge aus. "In Großunternehmen ist das so genannte strategische Outsourcing nur strategisch für den Outsourcer", heißt es ironisch in der Studie. Lohnend sei die vollständige IT-Auslagerung dagegen oft für kleinere Unternehmen, die stärker von den Software-Rabatten der Outsourcer profitieren könnten.


      Für wenig nutzbringend hält Leciejewski vor allem die Auslagerung von Rechenzentren und Anwendungen auf Basis der Betriebssoftware SAP. Laut KDL-Studie haben aber schon 27 Prozent der 130 größten deutschen Unternehmen diese Komponenten ausgelagert. Im verarbeitenden Gewerbe (siehe Grafik) liegt dieser Wert noch niedriger als bei Handel und Dienstleistungen. Fünf Prozent haben ihre IT vollständig fremd vergeben. Fast alle Unternehmen beauftragen bereits externe Dienstleister, um kleinere Teile ihrer Informationstechnologie wie Call Center oder Telekommunikationsanlagen zu betreiben.


      Dies könne sich als durchaus vorteilhaft erweisen, meint Leciejewski. Aber die Kernelemente der IT sollten in hauseigenen Abteilungen belassen werden, weil den Unternehmen so geringere Kosten entstünden und sie am besten technologisch den Anschluss wahren könnten. Als wenig nutzbringend sieht KDL auch die Auslagerung von IT-Aufgaben an eigens dafür gegründete Tochtergesellschaften. Die Erfahrung habe gezeigt, dass diese Töchter sich meist in reine Finanzbeteiligungen verwandeln.


      Dessen ungeachtet rechnet Leciejewski damit, dass sich der Trend zum IT-Outsourcing fortsetzen wird. Als Hauptursache macht die Studie "schlechtes Management" aus. "Manager können sich so einen Problemherd zumindest vorübergehend vom Hals schaffen", hat Leciejewski beobachtet. "Darüber hinaus gibt es in Deutschland einen starken Lemming-Zug." Als zusätzliche Triebkraft wirke der Umstand, dass vielen Unternehmen das Kapital fehle, um ihre IT-Infrastruktur zu modernisieren. Mit dem Outsourcing könnten sie dagegen "liquide Reserven mobilisieren".


      Ein weiteres Ergebnis der KDL-Studie: Die 130 größten deutschen Unternehmen machen jährlich einen IT-Umsatz von 35 Mrd. Euro und beschäftigen über 100 000 Mitarbeiter. Dieser "virtuelle IT-Konzern" wäre somit das achtgrößte Industrieunternehmen Deutschlands.


      Artikel erschienen am 1. Okt 2003
      http://www.welt.de/data/2003/10/01/176460.html
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      schrieb am 30.09.03 20:56:57
      Beitrag Nr. 335 ()
      Beschäftigungsindex deutet auf Arbeitsplatzabbau hin


      US-Verbraucherstimmung am Boden



      Die jüngsten Konjunkturdaten aus den USA haben die Befürchtungen weiter geschürt, dass die Konjunkturerholung in den USA nach einem spürbaren Aufwärtstrend in den vergangenen Monaten allmählich ins Stocken geraten könnte: Das US-Verbrauchervertrauen ist im September auf den tiefsten Stand seit November 1993 gefallen. Zugleich brach auch der viel beachtete Einkaufsmanagerindex aus dem Großraum Chicago im September deutlich auf den tiefsten Stand seit März 2003 ein.





      HB NEW YORK. Volkswirte äußerten die Befürchtung, dass sich das Wachstumstempo der weltgrößten Volkswirtschaft abgeschwächt haben könnte. Die Börsen und der Dollar reagierten mit deutlichen Kursverlusten auf die neuen Daten.

      Der Konjunkturindex der Einkaufsmanager aus dem Großraum Chicago ging im September überraschend stark zurück. Das Barometer, von dem sich die Finanzmärkte Hinweise auf die Entwicklung der gesamten US-Industrie versprechen, fiel auf 51,2 (August 58,9) Punkte, wie die Vereinigung der Chicagoer Einkaufsmanager mitteilte. Volkswirte hatten einen geringeren Rückgang auf 57,0 Punkte erwartet. Das Barometer gilt als wichtiger Vorlaufindikator für den landesweiten Einkaufsmanagerindex des Institute for Supply Management (ISM), der am Mittwoch erwartet wird. Werte über 50 Punkte signalisieren ein Geschäftswachstum im Verarbeitenden Gewerbe des Großraums Chicago, Werte darunter zeigen einen Rückgang an. Allerdings ist die Region Chicago vor allem von der US-Automobilindustrie geprägt, weshalb sich eine Korrelation nicht immer durchgehend herleiten lässt.

      In den vergangenen Monaten hatten Daten eine Erholung der US-Industrie vom schwersten Branchenabschwung seit zwei Jahrzehnten signalisiert. Während der Krise hatte sich die Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe auf das Niveau gegen Ende der 50er Jahre reduziert. Eine Trendwende ist bisher nicht in Sicht. So fiel der Chicagoer Teilindex für die Beschäftigung im September deutlich auf 45,3 (51,2) Zähler und deutet damit auf einen Arbeitsplatzabbau hin.



      Die angespannte Lage am Arbeitsmarkt lastet weiterhin auf der Stimmung der Konsumenten. Der vom privaten Forschungsinstitut Conference Board ermittelte Index zum Verbrauchervertrauen ging im September auf 76,8 (81,7) Punkte zurück, wie das Institut mitteilte. Analysten hatten den Index dem gegenüber im Schnitt mit 81,8 Punkten erwartet. Der Verbrauchervertrauensindex gilt als wichtiger Indikator für die künftige Entwicklung der Konsumausgaben, die rund zwei Drittel der US-Wirtschaftsleistung ausmachen.

      Der Anteil der Amerikaner, die es als schwer beurteilten, eine Stelle zu bekommen, stieg demnach auf 35,3 %. Dies war der höchste Wert seit zehn Jahren. „Die Menschen sind über ihre Jobs sehr besorgt“, sagte Delos Smith vom Conference Board nach Angaben der Wirtschaftsagentur Bloomberg.

      Der Einbruch des Verbrauchervertrauens und der Rückgang des Chicagoer Einkaufsmanagerindexes „erzählen uns, dass die US-Wirtschaft mittlerweile mit einem langsameren Tempo läuft als noch in diesem Sommer“, sagte Volkswirt John Lonski von Moody`s Investors Service. „Von dem Ausgabenschub durch die Steuersenkungen haben ausländische Hersteller stärker profitiert als die heimische Industrie in den USA“, ergänzte er. Die US-Unternehmen sehen sich einer zunehmenden Konkurrenz aus Niedriglohn-Ländern ausgesetzt. Das gilt vor allem für die Wettbewerber aus China, die aus Sicht der USA zudem von unfairen Exportvorteilen durch den künstlich niedrig gehaltenen Außenwert der chinesischen Währung profitieren.

      „Die Leute könnten wegen der Beschäftigungssituation ihren Glauben an eine starke Erholung verlieren“, sagte Stephen Stanley von RBS Greenwich Capital Markets. Neuen Aufschluss über die Stellenentwicklung gibt am Freitag der Arbeitsmarktbericht der Regierung für September. Wie Daten aus den vergangenen Monaten zeigen, hat sich die eingetrübte Stimmung aber bislang nicht auf das tatsächliche Kaufverhalten niedergeschlagen.


      HANDELSBLATT, Dienstag, 30. September 2003, 16:14 Uhr

      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 21:10:31
      Beitrag Nr. 336 ()
      DAX und Dollar

      von Michael Vaupel

      Meine Urlaubsvertretung für Jochen Steffens geht langsam dem Ende zu. Doch heute war es an den deutschen Börsen – und am Devisenmarkt – noch einmal richtig spannend. Als ich vor US-Börseneröffnung einige Minuten wegging, und die Monitore Monitore sein ließ, staunte ich bei meiner Rückkehr nicht schlecht: Der Dax, bis dahin nur minimal im Minus, war innerhalb weniger Minuten richtig durchgesackt, auf ein Minus von 3,0 %. Der TecDax, vorher rund 1,5 % im Plus, war auf die Null-Linie zurückgekommen. Ich war über diese Entwicklung erfreut – schließlich hatte ich erst am Montag einen Put-Optionsschein auf ThyssenKrupp empfohlen, und diese Position lag nun schon solide im Plus (die ThyssenKrupp-Aktie verlor heute nach einem minimalen Anstieg zu Handelsbeginn nahezu kontinuierlich an Wert – zumindest bis 16:30 Uhr, als ich diese Zeilen geschrieben habe). Aber was war der Grund für diesen Durchsacker beim Dax? Natürlich war die schwächere US-Börseneröffnung dafür verantwortlich. Richtig marktbewegende News hatte es nicht gegeben. Aber wieder einmal schwammen die deutschen Börsen im Fahrwasser von Dow Jones und Nasdaq. Daran hat sich also immer noch nichts geändert. Eine Schlussfolgerung sollten Sie daraus ziehen:

      Es reicht nicht, die Aussichten für die Unternehmen des DAX zu analysieren – letztlich kann der "große Bruder" einen Strich durch die Rechnung (Kursgewinne) machen, auch wenn die Analyse der DAX-Unternehmen selbst eigentlich verhalten optimistisch ausfällt. Nicht die Fundamentals hierzulande machen die Kurse, sondern die Entwicklung der US-Börsen.

      Das gilt in noch viel stärkerem Ausmaß für die Entwicklung des Währungspaares EURO/DOLLAR. Hier bestimmt der Dollar, wohin die Reise hingeht. Das heißt, wenn die Fundamentals für den Dollar schlecht aussehen, dann fällt er gegenüber dem Euro, auch wenn es beim Euro ebenfalls schlecht aussieht. Das gilt natürlich auch im umgekehrten Fall. Diese Erkenntnis setze ich seit Monaten in bare Münze um: Denn dass die Fundamentals für den Dollar mehr als schlecht sind, das ist offensichtlich. EUR/US$ Powercalls sind deshalb seit Monaten mein bevorzugtes Anlageinstrument. Das sind speziell konstruierte Scheine, von denen die Scheine, die ich auswähle, bereits dann im Kurs zulegen, wenn der Euro sein Niveau nur halten kann. Diese Scheine generieren deshalb einen kontinuierlichen ZEITWERTGEWINN (im Zeitablauf steigt der Kurs, wenn sich sonst überhaupt nichts ändert), keinen Zeitwertverlust, wie die meisten konventionellen Optionsscheine. Trotz des spekulativ klingenden Namens "Powercall" sind einige dieser Scheine deshalb eher konservative Anlageinstrumente. Doch ich schweife ab – zurück zum Dollarkurs.

      Oder genauer gesagt, zum Eurokurs, in Dollar. Denn ein Eurokurs von 1,16 bedeutet, dass für einen Euro 1,16 Dollar gezahlt werden müssen. Der Dollar lebt vom Vertrauen, das die Welt in ihn hat. Insbesondere die asiatischen Notenbanken horten täglich mehr von diesem grünen Papier. Denn letztlich ist es nur Papier – eine Golddeckung gibt es schon lange nicht mehr. Gestern im späten Handel verkauften einige größere Adressen, und es kam ein wenig Panikstimmung auf. Die Ratten verlassen das sinkende Schiff – das konnte man fast denken, angesichts der heutigen Kursentwicklung beim Dollar. Es ging kontinuierlich abwärts für den Dollar, d.h. aufwärts für den Euro. Nach Kursen von gut 1,14 gestern konnte man eben schon Kurse von über 1,17 sehen. Es bleibt spannend!

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      70 % der weltweiten Ersparnisse für die USA

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      Man braucht 70 % der Ersparnisse der gesamten Welt, nur um die Amerikaner auf dem gleichen Niveau zu halten. Niemals zuvor in der Geschichte sind so viele Kredite und soviel Geld notwendig gewesen, um so ein missgebürtiges System zu unterstützen.

      Sehen Sie sich nur die Schlagzeilen an. Die erste, die Ihnen auffällt, könnte diese sein:

      "Das US-Bruttoinlandsprodukt für das zweite Quartal ist nach oben revidiert worden ..." Laut den neuen Zahlen ist das amerikanische BIP in diesem Zeitraum um 3,3 % gewachsen. Natürlich, liebe(r) Leser(in), wissen wir, dass diese Zahlen lügen.

      Die Immobilienpreise – der größte Einzelposten unter den Ausgaben der Konsumenten – steigen um fast 10 % pro Jahr. Aber die Statistiker der Regierung geben die Inflationsrate mit nur 0,4 % an.

      Was für eine herrliche, imaginäre kleine Welt sie beschreiben!

      Die Hausbesitzer ziehen den Wertzuwachs, der der Inflation zu verdanken ist, aus ihren Häusern (indem sie ihre Hypotheken erhöhen) und geben den Betrag aus. Wenn Sie einen Computer kaufen, dann wird jeder Dollar, den sie ausgeben, durch statistische Tricksereien um 600 % aufgewertet, als "Qualitätsverbesserung". Das ist tatsächlich so! IT-Ausgaben gehen mit dem Mehrfachen ihres tatsächlichen Betrages in das US-Bruttoinlandsprodukt ein.

      Dank all dieser fiktionalen Ausgaben sieht es so aus, als ob es einen Boom geben würde. Und die Inflation? Die Zahlentrickser scheinen nicht zu bemerken, dass der gesamte hoffnungslose Boom auf die Inflation am Immobilienmarkt zurückzuführen is. Aber niemand beschwert sich, wenn der Wert seines Hauses steigt. Stattdessen genießt er glücklich den scheinbaren Boom – bis er seinen Job verliert.

      Hier sind die Schlagzeilen, die eine andere Geschichte erzählen:

      "Der durchschnittliche Hauspreis in Kalifornien ist auf ein neues Hoch gestiegen."

      "Starke Konsumausgaben"

      Aber ...

      "Die US-Einkommen fielen, die Armut stieg in 2002 ..." (mein Kollege Addison wird darüber mehr schreiben, siehe unten ..."

      "134.000 verlorene Jobs im August – Massenentlassungen."

      "Die Nachsteuergewinne fielen im zweiten Quartal um 5 %."

      Die Konsumenten konsumieren weiter ... dank der steigenden Immobilienpreise, dank niedrigen Konsumgüterpreisen und leichten Krediten. Aber die Unternehmensgewinne fallen. Natürlich müssen die Unternehmen da Arbeiter entlassen.

      Wie können sich Leute mit niedrigeren Einkommen und weniger Jobs weiterhin den größten Teil der Ersparnisse der Welt leihen? Gute Frage. Und zwei weitere: Warum verleihen die Gläubiger weiter Geld ... und wann werden sie damit aufhören?

      Ich warte darauf, es herauszufinden.

      Jetzt aber zu meinem Kollegen Addison:

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      Wen kümmert das schon?

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin, am Schreibtisch gegenüber von Bill Bonner ...

      "Trotz der Auswirkungen des wirtschaftlichen Abschwungs und der Rezession", so der Republikaner Jim Saxton in der Washington Post am Wochenende, "der Terrorattacken und der Kriege ( ...) sind die Einkommen der privaten Haushalte nicht gefallen." Exzellent ... großartige Neuigkeiten. Die Einkommen der Haushalte sind nicht gefallen!

      Laut einem Bericht des U.S. Census Bureau vom letzten Freitag ist der Median der Einkommen der US-Haushalte das dritte Jahr in Folge zurückgegangen. Fast 1,7 Millionen Menschen in den USA sind in die "Armut" gefallen ... und rund 2,7 Millionen Jobs im produzierenden Gewerbe wurden abgebaut. Wer hat nun Recht? Aber wen kümmert das eigentlich? Und zwar wirklich?!

      Die Idee, dass die Wirtschaft steigende Einkommen produziert, ist seit mehreren Dekaden ein großer Betrug. Wie Bill Bonner und ich in unserem neuen Buch betonen (auf den Seiten 206 bis 209 der englischsprachigen Version) hat der Medien der Familieneinkommen in den 1980ern und 1990ern stagniert. Für Männer fiel er ... und die durchschnittliche Familie musste jede Woche länger arbeiten, nur um das gleiche Essen auf dem Tisch zu haben. So brachte ein amerikanischer Mann zum Beispiel im Jahr 1979 durchschnittlich 677 Dollar pro Woche nach Hause. Im Jahr 2000, auf dem Höhepunkt des "Booms" 21 Jahre später, verdiente er 33 Dollar weniger pro Woche.

      Ohne Ersparnisse kann es keine realen Investitionen geben – denn es gibt nichts zu investieren. Stattdessen gibt es nur scheinbare Investitionen, für die mit Krediten bezahlt wird. Ohne reale Investitionen in gewinnbringende neue Maschinen, neue Fabriken und Ausrüstungen haben die Leute keine hochwertigen neuen Jobs geschaffen. Die Löhne können nicht steigen, weil die Unternehmen nicht wirklich mehr und bessere Güter und Dienstleistungen produzieren. Die Leute sind gezwungen, länger zu arbeiten und sich mehr zu verschulden, während ihre Aktien- und Immobilieninvestments im Wert steigen. Das gibt ihnen die Illusion von finanziellem Fortschritt.

      Sobald jeder denkt, dass alle reich werden ... in einem sich selbst verstärkendem Teufelskreis ... werden diese Leute ermutigt, mehr und mehr Schulden aufzunehmen, Geld auszugeben und zu konsumieren, bis die gesamte Wirtschaft aus dem Ruder läuft. Ein Artikel von CNNMoney hat gestern die Schwere dieses Problems bestätigt – zumindest für mich. "Die Verpflichtungen der Haushalte sind seit dem Beginn der Rezession in der gesamten Nation um 24 % gestiegen – das sind 10 Prozentpunkte mehr als während der letzten Rezession 1991", so der Artikel, indem er Economy.com zitiert.

      Aber mit seinen Nachbarn mitzuhalten, kann in den USA ziemlich teuer werden. Der durchschnittliche Konsumentenhaushalt in den USA hat laut CNNMoney insgesamt 8940 Dollar an Kreditkartenschulden, und dieser durchschnittliche Haushalt hat 16,7 Karten! Und der durchschnittliche Hausbesitzer hat für sein Haus Schulden von insgesamt 120.000 Dollar aufgenommen. Der durchschnittliche Kredit für Autokäufe hat die Marke von 20.000 Dollar überschritten (von der Verschuldung für die Ausbildung noch ganz zu schweigen). Wie ich gelegentlich im Investor`s Daily betont habe, ist der Anteil der persönlichen Schulden am Bruttoinlandsprodukt seit 1982 stetig gestiegen – auf mehr als 70 % Mitte 2002.

      Aber für Politiker sind Berichte wie der vom U.S. Census Bureau (der sagt, dass eine Volkswirtschaft mit hohen Konsumausgaben und niedrigen Ersparnissen in der Realität unhaltbar ist) nur ärgerliche Störungen, die man wegerklären muss ... Nun, zumindest haben wir uns daran gewöhnt, oder? Schließlich stehen wir vor einem neuen Wahljahr in den USA. Aber wen kümmert das schon? Und zwar wirklich?!
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      Das smarte Geld verkauft Aktien

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      *** Das wirkliche Investmentrisiko kommt daher, dass man nicht weiß, was man tut, so Warren Buffett.

      Die Aktienverkäufe der Unternehmensinsider haben Rekordwerte erreicht. Das "smarte Geld" benutzt die Rally, um die eigenen jämmerlichsten Investments loszuwerden. Und die Outsider haben diese Aktien gekauft.

      "Bullenmarkt 2003: Je schlechter die Gesellschaft, desto besser die Aktie", so Floyd Norris in der New York Times. Genau in dem Moment, wo das smarte Geld seine Fehler loswird, nimmt das dumme Geld diese Aktien mit so einem Enthusiasmus auf, dass sich die Insider wahrscheinlich fragen, ob sie ihre Aktien nicht doch lieber hätten behalten sollten.

      Die Kleinanleger wissen selten, was sie tun. Aber heute scheinen sie besonders anfällig für Unfälle zu sein, da sie zu einem besonders gefährlichen Zeitpunkt in den Aktienmarkt rasen. Der Boden ist rutschig, wegen der hohen Kurse. Gewinne fallen von der Decke. Und die gesamte Struktur ist so angefüllt mit gasförmigen Krediten, dass alles jederzeit in die Luft fliegen kann.

      *** Oh là là ... unser Buch verkauft sich gut ... es ist auf die Bestseller-Listen der New York Times und des Wall Street Journal gekommen. Natürlich ist es eine Neuerscheinung (die englischsprachige Version, leider keine deutschsprachige Version), die noch gar nicht ausgeliefert wurde ... das heißt, wenn die Leute ihre Bücher bekommen, werden die Verkäufe sicherlich zurückgehen. Und ich warne potenzielle Leser: Es ist ein Buch über moralische Philosophie, das in der Kategorie der Investmentratgeber verkauft wird.

      Addsion hat mir gesagt, dass die Online-Verkäufe unseres Buches so gut laufen, dass bn.com (Barnes and Noble) der Nachschub ausgegangen ist. Deshalb hat Addision Käufer zu Amazon verwiesen. Sie wissen vielleicht, dass ich mich hier im Investor`s Daily gelegentlich über Amazon lustig gemacht habe, und dass ich betont habe, dass die Aktie der Gesellschaft ein schwachsinniges Investment sei ... und dass der Vorstandsvorsitzende Jeff Bezos von dem, was er tut, keine Ahnung zu haben scheint ... außer dass er es gut schafft, die Investoren von ihrem Geld zu trennen. Nun, jetzt, wo Amazon UNSER Buch verkauft, bin ich gezwungen, meine Einschätzung zu Amazon zu überdenken: Großartige Gesellschaft. Großartige Aktie. Ich liebe diesen Bezos.

      *** Die einzige Person, von de rich weiß, dass sie unser Buch gelesen hat, ist meine Mutter.

      "Ich habe jedes Wort gelesen", berichtete sie am Wochenende. "Ich denke, es war exzellent. Sehr gut geschrieben. Ich hoffe nur, dass ihr nicht verklagt werdet."

      "Von wem?"

      "Von all diesen Leuten, die ihr Trottel und Schwachsinnige nennt. Sie mögen schwachsinnig sein. Aber sie haben kluge Rechtsanwälte."
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      Es gibt nichts umsonst

      vom "Mogambo Guru" – nicht ganz ernst gemeint

      Die Fed hat sich getroffen und entschieden, dass die Zinsen so niedrig bleiben, wie sie es nur einmal im Leben ist. Geld ist billig verfügbar, fürs Investieren und Kaufen von all diesen wunderbaren Gütern. Und wenn ich billig sage, dann meine ich BILLIG! Die kurzfristigen Zinssätze liegen in den USA schon unter der Inflationsrate, was real negative Zinssätze bedeutet. Wow!

      Geld anzubieten, zu Zinssätzen, die niedriger sind als die Inflationsrate, ist sozusagen ein Geschenk der Fed. Aber klug wie Sie sind, realisieren Sie sicherlich, dass es nichts umsonst gibt. Irgendjemand zahlt die Zeche. In diesem Fall sind es die Leute, die zu den niedrigen Zinssätzen Geld verleihen. Wenn sie Geld verleihen, zu Zinssätzen, die unter der Inflationsrate liegen, dann verlieren sie damit Kaufkraft – die sie fremden Leuten leihen!

      Und es wird natürlich einen Preis geben, der gezahlt werden muss. Denn es gibt immer einen Preis zu zahlen. Denn – wie Sie immer wieder gehört haben, erst im vorigen Abschnitt: Es gibt nichts umsonst. Auch wenn die Fed so tut, als ob das der Fall wäre.

      Und die Leute, die gezwungen sind, ihr Geld zu diesen historisch tiefen Zinsen zu verleihen, werden ihr Geld eines Tages zurückerhalten, darauf können Sie wetten. Diese Leute machen bereits Pläne, was sie mit diesem Geld machen werden. Vielleicht etwas unkonventionelles.

      Der Ausdruck "unkonventionell" kommt von Ben Bernanke, der ein offiziell ernannter Fed-Gouverneur ist, gegen meinen Rat. Obwohl – um ehrlich zu sein – mein Rat dieser war: Die ganze Fed-Clique zusammenzutrommeln und sie dann in die Wälder zu vertreiben, dann ihr Gebäude und alles darin zu verbrennen, bis auf den Boden, und dann die Asche zu verteilen.

      Aber wenn Ben Bernanke schon "unkonventionelle" Methoden bei der Fed einführen will, dann verlange ich dieselben Rechte wie die Fed! Ich verlange das Richt, unkonventionelle Akte durchführen zu können und damit durchzukommen!

      Die Fed nimmt uns ohne unsere Erlaubnis unsere wertvollen Dollar weg und gibt uns billigere! Da könnte ich auch einen unkonventionellen Plan starten, zum Beispiel ins Haus meines Nachbarn schleichen, mit einem langen Verlängerungskabel, und dann meinen Strombedarf durch ihn decken!

      Natürlich würde ich zu Beginn jedes Monats zu ihm gehen und ihm, sagen wir einmal, 10 Dollar geben. Ich weiß – und Sie wissen –, dass mein Stromverbrauch sehr viel höher ist als das. Aber das ist auch eine unkonventionelle Methode!


      http://www.investor-verlag.de/
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      schrieb am 30.09.03 21:14:16
      Beitrag Nr. 337 ()
      Subventionsabbau

      Regierung will Streichliste umsetzen


      Die Bundesregierung will das Konzept der Ministerpräsidenten von Hessen und Nordrhein-Westfalen, Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD), zum Subventionsabbau übernehmen. Noch dieses Jahr sollen entsprechende Gesetze verabschiedet werden. Auch sonst erhielten die beiden Länderchefs viel Lob für ihre Arbeit.
      Von Robert Jacobi





      (SZ-Artikel vom 1.10.2003)— Nach dem Vorschlag der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück soll die Summe der in Deutschland gezahlten Subventionen bis zum Jahr 2006 um 10,5 Milliarden Euro sinken. Dies wollen sie mit der „Rasenmähermethode“, also durch lineare Kürzungen erreichen.

      Abgesehen von einigen Ausnahmen soll jede Subvention in den Jahren 2004 bis 2006 verringert werden. Das Gesamtvolumen in diesem Zeitraum beläuft sich sogar auf 15,8Milliarden Euro. Kürzen wollen Koch und Steinbrück unter anderem die Eigenheimzulage, die Pendlerpauschale, den Sparerfreibetrag und die Kohlesubventionen. Weniger Geld soll der Staat auch für den Schienenverkehr und für die Wasserstraßen ausgeben.





      Subventionen in Deutschland
      sueddeutsche.de


      Nicht einigen konnten sich die Ministerpräsidenten in zwei Punkten: Koch will die Rabatte der Industrie bei der Ökosteuer nicht schmälern, Steinbrück die Nacht-, Schicht- und Feiertagszuschläge erhalten. Nicht kürzen wollen beide bei Subventionen für Bildung, Forschung und Kultur sowie der Förderung des Mittelstands. Es handle sich um ein „in sich geschlossenes Werk“, sagte Koch, auch wenn „jeder für sich anders handeln würde“. Die Sparvorschläge seien „moderat und sozial durchaus vertretbar“, ergänzte Steinbrück.



      Schnelles Verfahren
      Finanzminister Eichel sagte, für dieses Konzept stünden „die Türen der Bundesregierung weit offen“. Er freue sich, dass der Subventionsabbau, den die Bundesregierung seit langem verfolge, in Person von Koch jetzt auch „angekommen ist auf Seiten der Opposition“.

      Eichel sagte, die Vorschläge müssten „so schnell wie möglich ins Verfahren gebracht“ werden, damit sie vom kommenden Jahr an wirken könnten. Der Finanzminister bestand aber auf seinen bisherigen Plänen, die Eigenheimzulage ganz zu streichen und die Entfernungspauschale stärker zu reduzieren, als Koch und Steinbrück dies vorsehen.

      Die Reaktionen auf das Konzept der Ministerpräsidenten waren meist zustimmend. Es wurde aber auch Enttäuschung darüber geäußert, dass Koch und Steinbrück nicht weiter gegangen sind. In Koalitionskreisen wird befürchtet, dass die Opposition sich im Bundesrat bestenfalls auf diesen Minimalvorschlag einlassen werde. Das Programm bleibe „weit hinter dem zurück, was die Bundesregierung vorgeschlagen hat“, kritisierte der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer.

      CDU-Chefin Angela Merkel sagte „wohlwollende Prüfung“ zu. Abgeordnete wie Hans Michelbach von der CSU lehnten Kürzungen bei der Pendlerpauschale aber generell ab. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sprach von „löblichen Plänen“ und forderte, die Ersparnisse beim Abbau der Subventionen müssten sofort verwendet werden, um Steuern zu senken.

      Die Regierungschefs Koch und Steinbrück hatten allerdings klargestellt, dass ihre Vorschläge dem Schuldenabbau dienten und keinesfalls das Vorziehen der übernächsten Steuerreformstufe finanzieren sollen.



      Lob von den Kollegen
      Überwiegend positiv bewerteten auch die Länderkollegen das Konzept. Die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD bezeichnete den linearen Subventionsabbau als „einzig erfolgversprechenden Weg“. Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) aus Rheinland-Pfalz bezeichnete die Rasenmähermethode dagegen als „zweitbeste Lösung“.

      Der baden-württembergische Regierungschef Erwin Teufel (CDU) schränkte ein, er könne den Vorschlag nur unterstützen, „weil er allem Anschein nach den Spielraum für künftige grundlegende Reformen des Steuerrechts“ enthalte.

      „Zukünftig kann niemand mehr wolkig von Subventionsabbau daherreden, ohne konkret zu werden“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Ludwig Georg Braun. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) wertete die Vorlage als „große Chance zum Aufbrechen politischer Blockaden“.








      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/893/18875/
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 21:16:13
      Beitrag Nr. 338 ()
      Lebensversicherungen

      Jetzt fällt auch noch die Drei-Prozent-Marke


      Kunden von Lebensversicherungen drohen weiter sinkende Gewinnbeteiligungen. Nach Überzeugung der Ratingagentur Fitch werden viele Gesellschaften auch 2003 lediglich den gesetzlichen Mindestzins von 3,25 Prozent bis vier Prozent auszahlen.
      Von Stefan Weber




      (SZ vom 01.10.03) - Ungeachtet der seit Jahresbeginn um durchschnittlich zehn Prozent gestiegenen Aktienkurse hat sich die Situation für die deutschen Lebensversicherer nach Einschätzung von Fitch keineswegs entspannt.

      Vielmehr sei damit zu rechnen, dass die Mannheimer Lebensversicherung nicht die einzige Gesellschaft bleiben werde, die vom Sicherungsfonds der Branche (Protektor) aufgefangen werden müsse, heißt es in einer Studie von Fitch.

      Die neben Standard & Poors und Moody`s zu den führenden Ratinggesellschaften gehörende Agentur hat 86 deutsche Gesellschaften mit Blick auf ihre Finanzkraft unter die Lupe genommen.



      Wertvernichter
      Wie es in dem Report heißt, haben sich die großen Markenversicherer im Jahr 2002 auch als überdurchschnittlich große Wertvernichter erwiesen. Die 20 Lebensversicherer mit der schlechtesten Performance, die zwei Drittel der Abschreibungen und stillen Lasten des Marktes zu verbuchen hatten, besitzen einen Marktanteil von rund 50 Prozent.

      „Dagegen haben einige kleine und mittelgroße Gesellschaften das Katastrophenjahr 2002 relativ gut überstanden und kaum etwas von ihrer Finanzstärke eingebüßt“, meint Marko Metzler, der für die Studie verantwortliche Analyst.

      Er betont jedoch, für die Einstufung in die eine oder andere Bonitätsklasse keineswegs allein die Finanzkraft verantwortlich sei. Dies sei nur eins von mehreren Kriterien.



      Stille Lasten
      Nach den Erkenntnissen von Fitch summierten sich die stillen Lasten und Abschreibungen der deutschen Lebensversicherer Ende 2002 auf 51,1 Milliarden Euro. Davon verblieben 16,3 Milliarden Euro als vermiedene Abschreibungen in den Büchern.

      Weil sich auf der anderen Seite stille Reserven auf Immobilien und festverzinsliche Wertpapiere lediglich auf rund 20 Milliarden Euro summierten, verfügten die Gesellschaften am Jahresende kaum noch über nennenswerte Reserven, um zukünftige Belastungen abzufedern. „Die absehbare Realisierung der Abschreibungen ist für eine Vielzahl der am Markt agierenden Versicherer existenziell bedrohlich“, heißt es in dem Report.

      Nach Ansicht von Metzler hilft den Gesellschaften auch nicht aus der Bredouille, dass der Dax derzeit rund 300 Punkte über dem Niveau von Anfang Januar notiert. Denn unter dem Druck des Marktes und aufgrund schlechter Erfahrungen hätten viele Versicherer ihre Aktienquote in den vergangenen Monaten deutlich reduziert.

      Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft beziffert den Aktienanteil an den gesamten Kapitalanlagen der Lebensversicherer auf etwa sieben Prozent. In den Vorjahren war die Quote weit mehr als doppelt so hoch gewesen.

      Der jüngste Zinsanstieg ist nach der Einschätzung von Fitch auf kurze Sicht eher negativ für die Versicherer. Der Grund: Parallel zu den steigenden Zinsen schmelzen die durch Kursgewinne gebildeten stillen Reserven der Gesellschaften dahin.

      Fitch kommt zu dem Schluss, dass aufgrund der Situation auf dem Kapitalmarkt derzeit nur wenige Versicherer in der Lage seien, kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungsprodukte profitabel anzubieten.



      Griff in die Schatzkiste
      Die Mehrzahl der Unternehmen könne nicht die Gewinnbeteiligung in Höhe von 4,7 Prozent erwirtschaften, die den Kunden derzeit im Durchschnitt gezahlt wird. Die Gesellschaften müssten deshalb zum Teil tief in ihre Reserven greifen. Weil diese Polster jedoch immer dünner werden, ergibt sich nach Ansicht der Ratinggesellschaft nur eine Konsequenz: Die Lebensversicherer werden ihre Ausschüttungen 2003 weiter kürzen – in einigen Fällen auf den gesetzlich fixierten Mindestzins von 3,25 Prozent.

      Bei Neuverträgen könnten Versicherte möglicherweise nur noch mit dem ab kommenden Jahr reduzierten Garantiezins von 2,75 Prozent rechnen.


      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/892/18874/
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 21:41:12
      Beitrag Nr. 339 ()
      Die Geschichte lehrt uns, dass wir so beharrliche Jäger gewesen sind, dass wir manche Arten bis zur Ausrottung gejagt haben, so hartnäckige Sammler, dass nichts mehr zum Sammeln da ist, so hartnäckige Förster, dass die Wälder verschwinden, so hartnäckige Landkultivierer, dass der Erdboden nicht mehr zu bebauen ist. Hartnäckig sture und beharrliche Verhaltensweisen, wie etwa übermäßiger Pestizideinsatz, "Automobilsucht" und unnötiges Konsumdenken sind vielleicht mit einem "Kulturplan" vereinbar, sie scheinen mit dem ökologischen Gleichgewicht jedoch unvereinbar zu sein.
      Williams


      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/15704/1.html
      aus "Die Verblödung schreitet voran"
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 21:47:17
      Beitrag Nr. 340 ()
      Die Verblödung schreitet voran

      Ulrich Berger und Christoph Stein 30.09.2003
      Die weitgehend verdrängte Bedrohung der menschlichen Intelligenz durch die Vergiftung der Umwelt


      Nein, dies ist kein Artikel über neokonservative US-Think-Tanks oder über den Niveauverfall der elektronischen Medien oder über die neueste Sau, die durchs Dorf der bundesdeutschen "Reform"-Debatte getrieben wird.

      Schwermetalle, radioaktive Stoffe, chemische Umweltgifte und Mangelernährung zerstören die menschliche Intelligenz. Weltweit ist das zentrale Nervensystem des Menschen bereits so stark geschädigt, dass ein globaler Rückgang der menschlichen Intelligenzleistung nicht mehr verhindert werden kann. Das menschliche Gehirn zerfällt. Dieser Zerfall wird seit Jahren von Ärzten und Neurophysiologen beobachtet. Die gesellschaftlichen Schutzinstitutionen, Recht, Wissenschaft und Politik haben versagt. Die Menschheit verblödet. ......


      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/15704/1.html
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 21:52:30
      Beitrag Nr. 341 ()
      FAZ "Deflationäres Gleichgewicht"
      … in Japan dank Null-Zins-Politik


      Vielfach wird die Frage aufgeworfen, ob das Niedrig-Zins-Niveau in Japan nicht zur Lösung der monetären Problementwicklung führen muss. Tatsächlich hilft die umsichtige Geldpolitik Vorteile der geringen Zinslasten zu nutzen. Warum es ohne Umlaufsicherung letztlich nicht zum wünschenswerten Zustand kommen kann erläutert der folgende Beitrag.

      Die Frankfurter Allgemeine Zeitung brachte in ihrer Ausgabe vom 25.9.2003 unter der Überschrift "Wir stehen am Ende einer Ära" ein Interview mit Ryoji Musha, dem Chefstrategen der Deutschen Bank in Tokio. Er meint, vor allem aufgrund der Null-Zins-Politik der Bank von Japan sei das Land mit der langen Deflationsphase ganz gut zurechtgekommen. Ein für frühere Deflationen typischer vernichtender Strudel fallender Preise und Gewinne konnte verhindert werden. Mit sinkenden Konsumpreisen wurden schrittweise die Lohnkosten gesenkt. Fallende Erlöse konnten die Firmen durch Billigimporte aus China ausgleichen. Inflationäre Ausweitung der Geldmenge wurde vermieden. „Ich glaube, wir stehen am Ende einer Ära. Die Inflation verschwindet langsam. In Japan ist sie schon weg." Von einem bestimmten Inflationsziel zwecks Ankurbelung der Wirtschaft, wie es auch in USA und Europa diskutiert wird, hält Musha nichts. „Meiner Meinung nach ist das eine törichte Debatte.“

      Die Vermögenswerte der japanischen Haushalte betragen 1,4 Trillionen Yen (11 Billionen Euro), die Hälfte davon liegt auf Sparkonten. Sie wurden nach Musha stabil gehalten durch die Null-Zins-Politik der Bank von Japan. Warum?
      Musha: "Schauen Sie, 5 Prozent Zinsen auf 700 Billionen Yen sind 35 Billionen Yen. Japans BIP beläuft sich auf knapp 500 Billionen Yen. Demzufolge sind 35 Billionen Yen 7 Prozent des BIP. Das wären die Zinsen, welche die Banken auf das ihnen anvertraute Geld zahlen müssten...Wenn Sie einen Zins von 5 Prozent haben möchten, müssten Sie die riesigen Vermögenswerte reduzieren, auf welche Zins gezahlt werden soll. Wenn Sie das nicht können, müssen Sie die Zinsen senken, das heißt die allgemeinen Erwartungen herunterschrauben. Vor einiger Zeit war das auch in Japan nicht vorstellbar. Heute ist es Realität...Hohe Vermögenswerte und immer höhere Erträge darauf sind über eine längere Zeit nicht gleichzeitig aufrechtzuerhalten. Die allgemeinen Erwartungen haben sich zu bescheiden, die Zinsen sind zu senken." (Hervorh. v. Verfasser.)

      Anders als in den USA in den frühen dreißiger Jahren (Fallen der Preise um jährlich 10 Prozent, starker Anstieg der realen Zinsen und Zerstörung der Unternehmensgewinne) ist die Deflation in Japan verlaufen: "Die Erwartungen wurden gesenkt, die Zinsen reduziert. Das hat zwar zehn Jahre gedauert. Aber das hat den Kollaps verhindert. Wir sind in einem deflationären Gleichgewicht." Den Struktur-Änderungsprozess ... "haben wir während der letzten zehn Jahre etwa mit der Fiskalpolitik oder der Geldpolitik begonnen. Japan ist auf rückläufige Preise, Pensionen, Versicherungszahlungen eingerichtet." Japans Hoffnung ruhe im Übrigen auf einer günstigen Entwicklung der Exportwirtschaft. Falls die Nachfrage aus dem Ausland zu gering ausfalle, habe man allerdings ein Problem.
      Wie es dann weitergehen könnte, wird in dem Interview nicht gefragt. Jedenfalls dürfte sich das erreichte "deflationäre Gleichgewicht" auf Dauer nicht aufrechterhalten lassen. Preise und Einkommen können nicht "ewig" weiter sinken, fallende Erlöse der Unternehmen nicht unbegrenzt durch immer noch billigere Einfuhren ausgeglichen werden. Was wäre zu tun? Wenn eine dosierte Inflation zwecks Ankurbelung der Wirtschaft nicht in Frage kommt, dann bietet sich die Erhebung von Gebühren auf Zurückhaltung von Kaufkraft ( Liquiditätsspeicherung) an, im Sinne einer Umlaufsicherung des Geldes, wie sie von Silvio Gesell vorgeschlagen wurde.

      Josef Hüwe

      http://www.inwo.de/ticker/news/nachrichten_1064747326.html
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 21:57:09
      Beitrag Nr. 342 ()

      Die Bullen sind los


      Von Claus Vogt
      „Handelsblatt-Umfrage bei großen deutschen Banken führt zu einhelligem Ergebnis: Die Baisse ist vorüber.“ Fast zeitgleich lesen wir in dem US-Börsenmagazin Barron’s folgende Zeilen: „The 10 strategists we canvassed last week virtually are in agreement. (...) Nearly all expect the market’s major measures to tack on another 5% to 10% in the next few months, as economic activity quickens, propelled by low interest rates, tax cuts and firming business sentiment.“ (Die zehn von uns letzte Woche befragten Strategen sind sich praktisch einig. Fast alle erwarten in den nächsten Monaten weitere Kurssteigerungen der wichtigen Aktienindizes in der Größenordnung von 5 bis 10 Prozent, da sich die Wirtschaft aufgrund niedriger Zinsen, Steuersenkungen und wachsender Zuversicht belebt.). Soviel Einigkeit unter Ökonomen und Strategen gibt es selten. Normalerweise, so heißt es etwas zynisch, erhält man bei der Befragung von zwölf Ökonomen ein Dutzend widerstreitender Antworten. Und wenn sich John Maynard Keynes unter den Befragten befand, sollen es sogar 13 gewesen sein.

      Im Mai 2002 berichteten wir unter der Überschrift „Die Bubble soll leben“ schon einmal über ein ungewöhnlich hohes Maß an Übereinstimmung. Damals waren es 15 sogenannte Neuer Markt-Experten, so etwas gab es damals noch, von denen 14 einen Kursanstieg von im Durchschnitt 60 Prozent prognostizierten. Es wurden tatsächlich rund 60 Prozent, aber leider kein Gewinn, sondern Verlust.

      Bei uns gehen regelmäßig die Warnlampen der Contrarians an, wenn wir von soviel Einigkeit bei ökonomischen oder Finanzmarktprognosen lesen. Märkte haben eine immer wieder erstaunliche Fähigkeit, mit überraschenden Entwicklungen auf sich aufmerksam zu machen. Wird es dieses Mal anders sein? Wird der großen Mehrheit der Experten in den nächsten Monaten mehr Glück beschieden sein als in den vergangenen Jahren?


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.


      [ Dienstag, 30.09.2003, 16:01 ]

      http://www.instock.de/Nachrichten/10134541.html
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 22:40:54
      Beitrag Nr. 343 ()
      Wie solide sind die deutschen Lebensversicherer?

      BR | 30.09.2003 | 21:55

      Ausgangslage
      Früher galt die Lebensversicherung als eine sichere Altersvorsorge, die Unternehmen als grundsolide. Die Kunden haben blind vertraut. Heute muss man wachsam sein und genau hinsehen. Im Juni gab es die erste Pleite einer deutschen Lebensversicherung. Weitere können eventuell folgen, schaut man sich die desolate Finanzlage einiger Versicherer an. Um so wichtiger ist es bei einem Abschluss eines Neuvertrages, sich über das Unternehmen zu informieren.
      Die Überschussbeteiligung
      Wer in den letzten Jahren eine Lebensversicherung ausbezahlt bekam, konnte sich über eine hohe Überschussbeteiligung freuen. Das hat sich geändert. Sinkende Zinsen und Börsenbaisse lassen die Überschussbeteiligungen schrumpfen. Im Schnitt liegen sie bei derzeit 4,8%, doch einige Gesellschaften zahlen inzwischen nur noch das gesetzliche Minimum von 3,25%. Viele Unternehmen stecken in der Krise. Einige werden nächstes Jahr ihre Überschussbeteiligung für Neuverträge auf das dann vom Bundesfinanzministerium neu festgelegte Minimum von 2,75% absenken müssen.

      Die Lage der Unternehmen
      Die finanzielle Lage ist düster, eine Besserung nicht in Sicht, attestiert eine neue Studie der internationalen Ratingagentur Fitch (www.fitch-studie.de). Sie hat die Finanzstärke von 88 deutschen Lebensversicherern untersucht auf der Basis der Geschäftsberichte 2002. Hauptursache für die Schieflage: viele Versicherer haben sich an den Börsen verspekuliert. Dr. Marco Metzler, Fitch Ratings, London: "Die deutschen Lebensversicherer haben im Jahr 2002 rund 51 Milliarden € an den Börsen verloren. Davon müssen sie in diesem Jahr noch rund 16 Milliarden abschreiben. Dazu kommen noch rund 5-10 Milliarden Steuerlast aus den Jahren 2000-2002 aus Verlusten aus Aktien- und Investmentfonds. Alles zusammen mit der gegebenen Kapitalausstattung ist es für einige Lebensversicherer doch sehr existenzbedrohend." Ein Blick in die Studie zeigt, die deutschen Lebensversicherer verfügen kaum noch über finanzielle Reserven. Betrachtet man die Marktwerte der Kapitalanlagen, steht nur noch ein gutes Drittel der Unternehmen solide da. Rund 20 Unternehmen – also etwa jedes fünfte - haben Ende 2002 die Vorschriften für eine gesunde Finanzlage nicht mehr erfüllen können. Die drei finanzstärksten sind die Lebensversicherung von 1871, die alte Leipziger und die Debeka Lebensversicherung. Die drei schwächsten: die Provinzial Nord, die Inter Lebensversicherungs AG und die Mannheimer Leben.

      Die Mannheimer Leben und der Protektorfall
      Die Mannheimer Lebensversicherungs AG musste inzwischen ihren Geschäftsbetrieb aufgeben und endete im Juni in der Auffanggesellschaft Protektor, eine Art Sicherungsfonds, den die Branche für solche Fälle gegründet hat. Gegen das Management der Mannheimer ermittelt seit letzter Woche die Staatsanwaltschaft wegen Verdacht auf Untreue. Zu riskant seinen die Gelder der Versicherten angelegt und damit gesetzliche Vorgaben verletzt worden. Die Kunden haben das Nachsehen, denn auch die hastig gegründete Auffanggesellschaft Protektor kämpft noch mit Anlaufschwierigkeiten. Die Kundenverträge der Mannheimer Leben sind - obwohl nun ein viertel Jahr vergangen ist - immer noch nicht auf Protektor übergegangen. Zudem ist die Finanzierung strittig. Die anderen Lebensversicherer bezahlen die Auffanggesellschaft über eine Aktienbeteiligung aus den Rücklagen der Versicherten statt aus ihren Gewinnen. Auch das Bundesaufsichtsamt für Versicherungen Bafin gesteht nun ein, dass mit dem Einsatz von Protektor viele Fragen entstanden sind. Es sei durchaus von Vorteil, wenn Protektor auf eine gesetzliche Grundlage gestellt würde. Doch bevor wieder ein Protektorfall eintritt, versucht die Behörde Schieflagen im Vorfeld zu beheben.

      Inter Lebensversicherungs AG
      So zum Beispiel bei der Inter Lebensversicherungs AG, zweites Schlusslicht in der Studie von Fitch Ratings. Auf Grund der misslichen finanziellen Lage ist das Amt eingeschritten und hat einen Sanierungsplan verlangt, um wieder gesunde Finanzverhältnisse zu schaffen.

      Kleine und große Wertevernichter
      Kleine und große Unternehmen sind von der Börsenbaisse 2002 betroffen gewesen, wobei eher kleine und mittlere Unternehmen das Jahr gut überstanden haben. Einige große haben überdurchschnittlich viel Werte vernichtet. Dr. Marco Metzler, Fitch Ratings, London: "Die Ergebnisse des Jahres 2002 zeigen, dass gerade große Versicherer sehr starke Verluste hinnehmen mussten. Generell kann gesagt werden, dass die Größe kein Indikator für die Finanzstärke eines Lebensversicherers ist." Um so wichtiger ist es, sich bei der Auswahl einer Lebensversicherung über das jeweilige Unternehmen zu informieren, wenn man sicher für seinen Lebensabend vorsorgen möchte.

      Autor: Reinhard Weber

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      links ·
      Stress-Test der Versicherungsunternehmen

      ·
      Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)

      ·
      Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)

      ·
      Bund der Versicherten e.V.


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      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 30.09.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=102
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      schrieb am 30.09.03 22:44:11
      Beitrag Nr. 344 ()
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      Krise in der Bauwirtschaft

      BR | 30.09.2003 | 21:55

      Seit acht Jahren schrumpft die deutsche Bauwirtschaft. Mehr als ein Drittel aller Beschäftigten im Bauhauptgewerbe hat inzwischen ihren Arbeitsplatz verloren. Im Osten war es fast die Hälfte. Und der Kapazitätsabbau ist noch nicht zu Ende. Allein im ersten Halbjahr sind von den verbliebenen knapp 800.000 Arbeitsplätzen nocheinmal fast 100.000 weggefallen. Volker Rußig, Bauexperte am Münchner ifo-Institut, rechnet damit, dass die Branche auch in diesem Jahr nocheinmal um drei Prozent schrumpfen wird. Und nur unter günstigen Bedingungen wird sie sich im nächsten Jahr auf niedrigem Niveau stabilisieren, so seine Prognose.
      Die Gründe für diesen Rückgang liegen vor allem in Ostdeutschland. Dort war nach der Wende die Bauwirtschaft lange Zeit die einzige Wachstumsbranche. Mit großzügigen steuerlichen Anreizen förderte der Staat vor allem den Neubau. Bis 1998 konnte man 50 Prozent der Investitionssumme auf einen Schlag oder über fünf Jahre verteilt abschreiben. Außerdem war bei vielen Altbauten war die Eigentumsfrage ungeklärt. Die Folge: Heute stehen im Osten schätzungsweise mehr als eine Million Wohnungen leer. Viele Häuser in den Altstädten verfallen. Plattenbauten werden vielerorts abgerissen oder rückgebaut - mit staatlicher Förderung.

      Verschärft wird die Krise, weil sich die Wirtschaft im Konjunkturtief mit Bauinvestitionen zurückhält und die öffentlichen Haushalte, vor allem der Kommunen leer sind. Viele Städte und Gemeinden sind kaum noch in der Lage wenigstens die wichtigsten Straßen und Gebäude zu erhalten.

      Die Folge sind gewaltige Überkapazitäten. Bagger, Lastwagen, Kräne stehen ungenutzt herum. Der Auslastungsgrad der Maschinen liegt unter 60 Prozent. Vor allem die Baufirmen in Ostdeutschland haben zu kämpfen. Dort gibt es noch immer im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung doppelt soviele Bauarbeiter wie in den alten Bundesländern. Weil aber in den neuen Bundesländern fast nichts mehr geht, drängen die Ostfirmen verstärkt auf den Markt im Westen. Seit drei Jahren bauen Ostfirmen im Westen mehr als umgekehrt. Zum Unmut der westdeutschen Bauunternehmer. Denn die Tariflöhne sind im Westen immer noch ein wenig höher als im Osten. Aus Protest gegen den jüngsten Tarifabschluss trat eine Reihe von norddeutschen Landesverbänden aus dem Zentralverband deutsches Baugewerbe aus.

      Hermann-Josef Hupe, Bauunternehmer aus dem niedersächsischen Lindau, weiß aber von seinen Mitarbeitern, dass selbst die Osttarife oft nicht gezahlt sind. Für ihren Arbeitsplatz sind viele offenbar bereit, für weniger zu arbeiten. Auch Bodo Pilgrimowski, Bauunternehmer aus dem Brandenburgischen Neuseddin hat diese Erfahrungen gemacht. Er zahlt seinen Mitarbeitern einen Leistungslohn, der in der Regel über den tariflichen 8,75 Euro pro Stunde liegt. Wie er von ehemaligen Mitarbeitern weiß, zahlen Zeitarbeitsfirmen oft nur 4 Euro 50.

      Der gnadenlose Preiskampf geht oft zu Lasten der Qualität. Hermann-Josef Hupe, der auch als Baugutachter tätig ist, muss immer häufiger feststellen, dass vor allem beim komplizierten Einbau von Wärmeisolierungen gepfuscht wird. Manche seiner Wettbewerber kalkulierten Mängel bewusst ein. Diese müssen nicht unbedingt zu einem Schaden führen. Wenn aber tatsächlich ein Schaden auftritt innerhalb der Gewährleistungsfrist von fünf Jahren, dann lassen diese Unernehmer, so seine Erfahrung, ihre 50000 Mark GmbH einfach pleite gehen, und der Kunde sitzt auf seinem Schaden.

      Solche Fälle sind die Ursache für die massive Vertrauenskrise, in der Hans Mayrzedt, Professor für Bauwirtschaft an der Fachhochschule Biberach, inzwischen die deutschen Bauwirtschaft sieht. Verunsichert lassen viele das Bauen lieber ganz. Dabei wäre der gute Name und die qualitativ hochwertige Angebot die einzige Strategie um im kommenden schärferen Wettbewerb angesichts der EU-Osterweiterung überhaupt zu bestehen.

      Volker Rußig vom ifo-Institut glaubt, dass viele deutsche Baufirmen für diese neue Herausforderung nicht gerüstet sind. Für sie wäre schon längst die bessere Alternative gewesen, den Markt frühzeitig zu verlassen. Er hält nichts davon, den Markt abzuschotten. Wenn osteuropäische Firmen Bauleistungen billiger anbieten, sei das ein Vorteil für alle.

      Luft verschafft den kleinen und mittleren Baufirmen derzeit allenfalls die Diskussion um die Abschaffung der Eigenheimzulage. Hermann Josef-Hupe verdankt ihr allein in diesem Jahr Aufträge für 11 Einfamilienhäuser.

      Autor: Wolfgang Schiller

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      Links ·
      Prognosen des Ifo-Instituts:

      ·
      Hauptverband der Deutschen Bauindustrie

      ·
      Zentralverband des Deutschen Baugewerbes

      ·
      Bericht: "Die deutsche Bauwirtschaft im Zuge der EU-Osterweiterung"

      ·
      Studie zur Schwarzarbeit am Bau



      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 30.09.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=104
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 22:52:03
      Beitrag Nr. 345 ()
      Sicherheitshürde
      Wie der US-Zoll in Deutschland kontrolliert

      BR | 30.09.2003 | 21:55

      Der 11. September ist drei Jahre her, doch die Angst vor Terroranschlägen grassiert in den USA. Präsident Georg Busch will Amerika sicherer machen. So wurde der US-Zoll und Grenzschutz (U.S. Customs and Border Protection) der neuen Abteilung für Heimatlandschutz zugeteilt. Er soll nicht nur die Flughäfen sicherer machen, sondern den gesamten Container-Warenverkehr. Denn würden Terroristen einen Anschlag auf einen Seehafen mit einem Waren- Container verüben, würde das weltweite maritime Handelssystem wahrscheinlich zum Stillstand kommen. Heimatlandschutz beginnt für die Amerikaner bereits in Übersee. Deshalb haben die USA ein Sicherheitsprogramm initiiert, CSI (Container Security Initiative), an dem sich die wichtigsten Häfen der Welt beteiligen, darunter auch Hamburg und Bremerhaven.
      Über 6 Millionen Container pro Jahr werden weltweit in die USA verschifft. Sie aber sind auch ein mögliches Versteck für Sprengstoff, Bomben oder gar Bio-Waffen. Deshalb verlangen die Amerikaner, dass Reeder ihre Ladung sicherer machen. So müssen sie 24 Stunden vor dem Einlaufen eines Schiffes sämtliche Daten über Inhalt, Ziel und Herkunft der Container, die verladen werden sollen, dem US Zoll übermittelt haben. Grundsätzlich will man neuerdings wissen was, von wem, wohin in die USA geschickt wird. Das bedeutet für deutsche und amerikanische Zöllner die Bewältigung von gigantischen Datenmengen.

      Wird z.B. ein bestimmter Container als verdächtig eingeschätzt, dann nimmt der deutsche Zoll Durchsuchungen vor. Über den Inhalt eines Containers gibt die high-tech Röntgenprüfanlage Aufschluss. Reicht das nicht aus, können die Beamten eine Entladung des Containers anordnen, d.h. die Ausfuhr erstmal stoppen. Die US Zöllner arbeiten dabei im Hintergrund. Keine Öffentlichkeit, keine Interviews. Auch was bisher gefunden wurde, wird nicht bekannt gegeben.

      Doch sollen Container, die eine Vorauswahl und Kontrolle im Sinne der CSI durchlaufen haben, in den USA schneller abgeladen und zügiger zur Einfuhr abgefertigt werden. Häfen mit CSI-Standards sind deswegen für Unternehmer ein Muss, die auf termingerechte Warenlieferungen angewiesen sind.

      Experten schätzen, dass die zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen, allein für die weltweit agierenden Reeder sich auf ungefähr auf eine Milliarde Dollar belaufen. Und dass dann laufende Kosten auf die Linienreeder zukommen von ungefähr 700 Millionen Dollar pro Jahr. Würde jeder Container noch mit einem Sender ausgerüstet wie die Amerikaner es wünschen, wären die Kosten noch viel höher. Bereits jetzt haben die Reeder aus Kostengründen die Anzahl der Schiffe in Richtung USA reduziert und gegenwärtig gibt es beim Export in die USA einen Rückstau von rund drei Wochen.

      Das macht es für die Spediteure nicht einfach, ihren Kunden eine termingerechte Warenlieferung zu garantieren. Zudem sind die Frachtkosten für einen Container in die USA um 50 bis 100 Dollar angestiegen. Auch die 24 Stunden Regelung bedeutet in der Praxis eine wesentlich längere Bearbeitungszeit als ursprünglich vorgesehen. Falsche Angaben auf Ausfuhrpapieren werden mit Bußgeldern geahndet. Viele Spediteure verschiffen über Kanada oder Mexiko nach USA, um die CSI Regelungen zu umgehen. Doch damit ist es ab April 2004 auch vorbei, denn dann werden auch diese Länder an der US-Initiative teilnehmen.

      Insgesamt betrug die deutsche Ausfuhr nach Amerika im vergangenen Jahr 67 Milliarden Euro, Tendenz fallend. Den Deutschen Exporteuren macht vor allem der gestiegene Eurokurs zu schaffen. Verzögerungen bei der Auslieferung könnten das USA Geschäft weiter gefährden. Insbesondere Just in time Zulieferer könnten durch das engere Zeitfenster in Bedrängnis geraten. Geht etwas schief bei Herstellung, Transport oder Auslieferung, gerät die Weiterverarbeitung in den USA ins Stocken. Der Schaden wäre immens. Große Exporteure haben jedoch die Möglichkeit sich am so genannten C-TPAT (Customs Trade Partnership Against Terrorism) zu beteiligen. D.h. sie geben dem US Zoll vorab Angaben über die Sicherheitsvorkehrungen in ihren Unternehmen, dann geht die Abfertigung zügiger.

      Noch komplizierter wird ab Ende 2003 der Lebensmittelexport. Denn laut US-Bioterrorismus-Gesetz muss jeder Exporteur von Nahrungsmitteln in die USA sich bei der FDA, der amerikanischen Food and Drug Administration, registrieren. Die Registrierung beginnt am 12.Oktober und ist kostenfrei. Registriert werden muss jedoch jede einzelne Produktionsstätte und jedes Warenlager. Was bei Bier einfach noch sein dürfte, könnte sich bei Delikatessen beispielsweise als umso komplizierter erweisen. Denn der Verdacht liegt nah, dass die USA im Namen der Sicherheit, eine neue Form von Protektionismus anstrebt. Doch wer sich nicht bis Ende Dezember registriert haben wird, wird auch keine Nahrungsmittel mehr in die USA exportieren können.

      (will man das Handelsbilanzdefizit etwa so ausgleichen?):confused:

      Autor: Judith Kotra

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      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 30.09.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=106
      Avatar
      schrieb am 01.10.03 12:22:45
      Beitrag Nr. 346 ()
      Hervorragend!

      Weiter so!

      :)
      Avatar
      schrieb am 01.10.03 18:57:23
      Beitrag Nr. 347 ()
      Der Tanz beginnt – Ist ein Kollaps des US-Dollar noch aufzuhalten ?
      (01.10.2003)

      Am internationalen Devisenmarkt geht es rund. Er scheint aus seinem Dämmerschlaf erwacht zu sein, in den er nach dem Statement der sieben führenden Industrieländer (G-7) vom vorletzten Wochenende zunächst gefallen war. Jetzt geht es wohl zur Sache.

      Unter der tristen Begleitmusik sehr enttäuschender Konjunkturzahlen aus den USA fällt der US-Dollar nun anscheinend ungebremst besonders gegenüber dem Euro. Dabei setzte der auf breiter Front zu verzeichnende Schwächeanfall des Greenback zunächst gegenüber dem Yen ein.

      Der Yen aber wird von der Notenbank in Tokio inzwischen recht gut in Schach gehalten. Noch, sollte einschränkend gesagt werden. Die Verantwortlichen dort erinnern sich nur zu gut daran, dass eine zu starke Aufwertung des Yen gegenüber dem Dollar in den vergangenen 13 Jahren gleich drei zunächst verheißungsvolle Konjunkturerholungen ins Gegenteil umschlagen ließ.

      Wir wissen nun, dass die Notenbank in Tokio auch im September massiv zu Lasten ihrer Währung interveniert hat, und zwar weit stärker, als es weithin vermutet worden war. Dresdner Kleinwort Wasserstein weist darauf hin, dass die Interventionen wahrscheinlich auf die erste Septemberhälfte konzentriert waren. Nach Lage der Dinge sei ein monatlicher Rekordbetrag in nur zwei Wochen aufgewandt worden, um den Wechselkurs bei 116 Yen je Dollar zu halten.

      Doch das ist inzwischen Vergangenheit. Jetzt versucht es die Notenbank in Tokio, wie sie am Dienstag eingestand, zum einen mit verdeckten Interventionen über die Federal Reserve Bank of New York. Es gilt als sehr fraglich, ob sie damit auf Dauer den gewünschten Erfolg hat. Zum anderen versucht man es in Tokio wieder einmal mit verbalen Interventionen. Doch hier verhält es sich wie mit den Rücktrittsdrohungen des deutschen Bundeskanzlers: Mit mehrfacher Wiederholung verbrauchen sie sich bis zur Bedeutungslosigkeit.

      Als den nächsten Halt scheinen sich die Japaner nun die Marke von 110 Yen je Dollar ausgesucht zu haben. Wenn nicht alles täuscht, wird es sehr teuer, sie zu verteidigen. Devisenhändler argwöhnen, dass ein regelrechter Run einsetzt, wenn diese Zone unterschritten wird. Ob sich die Notenbank in Tokio einer solchen Kaufwelle dauerhaft entgegenzustellen vermag, ist sehr zweifelhaft.

      Und der Euro? Der Dollar war vor einigen Monaten schon einmal hier. Daher haben die gegenwärtig entstehenden Wechselkurse keinen wirklichen Neuigkeitswert.

      Doch wir dürften uns keine Illusionen machen: Der langfristige Aufwertungsprozess des Euro ist noch lange nicht abgeschlossen. Nach Lage der Dinge wird die Konjunktur im Euroraum nach der jetzt zu verzeichnenden leichten Erholung abermals abstürzen. Ein neuerlicher Dämpfer wird von der Exportwirtschaft ausgehen und die ganze Misere nur noch offenkundiger machen. Da helfen auch die jetzt in Deutschland intensiver diskutierten Reformen nicht mehr. Jedenfalls rückt die nächste Zinssenkung seitens der Europäischen Zentralbank nun in greifbare Nähe.

      Und der Dollar? Noch ist seine Abwertung von der Regierung in Washington gewollt. Doch wenn dieser Prozess außer Kontrolle gerät und der Greenback zu kollabieren beginnt, werden die Kapitalmarktzinsen dort steigen. Dann ist nicht Holland, sondern Amerika in Not.

      Um zu retten, was vielleicht, aber nur vielleicht, noch zu retten ist, wird die Notenbank in Washington (Fed) die Karte der "unkonventionellen" Geldpolitik erneut aus dem Ärmel ziehen, die sie im Juni dort nach kurzem Vorzeigen wieder versteckt hat. Eine Senkung des Leitzinses würde in einer solchen Situation nämlich real nichts mehr bewirken.

      "Unkonventionell" würde hier bedeuten, dass die Fed theoretisch unbegrenzt Staatsanleihen aufkauft und/oder Anleihen anderer Emittenten aufkaufen lässt, um die Kapitalmarktzinsen in Schach zu halten und einen völligen Kollaps des amerikanischen Finanzsystems und damit auch der Wirtschaft zu verhindern.

      Wie brisant die Situation ist, scheinen die Finanzmärkte noch nicht begriffen zu haben, auch wenn sie nun langsam an ihrer eigenen Verwegenheit zu zweifeln beginnen. Das ist wie ein Dämmerzustand, in dem einem Böses schwant. Doch das richtige Erwachen kann brutal werden.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
      ---------------------------------------
      www.taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 01.10.03 19:35:34
      Beitrag Nr. 348 ()
      Wolfgang Strauss

      Die schmutzige Revolution (III)

      Solschenizyns Geschichte der Juden im Sowjetsystem ein Bestseller in Rußland


      und bitte jetzt nicht die Antisemitismuskeule schwingen.
      erst lesen,dann denken.
      Wahrheiten sind nicht immer angenehm, man muss sie trotzdem zu Kenntnus nehmen

      und wer nicht will, braucht es nicht zu lesen.



      http://www.staatsbriefe.de/1994/2003/schmutzig3.htm
      Avatar
      schrieb am 01.10.03 19:52:22
      Beitrag Nr. 349 ()
      ---------------


      Europäische Nationen im Angesicht des Kriegesund die Bedeutung der europäischen Verfassung


      von Alain Bournazel, Generalsekretär der Rassemblement pour lIndépendance et la Souveraineté de la France (RIF)


      Das Problem Nummer 1 der Welt ist das amerikanische Imperium. Ohne Zweifel hat die Welt immer Imperien gekannt. Aber heute ist das amerikanische Imperium das einzige auf der Welt. Eine Zeitlang hat die Welt im Gleichgewicht des Schreckens zwischen den USA und der UdSSR gelebt. So wenig perfekt es auch war, das Gleichgewicht des Schreckens war ein Gleichgewicht. Seit dem Zusammenbruch des östlichen kommunistischen Systems, der einherging mit dem Verschwinden der UdSSR, ist das amerikanische Imperium die einzige Macht, die tatsächlich eine Weltmacht ist. Hinsichtlich der Grösse ihrer Bevölkerungszahl und ihres Territoriums könnten China und Indien Weltmächte werden, im Moment haben sie aber einen so grossen Rückstand, dass sie diese Bezeichnung nicht einfordern können. Was die anderen Nationen angeht, so wiegen sie nichts oder sehr wenig.

      «Und Europa?», werden Sie fragen. Die Realität ist einfach. In internationaler Hinsicht existiert Europa nicht. Die Europäische Union hat zwar viele Regeln miteinander in Übereinstimmung gebracht, eine gemeinsame Politik entwickelt und sogar eine Einheitswährung unter 12 Mitgliedsstaaten geschaffen, den Euro. Sie hat eine Aussenpolitik und eine gemeinsame Sicherheitspolitik, die GASP, wie man sie nennt, geschaffen, und trotzdem oder gerade deswegen gibt es Europa nicht.

      Einige Länder, wie das Vereinigte Königreich, haben sich bei den militärischen Operationen entschieden an die Seite der Vereinigten Staaten gestellt, während andere wiederum, darunter Frankreich und Deutschland, sehr deutlich ihre Opposition gegenüber dem Krieg erkennen liessen. Ich stelle fest, dass Frankreich, das an der Spitze war mit seiner klar ablehnenden Haltung gegenüber der amerikanischen Position, viel Unterstützung in der Welt gefunden hat. Dies ist sehr wohl der Beweis dafür, dass die Nationen des alten Europa, wie man sie nennt, eine Rolle in der Welt spielen können, sobald sie ihrem Wertesystem treu sind. Im Zusammenhang mit der Irak-Krise hat man auch feststellen können, wie leer die Versprechungen von einem Europa als Gegengewicht zu den USA sind, die die Europa-Verfechter uns vorsingen. Es war nicht die Europäische Union, die das Gegengewicht zu den USA gebildet hat, sondern es waren die Nationen, die in der Lage waren, ihre Unabhängigkeit zu beweisen.

      Unabhängigkeit wird kleiner
      Diese Möglichkeit zur Unabhängigkeit, wird sie immer möglich sein? Nichts ist weniger sicher. Jeder weiss, dass nächstes Jahr 10 neue Länder, davon 8 im Zentrum Europas gelegene, in die Europäische Union aufgenommen werden. Wir haben jedoch feststellen können, dass sich mit der Irak-Krise die meisten dieser Länder auf der Seite der amerikanischen Positionen eingeordnet haben. Sicherlich können historische Ursachen diese Entscheidung erklären. Es bleibt jedoch festzustellen, dass die Erweiterung in Zentraleuropa bereits vorhandene starke Tendenzen nur verstärken wird, nämlich dass viele Politiker das europäische Territorium als das Vorfeld der Vereinigten Staaten von Amerika betrachten.

      Mit der europäischen Verfassung verlieren die Staaten ihre Souveränität
      Das Vorhaben der europäischen Verfassung verstärkt nur diese Bedrohung. Mit dieser europäischen Verfassung würden die europäischen Staaten völlig auf ihre Souveränität verzichten, um Elemente eines neuen Ganzen zu werden, der Europäischen Union, die alleine über die aussenpolitische Souveränität verfügen würde. Die europäische Verfassung sieht übrigens die Schaffung eines gemeinsamen Aussenministeriums vor.

      Diese Situation ist mit grosser Sorge zu betrachten. Ich werde nicht alle Risiken, die von dieser europäischen Verfassung ausgehen, aufzählen, jedoch die wichtigsten nennen.

      Auf finanziellem Gebiet bedeutet die europäische Verfassung eine neue Steuer, die europäische Steuer.
      Auf politischem Gebiet wird die europäische Verfassung den Verlust von politischer Unabhängigkeit bedeuten. Gesetze, die eigentlich von einer Nation ausgeführt werden müssen, werden nicht notwendigerweise von den Parlamentariern dieser Nation beschlossen, sondern können von Vertretern anderer Nationen beschlossen worden sein.
      Auf aussenpolitischem Gebiet beinhaltet die europäische Verfassung für die Völker Europas das Risiko, in Kriege hineingezogen zu werden, die sie nicht gewollt haben. Diese Disposition ist völlig konträr zur manchmal schon seit Jahrhunderten bestehenden Unabhängigkeit der europäischen Nationen. In Anwendung dieses Prinzips hat General de Gaulle einst bestätigt, «dass, wenn Frankreich einen Krieg führt, dann muss es sein Krieg sein und nicht der Krieg der anderen». In Anwendung dieses Prinzips hatte er den Rückzug Frankreichs aus der nordatlantischen Verteidigungsallianz, der Nato, beschlossen. Leider haben sich seine Nachfolger beeilt, diese weise Entscheidung zurückzunehmen.
      Die europäische Verfassung - das ist der Krieg
      Die heutige Situation ist viel gefährlicher als die der sechziger Jahre, des Jahrzehnts, währenddessen General de Gaulle die Geschicke Frankreichs lenkte. In der Tat werden die Vereinigten Staaten heute von einem Präsidenten regiert, der von einem machtpolitischen Messianismus bestimmt wird. Von daher glauben die Vereinigten Staaten autorisiert zu sein, militärische Interventionen zu beginnen, ohne Zustimmung der internationalen Gemeinschaft, verkörpert durch die Uno. Diese Haltung steht in völligem Widerspruch zur Charta der Vereinten Nationen, zu deren Erstunterzeichnern die Vereinigten Staaten jedoch gehören. Gestern war es der Krieg im Irak. Alle Sandkörner der Wüste sind durchgekämmt worden, um Massenvernichtungswaffen zu finden, die jedoch unauffindbar blieben. Aber der Irak war noch nicht am Boden, als die Vereinigten Staaten schon ihre Feindschaft auf Syrien, den Iran, Nordkorea und andere lenkten. [...] Man muss sich wohl fragen, was die kriegerischen Stimmungen des amerikanischen Imperiums beruhigen könnte. Es ist ganz offensichtlich, dass ein politisch mit den Vereinigten Staaten liiertes Europa, ein militärisch in die Vereinigten Staaten integriertes Europa fatalerweise in die Gewaltspirale hineingezogen würde, die für den gesamten Planeten die höchsten Risiken bedeutet. Zögern wir nicht, es auszusprechen: Die europäische Verfassung, das ist der Krieg, das wird der Krieg sein.

      So komme ich dann auf das Thema meiner Ausführungen zurück: «Europäische Nationen im Angesicht des Krieges». Die Antwort ist klar; sie ist brutal in ihrer Klarheit. Mit der europäischen Verfassung kann es keine unabhängigen europäischen Nationen geben.

      Wenn die Antwort klar ist, so sind auch die Schlüsse, die wir daraus ziehen müssen, klar. Wir müssen die europäische Verfassung kategorisch ablehnen. Sie ist nicht allein von ihrem Inhalt her verabscheuungswürdig; sie ist in ihrem Prinzip selbst verabscheuungswürdig; sie ist verabscheuungswürdig in ihrem ganzen Wesen.

      Im Namen der Freiheit: Nein zur EU-Verfassung!
      Was müssen wir also tun? Wir müssen nein sagen und dies so oft wie nötig wiederholen, wie in der Heiligenlitanei: nein, nein, nein, wir wollen keine europäische Verfassung. Aber wir dürfen uns nicht damit zufrieden geben, es unter uns zu wiederholen, wir müssen im grossen Massstab handeln. Ich wünsche, dass im gesamten Europa viele Versammlungen organisiert werden, Unterschriftenaktionen, Aktionen in unterschiedlichster Form, um zu zeigen, in welchem Ausmass die Verfassung, die von einem selbsternannten Konvent für die Zunkunft Europas ausgearbeitet wurde, nur eine Maschine ist, um die freien und unabhängigen Nationen des grossen Europa zu versklaven.

      Seit dem Monat Juli haben wir diese Kampagne in Frankreich mit öffentlichen Versammlungen begonnen, und wir haben festgestellt, dass die europäische Verfassung in breiten Schichten der Bevölkerung eine grosse Besorgnis hervorgerufen hat. Wir haben ein wichtiges Dossier zu dieser Frage in unserer Monatsschrift LIndépendance veröffentlicht. Ausserdem haben Etienne Tarride und ich in dem Buch, das wir über Europa geschrieben haben,* gezeigt, dass Europa nicht auf einer ökonomischen oder politischen Integration beruht, sondern auf der Kultur und der Unabhängigkeit seiner Nationen.

      Die Rassemblement pour lIndépendance et la Souveraineté de la France (Vereinigung für die Unabhängigkeit und Souveränität Frankreichs) ist bereit, sich jeder Aktion anzuschliessen, an jeder Demonstration teilzunehmen, ihre Unterstützung jeder Unternehmung zu gewähren, die bemüht ist, dabei mitzuhelfen, die Unabhängigkeit unserer Nationen zu bewahren.

      2004 wird ein entscheidendes Jahr werden wegen der europäischen Wahlen, wegen der Erweiterung, wegen der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, wegen der europäischen Verfassung. Dank unserer gemeinsamen Aktionen hoffe ich, dass sich im nächsten Jahr, ganz so wie wir es in diesem Jahr machen, die freien europäischen Völker unserer immer noch unabhängigen Nationen wieder zusammenfinden werden.

      * Bournazel, Alain/Tarride, Etienne. Pour des états-généraux de la souveraineté nationale. 1998. ISBN 2-86839531-7


      http://www.zeit-fragen.ch/
      Artikel 1: Zeit-Fragen Nr.36 vom 29.9.2003, letzte Änderung am 30.9.2003
      Avatar
      schrieb am 01.10.03 19:56:19
      Beitrag Nr. 350 ()
      auszug aus

      "subventionen
      Viel Wirbel, wenig Bewegung"
      http://www.zeit.de/2003/41/Subventionen



      In der Tat stecken die Länder so tief in den roten Zahlen wie wohl noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Bereits in den ersten sieben Monaten dieses Jahres machten sie mehr Schulden, als sie für das gesamte Jahr geplant haben. Ohne scharfe Schnitte würden 14 von 16 Landeshaushalten gegen den Verfassungsgrundsatz verstoßen, dass neue Schulden nicht höher sein dürfen als die Ausgaben für Investitionen. Inzwischen haben die Länderfinanzminister und ihre Chefs vielfach die Notbremse gezogen: Staatsdiener müssen länger arbeiten und bekommen weniger Weihnachts- und Urlaubsgeld, Förderprogramme wurden zusammengestrichen und Ausgaben, die nicht gesetzlich festgelegt sind, gekürzt.

      Auch der Bund steckt in Nöten. Weil die Wirtschaft weiter stagniert, werden Hans Eichel allein bei den Steuereinnahmen zwei bis drei Milliarden Euro fehlen. Wenn das Bundeskabinett Mitte des Monats den Nachtragshaushalt für 2003 beschließt, dürfte die Neuverschuldung im günstigsten Fall knapp unter der 40-Milliarden-Grenze liegen – höher als noch vor kurzem befürchtet. Ursprünglich war die Kreditaufnahme mit 18,9 Milliarden Euro veranschlagt. Eichels Etat-Experten machen sich bereits Sorgen, dass sie im letzten Quartal darüber hinaus noch so genannte Kassenverstärkungsmittel benötigen – eine kurzfristige Kreditaufnahme, die innerhalb von sechs Monaten getilgt werden muss oder im nächsten Jahr die Kreditaufnahme nach oben treibt.

      Von Anfang an verfolgte Hans Eichel das Gespann Koch/Steinbrück mit Skepsis. Wiederholt erklärte er: „Das reicht nicht.“ Aber auch die beiden Länderchefs haben weiter gesteckte Ziele. „Wir empfinden das alles als ersten Schritt“, sagt Steinbrück. Eichel jedoch braucht nicht erst in ferner Zukunft mehr Geld, sondern schnell.
      Avatar
      schrieb am 01.10.03 19:57:55
      !
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      Avatar
      schrieb am 01.10.03 20:07:08
      Beitrag Nr. 352 ()
      Mehr Freizeit und weniger Geld - das ist für viele attraktiv

      Nach zehn Jahren belegt die Vier-Tage-Woche bei VW: Nicht länger, sondern kürzer arbeiten, heißt das Rezept in der Krise


      Von Eva Roth



      Deutschland im Herbst: Millionen Menschen sind ohne Job. Peter Hartz, frisch gekürter Arbeitsdirektor bei Volkswagen, will seinen Posten nicht mit Massenentlassungen antreten. Seine Idee: die Vier-Tage-Woche. Vor zehn Jahren begann in Wolfsburg das Projekt gegen Erwerbslosigkeit.

      IG Metall und der VW-Vorstand vereinbaren, dass alle Beschäftigten 20 Prozent weniger arbeiten und im Schnitt dafür 16 Prozent weniger Lohn bekommen. Im Gegenzug verspricht der Autokonzern, niemanden auf die Straße zu setzen. VW rettet so 20 000 Jobs, schätzt der Betriebsrat. 10 000 Stellen werden per Vorruhestand abgebaut.

      Das war 1993. Zehn Jahre später ist Zeit, Bilanz zu ziehen: Was als kurzfristiges Kriseninstrument gedacht war, hat sich zu einem Modell gemausert, das viele Firmen übernommen haben. Experten loben den "Vorbildcharakter" und ermuntern Manager, das Instrument mutiger zu nutzen, statt über längere Arbeitszeiten zu sinnieren.

      Bei VW werde die Vier-Tage-Woche ständig als "Flexibilisierungsinstrument" genutzt, sagt Betriebsrat Werner Widuckel. Je nach Auftragslage montieren die Leute mal mehr, mal weniger Autos. VW halte damit die Balance zwischen dem Wunsch der Beschäftigten nach sicheren Jobs und dem Interesse des Konzerns nach Flexibilität. So habe das "atmende Unternehmen" (Hartz) heute mit 104 000 Arbeitern und Angestellten mehr Personal als vor zehn Jahren.

      In der Metall- und Elektroindustrie hat sich das Instrument bereits etabliert. Seit 1994 kann dort die Arbeitszeit auf 29 Stunden pro Woche gesenkt werden - ohne Lohnausgleich. Umfragen zeigen, dass mehr als 1200 Firmen - und damit ein Fünftel der tarifgebundenen Betriebe - diese Möglichkeit schon genutzt haben. Mehr Freizeit und weniger Geld: Mit diesem Gedanken können sich viele Beschäftigte anfreunden. Bei VW in Emden fanden sie es irgendwann völlig normal, nur von Montag bis Donnerstag zu arbeiten, sagt die Soziologin Kerstin Jürgens. Bei den meisten wurde das Familienleben entspannter. Als bei VW wieder mehr zu tun war, seien viele bereit gewesen, bei der Vier-Tage-Woche zu bleiben. Doch das sei für den Konzern nicht in Frage gekommen. Der Arbeitswissenschaftler Helmut Spitzley findet das ärgerlich: "Bedeutet Atmen nur, dass das Unternehmen atmet und die Leute hin und her gepustet werden?"


      http://www.fr-aktuell.de/ressorts/wirtschaft_und_boerse/wirt…
      Avatar
      schrieb am 01.10.03 20:08:29
      Beitrag Nr. 353 ()
      ENBW

      3700 Stellen stehen auf der Streichliste




      Frankfurt a.m. · 30. September · rtr / fr · Der Strom- und Gasversorger Energie Baden-Württemberg (EnBW) will rund ein Drittel seiner Stellen in der Kernsparte Energie abbauen. Das Management habe den Betriebsrat informiert, dass 3700 der insgesamt 13 000 Arbeitsplätze gestrichen werden sollten, sagt der Sprecher des Arbeitskreises der EnBW-Betriebsräte, Peter Neubrand. Die Gespräche mit der Konzernleitung, die seit einiger Zeit ruhen, sollten am Donnerstag wieder aufgenommen werden. Die Arbeitnehmervertreter lehnen die Pläne der Führungsriege strikt ab: "Der Stellenabbau muss sozialverträglich sein. Ein Abbau in dieser Größenordnung ist nicht ohne betriebsbedingte Kündigungen machbar."
      Bei den Verhandlungen geht es nicht nur um das Kappen von Arbeitsplätzen, sondern auch um Gehaltskürzungen. Dadurch sollen bis 2006 die Personalkosten um 350 Millionen Euro gedrückt werden. Insgesamt will der Konzern die Aufwendungen in den nächsten drei Jahren um eine Milliarde Euro eindampfen. Konkrete Zahlen für Jobabbau legte die Führungsriege bislang nicht vor. 2003 erwartet der Konzern vor allem wegen defizitärer Töchterfirmen rund eine Milliarde Euro Verlust.


      http://www.fr-aktuell.de/ressorts/wirtschaft_und_boerse/wirt…
      Avatar
      schrieb am 01.10.03 20:19:37
      Beitrag Nr. 354 ()
      auszug aus
      Union wieder im Steuer-Streit
      Gegenwind für Merkel

      http://www.n-tv.de/3186548.html



      Länger arbeiten, weniger Rente
      (wieder solche wundervolle Lösungsvorschläge)

      Inhaltlich stellte Merkel sich hinter die Vorschläge der Herzog-Kommission. Das Rentenniveau werde deutlich sinken müssen, wobei ein Absinken unter Sozialhilfeniveau durch einen steuerfinanzierten Zuschuss zu einer Mindestrente verhindert werden solle. Das Renteneintrittsalter müsse um mindestens vier Jahre steigen, und Rente ohne Abschläge könne nur erhalten, wer 45 Jahre lang gearbeitet habe.

      Der Umbau der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Pflegeversicherung zu einem kapitalgedeckten System ermögliche eine demografisch verlässliche Vorsorge, so Merkel. Die Herzog-Kommission hatte vorgeschlagen, die paritätische Finanzierung der GKV aufzugeben. Empfohlen wird der Umstieg auf ein Prämienmodell mit individuellen, vom Altersrisiko abhängigen Beträgen. Diese einkommensunabhängige Prämie könnte monatlich etwa 264 Euro betragen.

      In der Steuerpolitik forderte Merkel ein völlig neues Einkommensteuergesetz mit einfachen und niedrigen Tarifen. Sie kündigte noch für Oktober einen entsprechenden Vorschlag an.

      Länger arbeiten, weniger verdienen
      ( soll so etwa , der von vielen herbei ersehnte Wirtschaftswachstum kommen? Ohne Moos, nix los. Aber wem sagt man das?

      Die CDU-Chefin forderte zudem eine grundlegende Neuordnung der Arbeitswelt. Dabei gehe es zum einen um eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit um eine bis zwei Stunden und darüber hinaus um eine Umstellung auf Jahresarbeitszeitkonten.

      Das starre Tarifsystem passe nicht mehr in das 21. Jahrhundert, kritisierte Merkel. Ermöglicht werden müssten betriebliche Bündnisse für Arbeit sowie Niedriglohn-Jobs. Diese gebe es in Deutschland nicht mehr, weil die Sozialhilfe die faktische Lohnuntergrenze darstelle. Es gehe um ein Potenzial von über zwei Millionen Arbeitsplätzen.
      :confused:
      Avatar
      schrieb am 01.10.03 20:24:22
      Beitrag Nr. 355 ()
      44 Millionen Amerikaner ohne Krankenversicherung


      Die Zahl der Amerikaner ohne Krankenversicherung ist im vergangenen Jahr um 2,4 Millionen US-Bürger auf 43,6 Millionen gestiegen. Im Vergleich zu 2001 kletterte die Rate der nicht Versicherten von 14,6 auf 15,2 Prozent - der größte Anstieg in den vergangenen zehn Jahren.

      Die neuen Daten der US-Statistikbehörde Census Bureau zeigen, dass vor allem die Mittelklasse von dem Problem betroffen ist. Allein in dieser Gruppe, die ein Jahresgehalt zwischen 25.000 $ und 75.000 $ verdient, haben im letzten Jahr 1,4 Millionen Amerikaner ihren Versicherungsschutz verloren. Das Census Bureau macht dafür vor allem die schlechte Wirtschaftslage verantwortlich.

      In den USA gibt es keine gesetzliche Versicherungspflicht. Nur 61,3 Prozent der Amerikaner sind über ihren Arbeitgeber krankenversichert, der freiwillig Beiträge oder Zuschüsse zahlt. Wenn Firmen Arbeitsplätze abbauen oder die Versicherungsleistungen kürzen, um Kosten zu sparen, verlieren die Angestellten ihren Versicherungsschutz. Entsprechend ist die Prozentzahl derjenigen, die über ihren Arbeitgeber versichert sind, in den vergangenen beiden Jahren um 2,3 Prozentpunkte gesunken.

      Politiker reagieren sensibel

      Erst vor wenigen Tagen hatte das Census Bureau einen Anstieg der Armutsrate in den USA auf 12,1 Prozent gemeldet. Politisch ist die wachsende Zahl der nicht Versicherten jedoch weit brisanter: Die Sorge um ihre Krankenversicherung ist für viele Amerikaner zu einem der wichtigsten Themen geworden. Weil zunehmend die Mittelklasse betroffen ist - deren Angehörige im Gegensatz zu vielen Armen wählen gehen -, können Politikern das Thema kaum ignorieren.

      Anders als noch vor wenigen Jahren gibt es heute in den USA einen Konsens, dass 43 Millionen Amerikaner ohne Versicherung ein ernstes politisches und soziales Problem darstellen. Streit herrscht jedoch bei der Frage, wie es gelöst werden soll. Die Demokraten versuchen, die Mängel bei der Krankenversicherung zum Thema bei der Präsidentschaftswahl 2004 zu machen. Die neuen Daten sind dabei Munition, mit der die Regierung von Präsident George W. Bush unter Druck gesetzt werden soll. "Viele Leute sehen noch nicht, wie groß dieses Thema ist", zitierte die "New York Times" gestern den republikanischen Meinungsforscher Bill McInturff.

      Demokraten steigen auf das Thema ein

      Fast alle demokratischen Präsidentschaftsbewerber haben Pläne vorgestellt, um die Zahl der nicht Versicherten zu senken. Der Abgeordnete Dick Gephardt ging so weit, eine staatlich finanzierte Krankenversicherung für sämtliche US-Bürger zu fordern - ein Plan, der noch vor zehn Jahren zu Beginn der Amtszeit von Bush-Vorgänger Bill Clinton gescheitert war. Heute sind solche Konzepte zumindest wieder in der Diskussion.
      Die Zahl der US-Bürger ohne Krankenversicherung ist im vergangenen Jahr stark angestiegen. Die demokratischen Präsidentschaftsberwerber versuchen das Thema für ihren Wahlkampf zu nutzen.

      Das Weiße Haus lehnt eine staatliche Krankenversicherung jedoch ab. Bush will die Zahl der Versicherten durch zwei Gesetzesinitiativen erhöhen: Steuerfreibeträge für Versicherungskosten und eine Begrenzung der Summen, die falsch behandelte Patienten von Ärzten oder Versicherungen einklagen können. Dadurch sollen die Gesundheitskosten - und damit die Versicherungsprämien - gesenkt werden. Die Behandlungskosten sind in den USA auch deshalb so hoch, weil viele Ärzte hohe Haftschutzprämien bezahlen müssen.

      Quelle: ftd.de 1.10.2003
      Avatar
      schrieb am 01.10.03 20:35:15
      Beitrag Nr. 356 ()
      Große Konfusion ums Geld
      ++ Ausufernde Geldmenge ++


      (auf der einen Seite wachsen die Guthaben und auf der anderen Seite wachsen in der gleichen Menge die Schulden
      Je größer die Guthaben, um so schneller das Wachstum der BEIDEN Seiten (Gläubiger /Schuldner)
      das System ist halt so)



      Es ist schon ein bizarrer Befund: Über nichts wird an der Börse und in der Wirtschaft mehr geredet als über das Geld. Doch nirgendwo ist das Bild, was denn nun eigentlich gemeint ist, unschärfer als beim Geld. Vom britischen Staatsmann William Gladstone stammt das schöne Bonmot "Nicht einmal infolge der Liebe sind so viele Menschen verrückt geworden wie infolge des Nachdenkens über das Wesen des Geldes". Und bis heute hat sich daran nichts geändert. Denn obwohl wir mittlerweile Atombomben bauen und auf den Mond fliegen können, ist sich die Wirtschaftswissenschaft immer noch nicht einig, was Geld ist und welche Wirkungen das Geld auf die Wirtschaft ausübt. Von den Börsianern ganz zu schweigen.

      Nehmen wir nur einmal die gegenwärtige Situation: Weltweit steigen die Geldmengen derzeit in Rekordgeschwindigkeit – und trotzdem kommt die Wirtschaft nicht in Schwung. Und von Inflation ist weit und breit nichts zu sehen. Wenn wir einmal von den staatlichen Monopolpreisen absehen. Wie ist das zu erklären? Die einen reden von einer zeitlichen Verzögerung, da die Geldmenge erst einmal bestimmte "Kanäle" durchlaufen müsse, bis sie ihre Wirkungen entfalten kann. Beachtet man, dass die Geldmengen bereits seit Jahren nach oben schießen, müssen das wirklich lange Kanäle sein, die mindestens bis ans Ende der Welt und wieder zurücklaufen. Die anderen hingen sagen, die in den Statistiken erscheinenden Geldmengen wären völlig unwichtig. Wichtig hingegen sei nur die umlaufenden Geldmengen. Das ist natürlich ein ebenso bequemes Argument, denn da die "umlaufende Geldmenge" sich der Messung entzieht, kann man mit ihnen letztlich alles erklären. Doch etwas, das alles erklärt, so wissen nicht nur die Wissenschaftler, erklärt letztlich überhaupt nichts.


      ++ Irrlehre ++

      Der wirkliche Grund für die Nicht-Übereinstimmung von Geldmengen- und Preis- sowie Wirtschaftsentwicklung liegt deshalb auch viel, viel tiefer. Man muss dazu verstehen, dass der behauptete Zusammenhang, nach dem Geldmengensteigerungen entweder zu einem Anspringen der Wirtschaft oder aber zu einer Steigerung der Inflation führen, der Lehrsatz einer mittlerweile als falsifiziert zu betrachtenden Theorie ist. Es ist dies die Lehre des Monetarismus, die heute weltweit theoretisch und empirisch als Irrlehre entlarvt ist.

      Die Wissenschaft, sowie wir alle, die mit der Wirtschaft und Börse zu tun haben, stehen damit vor dem Dilemma, dass wir samt und sonders in unseren Köpfen eine falsche Theorie über das Geld haben. Und überdies – schrecklicherweise – über keine andere, bessere Theorie verfügen. In der gesamten liberalen Wirtschaftstheorie von der Klassik über die Neoklassik bis hin zum Monetarismus wird das Geld nicht angemessen thematisiert. Geld hat dort keine Funktion; es ist dort nicht mehr als ein blinder Fleck. Als die Menschen wussten, dass die Erde keine Scheibe, sondern eine Kugel ist, wurde ein großer Erkenntnisgewinn erzielt. Eine falsche Theorie wurde durch eine richtige ersetzt. Beim Geld ist es viel schwieriger. Hier wissen wir zwar mittlerweile, dass es – im übertragenen Sinne – keine Scheibe ist. Doch kaum jemand hat eine Vorstellung, was es anstelle dessen sein könnte. Aus diesem Grunde bleibt die Mehrheit von uns rat- und bewegungslos im Netz der alten und falschen Theorie gefangen.


      Das lange Warten hat ein Ende: Nach den beiden letzten Romanen von Bernd Niquet, "Der Zauberberg des Geldes" und "Das Orwell-Haus", ist nun unter dem Titel "Klabautermannzeit" der letzte Band dieser "Trilogie aus einer begüterten Welt" erschienen. Sie können das Buch hier bestellen.


      Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
      http://www.instock.de/Nachrichten/10134573/pos/2
      Avatar
      schrieb am 01.10.03 20:37:10
      Beitrag Nr. 357 ()
      Themen des Tages

      Bless you, Amerika!

      Von Dirk Harbecke
      Der jüngst veröffentlichte Rückgang des Verbrauchervertrauens in den USA ist die offensichtlichste Ausprägung einer Reihe beängstigender Meldungen, die ich in den vergangenen Tagen in angesehenen US-Medien gefunden habe. Meldungen über soziale Entwicklungen, die zu gesellschaftlichen Erschütterungen führen, wenn die Politik nicht schnell eingreift. Einige Beispiele: Im vergangenen Jahr sind fast 1,7 Millionen Menschen in den USA in die Armut geraten, rund 2,7 Millionen Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe abgebaut worden. Die Schulden der Haushalte sind seit 2001 um ein Viertel gestiegen. Die durchschnittliche Familie hat allein fast 9.000 Dollar Kreditkartenschulden mit durchschnittlich 16,7 Karten. Und das bei seit drei Jahren sinkenden Einkommen, die durch längere Arbeitszeiten kompensiert werden müssen.

      Am stärksten beeindruckt hat mich aber folgende Meldung: Die Zahl der Amerikaner, die nicht krankenversichert sind, stieg 2002 um 5,7 Prozent auf 43,6 Millionen! Fast jeder sechste Amerikaner hat keine Krankenversicherung, weil er sie nicht bezahlen kann. Eine Hauptursache ist die Arbeitslosigkeit, weil die Menschen mit ihren Jobs auch die Versicherungsleistungen durch den Arbeitgeber verlieren. Gesundheitsexperten erwarten, dass sich der negative Trend fortsetzt.

      Nun ist Präsident Bush gefordert, wenn er im nächsten Jahr bei der Wahl in seinem Amt bestätigt werden will. Das letzte Mal, dass es einen derart starken Einbruch der Zahl der Krankenversicherten gab, war 1992 – und wurde von einem Demokraten namens Bill Clinton erfolgreich als Wahlkampfthema gegen den amtierenden Präsidenten Bush senior ins Feld geführt. Beachtenswert ist, dass ausgerechnet Texas, der Heimatstaat des ehemaligen Gouverneurs George W. Bush, den Rekord hält: Jeder vierte Texaner lebt ohne jegliche Krankenversicherung. Wer krank wird, muss Arzt und Behandlung aus eigener Tasche bezahlen und kann weniger dazu beitragen, den Konsum anzuheizen.

      Im Vergleich zu den USA ist Deutschland ein Schlaraffenland. Die Marktwirtschaft ist hier – nicht nur namentlich – sozial ausgeprägt und wird es trotz der anstehenden und notwendigen Umstrukturierungen auch bleiben.(die Hoffnung stirbt zu letzt) Wer aufgrund der angekündigten Reform-Schrittchen der Regierung einen Einbruch des Konsums und des Verbrauchervertrauens fürchtet, darf erst recht keinen Cent mehr in Amerika investieren.


      Dirk Harbecke ist Börsenexperte und Finanzkolumnist.
      http://www.instock.de/Nachrichten/10134584.html

      [ Mittwoch, 01.10.2003, 16:09 ]
      Avatar
      schrieb am 01.10.03 23:52:25
      Beitrag Nr. 358 ()
      Am Devisenmarkt spielt derzeit die Musik

      von Michael Vaupel

      Meine Urlaubsvertretung für Jochen Steffens geht heute zu Ende – ab Morgen übernimmt er wieder, hoffentlich gut erholt. Übrigens: Ich freue mich immer über Feedback zu meinen Beiträgen – wenn Sie Kritik, Anmerkungen oder sogar Lob haben, dann lassen Sie es mich per Email (info@investor-verlag) wissen. Doch jetzt in medias res:

      Zum Devisenmarkt. Warum nicht zu DAX & Co.? Nun, derzeit spielt am Devisenmarkt die Musik. Der Dollar ist meiner Meinung nach derzeit DIE Story an den Finanzmärkten. Gerade hat er die Marke von 1,17 erreicht. Früher, als die meisten erwartet haben. Für mich kommt dies jedoch überhaupt nicht überraschend. Mein Kursziel von 1,20 bis Jahresende könnte sogar deutlich übertroffen werden. Denn der Dollar wird weiter fallen. Zu Recht: Die Fundamentals sprechen schließlich eine klare und eindeutige Sprache. Und die aktuell 1,17 beim Euro sind noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. An den grundsätzlichen Problemen der US-Wirtschaft hat sich schließlich nichts geändert:

      Die amerikanischen "Doppeldefizite" (explodierendes Handelsbilanz- und Haushaltsdefizit) lasten schwer auf dem Dollar. Die USA sind ein Netto-Schuldnerland. Euroland hingegen hat zwar ebenfalls Probleme mit der öffentlichen Verschuldung, dafür gibt es aber einen Handelsbilanzüberschuss. Und Euroland ist ein Netto-Gläubigerland. Diese Fakten würden schon ausreichen, einen weiteren Euro-Anstieg zu begründen. Das ist jedoch noch nicht alles: Alan Greenspan hat es sich offensichtlich zum Ziel gesetzt, für eine Wirtschaftserholung notfalls den Dollar zu opfern. Anders ist seine Politik (angestrebte "Reflationierung" durch Explosion der Geldmenge, Aufforderung an die Konsumenten, sich weiter zu verschulden) nicht zu erklären.

      Und US-Präsident George Bush hat eine weitere Amtszeit von Alan Greenspan öffentlich unterstützt (obwohl dieser vor einigen Monaten die Steuersenkungspläne der US-Administration kritisiert hatte). So wie es jetzt aussieht, bleibt Alan Greenspan so lange im Amt, bis er tot umfällt – oder bis es eine Dollarkrise gibt. Ich setze auf letzteres.

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      Einkaufsmanagerindex gestiegen

      von Michael Vaupel

      Eben kam der europäische Einkaufsmanagerindex rein. Sie fragen sich vielleicht, was diese ganzen Indikatoren eigentlich zu sagen haben. Hauptsache, sie steigen (außer Inflation und Arbeitslosenquote), denken viele. Ok, mehr muss man eigentlich auch nicht unbedingt wissen – außer, man befasst hauptberuflich mit dieser Materie. Was man beim Einkaufsmanagerindex wissen sollte: Werte über 50,0 deuten auf eine wirtschaftliche Expansion hin, Werte darunter auf das Gegenteil. Vor diesem Hintergrund sieht es gut aus, dass der Einkaufsmanagerindex im September von 49,1 auf 50,1 Punkte gestiegen ist. Interessant der Blick auf die Länderdaten: Deutschland schaffte den wichtigen Sprung über die 50 Zähler, Italien blieb bei 49,8 und Frankreich musste sogar einen Rückgang 48,6 hinnehmen. Von einem breiten Aufschwung in Euroland kann deshalb keine Rede sein. Aber eine moderate wirtschaftliche Expansion auf vernünftiger Grundlage ist ja ohnehin das Maximum, das man derzeit erwarten kann. Was mir negativ aufgefallen ist: Die Beschäftigungskomponente des Einkaufsmanagerindex bleibt mit 45,4 Zählern recht niedrig.

      Das bedeutet, dass es für den Arbeitsmarkt weiterhin keine nachhaltigen positiven Impulse gibt. Das führt mich zu weiterführenden Fragen: Was ist eigentlich gut an einer wirtschaftlichen Erholung, wenn sie der Mann auf der Straße überhaupt nicht bemerkt? Das Steigern des Bruttoinlandsproduktes ist meiner Ansicht nach kein Selbstzweck – letztlich geht es doch immer darum, den gesamten Nutzen für alle Bürger zu steigern und dann möglichst "gerecht" zu verteilen (das ist Aufgabe der Politik). Genau so wenig sind Kürzungen und Einschränkungen von Sozialleistungen für mich kein Selbstzweck – aber sie sind oft (z.B. jetzt) das Mittel, um noch viel tiefere Einschnitte in absehbarer Zukunft vermeiden zu können.

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      Lieber Euros als Dollar im Geldbeutel ...

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Der Dollar bricht gegenüber Yen und Euro ein ...", so eine Schlagzeile. Oh là là ... die europäische Währung ist ungefähr wieder da, wo sie bei ihrer Einführung ungefähr stand. Damals nannte ich den Euro die "Esperanto-Währung" und ich fragte mich, was als nächstes passieren würde. Währungen sind durch Gold gedeckt gewesen, oder durch die Macht einer souveränen Nation, ihre Bürger auszurauben. Niemals zuvor habe ich eine Währung gesehen, die einen Vertrag und gute Absichten hinter sich stehen hatte.

      Zunächst einmal fiel die Esperanto-Währung gegenüber dem Dollar – auf ungefähr 82 Cents – und jeder sagte "Ich habe es gesagt ... der Euro kann niemals mit dem Dollar mithalten." Aber spätestens da hatte ich begonnen, den Euro in einem anderen Licht zu sehen. Während die Vertragsnationen niemals den Euro so stützen würden, wie die Polen den Zloty oder die Chinesen den Yuan stützen, würden sie auch nicht gemeinsam bereit sein, ihn zu zerstören. Denn da sich Europa nicht auf eine aktive gemeinsame Außenpolitik einigen konnte, würde es sich wahrscheinlich auch nicht auf eine aktive gemeinsame Geldpolitik einigen können.

      Das war ungefähr zu der Zeit, als die große Spekulationsblase an der Nasdaq kurz vor dem Platzen stand. Die Fed, die die guten Zeiten verlängern wollte, senkte die Leitzinsen schneller als je zuvor, während sich auf der anderen Seite des Atlantiks Wim Duisenberg kaum bewegte. Der Vorsitzende der Europäischen Zentralbank (EZB) hatte mehr Haare als Alan Greenspan, aber weniger übereilten Aktionismus.

      "Hier in Europa", so ein Freund von mir letzte Woche beim Abendessen, "wissen sie einfach nicht, wie man mit solchen Problemen umgeht." Mit einem wirtschaftlichen Abschwung konfrontiert, taten die Europäer nichts, während die Amerikaner alle Knöpfe und Schalter drückten. Die Welt lobte Alan Greenspan für seine Politik des leichten Geldes, und sie warf dem armen Duisenberg Inaktivität vor. Andererseits sah ich, dass aus der anderen Richtung die Flut kam ... und ich begann, nach sicherem Land zu suchen. Die Amerikaner waren in das Schuldenmeer gegangen, fiel mir auf.

      Das Handelsbilanzdefizit, das Haushaltsdefizit, die Erhöhungen von Hypotheken, Kreditkarten ... auf jedem Level erhöhten sich die Schulden. Die Zahl der Pleiten erhöhte sich; auch die Zwangsversteigerungen. Trotz des höchsten Schuldenstandes, den es je gab, verschulden sich die USA weiter auf Rekordniveau – um weiter auf Rekordniveau zu konsumieren. Derzeit konsumieren die USA 70 % der Ersparnisse der gesamten Welt, und sie fragen immer noch nach mehr. "Die persönlichen Konsumausgaben sind gestiegen", sagt uns eine Bloomberg-Schlagzeile.

      1970 kostete ein durchschnittliches Haus etwa das 2,3fache des durchschnittlichen Jahreseinkommens einer Familie. Jetzt liegt dieser Faktor bei über 3 ... und er steigt weiter. Die Immobilienpreise haben "Spekulationsblasenniveau erreicht", so Ed Hyman. Wo genau diese Trends enden werden, kann ich nicht sagen. Aber ich habe lieber Euros als Dollar in meinem Geldbeutel, während ich darauf warte, das herauszufinden. Hier ist Eric Fry mit mehr Details:

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      Bill Gates: Vermögen von 46 Milliarden Dollar

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      Der fortgesetzte Rückgang des Dollarkurses ist für fast jeden eine schlechte Nachricht – außer für amerikanische Stahlarbeiter und europäische Touristen. Er ist für die amerikanischen Konsumenten schlecht, egal wie oft Alan Greenspan oder US-Finanzminister Snow versuchen, die Dollarabwertung als "Wunderkur" für die Wirtschaft darzustellen. Und der fallende Greenback ist auch für die ausländischen Investoren eine schlechte Nachricht.

      Auf den ersten Blick scheint der US-Aktienmarkt ein sehr einladender Platz für Kapital zu sein ... alle Kapitalzuflüsse sind willkommen. Aber nicht alle "Gäste" werden gleich gut behandelt. Zum Beispiel hat der S&P 500 seit Jahresanfang 14,6 % zugelegt ... gerechnet in Dollar. Wenn man aber berücksichtigt, dass der Dollar gegenüber dem Euro seit Jahresanfang 11 % verloren hat, dann haben die europäischen Investoren nur 4,6 % für ihre Risikobereitschaft bekommen.

      Aber immerhin produziert der US-Aktienmarkt für Eurobasierte Investoren noch Gewinne, selbst unter Berücksichtigung der Verluste beim Dollar – was ich die "Greenspan-Steuer" nenne. Ich könnte mir vorstellen, dass dieser glückliche Zustand der Gewinne nicht von Dauer sein wird. Der Abstieg des Dollar ist der besorgniserregendste – und einflussreichste – Trend an den heutigen Finanzmärkten. Und dennoch, solange "Ciso nach oben ausbricht", scheinen sich wenige Investoren um den Rückgang des Dollar zu kümmern.

      Auf der anderen Seite bin ich auch vom Untergang der Reservewährung der Welt fasziniert. In der Tat, ich räume eine morbide Faszination mit der schwindenden Gesundheit des Dollar ein. Wie faule Erben darauf warten, dass ihr reicher Großvater endlich stirbt, so warten wir Goldinvestoren auf den letzten Atemzug des Dollar. Ich hoffe nicht, dass es so kommen wird, das möchte ich klarstellen. Ich erwarte es nur, und ich richte meine Investments danach aus.

      Der Zusammenbruch des Dollar ist nicht unausweichlich ... nur sehr wahrscheinlich. "Meine Erfahrung als ein Emerging Markets-Analyst in den 1990ern hat mich gelehrt, nach Zeichen von finanzieller Verwundbarkeit Ausschau zu halten", beobachtet der Analyst Hernando Cortina, in einem aktuellen Research-Bericht von Morgan Stanley. "Diese Zeichen beinhalten hohe Leistungsbilanz- und Haushaltsdefizite, überbewertete Währungen, die Abhängigkeit von ausländischen Kapitalzuflüssen, optimistische Bewertungen am Aktienmarkt, gekoppelt mit fragwürdigen Gewinnen ( ...) und eine scharfe politische Landschaft ... jedes dieser Signale ist bei einem Land der Emerging Markets normalerweise ein Warnzeichen, und einen Markt, der alle dieser Kriterien kombiniert, sollte man am besten vermeiden oder zumindest untergewichten. Ich konnte mir damals nicht vorstellen, dass alle diese Warnsignale einmal für den größten und wichtigsten Markt der Welt – die USA – gelten würden ..." Cortina schließt höftlich: "Die Investoren, die über den Kauf von in Dollar notierten Vermögensanlagen nachdenken, würden weise sein, wenn sie eine signifikante Dollarabwertung in den nächsten Jahren miteinkalkulieren würden."

      Übrigens: Bill Gates ist laut der Forbes 400 Liste der reichsten Amerikaner weiterhin der reichste US-Bürger. Sein Vermögen ist nach dieser Liste um 3 Milliarden Dollar auf 46 Milliarden Dollar geklettert. Aber laut meiner Berechnung haben die 43 Milliarden Dollar, die er im letzten Jahr besaß, in den letzten 12 Monaten ungefähr 5 Milliarden Dollar ihrer globalen Kaufkraft verloren. Deshalb ist Bill Gates angesichts des fallenden Dollars dieses Jahr sogar ärmer als im letzten Jahr ... so wie der Rest der Amerikaner.

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      Bekommt man das, was man verdient?

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      *** Was soll man mit dem Gold machen? Meine Kollegen Dan Ferris und Dan Denning bieten Rat:

      "Wenn der Goldpreis unter 378 Dollar fällt", schreibt der erste Dan, "dann wäre das eine große Kaufgelegenheit. Wenn er über 398 Dollar steigt, dann ist der Himmel die Grenze. Der Goldpreis hatte 1995 Probleme mit der Marke von 398 Dollar. Einige der großen Trader haben Stopps bei 380,50 Dollar gesetzt. Wenn diese Stopps erreicht werden, dann könnten sie den Goldpreis leicht unter 378 Dollar drücken, die nächste größere Unterstützung." "Ich kann kann aber nicht warten, bis der Goldpreis auf unter 380 Dollar oder so fällt ... das Gold hat wahrscheinlich noch einen langen Aufschwung vor sich. Man könnte wahrscheinlich heute 500 Dollar pro Feinunze bezahlen, und trotzdem sein Geld in zwei Jahren verdoppeln." "Das wichtige Ding, das alle Trader wissen sollten, ist, dass es ein Bullenmarkt ist, ein großer, der 23 Jahre gewartet hat."

      "Keine reine Papierwährung war jemals von Dauer. Nicht eine einzige. Selbst wenn Edelmetalle abgewertet werden, dann benötigen die Leute mehr dieser Edelmetalle, um den gleichen Betrag an Gütern und Dienstleistungen kaufen zu können."

      "Man sollte Abraham Lincoln erwähnen. Es gibt Aufzeichnungen darüber, wie die Verschuldung des amerikanischen Bundes von 90,5 Millionen Dollar zu Beginn des Bürgerkriegs (1862) auf 2,7 Milliarden bis 1865 gestiegen ist ( ...). Das Geld, um den Krieg zu führen, kam von Steuern und der Ausgabe von 250 Millionen Dollar neuen Papiergeldes."

      "Es gab damals auch so etwas wie einen Gold-Trade. Man konnte eine 120 Papier-Dollar-Anleihe für 100 Gold-Dollar kaufen. Diese Anleihe war zu 6 % verzinslich, und sie sollte zurückgezahlt werden ... in Gold. Wenn die Nordstaaten (die Union) den Krieg gewinnen würden, so die Denkweise, dann würde man eine Menge mehr als 6 % gewinnen ...

      "Wie ging es weiter ... der Goldhandel begann in New York City, kurz nachdem die Regierung die Goldzahlungen eingestellt hatte. Obwohl es als illegal und unpatriotisch eingestuft wurde, blühte der Untergrund-Goldhandel. Der Goldpreis stieg von 101,50 Dollar im Jahr 1862 auf 250 Dollar im Jahr 1864 ... und nachdem die Handelsräume geschlossen worden waren, da trafen sich die Händler einfach in der Straße ..." "Das Gold will nach oben."

      *** Währenddessen gibt Dan II. Einen Weg vor, mit dem ich mein Bedauern messen kann, nicht mehr Gold gekauft zu haben, als der Preis noch günstiger war. Dan gibt uns einen neuen Index, den er den "Reue-Preisindex des Goldes" nennt. "Ich sollte sagen", so beginnt er, "dass es nicht wirklich zählt, zu welchem Preis man Gold oder Goldaktien kauft – wenn ich mit meiner Einschätzung zu Gold und Dollar Recht habe. Wenn man sie vor der großen `Korrektur` des Dollar kauft ... der Trade der Dekade ist immer noch einfach: Verkaufen Sie den Dollar, kaufen Sie Gold."

      "Der Reue-Preisindex wird sich ändern, je höher der Goldpreis steigt. Jedes Niveau, das er hinter sich lässt, wird eins sein, an dem man hätte kaufen sollen – aber an dem man stattdessen abwartete, um zu sehen, ob das das Topp sei."

      Das aktuelle Niveau von diesem Reue-Preisindex liegt bei 350 Dollar pro Unze. Wir werden es bereuen, das Edelmetall nicht unter 350 Dollar gekauft zu haben, wenn es die Marke von 400 Dollar übersteigt, so Dan. Danach werden wir es bereuen, nicht unter 400 Dollar gekauft zu haben.

      *** Zumindest bereute ich nicht den Preis von Toilettenpapier ... zumindest jetzt noch nicht. Was ich damit meine:

      Unser südafrikanischer Korrespondent Even Pickworth hat uns dieses Update geschickt: "Simbabwe ist das einzige Land der Welt, in dem man mit dem größten Geldschein –500 Simbabwe Dollar (S-Dollar) – kein Bier kaufen kann, denn das kostet 650 S-Dollar. Eine Rolle einlagiges Toilettenpapier kostet 1.000 S-Dollar. Die durchschnittliche Toilettenpapierrolle hat 72 Blätter, also ist es billiger die 1.000 S-Dollar zu nehmen, sie in 10 S-Dollar Scheine zu tauschen, sich damit den Hintern abzuwischen und noch 280 S-Dollar übrig zu behalten ... Toilettenpapier ist immerhin wichtig, man wird es brauchen, egal ob man reich oder arm ist. Das ist die Legitimität, die Mugabe noch hat ... er hat die Preissteigerung bei Nahrungsmitteln auf 334,6 % gebracht, und seine Unterstützer haben den Landwirtschaftssektor übernommen. Tolle Sache, die er da macht."

      "Südafrika hat eine Inflation von 6,3 %, Tendenz fallend, während die Inflationsrate in Simbabwe bei 300 % liegt, Tendenz steigend. Analysten erwarten, dass die Inflationsrate in Simbabwe bis Jahresende 450 % erreichen wird. Die Regierung von Mugabe hat ein Ziel von 96 % (während sie grundlegende Güter importieren müssen, um die hungernden Massen zu unterstützen, deshalb ist es sehr unwahrscheinlich, dass dieses Ziel erreicht werden wird)."--..

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      Die Ansichten des peruanischen Ökonoms de Soto

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin

      Letzte Woche musste ich mein Gesicht wahren, als ich bei einem Vortrag des Ökonomen Hernando de Soto hier in Paris zu spät kam und mich deshalb bereiterklärte, ihm mit dem Overhead Projektor zu helfen (ich hatte darüber am Montag hier im Investor`s Daily berichtet). Ich möchte für einen Moment an die Stelle des Verbrechens zurückkehren. De Soto verrichtet eine der interessantesten Arbeiten der heutigen Volkswirtschaftslehre ... und ich habe mich mit der Frage befasst, die er in seinem Buch "The Mystery of Capital" in Kapital 5 aufwirft: "Was ist aus den fehlenden Lektionen der US-Geschichte geworden?" (Und ... ich fühle mich so, als ob ich ihm etwas schulde, wegen meiner Unterbrechung seines Vortrages."

      Hernando de Soto führt einen "Think Tank", genannt "Institute for Liberty and Democracy". Angesichts dieses Namens könnte man denken, dass es eine vorgeschobene Institution zur Parteienfinanzierung in den USA sein könnte. Das ist nicht der Fall. Das Hauptquartier dieses "Think Tanks" ist im Heimatland von de Soto, in Peru, und das Magazin "Economist" nannte dieses Institut einen der wichtigsten "Think Tanks" der Welt. De Soto erklärt in seinem Buch: "In den letzten fünf Jahren haben ich haben ich und ein paar Hundert Kollegen aus sechs verschiedenen Nationen unsere Bücher geschlossen und unsere Augen geöffnet – und wir sind in die Straßen und aufs Land unserer vier Kontinente gegangen, um zu sehen, wieviel die ärmsten Sektoren unserer Gesellschaft gespart haben. Die Quantität ist enorm."

      "Die armen Bewohner von Nationen der Drittel Welt", erklärt de Soto, "also rund 5/6 der Menschheit, haben Dinge, aber ihnen fehlt der Weg, ihren Reichtum zu repräsentieren und Kapital schaffen zu können. Sie haben Häuser, aber keine Besitzurkunden; Unternehmen, aber keine Gründungsregister. Es ist das Nichtvorhandensein von wesentlichen Repräsentationen, das erklärt, warum die Leute jede andere westliche Erfindung angenommen haben, von der Wäscheklammer bis zum Atomreaktor. Sie waren nicht fähig, ausreichend eigenes Kapital bereitzustellen, um ihren heimischen Kapitalismus funktionieren zu lassen."

      Die Unfähigkeit der ärmeren Länder, ihr Vermögen in nutzbares Kapital zu transformieren, ist keine Art der neo-kolonialen monopolistischen Verschwörung, so de Soto. Stattdessen ist sich der Westen dieses Dilemmas der ärmeren Nationen nicht bewusst: "Der Westen nimmt diesen Mechanismus so als gegen hin, dass er die Wahrnehmung seiner Existenz eingestellt hat ..." So stark, dass die Geschichte von diesem Mechanismus undokumentiert ist.

      De Soto sucht nach den Gründen, warum der Kapitalismus im Westen gedeiht – aber sonst überall in der Welt die Quelle von Verachtung ist. Seine Suche hat ihn Tausende Seiten von archiviertem Material durchsuchen lassen, ein großer Teil davon über die detaillierte Expansion der amerikanischen Pioniere nach Westen, Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts. So beschwert sich zum Beispiel im Jahr 1783 George Washington "über die Banditen ... die die Sahne des Landes zum Nachteil von vielen abschöpfen." Diese Banditen waren illegale Siedler und illegale Unternehmer, die Land besetzten, für das sie keine Besitzurkunden hatten.

      "Amerikaner und Europäer", so de Soto, "haben den anderen Ländern der Welt gesagt, dass sie mehr wie sie werden sollten. Tatsache – sie sind sehr stark so, wie es die USA vor einem Jahrhundert waren, als auch sie ein unterentwickeltes Land waren. Die westlichen Politiker waren auch einmal mit den gleichen dramatischen Herausforderungen konfrontiert, die die sich entwickelnden und ehemaligen kommunistischen Länder heute haben."

      Henry Clay, ein Senator aus Kentucky zu Beginn des 19. Jahrhunderts, meinte zu den illegalen Landnehmern: "Sie bauen Häuser, legen Obstgärten und Felder an, kultivieren die Erde und sammeln ihre Familie um sich. Wenn dann die Einwandererwelle um sie herum spült, dann steigen ihre verbesserten Farmen im Wert, es gibt Nachfrage dafür, sie verkaufen sie an die Neuankömmlinge mit großem Gewinn und ziehen weiter nach Westen ... auf diese Weise verbessern täglich Tausende und Zehntausende ihre Lebensbedingungen ..." Diese Landnehmer und Banditen wurden deshalb zu den gerühmten "Pionieren" der amerikanischen Geschichte. Leider ist oft nichts so von Schaden wie Erfolg. Denn der macht nur allzu oft übermütig und führt ins Verderben.

      De Soto beobachtet: "Die Nachfolger der Pioniere (also die Fed und auch ich, da ich Amerikaner bin) haben den Kontakt mit den Tagen verloren, als die Pioniere, die den amerikanischen Westen öffneten, unterkapitalisiert waren, weil sie selten einen Besitztitel für das Land besaßen, das sie besiedelten ... während die Technokraten (des französischen Merkantilisten) Jean-Baptiste Colbert 16.000 Kleinunternehmer hinrichteten, deren einziges Verbrechen die Produktion und der Import von Baumwollkleidern war, in Verletzung der Wirtschaftsgesetze Frankreichs. Diese Vergangenheit ist die Gegenwart von vielen Nationen."

      Die amerikanischen Neokonservativen versuchen den Irak als Testfeld, um zu sehen, ob man – wie die Leninisten des frühen 20. Jahrhunderts – eine Revolution mit vorgehaltener Waffe haben kann. In der Zwischenzeit sind die Fed und das US-Finanzministerium völlig vom Weg abgekommen. Die Tage sind vorbei, als Selbstvertrauen bedeutete, dass man sich den A ... aufriss, um ein Haus oder eine Fabrik zu errichten ... oder ein schönes Möbelstück. Jetzt werden die Kredite immer größer und Hypotheken ein Allgemeingut.

      Der Rentenfondsmanager Bill Gross nennt das "hegemonialen Untergang". In seinem September Investment-Ausblick für seinen Fonds PIMCO schreibt er: "Angenommen, Sie seien der Vorstand eines privaten Haushalts. Sie verdienen ganz gut, aber es scheint nie genug zu sein. Es gibt Rechnungen zu zahlen, und man will ja mit den Nachbarn mithalten. Sie würden gerne Geld sparen, aber Sie können es nicht, also tun sie es nicht. Im Gegenteil, in jedem Jahr des letzten Jahrzehntes haben Sie sich verschuldet, in Höhe von 4, 5 oder 6 % ihres jährlichen Einkommens, um für das zu zahlen, was sie wollen. Sie haben ein persönliches Defizit, keinen Überschuss."

      Die Leute sind nicht anders als Staaten ... früher oder später muss die Rechnung bezahlt werden. Gross: "Ohne Ersparnisse und mit einer Menge Schulden drehen sich die Räder plötzlich um. Die Gläubiger sind nicht mehr so freundlich ... vergessen Sie den Kaviar und den Hummer. Man denkt darüber nach, wie man überleben kann – und nicht darüber, wie man mit den Nachbarn mithalten kann ..."

      Die große Frage, zumindest aus meiner Sicht, ist: Wie kann es sein, dass ein Land, aus dem einst die Eigentumsrechte kamen, die das "tote Kapital" von de Soto zum Leben erwecken könnten – derzeit der Ort der größten kreditfinanzierten Konsumblase der Wirtschaftsgeschichte ist?
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      Avatar
      schrieb am 02.10.03 00:09:49
      Beitrag Nr. 359 ()
      Geld

      Die große Pleite

      Drei Millionen Haushalte in Deutschland können ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Vor Gericht landen nur die allerwenigsten Fälle.

      Von Elisabeth Dostert




      Tomm hat es geschafft. „Ich kann mich endlich wieder freuen“, schreibt der Mann, der weder Alter, Beruf noch Nachnamen nennen möchte, in einem Internet-Forum der Schuldnerberatung.

      Er ist zwar immer noch pleite, wie viele andere, die sich unter Pseudonymen wie Mineralwasser, Schuldner oder Wirdschonwiedergut auf der Homepage www.forum-schuldnerberatung.de tummeln und ihre Erfahrungen über den Umgang mit unbezahlten Rechnungen und Pfändungsfreigrenzen austauschen. Aber Tomm hat auf dem Weg aus der Schuldenfalle ein wichtiges Etappenziel erreicht. Seit kurzem läuft sein Insolvenzverfahren. Nun hat er zumindest die Aussicht, dass er in etwa sechs Jahren seine Schulden los ist.

      Im ersten Halbjahr 2003 gingen bei den Gerichten nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Bürgel mehr als 32000 Insolvenzanträge von Konsumenten und Kleingewerbetreibenden ein, gut 50 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum.

      In vielen Fällen verlockten scheinbar lukrative Ratenkredit-Angebote die Verbraucher zu überzogener Kreditaufnahme. Zwar hat der starke Anstieg der Insolvenzanträge in erster Linie strukturelle Gründe. Ende 2001 wurde ein großes Manko der Insolvenzordnung beseitigt. Seither können private Schuldner die Gerichtskosten nach und nach abstottern. Die Lage bleibt dennoch prekär.



      Letzte Ausfahrt: Insolvenz
      Vor Gericht landen nur die allerwenigsten Krisenfälle. Die Schuldner-Karriere beginnt lange vorher mit unbezahlten Rechnungen, Mahnungen, irgendwann folgen Offenbarungseid und Gerichtsvollzieher und am Ende als letzter Ausweg der Insolvenzrichter.

      Nach Schätzungen des Bundesfamilienministeriums sind knapp drei Millionen Haushalte in Deutschland überschuldet, das heißt, sie können ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen.

      Die Dunkelziffer derer, die sich am Rande der privaten Pleite bewegen, dürfte hoch sein. „Jeder dritte Erwachsene hat finanzielle Probleme“, ist Marius Stark, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände überzeugt.

      Der AG SBV repräsentiert rund 1100 meist staatlich anerkannte Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen, die bundesweit von Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Paritätischem Wohlfahrtsverband, Rotem Kreuz, Diakonischem Werk, den Verbraucherzentralen und Kommunen betrieben werden. Genaue Zahlen über das aktuelle Ausmaß des finanziellen Desasters gibt es nicht, nur Hinweise.

      So stiegen Bürgel zufolge in den ersten sechs Monaten die „gerichtlichen Maßnahmen zur Eintreibung ausstehender Forderungen“ um 14,5 Prozent auf gut 838330 Fälle. Allein mehr als eine halbe Million Schuldner mussten eine Eidesstattliche Versicherung – früher Offenbarungseid – abgeben. In vielen Fällen legten die Schuldner nur unter Haftandrohung ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offen.



      Berater ausgebucht
      In wirtschaftlich schlechten Zeiten suchen mehr Menschen die Schuldenberater auf. „Entsprechend lang seien die Wartezeiten“, sagt Peter Schubert von der Caritas Schuldnerberatung in München. Termine hat er erst wieder im Februar 2004 frei. Viele haben sich mit ihren Schulden abgefunden, „Mahnschreiben landen ungeöffnet in irgendeiner Ecke“, sagt Stark.

      Andere warten viel zu lange mit dem Gang zur Schuldnerberatung oder zum Rechtsanwalt – auch aus Scham, ihre Unfähigkeit im Umgang mit Geld öffentlich einzugestehen. „Sie können schlichtweg nicht haushalten“, sagt Stark: „Arbeitslosigkeit, Scheidung, Immobilienkauf oder Ehe lösen dann die finanzielle Katastrophe aus.“

      Zwar hat es die neue Insolvenzordnung Verbrauchern überhaupt erst ermöglicht, sich in einem mehrstufigen Verfahren von ihren Schulden zu befreien. Die Verfahren sind Schubert zufolge aber viel zu kompliziert. Außerdem fehle es an Beratungsstellen, beklagt Stark.

      Auf 50000 Einwohner müssten eigentlich zwei Berater kommen, derzeit sei es nicht einmal einer. „Da bleibt nur die Zeit für eine Nullachtfünfzehn-Beratung“, kritisiert der Sprecher der AG SBV. Eine Änderung der sozialen Verhaltensweisen oder wirtschaftlicher Unterricht sei in solchen Standard-Beratungen kaum möglich.






      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/960/18942/
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 00:26:57
      Beitrag Nr. 360 ()
      Nettoverdienst

      64,7 Prozent

      Wegen steigender Sozialabgaben bleibt den deutschen Arbeitnehmern von Jahr zu Jahr weniger von ihrem Gehalt.






      Über ein Jahrzehnt nach der Wiedervereinigung hat sich die Gehaltsschere zwischen Ost und West weiter vergrößert. Im Oktober 2001 verdienten Beschäftigte in der Industrie, im Handel sowie im Kredit- und Versicherungsgewerbe im Osten im Schnitt 2047 Euro, das waren 30 Prozent weniger als im Westen (2.937 Euro), wie der Präsident des Statistischen Bundesamtes Johann Hahlen am Dienstag in Frankfurt sagte. 1995 hatte der Abstand noch 29 Prozent betragen.

      Eines haben Beschäftigte in Ost und West gemeinsam: Ihnen bleibt wegen steigender Sozialabgaben immer weniger von ihrem Gehalt.

      Den Angaben zufolge verdienten Mitarbeiter in der westdeutschen Industrie im Oktober 2001 monatlich im Schnitt 2.835 Euro Brutto. Das waren 16 Prozent mehr als vor sechs Jahren. Im Osten stieg der Bruttoverdienst um 13 Prozent.

      Netto stiegen die Löhne und Gehälter um 15 Prozent im Westen und um 12,5 Prozent im Osten. Bereinigt um die Inflation verdienten die Beschäftigten 3,6 Prozent mehr in den neuen Länder und 6 Prozent mehr im früheren Bundesgebiet. Die Produktivität stieg im gleichen Zeitraum um knapp neun Prozent. In den erstmals erfassten Dienstleistungsbereichen Gastgewerbe, Verkehr, Nachrichtenübermittlung, Grundstücks- und Wohnungswesen sowie Vermietung beweglicher Sachen verdienten die Beschäftigten monatlich brutto 2.727 Euro.

      Die Beiträge der Beschäftigten zur Sozialversicherung stiegen zugleich von 16,4 Prozent im Jahr 1990 auf 18,7 Prozent 2001. Entsprechend verringerte sich der Anteil des Nettoverdienstes am Bruttogehalt in den vergangenen elf Jahren von 69 Prozent auf 64,7 Prozent. Und der Trend dürfte anhalten, denn im Frühjahr 2003 stiegen sowohl die Beiträge zur Renten- als auch zur Krankenversicherung.

      Nach Angaben Hahlens erhöhten sich von Oktober 2001 bis April 2003 die Bruttoverdienste bundesweit um 4,1 Prozent.

      Frauen legen zu

      Nach wie vor verdienen Frauen im Schnitt weniger als Männer. Zwar stiegen die Verdienste der Mitarbeiterinnen seit 1995 mit einem Plus von 20 Prozent stärker als die der Männer (plus 15 Prozent). Allerdings lagen ihre Löhne und Gehälter in Industrie, Handel sowie Kredit- und Versicherungsgewerbe mit 2.340 Euro um 22 Prozent unter denen der Männer.

      In den neu erfassten Dienstleistungsbereichen verdienten Frauen mit 2.308 brutto 21 Prozent weniger als die Männer.

      (sueddeutsche.de/AP)
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 15:48:59
      Beitrag Nr. 361 ()
      Wussten Sie schon, dass...?
      (02.10.2003)

      80 Prozent aller im September veröffentlichten Daten zur Konjunktur in den USA haben die Erwartungen nicht erfüllt. Dies stellt eine komplette Kehrtwende zu den Zahlen vom August dar.

      (Quelle: Merrill Lynch)

      www.taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 15:54:40
      Beitrag Nr. 362 ()
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      Der weltweite Nutzen der Gerechtigkeit

      von Joseph Stiglitz
      Guardian / ZNet 28.09.2003


      Die Welt sollte ein persönliches Interesse daran haben, Ungleichheiten zu beseitigen und nicht nur daran, die eigenen zu schützen, sagt Joseph Stiglitz.

      Stell‘ dir vor, du wärst ein armer afrikanischer Bauer, der versucht seinen ein, oder zwei Hektar genug zum Leben abzugewinnen. Du hättest vielleicht noch nicht von der Globalisierung gehört, wärst aber davon betroffen: Du verkaufst Baumwolle, die von einem Arbeiter aus Mauritius zu T-Shirts verarbeitet wird, die ein Italiener entworfen hat und die irgendein wohlhabender Bürger aus Paris tragen wird. Dir geht es besser als deinem Großvater, der sich von seiner Landwirtschaft ernähren musste. Aber du bist auch ein Opfer der Globalisierung und des ungerechten internationalen wirtschaftlichen Machtgefüges, das über die Jahre hinweg gestaltet wurde, und in manchen Punkten in immer ungerechtere Formen annimmt.

      Der Preis der Baumwolle, die du verkaufst, ist deshalb so niedrig, weil Amerika jährlich bis zu US$ 4 Milliarden ausgibt, um seine 25 000 Landwirte zu subventionieren und sie dadurch dazu ermutigt mehr und mehr Baumwolle zu produzieren. Die Subventionen übersteigen sogar den Wert dessen, was sie produzieren. Und in dem Maß wie sie mehr produzieren, fällt der Preis für die Baumwolle weiter und weiter.

      Du hattest darüber nachgedacht, dein Einkommen, durch den Kauf einer Kuh und den Verkauf ihrer Milch zu verbessern, aber der Milchpreis ist so niedrig, dass es sich nicht lohnt. Deine frische Milch muss mit dem Milchpulver aus Amerika und Europa konkurrieren, die ihre Kühe mit US$ 2 pro Tag subventionieren. Das ist mehr als du, oder irgendeiner der benachbarten Bauern verdienen.

      Du fragst dich, wie es wäre, wenn du so gut behandelt werden würdest, wie Europa seine Kühe behandelt. Deine Schwester hat früher in einer Fabrik in der Stadt gearbeitet um etwas zum Einkommen der Familie beizusteuern, aber vor fast zehn Jahren wurde die Regierung gezwungen die bestehenden geringen Zölle abzuschaffen und die Fabrik wurde geschlossen: etwas, das sich die „Uruguay – Runde“ nannte, behauptete Zölle und Subventionen für jene Güter, die dein Land produzierte und die mit, in Europa und Amerika produzierten Gütern konkurrieren mussten, wären illegal.

      Dein Bruder starb an Aids und du weißt, dass es Medikamente gibt, die es heilen könnten, und dass deine Regierung sogar bereit wäre, diese zu einem, Preis anzubieten, den du bezahlen könntest. Aber die US amerikanischen Medikamentenhersteller behaupten, du müsstest den amerikanischen Preis bezahlen, und der liegt, das weißt du, bei US$ 10 000 pro Jahr. Das ist soviel, wie das ganze Einkommen, das du in den nächsten zwanzig Jahren erwirtschaften wirst, zusammengerechnet. Zugegeben, du verstehst nichts von der modernen Wirtschaft, aber du kannst nicht begreifen, warum diese kleinen Pillen so viel kosten sollen. Vor allem, weil du weißt, dass eine südafrikanische Firma bereit wäre, sie zu einem Bruchteil dieses Preises anzubieten. Aber die Amerikaner sagen nein; etwas das sich ‚geistige Eigentumsrechte‘ nennt, erlaubt es ihnen allen anderen zu verbieten, diese Medikamente zu produzieren – der Preis ist das Recht deines Neffen zu leben. Du verstehst ihr Bedürfnis Profit zu machen, aber gibt es denn keine Grenzen?

      Die amerikanischen Präsidenten besuchen Afrika jetzt öfter als früher, und sie alle sagen, dass ihnen dieser Kontinent und seine Probleme am Herzen liegen. Aber du verstehst nicht, warum sie das Leben für dein Volk so schwer machen. Dieser afrikanische Landwirt hat vielleicht keine akademische Bildung, aber er hat das Recht mindestens ebensoviel über das Treffen, das in Cancùn stattfindet, zu wissen, wie der durchschnittliche Amerikaner oder Europäer – dein sein Leben hängt wesentlich stärker von dessen Ergebnissen ab.

      Im November 2001 trafen sich die Nationen der Welt um eine neue Handelsrunde in Doha zu beginnen. Um zu betonen, dass das erste Ziel der Agenda war, die Ungleichgewichte der Vergangenheit berichtigen, wurde sie Entwicklungsrunde genannt. In Cancun werden die Handelsminister den Fortschritt der Runde beurteilen - aber es gibt mehr als genug Gründe, sich Sorgen zu machen. Es sieht ganz so aus, als ob die reichen Länder mal wieder ihre wirtschaftliche Stärke einsetzen werden, um, auf Kosten der Armen, zu bekommen was sie wollen.

      Die letzte Verhandlungsrunde war so unausgewogen, dass das die ärmste Region der Welt, Afrika südlich der Sahara, nicht nur an ihrem Nutzen nicht beteiligt war, sondern sogar noch schlechter abschnitt als zuvor.

      Die Strategie, der Amerika, und in geringerem Maße auch Europa zu folgen scheinen, ist die Übliche: harte Verhandlungen, extreme Positionen, Zugeständnisse in der letzten Minute, Armdrücken mit den armen Ländern, enormer Druck von den Großen, stillschweigende Drohungen, die Entwicklungshilfe und andere Vergünstigungen zu kürzen und geheime Treffen unter wenigen Mitgliedern; sie alle sind wie geschaffen, um den Ärmsten Zugeständnisse zu entlocken.

      Wenigstens Europa schien mit der „Everything But Arms“ Initiative einen guten Anfang gemacht zu haben. Diese Initiative öffnete einseitig, ohne politische oder wirtschaftliche Zugeständnisse zur Voraussetzung zu machen, den europäischen Markt für die ärmsten Länder der Welt. Die Verbraucher in der EU profitierten davon, die Kosten für die europäischen Produzenten beliefen sich auf einen zu vernachlässigenden Betrag und es war eine beeindruckende Demonstration des guten Willens der Europäer. (Zugegebenermaßen hat Europa dort wenig getan, wo sich die meisten Entwicklungsländer am stärksten sorgen – in der Landwirtschaft. Das führte dazu, dass Kritker die Initiative umbenannten, in „Everything But Farms“.) Amerika verpflichtete sich, etwas vergleichbares auf die Beine zu stellen, konnte sich jedoch bis jetzt noch zu keinem konkreten Angeboten durchringen.

      Die Landwirtschaft ist lebenswichtig für die Entwicklungsländer, denn die meisten Einwohner der Dritten Welt Länder sind von ihr abhängig. Dennoch scheinen sich Europa und Amerika, nach ihren gegenseitigen Streitereien, darauf geeinigt zu haben, die Fortschritte auf einem Minimum zu halten.

      Seit 1994 hat Amerika seine Subventionen verdoppelt, anstatt sie auslaufen zu lassen. Das „Zugeständnis“, das jetzt möglicherweise erzielt wird, ist, statt einer Neuordnung der Ungleichheiten, ein bloßes Zurückrollen auf das Level von vor 10 Jahren. In der Frage des geistigen Eigentums ist Amerika das einzige Land, das immer noch den ärmsten Ländern, die zu klein sind um ihre eigenen Medikamente zu produzieren, keinen Zugang zu diesen gewährt, wie zum Beispiel Botswana. Das „große“ Zugeständnis, das schon in Arbeit ist, wird sich darum drehen, dem zuzustimmen, dem alle anderen schon ihr Einverständnis gegeben haben, aber nichts gegen die tiefer liegenden Probleme zu tun. Wie zum Beispiel die „Bio – Räuberei“, bei der multinationale Konzerne traditionelle Heilmittel und Medikamente patentieren lassen, und damit Entwicklungsländer zwingen Lizenzgebühren für Dinge zu zahlen, von denen sie immer gedacht hatten, dass es ihre eigenen wären. Während etwas gegen die bestehenden Probleme getan werden sollte, wie die Etablierung von Handelsschranken, die nicht auf Zöllen beruhen, stellt Amerika zusätzlich neue Forderungen an die Entwicklungsländer – sie sollen sich für destabilisierende, spekulative Kapitalflüsse öffnen. Gerade als der IWF erkannt hat, dass solche Kapitalflüsse das Wachstum nicht ankurbeln, sondern stattdessen größere Instabilität mit sich bringen, und dementsprechend seinen Druck auf Entwicklungsländer ihren Kapitalmarkt zu liberalisieren zurückgeschraubt hat, testet Amerika mit der WTO ein neues Forum, um diesen Punkt voranzubringen, der für die Wall Street Gewinne bringen mag, aber erhebliche Gefahren für die Entwicklungsländer mit sich bringt.

      Langsam erkennen die Entwicklungsländer, dass es besser ist, gar kein Abkommen, als ein schlechtes Abkommen zu haben. Denn es wird ein international gültiges Regelwerk benötigt, um den internationalen Handel zu regieren. Das derzeitige Regime einen kleinen Schritt in Richtung der Beschränkung der brutalen Ausnutzung der ökonomischen Stärke durch die Mächtigsten. Ein erster Baustein wurde schon gesetzt für dieses internationale Regelwerk, wenn auch einer, der unausgeglichen und ungerecht für die Dritte Welt ist. Die Industrieländer hatten Recht, sich in Doha der Neugestaltung der Ungleichheiten zu widmen. Aber heute sieht es immer mehr so aus, also ob Doha nicht viel mehr als ein Versuch war, die Entwicklungsländer dazu zu bringen sich mit an den Verhandlungstisch zu setzen. Dort war das Ziel dann nicht, diese Ungleichheiten abzuschaffen, sondern die eigene wirtschaftliche Stärke dazu zu verwenden neue zu schaffen.

      Ein Scheitern in Cancun wird nicht nur für diejenigen einen Rückschlag bedeuten, die eine gerechtere, alle umfassende internationale Handelsorganisation sehen wollen, bei der die Profite nicht nur bei den multinationalen Konzernen des Nordens landen, sondern auch bei den Armen im Süden. Es wird auch wieder einmal die Fehler der globalen Demokratie deutlich machen, die sich dieses Jahr so eindeutig zeigen: das System der internationalen Entscheidungsfindung spiegelt eben nicht die Sorgen und Interessen der Mehrheit der Weltbevölkerung wieder. Es läuft nicht nach dem Prinzip eine Stimme pro Person ab, es gesteht noch nicht einmal jedem „Dollar“ eine Stimme zu. Aber dieses Scheitern wird auch ein Hinweis sein, auf das Versagen der Demokratie in unseren Gesellschaften.

      Die meisten Europäer und Amerikaner sind für ein gerechteres globales Wirtschaftssystem. Wenn man ihnen die Wahl lassen würde, bei der Frage des Zugangs zu lebensrettenden Medikamenten gegen Aids, würde eine überwältigende Mehrheit den Standpunkt der Pharmakonzerne nicht unterstützen. Die Verhandlungen über den internationalen Handel, zeigen, ebenso wie alles andere, wie der Einfluss von Sonderinteressen, oft von Wahlkampfspenden angetrieben, die Ergebnisse in der Politik bestimmt. Das Problem ist, dass in diesem Fall die ärmsten Menschen der Welt, jene Milliarden, die mit weniger als US$ 2 pro Tag auskommen müssen, den Preis bezahlen.

      Prof. Joseph Stiglitz der Columbia Universität in New York war Mitglied des Sachverstänidgenrates von Präsident Clinton, und, von 1997-2000 Senior Vice President und Chefvolkswirt der Welt Bank. Er ist Mitgewinner des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften 2001.


      http://www.zmag.de/article/article.php?id=836
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 15:58:51
      !
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      Avatar
      schrieb am 02.10.03 16:43:37
      Beitrag Nr. 364 ()
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      Die beste Demokratie, die man für Geld haben kann

      Reinhard Jellen 02.10.2003
      Teil 2: Mehr Despotie wagen - Die Spezialdemokraten rocken weiter


      Erinnern Sie sich? Es war einmal, 1998, eine böse böse, schwarz-liberale Bundesregierung und die beabsichtigte einen wahrlich üblen Schurkenstreich gegen ihre Untertanen: Sie plante nämlich bei der Rente einen demographischen Faktor - d.h., eine Angleichung der Rente an die Bevölkerungsentwicklung - einzuführen. Dann kam der lächelnde Zwerg aus Niedersachsen, der sowohl dem BILD-Zeitung als auch dem Playboy lesenden Volk stets so trefflich aufs Maul schaut (vgl. Johannes B. Kerner is watching you!), und der hatte für den Wahlkampf extra eine große, mit vielen hochtrabenden und sittenstrengen Spitzen gespickte Keule mitgebracht.











      Und genau diese wusste das sozialdemokratische Rumpelstilzchen mit dem Blair-Papier in der Tasche vor der fernsehenden Nation mit seinem ihm urtypischen, Hannoveraner Pilstrinker-Charme medienwirksam über den Köpfen des politischen Gegners zu schwingen:



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      Die Systeme der sozialen Sicherung zukunftstauglich zu machen und damit neue Brücken in den Arbeitsmarkt zu bauen, das ist die Aufgabe, der wir uns stellen müssen. Dabei kommt es auf Konzepte an, liebe Genossinnen und Genossen. Mit punktuellen Kürzungen ist es nicht getan. Hier liegt der Grund, warum wir die Kürzung der Renten zurücknehmen werden. Ich sage das mit Bedacht auch und gerade den Kritikern dieser Ankündigung: Es geht hierbei nicht um Tausende von Mark oder gar um fünfstellige Summen, sondern es geht dabei, liebe Genossinnen und Genossen, um Durchschnittsrenten, die zwischen 900 und 1300 DM liegen - im Monat wohlgemerkt. Personen mit solch einer Rente sind betroffen. Um diese geht es bei den Maßnahmen, die die Union jetzt auf den Weg gebracht hat. Die ganz einfache Frage, die ich nicht nur an euch, sondern vor allen Dingen an diejenigen habe, denen es besser geht, lautet: Wie würden Sie, die Sie selbst ein ausreichendes, ein gutes oder - ich bin zum Neid völlig unfähig - ein hohes Gehalt haben, reagieren, wenn Sie von 900 oder meinethalben von 1300 DM im Monat leben, ihre Miete bezahlen, den Lebensunterhalt bestreiten und all das, was man so braucht, bezahlen müssten; wenn dann jemand käme und sagte: Da gehen wir jetzt ran; da ist eine Möglichkeit zum Kürzen; darauf konzentrieren wir uns, weil das ja die Masse ist, die es ja bekanntlich bringt? Wie würden diejenigen, die in der Gesellschaft Gott sei Dank stärker sind, wohl reagieren? (...) Ich vertraue darauf, dass es in diesem Land immer noch eine Mehrheit gibt, der es Gott sei Dank gut geht und die dann sagen wird: Wir sehen ein, dass die deutschen Sozialdemokraten Rentenkürzungen dieser Art, die vor allen Dingen diejenigen betreffen, die als Witwen ihr Leben fast hinter sich haben, nicht gestatten können und dieses für schlicht unanständig halten.
      Gerhard Schröder




      Nach der Wahl ließ sich der verschlagene Wicht Zigarren schmauchend im Brioni-Mantel ablichten und wollte von dem seinerzeit propagierten Rentenkonzept nichts mehr wissen. Die Politik des "gesunden Menschenverstandes" kehrte ein, es gab kein links und rechts mehr, sondern nur noch "Modernisierer" und "Bremser" und fortan galt als allgemeines politisches Credo, dass die Rente nur gesichert werden könne, wenn die Wirtschaft entlastet und die bislang solidarisch finanzierte Altervorsorge teilprivatisiert werde. Mit der Riester-Rente wurde aber das Niveau der Altersversorgung weit unter die von Norbert Blüm konzipierten Pension gedrückt. Was früher als "unanständig" galt, ist heutzutage selbstredend mutig und ehrlich, mithin ein Gebot der Vernunft.


      So oder so: Entweder war die geplante Einführung der Rente mit "Demographie-Faktor" sinnvoll, dann war es verantwortungslos, diese zuerst als unschicklich zu denunzieren, um dann eine ungleich härtere Version durchzusetzen; oder sie war tatsächlich "unanständig" - dann stellt sich allerdings die Frage, wie man jetzt die "Riester-Rente" bezeichnen soll: In beiden Fällen wurde zumindest unlauter argumentiert und man beginnt eine Ahnung davon zu bekommen, mit welcher Skrupellosigkeit Politiker "ethische Positionen" vertreten und "empirische Tatbestände" heranziehen, wenn der Kampf der Macht gilt.

      Die Menschen sind zwar von den politischen Parteien einiges gewöhnt und dass Wahlversprechen nicht eingelöst werden, gehört mittlerweile zum gesellschaftlichen Alltag. Dass man aber genau das Gegenteil des vorher propagierten Wahlprogramms ausführt, dieses auch noch als eine mutige Tat, als eine ungeheure Innovation, als der Weisheit letzter Schluss und darüber hinaus als höchstes Gebot der Moral verkauft, ist ein großer Sprung in der politischen Landschaft.


      Der klare Sieg der SPD und der Grünen im Jahr 1998 war eine Wahl, die eindeutig von links gewonnen wurde: Der fortschreitenden liberal-konservativen Beschneidung des Sozialstaats sollte Einhalt geboten werden - so stand es auf dem von Oskar Lafontaine konzipierten politischen Programm der SPD und dementsprechend war auch im Wahlkampf die Rhetorik Gerhard Schröders erfolgreich ausgerichtet.

      Seit dem Wahlsieg aber hat die SPD in Verbund mit den Grünen eingehend bewiesen, dass sie die sozialen Diskrepanzen in Deutschland entgegen den Interessen ihrer Stammwähler weit über den bislang bekannten Rahmen hinaus zu treiben gewillt und imstande ist. Schon bald nach ihrer Wahl haben nämlich Rot-Grün entscheidende, bis dahin undenkbare Politikwechsel vollzogen: Seit dem grundgesetz- und völkerrechtswidrigen, gegen das NATO-Statut und die UN-Charta verstoßenden Einsatz der Bundeswehr im Kosovo (der obendrein noch mit Lügen aus der alleruntersten antiserbischen Schublade legitimiert wurde, vgl. Der Kosovo, die UCK und Psychedelia à la Rudolf Scharping) steht die Bundeswehr für Kampfeinsätze im Ausland bereit. Die bis dahin paritätisch finanzierte Rente wurde teilprivatisiert. Und schließlich wurden in einem noch nie gekannten Ausmaß die Unternehmen von steuerlichen Verpflichtungen befreit. Die Konservativen (und die Liberalen) wurden daraufhin, da ihre Politik in einer gesteigerten Variante schon die Bundesregierung fabrizierte, weiter nach rechts gedrängt und konnten sich z.B. mit der Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft erfolgreich profilieren.


      Nach einer Reihe von Landtagswahldebakeln für die SPD folgte überraschenderweise auf Bundesebene der knappe Sieg von Rot-Grün im letzten Jahr, dem als externe Helfer eine Flutkatastrophe und (aufgrund verschiedener, nach der Wahl ebenfalls nicht eingehaltener Zusagen Schröders u.a. auf dem Kongress der IG Metall am 15.6.02 in Leipzig) als politischer Partner die Gewerkschaften zur Hilfe kam. Auch in dieser Legislaturperiode wird der rasante Sozialabbau und der Umbau sozialer Sicherungssysteme unter dem Primat des Marktes nun in Verbindung mit der Agenda 2010 mit verschärften Mitteln in umfassenderem und tiefergreifendem Maße fortgesetzt: Die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld wird herabgesetzt. Die Arbeitslosenhilfe wird auf den Stand der Sozialhilfe reduziert. Die Zumutbarkeitskriterien für Arbeit werden radikalisiert. Der Kündigungsschutz wird ausgehöhlt, das Recht auf freie Wahl von Wohnort und Arbeitsplatz stranguliert, das Rentenniveau verringert, das Rentenalter erhöht, die Gesundheitsversorgung und das Krankengeld zu Lasten der Versicherten teilprivatisiert, der Kündigungsschutz stufenweise abgebaut und die Tarifautonomie untergraben.

      Das nennt man heutzutage Sozialreform, aber ich sehe nichts als Sozialababau. Demnächst kann die SPD sich in²SozialabbauParteiDeutschlands" umbenennen. Die Grünen können besser auf dem Mars regieren, als auf dieser Erde!
      Die restlichen Volksparteien sind nicht viel besser. Es ist ein Wettbewerb entbrannt um den schnellsten Sozialabbau. Ein Aufbau ist schwerer als ein Abbau. Dafür brauchen wir aber keine Politiker, die noch fürstlich belohnt werden. Am besten tun die sich selbst wegreformieren, damit beweisen sie dem Volk die größte Ehre.:rolleyes: :rolleyes:





      Der Sachzwang der "leeren Kassen"


      Damit hat die SPD sämtliche Versprechen gebrochen, die sie im Wahlkampf gegeben hat. Versprechen mit denen sie letztlich die Wahl für sich entschieden hatte. Begründet wird dies in sämtlichen Medien und über die Fraktionen hinweg mit dem Sachzwang der "leeren Kassen". Davon aber, dass das riesige Haushaltsloch nicht der Überalterung der Bevölkerung, den explodierenden Kosten im Gesundheitswesen oder der unerträglich hohen Lohnnebenkosten, sondern massiven Steuererleichterungen für Unternehmen und Wohlhabende geschuldet ist (Schröder spricht selbst von einer Steuererleichterung von 56 Milliarden Euro), wird von den Medien nichts ins Blickfeld genommen.


      So wurden Veränderungen in der Gewerbesteuer beschlossen, die dazu führten, dass gerade noch 20% der Unternehmen Gewerbesteuer zahlen. Aufgrund der Reform der Körperschaftssteuer haben 2001 die Finanzämter nicht nur nichts eingenommen, sondern mussten 426 Mio. zurückzahlen. Auch der Steuersatz wurde von 40% für einbehaltene und 30% für ausgeschüttete Gewinne auf 25% vermindert, Gewinne aus dem Verkauf von Unternehmensbeteiligungen müssen seit 2002 nicht mehr versteuert werden. Ein international agierender Konzern kann so eine Bemessungsgrundlage von Null schaffen, indem er reale Gewinne als Einnahmen aus Unternehmensverkäufen kaschiert. Außerdem sind die Veräußerungsgewinne jetzt steuerfrei. Der Spitzensteuersatz wurde von 53% (1990) auf 48,5% (2001) gesenkt (und soll weiter auf 42% gesenkt werden) ohne dass (wie vorher selbst von den Konservativen versprochen) auch nur ein Steuerschlupfloch - wie etwa Schiffsbeteiligung oder Medienfonds - weggefallen wäre.

      Nach den Angaben von Gerhard Schröder belaufen sich somit die Steuergeschenke an Unternehmen und Wohlhabende auf die Summe von knapp 60 Milliarden Euro - kein Wunder, wenn da die Kassen leer sind.

      "Ein großer Teil der Steuerausfälle war im Zuge der Steuerreform 2000 politisch gewollt und eingeplant", schreibt ver.di .




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      Durch das Steuersenkungsprogramm bei den Unternehmen sollten diese zu Investitionen angeregt, Wachstum und Beschäftigung stimuliert werden. Tatsache ist: Die Steuerreform bescherte den Unternehmen zwar einen reinen Geldsegen, verschlimmerte jedoch die Krise und die Arbeitslosigkeit. Um die Steuerausfälle wenigstens teilweise zu kompensieren, wird jetzt bei Arbeitslosen, Sozialhilfeempfängern und Rentnern eingespart (...). Das verschlechtert nicht nur die soziale Lage dieser Personengruppen, sondern mindert deren verfügbare Einkommen und würgt damit den privaten Konsum weiter ab. Hinzu kommt, dass die öffentliche Hand weniger Geld für Investitionen zur Verfügung hat, was sich insbesondere in den Kommunen verheerend auswirkt..





      Der Wetten-dass-Kanzler

      Nun könnte man meinen, dass die Steuerfreistellungen der Unternehmen dazu genutzt wurden, um am Standort Deutschland zu investieren. - Eine Milchmädchen-Rechnung unseres Wetten-dass-Kanzlers. Der Wirtschaftsjournalist Conrad Schuhler schreibt:



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      In den beiden Jahren mit großer Steuererleichterung haben die Unternehmen ihre Investitionen um jeweils 5% gesenkt. Die über Zusatzgewinne und Steuererleichterungen frei gewordenen Gelder stecken deutsche Unternehmen seit vielen Jahren lieber in den Kapitalexport als in Investitionen im eigenen Land, weil ihnen die Nachfrage zu gering ist. Die deutschen Unternehmen haben z.B. im Jahr 2000 mit 571,8 Milliarden Euro rund 130 Milliarden Euro mehr im Ausland investiert als in Deutschland selbst (...).





      Darüber hinaus wurde die Realisierung eines weiteren Wahlversprechens, die Vereinfachung und Vereinheitlichung des deutschen Steuerrechts nicht einmal in Angriff genommen. (Deutschland hat eines der kompliziertesten Steuerrechtssysteme der Welt, wegen dem der Staatskasse weitere Milliarden entgehen, indem es wohlhabende Steuervermeidungskünstler begünstigt, wenn sie sich von Experten durch den Paragraphendschungel schleusen lassen. Hier finden sich z.B. unendlich viele Möglichkeiten, den Spitzensteuersatz zu vermeiden) Nach Hans Eichel ist aber eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der rund 300 Gesetze und 70.000 Verordnungen (die sich mitunter widersprechen) nicht durchsetzbar, weil es sich hierbei um einen Kampf gegen alle Lobbyisten des Landes handelt, der seiner Meinung nach selbst einzeln kaum zu gewinnen wäre. Wieso also nicht bei den Lohnabhängigen, Rentnern, Kranken und Arbeitslosen ein wenig knapsen?


      Noch nie waren in diesem Land Gewinne und Beschäftigungszahlen so weit auseinander wie heute: Noch nie war die steuerliche Belastung der Unternehmen so niedrig und die Arbeitslosigkeit so hoch. Und noch nie waren die gegen die Mehrheit der Bevölkerung gerichteten Spar- und Repressionsmaßnahmen so schlecht legitimiert. Z.B. steht die Argumentation für eine Teilprivatisierung der Rente aufgrund der Altersentwicklung auf mehr als nur tönernen Füßen: Zum einen lässt sich bezweifeln, ob wir angesichts einer stetig zunehmenden psychischen (und teils auch physischen) Belastung auch in Zukunft tatsächlich immer älter werden, zum anderen hat sich die Politik ja gerade auf die Fahnen geschrieben, Frauen und Arbeitslose unter allen Umständen in das Erwerbsleben zu integrieren, so dass diese dann als Einzahler für die Rentenkasse zur Verfügung stünden.

      Man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, als ob hierzulande zu der Einführung der rot-grünen "Sozialreformen" nicht genauso gelogen wird, wie bei der Legitimation des Irakkrieges in England und den USA (und kann dann wahrscheinlich froh sein, dass bei uns noch kein unabhängiger Sozialexperte über die Klinge springen musste). Ein anderes Beispiel: Bislang waren die Vermittlungsbemühungen der Personal-Service-Agenturen, die als Wunderwaffen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit gepriesen wurden nicht unbedingt mit Erfolg gekrönt. Z.B. konnten die insgesamt 55 Agenturen in der Region Berlin-Brandenburg gerade mal 14 Arbeitslosen zu einem festen Job verhelfen .

      Und letztendlich waren diese Vorkehrungen volkswirtschaftlich - von den Folgen für die Individuen einmal abgesehen! - noch nie so riskant wie in den Zeiten von Rot-Grün, weil sie allesamt die Binnennachfrage blockieren, Z.B. die Umorientierung von einer umlagefinanzierten Rente zum Kapitaldeckungsverfahren. Während nämlich bei der Umlagefinanzierung (d.h. die Vorsorgeverpflichtungen werden von der arbeitenden Generation zu den Rentenbeziehern direkt weitergegeben) das Geld im Konsumkreislauf verbleibt, wird es diesem beim Kapitaldeckungsverfahren (d.h. die Rentenanwärter zahlen in Fonds ein, von deren - möglicher aber nicht garantierter - Dividende sie im Rentenalter ihren Lebensunterhalt finanzieren sollen) entzogen.

      Diese Mittel stehen der arbeitsmarktrelevanten Binnennachfrage nicht mehr zur Verfügung. Dies hat gravierende Konsequenzen, zumal zunächst ein ausreichender Kapitalstock angespart werden müsste, während gleichzeitig aus den selben Quellen die Umlagefinanzierung der laufenden Rente sichergestellt werden muss. So käme es über den gesamten Zeitraum des Ansparens (der immensen Summen wegen über Generationen hinweg) zu einer doppelten Belastung der Arbeitnehmer, die auf diesem Wege sowohl ihre eigene als auch die Altersversorgung der Vorgängergeneration zu sichern hätten.


      Somit werden dem Binnenmarkt mit der Umstellung der paritätisch finanzierten auf die private Rente weitere Mittel verweigert - und das zu einer Zeit, wo der Mittelstand und die Arbeitnehmerschaft ohnehin mehr indirekte Steuern zu zahlen haben (wir erinnern uns: gerade die "Ökosteuer", von der freilich die besonders energieintensiven Industriesparten befreit sind, wurde schließlich zur "Gegenfinanzierung" der Renten eingeführt). Bislang war die sog. Riester Rente ein Flop (nur 15% der abhängig Beschäftigten haben eine solche abgeschlossen ) und profitiert haben in erster Linie die Versicherungen.


      und wenn sie nicht verhungert sind,...




      Statt dessen erfährt man, dass sich der Bundeskanzler nicht über Steueroasen in der Karibik oder Verlegungen von Firmensitzen ins Ausland grämt, sondern sich mit der Nation über einen deutschen Sozialhilfeempfänger in Florida empört - während von der Bundesregierung dieses Jahr eine Amnestie (verbunden mit einem "Ehrenappell") für Steuerflüchtlinge und eine de facto Absenkung der Zinsabgeltungssteuer von 48,5% auf 25% beschlossen wurde, um illegal im Ausland geparktes Kapital wieder dem deutschen Fiskus zuzuführen - und dass Jürgen Peters dem "Traditionalisten-Flügel" der Gewerkschaften angehört, nur weil der mit der Mehrheit seiner Gewerkschaft und vielleicht auch noch mit zwei, drei anderen Menschen nicht hinnehmen will, dass die Sozialgesetzgebung Deutschlands hinter den Stand von Bismarcks Zeiten zurückfällt, während die Personen aus dem Arbeitgeberflügel, der genau dieses beabsichtigt, mitsamt ihren parteiübergreifenden Nick-Äffchen als schonungslose "Tabu-Brecher", kühne "Erneuerer" und mutige "Reformer" gelten.


      Im Grunde genommen leben wir aber - trotz einer Politikerkaste, die es tatsächlich schafft, ausgerechnet nach einem Auftritt von Rudi Völler, der nicht nur den unsympathischen Wesenszug einer beleidigten Leberwurst, sondern auch einen Realitätsverlust Christoph Daumschen Ausmaßes offenbart, sich mit diesem solidarisch zu erklären und das genau zu einem Zeitpunkt, an dem sie dabei ist, Massen von Menschen in die Armut stürzen - in interessanten Zeiten: Das wirtschaftliche und damit verbunden das politische sowie das Sozialsystem befinden sich im Umbruch und noch ist nicht zu absehen, welchen Lauf die Entwicklung nehmen und wie die Welt in 20 bis 50 Jahren aussehen wird.

      In dieser Entwicklung ist nicht viel mehr festgeschrieben, als dass sich die bürgerlichen Parteien mit einem vermutlich unüberwindlichen Dilemma konfrontiert sehen: Wenn sie weiter den Lebensstandard des Großteils der Bevölkerung dem Wirtschaftswachstum opfern, vergrößert sich die Schere zwischen arm und reich und es ist nicht unwahrscheinlich, dass dies letztendlich zu einer schweren Legitimationskrise führt; oder aber sie lassen die sozialstaatlichen Komponenten innerhalb der Warenwirtschaft bestehen und verschulden somit den Staat in einer für den Fortgang des Systems untragbaren Weise. Und klar ist noch dieses: Dass nichts mehr sicher ist und schon gar nicht die Positionen derer, die mit aller Übermacht der Medien versichern, dass es zu ihrem Tun, ihren Strategien und Theoremen keine Alternativen gibt.


      Und es darf auch angezeigt werden, dass das bisherige Ende der Geschichte für das Gros der Weltbevölkerung nicht mehr nach einem Happy-End klingen muss: Sie waren unzufrieden und nicht glücklich, und wenn sie nicht verhungert sind, so darben sie noch heute.



      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/mein/15724/1.html

      :confused:
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 16:55:46
      Beitrag Nr. 365 ()
      Die Schatten der Globalisierung
      von Joseph Stiglitz

      ISBN: 3-88680-753-3



      --------------------------------------------------------------------------------



      Vorwort:

      .....
      Wenn Krisen auftraten, verordnete der IWF überholte, ungeeignete » Standardlösungen «, ohne sich um die Auswirkungen auf die Menschen in den Ländern zu scheren, die diese Vorgaben um- setzen sollten. Nirgends sah ich Prognosen darüber, wie sich die IWF-Programme auf die Armut auswirken würden. Nirgends entdeckte ich fundierte Diskussionen und Analysen der Folgen alternativer Politikansätze. Es gab ein einziges Rezept. Alternative Meinungen waren unerwünscht. Es gab kein Forum für offene, freie Diskussion, ja, sie wurde sogar unterbunden. Ideologische Erwägungen bestimmten die wirtschaftspolitischen Auflagen, und von den um Beistand ersuchenden Ländern erwartete man, dass sie die Vorgaben des IWF ohne Diskussion umsetzten.

      Diese bedenkliche Einstellung brachte nicht nur häufig dürftige Ergebnisse, sie war zudem undemokratisch. In unserem Privatleben würden wir niemals blindlings Ideen folgen, ohne alternative Optionen zu erwägen. Doch Staaten auf der ganzen Welt wurden angewiesen, genau dies zu tun. Entwicklungsländer sehen sich oftmals mit gravierenden Problemen konfrontiert und ersuchen den IWF oft erst dann um Beistand, wenn sich die Lage in einem Land krisenhaft zuspitzt. Doch die Medizin des IWF versagte mindestens ebenso oft, wie sie anschlug. Die Strukturanpassungspolitik - die wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die einem Land helfen sollen, sich an Krisen und längerfristige Ungleichgewichte anzupassen - führte in vielen Ländern zu Hunger und Ausschreitungen; und selbst wenn die Folgen nicht so dramatisch. waren, selbst wenn sich die Länder eine Zeit lang ein bescheidenes Wachstum abtrotzten, kamen die Früchte dieser Mühen überproportional den Begüterten in den Entwicklungsländern zugute, während es den Bedürftigen manchmal noch schlechter ging. Verblüfft nahm ich zur Kenntnis, dass diese Politik von vielen in der Führungsetage des IWF und der Weltbank, die die entscheidenden Beschlüsse trafen, nicht angezweifelt wurde. Das taten die Verantwortlichen in den Entwicklungsländern, aber viele von ihnen hatten so große Angst, dass ihnen die Fördergelder vom IWF und anderen gesperrt würden, dass sie ihre Zweifel, wenn überhaupt, nur überaus vorsichtig im kleinen Kreis formulierten. Aber während niemand über das Ungemach glücklich war, das die Umsetzung der Programme des IWF bedeutete, setzte der Währungsfonds einfach voraus, dass dieses Ungemach von diesen Ländern als notwendiges Übel angesehen werden müsse auf dem Weg, eine erfolgreiche Marktwirtschaft zu werden.
      .....

      http://www.miprox.de/Wirtschaft_allgemein/Stiglitz-Die_Schat…
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 16:58:22
      Beitrag Nr. 366 ()
      Deshalb gilt: Verschärfte Konto- und Depot-Kontrollen ab 1. April 2005.

      Nachdem in Deutschland (neben den EU-weiten Beschlüssen) die sog. Bonner „Konten-Evidenz-Zentrale“ bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) bereits durch das seit 1. Juli 2002 gültige „4. Finanzmarktförderungsgesetz“ installiert ist und inzwischen seit 1. April 2003 vollen Zugriff auf alle Konten und Depots bei deutschen Banken hat (kaum einem Bürger bewusst), wird per Gesetz dieses Instrument nunmehr im nächsten Schritt zusätzlich verschärft eingesetzt, indem der Abruf ab 1. April 2005 direkt mit den Wohnsitz-Finanzämtern und Sozialämtern eines jeden deutschen Bundesbürgers verbunden wird. Ab 1. April 2005 (kein Aprilscherz!) haben damit alle Finanzämter über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) direkten Zugang zu jedem Bank-Computer deutscher Banken und somit zu jedem Steuerbürger „zum Zwecke einer gerechten Besteuerung“, nachdem diese „die Brücke zur Steuerehrlichkeit mittels der Amnestie beschritten haben“ (Regierungsformulierung). Dieser Kontrollmechanismus gilt für alle Banken, die ihren Sitz, ihre Niederlassung oder Zweigstelle auf deutschem Boden haben. Das gilt dann selbstverständlich auch für die z.B. in Deutschland niedergelassenen schweizer Banken wie z.B. UBS und Crédit Suisse. Sie sind nämlich deutsche Banken nach deutschem Recht, aber mit ausländischen Anteilsinhabern, in diesem Fall schweizer Eigentümern. Als Beispiel sei auch die Deutsche Bank Schweiz erwähnt, die in der Schweiz eine schweizer Bank ist (nach schweizer Recht), aber eben aus schweizer Sicht deutsche Anteilsinhaber hat. Wie oben schon erwähnt, geht die vom deutschen Fiskus nach Ablauf der Amnestie-Frist geplante Konten- bzw. Depot-Gläsernheit aber noch weit über das jeweilige Wohnsitz-Finanzamt hinaus. Auch alle öffentlichen Ämter, die für BAFög, Kindergeld, Arbeitslosenunterstützung oder Sozialhilfe – also pauschal für alle Sozialausgaben – zuständig sind, erhalten dann direkten Zugriff auf alle Konten und Depots. Folge: Bisher waren Ermittlungen „ins Blaue hinein“, also Ermittlungen ohne Verdacht, rechtlich nicht zulässig. Diese Ermittlungshürden will der Fiskus jetzt offenbar (in Anlehnung an die EU-Gesetzgebung) beseitigen. Ab April 2005 haben die Finanzbehörden Zugriff auf alle bei den Banken geführten Datenpools, wenn „dies zur Erhebung von Steuern erforderlich ist und ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht“. Soweit der Gesetzestext. Das heißt im Klartext: Künftig kann der Finanzbeamte ohne begründeten Verdacht zur Überprüfung schreiten.
      .....
      Mandantenkurier (http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/222759.htm
      http://www.miprox.de/Bigbrother_news.html
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 17:02:37
      Beitrag Nr. 367 ()
      Teuer, träge, unbezahlbar - Schluss mit dem Beamtenstaat?

      Wir bleiben beim normalen Tag in Deutschland.

      Der deutsche Beamte. Nein, jetzt kommt nicht die modische Schelte über faule Staatsdiener - auch wir wissen, dass ein moderner Staat sie braucht: treue und kompetente Dienstleister in all den Bereichen, die nur der Staat verantworten kann. Nein, wir wollen keine privaten Subunternehmer, die uns bewaffnete Polizisten anbieten.

      Aber: wir sind jetzt im 21. Jahrhundert und vieles, was rund ums deutsche Beamtentum gewachsen ist, stammt noch aus der Zeit, als es noch brave Staatsdiener und eine strenge Obrigkeit gab. Gewachsen sind vor allem Zulagen und Vorschriften - wir bräuchten eine neue Superbehörde, wollten wir die überschauen!

      Olaf Jahn und Susanne Opalka über die treuen und die teuren Diener des Staates. Und über eine Frage, die zu stellen vor allem für unsere Parlamentarier irgendwie tabu ist: brauchen wir sie wirklich alle?

      Das ist Herr Lehmann. Er ist Chef. Chef des Sozialamtes in Berlin-Pankow. Hier wird den Schwachen geholfen. Normalerweise. Im Sommer gab es einen kleinen Engpass. Mitten in der Urlaubszeit meldeten sich etliche Mitarbeiter krank. In den Amtsstuben türmten sich Aktenberge, auf den Fluren warteten die Menschen......



      http://www.kontraste.de/0310/manuskripte/txt_beamte.html
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 20:23:54
      Beitrag Nr. 368 ()
      02.10.2003

      Ausland
      Rainer Rupp

      Die Superkluft

      Die Schere zwischen arm und reich vergrößert sich in den USA dramatisch


      Die Zahl der US-Amerikaner, die in Armut leben, ist 2002 um 1,7 Millionen Menschen auf insgesamt 34,6 Millionen gestiegen. Laut jüngstem Bericht des US-Census-Bureaus vom 26. September hat damit die Armut bereits das zweite Jahr in Folge zugenommen. Besonders schwer sind von dieser Entwicklung die Staaten im mittleren Westen und die nichtweißen Bevölkerungsgruppen getroffen. Unter den ethnischen Gruppen ging es den Afroamerikanern am schlechtesten mit einem Zuwachs der Armutsrate von 22,7 Prozent in 2001 auf 24.1 Prozent im Jahre 2002.

      Ganz anders sieht es an der Spitze der amerikanischen Einkommenspyramide aus. Dort kommt selbst der Letztplazierte auf einer Liste der 400 reichsten Einkommensmillionäre im Jahre 2001 auf ein Jahreseinkommen von etwa 40 Millionen US-Dollar. Da die verschiedenen US-Regierungen in den vergangenen 20 Jahren ein Füllhorn mit immer neuen Steuergeschenken über ihnen ausgeschüttet haben, sind die Reichen in den Vereinigten Staaten – wie anderswo auf der Welt – immer reicher geworden. Zugleich wurde mit fast missionarischem Eifer von den US-amerikanischen Massenmedien, die fast ausschließlich selbst in der Hand von Superreichen sind, darauf hingewiesen, daß absolut kein Zusammenhang zwischen den ärmer werdenden Armen und den reicher werdenden Reichen bestehe. Außerdem, so der Tenor der Medien, bestünde nur dann berechtigte Hoffnung auf Aufschwung und mehr Arbeitsplätze, wenn auch noch die letzten Arbeitsschutzgesetze fallen und die Reichen noch reicher würden. Mit Erfolg, wie die jüngsten Zahlen der amerikanischen Steuerbehörde IRS (Internal Revenue Service) belegen. Demnach stieg das durchschnittliche Jahreseinkommen innerhalb der Top-400-»Verdiener« im Jahre 2000 auf fast 174 Millionen US-Dollar und war damit viermal höher als 1992. Damals verdiente ein Angehöriger dieser Einkommenselite durchschnittlich »nur« 46,2 Millionen Dollar im Jahr. Der Anteil der Top-400-Einkommensmillionäre am Gesamteinkommen aller Amerikaner hat sich seit 1992 verdoppelt und belief sich im Jahre 2000 auf über 1,1 Prozent. 400 von 285 Millionen US-Bürgern, das sind weniger als 0,0002 Prozent, beziehen über ein Prozent der Gesamteinkünfte. Die USA haben mit 35835 US-Dollar eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt. Allerdings leistet sich der Staat neben unzähligen Millionären auch 222 Milliardäre. Die verfügen der neuesten Forbes-Liste zufolge über ein Gesamtvermögen von 706 Milliarden US-Dollar. Der reichste von ihnen, Microsoftgründer William Gates, kommt allein auf über 40 Milliarden Dollar Vermögen.

      Wer nun glaubt, daß dieser Reichtum durch die zu entrichtenden Steuern etwas relativiert wird, irrt sich. Im Jahre 2000 betrug der Steuersatz der Top 400 durchschnittlich nur noch 22,3 Prozent im Vergleich zu 29,9 Prozent im Jahre 1995. Während der steile Anstieg der Top-Einkommen in die Periode der aufgeblähten Spekulationsblase an den Börsen fällt, »scheinen dennoch andere Faktoren für den größten Teil der Einkommenszuwächse verantwortlich zu sein«, hieß es dazu in der New York Times, die als Beweis dafür u.a. die »Senkung der Kapitalgewinnsteuer im Jahre 1997 von 28 Prozent auf 20 Prozent« aufführt. Anfang dieses Jahres hat Präsident George W. Bush diese Steuer auf nur noch 15 Prozent gesenkt und damit die Politik der Einkommensumverteilung von den Armen an die Reichen zusätzlich beschleunigt.

      Während diese Steuerabsenkung den Reichen zusätzliche Millionen beschert, macht Bushs Steuergeschenk für etwa die Hälfte der US-Bevölkerung, die über geringere Einkommen verfügt, durchschnittlich nur ganze 19 US-Dollar Ersparnis pro Steuerzahler aus.

      Derzeit liegt in den USA die offizielle Armutsschwelle für eine vierköpfige Familie bei einem Jahreseinkommen von 18392 US-Dollar, für Einzelpersonen bei 9183 Dollar. In Kaufkraft ausgedrückt ist das jedoch weitaus weniger als der in Euro umgerechnete Wert, denn in den USA gibt es z. B. keine Pflichtkrankenversicherung. Nur wer will und entsprechend verdient, der kann sich für viel Geld bei einer Privatversicherung einkaufen. Auch andere Sozialleistungen, die es heute in Deutschland noch gibt, können in den USA nur durch persönliche Zahlungen aus dem Einkommen erworben werden. Das Nacheifern dieses US-amerikanischen Vorbildes wird inzwischen von deutschen Parteien, einschließlich der PDS – siehe deren Politik im Lande Berlin – als »Sozialreform« verkauft, damit, so die neoliberale Propaganda, »jeder in Eigenverantwortung besser für sich selbst sorgen kann«.

      Auch in Deutschland läuft die Umverteilung von unten nach oben auf Hochtouren. Anders als in den USA jedoch möchte man hier die Auswirkungen dieser Entwicklung möglichst lange verstecken, weshalb trotz zahlreicher Petitionen von Bürgern und Verbänden die Bundesregierung nach wie vor keinen Armutsbericht anfertigen läßt. In den USA, in denen Reichtum immer noch als Synonym für das Wohlgefallen Gottes gilt und der Arme an seiner Armut selbst schuld sein soll, geht man mit den jüngsten Zahlen des Census Bureaus freimütig um. Das gilt auch für die Menschen, die »in extremer Armut« leben. Diese Schwelle liegt bei einem Jahreseinkommen, das unter der Hälfte der offiziellen Armutssgrenze liegt. Die Zahl der US-Amerikaner, die in »extremer Armut« leben, stieg von 13,4 Millionen 2001 auf 14,1 Millionen im Jahre 2002 an. »Liberale Wirtschaftswissenschaftler vertreten den Standpunkt, daß in Anbetracht des relativen Wohlstandes der Vereinigten Staaten jegliche Zunahme der Armut zuviel ist«, stellte eine führende amerikanische Tageszeitung verwundert fest.

      http://www.jungewelt.de/2003/10-02/008.php
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 20:43:19
      Beitrag Nr. 369 ()
      01.10.2003

      Titel
      Rainer Balcerowiak

      Befehl von ganz oben

      Herzog-Kommission präsentiert »Reform-Konzept«. Kapitalverbände fordern Steuergeschenke


      Mit einer massiven gemeinsamen Kampagne wollen alle Spitzenverbände des deutschen Kapitals die Umverteilung des Volksvermögens von unten nach oben forcieren. Beteiligt sind der Deutsche Industrie- und Handelstag, der Bundesverband der Deutschen Industrie, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, der Zentralverband des Deutschen Handwerks, der Bundesverband Deutscher Banken, der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, der Bundesverband des deutschen Groß- und Außenhandels und der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels.

      In am Dienstag veröffentlichten offenen Briefen an die Vorsitzenden des Haushalts- und des Finanzausschusses des Bundestages, Manfred Carstens (CDU) und Christine Scheel (Grüne), fordern die Spitzenverbände unter anderem den Verzicht auf jegliche Mindestbesteuerung von Unternehmen, die steuerliche Freistellung von Dividenden, Steuererleichterungen bei, Veräußerungsgewinnen und die flächendeckende Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Nicht zuletzt trügen auch die aktuellen Spekulationen über eine Wiedererhebung der Vermögenssteuer, die Verschärfung der Erbschaftssteuer und den Wegfall von Spekulationsfristen bei der Besteuerung von Aktien und Immobilien dazu bei, »die Marktteilnehmer zu verunsichern«, heißt es in einem der Briefe. Ausdrücklich werden die Parlamentarier aufgefordert, staatliche Zuschüsse für die Sozialsysteme weiter zurückzufahren. Wie üblich wird damit gedroht, bei Nichtbefolgung der Forderungen Investitionen noch weiter zurückzufahren sowie Arbeits- und Ausbildungsplätze abzubauen.

      Die großen politischen Lager bemühen sich derweil nach Kräften, die Vorgaben der Bosse zu erfüllen. Während die beiden Landesfürsten von NRW und Hessen, Peer Steinbrück (SPD) und Roland Koch (CDU), am Dienstag ihr Konzept für einen pauschalen »Subventionsabbau« in Höhe von 15,8 Milliarden Euro vorstellten, präsentierte die von der CDU initiierte »Herzog-Kommission« ihre Vorschläge zum nachhaltigen Sozialabbau. Sie schlägt unter anderem vor, außer dem Zahnersatz auch die Zahnbehandlung zu privatisieren und die Finanzierung des Gesundheitswesens auf eine einheitliche Kopfpauschale von 190 bis 200 Euro pro Monat umzustellen. Wie bereits die regierungsnahe Rürup-Kommission vorgeschlagen hatte, soll das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre angehoben werden und eine abschlagsfreie Rente nur nach 45 Beitragsjahren gezahlt werden. Der Kommissionsleiter und frühere Bundespräsident Roman Herzog erklärte bei der Überreichung des Berichtes an die CDU-Vorsitzende Angela Merkel am Dienstag in Berlin, Ziel der Empfehlungen sei es, die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge von derzeit rund 42 Prozent des Bruttoeinkommens auf etwa 25 Prozent bis zum Jahr 2030 zu senken.

      Spitzenpolitiker der SPD, allen voran der Bundeskanzler, bekräftigten derweil am Dienstag ihre Absicht, die sogenannten Hartz-Module drei und vier und die Kernpunkte der Agenda 2010 unverändert noch im Oktober vom Bundestag absegnen lassen zu wollen.

      Doch in beiden Lagern gibt es anhaltenden Widerstand gegen diese Pläne. Der CSU-Sozialexperte Horst Seehofer bezeichnete die Vorschläge der Herzog-Kommission als »unsozial«. Sein Parteichef Edmund Stoiber kündigte einen Gegenentwurf der CSU an, der laut Financial Times Deutschland in allen Punkten deutlich abweichen werde.

      Der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Hermann-Josef Arentz, forderte deutliche Änderungen an dem Herzog-Konzept, bevor es dem CDU-Parteitag Anfang Dezember vorgelegt wird. Andernfalls werde die Union »mit der Anhäufung von Eigenbeteiligungen viele Menschen überfordern«. Explizit lehnte der Sozialpolitiker die vorgeschlagene Kopfpauschale ab. »Wir können auf Dauer nicht zehn Prozent der Bürger als Privatversicherte abkoppeln von der Solidarität mit den übrigen neunzig Prozent der Bevölkerung, die Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung sind«, sagte Arentz in der Zeit.

      In der SPD beharren Kritiker der geplanten »Reformen« weiter auf Änderungen »Es dürfen nicht immer nur Sozialkürzungen übrigbleiben. Das ist kein vorwärts weisendes Programm«, mahnte der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel, der am Freitag gemeinsam mit fünf Fraktionskollegen gegen die »Gesundheitsreform« gestimmt hatte.

      Während die Schmähkampagne führender SPDler gegen die Abweichler unvermindert weitergeht, erklärte der Abgeordnete Horst Schmidbauer in der Chemnitzer Freien Presse, er könne sich vor Zuspruch für sein Nein »kaum retten«. Von der Fraktionsspitze verlangte er, »Schlußfolgerungen« für die Abstimmung über die Hartz-Gesetze am 17. Oktober zu ziehen. Wenn es keine Änderungen im Gesetzentwurf gebe, werde die Zahl der Nein-Stimmen »deutlich steigen«.
      http://www.jungewelt.de/2003/10-01/001.php
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 20:45:27
      Beitrag Nr. 370 ()
      Kommentar
      Rainer Balcerowiak

      Das Zeitfenster

      Große Koalition der Sozialmarodeure steht


      Bundeskanzler Schröder hat es eilig. Das Zeitfenster für die »Reformpläne« der Regierung würde sich bereits Ende dieses Jahres wieder schließen, da im kommenden Jahr eine ganze Serie von Landtags- und Kommunalwahlen bevorstünde, wurde der Kanzler am Montag abend in den ARD-Tagesthemen zitiert. Das zeugt von bemerkenswertem Realismus, aber auch von völliger Ignoranz gegenüber der eigenen Partei. Seine Mission, nach 16 Jahren »Stagnation« der Kohl-Ära als lebende Abrißbirne des Sozialstaates und erster deutscher Kriegskanzler seit 1945 in die Geschichte einzugehen, will er offenbar auch um den Preis der Marginalisierung der Sozialdemokratie als politische Kraft bis zum bitteren Ende durchziehen. Die ohnehin wenig einflußreichen SPD-Linken haben dem nichts entgegen zu setzen. Selbst die schärfsten Kritiker des Sozialkahlschlags versichern einmütig, den Fortbestand von Schröders Regentschaft über alles zu stellen.

      Während die Handvoll Abweichler in der SPD-Fraktion mit Schmähkampagnen belegt und auf Linie gebracht werden soll, können sich CDU- und CSU-Politiker wie Hermann-Josef Arentz und Horst Seehofer relativ unbehelligt von der eigenen Parteispitze als Verteidiger der Reste des Sozialstaates gerieren und sowohl die Konzepte der Regierung, als auch die von Teilen der eigenen Partei als unsozial brandmarken. Das dient der erfolgversprechenden Profilierung als »sozialer Kraft« für die kommenden Wahlkämpfe, aber auch der von verschiedenen Unionsflügeln angestrebten Demontage der Parteivorsitzenden Angela Merkel.

      Dem Kapital sind derlei parteiinterne Scharmützel ohnehin piepegal. Die Bosse verfügen in den Spitzenetagen aller Bundestagsparteien über ausreichend willige Gefolgsleute, um – je nach konkreter Konstellation – mittels großer Koalition (Gesundheits- und Steuer»reform«) oder Bundestagsmehrheit (Tarifautonomie) beziehungsweise Vermittlungsausschuß (Hartz-Gesetze) seine Forderungen umsetzen zu lassen. Wenn, wie am Dienstag geschehen, die mächtigen Partei- und Bundesratsexponenten Peer Steinbrück (SPD, NRW) und Roland Koch (CDU, Hessen) ein gemeinsames Konzept zum »Subventionsabbau« vorlegen, beweist das die Beliebigkeit der Parteizugehörigkeit der handelnden Personen. Entscheidend ist nur, was hinten rauskommt, und das sind weiterer Sozialabbau und Steuergeschenke für das Kapital.

      Das »rot-grüne Projekt« hat seine Schuldigkeit spätestens nach Ablauf dieser Legislaturperiode getan. Schröder hat auch schon vorgesorgt. Unter seiner Regentschaft wurden die Sätze der Rechtsanwaltsgebührenordnung kräftig erhöht. Schließlich ist der amtierende Bundeskanzler gelernter Rechtsanwalt.

      http://www.jungewelt.de/2003/10-01/003.php
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 20:54:06
      Beitrag Nr. 371 ()
      Inflation, Deflation, Egalflation
      ++ Hyperinflation im Schnäppchenmarkt ++

      Von Bernd Niquet
      Neulich habe ich mir einmal richtig etwas gegönnt. Es war ein Tag, an dem ich Schwieriges hinter mich gebracht und dabei gleichzeitig in einiger Hinsicht Neuland betreten habe. So etwas muss gefeiert werden, habe ich gedacht, und bin mittags nicht in die Mensa oder die Kantine gegangen, sondern endlich einmal in dieses Feinschmecker-Lokal, wo ich schon so lange einmal hinwollte. Ein Business-Menü mittags für 25 Euro, zwei Gläser Rotwein – es waren wundervolle und besinnliche anderthalb Stunden. Vor allem deshalb, weil ich der einzige Gast im ganzen Restaurant war und daher von niemandem in meinen Gedanken sowie deren Aufschreiben gestört wurde.

      Als ich anschließend das Restaurant verließ, blendete die Sonne, so dass ich kaum etwas sehen konnte, und es trieselte angenehm in meinem Kopf. Auf der Straße im alten Ortskern herrschte ein riesiges Gewusel. Massen von Autos schoben sich durch die Straßen, und an den Imbissständen standen die Menschen in langen Schlangen an. Lange hatte ich nicht mehr so intensiv beobachtet, doch jetzt fiel mir auf, dass die meisten der etablierten Läden in den vergangenen Jahren verschwunden waren. Und überall waren Imbisse eingezogen. Bäckereien, Thai-Imbisse, China-Imbisse, Kebap-Stände, sie alle buhlten um die Gunst der Leute. Und sie alle konnten sich um mangelnde Kundschaft nicht beklagen. Nur im Feinschmecker-Lokal herrschte gähnende Leere.

      Es hat sich Unglaubliches geändert in unserem Land in den vergangenen Jahren. Absolut und in Hinsicht auf die Preisgestaltung. Das, was ich einmal "traditionelle" Wirtschaft nennen möchte, hat stark eingebüßt. Der Einzelhandel ist tot, das heißt, der auf bestimmte Produkte spezialisierte Handel. Massenanbieter haben dieses Geschäft übernommen, und der einzige Parameter, nach dem sich das Geschäft hier steuert, ist der Preis. Stark zugenommen hat hingegen alles, was mit Mobilität, Schnelligkeit und anschließendem Wegwerfen zu tun hat.

      Spiegelbildlich dazu ergibt sich auch der Spielraum für die Preisgestaltung. Während in der "traditionellen" Industrie und im "traditionellen" Handel der Preissetzungsspielraum der Anbieter gegen null tendiert, werden im Ramsch- und im Quickie-Sektor ungeniert die Preise hochgetrieben. Wir haben es daher heutzutage mit einer vorher unbekannten Heterogenität der Preisveränderungen zu tun. Wir haben Inflation und Deflation zugleich. Dort, wo es um viel Geld geht, wo die absoluten Preise sehr hoch sind, (bei Häusern, Mieten, dauerhaften Konsumgütern), beobachten wir eine herbe Deflation. Wo es hingegen um kleine Beträge geht, um die "schnelle Mark" oder um den (anscheinend kaum vermissten) "schnellen Euro", dort beobachten wir nahezu eine Hyperinflation.

      Nehmen wir hierzu die oben geschilderte Situation: Ein Mittagsmenü in einem First-Class-Restaurant für 25 Euro = 49 DM, das hat so etwas auch schon vor zehn Jahren gekostet. Doch die Cola am Imbissstand, die vor der Euroeinführung noch 1,50 DM gekostet hat, kostet jetzt 1,50 Euro. (Neulich habe ich sogar in einem einfachen Lokal gesehen, dass der halbe Liter bayerisches Bier vom Fass 4,50 Euro kostet. So etwas können nur die Menschen trinken, die noch immer ausschließlich in DM rechnen und die Euro-Umstellung verdrängen.)



      ++ Auftritt des Nussknackers ++

      Die Quintessenz meiner Überlegungen ist daher: Die Preise können nur noch dort angehoben werden, wo die Menschen nichts dagegen tun können (wie bei staatlichen Leistungen), sowie dort, wo sie es in der überwiegenden Anzahl nicht bemerken. Und wie wird es weitergehen? Meine persönliche Meinung ist, dass der Inflationssektor nur durch die Euro-Einführung hat entstehen können – und dass dieser Effekt nun langsam auslaufen wird. Doch wird es im Umkehrschluss dazu eine Re-Inflationierung der "traditionellen" Wirtschaft geben? Ich bezweifele das sehr.

      Zum ersten Mal gehört habe ich die These von der Parallelität von Inflation und Deflation von Marc Faber. Das war auf einem Seminar in Zürich zum Anfang dieses Jahres. Ich habe diese Szene – in leicht verfremdeter Form – in meinem neuen Buch "Klabautermannzeit" wiedergegeben, und möchte sie Ihnen an dieser Stelle nicht vorenthalten:

      "In Zürich trug man der veränderten Lage mittlerweile ebenfalls Rechnung. Aufgrund der desolaten Lage an den Weltbörsen hatte man sich anscheinend entschieden, anstelle einer reinen Seminarveranstaltung ein Passionsspiel aufzuführen. Und so trat ich herein in eine Mischung aus der Weihnachtsgeschichte, Schneewittchen und den sieben Zwergen und der Nussknacker-Suite. Denn nicht nur schwirrten plötzlich überall Gnomen in merkwürdigen Kostümen umher, sondern auf der Bühne stand, so schien es, tatsächlich ein waschechter lebendiger Nussknacker. Er war sehr dünn, hatte extrem lange Beine und viel zu kurze Hosen. Dies war insofern bedeutsam, da er während des Redens immer wieder seine Beine wie Stelzen nach innen klappte, und damit meine ganze Aufmerksamkeit derart fesselte, dass ich seinen Worten kaum noch lauschen konnte.

      Es dauerte deshalb auch sehr lange, bis ich merkte, dass das gar kein Nussknacker war, sondern vielmehr Marc Faber aus Hongkong, der jetzt allerdings in Thailand wohnte – und auch sonst wie fast immer Recht in dem hatte, was er sagte und was er tat. Nachdem der Nussknacker-Schleier also gelüftet war, fing Faber an, dicke Nüsse zu knacken und davon zu sprechen, dass wir zukünftig sowohl Inflation als auch Deflation zu erwarten hätten. Und dass überdies Alan Greenspan wohl einen Vogel habe. Ich blickte mich um und sah nur ratlose Gesichter. Niemand im weiten Rund schien zu wissen, wer Alan Greenspan war, doch wer gleichzeitig Inflation und Deflation produzierte, musste ja wohl auch einen Vogel haben, das war zweifelsfrei klar. Auch hier schien Marc Faber also wieder einmal ins Schwarze getroffen zu haben."

      So, und jetzt machen Sie bitte etwas daraus!


      ACHTUNG +++ NEUERSCHEINUNG +++ BUCH-NEUERSCHEINUNG +++
      Bernd Niquet, Klabautermannzeit, Roman, Volk Verlag, München 2003, 175 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 3-937200-04-5. Jetzt – noch druckfrisch – überall im Handel. Sie können das Buch auch hier bestellen.


      Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.

      http://www.instock.de/Nachrichten/10134624/pos/2
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 21:07:05
      Beitrag Nr. 372 ()
      Zwei Wochen ...

      von Jochen Steffens

      Zwei Wochen ohne Informationen, ohne Zeitung, Fernsehen und ganz besonders ohne Internet. Zwei Wochen im Nordwesten von La Palma, in einem Haus fernab des nächsten Dorfes. Nachts war es derart ruhig, dass ich nicht schlafen konnte, da ich auf jedes Rascheln der Geckos achtete. In einer Gegend, in der man ein nahendes Auto nachts zunächst lange Zeit hört, bevor man dessen Lichtkegel erblickt – falls sich überhaupt mal ein Auto dorthin verirrte.

      Das Denken ist anders, das Zeitgefühl – alles scheint sich zu verlangsamen. Doch so schön und erholsam es war, so begierig und froh bin ich, wieder ins normale Leben einzutauchen. Müßiggang wäre für mich keine Alternative, dafür liebe ich meine Arbeit zu sehr. So "erlöse" ich nun Michael Vaupel, dem ich herzlich für seine wirklich ausgezeichnete Vertretung danke.

      Es mag der typische Lauf der Dinge sein: Da rede ich seit Wochen davon, dass die wirtschaftliche Erholung in Amerika auf tönernen Füßen steht, dass die zunehmende Arbeitslosigkeit und die hohe Verschuldung der US-Haushalte den amerikanischen Konsum empfindlich belasten werden und was passiert, die Kurse steigen und steigen – bar jeder Vernunft. Kaum bin ich in Urlaub, überrascht die Fed mit Skepsis: Es könnte sein, dass der Konsum im nächsten Jahr nicht so deutlich wie erwartet anspringen wird. Selbst die sonst so euphorischen US-Einkaufsmanager geben sich plötzlich zweifelnd. Und gerade die Einkaufsmanagerindizes wurden während der Rally häufig als "Beweis" für das Ende der Baisse angeführt. Dass die Verbraucherstimmung sich weiter verschlechtert, war angesichts schlechter Arbeitsmarktdaten zu erwarten.

      Mit anderen Worten: immer mehr Analysten, die Medien und andere Marktteilnehmer führen die gleichen Argumente an, auf die wir hier im Investor Daily seit Wochen hingewiesen hatten. Charttechnisch vollendete der Dax in diesen beiden Wochen eine kleine Umkehrformation in Form einer Schulter-Kopf-Schulter-Formation und die Kurse fielen rapide.

      Sie können sich vielleicht vorstellen, wie erstaunt ich war, als ich gestern las, dass der Dax in den letzten zwei Wochen satte 400 Punkte verloren hatte. Der September wurde seinem Ruf als "schlechtester Börsenmonat im geschichtlichen Vergleich" wieder einmal gerechet.

      Wie geht es nun weiter? Hat der Dax bei 3700 Punkten sein Hoch gesehen – war dies das Ende der Rallye?

      Bis jetzt kann dieser "Kurseinbruch" auch als ganz normale und gesunde Konsolidierung einer Rallye angesehen werden, steigende Kurse wären die Folge. Aber ich denke auch an den Vergleich S&P und Nikkei, den ich Ihnen letztens hier vorgestellt hatte. Sollte sich der S&P weiter ähnlich wie der Nikkei verhalten, stehen wir kurz vor stärker fallenden Kursen. Zudem weisen die schlechteren US-Konjunkturdaten der letzten und dieser Woche nicht auf eine Fortsetzung der Rallye hin. Ich werde das verlängerte Wochenende dazu nutzen, die internationalen Indizes ausführlich zu analysieren. Mehr dazu also am Montag.

      Zum Schluss: Wenn die Börsen fallen, ist das natürlich gut für unsere Dauerempfehlungen: Euro und Gold. Der Euro stieg wieder knapp auf 1,18, Gold war im Hoch bei 393,5 – Jahreshoch!

      ------------------------------------


      US- Konjunkturdaten verschlechtern sich weiter


      von Jochen Steffens

      Die Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe sind in der letzten Woche wieder unter die 400.000 gefallen und lagen bei revidierten 386.000. Diesmal wird die kritische 400.000er Marke wohl wieder überschritten, die vorläufige Zahl liegt bei 399.000 Erstanträge. Weiterhin ist also immer noch keine Erholung des US-Arbeitsmarkt zu erkennen.

      Auch die US-Industrieaufträgen sind wieder leicht rückläufig. Die US-Industrieaufträge für August 2003 gingen im August um 0,8 % zurück. Erwartet wurde lediglich ein Rückgang von –0,5 bis 0,0 % nach einem Anstieg von 1,6 % im Juli. Diese Zahl fügt sich zwar in die negative Tendenz der Konjunkturdaten der letzten Woche ein, ist aber für sich genommen nach dem Anstieg im Juli noch wenig aussagekräftig.

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      Ahold: Milliardenverlust für 2002

      von Jochen Steffens

      Im Februar dieses Jahres hatte ein Bilanzskandal bei der US-Lebensmittelsparte U.S. Foodservice des niederländischen Einzelhandelskonzern Ahold (ISIN NL0000331817) für Aufsehen gesorgt. Im Juli wurde dann bei der eingeleiteten internen Buchprüfung Fehlbuchungen in Höhe von 1 Mrd. Euro festgestellt. Daraufhin sollten die Geschäftszahlen für 2002 überarbeitetet werden. Nach mehreren Verzögerungen liegen nun die korrekten Zahlen vor.

      Danach musste Ahold für das Jahr 2002 wegen Sonderbelastungen einen Verlust von 1,208 Mrd. Dollar verbuchen. Auf die US Lebensmittelsparte U.S. Foodservice nahm der Konzern eine Firmenwert-Abschreibung von 2,7 Mrd. Euro vor. Der operative Gewinn vor Sonderbelastungen bezifferte der Konzern mit 2,145 Mrd. Euro. Der Nettoumsatz lag bei 62,7 Mrd. Euro.

      Die Ahold-Aktie stieg nach dieser Nachricht um 5,78 % auf 8,78 Euro.

      ----------------------------------

      USA im 19. Jahrhundert mit China heute vergleichbar

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner, derzeit in London

      Es gab gestern fast überhaupt keine interessanten Finanznachrichten, weder im London Daily Telegraph noch im International Herald Tribune (ich bin gerade in London, deshalb diese britischen Zeitungen). Ist gestern wirklich nichts passiert? Da ich hier keinen Internetzugang habe, der mir das Gegenteil beweisen könnte, gehe ich mal davon aus. Und da es keine News gibt, die mich ablenken könnten, bin ich gezwungen, zu denken.

      Über was ich zuletzt nachgedacht habe, ist die Art, wie die amerikanischen Konsumenten nicht nur ihr eigenes Geld, sondern auch die Ersparnisse der Welt konsumiert haben. Die US-Wirtschaft ist weiter und weiter Richtung Konsum gegangen, so dass sie jetzt 70 % der weltweiten Ersparnisse nimmt ... oder einen Betrag, der rund 2 % des Bruttoinlandsproduktes der Welt entspricht ... nur, um das aktuelle amerikanische Handelsbilanzdefizit decken zu können. Aber Leute kommen nicht durch das Konsumieren Kapital vorwärts; au contraire, sondern dadurch, dass sie weise in neue Produktionsformen investieren.

      Was für ein glückliches Volk die Amerikaner gewesen sind. Der "Mund der Welt" gewesen zu sein, war so angenehm; wenn nur der Rest der Welt diesen Mund weiterhin – für immer – füttern würde. Aber der Rest der Welt könnte entscheiden, nicht mehr in Anlagen mit einem Dollarzeichen zu investieren. Besonders, wenn sie realisieren, dass ihr angelegtes Geld nicht 2 oder 3fach, sondern noch nicht einmal einfach zurückkommen wird. Ihre hart verdienten Ersparnisse werden fast sicher verstümmelt werden – durch einen Verfall des Dollarkurses, bevor die Ersparnisse aus den USA zurückgeholt worden sind.

      Schnell wachsende Volkswirtschaften nehmen sich oft einen überproportional großen Teil der weltweiten Ersparnisse. Wie Addison Wiggin gestern im Investor`s Daily dargestellt hat, war das im Amerika des 19. Jahrhunderts der Fall. Damals wurden in den USA Kanäle und Eisenbahnen und Fabriken gebaut ... genau wie heute in China.

      Damals hatten die Investoren zumindest eine vernünftige Chance, ihr Geld zurückzuerhalten – und mehr als das – als sich ihre Investition auszuzahlen begann.

      Heute sieht es anders aus. Amerika nimmt die Ersparnisse der Welt, so als ob sie Doughnuts wären; aber Amerika investiert dieses Geld nicht. Wenige neue Fabriken werden gebaut; ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich in vielen Jahren eine einzige neue Fabrik gesehen hätte. Und wann wurde in den USA das letzte Mal eine neue Eisenbahnlinie gebaut oder eine neue Stadt gegründet? Es werden wenige neue Leute eingestellt und ausgebildet. Wenige neue ernsthafte Unternehmen sind neu gegründet worden. Die großen Investitionen finden in China statt, wo sich die Baukräne am Horizont häufen.

      Wie will Amerika so den ausländischen Investoren eine vernünftige Rendite für ihr eingesetztes Kapital bieten?

      Ich schätze mal, dass sie das nicht bieten werden. Stattdessen werden die Fed und die Bush-Administration versuchen, die derzeitigen Trends am Leben zu erhalten – egal, wie grotesk sie werden –, so lange wie möglich.

      Das ist keine leichte Aufgabe. Es ist unausweichlich: Diejenigen, die versuchen, diesen unhaltbaren Kurs fortzusetzen, werden Probleme bekommen; die Natur wird es nicht erlauben. Wenn der Dollar auf dem gleichen Niveau bleibt, dann gehen immer mehr amerikanische Jobs nach Übersee ... die US-Konsumenten werden sich weiter verschulden ... und im besten Fall wird die gesamte Volkswirtschaft einen langen und langsamen Rückgang erleiden.

      Hier ist Addison mit mehr News:
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      Die Dollarkrise hat gerade erst begonnen

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Paris

      In Chicago ist es schwer, Jobs zu finden. Wen kümmert das schon? Nun, eine ganze Menge Leute. Ein Bericht, der am Dienstag veröffentlicht wurde (Quelle: Conference Board) zeigte, dass die "Schwierigkeit, einen Job zu bekommen", ein 10 Jahreshoch erreicht hat.

      Ein weiterer Bericht aus dem Büro der Vereinigung der Einkaufsmanager zeigte, dass im September die Entlassungen weitergingen – nach einem kurzen Zwischenspurt der Einstellungen im August. Wie wir im Investor`s Daily schon oft betont haben: Das produzierende Gewerbe hat 2,7 Millionen Arbeitsplätze abgebaut, seit diese "Erholung" begonnen hat.

      Der Fed-Gouverneur Moskow hat versucht, die Presse davon zu überzeugen, dass die Schwäche in Teilen des US-Arbeitsmarktes zyklisch sei – das Ergebnis einer sich verlangsamenden Nachfrage, die sich bald wieder erholen sollte. Er war nicht darauf vorbereitet, die Schuld an dieser Situation unseren Brüder auf der anderen Seite des Pazifiks zuzuschieben, die bereit sind, für billige Töpfe voll Reis zu arbeiten.

      Mister Moskow hat auch Lippenbekenntnisse zum Lieblingspferd der Fed abgegeben: Produktivität. Dieses Maß der "Arbeitseffizienz" (was immer das auch sein mag) wächst "robust". Im Gegenzug geht die Zahl der Fabrik-Arbeitsplätze Monat für Monat zurück, seit 37 Monaten. Ich schlage Mister Moskow noch einmal vor, seine Prämissen zu überprüfen.

      Vielleicht werden die Arbeiter einfach produktiver, weil sie sich umsehen, wenn sie am Arbeitsplatz erscheinen – und sie sehen immer weniger Kollegen in der Kantine. Das könnte dazu ausreichen, sie dazu zu motivieren, etwas produktiver zu sein, oder?

      Laut Reuters sind die jüngsten Zahlen zum Verbrauchervertrauen (Conference Board) gar nicht so ausgefallen, wie es die Finanzpresse vorausgesagt hatte. Der Index fiel von 81,7 Punkten auf 76,8 Zähler – ganz im Gegensatz zur Prognose der "Experten". Die Index-Beschäftigungskomponente – die im August auf über 50 gestiegen war – fiel auf 45,3 Punkte zurück.

      "Der deutlich niedriger als erwartete Wert beim Einkaufsmanagerindex und der Rückgang beim Verbrauchervertrauen", so John Lonski von der Ratingagentur Moody`s gegenüber Reuters, "sagt uns, dass sich die US-Wirtschaft von ihrem starken Wachstumspfad (der den wachsenden Hypotheken zu verdanken war) des letzten Sommers verlangsamt hat."

      Die Einzelhandelsumsätze sind jetzt drei Wochen in Folge gefallen. "Die Konsumenten brauchen Hilfe", so eine CNN-Schlagzeile. Der Artikel schlägt vor: "Im Juli und im August sind die Konsumausgaben auf Jahresbasis um beeindruckende 7,6 % gewachsen ... der Effekt der Steuerkredite und Steuersenkungen beginnt bereits, auszulaufen. Es sieht zumindest laut Lonski so aus, als ob "der Boom der Konsumausgaben, durch die Steuersenkungen verursacht, für die ausländischen Produzenten vorteilhafter als für die heimische US-Industrie war." Da er einen politischen Rückschlag befürchtet, scheint US-Finanzminister John Snow den Dollar in eine gemäßigte Abwertung hineinreden zu wollen. Aber Zweifel müssen seinen Schlaf stören. Wenn der Dollar fällt, dann steigen die Importpreise ... und die Anziehungskraft der US-Staatsanleihen geht zurück (da sich die Inflationsaussichten vergrößern, wegen der gestiegenen Importpreise).

      Im nächsten Jahr könnte die US-Administration ein Haushaltsdefizit von fast einer halben Billion (!) Dollar produzieren – was nur durch den Verkauf von Staatsanleihen finanziert werden kann. Der Effekt eines gefallenen Dollarkurses wird die Zinssätze steigen lassen, was ein Ende des Refinanzierungsbooms am Hypothekenmarkt bedeuten wird ... und wahrscheinlich zum Rückgang von Immobilien- und Automarkt führen wird ...

      Mein neuer Freund Richard Duncan erklärt weiter: "Kurzfristig ist es schwierig, einzuschätzen, welche Maßnahmen die US-Administration ergreifen wird, um die Ungleichgewichte der US-Wirtschaft aufrecht zu erhalten: Rekord-Haushaltsdefizite, Rekord-Handelsbilanzdefizite, Rekord-Niedrigzinsen, die Spekulationsblase am Immobilien-/Hypothekenmarkt."

      "Wenn China und Japan darum herumkommen, ihre Währungen gegenüber dem Dollar in den nächsten 12 Monaten aufzuwerten, dann müssen sie vielleicht aus Dank dafür zu niedrigen Zinssätzen das amerikanische Haushaltsdefizit finanzieren. Langfristig hingegen ist der Ausblick sicherer. Denn es gibt nichts, das die Ungleichgewichte der US-Wirtschaft davon abhalten kann, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Selbst die USA können sich nicht auf ewig immer weiter gegenüber dem Rest der Welt verschulden, mit einer Geschwindigkeit von 1 Million Dollar pro Minute."
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      Momente, in denen der Lärm des Geldes verstummt

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      *** Die Zahlen zu Wirtschaftswachstum, Produktivität und Aktienkursen sind meiner Meinung nach nicht mehr als attraktive Nervensägen; sie sind eine Einladung zu Verletzungen, denn sie sprechen derzeit dafür, dass die Dinge besser sind, als sie es wirklich sind.

      Die Zahlen vom Arbeitsmarkt sprechen eine andere Sprache, eine sehr viel pessimistischere.

      "Der schwache Arbeitsmarkt bedroht die Erholung und wahrscheinlich produziert er auch die Deflationsängste der Fed", so Bob Reid im Barron`s Magazin. Obwohl man dem Arbeitsmarkt oft vorwirft, dass er ein nachlaufender Indikator ist (also einer, der erst mit einer Zeitverzögerung von einigen Monaten die tatsächliche Lage widerspiegelt), ist die fortgesetzte Trägheit bei der Nachfrage nach Arbeit kein normales zyklisches Phänomen.

      Warum gibt es so wenig neue Jobs?

      Weil es keine reale Erholung gibt.

      Warum gibt es keine reale Erholung?

      Weil es keine wirkliche Rezession gab, von der man sich erholen könnte; die Konsumausgaben und das Schuldenmachen sind während der letzten "Rezession" und danach weitergegangen und sogar gestiegen.

      Warum gab es keine reale Rezession?

      Weil die Fed und die US-Administration alles versucht haben, das zu vermeiden; die kurzfristigen Zinssätze wurden unter die Inflationsrate gesenkt ... was bedeutet, dass die realen Kosten zum Leihen von Geld negativ geworden sind ... und die US-Bundesregierung hat den größten Wechsel aller Zeiten beim Staatshaushalt hinbekommen – von einem Überschuss hin zu einem Rekord-Defizit.

      Sollten Fed und US-Regierung nicht genau das machen?

      Laut den meisten Ökonomen ja. Aber die meisten Ökonomen liegen falsch. Wie wir gesehen haben, liebe(r) Leser(in), war das wirkliche Problem der Wirtschaft nicht, dass die Kosten des Geldes (bestimmt durch Zinssätzen und Geldpolitik) zu hoch waren ... sondern dass sie zu niedrig waren. Dadurch, dass das Geld so billig war, wurde die Situation nur verschlimmert und der Tag des Erwachens verzögert.

      Zumindest sehe ich das so.

      Könnte ich damit Unrecht haben?

      Ja.

      *** "Wie war die Beerdigung?" fragte ich meine Frau gestern Abend.

      "Es war sehr, sehr traurig. Die ganze Stadt war da (mein Freund Guilleaume ist der Bürgermeister von Montmorillon; seine Tochter starb letztes Wochenende bei einem Autounfall). Sie waren von Freunden und Verwandten umringt ... aber was kann man sagen?"

      Man hätte ihnen sagen können, dass sie gerade im Lotto gewonnen oder eine Million Euro verloren hätten – es wäre ihnen egal gewesen. Es gibt Zeiten im Leben, wenn der Kummer so klar spricht; plötzlich ist der Lärm des Geldes völlig uninteressant.

      Ein neuer Freund von mir, Byron, hat mir dies geschrieben:

      "Deine Bemerkungen über den Tod eines jungen Mädchens haben mich dazu gebracht, über andere Zeiten und Umstände nachzudenken, als das Schicksal einen leeren Stuhl am Familientisch hinterlassen hat."

      "Wenn das Telefon mitten in der Nacht klingelt, dann sind das selten gute Neuigkeiten. `Irgendetwas ist passiert. Die Dinge haben sich verschlechtert. Kannst Du schnell hier sein?` Und wenn man dann von dort, wo man ist, dahin, wo man sein soll, hinfährt, dann gehen einem viele Gedanken durch den Kopf. Man ist zuerst ungläubig, dann hat man Angst, dann Wut, Frustration, vielleicht Verzweiflung. `Wenn nur ...`, denkt man. `Aber was ist mit ...`, fragt man sich. `Vielleicht kann jemand was tun ...`, hofft man. `Aber was tun?` ist die Frage, auf die es zu diesem bestimmten Zeitpunkt keine Antwort gibt."

      "Alles, was man wirklich tun kann, ist hoffen. Es gibt Dinge, die einfach außerhalb Deinen Händen liegen, außerhalb Deiner Kontrolle. Das Schicksal wird seinen Weg nehmen. Ob es Dein Vater ist, der an Krebs stirbt. Oder ein alter Freund an Aids. Oder ein Kumpel, der mit seinem Motorrad frontal auf der Straße mit einem Wagen zusammenstößt, der gerade jemanden überholen wollte. Oder der kleine Junge auf der Straße, der Freund Deiner Kinder, mit einem nicht operierbaren Gehirntumor. Man erinnert sich an die Zeiten, die man zusammen verbracht hat, und man hofft, dass die letzten Minuten des gerade Verstorbenen nicht zu schlimm waren, und dass er oder sie nicht leiden mussten. Und irgendwie tut es einem leid. Es tut einem leid, ... alles, das man für diese Person getan hat und die Zeit, die man mit ihr verbracht hat ... dass man nicht noch mehr getan hat. Und man hofft, wenn man gegenüber dem/der anderen einen Fehler begangen hat und man es weiß und es einem leid tut, dass es einen besseren Platz jenseits des Flusses gibt. Und so etwas führt dazu, dass man selbst ein besserer Mensch sein will."

      "Die Leute sagen, dass Gott auf mysteriöse Weise arbeitet. Man sagt, dass er die Gerechtigkeit belohnt und die Ungerechtigkeit bestraft. Aber es sieht so aus, dass viele, die leben, ihre wertvolle Zeit auf der Erde verschwenden, und man fragt sich, ob es dafür später eine Strafe geben wird. Und viele, die sterben – besonders die, die jung sterben – verdienen das Leben, zumindest denke ich so. Wir wissen, was wir wissen, aber können wir wirklich verstehen? Lesen Sie in der Bibel bei Jesaja 53 nach:"

      "Aber wer glaubt dem, was uns verkündet wurde, und wem ist der Arm des Herrn offenbart? Er schoss auf vor ihm wie ein Reis und wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und Hoheit. Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet. Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre."

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      Das vergoldete Zeitalter

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Dieser Aufsatz ist nicht neu – ich habe ihn am 10. März 2000 geschrieben. Das war exakt der Tag, an dem der Nasdaq-Composite Index sein Allzeithoch von 5.048 Punkten erreicht hatte! Dieser Aufsatz hat übrigens auch das erste Kapitel meines neuen Buches inspiriert. Los geht`s:

      Die Geschichte der Neuen Ära wird festhalten, dass es Robert Metcalfe und Gordon Moore waren, die – wie Moses und Aaron – ihre Anhänger aus den Fesseln der "Old Economy" in das Land der Aktienoptionspläne und Milchkaffees führten. Metcalfe und Moore brachten die Gesetze mit, nach denen die Leute im Silicon Valley in den 1990ern lebten.

      Metcalfe beschrieb ein bekanntes Phänomen: Jedes Element eines Systems oder eines Kollektivs wird wertvoller, wenn es expandiert. Man kann das sehen, wenn man über das Telefonsystem nachdenkt. Als in den USA im Mai 1877 die Bell Telephone Company gegründet wurde, waren ihre Produkte fast nutzlos. Wenn man einen Anschluss hatte, konnte man keinen anrufen, weil niemand ein Telefon hatte. Aber drei Jahre später waren 30.000 Telefone angeschlossen.

      Das führte zu der weiteren Einsicht, dass die Gesellschaft es sich leisten könnte, einen großen Geldbetrag für das Verkaufen und Installieren von Telefonen auszugeben, weil sie später damit einen Gewinn erzielen würde. Was noch; hinzukam, dass es entscheidend war, dass die Leute Bell-Telefone und nicht Telefone von Wettbewerbern kauften. Letztlich würde die wertvollste und wahrscheinlich profitabelste Dienstleistung die sein, die am allgegenwärtigsten sein würde.

      Diese Erkenntnis bereitete den Weg für den populären Plan für das Internetgeschäft: Keine Sorgen wegen Gewinnen – kämpft um Marktanteile. Wenige erkannten den Makel: Das Telefonsystem war ein Quasi-Monopol. Es machte Sinn, eine Menge Geld zu zahlen, um es zu schaffen, denn die erste Gesellschaft konnte für eine sehr lange Zeit mit Gewinnen auf Monopolniveau rechnen. Bell Telephone und ihre Töchter sind immer noch im Geschäft. Aber Amazon.com, the Globel.com, Webvan.com und Tausende anderer Internet-Startups hatten keine Hoffnung, jemals ein Monopol oder etwas annähernd Monopolartiges zu erreichen.

      Währenddessen führte Moore sein eigenes Gesetz ein: Er sagte, dass sich die Rechenkraft von Computern alle 18 Monate verdoppeln würde – was bis jetzt der Fall war. Diese Wachstumsrate überraschte jeden und führte zu der anderen großen Irreführung der Internet-Investoren – dass nur wegen des exponentiellen Wachstums der Computer-Rechenleistung auch die Internet-Geschäfte und Aktienkurse exponentiell steigen würden. Das Gesetz von Moore bezieht sich nur auf die Geschwindigkeit, mit der Computer Informationen verarbeiten. Regierungsbürokraten nahmen fälschlicherweise an, dass das das Äquivalent zum Wachstum des Reichtums der Nation sei, ausgedrückt durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Wie wir später sehen würden, führte das wiederum zu Verzerrungen bei anderen Kennzahlen, wie bei der Produktivität und beim Inflationsniveau.

      Wenn Moore und Metcalfe Propheten der Neuen Ära aus dem Alten Testament wären, dann wäre George Gilder ihr Messias. Jede Revolution braucht ihre Intellektuellen, ihre Brände, ihre Scharfrichter und ihre Opfer. Ein Drittel Visionär, ein Drittel Idiot, ein Drittel unverständlich – Gilder war all das und mehr. Er hatte Reden für Romney, Rockefeller und Nixon geschrieben, er hatte einige viel gelesene Bücher geschrieben, darunter "Wealth and Poverty" und "The Spirit of Enterprise". Er wurde von Ronald Reagan öfter als jeder andere Schriftsteller zitiert, wie Aufzeichnungen zeigen. Sein Buch "Microcosm" führte ihn weiter als jemals zuvor jemand gegangen war in die Nähe der neuen Technologie und des Unternehmergeistes. Seitdem sagten einige, dass er ein bisschen zu weit gegangen war.

      Die Artikel von Gilder im Forbes ASAP (ein elektronisches Magazin) waren nicht nur schwer zu verstehen; sie waren unverständlich. Aber das war egal. Er war ein Genie, und er hatte bei einer Menge Dinge Recht. Viele der scharfsinnigsten Investoren unserer Zeit folgten seinen Berichten ... in so einem Ausmaß, dass der "weiße, nervöse Yankee" als Halbgott oder "Johannes der Täufer des digitalen Zeitalters" gesehen wurde, wie es in einem Artikel stand. Aber er hatte sich so in einen Zustand der Entzückung über die Möglichkeiten des Internets hineingesteigert, dass er ein bisschen verrückt geworden zu sein schien.

      "Aber Preise interessieren mich nicht", kommentierte Gilder. Zu schade. Denn Preise sind wichtig, wie die Investoren später entdecken würden. Eine Technologie mag spektakulär sein; die Gesellschaft, die sie besitzt, mag eine großartige Gesellschaft sein; aber die Aktie ist nur zum richtigen Preis ein gutes Investment.

      Jetzt zu Michael Malone, einem Namen, den Sie wahrscheinlich noch nie gehört haben werden. Dieser Mann, der Herausgeber von Forbes ASAP und der Autor von mehreren Büchern über Wirtschaft und New Economy, wurde im Silicon Valley durch Zufall reich. Er erhielt Gründeraktien sowohl von Tom Siebel, dem Gründer und Vorstandsvorsitzenden von Siebel Systems Inc., mit dem er zusammen das Buch "Virtual Selling" schrieb, und von Pierre Omidyar, dem Gründer von eBay. Er hatte keine Ahnung, was diese Aktien wert waren, und er war überraschst, als er herausfand, dass er ein reicher Mann war. Aber er hatte kein Vertrauen; er verkaufte seine Aktien, so bald er konnte.

      Denn die Blase der New Economy schien ihm weder real noch richtig zu sein. "Die meisten von uns wissen intuitiv, dass diese jungen Internetgesellschaften, die wie Pilze aus dem Boden schießen, nicht überleben und blühen werden", schrieb er. Er prognostizierte außerdem, dass bei der "kommenden Abrechnung" das Geld der Investoren verloren sein würde, dass die Pensionsfonds ausradiert sein würden und dass die Bewertungen am Aktienmarkt von ihren irrationalen Höhen auf den Boden der Tatsachen zurückkommen würden.

      Zu Ende der 1990er teilten Metcalfe und Moore diese Stimmung. Es war so, als ob sie ins Silicon Valley zurückgekehrt waren und herausgefunden hatten, dass ihre Stammesgenossen das Internet-Zeitalter in eine absurde Parodie verwandelt hätten. Statt die Kraft des Silikonchips und des Internets zu nutzen, um reale Geschäfte zu starten und realen Reichtum zu schaffen, fanden sie Investoren, die halsbrecherisch um das Bild eines Unternehmens tanzten – bei den Neuemissionen.

      Metcalfe beschrieb sich selbst als mit der Spekulationsblase am Aktienmarkt überfordert: "Da passieren Dinge, die ich einfach noch nicht verstehe", erklärte er. Er bezeichnete die Spekulationsblase als "verzerrt", und er sprach seine Bedenken darüber aus, dass diese Verzerrung eventuell "platzen würde". Seine Artikel zeigen seine Sorge wegen der unternehmerischen Leidenschaft für den Börsengang: "Ich frage (Unternehmer) oft diese Frage `Also, was ist das Ziel ihres Unternehmens?` Die Antwort in diesen Tagen lautet normalerweise `Börsengang`. Das ist das falsche Wort in den ersten fünf Sätzen, wenn man beschreibt, um was es bei einem neuen Geschäft gehen soll. Wenn man nur an den Börsengang denkt, dann hat man sein Auge auf das falsche Ziel gerichtet ... diese Leute denken, dass der Börsengang ein signifikantes Ereignis ist. Ich sehe ihn als ein kleineres finanzielles Ereignis. Sie sehen es als das, um das sich das ganze Leben dreht."

      Würde der Tag der Abrechnung kommen? "Die (Risikokapitalgeber) kommen auf den Boden zurück", so Metcalfe weiter, "und sie gehen schnell zum Ausgang. (Aber) ... diese armen Kleinanleger. Sie beginnen, nach Gewinnen zu suchen, und sie werden sie nicht finden. Alles beginnt, einzubrechen."

      http://www.investor-verlag.de/
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 21:15:34
      Beitrag Nr. 373 ()
      Jugendliche

      Der Schein vom schönen Leben

      Um sich neue Möbel, Mobiltelefone oder den Urlaub leisten zu können, sind immer mehr junge Leute bereit, Schulden aufzunehmen. Die Kreditgeber freuen sich - und machen agressiv Werbung.

      Von Thomas Öchsner





      Ratenkredite hatten früher ein Schmuddelimage. Den Kühlschrank, ein Auto oder eine Einbauküche auf Pump zu kaufen, galt als verpönt. Fachleute sprachen von dem „sozialpsychologischen Mangel“ bei Ratenzahlungen. Dieses Image hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. In weiten Bevölkerungskreisen gilt es inzwischen als ganz normal, für einen besseren Lebensstandard Schulden aufzunehmen.

      Das Geschäft mit Konsumentenkrediten floriert. Die klassische Regel, nur vorhandenes Geld auszugeben, gerate zunehmend aus der Mode, stellte die Hamburger Wirtschaftsauskunftsdatei Bürgerl jüngst in einer Studie fest. Vor allem Konsumartikel und Autos sowie neuerdings auch immer mehr Urlaubsreisen werden scheibchenweise bezahlt.

      Dieser Trend zur Ratenzahlung lässt sich auch statistisch nachweisen. Seit Ende der achtziger Jahre hat sich das Volumen der Konsumentenkredite nach Angaben der Deutschen Bundesbank auf knapp 230 Milliarden Euro (Stand: Juni 2003) mehr als verdoppelt.

      Allein zwischen 1997 bis 2001 wuchs der Anteil der Haushalte, die Konsumentenkredite abstottern müssen, von 18,8 auf 22,4 Prozent, so das Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Im Durchschnitt muss demnach jeder verschuldete Westdeutsche 207 Euro im Monat abstottern – Baukredite nicht mitgerechnet.



      Vermeintlich attraktive Konditionen
      Gerade jetzt, in einer Phase, in der die Zinsen niedrig sind, buhlen einige Anbieter mit vermeintlich attraktiven Konditionen um neue Kunden. Auch haben die Großbanken nach dem Ende des Booms bei Börsengängen und Fusionen das klassische Brot- und Buttergeschäft mit dem Privatkunden wiederentdeckt. So bombardiert derzeit zum Beispiel die HypoVereinsbank (HVB) potenzielle ausgabewillige Bürger mit Briefen, in denen ihnen der „HVB Sofortkredit“ angedient wird.

      Höhepunkt des Werbetreibens war ein sommerliches HVB-Schreiben mit der Frage „Sie wollen die Fische lieber im Meer als in Ihrem Aquarium betrachten?“ – und der passenden finanziellen Antwort in Form des HVB-Sofortkredites. Wer sich auf Pump ein schöneres Leben macht, so die Botschaft der Werbetexter, ist clever und cool.

      Verbraucherschützer wie Stefanie Laag, Kreditexpertin bei der Verbrauchzentrale Nordrhein Westfalen, sehen das teilweise aggressive Gebaren der Banken allerdings gar nicht gelassen, vor allem wenn die Geldhäuser junge Erwachsene mit ihren lockeren Werbesprüchen umgarnen: Denn häufig beginnt so die klassische Schuldnerkarriere: Es wird ein Kredit für die ersten Möbel oder das erste Auto aufgenommen, das Girokonto gerät durch teure Verträge mit Fitnesscentern und hohe Handy-Rechnungen ins Minus – und irgendwann sind die Raten nicht mehr tragbar, weil viel zu knapp kalkuliert wurde.



      Kreditkonditionen genau prüfen
      „Viele junge Leute überschätzen einfach ihre eigenen finanziellen Möglichkeiten. Gerade deshalb müssten Banken bei der Kreditvergabe verantwortungsvoller handeln“, fordert Laag. Sie rät, keinesfalls das Haushaltsbudget so auszuschöpfen, dass keine Reserven mehr für unvorhergesehene Ausgaben oder Ereignisse wie den Verlust des Arbeitsplatzes bleiben.

      Laag empfiehlt auch, die Konditionen von Ratenkrediten genau zu prüfen, nicht nur wegen der von Bank zu Bank unterschiedlichen Zinssätze, die schnell ein paar hundert Euro mehr oder weniger ausmachen können: Auch auf die Laufzeit des Vertrages kommt es an. Dabei gilt die Faustregel: Je länger die Abzahlungsphase, desto niedriger der Zins.

      Das täuscht jedoch darüber hinweg, dass bei einer schnellen Tilgung in der Summe weniger Zinsen zu zahlen sind. Dies funktioniert allerdings nur, wenn der Kreditnehmer die höheren Raten auch wirklich tragen kann. Besonders kritisch sieht die Expertin die derzeit aggressive Werbung für den Urlaub auf Pump: „Dabei kann es schnell passieren, dass der Kunde für seine Traumreise einen Kredit aufnimmt, obwohl der alte womöglich noch gar nicht abbezahlt ist.“


      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/962/18944/
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 21:18:17
      Beitrag Nr. 374 ()
      Preisabsprachen

      Hoechst-Strafe

      Der Chemieriese Aventis muss ein Bußgeld von 99 Millionen Euro zahlen. Die Vorgängergesellschaft Hoechst hat nach Auffassung der EU-Kommission einem der dreistesten Kartelle angehört, die bisher bekannt sind.

      Von Alexander Hagelüken




      (SZ vom 02.10.03) - Sorbate sind ein sehr erfolgreiches Produkt. Die Konservierungsmittel finden sich in Mayonnaise, Würstchen, Getränken oder Kosmetik, wo sie Bakterien- und Schimmelbildung verhindern. Der Hoechst-Konzern und andere Hersteller waren Ende der siebziger Jahre nur mit einem unzufrieden: Sorbate waren ihnen zu billig. Also verabredeten sie, den lästigen Wettbewerb zu beenden.

      Gewöhnlich zweimal im Jahr trafen sich die Manager an diskreten Orten in Europa und Japan und teilten den Markt unter sich auf. Sie vereinbarten genau, wer wie viel produzieren durfte und welchen Preis sie verlangten. Ein schönes Geschäft – bis Brüsseler Fahnder die Spur aufnahmen.



      "Eines der dreistesten Kartelle"
      So hat nach Darstellung von EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti eines der dreistesten Kartelle agiert, die bisher bekannt sind. Demnach begannen die Chemiemanager ihre Preisabsprachen im Dezember 1978 und setzten ihre Kungelei volle achtzehn Jahre lang fort.

      Die Verlierer waren Europas Konsumenten. „Die Verbraucher haben durch diese Verschwörung mehr für viele Alltagsprodukte bezahlt, als wenn es Wettbewerb gegeben hätte“, ärgert sich Monti. Er verhängte gegen den Hoechst-Konzern am Mittwoch ein Bußgeld von 99 Millionen Euro, eine der höchsten Strafen aller Zeiten. Drei japanische Firmen müssen ebenfalls zahlen.

      Deutsche Konzerne geraten immer wieder ins Visier der europäischen Wettbewerbshüter. BASF wurde zu einer Strafe von fast 300 Millionen Euro verurteilt, weil die Firma den Vitaminmarkt manipuliert hatte. Daimler-Chrysler und VW zahlten für restriktive Praktiken beim Autoverkauf.



      Richtig zur Kasse gebeten
      Seit zwei Jahren knackt Kommissar Monti deutlich mehr Kartelle, weil er seine Strategie, nach amerikanischem Vorbild, umgekrempelt hat. „Früher waren die Strafen so niedrig, dass uns die Unternehmenschefs beinahe ausgelacht haben“, erinnert sich ein Insider. Heute bittet Monti richtig zur Kasse – und lockt die Kartellbrüder gleichzeitig mit einer Kronzeugenregelung. Wer als Erster auspackt, entgeht der Millionenstrafe.

      Dieser Anreiz sät selbst bei den verschworensten Dunkelmännern Zwietracht. Auf diese Weise gelangen die Fahnder an Beweise, die sie sonst vielleicht nie fänden. So war es auch beim Sorbat-Kartell. Das japanische Unternehmen Chisso kooperierte mit Monti und entging deshalb jeder Strafe.

      Grundsätzlich sind Kartelle schwer zu knacken, weil alle Mitglieder stark profitieren und der Kreis oft klein bleibt. Im Sorbat-Fall hatten die fünf beteiligten Unternehmen in Europa zeitweise einen Marktanteil von 85 Prozent. Die Strafe für Hoechst fällt auch deshalb so hoch aus, weil es für die Frankfurter nicht die erste Kartellstrafe ist.



      Aventis hält sich bedeckt
      Das im deutsch-französischen Aventis-Konzern aufgegangene Unternehmen hält sich zu den Vorwürfen bedeckt. Es sei noch nicht entschieden, ob man gegen Brüssel klage, um die Strafe zumindest zu reduzieren.

      Die EU-Kommission wendet sich inzwischen den nächsten Fällen zu. „Bei unseren Attacken auf Kartelle haben wir erst die Spitze des Eisbergs erfasst“, glaubt Montis Generaldirektor Philip Lowe. „Der finanzielle Anreiz für solche Praktiken ist nach wie vor hoch.“ Nur das erwischte Unternehmen weiß, ob ein Kartell trotz saftiger Geldbuße unterm Strich nicht doch ein schönes Geschäft war.


      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/981/18963/
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 22:22:11
      Beitrag Nr. 375 ()
      Satire des Monats



      Oktober 2003: Exponentielles Wachstum für Anfänger


      http://www.equilibrismus.de/de/aktuelles/karrikaturen/index.…
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 23:02:13
      Beitrag Nr. 376 ()
      SPD verliert weiter in der Wählergunst

      Mehr und mehr schwindet auch das letzte ansehen welches die SPD noch hatte. Offenbar führten die Ereignisse der letzten Woche nicht dazu, daß die Partei in der Wählergunst zulegen konnte.

      Im Gegenteil! Wie das Meinungsforschungsinstitut Emnid ermittelte verloren die Sozialdemokraten sogar 2% im Bezug auf die Sonntagsfrage und landeten bei nur noch 27%.

      Im gleichen Zeitraum legte die Union um 3 auf 49% zu. FTP und Grüne konnten sich jeweils um ein Prozent verbessern und landen bei 12 bzw. 5. Die PDS bleibt bei 4% stehen.

      Quelle: www.bkz-online.de
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      Die Leute sind wohl im Winterschlaf.
      Die CDU ist auch nicht ein Stück besser als die Regierungspartei. Vielleicht beim Sozialabbau, da können sie der SPD das Wasser reichen! Die brauchen alle ein gewaltigen Denkzettel! Ein (Volks)Tsunami!
      Für das Volk heißt es nach der Wahl "außer Spesen (Mühen), nichts gewesen."
      Jeder dieser Parteien vertritt irgendwelche Lobbys , wenn Sie an der Macht sind ,das Volk das Sie dahin gebracht vergessen sie. Wann vergisst mal endlich das Volk diese "NichtsnutzParteien"?
      Das Volk braucht kein Machtapparat, das Ihn nur als Spielball benutzt, sein Wohlstand vermindert, die Einkommen von unten nach oben verteilt, die Interessen der Hochfinanz vertritt und so tun als sei das Volk schuld an der ganzen Misere.
      Erst tun sie uns den Karren an die Wand fahren und dann kommen Sie uns noch als Mechaniker (Erretter) daher.Die reparieren uns das ganze System kaputt. Zynnismus pur!
      Die schwafeln immer von Niedriglohnjobs, den Anfang können wir bei den Politikern machen, dann wissen sie wenigstens wo von sie reden. Fordern und fördern. Sollte das auch nicht für unsere angeblichen Volksvertreter gelten?
      das reicht für heut.
      :O :rolleyes: :(
      Avatar
      schrieb am 02.10.03 23:04:57
      Beitrag Nr. 377 ()
      02.10. 21:57
      Japan: Dollar-Interventionen kosten Geld
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Nachdem sich der US-Dollar heute gegenüber dem Yen von seinem 3-Jahres-Tief deutlich auf 111 Yen erholt hat, gehen zahlreiche Devisenhändler davon aus, dass Japans Zentralbank dazu entschlossen ist, weiter konsequent zu intervenieren. Erstmals seit dem G7-Treffen vor einigen Wochen wurde dieser Verdacht heute auch von Seiten der Zentralbank wieder bestätigt. Inzwischen wird zum Teil davon ausgegangen, dass die japanische Regierung für die umfangreichen Dollar-Käufe bald auch ihre Kreditaufnahme wird steigern müssen. Erstmals hat auch dies ein hochrangiger Mitarbeiter des Finanzministeriums bestätigt, indem er zugab, eine solche Maßnahme sei zwar nicht geplant, könne aber auch nicht ausgeschlossen werden.
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      schrieb am 03.10.03 14:39:14
      Beitrag Nr. 378 ()
      "Die meisten amerikanischen Aktiengesellschaften sind Finanzunternehmen" – Über die Rolle der Fed als Geisel und warum sie die Zinsen auf unabsehbare Zeit niedrig halten muss
      (02.10.2003)

      Heute beschäftigt uns ein weiteres brisantes Kapitel in der unendlichen Geschichte des amerikanischen Dollar, der Zinsen und des gesamten Finanzsystems in den USA, wohlwissend, das es uns diesseits des Atlantik nicht gleichgültig sein kann. Am Ende werden wir wieder einmal sehen, dass die Notenbank in Washington (Fed) alles, aber auch wirklich alles unternehmen muss, um sowohl ihren Leitzins niedrig zu halten und womöglich noch weiter zu senken als auch ein nennenswertes Steigen der Kapitalmarktzinsen zu verhindern. Wichtiger noch, sie darf nicht zulassen, dass sich die Renditedifferenz (spread) zwischen den Kapitalmarktzinsen, die gewöhnlich an zehnjährigen Staatsanleihen gemessen werden, und den Geldmarktsätzen über Gebühr ausweitet.

      Fast ein Viertel der gegenwärtigen Kapitalisierung der 500 im Standard & Poor’s Composite Index (S&P 500) enthaltenen Aktiengesellschaften entfällt auf Gesellschaften des Finanzbereichs. Das ist an sich schon gewaltig. Doch es gibt inzwischen kaum ein bedeutenderes Unternehmen in den USA mehr, das neben seinem traditionellen Kerngeschäft nicht auch Aktivitäten im Finanzbereich entwickelt hat. Paradepferd ist hier General Electric (GE), ein bunt gestalteter Mischkonzern, der in Wirklichkeit nur noch als Finanzkonglomerat bezeichnet werden kann.

      Bill Gross von Pimco erklärt sogar, dass viele, wenn nicht alle amerikanischen Unternehmen Gewinne nur erwirtschafteten, weil sie im Finanzbereich tätigt seien. So sei der Warenhauskonzern Sears, Roebuck bis vor wenigen Monaten ein Kreditkartenunternehmen gewesen. Und General Motors habe im zweiten Quartal nahezu seinen gesamten Gewinn von seiner im Hypothekengeschäft tätigen Tochter bezogen.

      Dass die Finanzgeschäfte einer so großen Zahl amerikanischer Unternehmen so gut laufen, hat einen einzigen Grund: Die extrem niedrigen Geldmarktzinsen. Die Gesellschaften können sich sehr billig Geld leihen und es teuer wieder ausleihen oder den Käufern extrem günstige Konditionen zum Kauf ihrer Produkte gewähren, mit denen nur dann etwas zu verdienen ist. Nicht zuletzt finanzieren sie mit kurzfristigen Geldern langfristige Projekte. Schließlich operieren sie noch mit Derivaten, um die Last langfristiger Schulden zu mindern.

      Das gesamte Finanzierungsgebäude bräche schlagartig in sich zusammen wie der Turm zu Babel, wenn die Fed eine falsche geldpolitische Bewegung machen sollte. Es könnte schon reichen, wenn sie vor steigenden Zinsen warnen würde. So ist die Notenbank zur Geisel der Finanzaktivitäten einer Vielzahl von Unternehmen geworden.

      Hier handelt es sich um eines der zahlreichen, weithin wenig bekannten oder nicht verstandenen Ungleichgewichte, die wie ein Damoklesschwert nicht nur über den Finanzmärkten in den USA hängen. Wie sie gelöst werden können, weiß der Geier. Er schwebt schon über den Landen.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
      www.taurosweb.de
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      schrieb am 03.10.03 15:03:44
      Beitrag Nr. 379 ()
      Argentinien zahlt nur ein Viertel

      Mit einer Umwidmung von 94 Milliarden Dollar startet das bankrotte Argentinien die größte Umschuldung aller Zeiten. Private Gläubiger sollen auf drei Viertel verzichten
      BUENOS AIRES taz Argentinien will nur noch ein Viertel seiner Schulden an private Gläubiger zurückzahlen. Am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) legte der argentinische Wirtschaftsminister Roberto Lavagna seinen Plan zur Umstrukturierung der argentinischen Schulden vor. Demnach werden 94,3 Milliarden Dollar an privaten Anleiheschulden in neue Titel transferiert.
      .....................

      http://www.taz.de/pt/2003/09/24/a0110.nf/text.ges,1
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      schrieb am 03.10.03 15:18:12
      Beitrag Nr. 380 ()
      Der Stachelschwein-Magerstaat

      Falk Lüke 02.10.2003
      Das Free State Project wählt New Hampshire für ein libertäres Experiment


      Eine kleine Gruppe freiheitlich inspirierter Bürger will sich in einem Experiment erst zur Mehrheitspartei in einem US-Bundesstaat zusammenfinden, um danach den Staat auf ein notwendiges Minimum zu beschränken. Was wie die Idee verwirrter Anarchisten klingt, kann jedoch funktionieren - Sezession auf Dauer nicht ausgeschlossen. Während machtverliebte Präsidenten und Kongresse mit der Keule "Terrorismusbekämpfung" ihre Macht erweitern, setzen die "Stachelschweine" auf das genaue Gegenteil.

      Die Idee ist weder neu noch besonders originell: Ein Staatsgebilde, das nur das Notwendige als Aufgabe wahrnimmt und sich aus dem Leben seines Staatsvolks weitestgehend heraushält. Während Neokonservative und Wirtschaftsliberale diese Weisheit insbesondere im Bereich sozialer Sicherungssystem verbreiten, versucht sich das Free State Project an einem gesamtstaatlichen Modell: Libertäre Ideologie soll einen freiheitlichen Staat formen. Nicht irgendwann, sondern möglichst bald. Binnen ihrer eigenen Lebenszeit wollen die Gründer um den Yale-Politikwissenschaftler Jason Sorens, der über Sezessionismus als regionale Antwort auf die Globalisierung gearbeitet hat, ihren Staat der Freiheiten ausrufen.

      Gut 5.000 Mitstreiter haben die Free State-Aktivisten mittlerweile gewonnen, 20.000 werden für die Machtübernahme in einem der vielen weniger besiedelten US-Bundesstaaten benötigt. Doch auch diese Zahl sei, so Sorens optimistisch, für die "Stachelschweine" zu erreichen.



      Freiheit ist für die Gruppe grundlegendes Element, Einschränkungen nur in Ausnahmefällen möglich. Die Freiheit der Bürger will das Free State Project nur für die Fälle von "force and fraud" (Gewalt und Betrug) gegenüber anderen Bürgern einschränken. So ist neben dem ultraschlanken Magerstaat eine Legalisierung von Drogen denkbar und der Waffenbesitz für jedermann eine der Leitlinien der Stachelschweinstaatstheorie.

      Diese Freiheit zu garantieren, sieht das Free State Project als Hauptaufgabe an, auch in Freiheit von den USA. Deswegen gehört zu den Kriterien, nach denen das gelobte Land ausgewählt wurde, außer einer möglichst libertären Tradition und geringen Bevölkerungszahl auch eine entsprechende geostrategische Lage: Statt Insellage soll der Staat möglichst an einen Ozean oder einen anderen Staat als die USA grenzen. Diese Einschränkungen sorgten für eine schnelle Eingrenzung auf die 10 Staatenkandidaten Wyoming, Vermont, Alaska, North Dakota, South Dakota, Delaware, Montana, New Hampshire, Idaho und Maine. Um nicht an die USA gebunden zu sein hält sich das Free State Project damit stets die Option auf eine eigene Außenhandelspolitik offen.




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      New Hampshire is clearly the consensus choice of Free Staters. New Hampshire won a plurality of first-preference votes from every region of the country except the West.
      Jason Sorens





      Je apolitischer die Bevölkerung ist, desto größer sind die Chancen für das Free State Project


      Die Wahl des Bundesstaates New Hampshire (Bevölkerung: 1.275.000) hat neben praktischen auch historische und symbolische Gründe: Die bis heute gültige Unionsverfassung trat mit der Ratifikation durch eben diesen Bundesstaat am 21. Juni 1788 in Kraft. Die FSP-Aktivisten werden in New Hampshire mit offeneren Armen als in anderen Staaten empfangen: Selbst der Gouverneur Craig Benson signalisierte im Vorfeld die Unterstützung einzelner Ziele.

      Dabei ist der Weg lang und mühsam: Am Beginn steht ein Marsch durch die Institutionen, insbesondere der Legislative. In den USA sind den Bundesstaaten viele Rechte garantiert, die einem souveränen Einzelstaat würdig sind. So zum Beispiel die Steuerhoheit, die für manche der libertären Stachelschweine ausreichend Motivation sein dürfte:




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      States have even more powers, including control over most sales, income, and property taxes, control of the state police, and full control over statewide legislation.
      FAQ




      Mit 20.000 politischen Aktivisten würden die Stachelschweine die etablierten Parteien in den Kandidatenstaaten überflügeln. Und mit entsprechender finanzieller Ausstattung wären die Wahlen wohl auch nur noch Formsache. In Staaten, die im Bundesvergleich mehr in die Union zahlen, als sie aus den gemeinsamen Töpfen profitieren, gehören sezessionistische und antiunionistische Bestrebungen zudem fast schon zum guten Ton. Entsprechend wenig beliebt sind in manchen dieser Staaten die großen Parteien der Demokraten und Republikaner.

      Bestes Terrain für die "Stachelschweine": Je apolitischer die Bevölkerung sich gibt, umso größer sind die Chancen für die kleine Gruppe der Free State Project-Mitglieder. Dabei leistet den FSP-Aktivisten das den USA eigene Wahllistensystem, nachdem sich Wähler erst registrieren lassen müssen, um dann wählen zu dürfen, weiteren Vorschub - aktive Stachelschweine vorausgesetzt.

      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/15765/1.html
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      schrieb am 03.10.03 15:21:48
      Beitrag Nr. 381 ()
      Avatar
      schrieb am 05.10.03 19:55:47
      Beitrag Nr. 382 ()
      Quergedacht: Was viele denken aber wenige auszusprechen wagen
      Anstößige Texte zum Runterladen und Weiterverbreiten
      spatzseite.de




      Vom wahren Sinn des Umweltschutzes: 05.10.2003

      DIESE WOCHE
      Diese Woche geht es wieder mal um das unselige Protokoll von Kyoto. Der Spatz untersucht die wahren Beweggründe, die hinter dem Versuch stecken könnten, die Energieerzeugung praktisch komplett unter die Herrschaft einer UN-Bürokratie zu stellen. Er demonstriert, wie die Energie der Hebel der Verknappung ist, und das Klima seine Rechtfertigung nach innen, die eigenen Bürger ruhigzustellen. Dieser Beitrag kann Ihnen die Augen öffnen!

      Moskau und der "Klimaschutz"


      Jetzt enttäuschte Rußlands Präsident Putin aber die so wohlwollenden Europäer. Womit haben sie das nur verdient? Auf dem G8-Gipfel in Genua vor 2 Jahren hatte Putin den Kompromiß gefunden, mit dem sich das offizielle Scheitern der Konferenz noch gerade abwenden ließ: Statt das wackelige Kyoto-Protokoll ganz fallenzulassen und die Europäer zu enttäuschen, bot er eine weitere Klimakonferenz in Moskau an, auf der endgültig entschieden werden sollte. So konnten die G8-Führer weiter mit dem Kyoto Protokoll winken. Noch im letzten Jahr hatte Premierminister Michael Kasjanow versprochen, das Protokoll "in Kürze" zu ratifizieren. Und nun sagte Putin den Experten bei der Eröffnung des G8-Treffens in Moskau, man sei sich noch unklar, ob man das Protokoll überhaupt ratifizieren wolle.

      Damit schwand die laute Hoffnung der Europäer, und die klammheimliche der Amerikaner, Moskau mit ein paar billigen Geldversprechungen wie andere Länder der Dritten Welt über den Tisch ziehen zu können. Die USA hatte sich schon zu Beginn der Amtszeit von Bush 2 zur Entrüstung aller Rot-Grünen, wie aus anderen Vereinbarungen, die nur die anderen aber nicht sie selbst knebeln sollten, auch aus dem Kyoto-Protokoll zurückgezogen. Ohne die Russen droht der Klimarettungsaktion aller Gutmenschen dieser Welt das Aus.

      Das Protokoll sieht vor, die Abgabe von CO2 an die Atmosphäre, und damit also die praktisch gesamte Energieerzeugung, der Kontrolle der Weltbürokratie zu unterstellen. Es sollte in Kraft treten, wenn 55 Länder, die wenigstens 55% der anthropogenen Abgabe der Pflanzennahrung CO2 zu verantworten haben, das Abkommen unterzeichnet haben. Zusammen mit den USA pusten die Russen mehr als 45% des anthropogenen CO2 in die Atmosphäre und können so das Abkommen verhindern, dem schon jetzt weit mehr als 55 Länder schon beigetreten sind.

      Statt als Hausherr der Konferenz feierlich die Ratifizierung des Protokolls durch Rußland zu verkünden, wie die meisten Teilnehmer gehofft hatten, schickte Putin führende Wissenschaftler der russischen Akademie der Wissenschaften wie Kirill Kondratjew und Valentin Dymnikow vor, die diplomatisch vornehm erklärten, daß die wissenschaftlichen Grundlagen des Protokolls mehr oder weniger Kokolores seien, und selbst die hochgelobten Computerklimamodelle nicht stimmten.

      So viel vergebliche Mühe! Die Europäer - statt ihre Wirtschaft in Ordnung zu bringen - hatten Putin die Vorzüge des Protokolls wie Honig um den Mund geschmiert, zum Beispiel die Möglichkeit durch den CO2-Quotenhandel scheinbar aus dem Nichts neue verkäufliche Werte zu schaffen. Man hatte ihm Kredite angeboten und andere Geldzuwendungen. Schließlich war man bereit, das russische Kontingent an Emissionsrechten so aufzustocken, daß die Russen mehr davon auf dem Weltmarkt hätten verhökern können. Die Experten hatten damit gerechnet, daß man in Moskau weiter pokern würde und sie noch etwas würden drauflegen müssen - und jetzt diese Enttäuschung.

      Putins Wirtschaftsberater Andrei Illarionow hatte Reportern zu vor schon erklärt, daß die Ratifikation des Protokolls die wirtschaftliche Entwicklung Rußlands blockieren würde. Sie hatten das für Ausreden und das übliche Politgeschwafel gehalten, jedenfalls Illarionows nähere Erklärungen, wenn er sie denn vorgetragen hat, vorsorglich nicht verbreitet.

      Putin und seine Leute waren wohl schlau genug, um zu erkennen, daß sie mit dem Verkauf von CO2-Zertifikaten letztlich auch die Möglichkeiten ihrer Industrie, nach Bedarf Güter erzeugen zu können, verkaufen würden. Dabei hatte Putin erst kürzlich sein Volk wissen lassen, daß er die Güterproduktion in Rußland zur besseren Versorgung der Bevölkerung um 100% steigern wolle. Zwar baut Rußland auch seine Kernkraftkapazitäten kräftig aus, doch spielen im Land Kohle, Erdöl und Erdgas wegen der großen Vorkommen noch immer die entscheidende Rolle.

      Vielleicht hat Putin sogar wegen des überstarken Drängens der umwelthysterischen Europäern den Braten gerochen. Jedenfalls hat er sich im Unterschied zu unseren Politikern die Folgen dieser Politik klargemacht. Der Exkommunist war in der Marktwirtschaft bewandert genug, um sich auszurechnen, daß wenn die Völkergemeinschaft den CO2-Ausstoß drastisch drosselt auf diese Weise das Überangebot an Energieträgern, das nicht nachgefragt werden durfte, rasch zu einem Preisverfall führen dürfte. Die windigen Gewinne aus dem Verkauf von CO2-Emissionsrechten würden von den Verlusten auf dem Energiemarkt nur allzu rasch überboten.

      Und weil Putin schlauer als unsere Rot-Grünen ist, wird er wohl auch die weitere marktwirtschaftliche Folge nicht übersehen haben: energiebedingte Produktionseinschränkungen dürften bald die Preise für die benötigten Versorgungsgüter deutlich steigen lassen. Diese gehen dann zu Lasten derer, die importieren müssen, um ihr Land auszubauen und auf die Höhe der Zeit zubringen. Zu diesen Ländern rechnet sich auch Rußland neben vielen aufmüpfigen Entwicklungsländern.

      Energiepreise runter? Versorgungsgüterpreise rauf? Und wer streicht den Gewinn ein? Wahrscheinlich ist Putin auch dieser Zusammenhang nicht unzugänglich. Den Gewinn machen natürlich Wertpapierspekulanten und Geldvorstrecker. Irgendwo müssen ja die enormen Spekulationsgewinne dieser westlichen Elite herkommen. Ihre Geschäfte gedeihen als einziger Geschäftszweig im Westen noch üppig, so daß sie neben all dem teuer verkauften CO2-Papiere gewinnbringend verscherbeln wollen.

      Nicht nur der frühere CDU-Umweltminister und jetzige UN-Umweltdirektor Klaus Töpfer bezeichnet daher den Handel mit solchen Emissionspapieren als "absolut richtig". Er ist sich in dieser Frage mit Rot-Grün einig, denn dieser Handel bringt sie gleich zwei seit langem angestrebten Zielen näher. Erstens verschafft der Emissionshandel ihren Auftraggebern in der Finanzwirtschaft ganz ohne Arbeiten und Umweltbelastung satte Gewinne, zweitens erlaubt er ihrer (mißverständlich oft "sozialistisch" gescholtenen) Bürokratie über die Menge der freigegebenen CO2-Zertifikate die Industrieproduktion zu steuern. Und wie jeder wissen sollte und nur die Rot-Grünen nicht wissen wollen, lassen sich bei feststehender zahlungsfähiger Nachfrage nur durch ein reduziertes Angebot zusätzliche Gewinne machen. Energie ist der Hebel der Verknappungswirtschaft, Klimarettung ihre Rechtfertigung.

      Mit der Klimaklatsche ließ sich im Westen sogar eine dritte Fliege erschlagen, nämlich das peinliche Gerangel um "Reformen", das sich Bürger nur noch als blöde Frage darstellt, von welcher Seite Politiker ihnen in die Tasche greifen wollen. Der Brotkorb würde ihnen über den Handel mit CO2-Emissionspapieren zu Gunsten der notleidenden Finanzwirtschaft ganz marktwirtschaftlich, also ohne daß jemand dafür die Verantwortung zu übernehmen hätte, noch höher gezogen. Die auf diese Art Knappgehaltenen könnten sich ihren Mangel wenigstens als einen ethisch wertvollen Verzicht für Umwelt oder Klima zugutehalten. Eine Klimakatastrophe liegt scheinbar näher als das Höllenfeuer, mit dem die kirchlichen Vorgänger der Schwarz-Rot-Grünen in früheren Zeiten ähnliche Ziele verfolgten.

      Die Überflußgesellschaft kann und will sich nicht mehr leisten, die Kranken und Alten angemessen zu versorgen oder den Arbeitern den Weg zur Arbeit als "Betriebskosten" anzurechnen, wie den Betrieben den Transport ihrer Waren. Warum sie das nicht kann und will, wäre - wenn man es wollte - einfach zu durchschauen: Im Grunde liegt es daran, wie man die Gewinne "realisiert". Wer darauf besteht, daß der Handel mit Geld und anderen Finanzschnäppchen das Zentrum der Wirtschaft ist, und die Produktion nur der Umwelt schadet, darf sich über die rasch ansteigende Arbeitslosigkeit und Armut in der Gesellschaft nicht wundern. Beides scheint nun selbst in den USA, der westlichen Führungsmacht, um sich zugreifen, weil der Zufluß von Reichtum aus dem angeblich befreundeten Ausland zunehmend ins Stocken gerät.

      Gelobt sei die allesvernebelnde, angebliche Kompliziertheit der Zusammenhänge - so lange sie den Einzelnen darin bestärkt, sich hoffnungsvoll und untätig in sein Schicksal zu ergeben. So oder so ähnlich mag der Verfasser gebetet haben, der in einer der wenigen Zuschriften den Spatz letzte Woche für die Naivität bemitleidete, an der Windenergie zu zweifeln und die Gefahren von Tschernobyl zu übersehen. Wegen seiner Gläubigkeit hat der Mann wahrscheinlich vergessen, den nutznießenden EVUs oder - treffender noch - deren Kreditgebern die Rechnung für seine Anstrengung zu schicken.
      Avatar
      schrieb am 05.10.03 19:59:08
      Beitrag Nr. 383 ()
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      Klimakonferenz in Moskau gescheitert: Von den Russen lernen...


      Am Freitag ist offensichtlich die sogenannte Klimakonferenz zur Restriktion der vorgeblichen Treibhausgase in Moskau gescheitert. Der russische Präsident Putin hat das Protokoll von Kyoto, das uns auch den Handel mit Emissionsrechten bringen soll, nicht ratifiziert. Die in dem Protokoll vorgesehenen Repressionsmaßnahmen gegen Energieerzeugung und produzierende Industrie treten erst in Kraft, wenn genug Länder beitreten, die mindestens 55% der weltweiten CO2-Emission zu verantworten haben. Nachdem die USA sich aus dem Zwangssystem des Kyoto-Protokolls zurückgezogen haben, geht es nunmehr nicht mehr ohne Rußland.

      Das Protokoll von Kyoto sieht vor, die Abgabe von CO2 an die Atmosphäre, und damit praktisch die gesamte Energieerzeugung, unter die Kontrolle einer Weltbürokratie unter Leitung der U.N. zu bringen - ohne daß es eine gesicherte wissenschaftliche Basis für die These vom angeblichen Treibhauseffekt gäbe. Dies würde zu einer drastischen Erhöhung der Energie- und damit praktisch aller Güterpreise führen; gleichzeitig könnte durch den Zertifikatehandel die Finanzwirtschaft "Werte" ohne Arbeit und Energie schaffen.

      Außerdem würde die Zwangsbewirtschaftung von Energie ein ausgezeichnetes Herrschaftsinstrument gegen das eigene Volk darstellen, denn anstatt dem Bürger mit immer neuen und immer absurderen Reformen in die Tasche zu greifen, würde das jetzt ganz "marktwirtschaftlich" geschehen, und keiner wäre verantwortlich, denn Gesetze müßten nicht mehr verändert werden, um die Abzocke zu verschärfen. Und schon beim gegenwärtigen Stand der Gleichschaltung wäre mit nennenswertem Widerstand wäre kaum zu rechnen, retten wir Gutmenschen doch den Planeten, wenn wir nur schön kräftig verzichten, und wer würde sich gegen solch edle Erlösungsziele ernsthaft auflehnen wollen?

      All das scheint jetzt doch ins Wanken zu geraten - zwar noch nicht der Glaube, aber doch das Herrschaftsinstrument, auf das der Öko-Staat sich so verlassen hat. Ob sich das freilich bis 2005 auch bis zur Europäischen Union durchsprechen wird, oder ob man in Europa versuchen wird, ein solches Zwangsbewirtschaftungssystem auch ohne die Russen in Kraft zu setzen, bleibt abzuwarten.

      Einst hieß es in der ehemaligen DDR, daß von den Sowjets zu lernen siegen zu lernen heiße. Wer weiß, vielleicht ist da ja doch noch etwas dran!

      Links zum Thema: Treibhausgasemissionsberechtigungen: Es wird ernst | Proteste und Petitionen von Wissenschaftlern gegen "Klimapolitik

      http://www.bwl-bote.de.
      Avatar
      schrieb am 05.10.03 20:01:01
      Beitrag Nr. 384 ()
      Vortrag: Zinsen fressen Arbeitsplätze!
      Düsseldorf
      14. Oktober 2003

      Klaus Popp
      Vortrag / Diskussion

      Dienstag, 14. Oktober 2003, 19.30 Uhr, Beitrag 3 Euro

      Raum für Kommunikation, Bürgerstrasse 21, 40219 Düsseldorf-Unterbilk

      Gastgeberin: Karin R`hila; Tel. 0211-3985327, mobil 0172-2933027

      Kontakt: INWO@INWO.de, INFOS: www.INWO.de

      50 Jahre lang wurden Schulden aufgenommen. Jetzt sind die Kassen leer.
      Die Lasten sind so hoch, dass eine vernünftige Haushaltspolitik unmöglich ist.

      Eine Milliarde Euro fließen täglich auf Konten ohne Bedarf.
      Sie fehlen den Menschen, die Bedarf haben.

      Arbeitsplätze werden gestrichen,
      Arbeitszeiten werden verlängert,
      Löhne werden gekürzt.
      Der Sozialstaat wird Stück für Stück abgebaut.


      Wie sichert man Wohlstand, wenn die Wirtschaft nicht mehr wächst?

      Wie kann eine zukunftsfähige Wirtschaft mit Arbeit für alle verwirklicht werden?




      05.10.2003 kp
      http://www.inwo.de/ticker/news/termine_1064390287.html
      Avatar
      schrieb am 05.10.03 20:03:04
      Beitrag Nr. 385 ()
      Rentner sollen ihre Zahlungen künftig später im Monat erhalten

      Sozialministerin Ulla Schmidt will zudem die nächste Rentenerhöhung um ein halbes Jahr verschieben - Schwankungsreserve soll sinken


      von Friedemann Weckbach-Mara

      Berlin - Künftige Rentner sollen ihre Rente später im Monat erhalten, die nächste Rentenerhöhung wird um ein halbes Jahr verschoben und langfristig sollen die Menschen später als heute in Rente gehen, dafür aber ähnlich hohe Steuern zahlen wie heute pensionierte Beamte. Umstritten ist noch die Erhöhung des Beitrags in die Pflegeversicherung. ... (Wams, 5.10.03)




      Kommentar: Die Rente ist heute alles andere als „sicher“. Wer sich auf staatliche Altersvorsorge verläßt, der wird sehr bald verlassen sein. Demgegenüber ist die private Lebensversicherung keineswegs sicherer, sondern genauso vom Ausfall bedroht. Einzig sinnvolle Vorsorge ist das individuelle, überlegte sparen.

      Kommentar v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 14:30:31
      Beitrag Nr. 386 ()
      Die Baisse dauert an!

      In den Aktienmärkten lief es diametral nach oben, nachdem die Arbeitsmarktdaten heraus kamen. Quote 6,1 % unverändert zum Vormonat. Nicht-Farm Bedienstete nahmen um 57000 zu. Erwartet war ein Minus von 15000. Beim Dow wurde das vorherige Hoch von 9686,08 nicht mehr erreicht. 9666,53 war das heutige Intraday-Hoch. Man kann die Formation als Doppeltop ansehen. Das ist mit Vorsicht zu werten, wenn eine solche Geschwindigkeit an den Tag gelegt wird.

      Am 20. und 22. Oktober kommen Fibodaten an. Hier kann es für den Aktienmarkt gefährlich werden. Die Volatilität schaukelt sich zunehmend auf. Der V-DAX liegt bei 27,44.

      Am Mittwoch haben die US Fonds wieder jene Aktien gekauft, die sie Ende September verkauft hatten. Superlogik! Das ändert allerdings nichts an der weiteren Abwärtsentwicklung. Der Trend ist jedenfalls gesetzt.

      Comstock macht darauf aufmerksam, dass die Immobilienblase der Auslöser für den ökonomischen Kollaps sein wird. Siehe "Special Report".

      Verbrauchervertrauen und Arbeitsmarkt geben noch keine Signale für einen Auftrend. Alles nur Hoffnung und keine Realität. Der Aufschwung wird nur herbeigeredet.

      Die U.S. Arbeitsmarktdaten für September lagen bei 6,1% (6,1% Vormonat)

      Greenspan gibt vor, die Wirtschaft hat die Kurve gekriegt. Wenn so, dann ist dies die seltsamste Belebung in der Geschichte:

      Investoren verloren 2,4 Billionen in 2002. Entmutigt werden sie beginnen mehr zu sparen und weniger auszugeben.
      Firmen reportierten USD 197 Milliarden nach Steuern Gewinne in 2002, weniger als USD 205,3 Milliarden in 2001. Ohne Gewinne können Unternehmen nicht wachsen.
      Das Handelsdefizit nähert sich USD 500 Milliarden. Jeder Dollar, der nach Übersee geht, ist einer weniger für US Gewinne.
      Die Amerikaner halten USD 1,7 Billionen Schulden. Das ist mehr als USD 5934 pro Kopf und steigt täglich an. Jeder Cent muss zurückbezahlt werden.
      Die Wahrheit ist, dass nur Regierungs- und Verbraucherausgaben die Wirtschaft noch am Laufen erhalten. Der einzige Weg, um das zu erreichen, liegt im Aufblähen, mehr Geld zu drucken. Je mehr Dollar es gibt, umso wertloser wird das Geld. Es dauert nicht mehr lange, dann ist es wertlos.
      Ein steiler Abtrend führt den Aktienmarkt in neue Tiefen. Die von den meisten Analysten angesagte weitere Erholung im Aktienmarkt und der Konjunktur findet natürlich nicht statt. Es gibt ein jähes Erwachen. Wir bleiben bei der "Sell" Empfehlung.

      Das nächste Ziel für eine Umkehr wäre der 20. Oktober 2003. 322 Tage seit dem 2. 12. 2002 (1,618^12), oder der 22. Oktober 2003 Fibodatum = 377 Tage seit dem 10.10.2002

      Wir können uns auf eine "Wildwasserfahrt" gefasst machen.


      http://www.evotrade.de/Tag_im_Markt/tag_im_markt.html
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 14:41:28
      Beitrag Nr. 387 ()
      Dramatische Entwicklungen in der UNO

      In seiner letzten Rede als malaysischer Ministerpräsident vor der UN-Vollversammlung machte Mahathir den Westen auf dessen Fehler in der internationalen Politik aufmerksam und forderte als erster im Plenum eine neue internationale Wirtschaftsordnung.
      .....

      UNO hört mit der Unterwürfigkeit auf


      Die Eröffnungssitzung der 58. UNO-Vollversammlung begann mit der dramatischen Erklärung des UNO-Generalsekretärs Kofi Annan, die Vereinigten Staaten hätten sich außerhalb des Gesetzes gestellt und die schlimmste Krise der Zivilisation seit dem Zweiten Weltkrieg heraufbeschworen, indem sie das Führen präemptiver Kriege gegen souveräne Nationen - sogar wenn diese von ihnen auch nur als Bedrohung empfunden werden - zu ihrem Recht erklärten. Damit hätten sich die USA über internationales Recht hinweggesetzt. Regierungschefs aller möglichen Nationen der Welt nutzten ihre Reden vor der UNO, um ausdrücklich die vom UN-Generalsekretär erhobenen Vorwürfe zu unterstützen und zu gemeinsamen Handeln aufzurufen, die Entstehung drohender globaler Kriege und Chaos zu verhindern.

      Dr. Mahathir sprach vor der UNO auch in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Organisation Nichtpaktgebundener Staaten und als Vorsitzender der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC). Er prangerte den Zusammenbruch des Weltfinanzsystems und dessen Umwandlung in einen Spekulationssumpf an, wobei er unmißverständlich Superspekulanten wie George Soros attackierte. Mahathir sagte: "Die Hoffnungen der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und die Hoffnungen der Vereinten Nationen wurden durch den Kalten Krieg zunichte gemacht. Jetzt ist der Kalte Krieg zu Ende. Doch mit der dadurch entstandenen unipolaren Welt unter dem dominierenden Einfluß des Kapitalismus ist es zu neuen Bedrohungen gekommen. Kein Land ist vor den marodierenden Währungsspekulanten sicher, die in nur wenigen Tagen die mit Geduld hochgepäppelten Wirtschaften der Entwicklungsländer zerschlagen können. Und anstatt diese Straßenräuber in Schranken zu weisen, lobt man sie auch noch ihrer Philantropie wegen. Robin Hood hat zumindest die Reichen bestohlen, um den Armen zu geben. Doch diese Straßenräuber stehlen von den Armen und geben dann eine beschämend geringe Summe, um ihr Gewissen zu beruhigen. Sie sind keine Philantropen."

      Weiter warnte Mahathir, wenn die Präemptivkriegsdoktrin der Amerikaner nicht konfrontiert werde, bedeute dies das Ende der Vereinten Nationen: "Die Geschichte hat die üble Angewohnheit, sich zu wiederholen. Heute erleben wir ein Wiederaufleben des europäischen Imperialismus. Zunächst dachten wir, es handele sich um eine virtuelle Kolonialisierung. Durch rein wirtschaftliche Strangulierung und finanzielle Kastration konnten die gerade erst unabhängig gewordenen Länder in die Kniee gezwungen werden, so daß sie um eine Neukolonialisierung in anderer Form bettelten. Doch heute haben wir es wieder mit der alten direkten physischen Besatzung durch ausländische Kräfte zu tun. Marionettenregimes werden eingesetzt und sie tanzen, wie Marionetten das tun. Und diese erlauchte Institution, die Vereinten Nationen, in die wir soviel Hoffnung setzten, sie bricht heute, trotz der Einrichtung der ständigen fünf Mitglieder als Sicherheitsmaßnahme, auf ihrem tönernen Fuß zusammen und ist nicht in der Lage, die Schwachen und Armen zu schützen. Diese Vereinten Nationen können einfach ignoriert und beiseite gedrückt werden, während sie schwach gestikulieren, als kämpften sie darum, ihren Einfluß geltend zu machen. Ihre Organe wurden abgeschafft, auseinandergenommen und so umgemodelt, daß sie tun, was die Puppenspieler, die die Fäden ziehen, wollen.

      Die Weltbank, der Internationale Währungsfonds und die Welthandelsorganisation (WTO) sind zu Instrumenten der Vorherrschaft geworden, um die Armen ärmer und die Reichen reicher zu machen. Es ist nicht überraschend, daß die Kluft zwischen Reich und Arm heute sehr viel größer ist. Mit einer ohnmächtigen UNO und UNO-Institutionen, die in nationale Organe der Mächtigen verwandelt wurden, sind die kleinen Nationen jetzt ungeschützt und hilflos. Auch wenn wir völlig unschuldig sein sollten, nichts wird es verhindern, daß man laute Vorwürfe gegen uns erhebt. Eine unipolare Welt, dominiert von einer demokratischen Nation, führt die Welt in wirtschaftliches Chaos, politische Anarchie, Unsicherheit und Furcht. Wir werden keine Erholung und keinen Frieden haben, solange unter Drohungen politische und wirtschaftliche Reformen durchgesetzt werden, zu denen der größte Teil der Welt nicht bereit ist und sie auch nicht akzeptieren kann."

      NEUE SOLIDARITÄT NR. 41

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      Neuverschuldung des Bundes höher als je zuvor

      Die Regierungsschulden werden 2003 so hoch wie noch nie in der Geschichte der Republik sein. Laut Presseberichten muss der Bund rund 41 Millarden Euro an Nettokrediten aufnehmen.

      Der Bund wird in diesem Jahr so viel Schulden machen wie noch niemals zuvor in der Geschichte der Republik. Das berichtet das Nachrichtenmagazin « Der Spiegel» am Samstag vorab. Die Nettokreditaufnahme für 2003 werde rund 41 Milliarden Euro statt der ursprünglich vorgesehenen 18,9 Milliarden Euro betragen.

      Die Bundesregierung beschließt dies nach Informationen des Magazins am 15. Oktober, wenn der Nachtragshaushalt im Kabinett zur Abstimmung steht.

      Der Nachtragshaushalt hat demnach ein Volumen von rund 23 Milliarden Euro. So viel fehle Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), weil wegen der schleppenden Konjunkturentwicklung Steuereinnahmen ausbleiben und deutlich höhere Ausgaben für die gestiegene Arbeitslosigkeit anfallen, schreibt «Spiegel» weiter.

      Ein Sprecher des Finanzministeriums bestätigte am Samstag, dass sich die bisher geplante Verschuldung im laufenden Haushalt vermutlich mehr als verdoppeln werde. Die im «Spiegel» genannten Summen seien jedoch nicht zutreffend und «gegenwärtig reine Spekulation».



      Auch Länder-Schulden höher als geplant

      Die bislang höchste Neuverschuldung des Bundes fiel 1996 an, als der damalige Finanzminister Theo Waigel (CSU) umgerechnet 40 Milliarden Euro an neuen Krediten aufnehmen musste.

      Auch die Länder müssen dem Bericht zufolge in diesem Jahr mehr Schulden machen als eingeplant. Bis Ende August hätten sie ihren Kreditrahmen bereits deutlich überschritten, schreibt das Magazin unter Berufung auf Berechnungen der Länderfinanzministerien. Bis Ende August habe die Neuverschuldung der Länder 27,8 Milliarden Euro betragen. Für das Gesamtjahr sei aber nur ein Defizit der Länder von 24,7 Milliarden Euro eingeplant gewesen. (nz)

      http://www.netzeitung.de/deutschland/256901.html

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      Nur um auf dem Laufenden zu bleiben, hier die Länder:

      Entwicklung der Länderhaushalte bis August 2003

      .....
      Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stiegen die bereinigten Ausgaben der Länder insgesamt um 2,7 %, während die Einnahmen zum Vorjahresniveau um 0,5 % anstiegen. Das Finanzierungsdefizit der Länder insgesamt betrug 27,8 Mrd. €, rund 3,7 Mrd. € mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Haushaltsplanungen der Länder gehen für das Jahr 2003 von einem Gesamtdefizit in Höhe von 24,7 Mrd. € aus.

      Das Defizit belief sich in den westdeutschen Flächenländern auf 16,6 Mrd. € (Soll 2003 15,1 Mrd. €), in den ostdeutschen Flächenländern auf 5,0 Mrd. € (Soll 2003 3,5 Mrd. €) und in den Stadtstaaten auf 6,1 Mrd. € (Soll 2003 6,0 Mrd. €).

      Knapp vorbei kann man da nur sagen !! Aber wenigstens sehen sie es selber ein :

      Allerdings besitzt die Haushaltsentwicklung bis zum jetzigen Zeitpunkt noch wenig Aussagekraft für den tatsächlichen Haushaltsverlauf zum Ende des Jahres.

      Im Übrigen:

      Personalausgaben: 65,098 Mrd. € (nicht vergessen, nur bis Aug. `03)

      nachr. :Tilgung von Kreditmarktmitteln [Mrd. €] August `03:

      Bund: 121,142
      Länder: 30,727

      Insgesamt: 151,869

      http://www.bundesfinanzministerium.de/Anlage20405/Entwicklun…

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      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 14:46:36
      Beitrag Nr. 388 ()
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 14:49:47
      Beitrag Nr. 389 ()
      @All,

      nee, mir kann keiner was von wegen "blühende Landschaften" erzählen. :laugh: :laugh: Das Gegenteil ist der Fall: Der nächsten ganz, ganz große Beschiss nach 2000, der da abläuft (nur diesmal von off. Seite sogar noch gewollt, weil da ja best. Leute sich wie Klammeräffchen zum Leidwesen ganzer Generationen) an ihre Ämter klammern. Und aus Angst vor den Chinesen, die die Amis in absehbarer Zeit eh überrollen, da können die noch so viele Statistiken fälschen (blöd wie die sind), datt hilft denen auch nicht weiter!!! :D :D Nicht Entschuldung steht drüben auf dem Programm, sondern weiterhin das Sorglosleben auf Kosten ganzer zukünftiger Generationen. :mad:

      Da können die Deppen (siehe Dax, Shortsqueeze am Freitag, und TecDreck - u.a. Fr. & heute) noch so blöd steigen, irgendwann erwischt es sie alle! Ist schließlich auch die einzige Sprache, die die verstehen...

      Ihr kennt ja - hoffentlich - die Spielregeln. ("Des einen Gewinne, sind es anderen Verluste." )
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 14:50:12
      Beitrag Nr. 390 ()
      Von der Irrationalität zum großen Sündenfall – Ein gedanklicher Streifzug durch Abgründe – "Auf Hoffnungen lässt sich keine Strategie gründen"(06.10.2003)

      Wir wissen nicht, was die Märkte am Freitag dazu bewogen hat, den Bericht über die Lage am amerikanischen Arbeitsmarkt im September zu feiern. Wir ahnen nur, dass dies eine ihrer vielen irrationalen Entscheidungen war. Am frühen Montag haben sie denn auch die Quittung für diesen Überschwang zunächst aus Asien und dann auch Europa erhalten. Nur der US-Dollar setzte seine Korrektur fort. Doch das kann, wenn man die zurückliegende, fast kometenhafte Erholung betrachtet, nur gesund sein.

      Zu den Zahlen vom Arbeitsmarkt in den USA bleibt festzuhalten, dass kaum ein offizieller Bericht von dort so häufig und so substantiell im nachhinein revidiert werden muss, wie dieser. Auf diese Zahlen zu bauen, gleicht daher eher einer Wette als einer rationalen Entscheidung.

      Wir stellen fest, dass die Finanzmärkte inzwischen weit genug demoralisiert sind, um sich fast nur noch an Strohhalme zu klammern. Mehr noch: Da werden schnell einmal bestenfalls neutrale Meldungen in positive umgedeutet. Hoffnungen werden ohnehin schon lange zu scheinbar konkret begründeten Erwartungen aufgewertet. Aber wir wissen schon lange, dass man auf Hoffnungen keine Strategie für die Märkte gründen kann.

      Da wir schon bei Hoffnungen sind und den Dollar fest im Auge behalten wollen: Wim Duisenberg, der inzwischen abgelöste Präsident der Europäischen Zentralbank, wird mit der Äußerung zitiert, eine Abwertung des US-Dollar sei unvermeidlich, doch er hoffe, dass der Prozess langsam und graduell verlaufen werde. Wenn Duisenberg gesagt hätte, er erwartete dieses, hätte es wie eine Forderung geklungen, nicht aber wie eine berechtigte Annahme.

      Berichte, wie die über den Arbeitsmarkt in den USA, lenken trotz ihrer bekannten Fehlerhaftigkeit davon ab, wie sich das große Bild entfaltet. Aber das zeigt nur, wie wichtig der Arbeitsmarkt nicht nur dort ist, um die bereits vorhandenen Ungleichgewichte nicht noch weiter wachsen zu lassen.

      Das große Bild wird geprägt von diesen Ungleichgewichten, die sich ins Unerträgliche steigern. In ihrem Zentrum steht die hochdefizitäre Leistungsbilanz der USA. Ihre Schieflage verstärkt sich fast von Monat zu Monat.

      Die Regierung Bush hat erkannt, dass weiter wachsende Defizite nur durch eine Abwertung des Dollar zu verhindern sind. Sie soll die Importe verteuern und die Exporte fördern. Es ist einer der Wege, auf dem sie die höchst labile Konjunktur zu stützen hofft. Vom Erfolg hängt vieles ab, darunter die Wiederwahl Bushs im nächsten Jahr.

      Bush ist nicht zimperlich bei der Wahl der Mittel. Er hat bereits jene asiatischen Länder, die ihre Währungen mehr oder minder stark an den Dollar gebunden haben, unter Druck gesetzt. Sie sollen ihre Valuten aufwerten.

      Und er beginnt nun auch massiv in den internationalen Handel einzugreifen, um den USA, wie er und seine Parteigänger offensichtlich vermuten, Vorteile zu verschaffen. An sich ist es nur legitim, eigene Interessen zu vertreten. Doch was sich in Washington tut, kann zum großen Sündenfall des Jahrhunderts werden.

      Es begann im vergangenen Jahr mit der Einführung von Importzöllen auf Stahl, um die maroden heimischen Stahlproduzenten zu schützen. Jetzt liegen dem Kongress Anträge vor, die auf eine Minderung der Einfuhren aus China abzielen.

      Doch das ist nur die Hälfte eines Rundumschlags. Auch Europa ist im Visier der Protektionisten. So sollen europäische Zulieferer der amerikanischen Waffenhersteller aus dem Geschäft verdrängt werden. Andererseits steht gen-modifizierter Mais, den Amerika exportieren, die Europäische Union jedoch nicht importieren will, auf der Tagesordnung.

      Protektionismus ist das Instrument, das noch auf der Liste der Folterinstrumente gefehlt hat, mit denen die Weltwirtschaft in Grund und Boden geritten werden kann.

      Wie sind wir eigentlich vom amerikanischen Arbeitsmarkt auf Protektionismus gekommen? Ganz einfach, die Dinge sind komplex und so eng miteinander verwoben, dass man nur irgendwo anfangen muss, um immer beim gleichen Kern zu landen, nämlich den Ungleichgewichten, deren Zentrum wegen unmäßigen Schuldenmachens tief in den USA verwurzelt ist. Das werden auch die Märkte eines Tages auf angemessene Weise zur Kenntnis nehmen.



      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
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      Wussten Sie schon, dass...?
      (06.10.2003)

      Der amerikanische Dollar müsste vom gegenwärtigen Niveau aus um weitere 40 Prozent abwerten, um das Leistungsbilanzdefizit der USA verschwinden zu lassen.


      (Quelle: Merrill Lynch)


      www.taurosweb.de
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      schrieb am 06.10.03 14:55:27
      Beitrag Nr. 391 ()
      finanzpolitik

      Hundert Seiten Streichkonzert

      Mit spektakulären Einschnitten will Hessens Ministerpräsident Roland Koch eine Milliarde Euro sparen. Die Folgen werden vor allem die Gemeinden spüren


      Von Wolfgang Gehrmann

      Aussteigen konnte niemand. Den Showdown zur „Operation Sichere Zukunft“ hatte Roland Koch vorsichtshalber in den Erste-Klasse-Wagen eines rollenden Zuges verlegt. Als der hessische Ministerpräsident im Morgengrauen des 15. September mit dem gesamten Kabinett in Frankfurt den Intercityexpress zu einer Dienstreise bestieg, herrschte anfangs, so ein Teilnehmer, eine Stimmung wie auf einer Klassenfahrt. Das gab sich. Als die Reise kurz nach neun Uhr in Göttingen endete, hatten die Minister ein hartes Stück Arbeit geleistet und den Entwurf für den Landeshaushalt 2004 mal eben um 127 Millionen Euro gekürzt.

      Zwei Wochen zuvor war von Koch der Ukas ergangen, im Haushalt des nächsten Jahres eine Milliarde Euro zu streichen – das größte Sparpaket in der Geschichte Hessens. Substanzielle Beträge erwartete der Ministerpräsident durch den Verkauf von Landesvermögen (375 Millionen Euro), den Abbau von gut 10000 Stellen, einen Einstellungsstopp in der Verwaltung (130 Millionen) und Einkommensverzichte der Landesbediensteten (140 Millionen). Auch die Zuweisungen des Landes an Kommunen und Kreise sollten um ein Drittel gekürzt werden. Auf der Klassenfahrt im ICE sollten die Ressorts ihre Streichlisten präsentieren.

      Der Sparschlag war eine starke Leistung in politischer Taktik. Mit fast diebischer Freude erinnern sich Martin Worms und Dirk Metz daran, wie sie schon im Sommer wochenlang im kleinen Team unter strikter Geheimhaltung in der Staatskanzlei zusammengehockt hatten. Worms, Chef der Haushaltsabteilung im Finanzministerium: „Wir haben diskret die Daten und Rahmenbedingungen auflisten lassen, ohne dass die Beteiligten misstrauisch wurden und anfingen, Informationen zu verweigern. Es hat kein Sperrfeuer gegeben.“

      Am 2. September verkündete Koch dann in einer spektakulären Pressekonferenz das große Reinemachen. „Alles war gut vorbereitet“, freut sich Regierungssprecher Dirk Metz, „das Fernsehen war vorgewarnt, Zeitungsanzeigen waren geschaltet, die Mitarbeiter am Bürgertelefon geschult, sechzig Charts präpariert, die der Regierungschef eigenhändig über eine Stunde per Beamer präsentierte. So was kann man mit Koch gut machen.“

      Kurz zuvor hatte die Staatskanzlei überdies zu streuen begonnen, dass die Haushaltslage des Landes dramatisch sei. Spätestens seit der Steuerschätzung im Mai war klar, dass im nächsten hessischen Haushalt ein Fehlbetrag von zwei Milliarden Euro klaffen würde – falls der Bund seine Steuerreform vorzöge, sogar von 2,7 Milliarden. Nur eine knappe Milliarde davon ließ sich verfassungskonform durch neue Schulden finanzieren – es blieb also eine Lücke von mindestens einer Milliarde.

      Die Schuld für das Loch wiesen die Wiesbadener PR-Strategen der Bundesregierung zu, was den angenehmen Nebeneffekt hatte, dass sich Koch auf die Weise einmal mehr in der politischen Bundesliga profilieren konnte. Berlins wachstumsfeindliche Wirtschafts- und Sozialpolitik, so die Argumentationslinie der Hessen, lasse die Einnahmen der Länder einbrechen. Nach Meinung der hessischen Opposition von SPD und Grünen dagegen ist das Land eher deshalb klamm, weil in den vergangenen drei Jahren zu viel ausgegeben wurde.

      Gemessen am Knalleffekt der Operation Sichere Zukunft wirken die Proteste der Verbände bisher merkwürdig lau. Das könnte daran liegen, dass die Folgen von Kochs Sparschlag noch unübersichtlich sind. Fest steht, dass die Landesbeamten schon von diesem Jahr an auf ihr Weihnachtsgeld verzichten müssen und im nächsten Jahr das Urlaubsgeld auf 60 Prozent gekürzt wird. Außerdem wird die wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 42 Stunden hochgesetzt. Lehrer sollen eine Stunde mehr unterrichten. Für einen 40 Jahre alten, verheirateten Beamten der Besoldungsgruppe A13 sinkt dadurch der Bruttostundenlohn um 12,6 Prozent.

      Noch unklar ist vor allem, wo genau sich der Produktivitätszuwachs in der Landesbeamtenschaft in Stellenstreichungen niederschlagen wird. Nur Polizisten und Lehrer sollen verschont bleiben. In den übrigen Verwaltungen kochen die Gerüchte, wen es treffen wird. Die Finanzämter etwa rechnen damit, 200 Stellen zu verlieren. „Das ist kontraproduktiv“, sagt Peter Neumann von der Deutschen Steuergewerkschaft. „Ein Betriebsprüfer etwa kostet vielleicht 60000 Euro im Jahr, aber er holt für den Staat zwei Millionen Euro herein. In ganz Hessen fehlen 1800 Finanzbeamte.“

      Treffen wird es auch die Justiz, etliche Amtsgerichte sollen schließen. „Es ist ja nicht falsch zu prüfen, wie stark einzelne Amtsgerichte frequentiert werden“, sagt Monika Börchers vom Hauptpersonalrat der Justizverwaltung. „Aber der Rundumschlag ist irrational. Für die Bürger, die das Grundbuch oder das Handelsregister einsehen wollen, wird der Weg zum Recht länger – und das sind Folgekosten, die jeder zu tragen hat.“

      In den nächsten Wochen allerdings könnte der Widerstand im Land lauter werden. Denn seit das Kabinett jene „Giftliste“ im Intercityexpress verabschiedet hat, werden auch Schnitte ins Netz sozialer Hilfeeinrichtungen sichtbar. Zwar sollen von den 127 Millionen Euro Zuschüssen, die gespart werden müssen, nur 30 Millionen aus dem Etat des Sozialministeriums kommen. Aber von den 140 DIN-A4-Seiten, die das Arbeitspapier zu den freiwilligen Leistungen stark ist, listen nicht weniger als 100 Blatt Träger und Einrichtungen auf, die vom Land ohne gesetzlichen Zwang subventioniert werden. Sie dokumentieren ein über Jahrzehnte dicht gewachsenes Netz aller möglichen Hilfseinrichtungen, gesponnen von großen Wohlfahrtsverbänden wie Caritas und Arbeiterwohlfahrt, aber auch viel ehrenamtlicher Graswurzelarbeit.

      „Dieses Netz wollen wir auf jeden Fall erhalten“, sagt Sozialministerin Silke Lautenschläger. „Und wir wollen nicht mit dem Rasenmäher ran, sondern Schwerpunkte setzen. Geschont werden Hilfen für junge Arbeitslose, Einrichtungen, die Frauen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern sowie die Fachpflege für Alte.“ Die Ministerin beteuert, sich die Sache nicht leicht gemacht zu haben. „Viele, denen wir nun Mittel streichen, haben hervorragende Arbeit geleistet“, sagt sie. Andererseits habe sich in Jahrzehnten Wildwuchs entwickelt, den das Land jedenfalls nicht subventionieren müsse. Überdies seien die Subventionen keineswegs gerecht unter den Trägern verteilt: „Warum soll der Landesverband von Pro Familia mit 95000 Euro unterstützt werden, wenn die Diakonie das gleiche leistet und nichts bekommt?“

      Allerdings hat die Sozialministerin bestimmte Typen von Hilfsangeboten gezielt getroffen. So müssen etwa Erziehungsberatungen auf vier Millionen Euro Landesmittel verzichten, bei der Schuldnerberatung sind es fast zwei Millionen. Frauenhäusern fehlen nächstes Jahr 2,7 Millionen Euro, der Obdachlosenbetreuung 1,5 Millionen, der Drogenhilfe 1,7 Millionen, den psychiatrischen Diensten 1,3 Millionen, und an Orientierungskursen für Frauen, die wieder in den Beruf einsteigen wollen, werden 1,4 Millionen Euro gespart.

      Opposition und Betroffene werfen der Sozialministerin vor, dass das Netz der Hilfseinrichtungen arg beschädigt werde. Viele Einrichtungen vom Frauenhaus bis zur Verbraucherberatung seien gefährdet. Weil das Sparpaket im September verkündet wurde, haben etliche Träger ihrem Personal bereits fristgerecht zum Jahresende gekündigt. Pro Familia etwa entlässt in der Wiesbadener Landeszentrale drei Mitarbeiterinnen, die Hessische Verbraucherzentrale will nach dem Wegfall von 1,3 Millionen Euro Landesmitteln elf Stellen streichen.

      „Das hat einen Dominoeffekt“, sagt Jutta Gelbrich, die Chefin der Verbraucherzentrale. Ziehe sich das Land aus der Finanzierung zurück, folgten bald die Kommunen. Etliche Beratungsstellen müssten dichtmachen, die Schuldner- und Insolvenzberatung etwa werde sich kaum aufrechterhalten lassen. Die Folgekosten seien enorm: „Das trifft Leute, die nicht mehr weiterwissen. Wenn erst einmal das Gehalt gepfändet wird, ist bald auch der Job weg. Und wenn alles über dem Sozialhilfesatz gepfändet wird, fehlt dann auch jedes Motiv, Arbeit aufzunehmen.“

      Die Folgekosten werden vor allem die Städte in Form steigender Sozialhilfelasten zu spüren bekommen, prophezeit Margarete Unkhoff, Bezirksvorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in Wiesbaden: „In den Städten ist die Erosion der Familien groß, deshalb werden dort Erziehungsberatung, Schuldnerberatung und Drogenberatung besonders gebraucht. Kochs Sparprogramm hat ein klares Gesicht. Es trifft diejenigen, die darum kämpfen, sich in der Mitte der Gesellschaft zu halten. Vor allem alleinerziehende Frauen.“

      Dem pflichtet die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Judith Pauly-Bender, bei. „Es ist ja richtig, die Subventionen für soziale Hilfseinrichtungen von Zeit zu Zeit zu bereinigen“, sagt sie. „Aber man kann das nicht per Gewaltakt machen, sondern muss die Betroffenen beteiligen. Der Sparschlag zerstört vernünftige Bereinigungsprozesse, die hier und da in Hessen schon laufen.“

      Zum Beispiel in Groß-Gerau. Seit zehn Jahren schon stellt der Landkreis sein eigenes Sozialbudget auf. Unter Beteiligung aller Träger von Hilfseinrichtungen plant die Sozialhilfekommission des Kreisausschusses langfristig die Vergabe öffentlicher Mittel, und das schließt Sparschnitte ein. So wurde kürzlich etwa eines von zwei Frauenhäusern des Kreises geschlossen, weil sich das Geld dafür sinnvoller verwenden ließ. „Nach unserem Ansatz hätten wir auch jetzt eine Sparvorgabe des Landes vernünftig umsetzen können“, sagt Ulrike Cramer vom Kreisauschuss, „nun aber werden einfach von oben herab Einrichtungen dicht gemacht.“ Dem Kreis werden 790000 Euro an Landeszuschüssen gestrichen. „Das ist der Dammbruch, da wird ungeheuer viel Potenzial kaputtgemacht“, meint die Politikerin. „Das ist die Kommunalisierung der Armut.“


      (c) DIE ZEIT 02.10.2003 Nr.41

      ZUM ARTIKELANFANG
      http://www.zeit.de/2003/41/Hessen
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 15:01:42
      Beitrag Nr. 392 ()
      arbeitslosigkeit

      „Und was machst du so?“

      Nirgendwo zugehörig, ausgemustert, allein: In keinem europäischen Land werden Arbeitslose so sehr ausgegrenzt wie in Deutschland


      Von Merle Hilbk



      "PLÖTZLICH GEHÖRST DU NICHT MEHR DAZU": In der Schanze, dem Hamburger New-Economy-Viertel, treffen sich Mitarbeiter von Werbeagenturen und Internet-Firmen zur Mittagspause
      © Nele Heitmeyer für DIE ZEIT www.im-wartezimmer.de
      Vor zwei Jahren war Sabine Sutters* Leben voller Zukunftsträume. Sie war gerade 30 geworden, hatte einen gut bezahlten Job als Webdesignerin in einer hoch gehandelten Internet-Firma, eine Altbauwohnung in bester Lage, einen großen Bekanntenkreis, und sie genoss es, sich mittags mit einem Latte Macchiato unter die jungen Kreativen zu mischen, die in der „Schanze“, dem multikulturellen Hamburger New-Ecconomy-Viertel, ihre Mittagspause genossen.

      Dann lag eines Tages ein Entlassungsschreiben in ihrem Briefkasten, und Sabine Sutter hatte das Gefühl, jemand habe sie auf den Kopf gestellt und das alte Leben aus ihr rausgeschüttelt.

      Plötzlich fühlte sie sich als Außenseiterin. Die lockeren Gespräche in den Gemüseläden und Stehimbissen der „Schanze“ fielen ihr bald so schwer, dass sie das Viertel mied. „Ich hatte das Gefühl, dass alle mich anstarrten, dass man es mir ansah, dass ich arbeitslos war. So ein Blödsinn!“, sagt sie heute, doch es klingt, als würde sie das immer noch glauben. Ihre Augen sind verschattet, die Stimme ist verzagt.

      Sabine Sutter ist ein einsamer Mensch geworden. Sie hat sich zurückgezogen von den ehemaligen Kollegen und Bekannten, weil sie sich schämt, den ganzen Tag in der Wohnung zu verbringen, während „die anderen etwas leisten“, weil sie sich fürchtet vor Fragen, besonders vor der einen: Was machst du denn jetzt so? „Irgendwas muss an dir dran sein, dass sie gerade dich ausgesondert haben“, denke sie oft, obwohl sie nicht die Einzige sei, der damals gekündigt wurde.

      Auch Sonja Staffels* erzählt, dass sie einsam sei. Dreimal war sie arbeitslos; das erste Mal nach ihrer Ausbildung zur Heilerzieherin, das zweite Mal nach dem Uni-Diplom als Biologin, das dritte Mal nach einer Umschulung zur Fachzeitschriften-Redakteurin, zu der sie das Arbeitsamt überredet hatte.

      Am Anfang war sie wütend darüber, dass Verwandte sie fragten: „Hast du immer noch nichts gefunden?“ Dass Bekannte sich wunderten: „Dir als Diplom-Biologin müssten doch die Firmen hinterherlaufen!“ Dass sie Sätze in den Zeitungen las wie: „Wer arbeiten will, findet auch was!“ Heute ist die Wut einer stillen Verzweiflung gewichen. Ähnlich wie Sabine Sutter geht sie kaum noch aus, weil das Geld nicht mehr reicht und weil sie „sowieso keine Lust auf Gespräche mit glücklichen Arbeitnehmern“ hat. Sie fühlt sich ausgemustert. „Ich habe eine solche Sehnsucht danach, irgendwo eingebunden zu sein“, sagt sie. „Wenn das so weitergeht, kann man mich bald sowieso niemandem mehr zumuten.“

      Mitte der Siebziger waren in Deutschland erstmals eine Million Menschen arbeitslos. Seitdem ist die Zahl stetig gestiegen, inzwischen liegt sie bei rund 4,5 Millionen. Doch obwohl Arbeitslosigkeit längst zum Massenphänomen geworden ist, das fast jeden treffen kann, häufen sich die Berichte von Ausgrenzung und persönlichen Schuldgefühlen der Betroffenen. Die Bild-Zeitung beschrieb vor nicht allzu langer Zeit die „Straße der Arbeitslosen“ in einer ehemaligen Stahlarbeitersiedlung in Duisburg, deren Bewohner sich kaum noch in Stadtteile wagten, in denen die meisten Leute Arbeit hätten. Die Berliner Morgenpost berichtete von der „Straße der Hoffnungslosigkeit“ in Kreuzberg, in der jeder dritte Bewohner ohne Job sei und viele ihre Verzweiflung schon morgens in Apfelkorn ertränkten. Und auch in Hamburg, wo die Entlassungswelle der New Economy besonders kräftig war, seien die angeblichen „Musterarbeitslosen“ (stern) auf dem besten Weg „in die gesellschaftliche Isolation“, sagt Christian Schultz, Psychologe bei der Solidarischen Psychosozialen Hilfe Hamburg.

      In den vergangenen Monaten habe er Hunderten junger Leute zugehört, die „sonst niemanden hatten, mit dem sie über ihre Sorgen reden konnten“. Selbst den eigenen Eltern erzählten sie oft nicht von ihrer Situation. Kontakte zu Bekannten hatten sie abgebrochen, weil sie sich schämten, nicht mehr Teil der Leistungsgesellschaft zu sein, sich nicht mehr die angesagten T-Shirts und Taschen leisten zu können, kein Geld mehr zu haben für Fitness-Clubs und Restaurants, nichts mehr zu haben, dem sie sich zugehörig fühlten. „Arbeitslos zu werden wird in Deutschland immer noch als persönliche Niederlage angesehen, mit der man ganz allein fertig werden muss“, sagt Schultz. Beratungsangebote, psychologische Unterstützung von öffentlicher Seite gebe es kaum, seine Beratungsstelle sei die einzige dieser Art in Hamburg.



      © Nele Heitmeyer für DIE ZEIT www.im-wartezimmer.de
      Was der Psychologe Christian Schultz berichtet, ist nicht nur ein persönlicher Eindruck. Besonders jüngere Arbeitslose in Deutschland fühlen sich – trotz Millionen anderer, die in ähnlicher Lage sind – an den Rand gedrängt. Und zwar stärker als in jedem anderen Land Europas.

      Das belegt eine europäische Vergleichsstudie der Arbeitslosenforscher Thomas Kieselbach und Gert Beelmann, die die Ergebnisse von Interviews mit jungen Arbeitslosen und Arbeitsmarkt-Experten aus den verschiedenen Ländern zusammenfasst. Ergebnis: In Deutschland sei „das Ausmaß sozialer Exklusion am stärksten ausgeprägt, was dem Faktor sozialer Isolation und Stigmatisierung geschuldet sein dürfte“.

      In Ländern wie Griechenland, Spanien oder Italien erführen junge Arbeitnehmer durch die Familien eine andere „soziale Unterstützung“, so die Studie. Weil außerdem ein erheblicher Prozentsatz unter ihnen Schwarzarbeit verrichte, litten sie nicht so sehr unter „subjektiven Gefühlen ökonomischer Exklusion“. Auch die „gesellschaftliche Normalisierung und billigende Akzeptanz“ von Arbeitslosigkeit in südeuropäischen Ländern helfe, „die „Tendenzen sozialer Isolation zu verringern“. In Deutschland aber wurde „von einem allgemeinen Gefühl kultureller Ausgrenzung berichtet, in Form von Stigmatisierung oder des subjektiven Eindrucks, als Außenseiter behandelt zu werden“.

      Vorbild Schweden?

      Besonders gering scheint das Ausgrenzungsrisiko dagegen in einem anderen Wohlfahrtsstaat zu sein: in Schweden. Dort hat die Regierung seit Mitte der Neunziger ein dichtes Netz von psychosozialen Betreuungsmaßnahmen geschaffen. Jeder junge Arbeitslose hat Anspruch auf Teilnahme an einer solchen Maßnahme innerhalb von 100 Tagen nach Verlust seines Arbeitsplatzes.

      Auch in Deutschland gibt es solche Angebote. „Aber es sind viel zu wenige“, sagt der Arbeitslosenforscher Ali Wacker von der Uni Göttingen. Die meisten von den Arbeitsämtern veranstalteten Trainings seien „unmittelbar vermittlungsbezogen“, sprich, sie bereiten gezielt auf bestimmte Jobs vor: Umschulungen, EDV-Kurse, Bewerbungstrainings. Angebote zur emotionalen und psychosozialen Stabilisierung jedoch gebe es kaum. „Vielleicht liegt es daran, dass man den Erfolg dieser Kurse nicht richtig messen und bewerten kann. Da kann man nicht sagen: Wir haben 50 Arbeitslose zu Bürokaufleuten umgeschult, 30 davon haben einen Job bekommen“, sagt Wacker. Die Folge sei, dass zu wenig Geld in solche Maßnahmen investiert werde.

      Dieser Meinung ist auch Michael Willkomm, selbstständiger Arbeitslosentrainer aus dem niedersächsischen Buxtehude, der seit fast zehn Jahren Persönlichkeits- und Bewerbungstrainings anbietet. „Die Ämter sind sehr zögerlich, für so etwas Gelder bereitzustellen. Die setzen eher auf Standards.“ Standards wie etwa die Umschulung zum „Mediengestalter“, die Arbeitsberater im Arbeitsamt Hamburg-Eimsbüttel einer Unzahl von arbeitslosen Lehrern, Journalisten und Illustratoren schmackhaft machen wollten, obwohl Mediengestalter seit dem Zusammenbruch der New Economy ein kaum noch gefragter Beruf ist.

      Auch die Umschulung zur Fachzeitschriften-Redakteurin, die Sonja Staffels geradezu aufgedrängt wurde, gehört in diese Kategorie. „Welcher Verlag“, fragt sie sich mittlerweile, „will angesichts der Medienkrise denn Leute einstellen, die mit Mitte 30 viel zu alt sind und kaum praktische Erfahrung haben?“

      „Die Ämter“, sagt ein Mitarbeiter eines Hamburger Arbeitsamtes, „stehen unter Begründungszwang. Was nicht nach unmittelbar vermittlungsbezogenen Angeboten aussieht, wird nur ungern finanziert.“ Was das ist, entscheidet der Verwaltungsrat des jeweiligen Amtes. Und der besteht, neben den Mitarbeitern aus dem eigenen Haus, aus Unternehmern, Mitgliedern von Unternehmerverbänden und Gewerkschaftsvertretern; Organisationen, die oft selbst im großen Stil Weiterbildungsmaßnahmen anbieten. So entscheiden nicht selten Kungeleien und persönliche Beziehungen über die Finanzierung. „Neue Anbieter“, sagt der Arbeitsamtsmann, „haben da oft schlechte Chancen.“ Generell setzten die Ämter eher „auf Standards, die schon seit Jahrzehnten angeboten werden“, etwa Umschulungen zum Bürokaufmann, EDV-Kurse. „Mit psychosozialen Angeboten tun die sich schwer.“

      Besorgt über diese Entwicklung zeigen sich auch Mediziner und Therapeuten. Karsten Groth, Psychologe am Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf, spricht von einer Zunahme psychischer Erkrankungen. „Es gibt keine offiziellen Zahlen darüber, aber ich habe das Gefühl, seit der letzten großen Krise am Arbeitsmarkt deutlich mehr Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen zu begegnen.“

      Dass Arbeitslosigkeit psychisch belastet, haben Soziologen schon in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts nachgewiesen. Eine Gruppe von Forschern befragte etwa während der Weltwirtschaftskrise arbeitslos gewordene Arbeiter in einer Kleinstadt namens Marienthal. Bei allen Interviewpartnern registrierten sie ähnliche Symptome: Hoffnungslosigkeit, Verlust von Zeitgefühl, Mangel an Vertrauen in die eigene Handlungs- und Leistungsfähigkeit und, daraus resultierend, ein extrem niedriges Selbstwertgefühl.

      Das Selbstwertgefühl gilt heute als wichtigster Faktor psychischer Gesundheit. Menschen mit niedrigem Selbstwertgefühl haben ein hohes Risiko, an Depressionen zu erkranken. Denn wer kaum Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten hat, wird seltener aktiv, und wer seltener aktiv wird, dem fehlen Erlebnisse, die einen in den eigenen Fähigkeiten bestärken könnten. Ein Teufelskreis, den der Depressive nur auf einem Weg durchbrechen kann: Indem er seine Meinung über sich selbst verbessert.

      Doch wie soll ein Mensch wie Uwe Holtkötter wieder Zutrauen zu sich selbst finden? Wie kann er, 54, gelernter Metallbaumeister, seit vier Jahren arbeitslos, sich davon überzeugen, etwas zu können, wenn er keine Gelegenheit hat, seine Fähigkeiten zu testen?

      „Ich war ein Strebertyp“, sagt er von sich selbst, „Leistungsbereitschaft war für mich die wichtigste Eigenschaft, die einen Menschen auszeichnet.“

      Vom Kfz-Mechaniker arbeitete er sich zum Schlosser, vom Metallbaumeister zum Projektleiter bei Dow Chemical im niedersächsischen Stade empor. „Ich habe für die Firma gelebt“, sagt er. „Für sie habe ich immer nach vorne gedacht.“ Nach 24 Jahren wurde ihm von einem Tag auf den anderen gekündigt, und plötzlich wusste er nicht mehr, wo für ihn selbst vorne war.

      Am Anfang traute er sich nicht einmal ins Arbeitsamt. Er hatte das Gefühl, dass ihn alle anstarrten, fühlte sich verfolgt von hämischen Blicken und kritischen Bemerkungen der Nachbarn in seinem kleinen Dorf. Er trat aus Vereinen aus und reagierte nicht mehr auf Anrufe alter Bekannten. Als er schließlich noch seine Leidenschaft, die Jagd, aufgab, begannen die Ängste, die er mit Tabletten zu bekämpfen versuchte.

      Wahrscheinlich hatte Uwe Holtkötter eine schwere Depression, doch er war es nicht gewohnt, sich mit seiner Seele zu beschäftigen. Zwei Jahre lang kämpfte er gegen den Drang, seinem Leben ein Ende zu setzen. „Nur meine Frau hat mich davon abgehalten.“

      Anfang 2002 erfuhr er von einem Seminar, das Arbeitslosentrainer Michael Willkomm gemeinsam mit einem Bildungsträger im Kreis Stade veranstaltete. Er ging hin und saß mit verschränkten Armen im Schulungsraum, bis ihn einer der Dozenten ansprach: „Herr Holtkötter, Sie haben bestimmt schon einiges im Leben gemeistert. Vielleicht wollen Sie mir ja abends mal privat ihre Geschichte erzählen!“ Holtkötter begann, sich zu öffnen.

      In vielen Gesprächen, mit viel Lob und Bestätigung bauten die Seminarleiter Holtkötters Selbstbewusstsein so weit auf, dass er wieder an die Zukunft zu glauben begann. Die Chancen auf einen neuen Arbeitsplatz, hatten sie ihm klargemacht, stünden in seinem Alter schlecht. Aber wie wäre es mit einer selbstständigen Tätigkeit, vielleicht einer Einmannfirma…

      Als Appel-Uwe aus der Krise

      Da erinnerte sich Uwe Holtkötter an die Berichte eines Bekannten aus den neuen Bundesländern, der ihm vorgeschwärmt hatte, wie dort die Bauern ihre Produkte an der Straße verkaufen. „Ich wohne doch in einer Apfelgegend“, dachte er sich, und die Idee für das Unternehmen Appel-Uwe war geboren.

      Heute fährt Holtkötter mit einem gebrauchten VW-Bus durch die Kleinstädte entlang der Elbe und verkauft das Obst von Bauern aus dem Alten Land. Seine Frau hat einen Hofladen aufgemacht, mit selbst gemachter Marmelade, Gewürzen und Suppen. Sie seien glücklich jetzt, sagt Elke Holtkötter; glücklich, dass das Leben unter neuen Voraussetzungen endlich weitergehe. „Ohne diesen Kurs wäre ich…“, wirft ihr Mann ein und stockt. „Da wäre ich vielleicht schon nicht mehr … nein, da darf man gar nicht drüber nachdenken.“

      Angebote, die speziell auf die Probleme und Bedürfnisse von Langzeitarbeitslosen wie Holtkötter zugeschnitten sind, gibt es zu wenig. Das hat sich bisher auch durch die Hartz-Reform nicht geändert – im Gegenteil: Ein nicht geringer Teil der bestehenden Angebote wurde noch zusammengestrichen. Ein Hamburger Bildungsträger beispielsweise, der monatlich zwei Kurse für Langzeitarbeitslose mit mehreren Dutzend Teilnehmern anbot, betreut seit Juni überhaupt keine Langzeitarbeitslosen mehr, Anbietern in anderen Bundesländern ergeht es nicht besser. „Die Arbeitsämter müssen jetzt schnell Vermittlungszahlen nachweisen“, erklärt ein Arbeitsmarkt-Spezialist und Kollege von Michael Willkomm. „Langzeitarbeitslose stören dabei nur. Die werden jetzt einfach vergessen.“


      * Name von der Redaktion geändert


      (c) DIE ZEIT 02.10.2003 Nr.41

      ZUM ARTIKELANFANG

      http://www.zeit.de/2003/41/Stigma__Arbeitslose
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      schrieb am 06.10.03 15:13:38
      Beitrag Nr. 393 ()
      Japan erwägt Freigeld
      06.10.2003


      Einem Forbes-Bericht vom Montag unter Berufung auf die japanische Zeitschrift Shukan Gendai zufolge erwägt Japan die Einführung von Freigeld um so die anhaltenden wirtschaftlichen Probleme des Landes zu lösen.

      Die Planungen sehen eine Besteuerung aller Geldreserven, gleichgültig, ob als Bargeld oder auf Bankkonten(?), von jährlich 3 bis 5 Prozent vor. Dies würde das "Zurückhalten" von Geld aus dem Wirtschaftskreislauf bestrafen und so - wenn eine Kapitalflucht ins Ausland verhindert werden kann - aller Wahrscheinlichkeit nach zu einer starken Ankurbelung der Wirtschaft und zu einem Ende der Deflation in Japan führen.

      Dem Bericht nach soll dieser Schritt im April nächsten Jahres vollzogen werden. Zum gleichen Zeitpunkt sollen die bestehenden Geldscheine durch neue, schwer zu fälschende, ersetzt werden. Im Zuge des Umtauschs soll die Steuer auf Bargeld erhoben werden.

      Dies wäre das bisher mit Abstand größte Freigeld-Experiment in der Geschichte. Der Erfolg dürfte zum großen Teil davon abhängen, daß es gelingt, die Abwanderung von Geldern ins Ausland zu verhindern und daß ein Weg gefunden wird, die Steuer auch auf Bargeldbestände regelmäßig zu erheben.

      http://www.freace.de/artikel/okt2003/japan061003.html
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 15:18:14
      Beitrag Nr. 394 ()
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 15:26:34
      Beitrag Nr. 395 ()
      Die Urbanisierung der Armut

      Florian Rötzer 05.10.2003
      Nach einem UN-Bericht lebt bereits ein Sechstel der Weltbevölkerung in Slums - Tendenz steil ansteigend


      Schätzungen des globalen Zustandes und vor allem Projektionen über künftige Trends muss man mit der nötigen Vorsicht aufnehmen. Beispielsweise ist höchst unsicher, ob die Schätzungen internationaler Organisationen wie der Weltbank über die Zahl der armen Menschen auf der Welt auch nur einigermaßen zutreffen ( Die Zahlenkünstler). Auch wenn die Annahmen nicht genau zutreffen, so verheißen die Ergebnisse des neuesten UN-Berichts über den Zustand und die Entwicklung von Städten mit dem Titel The Challenge of Slums weiterhin nichts Gutes für viele Menschen. Heute schon müssen eine Milliarde Menschen in Slums leben. Sollte sich nichts verändern, könnte sich diese Zahl in 30 Jahren verdoppelt haben.






      In den reichen Industrieländern leben bereits über 75 Prozent der Menschen in den Städten. Die Verstädterung hat längst auch schon die Entwicklungsländer erfasst. 1800 sollen erst zwei Prozent der Menschen in Städten gelebt haben, 1950 lebten 30 Prozent der Menschen in Städten. Heute lebt fast schon die Hälfte in Städten. Man geht davon aus, dass bereits in 20 Jahren zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben, wobei das stärkste Wachstum der Städte in den Entwicklungsländern erfolgt. Besonders stark nehmen die riesigen Mega-Städte zu, aber auch die kleineren Städte um eine Million Einwohner. Das geschieht weitaus schneller, als dies während der Zeit der Fall war, als in Europa die Städte "explodierten" und die Menschen das Land verließen - nicht nur in die Städte, sondern auch als Auswanderer in andere Kontinente.



      Slum in Mumbai





      Ob aus Not oder aus dem noch immer bestehenden Versprechen auf ein besseres Leben heraus strömen die Menschen in den Entwicklungsländern in die Städte, wo gewaltige Ballungsräume entstehen und viele in den sich ausbreitenden Slums landen. Nach dem jetzt von UN-Habitat veröffentlichten "Global Report on Human Settlements 2003" wohnt bereits ein Drittel aller Stadtbewohner oder ein Sechstel der Weltbevölkerung in Slums, also in Wohngebieten, die meist keine Trinkwasserversorgung, kein Abwassersystem, keine Müllabfuhr und auch sonst kaum eine Versorgung mit kommunalen Dienstleistungen und Infrastruktur besitzen. Nicht alle Menschen in den Slums sind arm, aber der weitaus überwiegende Teil.

      In den 30 reichsten Ländern der Welt gibt es nur 2 Prozent der Slumbewohner, während 80 Prozent der urbanen Bevölkerung in den 30 am wenigsten entwickelten Ländern dort hausen müssen. Nicht nur zwischen reichen und armen Ländern gibt es hier ein großes Gefälle, sondern auch zwischen den Kontinenten. Über die Hälfte der Slumbewohner leben in Asien, 20 Prozent in Afrika, 14 Prozent in Lateinamerika, obgleich ihr Anteil im südlichen Afrika mit über 70 Prozent am höchsten ist.


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      Das Wachstums der Slums, so der Bericht, erfolge weitaus schneller, als man dies bislang erwartet habe, wodurch die Armut in den Entwicklungsländern vom Land in die Stadt überschwappe und die Entwicklung kaum mehr zu kontrollieren sei. In den 90er Jahren hat die Stadtbevölkerung um 36 Prozent zugenommen. Slums seien "das Produkt gescheiterter politischer Programme, einer schlechten Regierung, von Korruption und einem Mangel an politischen Willen", moniert der Bericht: "Nur sehr wenige Länder haben diese kritische Situation wahrgenommen, und es wird sehr wenig getan, um Arbeitsplätze oder Dienste zu schaffen."

      UN-Generalsekretär Kofi Annan bezeichnete den Trend als "Urbanisierung der Armut" und forderte, vermutlich ohne Hoffnung auf Einlösung, zu schnellem Handeln auf, um die Zahl der Slumbewohner nicht weiter durch eine kurzsichtige Wegschaupolitik anwachsen zu lassen.




      --------------------------------------------------------------------------------

      Es entwickelt sich ein Vakuum, weil die lokalen Behörden keinen Zugang zu vielen Slums haben. Extreme Ungleichheit und Beschäftigungslosigkeit fördern antisoziales Handeln bei den Menschen. Slums sind die Orte, an denen die ganzen Übel zusammen kommen, wo es Frieden und Sicherheit nicht gibt und wo junge Menschen nicht beschützt werden können.
      Anna Tibaijuka, Direktorin von UN-Habitat




      In den nächsten 30 Jahren wird nach dem Bericht die Stadtbevölkerung in den Entwicklungsländern weiter rasant zunehmen und sich auf vier Milliarden Menschen verdoppeln. Jährlich strömen um die 70 Millionen Menschen in die Städte. Städte seien zum Kern einer neuen Art der Kolonisierung geworden, zur Endstation für immer mehr Menschen, die ohne Ausbildung und Schutz Billigjobs ausführen.


      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/15784/1.html
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 15:30:54
      Beitrag Nr. 396 ()
      Richtlinie zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum auf Abwegen

      Matthias Hannich 05.10.2003
      Nach der neuen Version des Europäischen Parlaments geht es nicht mehr nur gegen "gewerbliche Nutzung", zufällig ist die Berichterstatterin für die Richtlinie die Frau des Vivendi-Chefs


      In den letzten Monaten gewann die Debatte um die Abstimmung des Europäischen Parlamentes über Softwarepatente ungewöhnlich große Medienaufmerksamkeit. Etwas abseits davon bereiten einige Parlamentarier aber schon länger eine weitere Richtlinie zur Durchsetzung der Interessen von Verwertern geistigen Eigentums vor. Bis jetzt blieb die Berichterstattung darüber allerdings in den größeren Medien aus.






      Obwohl in einigen europäischen Ländern die Umsetzung der Richtlinie "zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft" immer noch aussteht oder gerade in vollem Gange ist ( Gesetzbuch zu ... und alle Fragen offen), hat die Europäische Kommission bereits Anfang des Jahres eine weitere Richtlinie "über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum" auf den Weg gebracht, die neben dem Urheberrecht außerdem noch Marken- und Gebrauchsmusterrecht betrifft.








      --------------------------------------------------------------------------------

      Die vorgeschlagene Richtlinie soll für Chancengleichheit bei der Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum in verschiedenen EU-Ländern sorgen, indem die Durchsetzungsinstrumente in der gesamten EU angeglichen werden, insbesondere in den Ländern, in denen die Durchsetzung von Rechten an geistigem Eigentum derzeit am schwierigsten ist.





      Im ursprünglichen Richtlinienvorschlag war eindeutig festgelegt, dass die Richtlinie nur Anwendung findet, wenn "Rechtsverletzungen zu gewerblichen Zwecken erfolgen oder den Rechteinhabern erheblichen Schaden zufügen". Der primäre Zweck der Richtlinie ist, dass auch eine strafrechtliche Verfolgung absichtlicher und gewerblicher Rechtsverletzungen ermöglicht wird und dieser in ganz Europa gleiche Chancen zugestanden werden soll.

      Allerdings finden sich schon in der Begründung einige Ungereimtheiten. Unter Punkt E "Schutz des Verbrauchers", erfährt man zum Beispiel, dass die Europäische Gemeinschaft sich den Verbraucherschutz zu einer Hauptaufgabe gemacht hat. Die Verletzung geistigen Eigentums habe oft schädliche Auswirkungen für die Verbraucher: "Wenn ein Verbraucher abseits der legalen Vertriebswege eine Nachahmung oder Raubkopie erwirbt, hat er im Prinzip keine Gewährleistungsansprüche, keinen Kundendienst und auch keine wirksame Möglichkeit, bei Bedarf Schadensersatz geltend zu machen." Die Richtlinie könne den Verbraucherschutz verbessern, heißt es dann, ungeachtet der Einschränkungen der Bürgerrechte und der Privatsphäre.


      MP3s kopiert? "Zeigen Sie dem Herrn seine Zelle"


      In seiner ersten Form passt der Richtlinienvorschlag so gar nicht in das Bild der aktuellen Praxis, in der zum Beispiel die amerikanischen Musikverwertergesellschaften von 12-jährigen Mädchen bis Rentnern jeden Tauschbörsianer, den sie erwischen, anzeigen. Ob dies zum gewerblichen oder zum privaten Zwecke erfolgte, interessierte nicht. In der Erläuterung zur EU-Richtlinie heißt es, sie sei "nicht darauf ausgerichtet, die Verfolgung sehr vieler Einzelpersonen zu ermöglichen, die P2P-Netze nutzen, um gelegentlich ein paar Dateien zu swappen".

      Das aber könnte sich bald ändern, denn Janelly Fourtou ist nicht nur die Frau von Jean-René Fourtou, Chef von Vivendi Universal, sondern auch die Berichterstatterin der Richtlinie im Europäischen Parlament. In einem Berichtsentwurf hat sie bereits systematisch alle Einschränkungen der Richtlinie entfernt. Von der "gewerblichen Nutzung", die für eine strafrechtliche Verfolgung vorausgesetzt wird, ist dort keine Rede mehr. Die ursprüngliche Tragweite der Richtlinie wurde stark vergrößert und nach Zustimmung für die Änderungsvorschläge wird es keine Rolle mehr spielen, ob man aus gewerblichen oder privaten Absichten gehandelt hat. Gleiches Recht für alle könnte man vermuten.

      Unter diesem Gesichtspunkt gesehen verliert der Satz: "Nachahmung und Produktpiraterie stellen eine echte Bedrohung für die öffentliche Ordnung dar" (Punkt F der ursprünglichen Richtlinie) seine eigentliche Bedeutung und schließt fortan jeden Urheberrechtsverstoß normaler Bürger ein.


      Kritik von allen Seiten


      Die Verwerterindustrie meldete sich schon kurz nach Vorstellung des Richtlinienvorschlags im Januar diesen Jahres zu Wort

      IPJustice, ein Zusammenschluss von knapp 50 Bürgerrechtsorganisationen, hat ein Whitepaper herausgegeben, das klären soll, weshalb die EU-Richtlinie Bürgerrechte, Innovation und den europäischen Wettbewerb bedroht. Darin wird unter anderem festgestellt, dass die Richtlinie selbst die Entfernung sogenannter RFID-Tags, die zur Überwachung der Verbraucher genutzt werden können, verbietet.




      --------------------------------------------------------------------------------

      This proposal would make it illegal to neutralize, deactivate, remove, or manipulate these tags in any way, opening the door to massive public surveillance and intrusion into the private lives of individuals.





      Von der Campaign for an Open Digital Environment ( CODE) wurde eine Petition verfasst, die zahlreiche Bürgerrechtsorganisationen, wie Privatkopie.net oder European Digital Rights ( EDRi) unterzeichnet haben. In der Petition heißt es:




      --------------------------------------------------------------------------------

      Die Reichweite der vorgeschlagenen Richtlinie ist übermäßig breit, sie umfasst sämtliche Rechte des geistigen und gewerblichen Eigentums, und sie schafft einen rechtlichen Rahmen, der ausländische Inhaber von geistigem Eigentum bevorteilt und zugleich die in Europa bestehenden Prinzipien der Verfahrensgerechtigkeit für Beschuldigte in Streitfällen um geistiges Eigentum missachtet.





      Weiterhin wird vor allem auch der Artikel 9 der Richtlinie kritisiert, der besagt, dass für die Besitzer geistigen Eigentums ein "Recht auf Auskunft" besteht. Gerichte sollen auch ohne Vorlage konkreter Beweise dazu verpflichtet werden können, Anordnungen zu erteilen, mit denen der Rechteinhaber dann zum Beispiel Auskunft über die Daten des vermeintlich Kriminellen bei ISPs erzwingen könnte. Dieses Vorgehen würde sich dann nicht von der Praxis der Recording Industry of Amerika ( RIAA) im Rahmen des DMCAa unterscheiden. Von der ursprünglichen Aussage, dass man doch nur gewerbliche Übeltäter verfolgen wolle, hätte man sich damit vollends entfernt.

      Das Europäische Parlament soll, nachdem die ursprünglich für den 11. September geplante Abstimmung verschoben wurde, nun Anfang November über die Richtlinie abstimmen. Am kommenden Mittwoch dem 8. Oktober läuft die Frist für Änderungsanträge ab.
      http://www.heise.de/tp/deutsch/special/copy/15782/1.html
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 16:03:42
      Beitrag Nr. 397 ()
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 18:03:39
      Beitrag Nr. 398 ()
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 22:38:09
      Beitrag Nr. 399 ()
      Börse für Idioten


      (Frauenfinanzseite) Wissen, Information und Rationalität alleine scheinen den Erfolg an den Aktienmärkten nicht auszumachen. Die Börse funktioniert auch dann, wenn Händler nur nach Lust und Laune kaufen und verkaufen. Das ergab ein amerikanischer Modellversuch.

      Für den Börsenerfolg sind Wissen und rationales Handeln nicht entscheidend. Das ist das Ergebnis eines Experiments. Der US-Forscher Doyne Farmer simulierte das Börsengeschehen mit Händlern die „null Intelligenz“ besitzen, völlig uninformiert waren und allein nach dem Zufallsprinzip agierten.

      Die Experten am Santa Fe Institute in New Mexico haben lediglich zwei Typen von Händlern unterschieden: Die Ungeduldigen und die Geduldigen. Erstere kauften oder verkauften sofort zum besten Preis. Die anderen legten eine Preisgrenze fest, ab der sie kaufen oder verkaufen wollen. Das Fazit: Das Börsengeschehen verlief nahezu wie in der Realität. Die Experten haben die Kursentwicklungen der „Idioten-Börse“ mit denen des London Stock Exchange von 1998 bis 2000 verglichen.

      Die Forscher wollen mit diesem Experiment vor allem zeigen, dass das Geschehen an den Finanzmärkten so komplex ist, dass auch Wissen und Vernunft alleine nicht ausreichen, um Kursentwicklungen vorherzusagen.

      Axel Ockenfels, Wirtschaftsforscher und Direktor des Energiewirtschaftlichen Instituts in Köln, zweifelt deshalb auch an Rankings für professionelle Fondsmanager: „Oft ist nur zufällig jemand der Beste“. Das nächste Mal würde dann in der Regel jemand anderes das beste Ergebnis erzielen. Nach seiner Überzeugung gebe es keine Leute, die systematisch den Markt schlagen könnten.

      [ Montag, 06.10.2003, 13:10 ]
      http://www.instock.de/Nachrichten/10134685.html
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 22:54:46
      Beitrag Nr. 400 ()
      Grabenkrieg der Bullen und Bären

      von Jochen Steffens

      Um mich wieder auf "Stand" zu bringen, habe ich am Wochenende viel Zeit im Internet mit Recherche verbracht. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Diskussionen um diese seit März laufende Rallye mittlerweile zum Teil groteske Formen angenommen haben. Die beiden "Lager", Bullen und Bären, haben sich eingegraben und beharken sich mit mehr oder weniger sachlichen Argumenten. Die Diskussionen entwickeln dabei besonders im Internet eine emotionale Eigendynamik, die zum Teil bedenklich ist. Leider bleibt dabei die Sachlichkeit auf der Strecke. Doch immer wieder, wenn es um das liebe Geld geht, hört anscheinend die Freundschaft und auch die Vernunft auf. Traurig genug.

      Aber diese "Grabenkriege" haben natürlich Gründe. Die Bullen haben durch die scharfe Konsolidierung im September einen kräftigen Seitwärtshieb erhalten und mussten zunächst verunsichert zurückweichen. Kurz darauf wurden die gerade bestätigten und höhnenden Bären mitten in ihrer Euphorie durch die letzten drei Handelstage weit zurückgeworfen. Der S&P konnte zum Beispiel innerhalb diese drei Tage seine gesamten Verluste wieder aufholen und notiert nahe Jahreshoch. Nun triumphieren und höhnen die Bullen wieder. Dieses "nervenaufreibende" hin und her, lässt die Diskussionen erbittert, unsachlich und persönlich werden.

      Verantwortlich für den überraschend starken Anstieg der internationalen Indizes am Freitag waren die US-Beschäftigten Zahlen (ohne Landwirtschaft). Hier kam es zu einem Anstieg um 57.000 Beschäftigten. Erwartet wurden 20.000–40.000 weniger Beschäftigte. Im Vormonat hatte es einen Rückgang von 41.000 Beschäftigten gegeben. Allerdings ist diese Zahl später von plus 93.000 (!) revidiert worden. (Zu der genaueren Aufschlüsselung der Arbeitsmarktzahlen lesen Sie weiter unten den Kommentar von meinem Kollegen Martin Weiss)

      Endlich, so hofften die Bullen auf den ersten Blick, endlich eine erste zarte Erholung am Arbeitsmarkt. Doch selbst wenn diese Zahl nicht revidiert würde, müsste sie sich längere Zeit zwischen 100.000 und 150.000 aufhalten, um eine nachhaltige konjunktureller Erholung zu ermöglichen. Denn erst dann besteht die begründete Hoffnung, dass der Konsum in Amerika 2004 die konjunkturelle Erholung tragen wird und damit die Baisse endgültig vorbei geht.

      Etwas vorsichtig sollten Sie jedoch bei der Interpretation der folgenden Arbeitsmarktzahlen sein. In den nächsten Monaten ist allein schon aus saisonalen Gründen mit einer leichten Stabilisierung des US-Arbeitsmarkts zu rechnen. Das Weihnachtsgeschäft wartet. So ist es nicht verwunderlich, dass einige US-Analysten zwar davor warnen, die Zahlen von Freitag könnten "heftig revidiert" werden, aber trotzdem "begründete Hoffnung" auf eine Erholung in den kommenden Monaten haben.

      Der schwache Arbeitsmarkt ist und bleibt das entscheidende Thema. Ein nicht unbeachtlicher Teil der abgebauten Arbeitsplätze ist nicht direkt auf die schwache Konjunktur zurückzuführen, sondern schlichtweg ins Ausland "verschwunden". Besonders China ist hier zu nennen. Doch selbst wenn sich die US-Konjunktur längerfristige erholen sollte, viele Arbeitsplätze sind unwiderruflich auf lange Sicht verloren. Kostensenkungen und Produktionssteigerungen werden die großen US-Firmen noch einige Jahre in ihrem scharfen Konkurrenzkampf begleiten. Bevor also wieder ausreichend neue Arbeitsplätze geschaffen werden können, müsste der US-Konsum lange Zeit deutlich anziehen. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Eine Zahl zum "Konsum" noch: aktuell steigt die Armutsrate in den USA auf 12,1 %

      Der Dollar ist das zweite, wichtige Thema – ausgelöst durch einen Kommentar von Wim Duisenberg: Duisenberg hält eine weitere Abwertung des Dollars für unvermeidlich. In einem Interview mit der Financial Times sagte er: Wir hoffen und beten, dass die Berichtigung (des Dollarkurses), die unvermeidbar ist, langsam und schrittweise vonstatten geht." Sonderlich zuversichtlich hört sich das nicht an. Vielleicht auch deswegen fügte Wim Duisenberg hinzu. "Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um es langsam und schrittweise geschehen zu lassen." Doch auch wenn diese Dollar-Abwertung langsam gehen sollte, eins steht offenbar fest: Der Euro wird weiter und weiter steigen. Sollte man da die aktuellen Kursrückgänge nicht nutzen?

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      Auf der Kippe ...

      von Martin Weiss

      Dank eines fulminanten Kursfeuerwerks am Einheits-Feiertag gingen die deutschen Standardwerte mit einem Wochenplus von annäherend drei Prozent aus dem Handel. Vor allem die US-Arbeitsmarktdaten für den Monat September waren maßgeblich für die Pluszeichen verantwortlich.

      In der Tat, die Zahlen vom Freitag fielen besser als erwartet aus. Nach acht Monaten des Stellenabbaus wurde nun für den September ein Beschäftigungsaufbau bekannt. Sicherlich, vor allem der Dienstleistungsbereich trug hauptsächlich mit insgesamt 74 000 neuen jobs zu diesem Ergebnis bei.

      Von vielen Wall-Street Analysten wurde dieses Zahlenmaterial geradezu euphorisch gefeiert, zumal nun angeblich endgültig der Beweis für eine konjunkturelle Trendwende erbracht sei. Aber, sieht man sich die Zahlen etwas genauer an, so ist zu konstatieren, daß es keinerlei Anlaß zur Jubelstimmung gibt.

      Auch im September verlor das verarbeitende Gewerbe per saldo erneut 29 000 Stellen. Zudem planen internationale Großkonzerne wie DaimlerChysler oder Ford weiterhin die Streichung von tausenden Arbeitsplätzen.

      Und auch Teenager taten sich extrem schwer, Beschäftigung zu finden. Die Arbeitslosenquote bei jungen Menschen schnellte auf beklemmende 17,5 Prozent hoch. Ebenfalls konnte die Situation bei den durchschnittlichen Stunden- bzw. Wochenlöhnen keinesfalls überzeugen. Im Gegenteil, diese waren sogar mit 15,46 $ beim Stunden- bzw. 520,67 $ beim Wochenlohn leicht rückläufig.

      Es besteht also – betrachtet man die Faktenlage nicht nur oberflächlich – auch weiterhin überhaupt kein Grund, von einer nachhaltigen und vor allem sich selbst tragenden Erholung der US-Wirtschaft zu sprechen.

      Denn in der letzten Woche konnte keineswegs nur Positives vermeldet werden. Jedenfalls fiel das US-Verbrauchervertrauen für den Monat September erneut unerwartet schwach aus. Und ebenso der Einkaufsmanagerindex für die Region Chigago wies in der Tendenz eher auf eine Abschwächung hin, zumal er von 58,9 auf 51,2 Punkte zurückging. Erwartet wurde hingegen ein Wert von 57,0.

      Wie auch immer, die Gesamt-Gemengelage ist auch weiterhin eher als fragil einzuschätzen. Und, in diesem Kontext sei nochmals auf die enormen Exzesse am Aktienmarkt, vor allem im High-Tech-Sektor, hingewiesen.

      Bar jeder Vernunft, so scheint es, sind die Bewertungen wiederum auf astronomische Höhen hochgeschnellt. Kein Wunder, daß auch der Aktienkauf auf Pump wieder in Mode gerät. Anscheinend sind viele Investoren wieder so "gierig", daß die Erfahrungen und Lehren der Jahre 1999/2000 scheinbar vergessen sind.

      Angesichts eines für das Jahr 2004 geschätzten durchschnittlichen Kurs-Umsatz-Verhältnisses von sage und schreibe sechs bei den High-Tech-Aktien der Nasdaq, bedarf es keiner allzu großen Prophezeiungskunst, um auch hier ein Ende dieser Fahnenstange vorherzusagen.

      Um es zu verdeutlichen, europäischen Standardwerten wird bisweilen nicht einmal ein Preis-Umsatz-Verhältnis von eins zugestanden. Oder, nochmals anders formuliert, bei einer solch irrsinnig hohen Bewertung müsste ein Unternehmen knapp ein Viertel (24 Prozent) des Jahresumsatzes aufwenden, um Anlegern eine Dividendenrendite von vier Prozent zu bieten. Aber nicht nur Übertreibungen nach oben kennzeichnen das aktuelle Geschehen. Sondern auch solche nach unten, wie am Freitag beim Goldpreis. Nach der Bekanntgabe der US-Arbeitsmarktdaten kam der Goldpreis schwer unter die Räder und fiel gar unter die 370-$-Marke.

      Nein, dies ist wahrlich kein Anlaß zur Sorge, ganz im Gegenteil, eher ein Grund zur Freude. Denn für starke Hände sind solche kurzfristigen Verwerfungen immer ein Geschenk. Und insofern werden wir uns in einigen Jahren mehr denn je freuen, solche Geschenke angenommen zu haben!
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      USA: Wirtschaftliche Erholung – eine Fata Morgana

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Der Fed-Gouverneur Robert McTeer hielt letzte Woche eine Rede – die sich so anhörte, als sei er zu lange in der Sonne gewesen. Er sagte, dass er damit rechne, dass sich das Wachstum der Weltwirtschaft in den letzten Monaten des Jahres beschleunigen werde – auf eine Wachstumsrate von 4 %. Unmittelbar nach dieser Rede sackten die Kurse der 10jährigen US-Staatsanleihen durch.

      Aber Sie, liebe(r) Leser(in), wissen etwas, das McTeer vielleicht nicht weiß. Sie wissen, dass der größte Teil des ausgewiesenen Wirtschaftswachstums ein schimmerndes, statistisches Wunder ist. (Ich werde Ihnen mehr Beweise dafür liefern, siehe unten ...)

      Trotz der größten "Reflationsbemühungen" aller Zeiten ... mit 13 Zinssenkungen der Fed und dem größten US-Haushaltsdefizit aller Zeiten ... plus Billionen an neuem Geld und Krediten, die durch die Weltwirtschaft fließen ... gab es wenig oder kein reales Wachstum der amerikanischen Wirtschaft.

      An der Wall Street haben diese heroischen Reflationsbemühungen zu einer Rally geführt. Aber es ist lediglich eine standardmäßige Bärenmarktrally – der Dow Jones hat nur rund die Hälfte seiner vorigen Verluste wieder reingeholt. Und bei dieser Hälfte scheint die Flut des Bargelds schon ihren Höhepunkt erreicht zu haben, so dass sie den Aktienkursen nichts Gutes mehr tun kann.

      Was läuft falsch? Die Ökonomen wissen keine Antwort. Laut ihren Modellen sollten niedrigere Zinssätze und höhere Staatsausgaben zu einem Boom führen. Sie sind sich so sicher, dass dies passieren muss, dass sie denken, dass sie einen Boom sehen ... so, wie es in der Wüste eine Fata Morgana gibt. Sie ist immer kurz voraus. Nur noch über den nächsten Hügel. Nur noch ein bisschen weitern.

      Anstatt anzuhalten und das geschulterte Gepäck zu überprüfen, stolpern sie weiter, und sie versichern sich gegenseitig, dass ihre Theorien korrekt sind. "Da ist es, direkt da vorne ...", sagen sie. "Oh ja, ich kann es sehen ... ja, genau da neben dem Produktivitätswunder ..."

      Wenn sich die reale Wirtschaft wirklich erholen würde, dann würde sie mehr Arbeitsplätze produzieren. Aber wo sind diese? Vielleicht in China?

      Die amerikanischen Immobilienpreise steigen immer noch. Und die Konsumenten geben immer noch fleißig Geld aus, sie verschulden sich und sie erhöhen ihre Hypotheken. Auch die Unternehmen nutzen die einmalige Gelegenheit, um Geldgeber von ihrem Geld zu trennen, zu absurd niedrigen Zinssätzen.

      Wenn man an einem heißen sonnigen Tag seinen Hut abnimmt ... dann sieht es fast so aus, als ob eine Erholung voraus liegen würde, und genau danach suchen die Ökonomen in den USA ja auch. Aber wie eine Oase in der Wüste – kann es eine lange Zeit brauchen, bis man sie erreicht hat. Richtig, Eric?

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      Herbst in New York

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      Zunächst ein Hinweis in eigener Sache: Wenn Sie CNNfn empfangen können, dann können Sie mich am 8., 9. und 10. Oktober jeweils von 9 bis 11 Uhr New Yorker Ortszeit bei meiner Morgenshow "Market Call" sehen.

      Wir New Yorker haben letzte Woche sehr schöne Herbsttage genossen. Zum Beispiel letzten Donnerstag. Da genoss ich früh am Morgen meinen üblichen dreifachen Cappuccino bei Starbucks, dann schlenderte ich über die Straße zum Union Square Park. Da fand ich eine leere Bank, setzte mich hin und nippte bei schönem Sonnenschein an meinem Morgenkaffee. Ein milder Wind wirbelte zahllose rote und goldene Blätter über den Boden, wie so viele ungewollte Dollarnoten. Langsam türmten sich die Blätter auf, wie die Dollarnoten bei der Bank of Japan. (Sie müssen sich ja irgendwo auftürmen, so meine Vermutung. Sie können nicht einfach verschwinden.)

      Aber was wird als nächstes passieren? Wenn der Herbst der Dollar-Hegemonie gekommen ist, dann muss der Winter schnell nahen. Und was sollen wir vom nächsten Frühling erwarten?

      Die meisten Aktienanleger scheinen sich keine Sorgen wegen der Entwicklung des Dollarkurses zu machen ... und das ist Glück für sie. Denn sich über Risiken Sorgen zu machen, wenn die Aktienkurse jeden Tag steigen, kann sehr teuer werden. Leichtsinn und Wagemut ist in einem solchen Umfeld erheblich profitabler.

      Währenddessen geht in den USA das "Durchwurschteln" auf gesamtwirtschaftlicher Ebene weiter. Letzte Woche waren es weitere 399.000 Ex-Arbeiter, die das erste Mal einen Antrag auf Arbeitslosenhilfe stellten – damit ist die hartnäckig hohe Marke von 400.000 pro Woche weiter gehalten worden. Und die Auftragseingänge für dauerhafte Güter sind im August um 1,1 % zurückgegangen, trotz der starken Nachfrage des US-Verteidigungsministeriums. Wenn man den 37 %igen Anstieg der Militäraufträge herausrechnet, dann hätte das Minus bei 1,7 % gelegen – was ein weiterer Indikator dafür ist, dass die Erholung des produzierenden Sektors nur langsam anläuft.

      Hm ... das sieht so aus, als ob wir vom Wert des Dollar weitere 20 % bis 30 % abschmelzen müssten. Je niedriger der Dollar fällt, desto wettbewerbsfähiger wird die amerikanische Industrie ... das glaubt zumindest die Gang im Capitol Hill. Wir müssen nicht die Dollarscheine kleiner machen – natürlich nicht. Aber den Dollarkurs. Zum Beispiel im Verhältnis zum Gold. Vo rein paar Jahren konnte man für 265 Dollar eine Feinunze Gold kaufen. Heute braucht man dafür 383 Dollar. Und an dem Tag, an dem eine Feinunze Gold 1000 Dollar kosten wird, werden die amerikanischen Produzenten so wettbewerbsfähig geworden sein, dass sie Fernseher nach China exportieren werden ... das glaubt zumindest die Bush-Administration.

      Ich glaube das nicht. Ich glaube, dass die Amerikaner ärmer werden, weil sie die Idiotie der "wettbewerbsfähigen Abwertungen" umarmen. Wieso bin ich mir so sicher, dass die gewollte Abwertung des Dollar idiotisch ist? Nun, ehrlich gesagt, ich kann mir nicht absolut sicher sein. Aber für meine Einschätzung spricht: Sowohl Alan Greenspan als auch die meisten der Fed-Gouverneure und der US-Finanzminister Snow und auch Präsident Bush wollen alle durch eine Abwertung des Dollar das amerikanische Wirtschaftswachstum anheizen ... das spricht meiner Ansicht nach dafür, dass das der falsche Weg ist.

      Zuletzt hat Michael Vaupel vom "Optionsschein-Profits" eine Menge über den bemitleidenswerten Zustand des Dollar geschrieben – und er ist den Weg weiter gegangen und hat seine Leser instruiert, wie sie vom Rückgang des Dollar profitieren können. Neben Put-Optionsscheinen auf den Dollar sollte man laut Vaupel Gold-Zertifikate kaufen
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      Immobilienmarkt in Florida und die "inneren Angelegenheiten" des Irak

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner, derzeit in Florida

      *** Hier in Florida drehen sich die Gespräche oft um Immobilien. Florida ist einer der besten Märkte für Immobilien in den USA. Und Delray Beach, wo ich gerade bin, ist eine der heißesten Gegenden in Florida.

      "Man kann eigentlich nicht über `den` Immobilienmarkt sprechen", so ein Bekannter beim Abendessen am Wochenende. "Es gibt Hunderte von verschiedenen Immobilienmärkten. Man muss sich jeden separat ansehen. Aber wenn man genau genug sucht, dann kann man Geld verdienen. Es ist anders als beim Aktienkauf. Wenn man z.B. eine Microsoft-Aktie kauft, dann weiß man nicht wirklich, was bei diesem Unternehmen vor sich geht ... man weiß nie soviel wie die Insider ... deshalb hat man nie wirklich einen Vorteil. Aber bei Immobilien weiß ich, wer das Haus baut ... wer kauft und wer verkauft ... welche Gegenden gut sind ... dabei bin ich ein Insider."

      "Ehrlich gesagt – ich bin davon überzeugt, dass wir am US-Immobilienmarkt allgemein gesprochen eine Spekulationsblase haben. Ich denke, dass jede Menge Häuser im Preis fallen werden. Und wenn es einen ernsten wirtschaftlichen Rückgang geben wird, dann werden eine Menge Leute kürzer treten müssen. Sie haben sich übernommen, und sie können ihre Zahlungen dann nicht mehr leisten. Deshalb kaufe ich jetzt Apartments, auf die sie sich verkleinern werden. Ich erhalte jetzt schon eine gute Rendite ... und wenn der Kollaps kommen wird, dann werde ich für meine Apartments zu vernünftigen Mieten immer noch eine Nachfrage haben."

      *** Ah ha! Ich habe es doch gesagt, dass der ganze Aufschwung ein Schwindel ist. Genauso wie Alan Greenspans "Produktivitätswunder". Es gibt statistische Tricksereien – das Resultat davon, dass man die Zahlen so grotesk verformt hat, dass selbst ihre eigenen Mütter sie nicht wieder erkennen würden. Mein Freund Martin Spring hat mir das geschickt:

      "Ich danke Sjoerd Schalekamp, der mir diesen Link zu einem Artikel von V. Anantha Nageswaran in der Business Times (Singapur) weitergeleitet hat. Mein Kommentar dazu: Wie wird das alles enden? Mit Enttäuschung. Ich bin irgendwie für die USA optimistischer als V. Anantha Nageswaran, denn ich glaube, dass die US-Wirtschaft in den nächsten 9 Monaten schneller als die europäische Wirtschaft wachsen wird, wegen des Antriebs der monetären Expansion, den Rekord-Staatsausgaben, den ungewöhnlich niedrigen Zinssätzen und dem schwachen Dollar. Ich bin auch der Ansicht, dass dieses Wachstum nicht haltbar ist. Spätestens nach der US-Präsidentschaftswahl im November 2004 wird sich die Situation ändern, wenn sowohl die Fed als auch das Weiße Haus sich mit den Defiziten befassen werden."

      *** Ich weiß nicht viel über Paul Bremer. Aber der US-Vizekönig im Irak, der sich derzeit mit der historischen Aufgabe befasst, das Land mit 100.000 Truppen (und einem Geldbetrag, der erheblich größer ist, als das, was die Iraker jemals selbst ausgegeben haben), zu "transformieren", muss entweder einen Sinn für Humor haben – oder eine Schraube locker. Er hat sich vor kurzem darüber beschwert, dass sich der Iran "in die inneren Angelegenheiten des Irak einmischen würde".

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      Das Armenhaus, Teil 1

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Ich beginne meine heutige Reflexion mit einer schockierenden Feststellung:

      Wir leben in einer gemeinen Welt.

      Die Amerikaner glauben, dass ihre liebsten und verlässlichsten Vermögensgegenstände – ihre Häuser – sie reich machen. Aber könnte auch das Gegenteil wahr sein? Könnten sie bald fallen ... von Herrenhäusern direkt hin ins Armenhaus?

      Könnte es sein, dass das gleiche Dach mit den vier Wänden, die normalerweise Schutz bieten, jetzt die Bewohner einer Welt der Grausamkeit ausliefert? Weil sich die Amerikaner bemüht haben, ihre finanzielle Gesundheit zu verbessern, haben sie ihre bestehenden Hypotheken erheblich erhöht, um damit andere Kredite zu tilgen und mehr Geld für den Konsum zu haben.

      Es gibt viele Gründe, die dafür sprechen, dass die Immobilienpreise weiter steigen werden. Andererseits sehe ich sofort einen Grund, warum das falsch sein könnte: Jeder glaubt daran, dass die Preise weiter steigen werden. Es gibt ein Sprichwort an der Wall Street: "When everyone thinks the same thing, no one is thinking – wenn jeder das gleiche denkt, dann denkt überhaupt keiner."

      Und deshalb habe ich begonnen, nachzudenken ... und ich bin zu einer störenden Schlussfolgerung gekommen. Ich glaube, dass das durchschnittliche US-Haus für die Amerikaner ein gefährlicher Platz geworden ist. Aber die Beweislast liegt bei mir.

      Ich beginne den Fall mit einer Untersuchung nicht des Hauses, sondern des Inhalts des Hauses. Um präzise zu sein: Ich rufe den Kühlschrank und die Waschmaschine in den Zeugenstand.

      Ich lade sie, liebe(r) Leser(in), ein, die Zeugen genau zu beobachten. Sie werden sehen, dass keiner von beiden ein so einfaches Gerät ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Ein Knopfdruck führt zu einer komplexen Kette von Reaktionen, die Jahrhunderte von angesammeltem Wissen der Metallurgie widerspiegeln, und ein halbes Jahrhundert Elektronik.

      Diese Maschinen könnten mit Recht stolz sein, oder? Repräsentieren sie nicht das angesammelte Wissen von Generationen? Sind es nicht die besten Maschinen, die es je gab, um Nahrung kalt zu halten oder Kleidung zu waschen?

      Ich denke, dass Sie mir bis dahin zustimmen werden, also lassen Sie mich fortfahren.

      Aber stellen Sie sich vor, Sie würden eins dieser Wunderwerke kaufen. Angenommen, Sie zahlen 1000 Euro. Und angenommen, ein Jahr später entscheiden Sie sich dazu, das Land zu verlassen und das Gerät zu verkaufen. Wie viel werden sie noch dafür bekommen?

      500 Euro? 700? Ich weiß es nicht, aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass Sie das gleiche bekommen werden, was Sie gezahlt haben. Stattdessen werden sie wahrscheinlich einen Verlust erleiden. Und gilt das nicht für alles, was in Ihrem Haus ist – bis auf Kunst, Antikmöbel und versteckte Goldmünzen? Hat eine Couch, die 1 Jahr alt ist, den gleichen wert wie eine neue?

      Und so gehe ich einen Schritt weiter. Denken Sie, dass Ihr Teppichboden mehr wert geworden ist, nachdem Sie ein paar Flaschen Bier über ihn verschüttet haben? Werden die Gardinen mehr wert, wenn sie ausbleichen?

      Jetzt der Wechsel hin zum US-Immobilienmarkt. Dort muss berücksichtigt werden, dass die Immobilienpreise regional stark schwanken. Das ist für Sie nichts Neues – so liegen die Immobilienpreise z.B. in München deutlich über denen in z.B. Mecklenburg-Vorpommern. Da ich mich in den USA besser auskenne, nehme ich ein Beispiel von dort: Das durchschnittliche Haus in Kalifornien kostet 350.000 Dollar. Das durchschnittliche Haus in Süd-Arkansas kostet weniger als die Hälfte. Könnte man Geld verdienen, wenn man ein Haus in Arkansas kauft und es nach Kalifornien transportiert? Haben Sie jemals von so etwas gehört, liebe(r) Leser(in)?

      "Nun, das ist ein gutes Geschäft da unten", erzählte mir mein Bekannter beim Abendessen. "Es gibt mobile Häuser, die man transportieren kann. Eine Freundin von mir hatte eins, das er auf einem Schiff dann auf einem Wasserweg ( ...) transportiert hat. Das war schön."

      Ist es nicht so, dass nicht nur die Möbel und die Haushaltsgeräte im Zeitablauf an Wert verlieren ... sondern auch das ganze Haus? Und ist es nicht genau das, was man erwarten würde? Mit der Zeit nutzen sich alle physischen Gegenstände ab. Selbst Granit wird zu Sand und Staub ... durch Wind, Regen, Sonne, und Kälte ... nach und nach.

      Genau wie wir selbst, liebe(r) Leser(in). Wir sind keine Ausnahme. Auch wir werden zu Staub, oder etwa nicht? Und wäre es nicht ein Affront gegen die Welt, wenn wir das nicht würden?

      Aber bevor ich zum nächsten Punkt komme, möchte ich meinen ersten Überraschungszeugen hereinrufen: Den berühmten Architekten Le Corcusier. Es mag überraschend sein, dass ich diesen Mann aufrufe, denn er ist seit über einem halben Jahrhundert tot. Aber dennoch stelle ich ihm einige Fragen.

      "Bitte antworten Sie mit ja oder nein", beginne ich. "Ist es richtig, dass Sie einer der berühmtesten Architekten der Welt sind ... oder waren?"

      "Ja", antwortet der Geist von Le Corbusier.

      "Und ist es auch richtig, dass Sie während Ihrer Karriere viele Häuser entworfen haben?"

      "Ja."

      "Und deshalb könnte man sagen, dass Sie ein Experte für Hausarchitektur waren."

      "Ja, das ist richtig."

      "Und laut Ihrer Expertenmeinung, die Sie immer dann von sich gegeben haben, wenn Sie die Chance dazu hatten, war ein Haus nicht mehr als – und hier zitiere ich Sie wörtlich – `eine Maschine zum Leben`?"

      "Ja."

      "Mit anderen Worten, Ihrer Meinung nach ist ein Haus genau wie ein Geschirrspüler, ein Kühlschrank ... oder ein Auto ... ist das richtig?"

      "Ja."

      "Und weil sich ein Haus nicht von einer Maschine unterscheidet ... ist es da nicht logisch und korrekt, zu denken, dass es sich abnützt ..."

      "Ja."

      "Und da es sich abnützt, so wie jede andere Maschine ... ist es da nicht logisch und korrekt zu denken, dass sein Preis fallen wird ... SO WIE DER JEDER ANDEREN MASCHINE ...?!"

      Bei dieser Frage erhebt sich der Anwalt der Gegenseite von seinem Sitz ...

      "Der Anwalt verlangt vom Zeugen, über Dinge zu spekulieren, über die er nichts weiß ..."

      Ich greife diesen Punkt auf. Weder der berühmteste Architekt der Welt noch ich können sagen, was passieren wird. Deshalb konzentriere ich mich darauf, was immer passiert ist: Mit der Zeit nutzen sich fast alle Dinge, die der Mensch erstellt, ab. Selbst die Steuergesetze erkennen das ... sie erlauben dem Steuerzahler, den Wert eines neuen Hauses abzuschreiben.

      Doch weiter. Nächster Zeuge! Ich rufe Hubert Hausbesitzer auf.

      "Herr Hausbesitzer", fange ich an. Sie besitzen ein durchschnittliches Haus in den USA. Unterbrechen Sie mich, wenn ich etwas Falsches sage ... ich lese mein Dossier weiter ..."

      "Der Preis Ihres Hauses hat in den letzten 8 Jahren deutlich zugelegt, mit jährlichen Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich, ist das richtig? Und Sie haben daraus Vorteile gezogen? Stimmt es nicht, dass Sie Ihr Haus in den letzten 5 Jahren dreimal refinanziert haben, zum Teil, um niedrigere Zinsen zu erhalten, zum Teil, um extra Bargeld zu erhalten? Und stimmt es nicht, dass sie einen Teil des Geldes dazu genutzt haben, um die Küche aufzurüsten?"

      "Nun, Sie halten sich für einen klugen Mann. Diese Verbesserungen des Hauses haben sicherlich Ihren Wohnwert erhöht. Aber würden Sie diese auch als gute Investments bezeichnen?"

      "Sie würden. Weil das Haus selbst für Sie ein gutes Investment war, oder nicht? Sie hatten nur 15.000 Dollar Eigenkapital einzubringen, als Sie das Haus vor 8 Jahren gekauft haben. Bezogen auf dieses Eigenkapital war der Wertzuwachs spektakulär. Deshalb denken Sie, dass die Verbesserung der Qualität des Hauses auch ein gutes Investment ist, oder?"

      "Ok ... ja, ich kann es vielleicht auch anders ausdrücken. Ja, natürlich ... diese Verbesserungen führen dazu, dass sich das Haus leichter verkaufen lässt. Wenn Sie diese Verbesserungen nicht durchführen, dann wird das Haus schwerer zu verkaufen sein? Also man muss diese Verbesserungen eigentlich durchführen, um den Wert des Hauses zu erhalten?"

      "Aber selbst einige der Nachbarn, die diese Verbesserungen nicht gemacht haben, konnten zu höheren Preisen verkaufen, oder? Deshalb ist eine Verbesserung des Hauses zumindest in diesem Markt nicht notwendig. Andererseits: Wenn die Immobilienpreise stabil wären, würden Sie denken, dass Sie völlig ohne Verbesserungen auskommen würden? Hart zu sagen, oder? Aber wahrscheinlich würden Sie von Zeit zu Zeit das Dach erneuern. Und streichen. Und neuen Teppich- oder Parkettboden legen. Und wahrscheinlich die Küche verbessern und so weiter."

      "Das Haus ist doch eine komische Geldanlage, oder? Sie leben da drin, was schon ein bisschen wie eine Dividende oder eine Zinszahlung ist. Aber Sie müssen sich auch um das Haus kümmern ... und Geld investieren ... wenn Sie den Wert des Hauses halten wollen. Das Haus selbst – wenn Sie es vom Land, auf dem es steht, trennen könnten – würde an Wert verlieren im Zeitablauf, oder?"

      "Und dennoch sagen Sie, dass Ihr Haus in den letzten 8 Jahren dramatisch an Wert gewonnen hat. Nicht nur das, sondern bei fast jedem Haus, das Sie kennen, war das der Fall. Das ist reales Geld, oder? Ich meine, Sie können die Hypothek auf Ihr Haus erhöhen, weil der Wert des Hauses deutlich gestiegen ist. Sie können das zusätzliche Geld nehmen und zum Beispiel ein Fahrrad für Ihren Jungen kaufen. Hui."

      "Können Sie uns sagen, wo dieses Fahrrad hergestellt wurde?"

      "China?"

      "Wie wäre es damit. Sie haben die Hypothek auf Ihr Haus erhöht, und damit einen Teil des Wertzuwachses realisiert, um das gegen ein Fahrrad aus China einzutauschen Das ist eine bemerkenswerte Welt, oder? Ich meine, Sie mussten keine einzige Minute zusätzlich arbeiten für dieses Fahrrad? Sie haben es nicht gewonnen ... Sie mussten dafür nicht sparen oder ein Geschäft eröffnen, um Gewinne einzufahren."

      "Faszinierend."

      "Lassen Sie mal sehen ... das Einkommen Ihres Haushalts liegt bei rund 80.000 Dollar im Jahr. Oder rund 60.000 Dollar nach Steuern. Und nun ... denken Sie nicht, dass es bemerkenswert ist, dass Sie 20.000 Dollar durch die Erhöhung Ihrer Hypotheken erhalten haben ... was einem Drittel Ihres verfügbaren Einkommens entspricht ... ohne etwas dafür getan zu haben? Wie ist das möglich? Wo ist dieses Geld hergekommen?"

      "Ja, es kommt von dem Wertzuwachs Ihres Hauses ... aber wie? Wie ist es möglich, da wir doch gehört haben, dass der Wert des Hauses und seines Zubehörs eigentlich abnimmt ... dass IHR Haus im Wert steigt? Alles andere wird im Zeitablauf weniger wert ... aber Ihr Haus wird wertvoller ... begehrenswerter. Ihre Frau wird nicht mit jedem Tag besser aussehend, oder? Ich meine ... ich sehe mir die Sache natürlich objektiv an. Aber bei Ihrem Haus ist das der Fall. Wie ist das möglich? Das scheint mir fast die Naturgesetze zu verletzen ... das ist fast ein Affront gegen Gott, oder nicht? Er hat es so eingerichtet, dass die Welt und alles in ihr mit der Zeit vergeht ... und Ihr Haus steht da losgelöst von Zeit und Raum ... und widersetzt sich dem. WIE IST DAS MÖGLICH?"

      "Einspruch, der Zeuge wird beeinflusst."

      "Entschuldigen Sie mich?" fragt der Hausbesitzer. Ja. Und auch Sie, liebe(r) Leser(in). Zumindest für jetzt. In den nächsten Tagen werde ich meinen Starzeugen aufrufen: Sie.


      http://www.investor-verlag.de/
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 22:58:44
      Beitrag Nr. 401 ()
      US-Kontrolleur: Deutsche Arzneien zu billig:confused: :laugh:


      Der oberste Kontrolleur der US-Pharmabranche fordert höhere Arzneimittelpreise in Deutschland. Da Medikamente in Deutschland viel preiswerter seien als in den USA, beteiligten sich die Deutschen zu wenig an den in den US-Preisen enthaltenen Forschungs- und Entwicklungskosten, sagte FDA-Chef Mark McClellan dem Handelsblatt (Dienstagausgabe).




      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…

      NEW YORK. „Die Amerikaner sind wütend darüber, dass sie beim Kauf von Medikamenten teilweise für etwas bezahlen, das schließlich Menschen in aller Welt zugute kommt.“ Nach seinen Worten tragen deutsche Verbraucher wegen der für die Kassen festgesetzten Preislimits weniger als 5 % der Pharmakosten – "das ist nicht fair“.

      McClellan zufolge kostet es rund 800 Mill. $, ein neues Präparat auf den Markt zu bringen. Mehr als die Hälfte des weltweiten Pharma-Absatzes findet in den USA statt. Jeder US-Bürger gibt im Schnitt 645 Dollar pro Jahr für Medikamente aus, jeder Deutsche umgerechnet nur 217 Dollar.


      HANDELSBLATT, Montag, 06. Oktober 2003, 19:38 Uhr



      :confused: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 23:01:19
      Beitrag Nr. 402 ()
      Kommentar


      Big Bang mit Folgen


      Von Jochen Hoenig, Handelsblatt


      Die Europäische Union stellt sich auf die schwierigsten Jahre ihrer gut 45-jährigen Geschichte ein. Die neue Verfassung soll die Verteilung der Macht in der Gemeinschaft sowie den Einfluss der Mitgliedstaaten auf die EU-Institutionen Ministerrat und Kommission regeln.











      Jochen Hoenig, Redakteur beim Handelsblatt

      HB DÜSSELDORF. Dieses Gerangel ist noch nicht abgeschlossen, da zieht bereits der nächste Verteilungskampf mit dunklen Wolken am Horizont auf. Nicht mehr 15, sondern nunmehr 25 Regierungen müssen sich bis 2006 auf eine neue Form der EU-Finanzierung sowie die Neuverteilung der EU-Gelder einigen. Die Auseinandersetzung um die Agenda 2000, bei der 1999 der aktuelle Finanzrahmen der Union beschlossen wurde, war im Vergleich zu dem, was auf die 25 nun zukommt, lediglich ein Schattenboxen.

      Verfassung und Finanzen werden einstimmig beschlossen. Da liegt es nahe, die Zustimmung zu einem Paket mit Forderungen bei einem anderen zu verknüpfen. Aus Polen kommen erste Signale, wonach man der Verfassung die Zustimmung verweigern wolle, wenn Warschau nicht das bekomme, was es verlange. Den Polen fehlt es nicht an Selbstbewusstsein: Das Land ist noch nicht EU-Mitglied, wagt es aber bereits jetzt, darüber nachzudenken, die Weiterentwicklung der EU möglicherweise per Veto zu blockieren.

      Die Beitrittsländer sind im nimmer endenden Brüsseler Verhandlungsmarathon also eine kaum kalkulierbare Größe. Die Alt-Mitglieder rätseln, wie sich die Mitarbeit der neuen auf die in über 40 Jahren entwickelte Kultur im Miteinander souveräner Staaten auswirken wird.

      Der Big Bang der Erweiterung um zunächst zehn Staaten ist eine historische Meisterleistung. Die Folgen der Schockwellen im Inneren der Gemeinschaft werden aber weit weniger Freude bereiten. Neue, vielschichtige Koalitionen entstehen. Zwischen die vertrauten Lager von großen und kleinen oder Nord- und Südstaaten schieben sich die mittelgroßen. Spanien und Polen zeigen dies im Kampf um die Gewichtung ihres Einflusses im Ministerrat. Bei der Verteilung der EU-Gelder finden der bislang größte Bezieher und der bald stärkste Nutznießer der EU-Förderpolitik wieder zusammen. Die EU wird sich künftig weniger mit der Außenwelt, sondern vornehmlich mit sich selbst beschäftigen.:( :rolleyes: :confused:


      HANDELSBLATT, Montag, 06. Oktober 2003, 07:42 Uhr
      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 23:04:41
      Beitrag Nr. 403 ()
      Verbraucherzentrale

      Mit Sicherheit falsch versichert

      Bundesbürger sind nach Ansicht der Verbraucherzentrale Sachsen nach wie vor häufig unvorteilhaft und zu teuer versichert.




      Viele Bürger hätten keine Haftpflichtversicherung, aber eine kostenintensive Kapital- statt einer Risiko-Lebensversicherung, keine Berufsunfähigkeits- aber eine Unfallversicherung mit unnötigen Zusätzen.

      Hinzu kämen lückenhafte Hausrat- oder Wohngebäudeversicherungen sowie teure Rechtschutzversicherungen. Im Schadensfall werde falscher Versicherungsschutz zum Existenzrisiko, warnen die Verbraucherschützer.
      Wer optimalen Versicherungsschutz haben will, sollte sich nach dem GAU-Prinzip dem Größten Anzunehmenden Unfall richten.



      Unfallversicherung: Goldgrube für die Assekuranz
      Das heißt: Zuerst gehören die Risiken Tod, Invalidität und Haftpflicht abgesichert. Den Todesfall sollten insbesondere junge Familien, in denen es nur einen Hauptverdiener gibt, absichern. Gleiches gilt für Bauherren, die jahrelange Kreditverpflichtungen eingegangen sind.

      Wer glaubt, mit einer Kapital-Lebensversicherung ausreichend vorgesorgt zu haben, irrt meistens. Das Todesfallrisiko sei bei diesen Verträgen in der Regel nur mit einer geringen Summe abgedeckt, berichtet die Verbraucherzentrale. Anders dagegen bei der Risiko-Lebensversicherung, an die kein Sparvorgang gekoppelt ist.

      Das Invaliditätsrisiko kann mit einer Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherung abgedeckt werden. Letztere sei allerdings eine „Goldgrube“ für Versicherer, meinen die Verbraucherschützer.

      Die Verbraucher ließen sich oft auf wenig vorteilhafte Extras ein wie Dynamik, Progression, Prämienrückgewähr, Übergangs-, Genesungs- und Tagegelder. Auf die wichtige Haftpflichtversicherung werde dagegen immer noch zu häufig verzichtet.

      (sueddeutsche.de/AP)
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 23:06:17
      Beitrag Nr. 404 ()
      Israelischer Luftangriff

      Ölpreis zieht deutlich an

      Nach dem israelischen Luftangriff auf Syrien ist der Ölpreis am Montag deutlich gestiegen.






      Neben der angespannten Lage im Nahen Osten habe der landesweite Streikaufruf von Gewerkschaften im größten afrikanischen Ölförderland Nigeria zu dem Preisantieg für das Schwarze Gold beigetragen, sagten Händler. Durch die angekündigte Förderkürzungen der OPEC herrsche am Markt ohnehin bereits Nervosität vor.

      In London wurden für die Nordseesorte Brent am Montag 29,07 Dollar (Euro) gezahlt. Dies waren 36 Cent mehr als am Freitag. Der Preis für die in New York gehandelte Sorte Light Sweet Crude stieg im elektronischen Handel um 40 Cent auf 30,80 Dollar.



      Rückgang der Nachfrage
      Die Öl-Notierungen waren bereits seit 14 Tagen im Steigen begriffen, da die OPEC Ende September eine Drosselung ihrer Ölförderquote um 3,5 Prozent auf 24,5 Millionen Barrel am Tag angekündigt hatte. Die OPEC will damit einen Preisverfall verhindern, da sie zu Anfang des kommenden Jahres saisonal bedingt mit einem Rückgang der Nachfrage rechnet.





      Wafra-Ölfeld in Kuwait.
      Foto: AP


      In diesem Jahr liegt der Durchschnittspreis bislang bei 27,84 Dollar, 2002 waren es im Schnitt 24,36 Dollar. Im zweiten Quartal betrug der durchschnittliche Ölpreis 25,85 Dollar, während es in den ersten drei Monaten unter dem Eindruck des Irak-Kriegs noch 30,55 Dollar waren. Die OPEC ermittelt den Durchschnittspreis aus sieben verschiedenen Sorten der Mitgliedsländer.

      Die Gewerkschaften in Nigeria hatten einen Streik für Donnerstag angekündigt, um gegen den erwarteten Preisanstieg des bislang subventionierten Benzins zu demonstrieren. Die Regierung will die Subventionen kürzen, was nach Meinung von Beobachtern zu einem Benzinpreis-Anstieg von zwölf Prozent führten könnte. Ein früherer Versuch im Juni die Subventionen zu beenden, hatte zu einem zehntägigen Streik und Massenunruhen geführt.

      (sueddeutsche.de/AP)
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 23:08:56
      Beitrag Nr. 405 ()
      USA

      Steuerflucht als Volkssport

      US-Unternehmen schleusen Milliarden am Fiskus vorbei. Oft müssen die Steuerbehörden dem Treiben hilflos zusehen.

      Von Andreas Oldag



      (SZ vom 07.10.03) - US-Präsident George W. Bush gerät wegen des wachsenden Budgetdefizits in die Bredouille. Das Minus im Staatshaushalt wird in diesem Jahr wahrscheinlich rund 450 Milliarden Dollar aufweisen. Die ausufernden Kosten für den Irak-Krieg haben ein tiefes Loch in die öffentlichen Kassen gerissen.

      Aber auch die Bundesstaaten ächzen unter der Ausgabenlast. Gleichzeitig müssen sie sinkende Steuereinnahmen verkraften.

      Hauptursache ist der Konjunkturabschwung. Die Unternehmen führen weniger Steuern an den Staat ab. Zudem spielt Steuerhinterziehung eine immer größere Rolle. US-Unternehmen schleusen Milliarden am Fiskus vorbei.



      Nicht nur Gesetzeslücken werden genutzt
      Experten sprechen von einer regelrechten „Kultur der Steuertricks“. So werden nicht nur Gesetzeslücken zwischen den Bundesstaaten aggressiv genutzt.

      Konzerne verlagern ihre Finanzgeschäfte in Steuerparadiese, wie beispielsweise die Bermudas und Virgin Islands. Alarmierende Zahlen veröffentlichte ein Report der „Multistate Tax Commission“, einer Organisation der US-Steuerbehörden: Danach verloren die US-Bundesstaaten 2001 insgesamt 12,4 Milliarden Dollar an Einnahmen durch ausgeklügelte Methoden der Steuerhinterziehung.

      Kein Zufall, dass der Bundesstaat Kalifornien in einer akuten Finanzkrise steckt, die sogar zu einer Regierungskrise geführt hat.

      Fachleute schätzen, dass der US-Steuerbehörde IRS jährlich 70 bis 100 Milliarden Dollar an Einnahmen verloren gehen. Firmen, aber auch vermögende Bürger schaffen ihr Kapital in die sicheren Fluchtburgen des Geldes. Steuerhinterziehung ist nicht nur in Europa, sondern auch in den USA zum Volkssport geworden. Tipps, wie man den Staat betrügt, werden mittlerweile im Internet verbreitet.



      Personalmangel
      Die IRS hat im vergangenen Jahr mehr als 82.000 Fälle von Steuerhinterziehung registriert. Aufgrund von Personalmangel konnte die Steuerbehörde jedoch nur bei 17.000 Verdächtigen Ermittlungen einleiten.

      Kritiker werfen der Bush-Regierung vor, nicht genügend zu tun, um die Erosion der Steuereinnahmen einzudämmen. Vor allem die Lobby der Großindustrie, Banken und Wirtschaftsprüfer hätten bislang schärfere Gesetze verhindert, heißt es. Staatsanwälte und Steuerfahnder agieren deshalb auf verlorenem Posten.

      Nach großen Mühen ist es immerhin vor kurzem einem US-Bundesgericht gelungen, ein Steuerberatungsbüro in Chicago dazu zwingen, die Namen von Hunderten von Klienten herauszugeben. Sie stehen in Verdacht, den Fiskus betrogen zu haben.



      Maßgeschneiderte Steuersparmodelle
      Außerdem hat die IRS jetzt mit 40 Bundesstaaten ein Abkommen über den Informationsaustausch bei Steuerbetrügereien vereinbart. Aufs Korn genommen haben die Ermittler die Wirtschaftsprüfer-Gesellschaften. Diese verdienen Millionen mit maßgeschneiderten Steuersparmodellen.

      Die Branche ist in Verruf geraten, weil renommierte Prüfer den Skandalfirmen Enron und Tyco halfen, Einnahmen zu verstecken und Bilanzen zu manipulieren.

      Die Wirtschaftsprüfergesellschaft Ernst & Young einigte sich nach US-Presseberichten mit der IRS auf Zahlung von 15 Millionen Dollar, weil sie Kunden zu illegalen Steuersparmodellen geraten hatte.

      Im Land der Anwälte und Gerichtsprozesse müssen die Wirtschaftsprüfer jetzt allerdings auch mit Schadensersatzklagen ihrer Klienten rechnen, weil ihnen falsche Zusagen über die „Sicherheit“ einer Steueroase gemacht wurden.

      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/111/19092/
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 23:24:00
      Beitrag Nr. 406 ()
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      Die Deutschen sind nicht faul

      :cool: ;)
      Warum eine längere Wochenarbeitszeit die wirtschaftlichen Probleme nicht beseitigt

      von Peter Hahne

      Berlin - Politiker und Wirtschaftsfunktionäre fordern, dass die Deutschen wieder pauschal länger pro Woche arbeiten müssen. Tarifexperten plädieren dagegen für lang laufende Zeitkonten und eine je nach unternehmerischer Anforderung flexible Wochenarbeitszeit


      Dass die Deutschen wieder mehr arbeiten müssen, um Wachstum und Beschäftigung anzukurbeln, gilt vielen Arbeitgeberfunktionären und Politikern inzwischen als Binsenweisheit. CDU-Chefin Angela Merkel will pauschal zurück zur 40-Stunden-Woche, ebenso Industriepräsident Michael Rogowski. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) stößt sich an den vielen Feiertagen, Siemens-Chef Heinrich von Pierer schlägt vor, samstags müsse in mehr Branchen zuschlagsfrei gearbeitet werden.


      Hinter allen Vorschlägen steckt die gleiche Logik: Weil die Löhne in der Praxis nach unten starr sind, muss ohne Lohnzuschläge länger gearbeitet werden, um die Kosten der Unternehmen zu senken und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Und weil die Politik sich schwerer tut als erwartet, die Lohnzusatzkosten zu senken, basteln Experten in Partei- und Verbandszentralen an anderen Strategien. Zum Befund "Freizeitweltmeister Deutschland" gesellt sich die Kritik an starren Flächentarifverträgen, die neben den Entgeltregeln die Unternehmen auch bei den Arbeitszeiten in ein viel zu enges Korsett zwängen.


      Doch die Kritik einiger Konzernlenker, Funktionäre und Politiker ist zumindest in einer oft zu pauschal vorgetragenen Form nicht ganz richtig. Denn betrachtet man nicht nur die tarifvertraglichen Wochenarbeitszeiten, sondern die tatsächlich geleisteten Stunden der Arbeitnehmer, arbeiten die Deutschen mit 36,1 Stunden nicht weniger, sondern mehr als der EU-Durchschnitt (35,5). Auf deutlich geringere Wochenarbeitszeiten kommen zum Beispiel die Niederländer (29,5) oder die Dänen (33,7).


      Damit ist allerdings nur das populäre Pauschalargument widerlegt, die Deutschen seien generell zu faul. Über die Kosten für die Unternehmen sagt diese Messgröße nichts aus, weil etwa die Niederländer mehr Teilzeit arbeiten. Die Deutschen wiederum leisten mehr bezahlte Überstunden.


      Umgekehrt kann aber auch das Argument nicht überzeugen, wonach ein zwingender Zusammenhang zwischen Arbeitszeit auf der einen und Wachstum und Beschäftigung auf der anderen Seite besteht. "Internationale Vergleiche zeigen, dass beschäftigungspolitisch erfolgreiche Länder die kürzesten tatsächlichen Arbeitszeiten haben", meint etwa Hartmut Seifert vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung.


      Der gewerkschaftsnahe Arbeitsmarktexperte verweist auf die Niederländer und die Dänen, die trotz geringerer Wochenarbeitszeit weniger Arbeitslose, dafür aber ein höheres Wirtschaftswachstum als die Deutschen verzeichnen. Umgekehrt müssen die Griechen mit einer Wochenarbeitszeit von durchschnittlich 39,4 Stunden eine der höchsten Arbeitslosenquoten in Europa hinnehmen.



      So lange die Produktivität hoch genug ist, kann auch in weniger Arbeitsstunden genug erwirtschaftet werden. Kritisch wird es, wenn die Unternehmen einem scharfen internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind, wie etwa in der Automobilindustrie. Das IW rechnet vor, dass das Wirtschaftswachstum 2004 von 1,5 auf drei Prozent verdoppelt werden könnte, wenn alle Arbeitnehmer eine Stunde pro Woche mehr arbeiteten - unter der Annahme jedoch, dass die mehr produzierten Güter und Dienstleistungen auch Abnehmer finden.



      Aber selbst in der Automobilindustrie wird eine längere Arbeitszeit nicht als Allheilmittel gesehen. Den Autokonzernen geht es mehr um eine hohe Auslastung der teuren Anlagen und damit vordringlich nicht um längere, sondern flexiblere Arbeitszeiten, um die Produktionsstraßen gegebenenfalls auch samstags und sonntags am Laufen zu halten.


      Just auf diesem Feld hat sich jüngst der ehemalige Regierungsberater und VW-Personalvorstand Peter Hartz als kreativ erwiesen. Hartz will in Wolfsburg die "demographische Arbeitszeit" einführen, ein Modell, das zum Vorbild für die gesamte Industrie werden könnte.


      Die Grundidee: Wer jünger und leistungsfähiger ist, arbeitet länger und spart diese Mehrarbeit auf Lebensarbeitszeitkonten an. Später können die Guthaben in Freizeit oder in Weiterbildungsansprüche umgewandelt werden. Der Charme liegt darin, dass das längst überkommene Konzept der Wochenarbeitszeit in ein Konzept "Lebensarbeitzeitkonten" umgewandelt werden könnte.


      Erste Schritte zu längeren Arbeitszeitkonten haben Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften bereits getan, die chemische Industrie hat sich mit Drei-Jahreskonten als Vorreiter erwiesen. Selbst das IW gibt zu, dass die tariflichen Arbeitszeiten in Deutschland deutlich flexibler geworden sind, "ehemals starre Wochenpensen sind passé", heißt es in einer Studie. Es geht also weniger darum, die Arbeitszeit zu verlängern, als darum die Tarifverträge für flexible Arbeitszeitmodelle zu öffnen.


      Artikel erschienen am 7. Okt 2003
      http://www.welt.de/data/2003/10/07/178967.html?s=2
      Avatar
      schrieb am 06.10.03 23:33:46
      Beitrag Nr. 407 ()
      Kommentar
      Aufgabe der Dollar-Bindung schadete Amerikas Wirtschaft


      Von William Pesek Jr., Kolumnist von Bloomberg News

      06. Oktober 2003 Eigentlich lag es nicht in der Absicht von Avinash Persaud, daß sich alle im vollen Konferenzsaal anwesenden Devisenhändler in ihren Stühlen winden würden. Aber genau das ist dem Direktor des GAM-Persaud Global Investment Fund gelungen.

      Seine Worte, die zu der Unruhe im Saal geführt haben, bezogen sich auf die Anleihemärkte: „Falls Asien seine Währungen vom Dollar abkoppelt und zu flexiblen Wechselkursen übergeht, werden die amerikanischen Anleiherenditen in die Höhe schießen“, erklärte Persaud auf einer Devisenmarkt-Konferenz in Singapur. „Steigende Anleiherenditen könnten die amerikanische Wirtschaft kreuzigen.“ Und schließlich auch die Weltwirtschaft.

      Asiatische Leistungsbilanzüberschüsse fließen in amerikanische Staatsanleihen

      Um der Argumentationsweise von Persaud zu folgen, muß man eigentlich nur eins und eins zusammenzählen. Das Ergebnis ist genauso überzeugend wie erschreckend. Vor allem fragt man sich, ob der amerikanische Finanzminister John Snow die Risiken wirklich abschätzen kann, die mit der Forderung verbunden sind, daß China und andere asiatische Länder ihre Währungsbindung an den Dollar aufgeben? Denn dieser Schritt könnte dem amerikanischen Anleihemarkt und der größten Volkswirtschaft der Welt sehr viel mehr Schaden zufügen als Nutzen bringen.

      Die asiatischen Währungsbindungen tragen weitaus mehr zur Finanzierung des amerikanischen Leistungsbilanzdefizits bei, als sich Washington bewußt ist, erklärt Persaud. Bedingt durch diese Dollarbindungen investieren asiatische Länder mehr als 90 Prozent ihrer über den Handel mit den Vereinigten Staaten, Europa und Japan erwirtschafteten Leistungsbilanzüberschüsse in Form von Währungsreserven in amerikanische Staatsanleihen Anleihen.

      Auflösung der Festkurse stürzt Amerika in eine Dollarkrise

      Die Zentralbanken asiatischer Staaten bestreiten alleine mehr als 40 Prozent der internationalen Käufe amerikanischer Staatsanleihen. Wenn die Länder Asiens ihre Währungen nicht mehr an den Dollar koppeln, würden die Währungsreserven in der Region auch nicht mehr länger steigen und in amerikanische Anleihen fließen. Folglich müßte dann wohl jemand anderes Amerika helfen, seine Wirtschaft zu finanzieren. Um ausländische oder auch inländische Käufer anzuziehen, müßten die Anleiherenditen allerdings merklich steigen.

      „Ein Anstieg der amerikanischen Anleiherenditen zum jetzigen Zeitpunkt würde die zögerliche wirtschaftliche Erholung auslöschen. Ein Kollaps des Dollars würde vor allem die europäischen und asiatischen Wirtschaften schwer belasten“, erklärt Persaud weiter. „Die Auflösung der Festkurse in den asiatischen Ländern wäre alles andere als ein Allheilmittel für die Probleme der amerikanischen Wirtschaft, stattdessen würde sie Amerika in eine Dollarkrise stürzen und die Deflationsgefahr in Europa und Asien verstärken.“

      Im Moment reagieren die asiatischen Staatschefs noch störrisch auf die Forderungen aus Washington nach einem flexibleren Wechselkurs. China, Hongkong und Malaysia halten eisern an ihrer Dollarbindung fest, während Japan erneut Yen verkauft, um einen Kursanstieg zu verhindern.

      In Asien sind Wechselkursbindungen - ob offizielle oder inoffizielle - die Norm. Japan und Korea beispielsweise steuern ihre Währungen aktiv, obwohl beide Länder offiziell einen „flexiblen“ Wechselkurs haben. Dies gilt insbesondere für Japan, das in der letzten Woche erneut Yen verkauft hat. Damit wurden die Märkte daran erinnert, daß man auch weiterhin die eigene Währung schwächen werde.

      Amerika sieht langfristige Auswirkungen nicht

      Die jüngsten Interventionen Tokyos dürften jegliche stillen Hoffnungen zunichte gemacht haben, daß es sich bei dem Aufruf der G7-Staaten vom 20. September für flexiblere Wechselkurse um einen weiteren Plaza Accord gehandelt haben könnte. Dieses im Jahr 1987 geschlossene Abkommen mit dem Ziel, den Dollar zu schwächen, hat Geschichte geschrieben. Mittlerweile ist klar, daß das G7-Statement im letzten Monat lediglich ein Lippenbekenntnis an die Vereinigten Staaten gewesen ist, die globalen Währungstrends nicht zu verändern.

      Das alles hat auch seine ironischen Seiten: Wenn die Bush-Regierung nach einer schnellen Lösung für die Schwierigkeiten an den Devisenmärkten sucht, wird sie möglicherweise daran denken, nach Währungsabwertungen in Asien zu rufen. „Größere Überschüsse in Asien würden den amerikanischen Anleihemarkt unterstützen“, argumentiert Persaud. In diesem Fall würde mehr Liquidität in das amerikanische Finanzsystem gepumpt werden.

      Andere hinterfragen jedoch, ob Amerika auch einmal über seine Kampagne „Asien-soll-seine-Währungsbindungen-lösen“ hinausgedacht hat. „Das Risiko besteht in den unbeabsichtigten Konsequenzen“, meint Gene Frieda, ein Stratege bei der Royal Bank of Scotland. Und Hon Cheung, Managing Director bei State Street Global Advisors, fügt hinzu: „Ich denke, der Markt spürt bereits, daß die Vereinigten Staaten derzeit mit dem Feuer spielen.“

      Wahltaktik kann nach hinten los gehen

      Asien sollte tatsächlich seine Währungen frei handeln lassen, damit die Märkte und nicht die Regierungen ihren Wert bestimmen. Snow und seine Leute im Finanzministerium sollten aber auch die möglicherweise zerstörerisch wirkenden Effekte einer Aufhebung der Dollar-Bindung asiatischer Währungen auf die amerikanischen Märkte in Betracht ziehen. In Anbetracht der näher rückenden Wahlen 2004 Arbeitsplätze in der verarbeitenden Industrie retten zu wollen, ist sicherlich ein guter politischer Schachzug, aber das heißt noch lange nicht, daß dies auch wirtschaftlich sinnvoll ist.

      „Veränderungen in den Wechselkursen führen letztlich zu keinen langfristigen Reparaturen der Wirtschaft“, meinte Persaud. „In Wirklichkeit wäre eine Zügelung des amerikanischen Konsums dringend erforderlich.“

      Die Asiaten fragen sich vor allem, ob die Dollarkorrektur, die die Investoren seit Jahren vorhergesagt haben, nun bevorsteht? Die japanische Zentralbank hat zwischen dem 28. August und dem 26. September eine Rekordsumme von 4,46 Billionen Yen (40,1 Milliarden Dollar) verkauft. Für das Gesamtjahr hat sich dadurch eine Gesamtsumme von 13,5 Billionen Yen addiert, die jüngsten Interventionen noch nicht miteingerechnet.

      Das Ausmaß der bisherigen Yen-Verkäufe ist „schockierend hoch“, meint Paul Donovan, Global Economist bei UBS Warburg. „Dies könnte bedeuten, daß der Dollar stärker angeschlagen ist, als wir denken.“

      Amerika braucht niedrige Zinsraten und höhere Steuern

      Es ist alles andere als klar, was Washington in diesem Zusammenhang nun zu unternehmen gedenkt. Das sorgt die Investoren am meisten. Die amerikanischen Zinsraten befinden sich bereits auf einem historischen Tief und das nationale Haushaltsdefizit wächst mit einem raschen Tempo. Die Investoren werden langsam nervös. „Der richtige politische Maßnahmenkatalog müßte dem der frühen Neunziger Jahre entsprechen, mit dem Amerika aus seinem letzten Doppeldefizit herausgekommen ist: niedrige Zinsraten und höhere Steuern,“ ist Persaud überzeugt.

      Da in den Vereinigten Staaten bald Wahlen anstehen, ist es wohl sehr viel einfacher, sich auf die Währungspolitik Chinas und der anderer asiatischer Volkswirtschaften zu stürzen. Aber wenn das Weiße Haus nicht vorsichtig ist, könnten diese Aktionen weitaus größere Probleme verursachen.

      Text: Bearbeitung: @thwi
      http://www.faz.net/s/Rub72B1B2E621EE41E6873F3331C2905F59/Doc…
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 13:27:57
      Beitrag Nr. 408 ()
      EURO/ US $: 1,18 erreicht! 1,1932 kaum vermeidbar
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      EURO/ US $: 1,1795





      Kurzdiagnose: Das EURO/ US$ Kursverhältnis zieht wieder enorm stark an und übertrifft das Hoch der letzten Woche. In der Spitze wurden soeben 1,18 erreicht. Ein Anstieg bis 1,1932 ist charttechnisch kaum zu vermeiden. Selbst dieser Kurs muß nicht das Ende der Fahnenstange sein.

      Tageschart (log-IT):





      Chart erstellt mit Tradesignal von Technical Investor
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 13:29:58
      Beitrag Nr. 409 ()
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 15:59:18
      Beitrag Nr. 410 ()
      7.10.03 Angst vor einem Dollar-Crash wächst

      Duisenberg warnt vor zu schneller Abwertung - Experten erwarten keine EZB-Intervention


      von Anja Struve

      Frankfurt/Main - Warnungen vor einer zu schnellen Dollar-Abwertung haben am Montag die Diskussion über mögliche Devisenmarktinterventionen der Europäischen Zentralbank (EZB) neu angefacht.

      "Wir hoffen und beten, dass die Anpassung, die unvermeidbar ist, langsam und schrittweise vonstatten geht", sagte EZB-Präsident Wim Duisenberg der spanischen Wirtschaftszeitung "Expansión". "Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um es langsam und schrittweise geschehen zu lassen." Gleichzeitig sprach auch Bundesfinanzminister Hans Eichel vor einer "zu schnellen" Entwicklung bei den Wechselkursen. ... (Welt, 7.10.03)




      Kommentar: Früher oder später wird der Dollar Crash kommen – und je länger es dauert, je größer das Handelsbilanzdefizit der USA wird, umso massiver wird die Krise werden. Dabei wurde der ganze Börsenaufschwung bis zum Jahr 2000 zum guten Teil nur durch einen künstlichen Dollaranstieg angestoßen. Das alles änderte jedoch nichts an der bitteren Realität, die besagt, daß dieses System dem Ende entgegengeht.

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      Exportmotor soll 2004 wieder brummen


      Wirtschaftsverbände erwarten im neuen Jahr ein deutliches Anziehen der Exporte. Neben der Konjunkturlokomotive USA soll China die deutsche Wirtschaft in Schwung bringen.

      HB BERLIN. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rechnet im kommenden Jahr mit einem Zuwachs der Exporte von 5 Prozent, nach lediglich 2 Prozent 2003. Bei anziehender Weltwirtschaft richteten sich die Hoffnungen vor allem auf die USA, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben am Montag in Berlin: „Durch umfassende Zinssenkungen und Ausgabenerhöhungen dürften die USA 2004 in die Rolle einer „gedopten“ Konjunkturlokomotive schlüpfen.“

      ... (Handelsblatt.com, 6.10.03)




      Kommentar: Wieder die üblichen zweckoptimistischen Parolen. Jedes jahr heißt es wieder. „Nächstes Jahr geht`s aufwärts...“. Wenn dann wieder nichts passiert, dann wird auf das übernächste Jahr vertröstet usw. Gerade der Export wird im Zuge einer weltweiten Krise völlig zusammenbrechen – und damit auch die deutsche Wirtschaft.


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      5.10.03 Der Schein vom schönen Leben





      Um sich neue Möbel, Mobiltelefone oder den Urlaub leisten zu können, sind immer mehr junge Leute bereit, Schulden aufzunehmen. Die Kreditgeber freuen sich - und machen agressiv Werbung.

      Von Thomas Öchsner

      Ratenkredite hatten früher ein Schmuddelimage. Den Kühlschrank, ein Auto oder eine Einbauküche auf Pump zu kaufen, galt als verpönt. Fachleute sprachen von dem „sozialpsychologischen Mangel“ bei Ratenzahlungen. Dieses Image hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. In weiten Bevölkerungskreisen gilt es inzwischen als ganz normal, für einen besseren Lebensstandard Schulden aufzunehmen.




      Das Geschäft mit Konsumentenkrediten floriert. Die klassische Regel, nur vorhandenes Geld auszugeben, gerate zunehmend aus der Mode, stellte die Hamburger Wirtschaftsauskunftsdatei Bürgerl jüngst in einer Studie fest. Vor allem Konsumartikel und Autos sowie neuerdings auch immer mehr Urlaubsreisen werden scheibchenweise bezahlt.




      Dieser Trend zur Ratenzahlung lässt sich auch statistisch nachweisen. Seit Ende der achtziger Jahre hat sich das Volumen der Konsumentenkredite nach Angaben der Deutschen Bundesbank auf knapp 230 Milliarden Euro (Stand: Juni 2003) mehr als verdoppelt.




      Allein zwischen 1997 bis 2001 wuchs der Anteil der Haushalte, die Konsumentenkredite abstottern müssen, von 18,8 auf 22,4 Prozent, so das Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Im Durchschnitt muss demnach jeder verschuldete Westdeutsche 207 Euro im Monat abstottern – Baukredite nicht mitgerechnet. (SZ, 1.10.03)




      Kommentar: Die meisten Bürger haben noch gar nicht realisiert, welches Risiko Schulden darstellen. In der kommenden Deflationskrise werden dann Millionen von Menschen mittellos sein. Schulden lohnen sich im Prinzip nur dann, wenn sie innerhalb sehr kurzer Zeit abbezahlt werden können und sich der gekaufte Gegenstand, z.B. Haus, im Wert steigert, sowie man in wirtschaftlich sicheren zeiten lebt. Ist dies alles nicht der Fall, so wie heute, so sind Schulden geradezu eine Todefalle.



      Kommentare v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 16:22:58
      Beitrag Nr. 411 ()
      http://www.dieterb.de/newmoney/texte/Margreiter_Schuldenauto…

      Die Replik zur Creutz`schen Kritik an meiner Darstellung
      "Die Schuldenautomatik"


      Gerhard Margreiter
      Creutz schreibt folgendes (in Courier):
      Meine Gegenposition blau (in Arial).



      Und zur Grafik "Schuldenautomat" von Gerhard Margreiter:

      Diese auf den ersten Blick optisch und farblich sehr ansprechende Grafik ist in ihrer inhaltlichen Aussage jedoch äußerst fragwürdig und in vieler Hinsicht irreführend. Das gilt nicht nur für die wieder fehlenden Größenbezüge zur Wirklichkeit, sondern auch für die dargestellten Abläufe. So fällt z.B. auf,

      - daß es in der Grafik überhaupt keine Verbindung zum eigentlichen Geldkreislauf in der Wirtschaft gibt und die Schulden anscheinend in sich selbst kreisen,


      Es gibt im derzeitigen System keinen Geldkreislauf, denn Geld (Buchgeld) wird mit jeder Schuldenrückzahlung von der Bank gegen die Schuld gebucht und verschwindet dabei ersatzlos. Sollte eine Schuld ausnahmsweise mit Bargeld beglichen werden, so sind dies zwei Buchungen: 1. Umwandlung von Bargeld in Giralgeld und 2. Vernichtung des Giralgeldes durch Rückzahlung. Das Bargeld verbleibt der Bank zwar im Tresor und wartet auf Verwendung - dient also der Wirtschaft nicht. Gibt es keine Nachfrage für das Bargeld, retourniet die Bank es an die Zentralbank, womit es ebenfalls verschwindet. Die Giralgeldvernichtung ist in der Graphik durch das Verschwinden im Untergrund dargestellt. Das verschwundene Buchgeld kann - bei Nachfrage - von der Bank neu erschaffen werden, aber dies muß nicht zwangsläufig geschehen.
      - daß die Schulden aus einem `unterirdischen Schuldensumpf` hochgepumpt werden in den sie mit den Tilgungen auch wieder zurückfließen, und dabei lediglich ein kleiner Teil jedesmal in ein `Sparbassin` fließt, um sich dort anzusammeln,

      Trotzdem wird das Bassin immer voller und voller, weil kaum etwas davon in den "Geldkreislauf" zurückfließt (dies wäre "Entsparen"). Spareinlagen sind gehortetes Buchgeld (stehen in der Buchhaltung der Banken). Dem gegenüber stehen die etwas höheren Kreditforderungen der Banken (welche nicht in der Graphik erscheinen, sondern nur in deren Buchhaltung, und auch die Wirtschaft nicht beleben). Bankaktiva werden von niemandem als Zahlungsmittel verwendet.
      - daß diese dargestellte Schuldenpumpe demnach so lange laufen kann, bis der `Sumpf` leer ist und es nur noch Ersparnisse gibt, was zwar eine äußerst erfreuliche aber kaum realistische Entwicklung sein dürfte,

      Der "Sumpf" ist unbeschränkt. Es gibt keine absolut größte Zahl und in einer Buchhaltung man kann immer noch etwas dazuschreiben. Wie bereits ausgeführt, stehen den Sparkonten die Kreditforderungen der Banken gegenüber, welche per se aber der Wirtschaft nicht dienen (genausowenig wie die Sparguthaben).
      - daß bei einem solchen Umfüllen von einem Behältnis in ein anderes der Begriff `schöpfen` (= umschöpfen) durchaus akzeptabel ist, aber nicht im Sinne einer Schöpfung aus dem Nichts, und schließlich noch,

      Bei der Buchgeldschöpfung der Banken handelt es sich praktisch um eine Schöpfung aus dem Nichts. Es ist dazu nur ein Buchungsvorgang (Kreditvergabe oder Aktienkauf) erforderlich. Die Forderung der Banken nach einer Sicherheit stellt eine gewisse Beschränkung der Schöpfungsmöglichkeit dar, bei Staatsschulden wird aber von Banken nie eine Sicherheit verlangt. Die Abdeckung des geschaffenen Buchgeldes durch 2% Notenbankgeld stellt kein wirkliches Problem dar, wenn man weiß, daß die Notenbank marktfähige Papiere (also Staatspapiere), welche Geschäftsbanken gegen Giralgeld kaufen, jederzeit voll in Notenbankgeld verwandelt.
      - daß der dargestellte Ablauf, nach dem die Schulden den Ersparnissen vorausgehen, die tatsächlichen Gegebenheiten auf den Kopf stellt.


      Kaum jemand spart heute dadurch, daß er Bargeld zur Bank bringt (vielleicht noch ein paar Schulkinder). Jeder, der spart, erteilt einen Abschöpfungsauftrag oder bucht einfach von seinem Gehaltskonto etwas auf ein Sparkonto. Dabei fließt kein Bargeld. Daß dafür solches erforderlich wäre, ist ein Creutz`sches Märchen. Buchgeld aber entsteht primär durch Kreditvergabe der Bank, was Creutz trotz langjährier Beschäftigung mit der Materie einfach nicht wahrhaben will, obwohl es von den Banken selbst und auch den Zentralbanken offen zugegeben wird.
      Dabei ist der gesamte Geldkreislauf einschließlich der Kreditentwicklungen ganz einfach zu beschreiben und auch nachzuvollziehen, wenn man den Abläufen, unter Beachtung der realen Größen, einmal nachgeht:

      So werden z.B. in Deutschland, basierend auf den von der Bundesbank ausgegebenen und immer wieder erneut revolvierend eingesetzten 250 Mrd DM Bargeld, im Laufe eines Jahres volkswirtschaftliche Leistungen von rund 4.000 Mrd DM erzeugt, aus denen ein Volkseinkommen von 2.900 Mrd und ein verfügbares Haushaltseinkommen von 2.500 Mrd resultiert. Aus diesem Einkommen zweigen die Haushalte wiederum etwa 250 Mrd DM Ersparnisse ab, die von den Banken über Kredite wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück geschleust werden. - Bei einer Kreditvergabe fließt heute nur in Ausnahmsfällen (später) Bargeld. Der erste Schritt ist immer die Schaffung des entsprechenden Buchgeldes mit Hilfe der Buchhaltung der kreditgebenden Bank. Aufgrund des zuerst geschaffenen Buchgeldes entsteht zwar ein Anspruch auf Bargeld, der aber heute kaum genutzt wird. Dieser Ablauf ließe sich durch die Erlernung der Buchhaltungsregeln leicht nachprüfen. - Im Umfang dieser Ersparnisbildungen und Kreditvergaben wachsen dann die Geldguthaben und Schulden ebenso an, wie im Umfang der Käufe der Konsum, die Gebrauchsgüter und die Investitionen in der Wirtschaft.


      Daß in der Bankbilanz Aktiva (vor allem vergebene Kredite) und Passiva (Forderungen gegen die Bank) in etwa übereinstimmen müssen, ist eine Voraussetzung für des Überleben der Bank. Die Bilanz zu einem bestimmten Zeitpunkt gibt Aufschluß über die Situation. Der Differenzbetrag zwischen Aktiva und Passiva versteckt sich in den Rückstellungen. Daraus etwas über den zeitlichen Ablauf (was war zuerst da?) ablesen zu wollen, ist blanker Unfug. Sind die Passiva deutlich größer als die Aktiva (etwa nach Bereinigung fauler Kredite), dann ist die Bank eigentlich bankrott.
      Daß dabei die Entwicklungen im Bereich der Guthaben und Schulden rascher zunehmen als die realen Werte in der Wirtschaft, und daß die Ursache dieser Überentwicklung im Zins- und Zinseszinseffekt liegt, darin sind wir uns sicher alle einig. Wahrscheinlich sind wir uns auch einig, daß zur Überwindung dieses Problems nur eine Absenkung der Zinsen helfen kann und daß diese Absenkung nur durch eine Umlaufsicherung des Geldes möglich sein wird. Darum sollten wir auch mit unseren gemeinsamen Bemühungen an diesem Punkt ansetzen und unsere Kräfte nicht in nebensächlichen oder unrealistischen Theoriefeldern vertun.

      Die Ursache ist darin zu suchen, daß Geld heute fast ausschließlich nur als Bankkredit in die Wirtschaft kommt, und auch dies nur bei entsprechender Nachfrage. In Japan gibt es eine Depression, die trotz der Tatsache, daß die Zentralbank keine Zinsen für Zentralbankgeld verlangt, nicht überwunden werden kann, weil die Nachfrage nach Krediten von Seiten der Wirtschaft und der Privaten, trotz Minimalstzinsen, wegen der allgemeinen Wirtschaftlage nicht ausreichend ist. Nullzins garantiert keine Kreditnachfrage, auch nicht im Falle einer Umlaufsicherung. Nur die Veränderung der Ausgabeart von Geld (also Freigeld nach Gesell ohne Verschuldungsverpflichtung undabhängig von den Erwartungen der Wirtschaftstreibenden) löst den gordischen Knoten, nicht jedoch die Umlaufsicherung per se. Dies ist auch bei Gesell nachzulesen.
      Gerhard Margreiter
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 16:25:12
      Beitrag Nr. 412 ()
      Planskizze des Kreditgeldsystems: Geld"kreis"lauf
      Liebe NewMoney-Denker!


      Die Planskizze soll einmal dazu dienen, zu zeigen, daß es unter
      Kreditgeldbedingungen gar keinen Geldkreislauf gibt, sondern daß dieser durch
      andauernde Geldvernichtung (Absinken in den Untergrund), durch Hortung (Transfer
      in das Sparbassin (eventuell Bargeldhortung)) und die dadurch resultierende
      Notwendigkeit einer Neuschöpfung (Kreditpumpe) unterbrochen ist.

      Nur fließendes Wasser treibt die vier Mühlräder (Realwirtschaft) an.
      Was in der Physik der Schwerkraft als der die Flüsse treibende Kraft entspricht,
      ist in der Wirtschaft der Hang zuerst zum Überleben, dann zur Wunscherfüllung
      bis hin zur MAcht- und Gelddier..

      Die Menge des Wassers oberhalb der Erdoberfläche (umlaufendes und gehortetes
      Geld) muß dem Hohlraum (Schulden) unten entsprechen.

      Was ich aber inbesonders mit diesem Fließdiagramm vor Augen führen will, ist,
      daß unter Kreditgeldbedingungen eine permanente Kreditausweitung
      (Schuldenvergrößerung) erforderlich ist, damit die Wirtschaft akzeptabel
      funktioniert (alle vier Mühlräder in Betrieb sind).
      Die zeitliche Differenz zwischen der Schöpfung duch Kredit(pumpe) und dem
      späteren Abfließen als Rückzahlung PLUS Nettozinsen ist natürlich dabei
      entscheidend. Inzwischen kann das Kreditgeld positiv wirken, braucht aber dann
      eine noch höhere Kreditnahme zur Kompensation des Abgeflossenen. Die Pumpe muß
      immer kräftiger betätigt weden.
      Was in einem statischen Diagramm schwer sichtbar zu machen ist, ist die
      Abhängigkeit der Schachtdurchmesser, durch die Geld aus dem "Kreislauf"
      verschwindet, von der Größe der Schuld (Hohlraum unen) und die Abhängigkeit der
      Leistung der Zinsenpumpe von dem Volumen der Sparguthaben (dem Bassininhalt)..

      Man könnte auch noch sagen, daß das Wasser im Falle einer Rezession/Depression
      sehr viel dickflüssiger und sirupartiger wird
      (Umlaufgeschwindigkeits-Überlegungen) als in der Konjunktur, wenn die
      Kreditpumpe fleißig bedient wird.

      Ich habe inzwischen meine Planskizze noch verbessert.
      Was ich mit dem Graphikprogramm PowerPoint leider noch nicht wirklich
      zusammenbringe, ist die richtige Blaufärbung aller Bereiche in denen Wasser
      FLIESST.
      Ich erlaube mir aber die verbesserte Version nochmal zu versenden.

      Gruß
      Gerhard Margreiter






      http://www.dieterb.de/newmoney/texte/Planzskizze_Margreiter.…

      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 16:29:20
      Beitrag Nr. 413 ()
      Wie schwer erkrankt allerdings das als "Werte-GEMEINschaft" bezeichnete Globale Dorf ist, läßt sich leider erst an den im folgenden kurz geschilderten Verlautbarungen und Entscheidungen unserer "Führungs-Elite" erkennen:

      -- Deutsche Schulen müssen künftig aufgrund einer bizarren Entscheidung der "EU-Wettbewerbshüter" Lehrmaterial europaweit ausschreiben - weiteres Wachstum der alles lähmenden, kostenverursachenden Bürokratie. ("EU schickt Bücher auf Reisen", Westfalenpost 12.09.03).
      .....
      -- BDI-Präsident Michael Rogowski erwartet durch die VerLÄNGERung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde die Schaffung von 60.000 neuen Stellen. Den gleichen Effekt erhoffen sich aber auch bekanntlich die Gewerkschaften durch VerKÜRZung der Arbeitszeit. Derselbe hochwohllöblich-zwielichtige Herr Rogowski ist außerdem "Berater" des undurchsichtigen US-Rüstungs-Investors Carlyle und hat den Verkauf von HDW (wo Super-U-Boote gebaut werden) an ein französisches Unternehmen zugunsten von Carlyle verhindert. (Der Goldmarkt 19/2003).

      -- Professor Dr. Dr. Karl Lauterbach, der "Mann mit der Fliege" und Vorsitzender einer der zahlreichen Schröder-BRD-Kommissionen, hat anläßlich eines Unilever-Symposiums für den Verzehr von Becel pro-activ-Margarine geworben, da sich so durch den Rückgang an Herzkrankheiten 1,3 Milliarden Euro einsparen ließen. "...es bleibt ein ranziger Nachgeschmack, hoffen wir, daß der deutschen Bevölkerung demnächst nicht Margarine per Dekret aufs Butterbrot geschmiert wird.", so der einschlägige Kommentar im Deutschen Ärzteblatt vom 12.09.03.

      -- Lachen ist nicht mehr erlaubt; zumindest auf kanadischen Pässen dürfen die Paßinhaber in Zukunft nicht mehr lächeln, geschweige denn lachen. Ernste Gesichter sollen dem Sicherheitspersonal nämlich das Erkennen von Paßinhabern erleichtern. ("Kanadier dürfen auf Passfotos nicht lachen", Westfalenpost 28.08.03).

      Überhaupt sollten die Menschen in unseren (nicht von TOKO) hochgelobten "freiheitlichen Demokratien" das Lachen langsam einstellen, denn der `Große Bruder` hat jeden von ihnen im Visier. Demnächst sollen (zunächst) die Autos mit einem Mikrochip ausgestattet werden, der es ermöglicht, 47 (=11!) einprogrammierte Verkehrsvergehen an einen Zentralrechner zu melden und den KFZ-Besitzer zu ermitteln. Stationäre oder mobile Geschwindigkeitsmessungen werden so überflüssig. ("Der Spion merkt sich jeden Regelverstoß - Elektronische Überwachung per Mikro-Chip im Auto bald möglich", Westfalenpost 26.08.03.).

      -- "Es besteht das Risiko, daß jeder Fahrer, so sicher er auch steuert, in einen Kriminellen verwandelt wird", so der britische Verkehrs-Experte Tim Yeo.

      In die Reihen der potentiellen Kriminellen haben neben den Autofahrern in jüngster Zeit Angehörige zahlreicher weiterer gesellschaftlicher Gruppen ohne Rücksicht auf die individuelle Person per Gesetz bzw. Erlaß Aufnahme gefunden, beispielsweise Hundebesitzer, Jäger und Schützen, Flugreisende, Bargeld-Besitzer (die nicht wie die Organisierte Kriminalität über eigene Banken verfügen, und die den Geschäftsbanken kein Vertrauen schenken), ja selbst die noch verbliebenen ehrlichen Steuerzahler, denen seitens der geistigen Erben von Herman Geßler (seines Zeichens einmal Steuereintreiber der Habsburger für Schwyz und Uri) zunächst einmal grundsätzlich Steuerhinterziehung unterstellt wird. Gehen die heutigen Herrscher bei ihrem Handeln gegen die Interessen ihres Volkes von der Annahme aus, daß Wilhelm Tell keine Nachkommen mehr hat, und daß ihre Überwachungs- und Repressionsmethoden ihnen ausreichend Schutz bieten?

      -- Die Zahl der "akustischen Wohnraumüberwachungen" in der BRD hat sich im vergangenen Jahr verdoppelt. ("Doppelt so viele Lauschangriffe", Westfalenpost 12.09.03).
      .....
      -- OFFIZIELLES Ergebnis der Landtagswahl: CSU=60,7%, SPD=19,6%, Grüne=7,7%.

      -- RICHTIGES Wahl-Ergebnis: Stimmberechtigte Wähler=57,8%, Stimmberechtigte Nichtwähler=42,2%, d.h. CSU=35,1%, SPD=11,33%, Grüne=4,45%.
      .....

      http://www.toko-hagen.de/kompass/030926.htm
      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 16:30:22
      Beitrag Nr. 414 ()
      Mehr als 23 Milliarden TEURO für den Papierkrieg


      In einer kürzlichen »Panorama«-Sendung wurden die Verwaltungskosten im Gesundheitswesen unter die Lupe genommen. Danach ließen sich die Krankenkassen ihre Bürokratie im Jahre 2002 rund 8 Milliarden Euro kosten.

      Die Krankenhäuser kamen auf 4 Milliarden, der Papierkrieg der Krankenhausärzte verschlang ca. 3,5 Milliarden, der der niedergelassenen Ärzte und Zahnärzte 7 Milliarden. Das i-Tüpfelchen lieferten die Kassenärztlichen Vereinigungen mit Kosten von rund einer Milliarde Euro.
      Damit wurden mehr als 23 Milliarden Euro für diese Ausgaben verbraten.

      Statt diesem Verwaltungs-Moloch mit seinen Glas-Betonpalästen, Vorständen, Aufsichtsräten und Papierkriegern zu Leibe zu rücken, zieht man uns Versicherten und allen Kranken mit der sogenannten »Gesundheitsreform« immer höhere Beiträge und den letzten Cent aus der Tasche.

      Es wird wahrlich Zeit zum Aufräumen in diesem System!

      http://www.fkun.de/UN-Nachrichten/UN-Aktuell/index.htm
      http://www.miprox.de/News.html
      :confused: :(
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 16:34:27
      Beitrag Nr. 415 ()


      Datenquelle: http://www.bmgs.bund.de/deu/gra/datenbanken/stats/stb03_3596…


      Gibt es überhaupt einen Zusammenhang zwischen einer hohen Sparquote der Privaten und niedrigem BIP ? Also zumindest für die BRD meine ich sagen zu können das nicht:

      Vielleicht vereinfache ich die Sache auch, aber ausgehend von obigem Bildchen und meinem Verständnis der Sache (was allerdings nichts heißen soll) würde die Sache ins Leere laufen. Andererseits würde die vermehrte "Rückgabe" der gebunkerten "Schuldscheine" mehr Teilnehmern ermöglichen, die gerade fälligen Kredite zumindest z.T. zu beglichen. Das würde dann vielleicht "Luft" schaffen, wieder die vielfach zitierten "new Credits" aufzunehmen. Wenn "sie" das denn überhaupt machen würden. Möglicherweise fällt es dem ein oder anderen auch ein, einfach erst mal seine kompletten Schulden zurückzubezahlen –davon gibt es ja durchaus reichlich- womit auch noch die Erparnisse "verschwinden" würden, so daß der "Stimmulierungseffekt" eher bescheiden wäre. Kommen dann keine "neuen" hinterher, bringt das Ganze gar nichts.

      Mal abgesehen davon, daß ich dann auch noch dafür bestraft werde, daß ich es tatsächlich geschafft habe, nach allen möglichen Steuern und Abgaben ein kleines Polster aufzubauen.

      Falsche Sicht der Dinge ? Vereinfacht wohl schon, aber prinzipiell meine ich Nein.

      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 16:39:59
      Beitrag Nr. 416 ()
      Crash auf Bestellung?


      Eigentlich ist ja der September der statistisch schlechteste Börsenmonat im Jahr. Die großen Katastrophen passieren hingegen stets im Oktober. Aber nur dann, wenn sie passieren. Wie 1929, 1932, 1987, 1998 ... (sowie von März 2000 bis März 2003, einem Zeitraum, in dem jeder Monat entweder ein September oder ein Oktober war ...)

      Gegenwärtig scheinen alle Kaninchen dieser Welt auf die Schlange im Dollarzeichen zu blicken. Und dann macht es "Klack-klack, Zack-zack, Hopp-auf – und fertig." So schnell ist der Dollar verkauft. Per Kasse, auf Zeit, per Termin, Hauptsache weg, weg, weg. Und wer es nicht mehr schafft, ihn zu verkaufen, der verschenkt ihn eben. Everything must go! Everything must go today!

      Da ich sowieso der Meinung bin, dass man die Börsen emotional besser begreifen kann als mit dem Verstand, lehne ich mich in derartigen Momenten zurück und lege eine schöne CD ein. Beispielsweise "My September Symphony" von den Pet Shop Boys. Wenn dann süßlich weich der Gesang daherkommt, "So much confusion – when autumn comes around – uuh, huuh, huuh, huuh", und gleichzeitig die Blätter von den Bäumen fallen, dann fühle ich mich richtig wohl. Noch ein Spaziergang in klarer, kalter Luft, und dann bin ich fest der Meinung, dass die Börsenjahreszeiten diametral entgegengesetzt zu den Jahreszeiten der Natur verlaufen.

      Ich meine damit: Wenn nicht alles täuscht, dann haben wir jetzt an den Börsen keine Zeit des Erntens wie in der Natur, sondern eine Zeit des Säens. Die Ernte hätte bereits im Sommer eingebracht werden müssen. Jetzt können wir hingegen schon an das Ausbringen der nächsten Saat denken. Denn alle "Finanzprofis" sind durch die Bank der Meinung, dass die Aktien ihre Baisse beendet haben, der Dollar jedoch weiterhin stark abwerten wird.

      Als unendlicher Dickschädel und Querkopf kann ich derartig verfestigten Markterwartungen nur mit Spott und eigenen Aktionen begegnen. Wenn alle Welt erwartet, dass die notwendigen wirtschaftlichen Anpassungen über einen Dollarverfall passieren wird, und die Aktienkurse dabei weitgehend ungeschoren davonkommen, kann es dann nicht sein, dass es vielleicht genau umgekehrt verläuft? Dass es nicht die Wechselkurse, sondern Vermögensabwertungen bewerkstelligen werden, dass sich die weltweiten Leistungsbilanz-Ungleichgewichte letztlich wieder in Richtung auf das Gleichgewicht bewegen.

      Im Moment traue ich mich natürlich noch nicht, den Dollar anzufassen. Dazu sind die Erwartungen zu verhärtet. Doch spätestens, wenn weltweit in den Überschriften der endgültige Crash des Dollars proklamiert wird, wird es Zeit, zuzufassen. Und welche inhaltliche Argumentation für mich dahinter steht, werde ich an dieser Stelle beschreiben, wenn meine "Welt am Sonntag"-Kolumne vom Wochenende durch ist.


      berndniquet@t-online.de
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 16:45:27
      Beitrag Nr. 417 ()
      Das Drama des palästinensischen Volkes - Ursachen und Folgen aus unterschiedlicher Sicht

      .....
      Als Gegengewicht zu der weitgehend einseitigen Berichterstattung, die palästinensische Vergeltungsmaßnahmen in vorgegebener gemeinsamer Sprachregelung gewöhnlich als »Terror« und die israelischen Angriffe und Zerstörungen als »Verteidigungsmaßnahmen« bezeichnet, veröffentlichen wir nachstehend einige der Anklagen und Vorwürfe aus palästinensischer Sicht. Sie wurden aus palästinensischen Internetseiten entnommen, die im Rahmen der weltweiten Meinungszensur bezeichnenderweise Mitte April 2002 gesperrt wurden:




      http://www.fkun.de/UN-Dateien/PDF/Stundenplan/splan_33.pdf

      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 16:50:42
      Beitrag Nr. 418 ()
      Titel
      jW-Bericht

      Ein wenig Bewegung

      Weiter Widerstand in den großen Parteien gegen Herzog-Konzept und Hartz-Gesetze


      Trotz eindringlicher Appelle der Parteispitzen zur Geschlossenheit gehen die Proteste innerhalb der Union und der SPD gegen die Pläne zur faktischen Abschaffung der sozialen Sicherungssysteme weiter. Die CDU-Sozialausschüsse präsentierten am Montag kurz vor der Präsidiumssitzung der CDU in Berlin ein Gegenkonzept zu den Vorschlägen der Herzog-Kommission. Sie forderten darin die Einbeziehung aller Arten von Einkommen, also auch der von Beamten, Freiberuflern sowie der Mieteinnahmen, in die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der von der Herzog-Kommission und Parteichefin Angela Merkel vertretene Umstieg auf eine einheitliche »Kopfprämie« wird in dem Papier abgelehnt. Ferner wird ein Solidarausgleich zwischen GKV und privaten Krankenkassen gefordert. »Die Erosion der Einnahmebasis der GKV macht mehr Solidarität notwendig«, heißt es in dem Papier zur Begründung. Der von der Herzog-Kommission ebenfalls vorgeschlagenen Ausstieg aus der beitragsfinanzierten gesetzlichen Pflegeversicherung wird ebenfalls abgelehnt. Auch der frühere Bundesarbeitsminister und stellvertretende CDU-Vorsitzende Norbert Blüm, der als Erfinder der Pflegeversicherung gilt, kritisierte die Empfehlungen der Herzog-Kommission. Blüm sagte dem Tagesspiegel vom Montag, die Kommission schlage einen Ausstieg aus dem Solidarsystem vor und konzentriere sich weitgehend auf den Geldbeutel des Versicherten. Um mächtige Anbieter hingegen mache sie dagegen »leise die Kurve«. Offenbar gehe man davon aus, daß die CDU bis 2010 in der Opposition bleibe. Sollten die Vorschläge CDU-Programm werden, »wären sie dazu eine wichtige Hilfestellung«, sagte er weiter. Auch der CSU-Sozialexperte Horst Seehofer zeigte sich am Montag nach eigenem Bekunden »schockiert« von den Herzog-Plänen und forderte die CDU-Spitzengremien auf, sie keinesfalls zu übernehmen. Ein Strategietreffen der Sozialminister der unionsregierten Länder am Montag in München brachte keine Ergebnisse. Man verständigte sich lediglich darauf, bis Ende November eine gemeinsame Position zur Zukunft der sozialen Sicherungssysteme vorlegen zu wollen. Die bayrische Sozialministerin Christa Stewens hatte zuvor ihre Kritik an den Herzog-Vorschlägen bekräftigt. Parteichefin Angela Merkel räumte am Nachmittag nach einer CDU-Vorstandssitzung in Berlin ein, daß es über das Herzog-Konzept kontroverse Diskussionen gegeben habe und zwei Vorstandsmitglieder dagegen gestimmt hätten.

      Auch in der SPD gehen die Auseinandersetzungen weiter. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Wilhelm Schmidt, versprach am Montag den Kritikern der Arbeitsmarkt»reformen« Entgegenkommen. Er sei ziemlich sicher, daß es »einige Änderungen gibt« Die SPD-Fraktion werde sich in den nächsten Tagen mit den Korrekturvorschlägen, die rund 30 Abgeordnete eingereicht hätten, teilte SPD-Fraktionsvize Michael Müller mit. Auch SPD-Generalsekretär Franz Müntefering signalisierte Gesprächsbereitschaft, lehnte es aber ab »die Reformen zu verwässern«. Er erneuerte seine Forderung an die Gegner der Gesetzesvorhaben, sich der Fraktionsdisziplin zu unterwerfen. Die SPD-Abgeordnete Sigrid Skarpelis-Sperk, die bei der Bundestagsabstimmung über die Gesundheits»reform« mit Nein votiert hatte, sagte, sie »hoffe, daß wir uns aufeinander zu bewegen werden«. Es gebe Korrekturbedarf unter anderem bei der Zumutbarkeitsregelung im Niedriglohnsektor. Auch die Anrechnung von Lebensversicherungen auf das neue Arbeitslosengeld II sei nicht hinnehmbar. Diese Punkte seien »keine Kleinigkeit«. Immerhin gehe es darum, ob rund 1,7 Millionen Menschen »noch schneller in Armut absinken«.

      Derweil wird in der SPD-Führung auch wieder das beliebte Spiel »Wer hat Angst vorm schwarzen Mann« bemüht. Unter Hinweis auf die Vorschläge der Herzog-Kommission warnte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) am Montag in Berlin, jene, die ein Scheitern der »Reformgesetze« durch ihr Abstimmungsverhalten in Kauf nähmen, sollten sich »genau angucken«, was die Alternativen seien. Die dann drohende soziale Schieflage sollte die Bedenken möglicher SPD-Abweichler »doch sehr relativieren«. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz beschwor erneut den drohenden Machtverlust seiner Partei. »Ein Einknicken wäre die schlimmste Option.« Die Abweichler müßten sich fragen lassen, »ob sie genügend bedacht haben, daß ihr Stimmverhalten auch das Ende sozialdemokratischer Regierungsverantwortung bewirken könnte«.

      (²Aus LIEBE zu MACHT" kann dann der nächste Wahlspruch der SPD werden)

      http://www.jungewelt.de/2003/10-07/001.php
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 16:52:52
      Beitrag Nr. 419 ()
      Kommentar
      Jürgen Elsässer

      Avanti, Dilettanti!

      EU-Regierungskonferenz ohne Fortschritte


      Die Großkopfeten beherrschen alle Tricks, um den kleinen Leuten in die Tasche zu greifen. Sobald sie sich aber untereinander über irgend etwas einigen sollen, bekommen die Nieten in Nadelstreifen nichts mehr gebacken. Die ökologische Wende der grünen Avantgarde hat bisher nur das Land mit Windmühlen zugepflastert. Don Quichotte alias Jürgen Trittin kann trotz dieser furchteinflößenden Kulisse nicht einmal die Zwangspfandverordnung gegen das Handelskapital durchsetzen. Sein Bart ist ab, zu Hause stapelt sich das Leergut. Und dann das Mau-Mau-Maut: Die feinsten Adressen der deutschen Industrie sind unfähig, dem Staat rechtzeitig die Gerätschaften zur Erhebung zusätzlicher Abgaben zur Verfügung zu stellen. Man hat den Eindruck, Daimler und Telekom arbeiten gezielt daran, daß Eichels Einnahmeausfälle größer werden. Bei Stolpe rieselt der Kalk.

      Nach dem Motto »Avanti Dilettanti!« bereitet dasselbe Personal jetzt einen neuen Angriff auf unsere Lachmuskeln (und unseren Geldbeutel) vor: die sogenannte Reform der Europäischen Union. Die Erweiterung der EU um zehn Mitglieder erfordert neue Strukturen auf der Kommando-Brücke des schwerfälligen Tankers. Bei der Regierungskonferenz am Wochenende in Rom ist den Herren Kapitänen nun erstmals bewußt geworden, daß die Titanic auf einen Eisberg zusteuert: das Scheitern der künftigen Verfassung. Insgesamt 16 der 25 Staaten haben entschiedene Einwände gegen das vom EU-Konvent vorgeschlagene Paket, darunter alle Beitrittskandidaten. Unter Führung von Spanien und Polen wollen sie keine Verringerung ihrer in Nizza vor drei Jahren ausgehandelten Stimmenzahl in den Gremien und jeweils einen eigenen Kommissar. Darin sehen die EU-Großmächte Gefahren für die Beschlußfähigkeit der EU – und (was freilich nicht zugegeben wird) für ihre Pfründe. Die Neumitgliedsstaaten im Osten, denen durch den EU-Beitritt wirtschaftlicher Kahlschlag droht, müssen nämlich darauf drängen, daß ein Teil der Arbeitslosen mit EU-Subventionen durchgefüttert werden. Dafür brauchen die Kleinen Repräsentanten in den Gremien, die das Geld verteilen.

      Dänemark und Irland haben schon Volksabstimmungen über die EU-Reform angekündigt. Nach dem Scheitern des Euro-Referendums in Schweden haben die Gegner des Brüsseler Molochs überall Zulauf. Wird das Paket aber nur in einem einzigen Mitgliedsland abgelehnt, ist die EU-Verfassung gescheitert. Die Idee einer europäischen Supermacht wird dann, zusammen mit den Windrädern und den Frauenbeauftragten, dereinst im Museum spätkapitalistischer Kuriositäten zu besichtigen sein.


      http://www.jungewelt.de/2003/10-07/002.php
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 16:55:10
      Beitrag Nr. 420 ()
      Der Doof-Jones ist gleich im Plus, was sonst. Was hat das alles noch mit der Realität zu tun?

      :cry: :cry: :cry: :cry:
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 16:57:28
      Beitrag Nr. 421 ()
      Inland
      Klaus Fischer

      Unsre Milliardäre

      33 Familien führen Liste der Superreichen an. Etwa sieben Millionen Deutsche leben von Stütze


      Vier Jahrzehnte lang hat die DDR existiert. Man mag dem sozialistischen Experiment auf deutschem Boden nachsagen, was man will, aber zumindest an einem gesellschaftlichem Krebsgeschwür hat es nicht gelitten: der extremen Polarisierung zwischen arm und reich. Angeblich gab es in der DDR keine Freiheit, aber das hängt in starken Maße von deren Definition ab. Was es definitiv nicht gab, waren Milliardäre.

      Die schossen auch nach vollzogenem Anschluß zur BRD nicht wie Giftpilze aus dem Ost-Boden, wie beispielsweise in Rußland. Mit dieser ganz speziellen Sorte Mensch versorgte uns das »einige deutsche Vaterland« aus Richtung Westen. Und das in ausreichendem Maße.

      Im Jahre 2003 gab es in Deutschland viereinhalb Millionen Erwerbslose, jedenfalls offiziell. Inoffiziell gehen Experten von etwa sieben Millionen Menschen aus, die mehr schlecht als recht von Staats wegen alimentiert werden müssen. Dagegen stehen 33 Familien oder Einzelpersonen, die über ein Geld-, Anlage- oder Sachvermögen gebieten, das milliardenschwer ist.

      Laut der vom US-Magazin Forbes jährlich herausgegebenen Liste der Superreichen dieser Welt liegt die Bundesrepublik, gemessen an der Anzahl der Milliardäre, auf einem schönen zweiten Platz hinter den USA. Deshalb muß auch den Mahnern und Nörglern aus bürgerlichen Medien, die stets und ständig ein Standortproblem beklagen, uneingeschränkt zugestimmt werden. Die BRD hat ein gravierendes Standortproblem: die zweithöchste Erwerbslosigkeit in der EU, aber die mit Abstand höchste Milliardärsdichte. Dagegen nehmen sich Länder wie Frankreich und Italien mit jeweils nur zehn Milliardären geradezu bescheiden aus. Und die Wirtschaftsgroßmacht Japan, mit immerhin fast fünfzig Millionen Einwohnern mehr und einem Bruttoinlandsprodukt, das gut doppelt so hoch ist wie das der BRD, bringt es lediglich auf 19 Personen oder Familien, die über mehr als eine Milliarde US-Dollar verfügen.

      Selbstverständlich hat es keiner der Milliardäre zu einem solchen Reichtum gebracht, indem »die Ärmel hochgekrempelt« und »hart gearbeitet« wurde, wie es Lieschen Müller immer weisgemacht werden soll. Auch mit dem Prinzip »Leistung muß sich lohnen« hat die Aufhäufung von Riesenvermögen nichts zu tun. Es gibt schlichtweg keine Leistung, die auf ein Menschenleben gerechnet, Milliarden wert ist – außer in der kruden Logik des Kapitals. Und auch dort funktioniert eine solche Schatz- und Vermögensbildung meist nur, wenn die Gesetze der Marktwirtschaft eines Ludwig Erhard beispielsweise ausgehebelt werden. Nicht eine geniale Erfindung oder ein tolles Produkt, sondern die Etablierung monopolartige Strukturen sind, wie bei William Gates, dem reichsten Menschen der Welt, Voraussetzung, um Milliarden abzugreifen.

      Erben ist die zweite Möglichkeit, als Superreiche über die Erde zu wandeln. Waren Papa oder Mama große Raffkes, bekommen die Sprößlinge die Verfügungsmacht über Milliarden. Das ist nun schlicht die völlige Außerkraftsetzung des Leistungsprinzips, aber der höchste Blütenstand des Eigentumsrechtes. »Eigentum ist Diebstahl« hat Proudon einmal behauptet. In bestimmter Hinsicht hatte er wohl recht.

      Unter der deutschen Finanzelite befinden sich zahlreiche, sehr auf Anonymität bedachte Strippenzieher des tertiären Sektors, Verkaufsgenies wie die Gebrüder Karl und Theo Albrecht (Aldi) oder Erivan Haub (Tengelmann). Viele sind schlicht von Beruf Ehefrau, Sohn oder Tochter gewesen und streben danach, aus den geschenkten Milliarden noch mehr zu machen. So schreibt Forbes den Erben des Industriellen Herbert Quandt insgesamt 13 Milliarden Dollar Vermögen zu. Soviel hatte Quandt bei weitem nicht aufgehäuft, aber Frau, Tochter und Sohn ließen es eifrig vermehren. An dieser Aufgabe arbeiten täglich Tausende Autobauer von BMW oder Laboranten des Pharmakonzerns Altana.

      Andere Erben glänzen vor allem dadurch, daß sie sich verzanken und anfangen, mit den ererbten Milliarden herumzuspielen, wie ungezogene Kinder. So knatschten die Angehörigen der Hamburger Herz-Sippe fortwährend untereinander. Vom einstigen Imperium – Reemtsma, Tchibo, Beiersdorf – ist gegenwärtig nur noch der Kaffeeladen geblieben. Ein Teil der Herz-Verwandtschaft ließ sich mit vier Milliarden Euro auszahlen und geistert seitdem als potentielle Raubritterclique durch die Wirtschaftsteile der Zeitungen. Mal sollte TUI übernommen, mal Beiersdorf zurückgekauft werden. Welches Spielzeug es auch immer werden sollte, Tausende Beschäftigte der von Übernahme bedrohten Unternehmen haben allen Grund, nicht amüsiert zu sein.

      Die unangenehmste Spezies der deutschen Milliardäre, sind die Medienmogule. Haben sie doch erstens das Geld, um eine gewaltige Meinungsmacht auszuüben und scheffeln gleichzeitig aus dieser Tätigkeit neue Millionen. Ein ekelhafter Kreislauf, der die Mohn (Bertelsmann), Holtzbrinck, Burda, Springer und Co. immer mächtiger werden läßt. Eine Sozialisierung der inzwischen auf knapp 107 Milliarden US-Dollar angewachsenen Vermögen »unserer« 33 Milliardäre, ist schon aus diesem Grund sehr unwahrscheinlich.

      http://www.jungewelt.de/2003/10-07/010.php
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 17:06:40
      Beitrag Nr. 422 ()
      --------------

      Phantomgewinne [/b ]


      Von Claus Vogt
      Wir haben uns an dieser Stelle schon mehrmals mit den modernen Wundern der Statistik beschäftigt und Beispiele präsentiert. Wirtschaftsdaten werden durch statistische Operationen teilweise bis zur Unkenntlichkeit verändert und zwar regelmäßig zum Besseren, so unser Eindruck. Wir alle erinnern uns an das zweite Quartal und die allenthalben verkündete und an der Börse gefeierte Erholung der Unternehmensgewinne. Jetzt kommt das US Commerce Department jedoch mit der Meldung, die Nachsteuergewinne aller US-Unternehmen seien in besagtem zweiten Quartal um 3,4 Prozent gefallen. Es handelt sich hier nicht um einen Druckfehler, die Gewinne sind gefallen.

      Etwa ab 1998 begannen die von den Unternehmen publizierten Gewinne deutlich abzuweichen von den aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung stammenden Daten. Nicht ganz zufällig begann ungefähr zur selben Zeit die weiterhin weitverbreitete und von uns immer wieder kritisierte Unsitte, „Pro forma“-Gewinne auszuweisen, anstatt ein realistisches Bild des Unternehmens zu vermitteln. Die Schere zwischen den beiden Datensätzen erreichte am Hochpunkt der Bubble im Jahr 2000 einen Extremwert und bildete sich bis Mitte 2001 deutlich zurück, ohne jedoch ganz zu verschwinden. Seit 2002 laufen die beiden Zeitreihen wieder sehr deutlich auseinander. Rechnen sich die Unternehmen aller aufgedeckten Skandale zum Trotz etwa schon wieder reich?

      Im vergangenen Monat widmeten wir uns etwas ausführlicher dem US-Wirtschaftswachstum des zweiten Quartals, das in der Zwischenzeit sogar von 2,4 auf stolze 3,1 Prozent nach oben revidiert wurde. Stephen Roach, der erfreulich oft vom Mainstream-Denken abweichende und kritische Chefökonom von Morgan Stanley, unterzog diese Zahl einer tiefergehenden Analyse. Laut Roach betrugen die realen Ausgaben für Computer in diesen drei Monaten 6,3 Milliarden US-Dollar. Aufgrund hedonischer Adjustierung, einer von uns schon mehrfach kritisierten statistischen Methode zur Berücksichtigung von Produktverbesserungen, erhöhte sich diese Zahl auf erstaunliche 38,4 Milliarden Dollar. Somit entstammen 32,1 Milliarden Dollar nicht der Realität, sondern der Phantasie von Statistikern, die üblicherweise in staatlichen Diensten stehen. Damit sind fast 44 Prozent des ausgewiesenen Wachstums von 73,5 Milliarden Dollar im zweiten Quartal diesem statistischen Taschenspielertrick zu verdanken. Natürlich können mit dieser Art von Phantomdollar weder Investitionen noch Löhne bezahlt werden.

      Die beiden hier geschilderten Phänomene erklären ganz zwanglos die jetzt auch von der US-Notenbank beklagte Schwäche des Arbeitsmarktes. Ist es möglich, daß Phantomgewinne und Phantomwachstum lediglich zu einem Phantomaufschwung geführt haben?


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.


      [ Dienstag, 07.10.2003, 16:00 ]
      http://www.instock.de/Nachrichten/10134741.html
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 17:11:25
      Beitrag Nr. 423 ()
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 17:34:26
      Beitrag Nr. 424 ()
      3. Oktober 2003





      Über Verhaltenspsychologie und Börsen

      von Marco Feiten


      In einer seiner stets lesenwerten Kolumnen schrieb Marc Faber vor einigen Monaten über eine Kultur auf den abgelegenen und von der modernen Zivilisation unberührten südpazifischen Inseln. Während des Zweiten Weltkriegs landeten dort amerikanische Truppen und bauten innerhalb kürzester Zeit gewaltige Landepisten für ihre Luftwaffe. Man kann sich ungefähr vorstellen, mit welchem Staunen die einheimische Bevölkerung reagierte, als plötzlich am Himmel riesige drachenförmige und laute Maschinen auftauchten, die dann landeten und bisher unbekannte Güter wie Alkohol, Coca-Cola-Flaschen, Zigaretten, medizinische Mittel und allerlei Lebensmittel mitbrachten und unter den Einwohnern verteilten. Ganz unerwartet kam diese beinahe in der Steinzeit lebende Kultur in den Genuss der „modernen Welt“. Bei der Bevölkerung stellte sich eine Euphorie ein: Von nun an würden sie in alle Zukunft dank der Kriegswirtschaft und dem regelmäßig eingeflogenen, reichhaltigen Nachschubmaterial ein Luxusleben genießen. Allerdings, die Boomzeit dauerte nicht lange an. So, wie die großen fliegenden Drachen plötzlich erschienen waren, verschwanden sie beinahe über Nacht, als der Krieg 1945 zu Ende war. Mit dem Ende des Krieges verschwanden dann auch alle Güter, die diesen verarmten Inseln einen genussreichen Moment an der Sonne gebracht hatten, ebenso geheimnisvoll, wie sie gekommen waren. Nur was geschah danach? Die einheimischen Stämme, die auf diesen Inseln wohnten, glaubten fest daran, dass die großen Flugzeuge früher oder später wieder zurückkehren würden, und deshalb bauten sie landepisteähnliche Gebilde, zündeten in der Nacht Feuer auf der Seite dieser langen Grasstreifen und bauten sogar hohe Hütten, in denen jemand, mit Bambusstäben auf dem Kopf, welche Antennen darstellten, sitzen musste - der Flugverkehrskontrolleur -, und warteten geduldig auf das Wiederauftauchen der amerikanischen Flugwaffe und der vielen Geschenke. Auf der Insel Tammu gibt es sogar eine wöchentliche Cargo-Kult-Zeremonie, welche mit Tänzen und Gebeten gefeiert wird und unter der Aufsicht des Propheten "John From" (wie John from America) steht.

      Was ist an dieser Darstellung nun so relevant, dass ich sie in dieser Kolumne aufgreife? Nun, ähnlich wie das beschriebene Volk einen „Boom“ erlebte der dann jäh endete und anschließend in Hoffnung auf eine Wiederkehr bestimmte Zeremonien durchführte, so sieht die heutige Börsenwelt aus. Auch hier kam es in den 90ern zu einem überwältigenden Boom, der dauerhaften Reichtum versprach. Wie aus dem Nichts kam plötzlich der IT-Boom zustande und die Kurse stiegen in Atem beraubenden Tempo. Die Massen, die daran partizipierten, konnten sich allerlei Güter leisten, sodass sich der Boom aus sich selbst heraus nährte („wealth effect“) und den Anschein der Unendlichkeit, eben der „new economy“ erweckte. Ähnlich wie die Amerikaner 1945 die südpazifischen Inseln verließen, so verließen ab März 2000 die Bullen nach und nach das Börsenparkett. Analysten schrieben dennoch Monat für Monat, dass der Aufschwung nicht mehr fern sei, denn Alan Greenspan senkte die Zinsen und die US-Wirtschaft sei fundamental stark – die Zeremonien wurden fortgesetzt. Doch während die beschriebene Kultur auf den südpazifischen Inseln noch heute auf die Rückkehr der amerikanischen Luftwaffe wartet, scheint der Traum von der neuen Hausse wahr zu werden. Seit März feiern die Börsen ein glorreiches Comeback, offenbar sogar so überzeugend, dass alte Verhaltensmuster wieder zurückkehren, von denen man angenommen hatte, sie seien nach 3 Jahren Baisse endgültig verschwunden: es werden wieder Aktien allein wegen ihres Momentums gekauft ohne die Unternehmen überhaupt zu kennen, geschweige denn auf Zahlen zu achten; speziell Technologie-Aktien erreichen Bewertungen wie zuletzt im März 2000 und die Nasdaq-Käufe auf Kredit haben sogar ein neues historisches Hoch erreicht. Zeremonienmeister Alan Greenspan hat es geschafft – die Börsen boomen wieder.

      Ganz ohne Frage ist hier die Verhaltenspsychologie angesprochen, weshalb an dieser Stelle auf ein interessantes Experiment des Sozialpsychologen Burrhus Skinner aus den 40er Jahren aufmerksam gemacht werden soll. Skinner hatte seine Labortiere zuerst ausgehungert, um ihnen dann in festen Zeitintervallen von 15 Sekunden kleine Mengen Futter zu geben. Die Vögel glaubten daraufhin, dass ihr eigenes Verhalten die plötzliche Nahrungszufuhr ausgelöst habe. Eine Taube, die sich zu Beginn der Fütterung gerade umgedreht hatte, begann fortwährend zu rotieren, eine andere hackte auf einer bestimmten Stelle des Käfigs herum - im Glauben, das weitere Körnerangebot zu steuern. Interessant daran ist, dass die durch ihren Instinkt getriebenen Tiere und der intelligente, vom Verstand geleitete Mensch ähnliche Verhaltensmuster zeigen. Man könnte natürlich argumentieren, dass die eingangs beschriebene Kultur noch in der Steinzeit lebte und deshalb nicht mit dem modernen Menschen der „zivilisierten Welt“ gleichgesetzt werden kann, doch wenn man sich daran erinnert, wie die Analysten immer und immer wieder die gleichen Aufschwungsformeln proklamieren und die Anlegermassen nach wie vor gläubig-fasziniert an den Lippen des Zeremonienmeisters Alan Greenspans hängen, rückt das Bild des rationalen „homo oeconomicus“ in weite Ferne.

      Womöglich ist die Börse deshalb so unberechenbar weil sie durch Menschen bestimmt ist, deren Verhalten trotz des Einflusses des Verstandes letztlich auf archaischen Instinkten und Verhaltesmustern basiert. Wenn dann auch noch versucht wird zu antizipieren, wie andere sich wohl verhalten werden, wird das ganze noch unberechenbarer. So erklärt sich auch, warum Sentimentindikatoren - wenn sie jeder kennt und nutzt - versagen müssen und warum Kurse trotz eines fundamental schwachen Umfeldes steigen können. Allerdings dürfte sich irgendwann der Verstand zurückmelden, spätestens dann, wenn trotz des „Aufschwungs“ der Arbeitsplatz des Nachbarn oder gar der eigene in Gefahr gerät. Man darf daher gespannt sein, wie lange die Anleger noch die Rückkehr der Hausse feiern werden. Interessanter erscheint mir allerdings die Frage, wann die Akteure an den Finanzmärkten ihre Zeremonien aufgeben werden, denn dann wäre wohl wirklich der Boden an den Aktienmärkten gefunden.



      Marco Feiten

      03.10.2003



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      schrieb am 07.10.03 17:36:24
      Beitrag Nr. 425 ()
      @All,

      Dow-Widerstand bei 9650. Bei der Schiebung von Tölpel Greenspan sollte das aber auf den Weg zu 10.400 auch kein Problem werden. :cry: :cry: :cry: :cry:

      Und so sieht der Doof-Jones aus der Nähe betrachtet aus:
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 17:36:26
      Beitrag Nr. 426 ()
      Italien auch für Zwei-Euro-Schein


      Kein Widerspruch gegen Ein-Euro-Banknote



      Italien und Österreich drängen auf die Ausgabe eines Ein-Euro-Scheins. Beim Treffen der EU-Finanzminister gab es nach Aussage des österreichischen Vertreters Karl-Heinz Gasser keinen Widerspruch.




      HB LUXEMBURG. Vielmehr hätten mehrere gesagt, die Einführung eines solchen Scheins würde Sinn machen. Bislang hatten sich die meisten Staaten der Eurozone, darunter Deutschland, eher ablehnend zu dem Vorstoß geäußert. „Das Münzgeld geht mir etwas auf die Nerven“, sagte Grasser beim Treffen der EU-Finanzminister in Luxemburg.

      Der italienische Finanzminister und EU-Ratsvorsitzende Giulio Tremonti machte sich in der Eurogruppe ebenfalls für die baldige Einführung von Ein- und Zwei-Euro-Banknoten stark. Tremonti sagte, viele Menschen seien es nicht gewohnt, mit Münzen mit hohem Nennwert umzugehen. Vor der Währungsunion waren Münzen in Italien nur maximal 500 Lire wert. Dies entsprach etwa 50 Pfennig oder etwa 25 Cent. Aber auch 500 Lire-Münzen waren nur wenig im Umlauf. Am geläufigsten waren Münzen von maximal 200 Lire. In Deutschland war dagegen der Fünf-Mark-Schein (etwa 2,50 Euro) weit weniger verbreitet als das Fünf-Mark-Stück.

      Tremonti äußerte sich nicht dazu, wann solche Banknoten eingeführt werden könnten. Dies solle spätestens bei der Einführung einer neuen Geldschein-Serie geschehen, er hoffe jedoch auf einen früheren Termin, sagte er. Die Geldscheine werden von der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgegeben.

      Auch das Europäische Parlament drängt seit langem auf einen solchen Schritt und hatte im Mai eine entsprechende Initiative bei der EZB und der Europäischen Kommission angeschoben.

      In Berliner Regierungskreisen wurde der Vorstoß dagegen zunächst skeptisch aufgenommen. Die Frage stelle sich derzeit nicht, hieß es. Außerdem müsse erst eine „Bedarfsanalyse“ durchgeführt werden. Grasser sagte weiter, EZB-Präsident Wim Duisenberg habe gesagt, er werde dem EZB-Rat bei dessen nächster Sitzung über die Haltung der Minister informieren. Außerdem solle es schnell eine Analyse geben, ob der Wunsch in den Euroraum-Staaten tatsächlich bestehe.

      Duisenberg hatte sich bislang eher ablehnend dazu geäußert, weil es in den meisten Ländern des gemeinsamen Währungsraums einen Bedarf für solche neuen Scheine gebe. Lediglich in Italien, Österreich und Griechenland gebe es eine deutliche Mehrheit dafür, dagegen sähen laut Umfragen bis zu 90 Prozent der Bürger in den Niederlanden und Deutschland keine Notwendigkeit.


      HANDELSBLATT, Dienstag, 07. Oktober 2003, 14:09 Uhr


      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
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      schrieb am 07.10.03 17:40:33
      Beitrag Nr. 427 ()
      Chaos um die Lkw-Maut


      Ein Tollhaus voller Narren



      Von Christoph Hardt, Helmut Hauschild und Katharina Slodczyk


      Normalerweise geht Manfred Stolpe sonntags um 11 nur zu einem Termin: zum Gottesdienst. Doch an diesem Sonntag, dem 5. Oktober 2003, wartet im Konferenzsaal des Bundesverkehrsministeriums wenig Erbauliches auf den Minister: Es ist der Krisengipfel, zur LKW-Maut natürlich. Die Stimmung ist frostig in der Beletage der ehemaligen Preußischen Bergakademie. „Offen und ernst“ seien die Verhandlungen gewesen, wird das Ministerium später verlautbaren........




      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
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      schrieb am 07.10.03 17:44:26
      Beitrag Nr. 428 ()
      Rundfunk und Fernsehen

      Die Gebühren sollen kräftig steigen

      Die Gebührenkommission der Länder empfiehlt eine Erhöhung der Rundfunkgebühren von 2005 an um 1,07 Euro auf 17,22 Euro. Doch ARD und ZDF reicht das nicht.

      Von Klaus Ott



      (SZ vom 08.10.2003) — Thomas Gottschalk schreckt auch vor Witzen über seinen Arbeitgeber nicht zurück. Bei der neuesten Ausgabe von Wetten, dass...? spielte ein menschliches Skelett eine wichtige Rolle, was den Showmaster zu der Bemerkung veranlasste, das passe gut zum ZDF. Das Gerippe repräsentiere die Kernzielgruppe des Mainzer Senders. ZDF-Zuschauer sind im Schnitt fast 60 Jahre alt.



      Kein Sonderbonus
      Intendant Markus Schächter möchte das Programm seiner Anstalt gerne „frischer“ gestalten, wie er Ende April den Ländern und der Gebührenkommission schrieb. Um mit attraktiven Shows, neuen Spielfilmen und herausragenden Sportübertragungen auf der „Höhe der Zeit“ zu bleiben, brauche das ZDF mehr Geld.

      Zu den fast 1,1 Milliarden Euro, die der Sender für die nächste Gebührenrunde von 2005 bis 2008 ohnehin als Zuschlag beantrage, kämen noch einmal 200 Millionen Euro für eine „Substanzerneuerung“ des Programms hinzu. Eigentlich benötige man 400 Millionen Euro extra, notierte Schächter und jammerte über einen „schmerzhaften Verzicht“.

      Das Leid das ZDF wird jetzt noch größer. Quotenfrisch durch Geld – dieses Kalkül des Intendanten geht nicht auf. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) der öffentlich-rechtlichen Anstalten hat Ländern und Sendern jetzt in einem über 250 Seiten starken Bericht vorgerechnet, was die Zuschauer und die Hörer für ARD und ZDF (sowie das Deutschlandradio) künftig bezahlen sollen. Eines steht schon jetzt fest: Der Mainzer Sender muss auf den erhofften Sonderbonus verzichten.

      Die KEF empfiehlt, die Rundfunkgebühr ab 2005 um 1,07 Euro auf dann 17,22 Euro pro Monat zu erhöhen. Das wäre ein Zuschlag von 459 Millionen Euro pro Jahr für ARD und ZDF, in der gesamten Finanzperiode bis einschließlich 2008 also ein Betrag von mehr als 1,8 Milliarden Euro.

      Ob es dazu kommt, entscheiden nun die Länderparlamente, die nach Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes allerdings weitgehend an den Vorschlag der KEF gebunden sind. Der Verband der privaten Radio- und Fernsehsender (VPRT) appelliert trotzdem an die Ministerpräsidenten, die Gebühr vorläufig nicht zu erhöhen. Sonst werde die „bestehende Schieflage weiter verschärft“, warnt VPRT-Präsident Jürgen Doetz. ARD und ZDF kassierten jetzt schon 6,5 Milliarden Euro pro Jahr, lediglich 4,1 Milliarden Euro erlösten die Privatsender aus der Werbung.

      Auch das ZDF hatte eine Schieflage beklagt. Intendant Schächter machte einen „empirisch gesicherten Nachholbedarf gegenüber der ARD“ geltend, den die Gebührenkommission aber nicht anerkennt. „Ein derartiger Vergleich erscheint nicht zielführend und überschreitet auch die Beurteilungsmöglichkeit der Kommission“, befand die KEF.

      Von seinem Vorgänger Dieter Stolte hat Schächter die Taktik übernommen, das ZDF arm und die ARD reich zu rechnen. Früher funktionierte das manchmal, inzwischen nicht mehr. Der in Mainz erhoffte Sonderbonus von 200 Millionen Euro bleibt aus.



      Überversorgung des Personals
      Die KEF akzeptiert lediglich, dass Fernsehproduktionen mehr kosten als Radiokanäle. Der TV-Sender ZDF darf deshalb beim Programm mit einer Teuerungsrate von drei Prozent pro Jahr kalkulieren; die ARD, die Radio und TV veranstaltet, nur mit 2,5 Prozent. Ansonsten macht die Gebührenkommission unter Vorsitz von Rainer Conrad, dem Vizepräsidenten des Bayerischen Obersten Rechnungshofes, keinen Unterschied.

      Bei beiden Anstalten gibt es noch erhebliche Sparpotenziale. Das gilt vor allem für die Altersversorgung. ARD und ZDF haben zwar die Pensionen für ihre Beschäftigten neu geregelt. „Das neue Versorgungsniveau liegt unter dem des öffentlichen Dienstes“, lobt die KEF, bevor sie eine harsche Rüge erteilt.

      Für die meisten Mitarbeiter von ARD und Deutschlandradio sowie ein Drittel des heutigen ZDF-Personals gelte immer noch das alte System mit nicht mehr zeitgemäßen Betriebsrenten. Die Kommission erkennt eine „Überversorgung in nicht wenigen Fällen zu Lasten der Gebührenzahler“.



      Sportliche ARD
      Das „Mehrklassensystem“ müsse abgeschafft werden, unmissverständlich fordert die KEF „weitere Einschnitte auch in die alten Versorgungswerke“. Es gebe erheblichen Handlungsbedarf. Weniger hart fällt die Kritik bei den Gehältern aus. Hier könne noch etwas gespart werden.

      Mit Aussagen zum Programm hält sich die Kommission traditionell zurück, um nicht die verfassungsrechtlich garantierte Autonomie der Anstalten zu verletzen. Den Hinweis, die ARD widme dem Sport im Ersten „die meisten Selbstkosten als auch die meisten Erstsendeminuten“, lassen sich die Sparkommissare aber nicht entgehen.

      Beim ZDF hätten dagegen die Programmbereiche Aktuelles und Politik die größte Bedeutung. Den Einwand der ARD, 2002 sei mit den Olympischen Winterspielen und der Fußball-WM eben ein „Sportjahr“ gewesen, verwirft die KEF. Auch in angeblichen „Nichtsportjahren“ habe dieses Genre bei der ARD Vorrang.

      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/172/19153/
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 17:52:41
      Beitrag Nr. 429 ()
      Presse: China erwägt Aufwertung des Yuan

      --------------------------------------------------------------------------------
      (©BörseGo - http://www.boerse-go.de)
      Laut der japanischen „Jiji Press“ erwägt die People`s Bank of China eine Aufwertung des Yuan in fünf Jahren um 30%. Dabei möchte man schrittweise vorgehen. Jedoch seien Details wie das Timing der Aufwertungsschritte oder das Ausmaß der einzelnen Anpassungen noch nicht ausgearbeitet. Die chinesische Zentralbank reagiert damit auf den internationalen Wunsch vom G7-Gipfeltreffen im vergangenen Monat nach einem freieren Währungs-Handelssystem. Besonders aber die US-Regierung hält den Yuan für stark unterbewertet und sieht Wettbewerbsverzerrungen, die besonders den Arbeitsmarkt in der US-Industrie belaste. Der Yuan sei deutlich unterbewertet, was die Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Industrie im weltweiten Vergleich deutlich erhöhe, hieß es von US-Seite. Die chinesische Landeswährung wird derzeit mit Faktor von 8.28 zum Dollar bewertet.
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 17:58:33
      Beitrag Nr. 430 ()
      Weltwirtschaft - Versiegende Globalisierung
      Handel und Investitionen stagnieren Unctad warnt vor weiterer Liberalisierung


      Von Hermannus Pfeiffer

      Nach Ansicht der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad) ist die neoliberale
      Globalisierung gescheitert. Zugleich warnt die Organisation vor einem neuen
      Liberalisierungsschritt in den Beziehungen zwischen Nord und Süd. Und auch
      UN-Generalsekretär Kofi Annan fordert ein »neues Denken«.
      Auf den ersten Blick erregt der »World Trade and Development Report 2003« wenig Aufsehen. Laut
      dem umfangreichen Zahlenwerk legten sowohl der Welthandel als auch die internationalen
      Finanzierungen im vergangenen Jahr ein wenig zu. Ein Vergleich mit den 90er Jahren macht indes
      deutlich, dass der Globalisierungsstrom versiegt: Damals wuchs der Handel zwischen Kontinenten
      und Ländern noch Jahr für Jahr um bis zu zehn Prozent. Schon 2001 brachen die Wachstumsraten
      beim globalen Handel, der seither, wenngleich auf hohem Niveau, stagniert.
      Noch schwächer präsentiert sich der internationale Finanzmarkt. Es ist lange her, nämlich 1996,
      dass der Kapitalstrom in den Süden mit über 200 Milliarden US-Dollar seinen Zenit erreichte. In
      diesem Jahr dürften es laut Unctad kaum mehr als 50 Milliarden werden. Umgekehrt sind 1997 und
      2002 unterm Strich Kapital, Zinsen und Gewinne in Höhe von 700 Milliarden Dollar aus den
      Entwicklungs- und Transformationsländern abgeflossen.
      Den Schaden hat vor allem der arme Süden. So nimmt der Anteil der Entwicklungsländer am
      internationalen Handel ab. Unctad-Chefvolkswirt Heiner Flassbeck führt den Einbruch auf eine
      »Asymmetrie bei der Liberalisierung« zurück. Während die Länder Asiens, Afrikas und
      Südamerikas bei der Handelsöffnung »schwere Bürden« auf sich nahmen, hätten die
      Industrieländer gemauert und den Marktzutritt vor allem von landwirtschaftlichen Produkten
      weitgehend blockiert. Trotz der bestehenden Ungleichgewichte würden die USA und die
      Europäische Union weiter Druck auf die Kleinen ausüben, auch noch die letzten
      Handelshemmnisse fallen zu lassen. In diesem Zusammenhang kritisiert die Unctad den
      Dogmatismus der Industrieländer. Die Liberalisierung des Welthandels sollte kein Selbstzweck,
      sondern nur »Mittel zum Zweck« sein, um eine »nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in allen
      Teilen der Welt« zu erreichen.
      Optimisten der Liberalisierung, wie das Institut für Weltwirtschaft in Kiel, erwarten weitere rasante
      Fortschritte der Globalisierung, wenn die Konjunktur weltweit wieder anspringt. Diesen
      Fortschrittsglauben teilt die Unctad nicht. Die in Genf beheimatete Sonderorganisation der
      Vereinten Nationen, die sich um die Wechselwirkung von Handel, Kapital und internationaler
      Ökonomie kümmert, führt dagegen den raschen Zuwachs der Handelsströme während der 90er
      Jahre auf Sonderfaktoren zurück. So hätten sich die Industriestaaten teilweise für Importe aus den
      Entwicklungsländern geöffnet, die Produktion vieler Konzerne sei über Ländergrenzen hinweg
      vernetzt worden, und der teure Einkauf auf Pump im Ausland hatte Hochkonjunktur. Dieses
      Wachstumspotenzial sei jedoch heute ausgereizt.
      Ohnehin kritisiert die UN-Handelsorganisation die »neoliberale« Globalisierung, da sie die Kluft
      zwischen Nord und Süd verbreitert habe. Wenigen Gewinnern unter den Entwicklungsländern
      stehen viele Verlierer gegenüber. Nur eine Hand voll Staaten sei zu »reifen Industrialisierten«
      herangewachsen, so Chefvolkswirt Flassbeck. Viele Regionen seien »deindustrialisiert« worden.
      Zu den Siegern gehört mit einem Wirtschaftswachstum von nach wie vor acht Prozent zweifelsohne
      China, aber selbst dort sind nur wenige Enklaven mit dem internationalen Markt verknüpft. In
      Regionen, wo am radikalsten liberalisiert wurde, sind die Ergebnisse dagegen besonders
      bedrückend. So sank in Lateinamerika die Wirtschaftsleistung zuletzt sogar um 0,8Prozent.
      Der Unctad-Report bezweifelt, ob eine »zweite Generation neoliberaler Reformen« in Handel und
      Finanzen die Wirtschaft in aller Welt wieder auf das richtige Gleis bringen würde. Als Alternative
      hat die Organisation allerdings nur vage Hoffnungen zu bieten. Derzeit seien, so die Genfer
      Ökonomen, nicht Handel und Finanzmärkte gefragt, sondern die Weltwirtschaft, womit wohl
      Unternehmen und Politik in den Industriestaaten gemeint sind. Und auch UN-Generalsekretär Kofi
      Annan hofft bekanntlich auf ein »neues Denken«.

      Der »World Trade and Development Report 2003« ist im Internet nachzulesen unter:
      www.unctad.org

      (ND 07.10.03)
      http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=42443&IDC=3
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 18:03:09
      Beitrag Nr. 431 ()
      Bahn gliedert Beschäftigte als Leiharbeiter aus

      Vermittlungstochter soll zusätzlichen Stellenabbau des Konzerns abfedern

      Die Deutsche Bahn (DB) will in den nächsten vier Jahren bis zu 2000 Beschäftigte in ihrer Leiharbeitsfirma unterbringen. Damit sollen auch Kündigungen vermieden werden.


      Von Thomas Wüpper


      Berlin · 5. Oktober · Der Stellenabbau bei der Bahn steht seit Wochen in der Kritik. Die Gewerkschaft Transnet wirft dem Konzern vor, nochmals 37 000 Arbeitsplätze in den nächsten Jahren kappen zu wollen und lehnt dies ab. DB-Personalvorstand Norbert Bensel wollte diese Zahl nicht bestätigen. Auf Grund von weiteren Rationalisierungen im Konzern sei aber ein zusätzlicher Stellenabbau unvermeidbar. Der Konzern hat seit 1991 mehr als 216 000 Arbeitplätze gestrichen und die Belegschaft damit halbiert.

      Die Bahn betont, dass der gewaltige Stellenabbau bisher sozial verträglich gestaltet worden sei. Allein seit 1997 verloren mehr als 58 000 Bahner ihren Job. Der Konzern verzichtete allerdings auf Basis eines zuvor geschlossenen Beschäftigungsbündnisses auf betriebsbedingte Kündigungen. Knapp 11 000 Arbeitnehmer verließen das Unternehmen in beiderseitigem Einvernehmen, knapp 10 000 bekamen durch die DB Vermittlung neue Stellen.

      Die DB Vermittlung startet dazu eigene Beschäftigungsprojekte wie Nutzerzählungen auf Bahnhöfen und gab qualifizierten Arbeitskräften neue Aufgaben im Konzern oder bei anderen Arbeitgebern. Voriges Jahr hat die Vermittlungstochter nach DB-Angaben rund 4300 Arbeitnehmer betreut. 650 fanden eine neue Berufsperspektive bei externen Firmen. Derzeit bereitet die DB Vermittlung rund 500 Frauen und Männer für Serviceeinsätze auf Bahnhöfen vor. Dort sollen sie Fahrgästen zum Beispiel beim schnellen Ticketkauf zur Seite stehen.

      Mit der DB Zeitarbeit hat der Konzern vor zwei Jahren ein weiteres Auffangbecken für nicht mehr benötigte Beschäftigte geschaffen. Derzeit beschäftigt die Tochterfirma, die Leiharbeiter vermittelt, rund 500 ehemalige Bahner, die unbefristete Arbeitsverträge haben. Schon im nächsten Jahr soll sich ihre Zahl verdoppeln und bis 2007 auf 2000 klettern. Rund ein Viertel sind Berufsanfänger, die zuvor ihre Ausbildung bei der DB abgeschlossen haben. Jeder Dritte werde von der Firma, für die er eine Zeitlang arbeitete, fest übernommen.

      Quelle: http://www.fr-aktuell.de/ressorts/wirtschaft_und_boerse/wirt…
      Avatar
      schrieb am 07.10.03 18:14:12
      Beitrag Nr. 432 ()
      Berichtsaison zum 3. Quartal

      von Jochen Steffens

      Die Berichtsaison zum 3. Quartal startet. Heute hat PepsiCo den Anfang gemacht und enttäuschte prompt. Enttäuschte, weil PepsiCo lediglich die Erwartungen erfüllte. Es ist wie so oft, wenn die positiven Erwartung lediglich erfüllt werden und die Kurse bereits im Vorfeld angestiegen sind. Dann sind eben diese Erwartungen bereits in den Kursen enthalten. Nichts an den Börsen ist so alt, wie die Nachricht von gestern. PepsiCo-Anleger, die genau auf diese Erwartung spekuliert haben, verkaufen jetzt: Sell the good news.

      Nur wenn die Erwartungen übertroffen werden, dann neigen die Kurse dazu, auch nach den Zahlen weiter zu steigen. Auch ein sehr guter Ausblick kann zu weiteren Kurssteigerungen führen.

      Insgesamt gilt also für diese Berichtsaison: Werden lediglich die Erwartungen erfüllt, wird es zu fallenden Kursen kommen, es sei denn der Ausblick vieler Firmen gestaltet sich vielversprechender als bisher angenommen.

      PepsiCo machte, wie gesagt, den Anfang und erfüllte mit einen Gewinn von 62 Cent je Aktie (1,08 Mrd. Dollar) centgenau die Erwartungen der Analysten. Für das Gesamtjahr 2003 geht PepsiCo nun von einem Gewinn von 2,19 Dollar je Aktie aus, Analysten hätten bei der Prognose lieber 2,20 Dollar je Aktie gesehen. Da half auch nicht der um beachtliche 8,4 % auf 6,3 Mrd. Dollar gestiegene Umsatz. (Obwohl ich vermute, dass gerade der deutliche Umsatzanstieg stärkere Kursverluste bei Pepsi verhindern wird.)

      Die Börsen reagierten entsprechend und sackten nach dieser Nachricht noch etwas weiter ab. Mittlerweile liegt der Dax damit bei knapp 2 % im Minus.

      Die Berichtsaison wird uns einen hoch volatilen Oktober mit manchen positiven wie negativen Überraschungen bescheren. Die gestiegen Volatilität (mit Volatilität bezeichnet man die Schwankungsfreudigkeit einer Aktie, beziehungsweise in diesem Fall der Indizes) konnte man bereits in den letzten beiden Wochen beobachten.

      Natürlich beeinflussten heute noch andere Faktoren den Markt: Die gestrigen Aussagen von Wim Duisenberg haben dem Euro wieder etwas Rückenwind verschafft. Dabei sind sich Volkswirte überwiegend einig, dass ein Euro über 1,20 Dollar dem deutschen Export empfindlich schadet. Mit knapp 1,18 Dollar befinden wir uns bereits wieder sehr nahe dieser Marke. Kein Wunder, das heute besonders die exportorientierten Aktien und hier insbesondere die Autobauer zu den Verlieren gehörten.

      Gold hängt ein bisschen unlustig vor der 400er Marke. Um diese Marke nachhaltig zu knacken, braucht Gold wohl etwas "Erholung und Sammlung". Um So schneller wird es dann gehen, wenn diese Marke fällt.

      Aber noch zwei andere Nachrichten beeinflussten allerdings eher unterschwellig den Markt:

      Der UN-Sicherheitsrat hat sich in einer neuerlichen Debatte wieder nicht über die US-Irak-Resolution einigen können. Zudem ist noch kein neuer Termin für eine weitere Debatte anberaumt worden. Zwar wies die US-Vertretung darauf hin, dass dies noch nicht das endgültige Ende des Resolutionsentwurfs sei, aber es wird offensichtlich schwierig für die USA. Zumindest solange die USA eine politische Führungsrolle der UNO im Irak weiter ablehnt. Die UNO verspürt verständlicherweise wenig Lust sich zum Spielball der USA zu machen. Unterdessen ufern die Spannungen im Irak immer weiter aus.

      Aber auch in anderen Ländern wächst der Unmut gegen die USA. So kam es vor den Stufen des türkischen Ministerpräsidentenamtes in Ankara zu antiamerikanischen Protesten gegen den geplanten türkischen Truppeneinsatz im Irak. Nach neusten Umfragen sind 51 % der Türken gegen diesen Einsatz, lediglich nur 41 % sind dafür. Gewerkschaften und andere Verbände planen anlässlich dieser Parlaments-Entscheidung landesweite Proteste und Demonstrationen.

      Ganz besondere Brisanz könnte die aktuelle Zuspitzung im Nahost-Konflikt erlangen. Gerade hat Israel angekündigt, dass Anschläge auf seine Bürger ohne jede Einschränkung vergolten werden. Besonders aufgestoßen sind mir aber die Nebensätze.

      Erstens: Unabhängig davon, wo sich die Hintermänner der Attentaten aufhielten oder welche Mittel bei ihrer Verfolgung eingesetzt werden müssten. Zweitens: Mit der ausdrücklichen Unterstützung der USA.

      Bush hat sich hinter den Angriff Israels auf syrisches Territorium gestellt: Seiner Meinung nach habe Israel das Recht, sich selbst zu verteidigen und dürfe sich hinsichtlich der Verteidigung seines Heimatlandes nicht eingeschränkt fühlen. Obwohl er gleichzeitig verneinte, Israel mit dieser Aussage grünes Licht für weitere Angriffe gegeben zu haben. Israel hätte schließlich nicht um eine Zustimmung gebeten und die USA würde so etwas auch nicht machen. Da sind einige arabische Länder ganz anderer Ansicht. Sie gehen davon aus, dass die USA erst mit ihren Sanktionsdrohungen gegen Syrien den Weg zu diesem Angriff Israels geebnet haben.

      Sicherlich sind diese oben genannten Aussagen Israels eher als Säbelrasseln und Drohgebärde zu verstehen. Aber, der Nahost-Konflikt könnte sich wieder ausweiten. Zumindest sorgt er dafür, dass die Gräben zwischen der arabischen Welt und den USA sich immer weiter vertiefen. Syrien hat mittlerweile für die Einberufung einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats gesorgt und arabische Führer haben offen ihre Solidarität mit Damaskus verkündet.

      Im Moment sind diese Nachrichten nur eine weitere Nuance des langjährigen Nahost-Konflikts. Aber ich weiß nicht, ob es nur mir so geht – ich habe den Eindruck, dass Amerika immer weniger den "Vermittler" spielen will. Stattdessen scheinen die USA vielmehr behutsam und taktisch auch im Nahen Osten überaus geschickt ihre eigenen Interessen des weltweiten "Antiterrorkampfs" zu verfolgen und auszubauen. Das könnte dem Nahost-Konflikt unmerklich eine ganz neue brisante "Qualität" geben.

      ----------------------------

      Defizit über 4 %

      von Jochen Steffens

      Nach einem Artikel in der "Süddeutschen Zeitung" rechnet die Bundesregierung nun offenbar damit, dass sie für das laufende Jahr ein Defizit von über 4 % des Bruttoinlandsprodukts erreichen wird.

      Damit wird das gerade nach Brüssel gemeldet Schuldenziel von 3,8 % auch noch übertroffen werden. Begründet wird das höhere Defizit mit hinter den Erwartungen gebliebenen Steuereinnahmen. Genaueres wird man nach der Steuerschätzung im November wissen. Nach dem EU-Vertrag von Maastricht sind nur 3 % Defizit zugelassen. Deutschland wird damit zum zweiten Mal in Folge diese Obergrenze überschreiten.

      Dass drastische Strafen drohen, ist eher zu bezweifeln. Die EU-Kommission will aus Sorge um das Wachstum in Europa den Stabilitätspakt flexibler auslegen. Welche genauen Folgen das für Deutschland haben wird, ist noch unnklar. Normalerweise sieht der Stabilitätspakt Finanzstrafen vor, ob das jedoch angesichts der katastrophalen Lage Sinn macht?

      ------------------------------

      USA: Wirtschaftliche Erholung?

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Ende letzter Woche gab es wichtige News von der amerikanischen volkswirtschaftlichen Front: Im September hat die US-Wirtschaft 57.000 neue Jobs geschaffen. Die Arbeitslosenquote liegt immer noch über 6 %, aber wenn man den Zahlen glaubt, dann geht die Entwicklung in die richtige Richtung.

      Und das war alles, was die Ökonomen und Aktieninvestoren brauchten, um zu glauben, dass die Erholung auf dem Weg ist. Die armen Legionäre sind sicher, dass sie die Oase direkt vor sich sehen. Deshalb konnte der Dow Jones letzten Freitag um 84 Punkte zulegen ... und der Euro und das Gold kamen zurück. Inzwischen hat sich das wieder geändert.

      Aber die Kleinanleger rennen weiter mitten in die Wüste ... immer weiter ... in die Irre geführt durch die Fata Morgana einer wirtschaftlichen Erholung.

      Aber Moment, ist die Tatsache, dass die Zahl der Arbeitsplätze zunimmt, nicht wirklich ein Zeichen für eine wirtschaftliche Erholung? Waren die Investoren, die vor ein paar Monaten Aktien gekauft haben, nicht klug ... und sollten sie jetzt, wo neue Jobs geschaffen werden, nicht noch mehr kaufen?

      Ah ... so viele Fragen ... Wenn die Zahl der Arbeitsplätze wirklich zunimmt, dann ist das ein gutes Zeichen. Aber ich traue allen Zahlen, die aus Washington kommen, nicht. Sie werden so verformt und verbogen, dass sie alles zugeben werden, was die Regierung von ihnen verlangt. Außerdem erinnere ich Sie daran, dass eine Schwalbe noch keinen Sommer macht.

      Ich erinnere Sie auch daran, dass die Situation am US-Arbeitsmarkt immer mehr von der Situation der gesamten Weltwirtschaft abhängt. Das System des Dollarstandards hat den USA sehr große Vorteile gebracht; die Amerikaner konnten alles, was sie wollten, aus Übersee kaufen, ohne jemals mit harter Währung bezahlen zu müssen. Sie mussten einfach mehr Dollar drucken. Das erlaubte ihnen, mehr auszugeben, als sie sich leisten konnten, und es erlaubte den Ausländern, mehr Güter zu produzieren, mehr Fabriken zu bauen und mehr Arbeiter einzustellen. Das fühlte sich so lange so wunderbar an ... aber während die Amerikaner dachten, dass sie das große Los gezogen hätten, öffnete sich für die US-Wirtschaft ein Loch im Boden ... die leichten Kredite hatten den Effekt, dass sich die Arbeitsplätze von den Gegenden mit hohen Arbeitskosten – wie den USA – in Gegenden mit niedrigen Arbeitskosten – besonders China – verlagerten. Und dieser Trend kann nicht aufhören ohne eine größere – und fast sicher schmerzvolle – Anpassung. Das impliziert: Bis der Dollar fällt, werden die amerikanischen Arbeitsplätzen, Gewinne und Wachstum knapp bleiben.

      Aus diesem Grund gefielen mir die News vom letzten Freitag. Denn anstatt Richtung 400 Dollar zu laufen ... ist der Goldpreis auf ein moderateres Niveau gefallen. Und anstatt Richtung 1,50 zu marschieren ... legte der Euro am Freitag eine Atempause ein. Die ist mittlerweile allerdings schon wieder beendet – heute Mittag kämpfte er schon wieder mit der Marke von 1,18.

      Aber wir haben immer noch eine Kaufmöglichkeit, liebe(r) Leser(in). Lassen Sie uns die nutzen.

      Aber hier sind mehr News von Eric:

      ----------------------------

      Goldpreis holt Luft

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York City

      Die Zahl der Beschäftigten wächst wieder (irgendwie) ... die Aktien sind vernünftig bewertet ... (verglichen mit dem völlig überteuerten Niveau von Februar 2000) ... und Gold gehört nicht mehr zwingend in jedes vernünftige Depot ... (so lange man sich keine Sorgen wegen den wöchentlichen Angriffen auf die US-Truppen im Irak und den 1 Mrd. Dollar Minus – täglich! – der US-Handelsbilanz und des US-Haushalts macht).

      Also ist alles in Ordnung mit der Welt – was der Grund dafür ist, dass der Nasdaq Composite letzte Woche fast 5 % und der S&P 500 über 3 % zulegen konnten. Als die Investoren herbeiströmten, um wieder Aktien zu kaufen, hatten sie wenig Verwendung für andere Vermögensanlagen in ihren Depots. Sie verkauften Anleihen, Dollars, Gold, Goldminenaktien und alles Mögliche, dass nicht an der Nasdaq gehandelt wird.

      Hilfreich für diese Rally war die Meldung, dass die US-Volkswirtschaft im September 57.000 Jobs geschaffen haben soll. Allerdings fand ich es etwas bedenklich, dass gleichzeitig die Zahl für die vorigen 12 Monate um 145.000 nach unten korrigiert wurde. Diese 57.000 Zuwachs könnten deshalb auch in folgenden Berichten wegkorrigiert werden – oder nicht.

      Netto hat die Wirtschaft damit in den letzten 12 Monaten 88.000 Jobs VERLOREN ... und das ist kein guter Grund, überbewertete Aktien zu kaufen. Aber nichts scheint derzeit den Enthusiasmus für amerikanische Aktien dämpfen zu können ... besonders nicht den für überbewertete Aktien. Und die Aktien von finanziell unter Druck stehenden Unternehmen konnten letzte Woche deutlich mehr zulegen als die Aktien von finanziell gesund dastehenden Gesellschaften.

      "Während sich der aktuelle Bullenmarkt seinem ersten Geburtstag nähert, ist sein definierendes Charakteristikum die großartige Performance von normalerweise schlechten Aktien", so Floyd Norris von der New York Times. "Ein Fondsmanager, der ein Jahr in die Zukunft sehen konnte und nur Aktien von Gesellschaften mit dubiosen Finanzen gekauft hätte, wäre jetzt ein großer Star."

      Das Fazit von Norris: "Vielleicht ist die Botschaft des Marktes nicht, dass die Wirtschaft zurückkommt, sondern nur die, dass die Spekulanten zurückgekehrt sind."

      Die Einschätzung von Norris scheint richtig zu sein. Sehr risikobereite Spekulationen sind wieder in Mode ... keine Zweifel darüber.

      Aber in Goldstadt gibt es keine Freude. Sowohl Gold als auch die Goldminenaktien kamen letzte Woche zurück. War das nur eine lange überfällige "Korrektur" des Aufwärtstrends am Goldmarkt, oder war das der "Fingerabdruck" einer ruchlosen Manipulation der Regierung ... oder beides? Oder sage nicht, dass ich eine organisierte Manipulation des Goldmarktes für wahrscheinlich halte ... aber ich bin zu zynisch, um diese komplett ausschließen zu wollen. Wahrscheinlicher ist es meiner Ansicht nach, dass der Goldmarkt einfach unter dem Gewicht der aufgehäuften positiven Erwartungen etwas zusammengesackt ist. Aber was auch immer der genaue Grund (oder die genauen Gründe) war/waren: Der Goldpreis fiel, wie ein vergessener Minenarbeiter in einem aufgegebenen Minenschacht.

      Und jetzt, was sollen wir mit dem Goldmarkt tun? Der Dollar ist nicht weniger anfällig als vor einer Woche ... was bedeutet, dass das Gold nicht weniger als vor einer Woche eine Absicherung gegen einen fallenden Dollar ist.

      Unweigerlich wird der Goldpreis einen weiteren Anlauf auf die Marke von 400 Dollar pro Feinunze nehmen, aber das exakte Timing dieses Rennens könnte schwierig sein, besonders für Spekulanten, die mit einem Hebel (Optionsscheinen) an die Sache rangehen. Allerdings bleibe ich zuversichtlich, dass geduldige Investoren, die Gold, 1:1 Goldzertifikate und Goldaktien kaufen, dafür belohnt werden – und zwar bevor Alan Greenspan von der Fed weggeht.

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      Immobilienmarkt in Florida

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      In Palm Beach, Florida (wo ich in den letzten Tagen war, siehe Investor`s Daily gestern) gab es letztes Wochenende zwei Gesprächsthemen: Eins davon war der bekannteste Immobilienbesitzer von Palm Beach, Rush Limbaugh. Aber was mich an dieser Diskussion besonders interessierte, war die Diskussion um den Immobilienmarkt selbst.

      "Realisierst Du, dass sich die Preise für Häuser hier in den letzten drei Jahren verdoppelt haben?" fragte mich ein Freund. "Selbst in nicht so guten Gegenden haben sich die Preise in den letzten 5 Jahren verdoppelt. Das ist erstaunlich."

      Mein Freund genoss diese Show nicht nur, er zog daraus seinen Vorteil.

      "Ja, es handelt sich um eine Spekulationsblase. Aber wenn man genau genug hinsieht, dann findet man gute Werte. Wir wissen, dass die Preise nicht auf ewig mit diesem Tempo weitersteigen können. Und wahrscheinlich werden eine Menge Leute verletzt werden. Aber wenn man niedrig bewertete Immobilien kauft, bei denen die Mieteinnahmen die Ausgaben decken könnten ... wie kann man da verletzt werden?"

      "Ich sage Dir, wie man verletzt werden kann", begann ein anderer Freund. "Man wird verletzt, wenn alle Preise fallen und die Mieter ihre Jobs verlieren. Die Mieten werden dann fallen, und man wird mit den Mieteinnahmen nicht mehr die Hypotheken und Nebenkosten bezahlen können. Und wenn das passiert, werden wahrscheinlich auch die Hypothekenzinsen steigen, solange man keine Zinsbindung vereinbart hat."

      "Nun, wir haben eine Zinsbindung von 5 Jahren ..."

      "Ja, gut, aber in 5 Jahren wirst Du Dir wahrscheinlich wünschen, dass Du den Zinssatz für immer festgeschrieben hättest."

      "Ja, aber bis dahin werden wir die Immobilie mit Gewinn verkauft haben."

      "Ja, aber bis dahin werden wir alle unsere Immobilien mit Gewinn verkauft haben."

      "Wir sind mitten in einer Spekulationsblase. Man denkt, dass man sicher sei. Man denkt, dass man versteht, dass die Preise fallen können. Aber man ist emotional nicht wirklich darauf vorbereitet. Man denkt, dass die Preise immer weiter steigen werden ... weil sie scheinbar immer gestiegen sind. Aber so sieht es während einer Spekulationsblase immer aus. Die Preise scheinen immer zu steigen, wenn man sich auf dem Topp einer Spekulationsblase befindet. Dann, später, nachdem sie geplatzt ist ... scheinen die Preise immer zu fallen."

      "Nein, ich bin nicht durch diese Spekulationsblasen-Mentalität gefangen ..."

      "Oh doch, das bist Du!"

      "Oh nein, das bin ich nicht ... ich bin sehr konservativ ..."

      "Ja ... und Du wirst genau wie alle anderen pleite gehen ..."

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      Wie es der Wirtschaft in Simbabwe geht ...

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Und hier ist ein weiteres Update von unserem Korrespondenten in Südafrika. Ich verfolge besonders die Entwicklung in Simbabwe, weil ich denke, dass das Hinweise auf unsere eigene Zukunft gibt:

      "Die Behörden in Simbabwe haben entschieden, dass sie das Los ihrer Landsleute erleichtern wollen, indem sie 1.000 Z$ (Simbabwe-Dollar) Scheine ausgeben wollen."

      "Das Problem ist nur, dass man mit der neuen Banknote immer noch nicht einmal ein Brot kaufen kann, das mehr als 1.000 Z$ kostet, oder ein Liter Benzin, der 1.980 Z$ kostet."

      "Aber mit den neuen Geldscheinen können sich die Leute in Simbabwe zumindest eine Rolle Klopapier kaufen, die exakt 1.000 Z$ kostet. Allerdings ändert das nichts daran, dass es immer noch billiger ist, die 1.000 Z$ in 10 Z$-Scheine zu tauschen, sich mit 72 von denen den Hintern abzuwischen und dann immer noch Geld übrig zu haben.

      "Aber trotz der Tatsache, dass die Währung immer wertloser wird, hat die Regierung von Simbabwe letzten Mittwoch diese neuen 1.000 Z$ herausgebracht, und kurz vorher waren `neu designte` 500 Z$-Scheine herausgebracht worden."

      "Die Regierung hat Berichten zufolge 2,5 Milliarden Z$ ins Banksystem gepumpt, und sie hat gesagt, dass sie weiterhin jeden Tag bis Dezember den gleichen Betrag in diesen Sektor stecken will, um das Geldangebot zu erhöhen."

      "Warum sollte die Regierung die Geldmenge um 2,5 Milliarden Z$ pro Tag erhöhen wollen? Nun, die Gouverneure der Zentralbank ( ...) glauben, dass das eine Bargeldkrise abwenden kann, die wegen der Hyperinflation von 426,6 % entstanden ist."

      "Aber viele Regierungsberater glauben offensichtlich, dass diese Krise dadurch gefördert wird, dass die Regierung unfähig ist, genug Banknoten zu drucken! Er gibt 220 Milliarden Z$ Bargeld im Banksystem, aber laut einem Reporter aus Harare, der im South Africa`s Business Day sprach, werden für ein ausreichendes Geldangebot mindestens 400 Milliarden Z$ benötigt."

      "Größere Geldscheine wie 20.000 Z$-Scheine oder 50.000 Z$-Scheine sind empfohlen worden, um die Druckkosten zu verringern und um sicherzustellen, dass die Leute weniger Geldscheine mit sich herumtragen, so die Neuigkeiten."

      "Währenddessen sind die Benzinpreise in Simbabwe letzten Mittwoch um 60 % gestiegen, laut den Zahlen, die im Business Day genannt wurden, aber die Benzinknappheit bleibt weiter bestehen. Der Preis für Normal Benzin ist auf 1.980 Z$ pro Liter gestiegen, und der offizielle Wechselkurs liegt bei 824 Z$ pro US-Dollar – während der Schwarzmarktkurs bei 5.000 Z$ pro US-Dollar liegt."

      http://www.investor-verlag.de/
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      schrieb am 07.10.03 23:55:27
      Beitrag Nr. 433 ()
      USA finanzieren Aufschwung auf Pump

      Defizit größer als erwartet durch Kriegsfolgekosten und geplante Medikamentenzuschüsse / Steuersenkungen nützen vor allem Wohlhabenden

      Finanzminister John Snow will die Neuverschuldung trotzdem bis 2008 halbieren. Doch Optimismus allein reicht nicht.


      Von Sonia Shinde


      Frankfurt a. M. · 7. Oktober 2003 ·Schulden, Schulden, nichts als Schulden. Mit 480 Milliarden Dollar Defizit planen die USA das Haushaltsjahr 2004. Das sind 4,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) so die Schätzung des Budgetbüros des amerikanischen Kongresses und mehr als ganz Deutschland an Steuern zahlt. Doch das ist optimistisch geschätzt. Nicht berechnet sind 87 Milliarden Dollar zusätzlich, die Bush für Kriegsfolgekosten im Irak und in Afghanistan beim Kongress locker machen will. Das bedeutet ein Defizit von mehr als 550 Milliarden Dollar und damit mehr als fünf Prozent des BIP. Auch der geplante Zuschuss für verschreibungspflichtige Medikamente ist nicht inbegriffen.

      So viel Schulden hat bisher kein Präsident fabriziert und nicht in so kurzer Zeit. Nur drei Jahre hat George W. Bush gebraucht, um die 237 Milliarden Dollar Haushaltsüberschuss seines demokratischen Vorgängers Bill Clinton durch zwei Kriege und diverse Steuersenkungen in ein Mega-Minus zu verwandeln. Immerhin, es bleibt in der Familie. Das bisher höchste Haushaltsdefizit in absoluten Zahlen hat George Bush Senior 1992 verursacht: 292 Milliarden Dollar - Peanuts im Vergleich zu Baby-Bush.

      Aber Amerika wäre nicht das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, hätte Finanzminister John Snow nicht auch eine Lösung parat: Auf der Jahrestagung des internationalen Währungsfonds in Dubai verkündete er, dass er das Mega-Defizit bis 2008 halbieren werde. Wie er das machen will, hat er nicht gesagt. Analysten sind skeptisch: Commerzbank-Ökonom Patrick Franke rechnet mit einer jährlichen Neuverschuldung von 300 bis 400 Milliarden Dollar bis 2008.

      Gern verstecken sich Snow und Bush hinter der schwachen Konjunktur. Doch die ist nur zu einem geringen Teil verantwortlich, so die Vorwürfe der Steuerwächter der parteiübergreifenden Concord Coalition. Das Riesenloch in der Haushaltskasse stammt zum größten Teil aus hohen Rüstungsausgaben und aus den diversen Steuersenkungen.

      Innerhalb der nächsten zehn Jahre verzichtet die Regierung auf rund 700 Milliarden Dollar Einnahmen und hofft, dass die Amerikaner noch mehr konsumieren und die Wirtschaft ankurbeln. Doch die Steuersenkungen begünstigen vor allem die Wohlhabenden und die tendieren zum Sparen. Bestes Beispiel: die zeitweise Abschaffung der Dividendensteuer. Den Staat kostet sie einige hundert Milliarden Dollar , doch ob sie den Aufschwung stützt, ist ungewiss.

      Es sind eher die Ärmeren, die prozentual das meiste ihres Einkommens für den Konsum ausgeben - wenn sie können. Denn laut Statistik schrumpfte das jährliche Durchschnittseinkommen allein in den letzten zwölf Monaten um ein Prozent auf rund 42 409 Dollar. Jeder achte Amerikaner ist arm. Das sind insgesamt 34,6 Millionen, 1,7 Millionen mehr als 2001. Arm ist eine vierköpfige Familie mit höchstens 18 000 Dollar Jahreseinkommen. Und: Die Steuersenkungen belasten den Haushalt der Zukunft. Denn die Regierung finanziert ihre Steuersenkungen über neue Schulden. Für jeden Dollar, den die Amerikaner jetzt weniger Steuern zahlen, müssen sie in sechs Jahren 3,60 Dollar zurückzahlen errechneten die "Citizens for Tax Justice". Und: "Bisher sind alle befristeten Steuersenkungen immer verlängert worden", kritisiert US-Ökonom Robert Chandross. Sie zurückzunehmen wenn im kommenden Jahr der Präsident gewählt wird und 2006 Kongresswahlen anstehen, wäre politischer Selbstmord.

      Wenn jedoch die Konjunktur nicht schnell anspringt, bleibt der Staat auf seinen Schulden sitzen. "Um ein stabiles Wachstum zu ermöglichen, müssen im nächsten Jahr zwischen 1,5 und 2 Millionen neuer Jobs geschaffen werden", sagt der Kieler Konjunkturforscher Klaus-Jürgen Gern. Vor allem, um die Verbraucher bei Kauflaune zu halten. Bisher helfen die Einkommensteuer-Erstattungen, doch damit ist im Sommer Schluss. Bis dahin muss die Jobmaschine laufen. Aber die Unternehmer entlassen eher als dass sie einstellen, so das National Bureau of Economic Research, obwohl die Rezession offiziell als überwunden gilt.

      Seit der Großen Depression der 30er Jahre hat keine Wirtschaftskrise so viele Jobs vernichtet. Seit März 2001 gingen 2,8 Millionen Arbeitsplätze verloren - vor allem High-Tech-Jobs, die niemand mehr braucht. Gleichzeitig wuchs die Produktivität der Firmen um fast sechs Prozent, das heißt sie produzierten mehr mit weniger Leuten. Jobless Growth heißt das, Wachstum ohne Beschäftigungszuwachs. "Im nächsten Jahr ist nicht mit einem Sinken der Arbeitslosenrate zu rechnen", sagt Chandross. Und die liegt bei für die USA ungewöhnlich hohen 6,2 Prozent. "Auf Dauer ist das nicht tragbar, es bremst steigende Einkommen." Und die 3,9 Prozent-Wachstumsprognosen von IWF und Weltbank? "Die Wirtschaft kann um 3,5 Prozent wachsen, ohne dass die Arbeitslosigkeit sinkt", so Robert Chandross. - Stell Dir vor die Wirtschaft wächst und die Haushaltlücke gleich mit.





      http://www.fr-aktuell.de/ressorts/wirtschaft_und_boerse/wirt…
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      schrieb am 07.10.03 23:57:24
      Beitrag Nr. 434 ()
      Erste Kündigungen bei Hettlage
      Arbeiterkammer sieht Skandal - Unternehmen hatte Mitarbeiter um 100 Stunden Gratisarbeit "gebeten"


      Wien - "Eine Mitarbeiterin der Firma Hettlage hat uns in der Bezirksstelle Amstetten darüber informiert, dass die ersten Kündigungen ausgesprochen wurden", berichtete am Dienstag Josef Staudinger, Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich. Die Vorgeschichte laut AKNÖ-Aussendung: In einem Brief der Geschäftsleitung waren die Mitarbeiter "gebeten" worden, 100 Stunden gratis zu arbeiten. Begründet wurde diese Aufforderung zur "Solidarität" mit der schwierigen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens.

      Die Münchner Geschäftsleitung von Hettlage habe versichert, es liege bei jedem einzelnen Mitarbeiter, auf das Angebot einzugehen oder nicht. Es werde den Beschäftigten daraus kein Nachteil erwachsen. "Das Vorgehen von Hettlage ist völlig inakzeptabel. Da werden Leute unter Druck gesetzt, die ohnehin in einer äußerst schwierigen Lebenssituation sind", kritisierte Staudinger, der von einem "unmoralischen Angebot" der Unternehmensleitung sprach.

      Kein Einzelfall

      Der Fall Hettlage ist laut AKNÖ kein Einzelfall. "Immer wieder werden Fälle bekannt, in denen Unternehmen das Arbeitsrecht ignorieren. Da werden Kollektivverträge umgangen, Arbeitsleistungen nicht honoriert oder unmenschliche Arbeitszeiten verlangt", so Staudinger. "Ist viel zu tun, werden die Leute zu Hause angerufen, dass sie in die Firma kommen sollen, ist wenig zu tun, werden sie heim geschickt. Das ist moderne Sklaverei." Gleichzeitig würden sich Firmen, die derart unseriös vorgehen, Vorteile im wirtschaftlichen Wettbewerb verschaffen. Staudinger: "Es muss daher auch im Interesse der Wirtschaftskammer sein, hier aktiv zu werden."

      Zudem seien zwei der in Amstetten von der Kündigung betroffenen Frauen über 50 Jahre alt. Der AKNÖ-Präsident ist empört: "Sie haben kaum eine Chance auf einen anderen Arbeitsplatz. Und wie sollen sie je die Voraussetzungen für eine Pension erreichen, von der sie auch leben können? Wir alle wissen, welche Chancen Frauen am Arbeitsmarkt haben, die älter als 45 Jahre sind. Diese Situation wird von Hettlage schamlos ausgenützt."

      Umfassendes Umdenken

      Die AKNÖ will sich nun betroffenen Mitarbeiter kümmern und dafür sorgen, dass alle offenen Ansprüche beglichen werden. "Uns ist jedoch bewusst, dass das für die Betroffenen das Problem nicht löst. Hier muss wirklich ein umfassendes Umdenken einsetzen. Ich appelliere an alle Unternehmer, sich bewusst zu machen, dass dieser Weg falsch ist, er ist unmenschlich, ungerecht und unmoralisch", so Staudinger. (APA)


      http://derstandard.at/Text/?id=1442931&
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      schrieb am 08.10.03 00:06:19
      Beitrag Nr. 435 ()
      Mit Wachstum in den Ruin

      Die Gemeindefinanzreform der Bundesregierung baut weiter auf wachsende Städte und Gemeinden. Das vernachlässigt ökologische Prinzipien und ökonomische Erfordernisse




      Die von der Bundesregierung geplante Gemeindefinanzreform verdient ihren Namen nicht. Denn die staatlichen Zuweisungen, rund 30 Prozent aller Einnahmen, der Einkommensteueranteil, die Grundsteuer und auch Infrastrukturausgaben bleiben außen vor. Und die beabsichtigten Veränderungen werden wohl nicht einmal den Winter überstehen.

      Länger werdende Wege zu Schule und Theater, ein ausgedünnter öffentlicher Nahverkehr, Wohnungsabriss und Investitionsstau in Millionenhöhe bei der Sanierung der Infrastruktur kennzeichnen die Situation in vielen Kommunen. Sie wird sich durch die demografische Entwicklung verschärfen.

      Immerhin dringt allmählich in das öffentliche Bewusstsein, dass sich steigende Kosten auf immer weniger Einwohner in immer ärmeren Kommunen verteilen; und dass private und öffentliche Aufwendungen umso höher ausfallen, je verstreuter Bewohner, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen in den Kommunen und über das Land verteilt sind. Davon sind vor allem Frauen, Kinder, Jugendliche und die wachsende Zahl alter Menschen betroffen. Mit Nachhaltigkeit hat das alles nichts zu tun. Noch profitieren peripher gelegene, locker bebaute und somit teure Siedlungsteile von der Quersubventionierung durch städtebaulich integrierte, effizient genutzte und daher tatsächlich vergleichsweise kostengünstige Standorte beziehungsweise deren zahlende Bewohner, Nutzer und Eigentümer. Künftig wird es nicht nur auf breiter Front zu einem Nachfragerückgang und Werteverfall des Immobilienbestandes kommen. Wer heute noch in Randzonen baut, muss auch mit überproportional steigenden Betriebs- und Lebenshaltungskosten, mitunter auch sozialer Isolation rechnen.

      Wenn sich die Kommunen in dieser Situation auf ihre Kernaufgaben und -bereiche und auf Bestandserhalt und -optimierung konzentrieren, dann stärkt das auf Dauer ihre Finanzkraft und Finanzautonomie. Der Weg dahin führt zunächst über Bund und Länder. Doch sowohl die Bundesregierung als auch die Länder verharren mit ihren Konzepten in einer Vergangenheit, in der unsere Städte und Gemeinden fast ausnahmslos von Zuwachs geprägt waren und der Staat die dafür geeigneten Instrumente, Mittel und Wege bereitstellte. Diese führen heute aber geradewegs in den Ruin. Das gilt besonders für die Gemeindefinanzierung. Denn sie ist nach wie vor auf Zuwachs angelegt, setzt Zuwachs voraus und hat Zuwachs zur Folge.

      Zwei Beispiele: Die Grundsteuer ist zwar im Prinzip eine gute Gemeindesteuer. Grund und Boden kann nicht weichen, zu vielen kommunalen Leistungen besteht ein enger Zusammenhang, Einnahmen fließen stetig, und die Belastung verteilt sich auf zahlreiche Schultern. Unverständlich also, warum die Grundsteuer in den bislang diskutierten Modellen einer Gemeindefinanzreform nicht vorkommt. Allerdings wirkt sie auf die Siedlungsentwicklung expansiv. Denn ausgerechnet bebaubare, also unbebaute, aber erschlossene Grundstücke sowie die wegen des hohen Anteils an Erschließungs- und Nebenflächen stark flächenzehrenden und mit hohen Folgekosten verbundenen Ein- und Zweifamilienhaussiedlungen in den Randzonen werden am geringsten belastet. Anreize für die nötige Innenentwicklung und für eine flächensparende Bebauung (Hochhäuser zählen nicht dazu!) sind in der Grundsteuer aktueller Prägung nicht enthalten...........

      http://www.taz.de/pt/2003/10/07/a0170.nf/text
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      schrieb am 08.10.03 00:09:58
      Beitrag Nr. 436 ()
      Konflikte um Waffen, Genmais und Steueroasen

      USA provozieren Handelskrieg mit Europa

      Konservative Abgeordnete wollen ausländische Firmen von Rüstungsaufträgen ausschließen / Umstrittene Exportvergünstigungen

      Von Andreas Oldag




      New York – Zwischen den USA und Europa droht ein neuer Handelskonflikt. Im US-Kongress verstärken konservative Abgeordnete ihre Anstrengungen, ausländische Zulieferer vom amerikanischen Rüstungsmarkt zu verdrängen. Die Initiative ist Teil eines Gesetzes über den neuen Verteidigungshaushalt, der sich 2004 auf 401 Milliarden Dollar belaufen soll.





      Die Gesetzesinitiative im US-Kongress könnte europäische Firmen aus der Luftfahrt- und Rüstungsbranche treffen. So wollen sich britische und italienische Unternehmen an dem 200 Milliarden Dollar teuren Projekt zum Bau des Kampfjets Joint Strike Fighter (JSF) von Lockheed Martin beteiligen. Aber auch deutsche Hersteller von Werkzeugmaschinen würden von Ausschreibungsverfahren der amerikanischen Regierung ausgeschlossen werden.


      Konservative US-Abgeordnete fordern, dass der Anteil heimischer Produzenten („Local Content“) an Rüstungsgütern von derzeit 50 auf künftig 65 Prozent erhöht wird. Außerdem wollen sie erreichen, dass Maschinen, mit denen bestimmte Waffenkomponenten hergestellt werden, künftig ausschließlich „Made in USA“ sind. In einer Liste soll festgehalten werden, welche Produkte die amerikanische Regierung nur noch von einheimischen Herstellern kaufen darf. Die EU-Kommission hat der US-Regierung gedroht, eine Beschwerde bei der Welthandelsorganisation WTO in Genf einzuleiten, falls das „Buy America“-Gesetz verabschiedet werden sollte.


      „Heißer Herbst“


      Zwischen den USA und Europa gibt es zusätzlich Streit wegen einer Regelung über Exportvergünstigungen für US-Firmen, gegen die die EU erfolgreich bei der WTO geklagt hatte. Seit Jahren streiten sich Brüssel und Washington zudem um den Import von genmanipuliertem US-Mais nach Europa. „Den transatlantischen Handelsbeziehungen könnte ein heißer Herbst bevorstehen“, meint ein EU-Diplomat in Washington. Das Problem ist, dass die verschiedenen Konflikte miteinander verquickt sind. Jeder versucht, den anderen durch Drohung mit Strafzöllen und Verfahren vor der Welthandelsorganisation zu erpressen.


      Lanciert wird die „Buy America“-Initiative von dem konservativen Abgeordneten Duncan Hunter, der den Streitkräfte-Ausschuss des Repräsentantenhauses leitet. Duncan gehört zu einer protektionistischen Fraktion von Republikanern, welche die einheimische Wirtschaft vor vermeintlich schädlicher, internationaler Konkurrenz schützen wollen. Die konservative Bush-Regierung hat die Forderungen Duncans aber kritisiert. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld befürchtet, der Erwerb von Rüstungsgütern zum günstigsten Preis könnte erschwert werden.


      Im Streit um milliardenschwere Exportvergünstigungen für US-Firmen hat die EU Washington aufgefordert, bis Ende des Jahres das Gesetz für Außenhandelsgesellschaften zu ändern. Ansonsten will Brüssel Strafzölle in Höhe von vier Milliarden Dollar (3,4 Milliarden Euro) gegen die USA verhängen. Die Kommission reagierte damit auf Pläne im amerikanischen Kongress, die Vergünstigungen für weitere drei Jahre zu verlängern.


      WTO erlaubt Strafzölle


      Das amerikanische Steuerrecht erlaubt Exporteuren, Briefkastenfirmen in Steueroasen wie den Virgin Islands oder Barbados zu gründen und über diese Unternehmen Exporte steuerlich begünstigt abzuwickeln. Dieses System sichert US-Konzernen eine Steuerersparnis von bis zu 30 Prozent. Damit können sie auf Auslandsmärkten günstiger anbieten als die Konkurrenz. Derzeit existieren zwischen 4000 und 5000 so genannte Foreign Sales Corporations (FSC).


      Die WTO hatte diese Praxis bereits im vergangenen Jahr für unzulässig erklärt und die Strafzölle erlaubt. Der Finanzausschuss des US-Senats hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine Verlängerung der bisherigen Praxis bis 2007 vorsieht. „Wir warten bereits seit drei Jahren, dass das Gesetz aufgehoben wird“, heißt es in Brüssel. Ein weiterer Drei-Jahres-Zeitraum wäre nicht akzeptabel. Die Kommission bleibe bei ihrer Position, dass Sanktionen verhängt würden, wenn die Sonderregeln nicht bis Ende des Jahres aufgehoben würden.


      Mit vier Milliarden Dollar wären die Strafzölle die höchste Summe, die von der EU in einem Handelsstreit verhängt würde. Vor einem Jahr hatte die Kommission bereits eine Liste mit Produkten aus den USA vorgeschlagen. Betroffen wären vor allem Lebensmittel, Bücher, Zeitungen, Metallwaren, Spielzeug, Textilien und Elektronik.

      http://sueddeutsche.de/sz/wirtschaft/red-artikel690/
      Avatar
      schrieb am 08.10.03 13:35:05
      Beitrag Nr. 437 ()
      Avatar
      schrieb am 08.10.03 13:35:45
      Beitrag Nr. 438 ()
      Avatar
      schrieb am 08.10.03 17:47:58
      Beitrag Nr. 439 ()
      Die Schatten der Globalisierung
      von Joseph Stiglitz

      ISBN: 3-88680-753-3

      Fortsetzung


      WAS GLOBALE INSTITUTIONEN VERHEIßEN


      .....
      Der IWF ist eine öffentliche Institution, mit Geldern finanziert, die von Steuerzahlern aus der ganzen Welt aufgebracht werden. Das sollte man sich in Erinnerung rufen, da der IWF weder den Bürgern, die ihn finanzieren, noch den Menschen, deren Lebensbedingungen er beeinflusst, unmittelbar rechenschaftspflichtig ist. Vielmehr wird er von den Finanzministern und Zentralbankpräsidenten der Mitgliedsländer überwacht. Sie üben ihre Kontrolle durch ein kompliziertes Abstimmungsverfahren aus, in dem das Gewicht der einzelnen Länder weitgehend von deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit am Ende des Zweiten Weltkriegs abhängt. Seither wurden einige geringfügige Änderungen vorgenommen, doch die führenden Industriestaaten haben weiterhin das Sagen, und nur ein Land, die Vereinigten Staaten, haben de facto ein Vetorecht. (In dieser Hinsicht gleicht der IWF den Vereinten Nationen, wo ebenfalls ein historischer Anachronismus darüber entscheidet, wem ein Veto- recht zusteht - den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs -, aber dort können immerhin fünf Länder ihr Veto einlegen.)
      .....
      Die beiden Institutionen [Weltbank + IWF] hätten Ländern alternative Lösungskonzepte für einige ihrer Entwicklungs- und Transformationsprobleme anbieten können und so möglicherweise die demokratischen Prozesse gestärkt. Doch beide waren lediglich Erfüllungsgehilfen des kollektiven Willens der G 7 (der Regierungen der sieben führenden Industrienationen), insbesondere ihrer Finanzminister, und allzu oft war eine lebendige demokratische Debatte über alternative Strategien das Letzte, was sie wollten.
      .....

      Ungeachtet der Tatsache, dass unser Verständnis volkswirtschaftlicher Prozesse in den letzten fünfzig Jahren enorm zugenommen hat, und trotz der Bemühungen des IWF gibt es mehr und schwerere Finanzkrisen. Manchen Berechnungen zufolge waren allein in den letzten 25 Jahren fast einhundert Länder von Krisen betroffene Schlimmer noch: Viele der wirtschaftspolitischen Auflagen des IWF, vor allem die verfrühte Liberalisierung des Kapitalmarkts, verschärften die Instabilität der Weltwirtschaft. Und sobald ein Land in einer Krise steckte, haben die Finanzspritzen und Programme des IWF die Lage nicht nur destabilisiert, sondern in vielen Fällen sogar noch verschlimmert, insbesondere für die Armen. Der IWF hat nicht nur seinen ursprünglichen Auftrag verfehlt, die internationalen Finanzbeziehungen zu stabilisieren, sondern war auch in den neuen ihm übertragenen Aufgaben nicht erfolgreich, wie etwa der Förderung der Marktwirtschaft in ehemals planwirtschaftlich gelenkten Ländern.
      .....

      Die Probleme des IWF und der anderen internationalen Wirtschaftsinstitutionen lassen sich alle mit einem Wort umreißen: governance — der Frage also, wer die Entscheidungen trifft und warum. Die Institutionen werden nicht einfach von den reichsten Industriestaaten beherrscht, sondern insbesondere von Sonderinteressen der Handels- und Finanzwelt in diesen Ländern, und die Politik dieser Institutionen spiegelt diesen Sachverhalt natürlich wider. Das Auswahlverfahren für die obersten Entscheidungsträger der Institutionen verdeutlicht deren Problem, und es hat allzu oft zu ihrem Misserfolg beigetragen. Während IWF und Weltbank heute fast ausschließlich in der Dritten Welt aktiv sind (und das gilt insbesondere für ihre Kreditvergabe), werden sie von Vertretern der Industrieländer geleitet. (Gemäß einer Gepflogenheit beziehungsweise einer stillschweigenden Absprache ist der geschäftsführende Direktor des IWF immer ein Europäer, der Präsident der Weltbank dagegen immer ein Amerikaner.) Diese werden hinter verschlossenen Türen gewählt, und von den Kandidaten für diese Positionen wurde noch nie erwartet, dasssie praktische Erfahrungen in der Dritten Welt gesammelt hatten. Die Nationen, denen diese Institutionen dienen sollen, sind somit in ihren Leitungsorganen nicht angemessen vertreten. Für die Kleinbauern in Entwicklungsländern, die sich abmühen, die Schulden ihrer Länder beim IWF zurückzuzahlen, oder die Geschäftsleute in Ecuador, die aufgrund der Forderungen des IWF mit höheren Mehrwertsteuern belastet werden, ist das gegenwärtige System des IWF eines der » Besteuerung ohne Vertretung" (taxation without representation). Die Erbitterung über das internationale Regime der Globalisierung unter Leitung des IWF wächst, wenn den Armen in Indonesien, Marokko oder Papua-Neuguinea Brennstoff- und Nahrungsmittel-Subventionen gestrichen werden, wenn die Menschen in Thailand erleben, dass aufgrund der vom IWF erzwungenen Ausgabenkürzungen im Gesundheitswesen immer mehr Menschen an AIDS sterben, und wenn Familien in Entwicklungsländern, die für den Schulbesuch ihrer Kinder im Rahmen so genannter »Kostendeckungs«-Programme Gebühren entrichten müssen, die schmerzliche Entscheidung treffen, ihre Töchter nicht zur Schule zu schicken. Wenn Menschen keine Alternative haben, wenn sie ihre Nöte nicht artikulieren können und sich völlig ohnmächtig fühlen, rotten sie sich zusammen und randalieren.
      .............


      GEBROCHENEN VERSPRECHEN



      .....
      Diese beiden Institutionen, die in der Öffentlichkeit oft miteinander verwechselt werden, weisen markante Gegensätze auf in Kultur, Stil und Auftrag: Die eine widmet sich der Armutsbekämpfung, die andere der Wahrung der weltwirtschaftlichen Stabilität. Die eine entsendet Teams von Wirtschaftswissenschaftlern, die längere Zeit in dem Gastland leben, die andere schickt ihre Mitarbeiter auf dreiwöchige Stippvisiten, auf denen sie in Finanzministerien und Zentralbanken über Zahlen brüten und es sich ansonsten in Fünf-Sterne-Hotels bequem machen. Dieser Unterschied ist mehr als symbolischer Natur: Man kann ein Land nur dann kennen und lieben lernen, wenn man buchstäblich aufs Land geht. Arbeitslosigkeit ist keine ökonomisch-statistische »nackte Zahl«, die gleichsam den Kollateralschaden des Kampfs gegen Inflation oder des Bemühens, die Kredite westlicher Banken zurückzuzahlen, quantifiziert. Die Arbeitslosen sind Menschen mit Familien, deren Leben von der Wirtschaftspolitik beeinflusst und manchmal vernichtet wird, die ausländische Institutionen empfehlen beziehungsweise der IWF faktisch aufoktroyiert. Die moderne High-Tech-Kriegführung ist darauf ausgerichtet, physischen Kontakt zum Feind zu vermeiden: Wenn man Bomben aus einer Höhe von 10000 Metern abwirft, »spürt« man nicht, was man tut. Bei der modernen Wirtschaftssteuerung verhält es sich ganz ähnlich: Von seinem Luxushotel aus kann man gefühllos Konditionen auferlegen, über die man zweimal nachdächte, würde man die Menschen kennen, deren Leben man zerstört.
      ..... .................



      Äthiopien und der Kampf zwischen Machtpolitik und Armut


      .....
      Ich hatte eine Unterredung mit Ministerpräsident Meles Zenawi, einem Mann, der einen 17-jährigen Guerillakrieg gegen das blutige marxistische Regime von Mengistu Haile Mariam geführt hatte. Zenawis Truppen siegten 1991, und anschließend begann die Regierung mit der harten Arbeit, das Land wiederaufzubauen. Zenawi hatte zunächst Medizin und später Wirtschaftswissenschaften an der Open University in England studiert, weil er wusste, dass das einheimische Wirtschaftssystem grundlegend verändert werden musste, wenn das Land seine jahrhundertelange Armut überwinden wollte, und er zeigte ein Wissen, ja eine Kreativität in ökonomischen Fragen, die all meine Studenten beschämt hätte. Er verstand die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die besonderen Gegebenheiten in seinem Land viel besser als die Mitarbeiter internationaler Wirtschaftsinstitutionen, die sich mit Äthiopien befassten und mit denen ich in den folgenden drei Jahren zu tun hatte.
      .....
      Er und seine Minister bemühten sich grundsätzlich um eine Dezentralisierung, um so den Staat näher an die Menschen heranzubringen und sicherzustellen, dass das Zentrum nicht den Kontakt zu den verschiedenen Regionen verlor. Die neue Verfassung gab sogar jeder Region das Recht, sich nach einem demokratischen Abstimmungsverfahren abzuspalten. Dies stellte sicher, dass die politischen Eliten in der Hauptstadt, wer immer sie auch waren, es sich nicht erlauben konnten, die Sorgen der einfachen Bürger in den verschiedenen Landesteilen zu ignorieren, und dass keine einzelne Region dem Rest des Landes seine Ansichten aufzwingen konnte. Als Eritrea 1993 seine Unabhängigkeit erklärte, bewies die Regierung ihre Prinzipienfestigkeit.
      .....
      Aus verständlichen Gründen gewähren Weltbank und IWF nur solchen Ländern Kredite, die gute makroökonomische Rahmenbedingungen aufweisen.
      .....
      Dies traf auf Äthiopien zu, und zudem hatte die Weltbank direkte Belege für die Kompetenz der Regierung und ihr Engagement für die Armen. Äthiopien hatte eine Entwicklungsstrategie für seine ländlichen Regionen erarbeitet, die sich auf die Armen und vor allem jene 85 Prozent der Bevölkerung konzentrierte, die im landwirtschaftlichen Sektor erwerbstätig waren. Die Regierung hatte die Militärausgaben drastisch gekürzt - obwohl sie selbst mit militärischen Mitteln an die Macht gelangt war -, weil sie wusste, dass Gelder, die für Waffenkäufe verwendet wurden, nicht für die Bekämpfung der Armut zur Verfügung standen.
      .....
      Die äthiopische Regierung hatte zwei Einnahmequellen - Steuern und Auslandshilfe. Der Haushalt eines Staates ist so lange ausgeglichen, wie die Einnahmen gleich den Ausgaben sind. Wie viele andere Entwicklungsländer bezieht auch Äthiopien einen Großteil seiner Einnahmen aus der Auslandshilfe. Der IWF war in Sorge, dass Äthiopien in Schwierigkeiten käme, wenn diese Quelle einmal versiegte. Daher argumentierte er, Äthiopiens Haushaltslage könne nur dann als solide beurteilt werden, wenn die Ausgaben auf das Steueraufkommen begrenzt würden. Die Logik des IWF führt zu der problematischen Folgerung, dass kein Land die Auslandshilfe, die es bekommt, in Entwicklungsprojekte investieren dürfte. Wenn etwa Schweden Äthiopien Gelder für den Bau von Schulen zukommen ließe, würde diese Logik Äthiopien dazu zwingen, mit dem Geld seine Währungsreserven aufzustocken.
      .....
      Meles Zenawi formulierte es eindringlicher: Er sagte mir, er hätte nicht 17 Jahre so hart gekämpft, um sich von einem internationalen Bürokraten sagen lassen zu müssen, er dürfe keine Schulen und Kliniken für sein Volk bauen, nachdem er endlich internationale Geldgeber dafür gewonnen hatte.
      .....

      Äthiopien hatte einen amerikanischen Bankkredit mit einem Teil seiner Währungsreserven vorzeitig zurückgezahlt. Die Transaktion war ökonomisch absolut sinnvoll.
      .....
      Doch die Vereinigten Staaten und der IWF lehnten eine vorzeitige Rückzahlung ab. Sie beanstandeten nicht die Logik der Strategie, sondern die Tatsache, dass Äthiopien ohne vorherige Zustimmung des IWF aktiv geworden war. Doch weshalb sollte ein souveränes Land für jede Initiative die Erlaubnis des IWF einholen? Dies wäre verständlich gewesen, wenn der Schritt Äthiopiens seine Fähigkeit zur Tilgung der IWF-Kredite beeinträchtigt hätte; doch genau das Gegenteil war der Fall, da es eine sinnvolle finanzielle Entscheidung für die Solvenz des Landes war.
      .....

      Das gesamte Bankensystem Äthiopiens (gemessen beispielsweise am Wert sei- ner Aktiva) ist etwas kleiner als das von Bethesda, Maryland, einem Vorort von Washington mit etwa 55000 Einwohnern. Der IWF verlangte, dass Äthiopien nicht nur seine Finanzmärkte für die westliche Konkurrenz öffnen, sondern auch seine größte Bank in mehrere Teile zerschlagen sollte. In einer Welt, in der gewaltige amerikanische Finanzkonzerne wie Citybank und Travelers oder Manufactures Hanover und Chemical erklären, sie müssten fusionieren, um im Wettbewerb bestehen zu können, hat eine Bank von der Größe der North East Bethesda-Sparkasse keine Chance, sich gegen einen globalen Giganten wie Citibank zu behaupten.
      .....
      Äthiopien widerstand aus gutem Grund der Forderung des IWF, sein Bankensystem zu » öffnen «. Die Regierung hatte gesehen, was geschehen war, als eines der ostafrikanischen Nachbarländer den Forderungen des IWF nachgekommen war. In dem festen Glauben, der Wettbewerb zwischen den Banken würde Zinssenkungen auslösen, hatte der IWF darauf bestanden, dass das Land seinen Finanzmarkt »liberalisiert«. Das Ergebnis war katastrophal: Die Zinsen stiegen, und Landwirte, die immer stark von Krediten abhängig sind, wurden schwer getroffen.
      .....
      Als die Äthiopier den Forderungen des IWF nicht nachkamen, behauptete dieser, die Regierung meine es mit ihren Reformen nicht ernst, und setzte sein Hilfsprogramm aus.
      .....
      Die scharfe Kontroverse über die Vergabe von Krediten an Äthiopien öffnete mir die Augen über die Arbeitsweise des IWF. Es gab eindeutige Beweise dafür, dass sich der IWF bezüglich der Liberalisierung des Finanzmarkts und der gesamtwirtschaftlichen Lage in Äthiopien irrte, dennoch mussten die Ökonomen des IWF ihren Willen durchsetzen.
      .....
      Da die Entscheidungsfindung beim IWF größtenteils hinter verschlosseiien Türen abläuft - die gerade angeschnittenen Fragen wurden praktisch nicht öffentlich diskutiert -, nährt er den Verdacht, dass Machtpolitik, Sonderinteressen oder andere geheime Gründe, die nichts mit seinem Mandat und seinen expliziten Zielen zu tun haben, seine institutionelle Politik und Handlungsweise beeinflussen.
      .....

      Es gibt Alternativen zu den IWF-Programmen, die der Bevölkerung ein vertretbares Maß an Opfern abverlangen und die ohne marktwirtschaftlichen Fundamentalismus positive Ergebnisse erzielten. Ein gutes Beispiel ist das 3700 Kilometer südlich von Äthiopien gelegene Botsuana, ein kleines Land mit 1,5 Millionen Einwohnern, das seit seiner Unabhängigkeit eine stabile Demokratie ist.
      .....
      Botsuanas Erfolg basierte auf seiner Fähigkeit, einen politischen Konsens zu wahren, der auf einem breiten Willen zu nationaler Einheit fußte. Dieser politische Konsens, der notwendig ist für jeden tragfähigen Gesellschaftsvertrag zwischen Regierung und Regierten, war von der Regierung gemeinsam mit ausländischen Beratern, von denen viele im Auftrag der Ford Foundation tätig waren, sorgfältig erarbeitet worden.
      .....
      Als Botsuana vor zwanzig Jahren eine Wirtschaftskrise durchmachte, geriet dieser grundlegende Konsens in Gefahr. Eine Dürre bedrohte die Existenzgrundlage der vielen Menschen, die sich in der Viehzucht verdingten, und Probleme in der Diamantenindustrie hatten den Staatshaushalt und seine Devisenschätze schwer belastet.
      .....
      Im Fall von Botsuana verschrieb der IWF seine übliche Medizin und riet Botsuana, seine Währungsreserven nicht anzutasten. Die Regierung und die Berater des Landes hielten diese Empfehlung für falsch. Wegen der Schwankungsanfälligkeit der beiden Hauptsektoren, Viehzucht und Diamanten, hatte die Regierung klugerweise einen Notgroschen für schlechte Zeiten wie diese auf die hohe Kante gelegt. War es nicht sinnvoll, diese Ersparnisse jetzt in Anspruch zu nehmen? Offenkundig verkannte der IWF nicht nur den Stellenwert eines breiten gesellschaftlichen Konsenses, sondern auch die Funktion von Währungsreserven! Zum Glück lehnte die Regierung die "Hilfe" und den Rat des IWF ab. Sie war nicht bereit, die hart errungene soziale und politische Stabilität für den unsicheren Nutzen der IWF-Mittel aufs Spiel zu setzen. Botsuana schnallte den Gürtel enger - wobei jeder sein Scherflein beisteuerte - und überwand so die Krise, wenn auch unter größeren Entbehrungen, als es der Fall gewesen wäre, wenn der IWF seine Hilfe zu tragbareren Konditionen an- geboten hätte. Seither hat sich Botsuana nicht mehr Hilfe suchend an den IWF gewandt.
      .....
      Äthiopien und Botsuana sind typische Beispiele für die Herausforderungen, vor denen die erfolgreicheren Länder Afrikas heute stehen: Länder mit politischen Führern, die dem Wohl ihrer Völker verpflichtet sind, zerbrechliche und manchmal unvollkommene Demokratien, die sich bemühen, aus den Ruinen eines kolonialen Erbes, das ihnen weder Institutionen noch Humankapital hinterließ, bessere Lebensverhältnisse für ihre Menschen zu schaffen. Die beiden Länder sind auch typisch für die Gegensätze, die die Dritte Welt kennzeichnen: Gegensätze zwischen Erfolg und Misserfolg, Reich und Arm, Hoffnungen und Wirklichkeit, zwischen dem, was ist, und dem, was sein könnte.
      .....
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      Avatar
      schrieb am 08.10.03 17:51:21
      Beitrag Nr. 440 ()
      Fortsetzung

      Ich erlebte diesen Gegensatz, als ich Ende der sechziger Jahre zum ersten Mal nach Kenia kam. Kenia ist ein reiches und fruchtbares Land, und einige der wertvollsten Ländereien sind noch immer im Besitz alter Siedler aus der Kolonialzeit. Während England den Kenianern das Land weggenommen hatte, hatte es ihnen im Gegenzug nicht viel gegeben. Als ich eintraf, waren die ehemaligen Kolonialbeamten noch immer im Land; jetzt wurden sie Berater genannt, doch oftmals liefen die Fäden der Staatsverwaltung nach wie vor in ihren Händen zusammen. In Kenia und in anderen ehemaligen Kolonien hatten die Kolonialmächte die einheimischen Völker nicht darauf vorbereitet, die Leitung der Staatsgeschäfte selbst zu übernehmen.
      .....

      Allzu oft hat sich der IWF gegenüber den Entwicklungsländern wie ein kleiner Kolonialherrscher aufgeführt. Ein Foto kann mehr sagen als tausend Worte, und ein einziges Bild, das 1998 aufgenommen und auf der ganzen Welt verbreitet wurde, hat sich in das Bewusstsein von Millionen eingeprägt, vor allem in den ehemaligen Kolonien. Der geschäftsführende Direktor des IWF Michael Camdessus, ein kleiner, elegant gekleideter vormaliger Beamter des französischen Finanzministeriums, der einst behauptet hatte, Sozialist zu sein, steht mit strenger Miene und gekreuzten Armen hinter dem sitzenden und gedemütigten indonesischen Präsidenten.




      Der glücklose Präsident wird faktisch dazu gezwungen, als Gegenleistung für Finanzhilfen, die sein Land dringend braucht, die wirtschaftspolitische Souveränität über sein Land an den IWF abzutreten. Die Ironie wollte es, dass ein Großteil der Gelder letztlich nicht Indonesien zugute kam, sondern dazu diente, die Forderungen privater Kreditgeber aus den "Kolonialmächten" zu befriedigen. (Offiziell handelte es sich bei der "Zeremonie" um die Unterzeichnung einer "einvernehmlichen" Absichtserklärung, die faktisch vom Fonds diktiert wurde, obgleich die Verantwortlichen des IWF oftmals die Fiktion aufrechterhalten, die Absichtserklärung stamme von der Regierung des Landes!)
      .....
      Die Einstellung des IWF und seines Vorsitzenden waren klar: Die Institution war der Born der Weisheit, der die "rechte Lehre" kundtat, welche das Begriffsvermögen der Menschen in der Dritten Welt einfach überstieg.
      .....

      Natürlich tut der IWF so, als würde er die Bedingungen jeder Kreditvereinbarung mit einem Schuldnerland nicht diktieren, sondern aushandeln. Aber es sind einseitige Verhandlungen, in denen die gesamte Verhandlungsmacht beim IWF liegt, vor allem, weil viele Länder, die den IWF um Hilfe ersuchen, dringend Finanzmittel benötigen. Obgleich ich dies in Äthiopien und den anderen Entwicklungsländern, mit denen ich zu tun hatte, deutlich gesehen hatte, wurde es mir bei meinem Besuch in Südkorea im Dezember 19971 zu Beginn der Asienkrise, noch einmal eindringlich vor Augen geführt. Die südkoreanischen Volkswirte wussten, dass die Maßnahmen, die der IWF ihrem Land aufdrängte, verheerende Folgen haben würden.
      .....
      Koreanische Beamte erklärten mir widerstrebend, sie hätten es nicht gewagt, offen zu widersprechen. Denn der IWF könne nicht nur seine eigenen Mittel abdrehen, sondern seinen enormen Einfluss auch dafür geltend machen, Anlagen privater Investmentfonds zu unterbinden, indem er Finanzinstituten des privaten Sektors seine Zweifel an der wirtschaftspolitischen Solidität Koreas mitteilte. Folglich hatte Korea keine Wahl. Folglich hatte Korea keine Wahl.
      .....

      Länder erhalten strikte Zielvorgaben - was in 30,60 und 90 Tagen erreicht sein soll. In einigen Fällen legten die Abkommen fest, was für Gesetze das Parlament des Landes verabschieden müsste, um die Anforderungen beziehungsweise "Zielvorgaben" des Landes zu erfüllen, und wann.
      .....
      Die Konditionen gehen über ökonomische Auflagen im engeren Sinne hinaus und berühren alle möglichen Politikfelder. Im Falle Koreas beispielsweise enthielt das Kreditabkommen eine Klausel, die eine Änderung des Zentralbankgesetzes forderte, damit die Zentralbank unabhängiger von politischer Einflussnahme, würde, obgleich kaum etwas dafür spricht, dass Länder mit unabhängigeren Zentralbanken höhere Wachstumsraten erzielen oder weniger ausgeprägte Konjunkturschwankungen haben.
      .....
      So wurde die koreanische Zentralbank mitten in der Korea-Krise dazu aufgefordert, sich aus- schließlich auf die Inflation zu konzentrieren, obgleich Korea keine bedenklich hohe Inflation hatte, und es gab keinen Grund zu der Annahme, eine schlechte Geldpolitik hätte zu der Krise beigetragen. Der IWF nutzte einfach die zusätzliche Macht, die ihm die Krise gab, um seine politischen Ziele durchzusetzen. Als ich das IWF-Team in Seoul fragte, warum es dies täte, bekam ich eine Antwort, die mich bestürzte (auch wenn ich es eigentlich hätte wissen können): Wir fordern immer eine unabhängige Zentralbank, die sich auf Inflationsbekämpfung konzentriert. Dies war eine Frage, zu der ich eine entschiedene Ansicht besaß. Als ich volkswirtschaftlicher Chefberater des US-Präsidenten war, wehrten wir den Versuch von Senator Connie Mack aus Florida ab, die Satzung der US-Zentralbank zu ändern und sie dazu zu verpflichten, sich ausschließlich der Inflationsbekämpfung zu widmen. Die Fed, die amerikanische Zentralbank, soll gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag bei ihren geldpolitischen Entscheidungen nicht nur die Inflation, sondern auch den Beschäftigungsstand und das Wachstum berücksichtigen. Der Präsident war gegen die Satzungsänderung, und wir wussten, dass die Amerikaner der Ansicht waren, dass sich die Fed sowieso schon zu sehr auf die Inflation konzentriere. Der Präsident machte klar, dass dies eine Frage war, in der er nicht nachgeben würde, woraufhin die Befürworter einer Satzungsänderung einen Rückzieher machten. Dennoch erlegte der IWF - vor allem auf Druck des US-Finanzministeriums - Korea eine wirtschaftspolitische Kondition auf, die die meisten Amerikaner in ihrem Land abgelehnt hätten.
      .....

      So ritt den IWF selbst dann die Inflationsparanoia, als die Vereinigten Staaten die niedrigsten Inflationsraten seit Jahren verzeichneten. Seine Empfehlung war vorhersehbar: die Zinsen erhöhen, um die Wirtschaft zu drosseln.
      .....
      Die Vereinigten Staaten setzten sich über den Rat des IWF hinweg. Weder die Regierung Clinton noch die Federal Reserve gaben viel darauf. Die Vereinigten Staaten konnten dies ungestraft tun, weil sie nicht auf die Unterstützung des IWF oder an- derer Geldgeber angewiesen waren, und wir wussten, dass sich der Markt so wenig um die Empfehlungen scheren würde wie wir. Der Markt würde uns nicht dafür bestrafen, dass wir den Rat ignorierten, und uns nicht dafür belohnen, dass wir ihn befolgten. Doch arme Länder rund um die Erde sind nicht in einer so glücklichen Lage. Sie ignorieren die Empfehlungen des IWF zum eigenen Schaden.
      .....


      FREIHEIT DER WAHL ?

      Wenn man einem Papagei den Spruch »fiskalische Austerität, Privatisierung und Marktöffnung« beigebracht hätte, dann hätte man in den achtziger und neunziger Jahren auf den Rat des IWF verzichten können. Denn dies waren seine drei Säulen der Empfehlungen nach dem »Washington Consensus«. Bei der »Bewertung« der Erfolgsbilanz des IWF sollten wir uns klar machen, dass diese Empfehlungen, sofern sie sachgerecht umgesetzt werden, sehr nützlich sind.
      .....
      Das Problem an dem »Washington Consensus« besteht darin, dass der IWF diese wirtschaftspolitischen Leitlinien als Selbstzweck betrachtet statt als Mittel zu einem gerechter verteilten und nachhaltigeren Wachstum. Dadurch erhalten diese Leitlinien im Vergleich zu anderen politischen Maßnahmen, die ebenfalls nötig gewesen wären, ein viel zu großes Gewicht.
      .....
      Die erfolgreichsten Entwicklungsländer, diejenigen in Ostasien, öffneten sich der Außenwelt langsam und wohl geordnet. Diese Länder nutzten die Globalisierung, um ihre Exporte zu steigern und dadurch ihr Wachstum zu beschleunigen. Aber sie bauten ihre "Schutzzäune" umsichtig und systematisch nur in dem Maße ab, wie neue Arbeitsplätze entstanden. Sie sorgten dafür, dass Kapital für die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Gründung neuer Unternehmen zur Verfügung steht, und sie übernahmen sogar eine unternehmerische Rolle bei der Förderung neuer Unternehmen. China ist gerade dabei, seine Handelsschranken ab- zubauen, zwanzig Jahre, nachdem es seinen Weg in die Marktwirtschaft angetreten hat und in denen seine Wirtschaft extrem schnell gewachsen ist. Jamaika, dem man eine allzu schnelle Liberalisierung aufnötigte, wurde 1992. durch subventionierte Billigmilch aus den Vereinigten Staaten überschwemmt, mit der Folge, dass viele der einheimischen Milchbauern ihren Markt verloren.
      .....

      Diejenigen im Westen, die mit der WTO die Handelsliberalisierung vorantrieben, haben gleichzeitig weiterhin jene binnenwirtschaftlichen Sektoren abgeschirmt, die durch die Konkurrenz aus Entwicklungsländern bedroht werden könnten. Tatsächlich war dies einer der Hauptgründe für den Widerstand gegen eine neue Handelsrunde, die eigentlich in Seattle beginnen sollte: Frühere Handelsrunden hatten die Interessen der entwickelten Industrienationen - beziehungsweise, um genauer zu sein. Sonderinteressen innerhalb dieser Länder - geschützt, ohne dass damit Vorteile für die weniger entwickelten Länder einhergegangen wären. Die Demonstranten wiesen zu Recht darauf hin, dass bei früheren Handelsrunden die Handelsschranken für Industriegüter, von Kraftfahrzeugen bis zu Maschinen, aus entwickelten Industriestaaten gesenkt wurden. Gleichzeitig zeigten die Unterhändler dieser Länder keinerlei Bereitschaft, ihre Subventionen für heimische Agrarprodukte abzubauen; sie schotteten die Märkte für diese Produkte und für Textilien ab, obwohl viele Entwicklungsländer hier im komparativen Vorteil sind.

      Die jüngste Uruguay-Handelsrunde befasste sich erstmals mit dem Thema des freien Dienstleistungsverkehrs. Letztlich wurden die Märkte jedoch überwiegend für die Dienstleistungen der höchstentwickelten Länder geöffnet - Finanzdienstleistungen und Informationstechnologie -, nicht aber für den Gütertransport auf See und Baudienstleistungen, wo die Entwicklungsländer einen Fuß in die Tür hätten bekommen können. Die Vereinigten Staaten rühmten sich der Vorteile, die ihnen das Abkommen ein- bringe. Die Entwicklungsländer dagegen erhielten kein angemessenes Stück vom Kuchen. Nach einer Berechnung der Weltbank wird das Einkommen der afrikanischen Staaten südlich der Sahara, der ärmsten Region der Welt, aufgrund des Handelsabkommens um mehr als zwei Prozent sinken. Es gibt weitere Beispiele für Ungerechtigkeiten, die in der Dritten Welt immer stärker in die öffentliche Diskussion gelangen, auch wenn sie in den Industrieländern nur selten Schlagzeilen machen. Länder wie Bolivien haben ihre Handelsschranken nicht nur stärker abgebaut als die Vereinigten Staaten, sondern sie kooperieren mit den USA auch bei der Ausmerzung des Koka-Anbaus, der Kokain liefert, obwohl diese Feldfrucht den armen Bauern ein höheres Einkommen verschafft als alle anderen Alternativen. Die Vereinigten Staaten halten ihre Märkte jedoch für alternative Agrarprodukte, wie etwa Zucker, verschlossen, die die bolivianischen Landwirte für den Export anbauen könnten, sofern sie einen Absatzmarkt dafür hätten.
      .....
      Das Ganze wird noch schlimmer, wenn die Vereinigten Staaten einseitig handeln und sich nicht hinter dem Deckmantel des IWF verstecken.
      .....
      Die Rhetorik, mit der die US-Regierung ihrer Position Nachdruck verleiht, festigt das Bild von einer Supermacht, die bereit ist, sich für ihre Sonderinteressen stark zu machen. Mickey Kantor, der US-Handelsbeauftragte in der ersten Clinton-Regierung, wollte, dass China seine Märkte schneller öffnet.
      .....
      Die Weltbank - und jeder Volkswirt - betrachtet China mit seinem Pro-Kopf-Einkommen von 450 Dollar nicht nur als ein Entwicklungsland, sondern zudem als ein Entwicklungsland mit niedrigem Einkommen. Doch solche Tatsachen ließen einen hartgesottenen Unterhändler wie Kantor ziemlich kalt. Er bestand darauf, dass China ein Industrieland sei und aus diesem Grund nur eine kurze Anpassungsperiode zugestanden bekommen sollte.
      .....
      Ironischerweise haben die USA, die doch darauf bestanden, dass sich China als »Industrieland« schnell anpassen solle - und weil China die sich in die Länge ziehende Verhandlungszeit gut nutzte, konnte es diese Forderungen auch erfüllen -, für sich selbst beansprucht, so behandelt zu werden, als wären sie ein Entwicklungsland: Sie begnügten sich nicht mit der zehnjährigen Ubergangsfrist für den Abbau ihrer Handelsschranken gegen Textilimporte, die Teil der Verhandlungen von 1994 gewesen waren, sondern forderten weitere vier Jahre.
      .....
      Die amerikanische Forderung nach einer Liberalisierung der Finanzmärkte in China diente nicht der Stabilität der Weltwirtschaft, sondern den beschränkten Interessen der amerikanischen Finanzwelt, die das Ministerium mit Nachdruck vertrat.
      .....
      So negativ eine vorzeitige und schlecht geplante Handelsliberalisierung für die Entwicklungsländer auch war, die Öffnung des Kapitalmarktes hatte in vielerlei Hinsicht noch negativere Folgen. Die Liberalisierung des Kapitalmarkts geht mit der Beseitigung von Regulierungen einher, die spekulative Finanzströme (hot money) in einem Land steuern sollen - das sind kurzfristige Kredite und Kontrakte, die in der Regel nichts als riskante Wetten darauf sind, dass sich die Wechselkurse erholen werden.
      .....
      Um die mit diesen volatilen Kapitalbewegungen verknüpften Risiken zu kontrollieren, wird allen Ländern routinemäßig empfohlen, von ihren Währungsreserven einen Teil beiseite zu legen, der ihren kurzfristigen, auf ausländische Währungen lautenden Krediten entspricht. Um zu verstehen, was dies bedeutet, wollen wir annehmen, dass eine Firma in einem kleinen Entwicklungsland einen kurzfristigen Kredit über 100 Millionen Dollar zu einem Zins von 18 Prozent bei einer amerikanischen Bank aufnimmt. Wenn das Land eine umsichtige Politik betreiben wollte, müsste es seine Währungsreserven um 100 Millionen Dollar aufstocken. Im Allgemeinen werden Währungsreserven in Form US-amerikanischer Schatzwechsel gehalten, die gegenwärtig etwa vier Prozent Zinsen abwerfen. Das Land nimmt also in den USA einen Kredit zu 18 Prozent auf und gewährt den USA gleichzeitig einen Kredit zu vier Prozent. Dem Land als Ganzes stehen somit keine Ressourcen mehr für Investitionen zur Verfügung. Amerikanische Banken machen einen stattlichen Gewinn, und die USA insgesamt kassieren jährlich 14 Millionen Dollar an Zinsen. Aber es ist schwer zu ersehen, wie dies dem Entwicklungsland ermöglichen soll, sein Wachstum anzukurbeln. Anders gesagt, es ist offenkundig sinnlos.
      .....


      Wird fortgesetzt (so nach und nach, in unregelmäßigen Abständen) !!
      http://www.miprox.de/Wirtschaft_allgemein/Stiglitz-Die_Schat…
      Avatar
      schrieb am 08.10.03 20:44:35
      Beitrag Nr. 441 ()
      Rente: Neun-Milliarden-Loch?

      Beiträge könnten auf 20,4 Prozent steigen



      Die Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung müssen sich im kommenden Jahr offenbar doch auf steigende Beiträge einstellen. Der Verband der Rentenversicherungsträger (VDR) geht nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" bei seiner jüngsten Schätzung davon aus, dass der Rentenversicherung bis zu neun Milliarden Euro fehlen. Damit müsste der Satz im nächsten Jahr von 19,5 auf bis zu 20,4 Prozent steigen.

      Zwar plant die Regierung ein Notpaket, um eine derart drastischen Beitragsanhebung zu verhindern. In einer Stellungnahme des VDR für eine Anhörung des Bundestagshaushaltsausschusses heißt es dem Blatt zufolge aber, selbst wenn die Regierung entsprechende Spargesetze umsetze, müsse der Rentenbeitrag um mindestens 0,2 Prozent steigen. Alternativ müssten die Renten um ein Prozent gekürzt werden. Der VDR begründe die Prognose mit der Absicht von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), den Zuschuss des Bundes zur Rentenversicherung um zwei Milliarden Eurozu kürzen, schreibt das Blatt.



      Einsparungen sollen in Bundeshaushalt fließen

      Eine generelle Kürzung der Rentenzahlbeträge hat es nach Angaben des VDR in der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Betroffen wären rund 24 Millionen Renten und rund 19,5 Millionen Rentner. "Der Unmut darüber wäre vermutlich auch deshalb sehr groß, weil die eingesparten Mittel nicht im System der Rentenversicherung blieben, sondern dem Bundeshaushalt zu Gute kämen", schreibt der VDR. Der Verband lehnt deswegen eine Kürzung des Bundeszuschusses ab.

      Die Spitzen von SPD und Grünen wollen am 18./19. Oktober Maßnahmen gegen einen Beitragsanstieg vereinbaren. Bereits nach der Juni-Schätzung war ein Fehlbetrag von etwa vier Milliarden Euro festgestellt worden, der eine rechnerische Erhöhung des Beitragssatzes auf 19,9 Prozent nach sich gezogen hätte. Im Gespräch ist neben der Verschiebung der Rentenanpassung um ein halbes oder ganzes Jahr auch die Reduzierung der Schwankungsreserve von derzeit 50 auf 30 Prozent oder auf Null. Erwogen wird auch, Neurentnern die Altersbezüge nicht mehr zu Monatsanfang, sondern erst am Monatsende zu überweisen. Außerdem soll die Rentenanpassung durch einen «Nachhaltigkeitsfaktor» abgeflacht werden.


      CDU: Geplante Notmaßnahmen reichen nicht aus

      Der Haushaltsexperte der Union, Dietrich Austermann (CDU), nannte die Stellungnahme eine schallende Ohrfeige für die Bundesregierung und Eichel. Jetzt räche sich, dass eine falsche Wirtschafts-, Haushalts- und Arbeitsmarktpolitik zu immer weniger Beschäftigung und damit zu einer immer geringeren Zahl von Beitragszahlern geführt habe, sagte Austermann der Zeitung.

      Der CDU-Rentenexperte Andreas Storm (CDU) sprach von einer Bankrotterklärung der Regierung in der Rentenpolitik. Nach seiner Schätzung beträgt das Loch in der Rentenversicherung sogar zehn Milliarden Euro, wenn der Bundeszuschuss, wie von Eichel verlangt, gekürzt wird. Die Beitragszahler müssten auf alle Fälle mit steigenden Sätzen rechnen. "Die geplanten Notmaßnahmen reichen nicht aus, den Beitragssatz von 19,5 Prozent zu sichern", sagte Storm.

      Wie der Rechnungshof kritisierte auch Storm das geplante Abschmelzen der Rentennotreserve. "Es ist verantwortungslos, die finanzielle Eigenständigkeit der Rentenversicherung durch einen weiteren Abbau der Schwankungsreserve in Gefahr zu bringen", sagte er. Es könne nicht sein, dass die Renten künftig vom Finanzminister abhingen.

      (N24.de, ddp, dpa)
      -----------------------------------------
      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 08.10.03 20:49:17
      Beitrag Nr. 442 ()
      Kommentar

      Wohin geht Europa?


      km. 4. Oktober begann eine Regierungskonferenz der Europäischen Union, die bis zum Dezember dauern und an deren Ende der Beschluss der Staats- und Regierungschefs über eine Verfassung für die Europäische Union stehen soll. Noch ist nicht absehbar, welche Entscheidung am Ende getroffen wird. In den Massenmedien liest, sieht und hört man,

      dass es Uneinigkeit geben soll zwischen dem Konvent und den Regierungen der grossen EU-Staaten auf der einen und den Regierungen der kleineren Staaten auf der anderen Seite, ob der Entwurf des Konvents noch einmal «aufgeschnürt» werden soll,
      dass insbesondere die kleinen und die im kommenden Jahr der EU beitretenden Staaten darüber klagen, in den Organen der EU, insbesondere in der Kommission, nur unzureichend vertreten zu sein,
      dass kein Politiker so richtig zufrieden mit dem Entwurf ist, aber viele behaupten, der (in sehr kurzer Zeit) formulierte Entwurf sei der einzig mögliche Kompromiss gewesen zwischen den verschiedenen Regierungen und EU-Institutionen.
      Unterdessen reissen die Skandale um die EU und ihre Institutionen nicht ab. Schon seit Wochen schwelt eine Diskussion um die für die Statistik zuständige Behörde der EU, Eurostat, wo 5 bis 10 Millionen Euro der Haushaltsmittel in unbekannte Kanäle geflossen sind. Der Rücktritt von 3 bis 4 Kommissaren wird gefordert, berichtet wird auch, dass innerhalb der EU-Bürokratie grosses Misstrauen zwischen den Beamten aus den verschiedenen Ländern herrscht. So kennt man es auch aus Staatsformen, in denen die Mächtigen ihre Positionen dadurch sichern wollen, dass sie untergebene Stellen in permanente innere Reibereien verwickeln.

      Kaum diskutiert werden bislang die Inhalte und neuralgischen Punkte des vorgelegten Verfassungsentwurfs, unter anderem

      die Tatsache eines unübersichtlichen und für kaum einen Bürger durchschaubaren Artikel-Haufens, der mehr an sozialistische Zeiten bürokratischer Regelungswut als an ein freiheitliches und demokratisches Gebilde erinnert,
      ein Institutionen- und Verfahrensgebäude, das die bisherige undemokratische Struktur der EU fortschreibt, festschreibt und allenfalls mit Retuschen versieht,
      eine verwirrende Mischung sogenannter neuer Grundrechte der EU mit einer schon vor zwei Jahren verabschiedeten Grundrechtecharta, die schon bei ihrer Verabschiedung viel Kritik erfuhr, nichtsdestoweniger aber unverändert übernommen wurde,
      ein schon ganz zu Beginn genanntes «Grundrecht der Globalisierung», das die unbeschränkte Freiheit im Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr festschreibt, ohne eine Antwort auf die Probleme der Globalisierung zu geben,
      noch mehr Befugnisse der Institutionen der EU in bisherigen Bereichen nationalstaatlicher Souveränität, insbesondere eine weitere Militarisierung und Zentralisierung der Aussenpolitik der europäischen Staaten,
      eine substantielle Staatlichkeit der Europäischen Union, bei der noch mehr als bislang schon gelten wird: EU-Bestimmungen brechen nationales Recht.
      Noch ist nicht entschieden, in wieviel Staaten der EU die Bevölkerung in einem Volksentscheid über die Annahme der Verfassung bestimmen können wird und ob solche Abstimmungen am Ende einer wirklich offenen und ehrlichen Diskussion stehen werden. Sehr wahrscheinlich wird es in Ländern mit Volksentscheid eine eher einseitige Regierungs- und Medienpropaganda geben, die der Idee direkter Demokratie Hohn spricht.

      Europa hat eine sehr wechselhafte Geschichte. Grosse Leistungen für das Wohl der Menschen in Wissenschaft und Kultur, Wirtschaft und Politik stehen Zeiten der Gewalt und des Schreckens gegenüber. Die Menschen in Europa können auf eine Substanz der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Selbstbestimmung zurückgreifen, die aber der Pflege und Weiterentwicklung bedürfen. Ob die geplante EU-Verfassung in eine solche Richtung geht, ist fraglich.



      Artikel 4: Zeit-Fragen Nr.37 vom 6.10.2003, letzte Änderung am 7.10.2003
      http://www.zeit-fragen.ch/
      Avatar
      schrieb am 08.10.03 20:53:59
      Beitrag Nr. 443 ()
      Knebelvertrag - Wie Banken Kredite künstlich teurer machen

      Autor: Andreas Wolter


      Normalerweise fordern Bankinstitute bei der Vergabe eines Konsumentenkredits den Abschluss einer Restschuldversicherung, wenn andere Sicherheiten nicht vorliegen. Eine derartige Restschuldversicherung kostet bei einem 5000-Euro-Kredit mit einer Laufzeit von 60-70 Monaten etwa einmalig 70 Euro. Ist die Laufzeit kürzer, ist auch diese Restschuldversicherung günstiger. Soweit der Normalfall.

      Banken verdienen am Nebengeschäft

      Immer öfter verlangen Banken jetzt jedoch bei Konsumentenkrediten teure Zusatzversicherungen zur Absicherung der Restschuld. Dadurch verteuern sich die vorgeblich günstigen Kleinkredite mit versprochenen Zinsätzen von sieben bis zehn Prozent enorm. Professor Udo Reifner vom Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen wirft den Banken unseriöses Geschäftsgebaren vor: "Nachdem die Gerichte den Wucher bei den Zinsen verboten haben, machen die Banken jetzt die Nebenleistungen so extrem teuer, so dass hier der eigentliche Wucher liegt!"

      Versicherungen gegen alles mögliche
      Der Test von Plusminus ergab: Durch die Extra-Police steigt der Effektivzins bei Kleindarlehen auf bis zu 22 Prozent! Bei einer Filiale der Citibank in Hamburg-Barmbek sollte die Restschuldabsicherung für einen 5.000-Euro-Kredit insgesamt 836 Euro kosten, fast ein Fünftel der eigentlichen Kreditsumme. Auch bei anderen Banken wurde die Kreditzusage für den Tester von Plusminus (lediger Angestellter mit 1.300 Euro Nettoeinkommen) an den Abschluss einer zusätzlichen Versicherung geknüpft. Die Kreditsachbearbeiter einer Volksbank in Köln verlangten für eine Absicherung gegen Tod, Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit eine Zusatzpolice zum Preis von 524,50 Euro, ähnlich auch eine Dresdner-Bank-Geschäftsstelle in Hamburg mit einer Zusatzpolice in Höhe von 244,98 Euro. Eine Filiale der Deutschen Bank in Berlin forderte zum Ratenkredit den Abschluss einer Kreditversicherung in Höhe von 297,20 Euro und eine Filiale der Commerzbank in Berlin verlangte eine Zusatzpolice für 314,64 Euro.

      Kunden zahlen im voraus
      Dazu kommt: Die Versicherungsprämie ist sofort fällig. Für Prof. Reifner ein Unding:
      "Sie müssen für 72 Monate, also für sechs Jahre im voraus Ihre ganzen Prämien schon zahlen. Stellen Sie sich mal vor: Bei einer Autoversicherung müssten Sie für die nächsten sechs Jahre schon heute die Versicherungsprämie zahlen. Wie hoch das wäre! Und da das keiner zahlen kann, die Leute wollen ja Kredit haben, wird dafür ein Kredit wieder gewährt. Und an dem Kredit verdient die Bank jetzt auch noch."

      Zwang zur Restschuldversicherung

      Eigentlich müssen Restschuldversicherungen freiwillig sein. Die Kopplung von Kreditausreichung und Zusatzversicherung ist zwar nicht zulässig, aber faktisch gewähren die zehn von Plusminus getesteten Banken und Sparkassen die Darlehenszusage nur bei Abschluss der Zusatzpolice. Rechnet man die in der Regel sofort fälligen und im Kredit mitfinanzierten Zwangs-Versicherungsprämien in die 72-monatige Laufzeit des Darlehens ein, kostet der 5.000-Euro-Kredit bei der Citibank insgesamt fast 8.600 Euro. Das entspricht einem Effektivzins von 22,22 Prozent.:eek: :eek: Das Commerzbank-Darlehen hätte statt des angegebenen Effektivzinses von 11,22 durch die Zusatzprämie einen echten Effektivzins von 14,15 Prozent. Bei der Deutschen Bank steigt der Effektivzins von 12,12 Prozent auf 15,36 Prozent an. Der Effektivzins beim Volksbankdarlehen verdoppelte sich durch die extrem teure Versicherungsprämie und die auf 44 Monate begrenzte Laufzeit des Kredits von 9,87 auf 16,48 Prozent.:eek:

      Achtung: Effektiver Jahreszins sagt nicht die ganze Wahrheit
      Maßstab für die Vergleichbarkeit von Kreditangeboten ist der effektive Jahreszins. Darin sind alle Zinsen und Gebühren enthalten, nur nicht die Kreditversicherung.
      Professor Reifner sieht Handlungsbedarf: Künftig sollen alle Restschuldversicherungskosten mit in den effektiven Jahreszins einbezogen werden, so dass Verbraucher die Kredite vergleichen können. Die EU arbeitet bereits an einer entsprechenden Festlegung.

      Vorerst aber bleibt der Kunde der Dumme. Gegen teure Kreditversicherungen kann er sich nur wehren, wenn er im Besitz einer Lebensversicherung mit einem ausreichend hohen Rückkaufswert ist.



      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 7.10.03 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

      http://www3.mdr.de/plusminus/kredit.html
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      schrieb am 08.10.03 20:56:50
      Beitrag Nr. 444 ()
      Todesursache Zahlungsstopp
      Warum Krankenkassen lebensrettende Behandlungen verweigern


      Autorin: Christiane Cichy


      Die Grundsätze unserer medizinischen Versorgung bestimmt das Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Empfehlungen und Richtlinien für die Erstattungsfähigkeit von Medikamenten oder Therapieverfahren erarbeiten die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen. Sie werden im Arzneimittelgesetz (AMG) oder den Arzneimittelrichtlinien (AMR) festgehalten. Häufig handelt es sich dabei um Kann-Bestimmungen, also Regelungen, die so oder so ausgelegt werden können.

      Grundsätzlich gilt, dass die Krankenkassen jedem Patienten eine Versorgung finanzieren müssen, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen". So formuliert es sinngemäß der Paragraph 2 Absatz 1 des Sozialgesetzbuches V.

      Gleichzeitig aber - und es klingt wie ein Widerspruch - dürfen die Kassen Arzneimittel nur dann erstatten, wenn ein Medikament für eine ganz bestimmte Krankheitssituation (Indikation) von den Arzneimittelbehörden zugelassen wurde.

      In der Behandlung von Krebserkrankungen (Onkologie) ist die tägliche Behandlungswirklichkeit anders. In Deutschland wie auch in anderen Staaten werden seit langem Arzneimittel auch außerhalb der zugelassenen Indikation eingesetzt. Das nennt man Off-Label-Use, den Einsatz einer Therapie außerhalb seiner eigentlichen Bestimmung.
      Der Einsatz von Arzneimitteln außerhalb des vorgeschriebenen Anwendungsgebietes ist bei Krebspatienten nötig, um für sie eine individuelle Behandlung zu ermöglichen, die dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Im Bereich der Kinderonkologie zum Beispiel werden 90 Prozent der medikamentösen Therapien zwar ohne eine entsprechende Zulassung, aber gemäß wissenschaftlicher Erkenntnisse verordnet.

      Leider begibt sich der Arzt, der mit einer Off-Label-Therapie behandelt, rechtlich aufs Glatteis:
      In einem Grundsatzurteil vom 19.März 2002 hat das Bundessozialgericht entschieden, dass ein Medikament zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur in dem Anwendungsbereich verordnet werden kann, auf den sich seine offizielle Zulassung bezieht.

      Ausnahme:

      Es handelt sich um eine schwerwiegende lebensbedrohliche Erkrankung, bei der keine andere Therapie verfügbar ist und Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg zu erreichen ist.
      Bei privat versicherten Patienten ist eine so genannte Off-Label-Verordnung nach wie vor möglich.
      Dem Arzt, der sich nicht an diese Regelungen aus dem Sozialrecht hält, drohen empfindliche Honorar-Rückzahlungen aus der eigenen Schatulle. Der Arzt kann zuvor Widerspruch einlegen und beim Sozialgericht klagen.
      Gleichzeitig aber können Krebspatienten einen Arzt zivil- und strafrechtlich auf unterlassene Hilfeleistung und einen Behandlungsfehler verklagen, wenn er in der Krebstherapie nicht nach dem aktuellen Stand des medizinischen Fortschritts behandelt wird. Und dieser aktuelle Stand wissenschaftlicher Erkenntnis wird bereits durch das Vorliegen von neuesten Erkenntnissen aus einer einzigen großen Behandlungsstudie über das zur Diskussion stehende Medikament verändert.
      Fazit:

      Onkologisch tätige Ärzte sitzen auf einem unheilvollen Schleudersessel und müssen bei ihrer verantwortungsvollen Aufgabe die Quadratur des Kreises schaffen.
      Für Brustkrebspatientinnen ist das Wissen um die neuesten Studien angesichts der Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen eine überlebensnotwendige Pflicht.#
      Ein Lösungsweg aus dem Onko-Dilemma:
      Auf Drängen der Deutschen Krebsgesellschaft gemeinsam mit anderen onkologischen Fachgesellschaften hat das Bundesministerium für Gesundheit der Einrichtung einer Expertenkommission (natürlich ohne PatientenvertreterInnen) zur Erarbeitung von mehr Transparenz und Sicherheit in der Off-Label-Therapie zugestimmt.



      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 7.10.03 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      http://www3.mdr.de/plusminus/krankenkassen.html
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      schrieb am 08.10.03 21:00:18
      Beitrag Nr. 445 ()
      Falschberatung bei der Bank -
      wie Kreditinstitute zum Nachteil der Kunden handeln


      Autor: Nicolas Peerenboom


      Wer hinter die mächtigen Fassaden großer deutscher Banken blickt, entdeckt man so manchen Fall der Abzocke. Und die hat ihre Hintergründe. Denn einige große Kreditinstitute beschäftigen zunehmend Bankberater, die eigentlich selbständige Handelsvertreter sind und ausschließlich auf Provisionsbasis arbeiten.

      Experte warnt: Vorsicht bei selbständigen Finanzberatern
      Professor Wolfgang Gehrke vom Institut für Bank- und Börsenwesen in Nürnberg hat beobachtet, dass die Banken den kleinen Mann wieder entdeckt haben, nachdem der Investmentbereich so katastrophal eingebrochen ist. In der Beratung setzen die Geldhäuser dabei zunehmend auf selbständige Finanzberater. Gehrke sieht darin Gefahren: "Ein Berater, der auf Provisionsbasis bezahlt wird, der schaut nur noch auf die Maximierung seiner Provision und nicht mehr auf die Qualität seiner Beratung. Für uns Bankkunden heißt das, wir bekommen nicht unbedingt das, was wir optimal bekommen sollten, was wir brauchen, sondern wir bekommen das, was für uns möglicherweise schlechter ist und nur dem Berater nützt."

      Trend bei deutschen Banken: Berater auf Provisionsbasis
      Branchenprimus Deutsche Bank beispielsweise bedient sich bereits des Systems mit selbständigen Beratern. Über 1000 so genannte mobile Berater fahren von Filiale zu Filiale, durchforsten den Kundenbestand, vereinbaren Termine mit den Kunden und - denken wohl nur an eines: Umsatz, damit die Kasse klingelt. Übrigens gehen immer mehr Banken und Sparkassen dazu über, Geldanlageberater auf Provisionsbasis zu beschäftigen, so auch die Commerzbank.

      Der Beispielfall: 9000 Euro Schaden für Kundin der Deutschen Bank
      Lore Richardt, 75 Jahre, hatte sechs Sparverträge und rund 78.000 Euro auf der hohen Kante. Die Zinsen waren gut: Von 4, 6 Prozent für den rentierlichsten Sparvertrag bis zu 2,25 Prozent für die beiden Bonus-Sparverträge, bei denen am Ende der Sparzeit noch ein Bonus oben drauf kommt. Doch das war einmal, denn sie ließ sich auf ein Beratungsgespräch der Deutschen Bank ein. Was ihr dabei widerfuhr, hat wenig mit professioneller Beratung im Kundeninteresse zu tun: Der Finanzberater überredete sie, die Sparverträge vorzeitig zu kündigen und mit dem Geld Anteile an zwei offenen Immobilienfonds der Deutschen Bank zu erwerben, für monatlich 400 Euro. Dazu "vermittelte" ihr der Berater noch einen Bausparvertag über 105.000 EURO.

      Beratung im Kundeninteresse? Wohl kaum! Schließlich würde doch niemand eine gute Geldanlage kündigen, neue Kosten produzieren und obendrein eine Anlage mit ungewissem Ertrag erwerben.
      Durch die vorzeitige Kündigung der Sparverträge entgehen Frau Richardt nach Berechnung der Verbraucherzentrale Hamburg jetzt Zinseinnahmen in Höhe von 3.710 Euro! Zudem soll sie wegen der vorzeitigen Kündigung 400 Euro Vorzuschusszinsen zahlen. Doch damit der finanziellen Nachteile nicht genug: Für den neu abgeschlossenen Bausparvertrag zahlte Frau Richardt 1.055 Euro Abschlussgebühr. Für die frisch erworbenen Immobilienanteile musste sie einen Ausgabeaufschlag von 3.800 Euro hinblättern. Kosten und entgangene Zinsen summieren sich für Frau Richardt nun auf einen Gesamtschaden von knapp 9.000 Euro.

      Heftige Kritik von Verbraucherschützern
      Die Verbraucherzentrale Hamburg meint, dass dies keine Beratung zugunsten von Frau Richardt war, sondern zugunsten der Deutschen Bank und eines Finanzberaters, der von Provisionen lebt. Dabei hatte sich der Berater der Deutschen Bank über die Anlageziele von Frau Richardt informiert. Gesetzlich ist nämlich vorgeschrieben, das im Beratungsgespräch die Risikobereitschaft und die Anlageziele eines Anlegers ermittelt werden müssen. Deshalb wusste der Finanzberater der Deutschen Bank ganz genau, dass Frau Richardt eine "gesicherte Ertragserwartung" hat und eine Anlegerin mit "geringer Risikobereitschaft" ist. Er wusste auch, dass das Geld "sicher" und "verfügbar" angelegt werden sollte. Der neue Bausparvertrag von Frau Richardt ist zwar sicher, das Geld aber nur mit Verlusten verfügbar. Bei den Immobilienfonds ist gar keine Aussage möglich darüber, wie die sich entwickeln werden. Hier sind sowohl Gewinne als auch Verluste möglich. Die Anlageziele der Kundin, die auch nach dem Bankgespräch nicht weiß, was ein Immobilienfonds ist, - durch die Beratung konterkariert.

      Wertpapierhandelsgesetz: Bank muss Anlageziele der Kunden verfolgen
      Banken haben die Pflicht zur anleger- und anlagegerechten Beratung. Das ist in den Paragrafen 31 ff. des Wertpapierhandelsgesetzes festgeschrieben. Darin ist unter anderem geregelt, dass die Banken die Kunden nach ihren bisherigen Anlageerfahrungen, nach ihren Anlagezielen und ihrer Risikobereitschaft befragen müssen. Die Antworten müssen dokumentiert werden.
      Verstößt eine Bank gegen diese Auflagen oder werden Anlagen vermittelt, die nicht den Zielen der Kunden entsprechen (Falschberatung), besteht Anspruch auf Schadenersatz. Mehrere Kunden konnten sich damit auch schon bei Gericht durchsetzen, ihnen wurde in Urteilen Schadenersatz zugesprochen.

      Tipps für Anleger
      1. Nie sofort unterschreiben
      Wenn man von seiner Bank zu einem Beratungsgespräch über seine Geldanlage eingeladen wird, sollte man ruhig hingehen. Doch wenn der Berater einem neue Produkte empfiehlt, auf keinen Fall sofort unterschreiben! Nehmen Sie die Verkaufsprospekte mit nach Hause und lesen Sie sich das Angebot genau!

      2. Unbedingt vergleichen
      Fast immer ist es so, dass der Bankberater Ihnen Finanzprodukte verkaufen möchte, die von Ihrem Geldhaus angeboten werden. Doch das sind nicht unbedingt die Besten. Deshalb empfiehlt es sich immer, die beiden folgenden Fragen zu stellen:
      a) Passt das empfohlene Finanzprodukt überhaupt zu meinen Bedürfnissen?
      b) Wo gibt es dieses Produkt vielleicht mit besseren Konditionen.

      3. Rat einholen!
      Grundsätzlich kann man sich nur dann wirklich entscheiden, wenn man sich informiert und das Geldanlageprodukt auch wirklich verstanden hat. Oftmals sind diese Produkte aber sehr kompliziert. Guten und günstigen Rat bekommen Sie bei Ihrer Verbraucher-Zentrale oder in verbraucherorientierten Publikationen, zum Beispiel" FINANZTEST"


      Achtung: Das Argument "Steuern sparen" zieht oft nicht
      Oft kommt es vor, dass Anlageberater ihre Produkte dem Kunden mit dem Hinweis auf mögliche Steuerersparnisse schmackhaft machen. Doch häufig halten diese Argumente einer genauen Prüfung nicht stand. Rentner beispielsweise zahlreiche Freibeträge, so dass die angepriesenen Steuervorteile am Ende gar keine sind.


      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 7.10.03 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      http://www3.mdr.de/plusminus/bank.html
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      schrieb am 08.10.03 21:15:50
      Beitrag Nr. 446 ()
      Vom Sinn und Unsinn des Mülltrennens - ist die gelbe Tonne am Ende?

      Autor: Holger Balodis


      Während viele Deutsche weiterhin brav Joghurtbecher und Plastetüten in die gelbe Tonne sortieren, erklären renommierte Müll-Experten wie Prof. Dr. Klaus Wiemer von der Universität Kassel und Helmut Paschlau aus München in [plusminus die derzeit in Deutschland praktizierte Form der Mülltrennung durch den Verbraucher für technisch überholt. Früher seien die gelben Tonnen zweifellos sinnvoll gewesen. Doch durch enorme technische Fortschritte in den Sortier- und Verwertungsanlagen sei eine vollkommen neue Situation entstanden. Diese zum Beispiel mit Nahinfrarot-Geräten ausgestatteten Anlagen könnten problemlos alle Wertstoffe auch aus bunt gemischtem Hausmüll herausholen. Gezielt könnten dabei auch verschiedene Kunststoffarten, Glasfarben etc. im nachhinein aussortiert werden.

      Gelbe Tonne inzwischen überflüssig
      Ergo: Die gelbe Tonne sei im Prinzip verzichtbar. Und Prof. Wiemer erklärte, er halte "ein Eintonnensystem für effizienter, wirkungsvoller und ökologisch richtiger." Obendrein sei es vermutlich wesentlich preiswerter.
      Der Rückkehr zu diesem Eintonnensystem steht aber derzeit noch die gültige Verpackungsverordnung entgegen. Die schreibt die getrennte Erfassung und Verwertung des Verpackungsmülls vor.


      Die Ausgangslage: Zwang zur Mülltrennung

      Seit Einführung der Verpackungsverordnung im Jahre 1991 sind die deutschen Verbraucher gehalten, ihren Müll zu trennen: Den mit einem "grünen Punkt" gekennzeichneten Verpackungsmüll in die gelbe Tonne bzw. den gelben Sack. Der Restmüll landet in der grauen Tonne. Dazu kommen unter Umständen noch mehrere weitere Tonnen für Glas, Papier und Biomüll.
      Das kostet nicht nur Mühe, sondern auch viel Geld: rund zwei Milliarden Euro zahlen die deutschen Verbraucher in Form von Lizenzgebühren, die im Kaufpreis von Bechern und Tüten einhalten sind. Das Geld fließt an das Duale System Deutschland (DSD), das davon die Leerung der gelben Tonnen, die Sortierung und die anschließende Verwertung organisiert. Umgerechnet fast 25 Euro pro Kopf kostet so die Mülltrennung im Schnitt jeden Deutschen.



      Mülltrennung ist ineffizient

      Dabei sind die Ergebnisse eher unbefriedigend: Knapp 30 Kilogramm sogenannter Leichtverpackungen werden pro Kopf im Jahr in gelben Tonnen gesammelt. Tatsächlich verwertet wird davon aber kaum mehr als die Hälfte.
      Der Rest sind so genannte Fehlwürfe und Sortierreste, die dann doch wieder mit dem normalen Hausmüll entsorgt werden müssen.
      Andererseits befinden sich gerade in diesem Hausmüll, der derzeit über die grauen Tonnen von den Kommunen entsorgt wird, noch erhebliche Mengen an wertvollen Rohstoffen, die in der Regel für eine Verwertung verloren gehen.
      Prof. Wiemer ermittelte in zahlreichen hessischen und niedersächsischen Kommunen, dass sich im normalen Hausmüll sogar noch mehr Verpackungen mit grünem Punkt befinden als in der gelben Tonne. Bestätigt wurde dies unter anderem durch Messungen der Abfallämter in Dresden und Münster.

      Die Aufrechterhaltung der teuren Getrenntsammlung mit zwei verschiedenen Müllabfuhren macht vor diesem Hintergrund also wenig Sinn. Eine gemeinsame Abfuhr hätte logistische Vorteile und würde Kosten sparen. Falls es tatsächlich gelingt, die Wertstoffe aus dem gemischten Hausmüll zu verwerten.


      Neue Techniken

      Zum Zeitpunkt der Einführung des Dualen Systems war eine sortenreine Trennung und Verwertung des gemischt erfassten Müll tatsächlich noch nicht möglich. Heute hingegen ist das technisch kein Problem mehr. Es existieren sogar schon entsprechende Anlagen. Alle großen Müllkonzerne - wie zum Beispiel RWE, Rethmann, Schönmackers oder Alba - stehen mit Konzepten zur gemeinsamen Erfassung in den Startlöchern und warten quasi nur noch auf eine entsprechende Vorgabe durch die Politik.

      Funktioniert bereits: Trockenstabilat-Anlage
      Für besonders viel Aufsehen sorgte jedoch Herhof, ein mittelständisches Unternehmen aus Hessen. Dieses hat eine so genannte Trockenstabilat-Anlage entwickelt, die bereits erfolgreich an drei Standorten (Dresden, Asslar, Rennerod) arbeitet. Problemlos können dort Hausmüll und Verpackungsmüll gemeinsam verwertet werden.
      Zunächst werden Eisen, Aluminium, Keramiken und Glas vollautomatisch aussortiert. Der Rest wird in einem biologisch-mechanischen Verfahren zu einem so genannten "Trockenstabilat" gepresst. Ein hochwertiger Sekundärrohstoff, der beispielsweise in der Chemieanlage Schwarze Pumpe zu Methanol umgewandelt und dann in der Kunststoffproduktion eingesetzt wird.

      Am Beispiel Trockenstabilat und Methanolerzeugung werden die Schwächen des gegenwärtigen Systems der getrennten Müllerfassung überdeutlich:
      denn nicht nur das Trockenstabilat landet in der Schwarzen Pumpe, sondern auch der Löwenanteil der vom Dualen System gesammelten und sortierten Mischkunststoffe. Mit anderen Worten: In Dresden wird der Müll zunächst in graue und gelbe Tonnen getrennt und aufwändig sortiert. Nur um dann kurze Zeit später rund 100 km weiter in der Methanolproduktion wieder zusammen zu fließen.


      Umweg Gelbe Tonne kostet viel Geld


      "Das ist ein gutes Beispiel dafür" urteilt der Münchner Müllexperte Helmut Paschlau "dass der teure Umweg über die gelbe Tonne überhaupt nicht sein muss." Paschlau war früher der Leiter des Abfallamts in München und berät heute als Müllexperte viele Verbände und nahezu alle großen deutschen Müllkonzerne.

      Um wieviel teurer der Umweg über die gelbe Tonne ist, lässt sich nur schätzen. Das Duale System macht gegenüber [plusminus keine Angaben, wieviel das Sammeln, Sortieren und Verwerten einer Tonne Mischkunststoff insgesamt kostet. Experten schätzen: rund 1000 Euro pro Tonne.
      Zum Vergleich: eine Tonne Dresdner Hausmüll zu Trockenstabilat verarbeitet und zur Methanolanlage geliefert kostet weniger als 200 Euro.



      DSD in der Defensive

      Auch das Duale System Deutschland (DSD) sieht ein, dass seine bisherige Totalverweigerung gegen Konzepte der gemeinsamen Müllerfassung nicht mehr haltbar ist. Man wolle mit verschiedenen Unternehmen Pilotversuche durchführen - so die mündliche Information eines DSD-Sprechers - um wissenschaftlich zu belegen, inwieweit die Verwertung des Mischmülls tatsächlich funktioniere. Man könne sich durchaus vorstellen, dass in bestimmten Regionen, in denen die Sortierdisziplin besonders schlecht sei, die getrennte Erfassung von Verpackungsmüll durch gelbe Säcke oder Tonnen künftig aufgegeben werde.
      Ein Interview oder eine schriftliche Stellungnahme gab es vom Dualen System aber für [plusminus nicht. Bevor die angekündigten Pilotversuche nicht ausgewertet seien, wolle man sich zur Frage der Getrenntsammlung versus Eintonnensystem nicht äußern.



      Umweltminister Trittin als Blockierer(wie immer,ob es nützt oder nicht, Hauptsache man blockiert )


      Auch im Umweltbundesamt und dem Bundesumweltministerium stellen mittlerweile viele Fachbeamte das Dogma der Getrenntsammlung in Frage.
      Helmut Schnurer, Leiter der Abteilung Abfallwirtschaft im Ministerium, äußerte sich mehrfach deutlich zu den Schwächen des gelben Sackes. Wenn im Hausmüll mehr Verpackungen enthalten seien als in der Sammlung des Dualen Systems müsse man ernsthaft prüfen, inwieweit die aufwändige Getrenntsammlung noch Sinn mache.
      Auch der Abteilungsleiter Abfall im Umweltbundesamt, Prof. Dr. Jürgen Hahn, hält solche Versuche für angebracht. Bereits in der Vergangenheit begleitete er wissenschaftlich Test, die belegten, dass aus normalem Hausmüll in modernen Sortieranlagen mehr Verpackungen zurückgewonnen werden könne, als aus dem Inhalt der gelben Tonnen.

      Auch das z.B. in Dresden und dem Lahn-Dill-Kreis praktizierte Herhof-Trockenstabilatverfahren sieht er positiv. Damit könne bereits heute das von der Bundesregierung selber verkündete Ziel einer vollständigen, das heisst rückstandslosen Abfallverwertung nahezu erreicht werden - und das auf hohem ökologischen Niveau und zu vertretbaren Kosten.
      Den grünen Bundesumweltminister Jürgen Trittin haben diese Erkenntnisse aber offenbar noch nicht erreicht. Er beharrt auf der gelben Tonne, stützt damit weiter das Duale System und ließ [plusminus mitteilen:
      "Die Getrenntsammlung von Verpackungsmüll ist nach wie vor sinnvoll. Die getrennte Erfassung von Wertstoffen ist die Voraussetzung für die Gewinnung hochwertiger Recycling-Produkte. Nur so ist gewährleistet, dass die neu entstehenden Produkte weitgehend frei von Schadstoffen sind."


      Pilotversuche beweisen Effektivität der Ein-Tonnen-Entsorgung


      Diese Behauptung wird durch einen Pilotversuch des Entsorgungsmarktführers RWE Umwelt AG widerlegt. In einer hochmodernen Sortieranlage in Essen schickte RWE im Februar diesen Jahres 800 Tonnen gemischten, verdreckten Hausmüll aus dem Kreis Neuss über die Bänder. Das erstaunliche Ergebnis: Es konnten weitaus mehr Wertstoffe sortenrein zurückgewonnen und verwertet werden, als dies mit den gelben Säcken möglich gewesen wäre. Noch erstaunlicher: Das gilt sogar bezogen auf die mit dem grünen Punkt gekennzeichneten Verpackungen, die eigentlich im Hausmüll nichts verloren haben. Die Verschmutzungen konnten der Sortierung und späteren Verwertung nichts anhaben. Fazit: Einer gemeinsamen Erfassung und Sortierung steht technisch nicht im Wege.


      Sinkende Preise durch Eintonnensystem?

      Prinzipiell gehen alle von [plusminus befragten Müllexperten von sinkenden Preisen bei einem Eintonnensystem aus. Auf genaue Werte will sich jedoch keiner festlegen. Nur so viel: Die Gesamtkosten der Getrenntsammlung betragen derzeit rund zwei Milliarden Euro. Dies könnte prinzipiell zur Preissenkung "verteilt" werden. Allerdings müsste, wenn der gesamte Müll wieder in der grauen Tonne landet, diese häufiger geleert werden, was den Kommunen Mehrkosten verursacht. Teilweise kompensiert würde dies durch Effizienzgewinne, weil nicht mehr drei oder vier Müllabfuhren (Restmüll, Gelber Müll, Biomüll, Papier, Glas) die gleichen Strecken fahren.
      Um wieviel es tatsächlich billiger wird, müssen Testläufe über einen längeren Zeitraum belegen.

      Das Ende des Dualen Systems?

      Entscheidend ist auch der grundsätzliche Weg einer Kostenentlastung. Würde das Duale System und mit ihm die erhobenen Lizenzgebühren entfallen, so sparte jeder Verbraucher im Schnitt knapp 25 Euro pro Jahr an der Ladentheke. Dafür müsste er vermutlich geringfügig höhere kommunale Entsorgungsgebühren tragen.

      Favorisiert wird deshalb von vielen Experten der zweite Weg:
      Die Lizenzgebühren bleiben erhalten, da sie als Lenkungswirkung zur Abfallvermeidung durchaus Sinn machen. Das zur reinen Inkassostelle für Lizenzgebühren reduzierte Duale System leitet die erhobenen Gebühren an jene Städte und Kreise weiter, die bei einer gemeinsamen Erfassung die Wertstoffe optimal verwerten. Ergebnis: Während an der Ladentheke alles beim alten bleibt, können die kommunalen Müllgebühren deutlich sinken.
      Der Landrat des Lahn-Dill-Kreises, Dr. Karl Ihmels, der den Hausmüll in einer Herhof-Trockenstabilatanlage verwertet, fordert dies seit langem. Er wolle - so verspricht er - die "Gutschrift" des Dualen Systems in nahezu vollem Umfang an die Bürger weiter geben. Für eine vierköpfige Familie hieße das: knapp 100 Euro im Jahr Ersparnis.

      Ausblick: Glaubwürdigkeitsproblem!
      Bleibt die Frage, warum die Politik beharrlich an der gelben Tonne festhält.
      Experten vermuten, dass man im Ministerium vor allem ein Glaubwürdigkeitsproblem fürchtet. Wie will man den Verbrauchern, denen man über zehn Jahre lang mit großem Werbeaufwand das Mülltrennen als besonders vorbildlich dargestellt habe, nun die Kehrtwende ohne Gesichtsverlust vermitteln?
      Dies sieht auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen so. In seinem Gutachten 2002 haben die Umweltweisen den ökologischen Sinn der Getrenntsammlung eindeutig bezweifelt.
      Aus pädagogischen Gründen plädierten sie dennoch nicht für die Abschaffung der gelben Tonne. Das Umweltbewusstsein der Bürger könne einen zu großen Schaden nehmen.(so ein Kappes und aus pädagogischen Gründen sollen wir von Jahr zu Jahr unnötig mehr Kosten tragen, lachhaft ):mad: :confused::laugh:


      Auch der renommierte Berater von Kommunen und Müllkonzernen, Helmut Paschlau, sieht das Problem, doch sei dies eher einer Frage der richtigen Kommunikation. "Wenn man den Bürger ehrlich über die enormen Fortschritte der modernen Anlagen aufklärt und ihm erklärt, dass er sich viel Mühe und obendrein noch Geld sparen kann, wird er das ohne Zweifel akzeptieren."





      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 7.10.03 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      http://www3.mdr.de/plusminus/muell.html
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      schrieb am 08.10.03 21:20:33
      !
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      schrieb am 08.10.03 21:33:07
      Beitrag Nr. 448 ()
      Kopfpauschale (Zum Teufel damit)

      Entlastung für den Arbeitsmarkt(/und/oder für die Reichen)

      Die von SPD und CDU im Juli gemeinsam beschlossene Gesundheitsreform brachte den Stein ins Rollen: Schon kurz nach der Verabschiedung des überparteilichen Kompromisspakets war klar, dass weitere Reformen notwendig sind. Wurde dazu zunächst das Konzept der Bürgerversicherung ins Gespräch gebracht, wird mit der sogenannten Kopfpauschale auch eine zweite Reform-Variante zunehmend wahrgenommen.






      Die Kopfpauschale stellt ein recht einfaches Einnahmeinstrument dar, bei dem alle Erwachsenen - also beispielsweise auch die bis dato beitragsfrei mitversicherten Ehefrauen - unabhängig von ihrem Einkommen einen fixen Betrag berappen sollen. Nach Vorschlägen der von der Regierung eingesetzten Rürup-Kommission sollen dies etwa 200 Euro sein, während die Bürger nach dem Herzog-Papier der Union 264 Euro monatlich berappen sollen.

      (haben die noch alle Tassen im Schrank ? bei den üppigen Gehältern, lässt sich sowas einfach sagen. Am besten wird der Beitrag %ual erhoben, dann können die auch mal richtig blechen und ist bestimmt sozial gerechtfertigt)


      Umverteilung von unten nach oben
      (genau so sieht die Sache aus)

      Der Haupteinwand gegen diesen Vorstoß lautet: Er entlastet obere Einkommen besonders, käme also einer Umverteilung von unten
      nach oben gleich. So spricht sich beispielsweise der SPD-Politiker Klaus Kirschner, Vorsitzender des Bundestags-Gesundheitsausschusses vehement gegen die Kopfpauschale aus: "Eine Kopfpauschale würde bedeuten, dass jeder die gleiche Pauschale zu leisten hat, das heißt, untere Einkommen werden unverhältnismäßig hoch belastet, höhere werden unverhältnismäßig entlastet, das halte ich auch für falsch."

      Die Vorteile der Kopfpauschale für die Arbeitgeber liegen allerdings ebenfalls auf der Hand. Ziel dieses Konzeptes ist es, die Arbeitgeber aus der paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung zu entlassen.

      Das klingt zunächst nach alleiniger Begünstigung der Arbeitgeber, die in dieser Einseitigkeit womöglich aber gar nicht gegeben ist. Denn wer einen Mitarbeiter einstellt, rechne die Sozialaufwendungen ohnehin zu seinen Lohnkosten hinzu. Der Arbeitgeber trenne aus seiner Unternehmersicht nicht zwischen Ausgaben für Lohn- und Krankenversicherung, sondern weise alle Ausgaben für seine Mitarbeiter als Lohnkosten aus, so das Argument.



      Höhere Kassenbeiträge - weniger Jobs
      Je höher aber die die Krankenversicherungsbeiträge anstiegen, desto teurer werde auch die Arbeit für den Unternehmer. Jeder Prozentpunkt an höheren Kassenbeiträgen vernichte Jobs, schaffe Anreize zur Verlagerung von Arbeit in Billiglohn-Länder oder zum Ersatz von Menschen durch Maschinen, mahnen die Anhänger der Kopfpauschale.

      Deswegen plädieren sie dafür, Krankenversicherungen in Zukunft so zu betrachten wie etwa Haftpflichtversicherungen: Sie sind Sache des Einzelnen, nicht des Arbeitgebers. Der zahlt einen festen Lohn, und davon muss jeder Arbeiternehmer seine Ausgaben bestreiten.

      So könnten Kostenexplosionen im Gesundheitswesen die Arbeitslosigkeit genauso wenig nach oben treiben wie das Diebstähle Wasser- oder Sturmschäden täten. Die Gesellschaft würde den Schaden nur noch einmal bezahlen: Durch höhere Prämien aber nicht durch höhere Arbeitslosigkeit.



      Abgefedert
      Die Krankenversicherungsprämien blieben dann künftig zwar am Arbeitnehmer hängen, räumen die Befürworter der Kopfpauschale ein. Doch das klinge schlimmer als es sei. Denn um den Systemübergang abzufedern, würden die Arbeitergeber am Stichtag der Umstellung die Löhne brutto um ihren bisherigen Arbeitgeberbeitrag zur Krankenversicherung erhöhen. Das gesamte Geld flösse also direkt an den Arbeitnehmer, während sich die Arbeitgeber fortan nicht mehr mit Versicherungen herumschlagen und die Verwaltungskosten senken könnten.

      Der Arbeitnehmer aber bestreite mit seinem zusätzlichen Gehalt seine Prämie an die Kasse - wie jeder Privatversicherte. Am Tag der Umstellung stehe der Arbeitnehmer also gleich da. Die absehbaren Steigerungen der Kopfpauschale müsse er dann zwar allein verkraften, doch zumindest teilweise werde er diese zusätzliche Belastung durch Lohnerhöhungen wettmachen können.

      Der Vorteil dabei sei, dass die Kostenexplosion im Gesundheitswesen nicht mehr automatisch auf die Arbeitskosten durchschlage, sondern nur indirekt über Lohnverhandlungen. Die Arbeit würde billiger werden, und mehr Jobs entstünden, argumentieren die Befürworter der Kopfpauschale.



      Staatsgeld
      (dann soll man noch als Bittsteller beim Staat anklopfen,ist das Sinn der Sache?)
      Neben Alt-Bundespräsident Roman Herzog zählt der Sozialexperte Bert Rürup zu den prominentesten Vertretern der Kopfpauschale. Rürups Kommission arbeitete im Auftrag der Bundesregierung Vorschläge zur Reform der Sozialversicherungssysteme aus. Um die Kopfpauschale sozial ausgewogener zu gestalten (s.o.), wird auch eine staatliche Hilfe für Bedürftige vorgeschlagen.

      Mindestens 25 Milliarden Euro Steuergeld sollen jedes Jahr fließen. Da der Staat aber häufig klamm ist, befürchten Kritiker der Kopfpauschale, dass Politiker und Lobbyisten jedes Jahr einen Milliardenringkampf veranstalten – Gesundheitsreformen würden zur Dauerinstitution.

      Wie der Kampf um die Milliarden ausgehe, habe der Reformkompromiss im Gesundheitswesen ja gerade erst gezeigt: Den Patienten würden mehr Lasten aufgebürdet. Zudem habe die Kopfpauschale ihre Überlegenheit noch nicht beweisen können: In der Schweiz, die die Prämien eingeführt habe, lägen die Gesundheitsausgaben höher als in Deutschland, monieren die Kritiker.

      (sueddeutsche.de)
      Avatar
      schrieb am 08.10.03 22:05:40
      Beitrag Nr. 449 ()
      Schlagzeile der Zukunft

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Es ist 4 Uhr morgens; Zeit, mit der Arbeit zu beginnen. Normalerweise lebe und arbeite ich ja in Europa, in Frankreich; aber derzeit bin ich im sonnigen Nicaragua ... und wegen der Zeitverschiebung muss ich so früh aufstehen, um auf dem Laufenden zu bleiben, was die News aus Europa angeht. Aber was ist das? Das müssen die Nachrichten von morgen sein. Die Seattle Times hat eine Schlagzeile, die dazu bestimmt ist, in den kommenden Jahren populär zu sein:

      "Immer mehr Hausbesitzer verkaufen ihre Häuser für weniger als sie schulden (an Hypotheken)."

      Was ist da schief gelaufen? Ich weiß es nicht, aber ich habe das Gefühlt, dass diese Schlagzeile sich in den USA bald den Weg bis an die Küsten gebahnt haben wird. Anderswo lese ich allerdings, dass die Vereinigung der kalifornischen Immobilienmakler für Kalifornien dieses Jahr einen Anstieg der Immobilienpreise um 13 % prognostiziert. Damit würde der durchschnittliche Preis eines Hauses in Kalifornien 414.000 Dollar erreichen, verglichen mit 168.000 Dollar in geistig gesünderen Gegenden der USA.

      Da haben Sie es, liebe(r) Leser(in): Eine Kaufmöglichkeit. Kaufen Sie Häuser in Missouri und verschiffen Sie diese nach Kalifornien. Wenn die Transportkosten (LKW oder Schiff; es gibt mobile Häuser) weniger als 246.000 Dollar betragen, dann haben Sie einen Gewinn gemacht.

      Das ist Wahnsinn, natürlich. Aber das ist Wahnsinn mit jeder Menge vernünftiger Gründe dahinter. Die kalifornische Volkswirtschaft ist fast so groß wie die von Frankreich ... und sie arbeitete mehr oder weniger nach den gleichen Prinzipien. "Dem kalifornischen Gouverneur steht ein großes Durcheinander bevor", so CNBC (Mein Rat an Arnie: Wenn Du wirklich die Wahlen gewonnen hast, so wie es jetzt aussieht ... verlange ein Nachzählen der Stimmen.)

      Ein Teil des Durcheinanders ist allerdings nicht die Schuld des Gouverneurs ... und es liegt nicht in seiner Kraft, das in Ordnung zu bringen. Es geht um das Durcheinander, auf das ich oft hinweise. Kalifornien arbeitet mit Dollars. Frankreich erledigt seine Geldgeschäfte mit Euros. Der Euro ist gestern weiter gestiegeen, und der Vorsitzende der Europäischen Zentralbank hat gesagt, dass der Dollar weiter fallen wird.

      "Die USA haben ein riesiges Leistungsbilanzdefizit", erklärte der Banker mit der Silbermähne, "deshalb wird es früher oder später eine Anpassung dieser Währung (des Dollar) geben."

      Dieser Tag wird für die Hausbesitzer an der amerikanischen Westküste kein glücklicher Tag sein. Der durchschnittliche Hausbesitzer konnte sich im letzten Jahr darüber freuen, dass sein "Reichtum" um 40.000 Dollar oder so gestiegen war. Viele konnten nicht anders; sie zogen dieses Geld aus ihren Häusern, indem sie die Hypotheken erhöhten. Und ich sage voraus, dass viele das bedauern werden, wenn der fallende Dollar die Zinsen nach oben zwingen wird – und die Immobilienpreise nach unten. Diese Hausbesitzer werden sich mit weniger Vermögen finden, als sie dachten ... während ihre Hypotheken immer noch so groß sind, wie sie dachten.

      Aber das liegt alles in der Zukunft. Wie diese Schlagzeile aus Seattle.

      Jetzt aber zu Dir, Eric:
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      Gier ist offensichtlicher als Furcht

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in Manhattan

      Wie ist es möglich, dass die US-Aktien weiter steigen, sogar während der Dollar verliert? Diese zwei gegensätzlichen Trends sind in der Tat merkwürdige Bettgenossen.

      Was diese Paarung besonders bizarre macht, ist die Tatsache, dass die USA so stark von der enthusiastischen Nachfrage der ausländischen Investoren nach US-Vermögensanlagen abhängen. Auf die eine oder andere weisen leihen die Ausländer der konsumverrückten amerikanischen Nation jedes Jahr fast 1 Billion (!) Dollar. Die Amerikaner nehmen dieses Geld, das sie uns schicken, und bezahlen damit Geländewagen, Plasma-Fernseher und teure militärische Kampagnen in weit entfernten Ländern. Allerdings vergessen die Amerikaner nicht, ihre Gläubiger mit immer billigeren Dollars zu bezahlen. Eines Tages – das Timing ist unsicher – könnten die Ausländer das Interesse daran verlieren, den amerikanischen Konsum zu unterstützen. Sie hätten das Interesse schon verloren, nur konsumieren die Amerikaner Güter, die von ihnen produziert werden.

      Wie wenig Gewinn bringt es, ausländische Währungen in US-Vermögensanlagen zu tauschen? Bedenken Sie, dass der Nasdaq Composite Index seit Ende August rund 5 % zugelegt hat ... auf Dollarbasis. Aber Käufer aus Euroland haben wegen des Währungseffektes insgesamt 2 % in diesem Zeitraum verloren, wenn sie Aktien aus dem Nasdaq Composite gekauft haben.

      Den ausländischen Anleihenkäufern geht es nicht besser ... ausländische Zentralbanken halten US-Staatsanleihen und vergleichbare Papiere im Volumen von fast 1 Billion Dollar. Grob gesagt hat der Dollarrückgang der letzten 5 Wochen die amerikanischen Gläubiger rund 85 Milliarden Dollar ärmer gemacht. Das ist reales Geld.

      Und dennoch wollen die US-Zentralbank und das US-Finanzministerium und das Weiße Haus den Dollar sogar noch weiter fallen lassen. Das sei gut für unsere Exportindustrie, sagen die amerikanischen Politiker. Das stimmt, aber es ist sehr schlecht für die US-Konsumenten und Sparer und fast jeden, der in den USA lebt.

      "Andere Länder teilen ihre Verpflichtung, die US-Konsumenten weiterhin Geld ausgeben zu lassen", so Justin Lahart von CNN/Money. "Die großen Exporteure – besonders Japan und China – haben sich bemüht, ihre Währungen gegenüber dem Dollar niedrig zu halten, was im Endeffekt den Amerikanern erlaubt hat, mehr von den Gütern Japans und Chinas zu kaufen. Die US-Konsumausgaben sind für 20 % des Welt-Bruttoinlandsproduktes verantwortlich."

      "Deshalb hängt die Weltwirtschaft vom US-Konsumenten ab. Und der US-Konsument ist aufs Äußerste beansprucht ... irgendwann werden die Gläubiger der US-Konsumenten – also der Rest der Welt – zweimal darüber nachdenken, wie ihr Geld genutzt wird."

      Das Albtraum-Szenario sieht so aus, dass ein Käuferstreik der ausländischen Investoren zu einem Rückgang des Dollar und zu einem Anstieg der US-Zinsen führen wird ... was würde dann aus dem amerikanischen Konsumenten werden?

      "Wir sind eine was-ist-meine-monatliche-Zahlung Nation geworden", so Paul Kasriel, Chefvolkswirt bei Northern Trust. "Die Idee ist, dass die monatlichen Zahlungen so hoch sein können, wie man es sich eben leisten kann. Wenn die Zinsen fallen, kauft man sich ein größeres Auto."

      Wenn der Dollar weiter fällt, dann werden die amerikanischen "was-ist-meine-monatliche-Zahlung"-Konsumenten deutlich höhere monatliche Zahlungen leisten müssen. Aber wenige der heutigen Aktienmarktinvestoren machen sich über solche Dinge Gedanken. Die Aktienkurse steigen – das ist es, was wirklich zählt.

      Haben die Investoren nichts aus den 1990ern gelernt? Zwischen Februar 2000 und Oktober 2002 lösten sich 7 Billionen Dollar Marktkapitalisierung = Reichtum der Aktionäre in Luft auf. Irgendjemand muss doch irgendwo dieses Geld verloren haben. Wie auch immer – Gier ist offensichtlicher als Furcht.

      "Man könnte denken, dass die Investoren vorsichtig – sehr vorsichtig sogar – in Bezug auf den Aktienmarkt geworden sein sollten, nachdem so ein massiver Betrag an Reichtum aus den Büchern gestrichen worden ist – aber das scheint kaum der Fall zu sein", so CNN/Money. "Die Zuflüsse in die Aktienfonds sind stetig, die Online-Aktiengeschäfte nehmen wieder zu und die Unterhaltungen drehen sich wieder um Aktien. Noch beklagenswerter ist, dass die Aktien, die so etwas wie die jüngsten Highflyer geworden sind, genau die gleichen Aktien sind, die den Aktionären das letzte Mal soviel Ärger gebracht haben."

      Die Aktienmarkt-Bullen sind zurück, ihre Zahl vermehrt sich, und sie sind furchtlos. Die meisten Stimmungsindikatoren zeigen ein Bullen-Niveau an, das das von 2000 und 1987 übersteigt.

      "Es riecht nach 1987", so Floyd Norris von der New York Times, "und nicht nur bei den positiven Stimmungsindikatoren. Damals wie heute gab es internationale wirtschaftliche Zwietracht. Der Dollar war schwach, und der US-Finanzminister kritisierte die Politik der anderen, weil sie seiner Meinung nach die Weltwirtschaft schädige."

      Aber das war damals ... die Geschichte kann sich nicht wiederholen, oder?
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      Grundstück in Nicaragua

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner, derzeit in Rancho Santana, Nicaragua

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner, derzeit in Rancho Santana, Nicaragua *** "Die Unternehmensgewinne werden weiter steigen", so jemand gestern im Fernsehen, "weil die Unternehmen so gut im Einsparen von Kosten werden."

      Aha, dachte ich, was für ein Schwachkopf ...

      Ein einzelnes Unternehmen kann seine Gewinnsituation durch das Kürzen von Ausgaben verbessern. Aber die Ausgaben des einen sind die Einnahmen eines anderen. Ein Unternehmen kann zum Beispiel einen Arbeiter entlassen. Aber dann wird dieser Arbeiter weniger Produkte kaufen. Und das kann die Anbieter dazu zwingen, die Preise zu senken; aber dann müssen auch die Anbieter ihre Ausgaben senken. Insgesamt gesehen kann eine Volkswirtschaft nicht reicher werden durch das Kürzen von Ausgaben (obwohl das bei Individuen der Fall sein kann ...).

      *** "Wir haben hier, genau hier, unsere eigene kleine Spekulationsblase", so ein Investmentpartner gestern.

      Vor fünf Jahren habe ich in ein gewagtes Projekt investiert. Ein paar Freunde und ich kauften ein großes Stück Land an der Pazifikküste von Lateinamerika – in Nicaragua. Das schien damals fast verrückt zu sein. Nicaragua hatte zwar gerade die Periode der Sandinisten hinter sich, aber politisch war alles immer noch unsicher. Und unser Land konnte man nur über einen Feldweg erreichen, der in der Regensaison weggewaschen war. Aber es war ein sehr schönes Grundstück. Und sehr billig. Ich dachte mir: Selbst wenn es kein gutes Investment wird, dann wird es großartig sein, dieses Grundstück zu besitzen und alleine zu genießen. Ich wünschte mir halb, dass die Entwicklung ein Flopp werden würde, ... denn ich konnte mir vorstellen, dass ich mir auf diesem Grundstück meinen eigenen Garten Eden anlegen würde, ohne Internetanschluss.

      Das große Grundstück wurde in Parzellen eingeteilt, und diese verkauften sich so gut, dass fast nichts mehr übrig ist. Eine Parzelle, die für 17.000 Dollar verkauft wurde, ist jetzt am freien Markt fast 70.000 Dollar wert. Und jetzt gibt es dort ein Bürogebäude mit drei Computerterminals und Satellit. Deshalb kann ich jetzt auch hier arbeiten ... und das tue ich ja gerade auch, um 4 Uhr Morgens habe ich begonnen, die Früchte des Fortschritts zu genießen, als ich meinen Computer eingeschaltet habe.

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      Das fürchterlichste Szenario, das man sich vorstellen kann

      von Steve Sjuggerud

      Ich dachte, dass ich niemals den Tag sehen würde ... an dem die wilde Spekulation die Exzesse der späten 1990er übersteigen würde. Und ich habe wirklich nicht gedacht, dass es nur 4 Jahre dauern würde, um diesen Punkt zu erreichen. Aber hier sind wir ...

      Die Investoren leihen sich derzeit Geld, um Nasdaq-Aktien zu kaufen. In der Tat – die Leute leihen sich heute mehr Geld, um Aktien zu kaufen, als jemals zuvor in der Geschichte, darunter während der Zeit der "Großen Spekulationsblase" von Anfang 2000.

      Das Resultat? Wie in den Tagen der großen Spekulationsblase sind die "Müllaktien" nach oben geschossen, während die gesünderen Aktien stagnieren. Wenn man vor einem Jahr für 10.000 Dollar Aktien von AskJeeves.com (kennen Sie irgendjemanden auf dem Planeten, der jemals den Service dieser Gesellschaft genutzt hat oder auch nur kennt?) gekauft hätte, dann wären diese heute 220.000 Dollar wert. Oder was ist mit dem chinesischen Internet-Provider Netease.com? Wenn man vor einem Jahr in die Aktien dieser Gesellschaft 10.000 Dollar investiert hätte, dann wären diese heute sogar noch mehr wert als die von AskJeeves.com ...

      Netease ist am Aktienmarkt mit über 2 Milliarden Dollar bewertet. Dennoch lagen die Umsätze dieser Gesellschaft ... ja, Umsätze ... in den letzten 12 Monaten bei nur 27 Millionen Dollar. Wer kauft diesen Müll zu diesen Kursen? Es sieht so aus, als ob es Kleinanleger sind, die online Aktien kaufen ...

      Die Handelsaktivität bei den Online-Brokern ist im letzten Quartal um 40 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal gestiegen. Und das ist ganz sicher "heißes" Geld ... spekulatives Geld ... Beim Online-Broker E-Trade sind die Wertpapierkredite der Kunden im Quartal, das am 30. Juni 2003 endete, um 31 % gegenüber dem Vorquartal gestiegen.

      Das ist zügelloseste Spekulation in Reinkultur.

      Sehen Sie sich im Gegensatz dazu an, was die Unternehmensinsider (Vorstände u. a.) tun – also das "smarte Geld". Offensichtlich wissen die Unternehmensinsider ein bisschen mehr über ihre Geschäfte als jeder andere. Vor kurzem haben sie ihre Aktien so stark verkauft wie nie zuvor seit 1986. 1986 waren sie früh dran ... aber sie kamen aus ihren Aktien vor dem Crash von 1987 raus, als die Aktienkurse gemessen auf Indexbasis an einem einzigen Tag um 22,6 % einbrachen.

      Wenn man sich die jüngsten Daten ansieht, dann sieht man, dass die Unternehmensinsider einen Rekord für das letzte Jahrzehnt aufgestellt haben ... sie haben für jeden Dollar Kurswert, den sie gekauft haben, 44,53 Dollar Kurswert verkauft. Das ist unglaublich.

      "Natürlich wissen die Insider viel mehr als die Öffentlichkeit über ihre eigenen Aktien", so Professor Henry Hu von der University of Texas zu diesem Thema. "Die ordinären Investoren sind fürchterlich naiv – alles, was sie kaufen, sind Aktien, über die sie von Freunden oder von der Finanzpresse etwas hören. Und leider haben die Investoren heute immer noch diese pathologische Furcht, etwas zu verpassen, wenn der Markt steigt."

      Es wird noch schlimmer, wenn man sich nur die Technologieaktien ansieht. Kevin Schwenger, der die Insider-Transaktionen für Thomson Financial analysiert und die von mir genannten Zahlen liefert, erzählte im Wall Street Journal diese Geschichte ... Im August wurden für jeden Dollar Kurswert, den Insider bei Halbleitergesellschaften kauften, für 644 Dollar Kurswert Aktien verkauft. Zum Vergleich: Normalerweise bezeichnet man schon ein Verhältnis von 20 zu 1 als bearish ...

      Während das "smarte Geld" die Technologieaktien mit Rekordbeträgen verkauft ... nimmt das "dumme Geld" Schulden auf, um diese Aktien auf Kredit zu kaufen. Laut meinen Studien ist das "dumme Geld" so optimistisch wie noch nie seit kurz vor dem Crash von 1987 ...

      Und das gilt seit ein paar Monaten auch für die Börsenbrief-Analysten. Diese sind durchschnittlich in den USA so bullish, wie sie es seit 1987 nicht mehr waren.

      Wenn der Optimismus Extremwerte erreicht, wie gerade jetzt, dann gibt es keinen mehr, der noch kauft ... die individuellen Investoren haben schon gekauft ... die Börsenbriefschreiber und Analysten haben schon gekauft ... und die Institutionellen haben schon gekauft. Es gibt keinen "größeren Idioten" im Markt, der zu noch höheren Kursen kaufen würde. Es gibt keinen mehr, der kauft.

      Wir sind diesem fürchterlichsten Szenario, das man sich vorstellen kann, sehr nahe gekommen – zumindest aus meiner Perspektive.

      Es gibt drei größere Wege, um die Märkte zu analysieren, um einige Hinweise über ihren zukünftigen Weg zu erhalten: Die fundamentale Analyse, die technische Analyse, und die Analyse der Marktstimmung. Alle drei offenbaren ein grausiges Spektakel.

      Ich habe bereits über die Stimmung geschrieben – der Optimismus des dummen Geldes steht auf Rekordniveau, während das smarte Geld einen Rekordwert an Pessimismus erreicht hat. Wonach soll man sich richten?

      Was die Fundamentals angeht, sind die Aktien immer noch teurer als ihr historischer Durchschnitt. Wir befinden uns bei den großen, langweiligen Aktien des S&P 500 immer noch bei einem KGV von 30 und einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 3. Und bei den Technologieaktien gibt es laut meinen Berechnungen bei den Gesellschaften des Nasdaq 100 ein KGV von 49. Das bedeutet: Wenn man eine Aktie mit einem KGV von 49 kauft, dann würde es 49 Jahre dauern, bis die summierten Gewinne dieser Gesellschaft das Niveau des Kaufkurses erreicht hätten. Warum sollte jemand mit wachem Verstand sein Geld in so eine Aktie investieren? Der Nasdaq 100 hat auch ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von 8, was ebenfalls ein sehr hoher Wert ist. Mit anderen Worten: Die Fundamentals der Technologieaktien sind fürchterlich.

      Alles, was bleibt, ist die technische Analyse – das Herausfinden des Trends. Und der Aufwärtstrend ist noch nicht nach unten durchbrochen worden ... aber angesichts der fürchterlichen Fundamentals des technologielastigen Nasdaq 100 und der furchterregenden Verkäufe der Insider ist es an der Zeit für uns, unsere Chips am Spieltisch darauf zu setzen, dass der Nasdaq 100 in einem Jahr tiefer stehen wird als heute.

      Wenn die Märkte einbrechen, können Sie nicht sagen, dass sie nicht gewarnt worden sind ...

      http://www.investor-verlag.de/
      Avatar
      schrieb am 08.10.03 22:31:05
      Beitrag Nr. 450 ()
      Titel
      Rainer Balcerowiak

      Tarifverträge: Es geht ans Eingemachte

      Betriebsräte machen gegen Aushöhlung der Tarifautonomie mobil


      Mit einer bundesweiten Kampagne unter dem Motto »Es läuft nur mit Tarifvertrag« wollen der DGB und die Einzelgewerkschaften gegen die drohende Einschränkung der Tarifautonomie mobil machen. Nachdem Bundeskanzler Gerhard Schröder bereits im März gesetzliche Eingriffe für den Fall angekündigt hatte, daß sich die Tarifparteien nicht auf weitgehende Öffnungsklauseln für Flächentarifverträge einigen, liegen nunmehr Gesetzesentwürfe von CDU/CSU und FDP vor, die betriebliche Abweichungen von tariflichen Bestimmungen auch ohne Zustimmung der Gewerkschaften ermöglichen wollen. Verhandlungspartner wären dann die Geschäftsleitung des Betriebes und der Betriebsrat.

      Auf einer Pressekonferenz des DGB am Mittwoch in Berlin präsentierte die am 16.September gegründete Initiative »Es läuft nur mit Tarifvertrag«, der sich inzwischen über 1000 Betriebs- und Personalräte aus allen Regionen und Branchen angeschlossen haben, ein Art Zwischenbilanz. Den Kollegen in den Betrieben werde zunehmend klar, »daß es jetzt ans Eingemachte geht«, beschrieb Walter Bauer, Konzernbetriebsratsvorsitzender bei Bosch, die Stimmung. Bekannt sei, daß in Konzernen und Wirtschaftsverbänden bereits Szenarien kursierten, die mittelfristig flächendeckende Lohnsenkungen von bis zu 30 Prozent vorsähen. Zusammen mit der Massenarbeitslosigkeit und den permanenten Drohungen, Teile der Produktion ins Ausland zu verlagern, solle die Abschaffung der Tarifautonomie der entscheidende Hebel werden, um Lohndumping durchzusetzen, die Kollegen zu vereinzeln und der Willkür der Unternehmer auszuliefern.

      Ralf Blauth, Konzernbetriebsratsvorsitzender bei der Degussa AG, betonte, daß es schon jetzt in vielen Tarifverträgen betriebliche Öffnungsklauseln gäbe, um flexibel auf sich verändernde wirtschaftliche Bedingungen einzelner Firmen reagieren zu können. Von diesem Instrument werde auch reichlich und weitgehend reibungslos Gebrauch gemacht. Das sei aber etwas anderes, als die Bindungswirkung von Tarifverträgen insgesamt auszuhebeln.

      Zwar richtet sich die Initiative in erster Linie gegen die Gesetzesvorlagen der Oppositionsparteien, man nehme aber durchaus zur Kenntnis, »daß die SPD nicht gerade der verläßlichste Bündnispartner ist«, so Viktor Kalla, Betriebsratsvorsitzender bei der Frankfurter Rundschau. Für viele Kollegen sei es allerdings ein langwieriger und schmerzhafter Prozeß zu erkennen, was für eine »arbeitnehmerfeindliche Politik diese sozialdemokratisch geführte Regierung betreibt«. Besonders aufgrund einschlägiger Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) sei zu befürchten, daß die Durchlöcherung der Tarifautonomie Teil eines »Kompromißpakets« zwischen Regierung und Opposition im Rahmen der Beratungen über die Hartz-Gesetze werden könnte.

      Mehrere Betriebsräte wiesen darauf hin, daß es nach der Logik des Gesetzentwurfes in Zukunft auch ein betriebliches Streikrecht geben müsse. Daran könne aber niemand Interesse haben. Die Tarifautonomie habe sich als »Garant des sozialen Friedens in Deutschland bewährt«, so Blauth. So sei es nicht verwunderlich, daß auch Vertreter von Großkonzernen dem Vorstoß recht skeptisch gegenüberstünden.

      Was die eigene Kampagnenfähigkeit betrifft, zeigten sich die Betriebsräte verhalten optimistisch. Die eher flaue Mobilisierung gegen die »Agenda 2010« erklärte Bauer damit, daß »viele Kollegen die Notwendigkeit von Reformen akzeptieren würden« und es die Gewerkschaften versäumt hätten, eigene Konzepte vorzulegen.

      Kalla forderte den DGB auf, »eine große gesellschaftliche Debatte über soziale Gerechtigkeit« zu initiieren. Man könne nicht immer nur »ständig neuen Plänen für Sozialabbau, die die Regierung ausheckt, hinterherhecheln«.

      Neben einer großen Betriebs- und Personalrätekonferenz am 30.Oktober könne man sich auch öffentliche Proteste vorstellen. Doch zunächst wolle man die Ergebnisse der Gespräche abwarten, die man noch in diesem Monat mit dem Kanzler und seinem Wirtschaftsminister führen werde, so Bauer.

      * Siehe Interview

      http://www.jungewelt.de/2003/10-09/001.php
      Avatar
      schrieb am 08.10.03 22:39:43
      Beitrag Nr. 451 ()
      Inland
      Ulrich Schwemin

      Spiel mit verteilten Rollen

      Bei der Zerschlagung der Sozialsysteme sind sich Regierung und Opposition im wesentlichen einig


      Ginge man in diesem ungemütlichen Herbst mit dem Mikrofon durchs Land und befragte unbescholtene Leute nach Schröders »Agenda 2010«, bekäme man eine Menge Antworten wie dieser: Guter Ansatz, geht aber nicht weit genug. Andere würden vielleicht antworten: Unsozial der Schröder, haben wir immer gewußt, das Herzog-Modell der CDU löst die Probleme viel ausgewogener. Und wieder andere: Die ganze Sparerei trifft ja nur uns kleine Leute, aber wenn die Lage so schlecht ist, geht es wohl nicht anders.

      All diese Sichtweisen sind Ergebnis einer beispiellosen Manipulationskampagne, die seit der Jahrtausendwende die angebliche Notwendigkeit des »Umbaus der Sozialsysteme« suggeriert. Das Spiel wird unter der Regie des großen Kapitals von den Medien inszeniert und von Parteien und Politikern mit verteilten Rollen gegeben.

      So verschärft sich in diesen Tagen im Zusammenhang mit den bevorstehenden Abstimmungen über die sogenannten Arbeitsmarktreformen täglich der Ton zwischen und innerhalb der Parteien. Schröder warnt vor Merkel und dem Herzog-Modell, Merkel vor Schröder und den Hartz-Reformen. Unter den Tisch fällt dabei, daß beide Konzepte wesensverwandt sind und sich nur in Nebensächlichkeiten unterscheiden.

      Übereinstimmend setzen beide sogenannten Volksparteien auf ein höheres Renteneinstiegsalter, übereinstimmend wollen sie Kassenleistungen streichen, übereinstimmend wollen sie die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes dramatisch verkürzen, übereinstimmend wollen sie den Niedriglohnsektor enorm ausweiten und die Zumutbarkeitsbarrieren möglichst niedrig ansetzen, übereinstimmend wollen sie die Unternehmer von Zahlungen in die Sozialkassen entlasten (jeder Prozentpunkt geringerer Arbeitgeberbeiträge spült immerhin 7,5 Milliarden Euro in deren Kassen), und übereinstimmend wollen sie einen Großteil der sozialen Risiken privatisieren. Das heißt, im Ernstfall sollen die Betroffenen gefälligst selbst zahlen.

      Es herrscht also bei Regierung und Opposition Konsens darüber, daß das seit Bismarck funktionierende paritätisch finanzierte solidarische Sozialversicherungssystem auf den Müllhaufen der Geschichte gehört. Damit die Reichen reicher und die Armen ärmer werden. Interessanterweise sind auch die meisten innerparteilichen Kritiker, die sich in der Öffentlichkeit gern als Verfechter des sozialen Gedankens gerieren, dieser Meinung. So hält der Chef der CDU-Sozialausschüsse CDA, Hermann-Josef Arentz die Vorschläge der Herzog-Kommission bei der Arbeitslosen- und Rentenversicherung für akzeptabel. Nur in der Kranken- und Pflegeversicherung ist er für »Nachbesserungen«. Ähnlich versöhnlich äußerte sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel. Niemand lehne die Zusammenlegung von Arbeitslosen-und Sozialhilfe ab. Doch die Tücke stecke im Kleingedruckten. Daß es Leute gibt, die sich mit Randnotizen am Kleingedruckten nicht begnügen, sondern den ganzen Systembruch ablehnen kann der Mann sich offenbar überhaupt nicht vorstellen.

      Eine Partei gibt es, die in der ganzen Auseinandersetzung gar nicht mehr vorzukommen scheint – die FDP. Ihr Chef, Guido Westerwelle, hat das inzwischen gemerkt und sich der SPD als Mehrheitsbeschaffer für »die vernünftigen Gesetze« im Bundestag angedient. Schröder dürfte das bitter aufgestoßen sein. Er hofft auf eine eigene Mehrheit. Schlecht stehen die Chancen dafür nicht, wenn es den Kritikern aus den eigenen Reihen ohnehin nur auf die Marginalien ankommt.

      Am Ende ist es egal, ob Schröder eine eigene Mehrheit zusammenzimmern kann oder nicht. Scheitert er daran, verschärft das lediglich die Krise der SPD. Die Zerschlagung der Sozialsysteme ist jedoch wegen der CDU/CSU-Mehrheit im Bundesrat ohnehin nur mit einer Großen Koalition möglich. Wenn Schall und Rauch der aktuellen Scheingefechte verflogen sind, wird das kein Problem mehr sein. Dann gilt nur noch, was der Exbundespräsident und Namensgeber der »Sozial«-kommission der CDU, Roman Herzog, bei der Vorstellung seines Konzeptes so formulierte: Bei Ausbleiben von Wirtschaftswachstum fliegt das ganze System auseinander.
      http://www.jungewelt.de/2003/10-09/010.php
      Avatar
      schrieb am 08.10.03 22:41:36
      Beitrag Nr. 452 ()
      Inland
      Hans-Gerd Öfinger

      Bahn fährt an die Wand

      Transnet-Basis muckt auf: Eisenbahner gegen Privatisierung und Ausverkauf des DB-Konzerns


      Bei einer regionalen Betriebsrätekonferenz der Eisenbahnergewerkschaft Transnet in Frankfurt am Dienstag nachmittag wurde deutlich: große Teile der Basis fordern einen kämpferischen Kurs der Gewerkschaft gegen Sozialabbau, Privatisierung und Zerschlagung des Bahn-Konzerns. In zahlreichen engagierten Diskussionsbeiträgen brachten die aus Hessen und Rheinland-Pfalz angereisten Betriebsräte aus allen Unternehmensbereichen ihre Verärgerung über den von Bahnchef Hartmut Mehdorn anvisierten stückweisen Verkauf des DB-Konzerns an private Kapitalgruppen zum Ausdruck.

      »Man hat das Gefühl, daß die Bahn an die Wand gefahren wird. So darf es nicht weitergehen«, gab eine Diskussionsrednerin zu bedenken. Betriebsräte aus dem Güterbereich (früher DB Cargo, jetzt Railion) berichteten, daß aufgrund des vom Bahnmanagement herbeigeführten Personalabbaus und Lokführermangels in den letzten Wochen viele Güterzüge nicht planmäßig rollen konnten: »Einerseits soll mehr Verkehr auf die Schiene gebracht werden, andererseits wird die wegen des niedrigen Wasserstandes auf den Flüssen kurzfristig gestiegene Nachfrage nach Güterzügen mangels Personal nicht verkraftet. Das ist das Ergebnis der ›Schlankheitskur‹, die im Hinblick auf Kapitalmarkt- und Börsenfähigkeit verordnet wurde. Diese Bahnpolitik ist ein volkswirtschaftlicher Wahnsinn«, erklärte ein weiterer Redner.

      »Wir bewegen uns auf den Abgrund zu. Und das sollen wir als Gewerkschaft nur kritisch begleiten? Das ist doch zu wenig. Nur auf Wirtschaftsausschüsse, auf Mitbestimmung setzen, verhindert keine Verlagerungen und keine Betriebsübergänge«, gab eine Delegierte zu bedenken.

      Die Konferenz beließ es nicht beim »Dampf ablassen«. Unterstützer der Basis-Initiative »Bahn von unten« beteiligten sich nicht nur rege an der Debatte, sondern wurden auch als Delegierte zur Transnet-Bundesbetriebsrätekonferenz gewählt. Ebenso wurde ein aus ihren Reihen eingebrachter Initiativantrag zur aktuellen Diskussion um die Börsenbahn mit der Mehrheit von über 90 Prozent der Delegierten verabschiedet. Der Antrag wird an den nächsten Gewerkschaftstag weitergeleitet.

      Während die Transnet-Führung sich in den letzten Wochen mit einem »Nein, aber« gegen einen überhasteten Börsengang ausgesprochen hat (für den Gewerkschaftsvorsitzenden Hansen ist es »unvorstellbar, bereits in diesem Jahr einen konkreten Fahrplan für einen Börsengang festzulegen«), fordern die Betriebsräte in ihrer Entschließung ein grundsätzliches und eindeutiges »Nein« zu jeglicher Form von Börsengang, Ausverkauf und Privatisierung. Sie erinnern den Vorstand an den Beschluß des letzten Transnet-Gewerkschaftstages im Jahre 2000, der sich »für die Erhaltung einer einheitlichen, flächendeckenden und bundeseigenen Bahn« und grundsätzlich gegen den Verkauf der Bahn an ausländische oder inländische Kapitalgruppen ausgesprochen hatte!

      Der Antrag fordert den Stopp und die Rückgängigmachung aller Umstrukturierungen, die im DB-Konzern mit dem Ziel eines Börsengangs bzw. Verkaufs vorgenommen werden und verlangt von der Bundesregierung, sämtliche Börsen- und Veräußerungspläne für die DB sofort zu entsorgen.
      http://www.jungewelt.de/2003/10-09/013.php
      Avatar
      schrieb am 09.10.03 16:18:59
      Beitrag Nr. 453 ()
      High Noon: Die Zeit läuft ab – Eine Wiedervorlage aus dem Oktober 2002
      (09.10.2003)

      "... Falls der amerikanische Refinanzierungs-Boom endet, bevor ein neuer Investitions-Boom beginnt, geraten wir in Not. Der Konsum schwindet dahin, und die Erneuerung der Kapazitäten bleibt aus. Die Konjunktur-Lokomotive für die Welt, die da USA heißt, kommt ächzend zum Stillstand. Wie viel Zeit haben wir noch? Höchstens zwölf Monate, selbst wenn Greenspan die Zinsen in Richtung Null senkt."

      Dies hat William (Bill) Gross von Pimco im Oktober vergangenen Jahres geschrieben. Wir haben seinen Ausblick von damals auf Wiedervorlage genommen, um zu sehen, wie sich die Dinge im Oktober 2003 darstellen.

      Der Konsum in den USA verläuft für die Verhältnisse noch immer gut, obgleich die Refinanzierungen von Hypotheken wegen gestiegener Kapitalmarktzinsen tendenziell spürbar sinken. Die Investitionen lassen stark zu wünschen übrig, doch es besteht vielerorts die Hoffnung, dass sie zunehmen.

      Wir würden zu diesem Zeitpunkt sagen, der von uns hoch geschätzte Gross hat sich im Zeitrahmen verschätzt. Doch das kann ihn nicht treffen, zumal er seinerzeit nicht wissen konnte, welche fiskalischen Spitzen die Regierung Bush verabreichen würde, um der moribunden Wirtschaft in den USA wieder etwas mehr Leben einzuhauchen.

      Im übrigen gilt mit Blick auf die von Gross entworfenen Perspektiven und deren Folgen für die Finanzmärkte der alte Börsianerspruch, wenn man einen Dinosaurier in den Schwanz zwicke, dauere es lange, bis das Signal im Kopf ankomme. Es gibt einfach zu starke "natürliche" Abwehrkräfte, die es verhindern, dass sich absehbare Entwicklungen rasch im Verhalten der Märkte äußern, getreu dem Motto "weil nicht sein kann, was nicht sein darf".

      Wir nehmen jene Ökonomen sehr ernst, die den konjunkturellen Aufschwung in den USA spätestens im 2. Quartal 2004 scheitern sehen und damit mehr oder minder ausdrücklich den von Bill Gross gesteckten Zeitrahmen nur erweitern. Auf der fiskalischen Seite steht wegen der bereits immensen Staatsverschuldung dort nichts mehr zur Verfügung, was der Wirtschaft bis dahin und darüber hinaus noch Beine machen könnte.

      Das scheinen auch mehr und mehr Politiker in Washington, die die im November 2004 stattfindenden Wahlen bereits im Auge haben, zu begreifen. Daher schüren sie nun wieder jede ökonomische und reale Vernunft die nie erlöschende Glut des Protektionismus.

      Sie schielen auf die Stimmen wirtschaftlich unbedarfter und nationalistisch denkender Wähler. Um eines kurzfristigen Vorteils willen sind sie bereit, die belebenden Kräfte eines ohnehin leider nur in Grenzen offenen Welthandels zu ersticken.

      Und damit kommt dann ein Faktor ins Spiel, der Chaos verheißt: Wer in der Welt wird einem Land, das täglich netto mehr als 1,5 Milliarden Dollar an ausländischem Kapital benötigt, um überhaupt im bislang gewohnten Stil weiterexistieren zu können, zur Verfügung stellen, wenn es auf Protektionismus setzt? Denn es wird in diesem Fall dann auch zwangsläufig die Frage aufkommen, ob ein solches Land überhaupt guten Willens ist und seine Schulden zurückzuzahlen gedenkt.

      Wenn noch gilt, dass Kapital scheu ist wie ein Reh, lässt sich erahnen, was geschehen kann, wenn in Washington –oder in einer anderen wirtschaftlich bedeutenden Region der Welt- der Protektionismus gefährliche Urständ feiert.

      Die Zeiger der Uhr gehen erbarmungslos weiter voran. High Noon ist nicht mehr weit.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber

      ---------------------------

      Wussten Sie schon, dass...?
      (09.10.2003)

      Der gegenwärtige Aufschwung der japanischen Wirtschaft ist nicht mehr als eine zyklische Erholung. Sie bietet keinen Hinweis auf ein Ende der Deflation dort.


      Credit Suisse First Boston (CSFB)

      www.taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 09.10.03 16:34:34
      Beitrag Nr. 454 ()
      The Cruel Economic Recovery

      By: Richard Benson, SFGroup





      Now that Levi Strauss will no longer be making blue jeans in the United States, I can’t help but recall the old days when our exports of blue jeans, rock and roll, and Hollywood movies helped American culture to make the world a better place to live.

      Now, sadly, blue jeans are an import while music, film, and computer software are copied for free in Asia. In addition, this week the US Auto manufacturers have signed labor contracts permitting them to shut down 10 auto and parts plants (remember when Stalin was afraid of Detroit because of what it could produce). “Joe Six Pack” used to build a car by day and go to a drive-in by night. Now, Americans who want to work worry about “Drive Bys” both day and night. Without jobs to keep people motivated and out of mischief, the US prison population is up to a record 2,000,000.

      The US now only produces 45% of the manufactured goods it consumes. In September, manufacturing jobs declined for the 38th month in a row, and weekly earnings dropped for the first time in 14 years. Moreover, The Bureau of Labor Statistics has interesting and startling information, should anyone care to look below:



      Potential Workers Over 16 Years Old

      Jan 1993 to Jan 2001 Jan 2001 to Sep 2003

      Growth % of Total Growth % of Total

      (Totals in Millions)

      Labor Force: 15.40 77% 2.75 35%

      Not In Labor Force: 4.53 23% 5.14 65%

      =============== ================

      Total: 19.93 100% 7.89 100%



      In the years of good economic growth through the peak of the stock market bubble, over 75% of the increase in population over the age of 16 entered the labor force. Since the beginning of 2001, only 35% of the increase in population over the age of 16 is actually entering the labor force. In the January ’93 – January ’01 period above, the labor force was growing on average by 160,000 people a month. Since January ’01, the labor force is only growing 88,000 a month. These numbers are extraordinary!

      While the US Government has been vocal about trying to keep the wrong people from entering the country, the increase in population over the age of 16 looks right on trend. However, where the US Government has been “silent but successful” is in making sure that the labor force does not increase. I question whether keeping workers out of the labor force is sound economic policy? The fact remains that if the US continued adding the same percentage of population to the labor force (as was the case at the normal 77% rate above) the labor force would be larger by 3,328,000. Since not one of these workers would be employed, adding them back as unemployed would make the politically sensitive unemployment rate go over 8.2%. That rate would not be good news for consumer confidence, spending, or the stock market. It’s much better for economic policy that workers are kept out of the labor force, particularly in an election year!

      Other facts also show that this economic recovery is both “cruel and unusual”:

      1) Initial unemployment claims at levels above those needed to create jobs, and long term unemployment benefits, are caped only because workers exhaust their benefits and drop off the unemployment roles forever.

      2) Personal bankruptcies remain above 30,000 a week, while mortgage and consumer credit delinquency rates remain disturbingly high.

      3) The poverty rate has been rising significantly, as well as the number of people who can not afford health care coverage.

      4) Record numbers of high school and college graduates are not finding jobs and are staying home. Careers remain on hold, while workers scramble to find anything that generates income to keep the wolf from the door.

      5) In September, part-time employment increased (for purely economic reasons) to 5 million, a 9 year high. This was an increase of 1.6 million, or a 47% increase over the two years beginning August 2001.

      While tax cuts helped push disposable personal income up at annual rates of $125 billion in July and $74 billion in August of this year, September is likely to see a drop because no “child rebate checks” were sent out. Actual wage and salary growth from jobs remains almost non-existent and because of the Federal Reserve’s low interest rate policy, the income from interest on savings is down $2 - $3 Billion a month. Personal income is rising, at most, 0.2% a month. Increases in personal consumption will again only be supported by a continuation of growing consumer borrowing and mortgage debt.

      To the extent that jobs are created, they are part-time and service oriented jobs that only pay 1/4 to 1/3 as much as the manufacturing jobs they replaced. Job weakness can be expected for auto manufacturing and parts, mortgage banking, and telemarketing.

      The one bright spot for job creation is statistical. Since the government knows that the economy is in economic recovery, they add an estimated 30,000 – 50,000 jobs every month, known as a statistical “plug factor”, because they realize that people are starting new businesses. Any job growth in the months ahead will most likely be “part- time” and “plug factor”, with the “plug factor” leading the way. (What is really cruel is that these imaginary workers are living such wonderful imaginary lives!). Welcome to the “Un-Reality TV” of job statistics.


      -- Posted Tuesday, October 7 2003
      http://news.goldseek.com/SFG/1065555368.php
      Avatar
      schrieb am 09.10.03 21:36:35
      Beitrag Nr. 455 ()
      Titel
      Klaus Fischer

      Erwerbslosigkeit wird kleingeredet

      Bereinigte Arbeitsmarktstatistik dient als Vorwand für Wachstumsgedöns


      »Die reale Wirtschaftslage ist offenbar besser als die Stimmung«, verkündete der Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf. Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen seien ein Zeichen für die Belebung der Konjunktur. So wie der PDS-Mann versuchten am Donnerstag zahlreiche Politiker und Medienvertreter die neuesten Zahlen aus der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit schönzureden. Der Trend der ständig wachsenden Arbeitslosigkeit sei gebrochen, jubelte auch Amtschef Florian Gerster, als er die offiziellen Zahlen verkündete. Diese tolle Entwicklung widerspiegele erste Erfolge der Reformen am Arbeitsmarkt. Und Gerhard Schröders Mann für die Superlative, Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement, bezeichnete die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen für den Monat September als erfreuliches Signal und behauptete, »daß die ersten beiden Hartz-Gesetze und weitere Maßnahmen bereits Wirkung entfalten«.

      Was war geschehen? Im September verzeichnete die Bundesanstalt für Arbeit 107400 Erwerbslose weniger als im August. Das wäre tatsächlich beachtlich. Aber nur dann, wenn diese Menschen auch einen Job bekommen hätten. Hier sind allerdings zumindest Zweifel angebracht. Da ist zunächst der Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen im Vergleich zum Vorjahr um 653000 auf nur noch 38 Millionen. Das sieht nach allem anderen als nach einer Belebung aus. Hinzu kommt, daß statt solider Arbeitsplätze fiktive Jobs geschaffen wurden. So hätten sich nach Angaben des Nürnberger Amtes seit Jahresbeginn 183000 Erwerbslose mit Hilfe der sogenannten Ich-AG oder mit einem Überbrückungsgeld selbständig gemacht. Hinzu kommt, daß die Statistik entlastet wird, weil Ende September rund 21000 Erwerbslose in Personal-Service-Agenturen (PSA) »geparkt« wurden. Die PSA sollen von Arbeitslosigkeit Betroffene über Zeitarbeit in eine neue dauerhafte Beschäftigung vermitteln.

      Trotz solcher statistischer »Feinheiten« und der Nichtberücksichtigung der verdeckten Arbeitslosigkeit waren im September immerhin noch 4,206 Millionen Menschen ohne Erwerbsjob. Und trotz Rückganges der Zahl im Vergleich zum Vormonat gibt es absolut keinen Anlaß zur Freude bei Betroffenen und Gefährdeten. Denn im Vergleich zum Monat September des vergangenen Jahres lag die Zahl um 265000 höher. Insgesamt konstatierten die Arbeitsämter sogar den höchsten Stand der Erwerbslosigkeit in einem September seit 1997. Die offizielle Arbeitslosenquote wurde mit 10,1 Prozent angegeben. Im Osten Deutschlands waren 1,554 Millionen Menschen amtlich als Erwerbslose registriert. Die Quote lag hier mit 17,8 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in den alten Bundesländern mit 8,1 Prozent, wo 2,653 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet waren.

      Immerhin verkündete Gerster noch einen schwachen Trost: Ein Erreichen der Marke von fünf Millionen Erwerbslosen sei auch in den Wintermonaten zu Beginn des kommenden Jahres nicht mehr zu erwarten. »Es werden deutlich weniger nach meiner Einschätzung«, betonte der Amtschef. Das ist nachvollziebar. Wird doch ab dem kommenden Jahr die Berechnung der Arbeitslosenzahlen geändert: Ab 2004 werden die Teilnehmer an Trainingsmaßnahmen nicht mehr als Arbeitslose gezählt, sondern der Stillen Reserve zugerechnet, zu der u.a. nichtgemeldete Erwerbslose oder vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschiedene Menschen gehören. Diese wird laut voraussichtlich 2,82 Millionen Menschen betragen.

      http://www.jungewelt.de/2003/10-10/001.php
      Avatar
      schrieb am 09.10.03 21:47:04
      Beitrag Nr. 456 ()
      Thema
      Werner Seppmann

      Krise ohne Widerstand?

      Gehören Arbeitslose noch zur Arbeiterklasse? Über Konsequenzen der sozialen Spaltungen für die Klassentheorie


      Nach der Phase eines sozialstaatlich regulierten Kapitalismus, der – zumindest in den westeuropäischen Kernländern – die drängendsten sozialen Probleme gelöst zu haben schien, brechen gesellschaftliche Widerspruchsformen auf, die schon als überwunden galten. Die Arbeitslosigkeit verfestigt sich, und die Zahl der Menschen, die für den kapitalistischen Produktionsprozeß benötig werden, schwindet. Die Überzähligen werden an den Rand, in eine Zone der Unsicherheit gedrängt. Mit der Ausgrenzungsgefahr haben auch Menschen zu kämpfen, die noch vor einem Jahrzehnt in gesicherten Verhältnissen lebten. Scheinbar unaufhaltsam vermehrt sich auch die Gruppe der arbeitenden Armen, also jener Arbeitskraftverkäufer, die durch ihre Berufstätigkeit kaum ihren Lebensunterhalt verdienen können.

      Ende des »Sozialstaates«

      Durch die eskalierende Widerspruchsentwicklung drängt sich die Schlußfolgerung auf, daß die Epoche eines sozialstaatlich regulierten Kapitalismus endgültig in ihr Endstadium eingetreten ist, zumal der herrschende Block nichts unversucht läßt, die Ergebnisse der Spaltungs- und Ausgrenzungsdynamik durch die Demontage sozialer Sicherungssysteme zu zementieren: Selbst auf den propagandistischen Gebrauch von Formeln eines »sozialen Interessenausgleichs« wird nunmehr verzichtet. Nicht Armut und Arbeitslosigkeit werden bekämpft, sondern die Betroffenen: Das »soziale Netz« wird ausgedünnt und der Druck auf die Krisenopfer erhöht.

      Zwar existierten auch in den »Wirtschaftswunderzeiten« der alten Bundesrepublik große soziale Unterschiede und Unsicherheitsmomente. Es gab Armut und Arbeitslosigkeit, jedoch hatten sie gesamtgesellschaftlich einen anderen Stellenwert als heute. Bis in die 80er Jahre dominierte das Gefühl, daß die meisten Schwierigkeiten überwunden werden könnten. Das hat sich entscheidend geändert: Kaum jemand glaubt noch, daß es ihm morgen besser gehen wird als heute.

      Bei der Einschätzung der aktuellen Spaltungstendenzen herrscht oft Ratlosigkeit: Sie wollen nur noch schlecht in traditionelle Interpretationsraster hineinpassen. Zwar ist die Intensität und sozial zerstörerische Kraft der Krisenentwicklung unbestritten, unklar sind jedoch die daraus resultierenden Konsequenzen: Wie sind soziostrukturell die Arbeitslosen und vor allen Dingen die Ausgegrenzten, die kaum noch Hoffnung haben, jemals wieder Arbeit zu bekommen, klassenanalytisch einzuordnen? Können sie noch mit ihren beruflichen Positionen, die sie nun verloren haben, erfaßt werden? Gehören Menschen, deren Arbeitskraft offenbar nicht mehr gebraucht wird, noch zur Arbeiterklasse?

      Die sozialen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte, von denen uns nun gesagt wird, daß davon Abschied genommen werden müsse, hatten mehrschichtige Voraussetzungen. Sie waren zunächst das Ergebnis politischen Drucks und gewerkschaftlicher Kämpfe. Insoweit waren die sozialpolitischen Zugeständnisse der Preis, den das Kapital zu zahlen bereit war, um weitergehenden Forderungen der Arbeiterbewegung das Wasser abgraben zu können. Möglich wurde der »Sozialstaat« jedoch durch Besonderheiten der ökonomischen Entwicklung: Die langen Konjunkturwellen nach dem Zweiten Weltkrieg bildeten in Verbindung mit einem raschen Anstieg der Arbeitsproduktivität die Basis sozialstaatlicher Konzepte: Es gab real mehr zu verteilen als in früheren Entwicklungsphasen, und es entwickelte sich durch den Anstieg der Konsumgüterproduktion in einem bisher nicht gekannten Umfang auch die Notwendigkeit, die soziale Basis des Konsums zu verbreitern. Sozialstaatliche Zugeständnisse waren also prinzipiell möglich geworden.

      Und sie waren auch durchsetzbar, weil in der Phase ökonomischer Prosperität die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften gestärkt war. Hinzu kam, daß im Schatten der Systemkonfrontation zwischen Kapitalismus und Sozialismus das Kapital bereit war, Zugeständnisse zu machen. Diese Voraussetzungen des »Klassenkompromisses« können in wesentlichen Teilen als nicht mehr gegeben angesehen werden.

      Es haben sich sowohl die Verwertungsbedingungen für das Kapital verändert, aber auch die gesellschaftliche Machtachse hat sich verschoben. Seit den 80er Jahren schien die Zeit günstig, um die Ausbeutung der Arbeitskraft zu intensivieren: Eine konjunkturelle Schwächephase, die auf die Arbeitenden verunsichernd und disziplinierend wirkte, wurde ausgenutzt, um tiefgreifende betriebliche Veränderungen vorzunehmen. Ziel dieser Umgestaltungsaktivitäten war es nicht nur, die Produktivität zu erhöhen, sondern allmählich auch die Widerstandsfähigkeit der Belegschaften zu schwächen. So führten die ergriffenen Rationalisierungsmaßnahmen zur Ausdünnung der Stammbelegschaften, die (zumindest in den großen Betrieben) die Träger einer wirksamen Interessenvertretung waren. Bei Neuanstellungen wurden die traditionellen Kernbelegschaften durch Angelernte, zunehmend auch durch Zeitarbeiter ersetzt, die innerhalb des betrieblichen Ablaufes sehr oft eine selbständige Gruppe darstellen. Weil sie eigene Interessen und zwar hauptsächlich nach Festeinstellung haben, verhalten sie sich oft besonders beflissen und angepaßt.

      Zusätzlich werden durch betriebliche Auslagerungen die Positionen der Beschäftigten geschwächt. Verschiedene Betriebsteile und Zuliefersegmente konnten gegeneinander ausgespielt werden. Durch die Neugestaltung des Systems der internationalen Arbeitsteilung im Rahmen einer kapitalistischen »Globalisierung« stand dem Kapital nun fast weltweit eine Reservearmee von Arbeitskraftanbietern zur Verfügung. Dadurch konnte der Druck auch auf die Beschäftigten in den kapitalistischen Zentren weiter verstärkt werden.

      Ausgrenzungsmaschine

      Die Unsicherheit des Arbeitsplatzes wurde zur prägenden Erfahrung. Nach einiger Zeit reichte es schon aus, mit der bloßen Möglichkeit der Auslagerung zu drohen, um weitreichende Zugeständnisse zu erreichen. Allmählich gelang es dem Kapital, die Lohnquote zu senken und die Profitrate zu erhöhen. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre muß sogar von explodierenden Gewinnen gesprochen werden, die nun wiederum zur verstärkten »Rationalisierung« eingesetzt werden konnten– bekanntlich mit regelmäßigem Arbeitsplatzabbau und einem weiteren Anstieg der industriellen Reservearmee. Denn mit den steigenden Unternehmensgewinnen wuchs das Kapitalvolumen, das in weitere arbeitsplatzvernichtende Rationalisierungen (alternativ auch zu betrieblichen Zusammenschlüssen und Übernahmen) investiert werden konnte – und im Sinne kapitalistischer Konkurrenzlogik auch investiert werden mußte.

      Ökonomische Progression wurde zur Ausgrenzungsmaschine: Mit immer größerer Geschwindigkeit wurde durch die gesellschaftliche Reichtumsvermehrung Armut produziert. Es trat das Gegenteil von dem ein, was vom »ökonomischen Sachverstand« mit demagogischem Eifer verbreitet wird: Mit dem Anstieg der Unternehmergewinne werden nicht neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen, sondern Arbeitsplätze in immer größerem Tempo vernichtet.

      Aufgrund ihrer Intensität hat die gegenwärtige Krise nur wenig mit dem gewöhnlichen konjunkturellen Auf und Ab einer kapitalistischen Ökonomie zu tun: Wir erleben, daß auch durch wirtschaftliche Aufschwungstendenzen die Beschäftigungsmisere nicht überwunden wird. Die Gruppe, die gänzlich an den Rand gedrängt wird, weil sie für die Mehrwertproduktion nicht mehr benötigt wird, wächst in schnellen Schritten: Armut und Ausgrenzung werden zu festen Größen der gesellschaftlichen Entwicklung. Der Pariser Soziologe Robert Castel spricht von der »Wiederkunft einer massenhaften Verwundbarkeit«, die eigentlich als Relikt vergangener Armutsphasen galt. (»Die Metamorphosen der sozialen Frage. Eine Chronik der Lohnarbeit«, 2000)

      Das Besondere der gegenwärtigen sozial destruktiven Prozesse besteht jedoch nicht nur in einer schärferen Polarisierung des Verhältnisses von Kapital und Arbeit. Eklatant ist vor allem die Tatsache, daß Spaltungstendenzen mitten durch die Schichten der Arbeitskraftverkäufer selbst verlaufen: Da gibt es diejenigen, die Arbeit haben, und es gibt die Arbeitslosen. Und unter ihnen wächst die Gruppe, die keine realistische Chance besitzt, jemals wieder beschäftigt zu werden.

      Aber es gibt auch noch die Spaltung innerhalb der Arbeitwelt, ja innerhalb des einzelnen Betriebes: Um die Kernbelegschaften auf der einen Seite entwickelt sich eine immer breitere Zone mit extrem belastenden, niedrig entlohnten und sozial unsicheren Arbeitsverhältnissen. Den Kernbelegschaften ist eine privilegierte Stellung zugedacht, weil sie – mit Beteiligung reformistischer Gewerkschaften – einen Stabilisierungsfaktor darstellen. Auf der Basis sozialer »Privilegierung« und gruppenzentrierter Organisationsstrukturen der Arbeitsprozesse sollen in den qualifizierten Produktionsbereichen Kreativitätspotentiale ausgeschöpft und loyale Haltungen gefördert werden. Diesen sozial verträglich gestalteten Bereichen der Arbeitswelt sind hierarchisch gegliederte Zuliefersegmente mit niedrigerem Status zugeordnet.

      Während auch in Zeiten konjunktureller Schwäche die Konzerne bemüht sind, die Stammbelegschaften zu halten, sind die Beschäftigten in den »ungeschützten« Arbeitsverhältnissen unmittelbar den Marktschwankungen ausgesetzt: Sie sind nicht nur schlecht bezahlt, sondern werden geheuert und gefeuert, wie es gerade der Auftragslage entspricht. Das Leben dieser Gruppe ist sozial unsicher, beständig vom Absturz in die Bedürftigkeit bedroht: »Ein neues Proletariat ist im Entstehen, dem die kollektiv geregelten Normalarbeitsverhältnisse und die sozialstaatlichen Vermögenssurrogate für die Wechselfälle des Daseins zunehmend fremd werden. Es wird über den aktuellen Krisenzyklus hinaus langfristig durch die Erfahrung von Erwerbslosigkeit, von prekären Beschäftigungsverhältnissen, von ›zweiten‹ und ›dritten‹ Arbeitsmärkten und von abrupt eintretenden Armutsphasen geprägt sein.« (Karl Heinz Roth)

      Neue Spaltungen

      Diese Tendenzen zur sozialen Aufgliederung entsprechen dem Bedürfnis des Kapitals nach einer effektiveren Ausbeutung der Arbeitskraft. Der organisatorische Hebel ist die Etablierung von Bereichen der Arbeitswelt mit unterschiedlichen Rechts- und Entlohnungsformen, unterschiedlichen Standards der sozialen Absicherung und Perspektiven der Beschäftigungskontinuität. Wichtiges Element dieser veränderten Ausbeutungsstrategie ist der rapide Bedeutungsverlust des unbefristeten Arbeitsvertrages. Im Gegenzug erhalten unterdurchschnittlich bezahlte und ungeschützte Beschäftigungsverhältnisse eine immer größere Bedeutung. Ihr Anteil beträgt in den meisten Industrieländern 35 Prozent – mit stark steigender Tendenz. Das »Normalarbeitsverhältnis« wird durch befristete Verträge, Leiharbeit, Arbeit auf Abruf und diverse Formen der Scheinselbständigkeit zurückgedrängt. Vor allem ein großer Teil der Neueinstellungen vollzieht sich in diesen »endtraditionalisierten« Formen.

      Selbst diese knappe Problemskizze läßt deutlich werden, daß die in der sozialwissenschaftlichen Diskussion mit Betroffenheitspathos kolportierte These, die neuen Ausgrenzungsformen würden eine Konfliktdimension jenseits des antagonistischen Interessengegensatzes von Kapital und Arbeit darstellen, wenig Realitätsgehalt besitzt. Denn die destruktiven sozialen Entwicklungen entsprechen den gegenwärtigen Erfordernissen der Kapitalverwertung. Das Kapital benötigt beide Segmente der gespaltenen Arbeitswelt: sowohl die »Etablierten« als auch die Randständigen.

      Während die Kernbelegschaften als stabiles Element in einer bewegten Soziallandschaft fungieren, dienen die Ausgegrenzten als Bedrohungspotential: Ihre Existenz mahnt die noch Arbeitenden daran, daß es ihnen auch schlechter gehen könnte. Es ist auch nicht zwingend, daß die Ausgeschlossenen für immer ausgeschlossen bleiben. Sie bilden eine Arbeitskraftreserve, die entsprechend den Marktschwankungen aktiviert oder wieder deaktiviert werden kann. Auch in ihrer Randständigkeit bleiben die Krisenopfer dem kapitalistischen Reproduktionsprozeß unmittelbar zugeordnet: Auch in ihrer Wartestellung sind sie Angehörige jener Klasse, die vom Verkauf ihrer Arbeitskraft abhängig ist.

      Für Marx und Engels waren übrigens Spaltungstendenzen kein unbekanntes Phänomen. Schon im »Kommunistischen Manifest« ist davon die Rede, daß die kapitalistische Konkurrenz auch die Arbeiter entzweit. Aber sie sahen in der Kollektivität der betrieblichen Situation ein wirksames Korrektiv, um die gemeinsamen Interessen zu erfahren. Das hat sich durch die geschilderten Prozesse der Spaltung und Absonderung geändert: Durch ungleiche Eingruppierungen, arbeitsrechtliche Differenzierungen, insgesamt einer Atmosphäre der Unsicherheit ist es für die Betroffenen schwieriger geworden, die strukturellen Gemeinsamkeiten ihrer sozialen Lage zu erfassen und ein Bewußtsein kollektiver Interessen zu entwickeln.

      Soziale Widerspruchserfahrung

      Eine Erhebung in der Bundesrepublik würde wohl französische Befragungsergebnisse bestätigen, nach denen zwei Drittel der Befragten der Meinung sind, daß der Unterschied zwischen Beschäftigten und Arbeitslosen wichtiger als die Differenz zwischen Armen und Reichen sei. Solche selbstunterdrückende Verarbeitungsform der sozialen Widerspruchserfahrungen sind Ausdruck einer tiefen Verunsicherung und einer unterentwickelten Kultur des Widerstandes; sie sind auch Indiz dafür, wie »gründlich« das Denken der Herrschenden zum herrschenden Denken geworden ist.

      Daß den meisten Angehörigen der gesellschaftlichen Unterklassen ein angemessenes Bewußtsein ihrer sozialen Position fehlt, wird meist gegen den Marxismus ins Feld geführt. Jedoch hat der Marxismus auch niemals das automatische Entstehen von Klassenbewußtsein behauptet. Denn für ihn ist es evident, daß die Herausbildung von Klassenorientierungen ein politischer und voraussetzungsvoller Prozeß ist. Dennoch bleibt die objektive Soziallage entscheidend, denn durch die Stellung im Produktionsprozeß entwickeln sich mit großer Regelmäßigkeit Klassenmentalitäten, die auch von den sozialen Konflikterfahrungen geprägt sind.

      Zwar haben beispielsweise Arbeiter durch ihre subalterne Position nicht automatisch ein klares Bewußtsein über die herrschenden Klassenstrukturen – oft ist das Gegenteil der Fall. Jedoch ist in ihren Gesellschaftsbildern der gesellschaftliche Grundwiderspruch in einer »vorbewußten« Weise präsent. Trotz der Dominanz herrschaftskonformer Interpretationsmuster existieren bei der überwiegenden Mehrheit der Angehörigen der Arbeiterklasse immer noch Vorstellungen über die eigene Unterprivilegierung und die Dominanz kapitalistischer Interessen. Aber eine Vorstellung vom gesellschaftlichen Antagonismus ist noch kein Klassenbewußtsein. Ob es sich entwickeln kann, hängt von sehr unterschiedlichen Vermittlungen, von ideologischen Einflüssen, Widerstandserfahrungen, kulturellen Traditionen – kurz gesagt vom politischen Kontext ab.

      Ohne Zweifel sind die Krisenopfer noch weit vom Aufbegehren und der Bereitschaft zum Widerstand entfernt. Weil sie ihre soziale Randständigkeit und Unterprivilegiertheit als Ausdruck des eigenen Versagens empfinden, verhalten viele sich schamhaft passiv: Gesellschaftliche Ausgrenzung wird durch Selbststigmatisierung komplettiert. Die Opfer übernehmen die Sichtweise derer, die sie herabzusetzen versuchen. Obwohl ihr Lebensschicksal kapitalistisch determiniert ist, spielen die Ausgegrenzten dadurch in den Konflikten zwischen Kapital und Arbeit keine aktive Rolle.

      Verzweifelter Realitätssinn

      Unter den herrschenden politischen Verhältnissen und ideologischen Reproduktionsbedingungen ist es aber auch nicht überraschend, daß die (mittlerweile zur Massenerscheinung gewordenen) »Randgruppen« sich nicht zur Wehr setzen. Auch darin steckt immer noch etwas von einem verzweifelten Realitätssinn: Von wichtigen gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten ausgeschlossen, wird den »Marginalisierten« ihr beschränkter Aktionsradius ständig vor Augen geführt. Lähmend wirkt auf die Ausgegrenzten, daß für sie kein realistischer Punkt mehr existiert, an dem ihr Widerstand ansetzen könnte. Denn normalerweise bedeutet Widerstand für die Unterklasse, sich zu verweigern. Aber worin könnte die Weigerung der Arbeitslosen bestehen? In der Abweisung der spärlichen Unterstützungsleistungen? Schon an diesem simplen Beispiel ist zu sehen, daß es keine Alternative zur gemeinsamen Interessenartikulation aller Klassensegmente gibt. Fraglich bleibt natürlich, wie diese Interessenartikulation auf Grundlage der Segmentierung gelingen kann. Aber dieses Problem ist nicht neu: In allen Industrienationen hat die Arbeiterbewegung es versäumt, Strukturen zu schaffen, die verhindern, daß die Beschäftigungslosen in ein tiefes Loch der Isolierung fallen.

      Aus dieser nicht sehr ermutigenden Beobachtung ergibt sich eine dringliche Aufgabe für die Klassenanalyse: Sie muß trotz der realen Spaltungstendenzen das Verbindende zwischen den Klassensegmenten herausarbeiten und die Möglichkeiten von organisatorischen Modellen erörtern, die eine Bewußtwerdung und Artikulation von Klasseninteressen fördern könnten.
      http://www.jungewelt.de/2003/10-10/012.php
      Avatar
      schrieb am 09.10.03 21:53:48
      Beitrag Nr. 457 ()
      Auch Grassos Stellvertreter kassieren enorme Gehälter


      Nyse-Manager häufen Pensionsansprüche und Bonuszahlungen von je 28 Millionen Dollar an - Rücktritt immer wahrscheinlicher


      New York - Robert Britz und Catherine Kinney, die wichtigsten Stellvertreter des Vorsitzenden der New Yorker Börse, haben seit 1998 Anspruch auf Pensionsbeiträge und Boni von je 28 Mio. Dollar gesammelt, wie gut informierte Kreise berichteten. Nachdem bekannt geworden war, dass Richard Grasso als Börsen-Chef ein Gehaltspaket von 140 Mio. Dollar kassieren soll, musste dieser auf öffentlichen Druck hin seinen Hut nehmen. Britz und Kinney könnten Grasso bald folgen.


      Die beiden stellvertretenden Präsidenten sind seit Januar 2002 im Amt und beziehen laut gut informierter Kreise ein Grundgehalt von je 500 000 bis 600 000 Dollar. Vor allem institutionelle Investoren wie der kalifornische Lehrerpensionsfonds California State Teachers` Retirement System (Calpers) aber auch Mitglieder der New York Stock Exchange (Nyse) hatten die Höhe des Grasso-Gehaltpakets von 140 Mio. Dollar scharf kritisiert. John Reed, der die Nyse derzeit als Interimsvorsitzender leitet, hatte Anfang der Woche erklärte, die Börsenmitglieder werden "nicht glücklich" sein, wenn sie erfahren, wie viel Britz und Kinney verdienen. "Wenn die Gehälter als übertrieben wahrgenommen werden, wird ihre Leistungsfähigkeit als Mitarbeiter der Börse stark eingeschränkt sein", bestätigte James Angel, Professor für Finanzen an der Georgetown University: "Sie dürften wohl Grasso folgen und sich nach anderen Aufgaben umschauen."


      Seit dem Rücktritt von Grasso wurde die New Yorker Börse vermehrt aufgefordert, auch die Gehälter anderer Börsenmanager zu veröffentlichen. Einige der institutionellen Investoren kritisierten die Höhe der Zahlungen an Grasso vor allem deshalb, weil im Vergütungsgremium der New Yorker Börse zahlreiche Vorstandvorsitzende von Unternehmen sitzen, die von der Börse beaufsichtigt werden. Ein Tag bevor die Mitglieder im Börsenaufsichtsrat mehrheitlich für einen Rücktritt Grassos stimmten, hatte der kalifornische Finanzminister Philip Angelides die Börse aufgerufen, ihre "Unternehmenskultur und die Moral grundlegend zu überarbeiten" und verwies ebenfalls auf die fehlende Unabhängigkeit des Vergütungsgremiums. Angelides forderte Grasso auf, einen Teil der Gelder an die Börse zurückzuführen. Der Chef der US-Börsenaufsicht SEC, William Donaldson, der in den Jahren 1990 bis 1995 die New Yorker Börse als Vorsitzender leitete, forderte von der Börse eine Erklärung, wie es zu den exorbitanten Gehältern an Grasso gekommen sei. Donalds erhält an der SEC ein jährliches Gehalt von 142 000 Dollar und verdiente als Leiter der NYSE im Jahr 1992 rund 1,65 Mio. Dollar, wie aus Unterlagen der Börse hervorgeht. Reed hatte auf einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche erklärt, die Vergütungen von Britz und Kinney "weisen dieselben Muster auf", wie die von Grasso, der neben Bonuszahlungen und Pensionsrücklagen auch Bezüge erhält, die erst nach einigen Jahren ausgezahlt werden. Britz und Kinney haben ihre gesamte Berufskarriere an der Nyse verbracht und sind hier seit 30 Jahren beschäftigt. Die Börse, die im Eigentum der Mitglieder ist, kam im Jahr 2002 auf einen Jahresgewinn von 28 Mio. Dollar. Bloomberg




      Artikel erschienen am 10. Okt 2003
      http://www.welt.de/data/2003/10/10/180536.html
      Avatar
      schrieb am 09.10.03 22:04:20
      Beitrag Nr. 458 ()
      HINTERGRUND

      Fragwürdige Statistik

      Wie viele Menschen als arbeitslos registriert sind, hängt von der Definition der Erwerbslosigkeit und der Erhebungsart ab. Deshalb ist die Aussagefähigkeit von offiziellen Zahlen umstritten.


      Von Hans Nakielski



      Die Bundesanstalt für Arbeit (BA) erfasst die als arbeitslos, die in keinem Beschäftigungsverhältnis stehen oder weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten, die eine versicherungspflichtige Stelle (mit mindestens 15 Wochenstunden) suchen, die der Arbeitsvermittlung unbeschränkt zur Verfügung stehen, die unter 65 Jahre sind und keine Altersrente beziehen, und schließlich die, die sich beim Amt als arbeitslos gemeldet haben.

      Alle diese Voraussetzungen müssen gleichzeitig erfüllt werden. Damit zählen manche, die einen Job suchen, per Definition nicht als arbeitslos. Das betrifft etwa Schüler und Studenten, Frührentner und Erwerbswillige ab 65, Ausländer ohne Arbeitserlaubnis oder vorübergehend Erkrankte. Auch Jugendliche, die nur einen Ausbildungsplatz suchen, sowie Arbeit suchende Teilnehmer an geförderten Bildungsveranstaltungen (im September waren es 221 500) zählen nicht in der Arbeitslosenstatistik. Genauso wenig wie die rund 87 000 Kräfte in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) und 45 000 Personen, die mit Strukturanpassungsmaßnahmen der BA gefördert werden. Auch die rund 21 000 erwerbslosen Zeitarbeiter, die bei einer der neuen Personal-Service-Agenturen auf Vermittlung in einen dauerhaften Job warten, fallen aus der Statistik. Dass dies auch die mehr als 51 000 ehemals Arbeitslosen betrifft, die sich seit Jahresbeginn mit einer "Ich-AG" über Wasser halten (selbst wenn ihr Konzept vielfach kaum trägt), liegt nahe.

      Bedenklich sind dagegen die Tricks und "Maßnahmen", mit denen es der BA gelingt, zunehmend mehr Arbeitslose - wie es im Behördendeutsch heißt - "in die Nichterwerbslosigkeit" zu schicken. Bevorzugte Zielgruppe sind die Älteren. Wer 58 oder älter ist und Arbeitslosengeld oder -hilfe "unter erleichterten Voraussetzungen" bezieht, gilt formal nicht mehr als arbeitslos. Nicht zuletzt auf Drängen der Ämter bekommen mehr als 380 000 ältere Arbeitslose diese "erleichterten Leistungen" - und zählen somit nicht mehr für die Arbeitslosenstatistik.

      Doch auch zunehmend mehr jüngere Arbeitslose werden statistisch "bereinigt". In erster Linie trifft es diejenigen, die keinen Anspruch auf Geldleistungen haben. Diese "Nichtleistungsempfänger" müssen sich alle drei Monate beim Amt melden. Sonst fliegen sie aus der Statistik. Durch immer neue "Maßnahmen zur Aktualisierung der Bewerberbestände" - dazu zählen Massen-Vorladungen in Hörsälen und weitere sinnlose Meldetermine - gelingt es den Ämtern, gerade diejenigen zur Abmeldung zu bewegen, die ohnehin kaum etwas erwarten können. Nichtleistungsempfänger können durch ihre Meldung beim Arbeitsamt inzwischen auch keine höheren Rentenansprüche mehr erwerben. Und so melden sich viele ab. Allein im September verschwanden nach der BA-Statistik 346 800 Arbeitslose in der "Nichterwerbslosigkeit".

      Die Zahl derjenigen, die ohne Bezüge bei den Ämtern registriert sind, sinkt stetig. Während früher rund 30 Prozent aller Arbeitslosen gemeldet waren, obwohl sie keine Leistungen bekamen, sind es heute nur noch 18 Prozent. Die anderen verschwinden in der "Stillen Reserve". Dazu zählen die Entmutigten, die nicht als arbeitslos registriert sind, aber bei günstigerer Lage eine Arbeit suchten und annähmen. Die Rürup-Kommission beziffert diese "Stille Reserve" auf 1,3 Millionen.

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      schrieb am 09.10.03 22:11:43
      Beitrag Nr. 459 ()
      ANALYSE

      Ohne ökonomische Vernunft

      Die Reformvorschläge für den Umgang mit Langzeitarbeitslosen dienen nicht der wirtschaftlichen Modernisierung, sondern einer antiquierten Arbeitsmoral.


      Von Gabriela Simon



      Seit 500 Jahren werden in deutschen Landen Institutionen geschaffen, um Menschen zu regelmäßiger Arbeit zu zwingen. Im 16. Jahrhundert waren es die ersten Arbeitshäuser. Arbeitsunwillige wie Landstreicher und Bettler steckte man dort in Tretmühlen, wo sie lernen mussten, ihren Körper zu disziplinieren, der Müdigkeit und einem langen, quälenden Arbeitstag standzuhalten. Nicht der ökonomische Nutzen, nicht der Wert, den die zur Arbeit Gezwungenen produzierten, stand im Vordergrund. Das Arbeitshaus war eine Erziehungsanstalt mit moralischem Anspruch.

      Tretmühlen sind nicht mehr das Mittel, wenn es darum geht, Menschen zur Arbeit zu verpflichten. Die Sozialreformen unserer Tage dienen der "ökonomischen Vernunft", sagt Bundeskanzler Gerhard Schröder. Das klingt, als seien gewisse soziale Härten eben der Preis für die wirtschaftliche Modernisierung.

      Die Vorschläge zum Umgang mit Langzeitarbeitslosen, ein zentraler Punkt der Reformagenda, sprechen aber eine andere Sprache. Bei allen Differenzen zwischen den Konzepten von Regierung und Opposition gibt es zwei grundlegende Gemeinsamkeiten: Beide ignorieren die Erfordernisse der wirtschaftlichen Modernisierung. Und sie wurzeln in einer repressiven Arbeitsmoral, die in dem Grundsatz gipfelt: Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. Oder, wie es in der Begründung zum hessischen Gesetzesentwurf heißt: "Wer staatliche Leistungen empfängt, muss eine Gegenleistung in Form von Arbeit erbringen."
      Dieser von den Unionsparteien unterstützte Gesetzesvorschlag verlangt, dass alle Langzeitarbeitslosen zu kommunaler Arbeit verpflichtet werden. Eine wirtschaftliche Begründung für den Arbeitszwang sucht man vergebens. Ebenso eine handfeste Idee, für welche kommunalen Aufgaben einige Millionen Arbeitslose gebraucht werden und wer deren Arbeitseinsatz sinnvoll organisieren könnte. Delikaterweise stehen gerade in Hessen die meisten infrage kommenden Träger in den Kommunen auf der Streichliste des Sparprogramms "Operation Sichere Zukunft". Niemand hat sich offenbar über den konkreten Nutzen der Arbeitspflicht Gedanken gemacht.

      Bundeskanzler Schröder selbst war es, der die Arbeitslosendebatte schon vor Jahren mit seiner Faulenzer-These auf die moralisierende Schiene gesetzt hat, auf der nach dem wirtschaftlichen Sinn eines arbeitsmarktpolitischen Schrittes nicht mehr gefragt wird. Auch seine Reformagenda setzt auf die Verpflichtung zur Arbeit. Durch die neue Zumutbarkeitsregelung werden Arbeitslose in Zukunft gezwungen sein, jeden Job, unabhängig von Qualifikation und Bezahlung, zu akzeptieren. Weigern sie sich, werden ihnen die Mittel zum Lebensunterhalt entzogen.

      Damit wird der Aufgabenzuschnitt der Arbeitsämter grundlegend verändert. Es geht nicht mehr um Arbeitsvermittlung, sondern um Arbeitsverpflichtung. Die Beschäftigten der Behörde brauchen sich keine Mühe mehr zu geben, konkrete Menschen mit ihrem ganz persönlichen Profil von Fähigkeiten, Erwartungen, Schwächen und Lebensbedingungen mit konkreten Arbeitsplätzen zusammenzuführen. Ihre Leistung wird daran gemessen, wie schnell es ihnen gelingt, Arbeitslose in irgendeinen Job zu bringen.

      Wie sieht nun die ökonomische Seite dieser "Modernisierung" aus? Viele Arbeitgeber scheuen heute schon die Vermittlung durch Arbeitsämter, weil sie sich von "gezwungenen" Leuten nicht viel versprechen. In fast jeder Sonntagsrede weisen Politiker darauf hin, dass die Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts von den Arbeitnehmern immer höhere Qualifikationen verlangt. Vor diesem Hintergrund sind die bisherigen Regelungen, mit denen die qualifizierten Mittelschichten davor geschützt werden, ihre Arbeitskraft deutlich unter ihrer Qualifikation verkaufen zu müssen, ökonomisch sinnvoll. Durch Weiterbildung können diese Qualifikationen für die Gesellschaft erhalten werden. Wenn mit den Hartz-Reformen der soziale Abstieg erzwungen und gleichzeitig der Etat für Weiterbildung massiv gekürzt wird, dann wächst die Schar der gering und unzureichend Qualifizierten, die auf den Arbeitsmärkten der Zukunft erst recht chancenlos sein werden.

      Wo werden die Arbeitslosen mit ihren Potenzialen und Fähigkeiten gebraucht? Dies haben sich Beschäftigungsträger und Projekte auf kommunaler Ebene gefragt. Auf Grundlage von Mitteln für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und anderen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten entwickelten sie innovative Dienstleistungen für Senioren, trainierten Jugendliche in friedlicher Konfliktlösung oder entwarfen Energiesparkonzepte für öffentliche Institutionen.

      Es gibt zahlreiche Vorschläge, diese Strategien weiterzuentwickeln und auf eine langfristig tragfähige Grundlage zu stellen. Doch mit den Hartz-Reformen werden die Mittel für solche Strategien systematisch gekürzt, zu Gunsten einer schnell greifenden Verpflichtung zur Arbeit. Das mag in Teilen der Bevölkerung Emotionen befriedigen: die Angst davor, dass andere aus der Tretmühle der Erwerbsarbeit ausscheren, sich auf Kosten der Allgemeinheit auf die faule Haut legen könnten. Die ökonomische Vernunft jedoch wird dabei geopfert.

      :( :confused:

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      schrieb am 09.10.03 22:25:05
      Beitrag Nr. 460 ()
      Europa und Russland

      von Jochen Steffens

      Russland wurde von der Rating-Agentur Moody`s auf ein "Investment Grade" Rating heraufgestuft – von Ba2 auf Baa3. Russische Aktien konnten daraufhin zulegen, aber auch der Rubel und die Bonds. Das hat einen einfachen Grund: Manche Pensionsfonds, Versicherungen und andere institutionelle Anleger dürfen nur in Anlagen investieren, die mit oder über Baa3 also "Investment Grade" eingestuft sind. Durch diese Heraufstufung wird Russland nun also ein interessantes Anlageziel für ein wesentlich breiteres Publikum.

      Passend, denn Bundeskanzler Gerhard Schröder befindet sich gerade in Russland und wurde dort von einer 15-köpfigen Wirtschaftdelegation begleitet. Es geht darum, die Wirtschaftsbeziehungen zu einer langfristigen strategischen Partnerschaft auszubauen. Dabei wurden interessanterweise sogar weitgehende außenpolitische Übereinstimmungen gefunden. Das Hauptaugenmerk lag jedoch auf der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. So wurden bei dem Treffen zwischen Schröder und Wladimir Putin Wirtschaftsprojekte in Höhe von 1,5 Mrd. Euro vereinbart. Ein Gaspipeline-Projekt durch die Ostsee wurde allerdings vertagt, hierbei geht es um ein Investitionsvolumen in Höhe von 5 Mrd. Euro. Putin versicherte, dass in den nächsten Tagen darüber entschieden werde.

      Ein kleiner Einschub sei mir gegönnt: Immer wenn ich solche Nachrichten lese, werde ich daran erinnert, dass einige Wirtschaftswissenschaftler vermuten, Europa und Russland würden zusammenwachsen und Amerika als führende Wirtschaftsnation ablösen. Russland hätte die Bodenschätze, Europa das Know How. Auch wenn es vielleicht (noch?) etwas utopisch klingt und andere Faktoren (z.B. China, Indien) vernachlässigt, zeigt es dennoch eine interessante Richtung auf. Ein großer Teil des russischen Wachstums wird zurzeit noch durch die Ausbeutung der enormen Bodenschätze, insbesondere des Öls generiert. Aber das könnte sich mehr und mehr ändern. Insbesondere wenn die europäische und russische Wirtschaft mehr und mehr zusammenwächst.

      Natürlich versuchen die Europäer auch damit ihre Abhängigkeit von Amerika immer weiter abzubauen. Angesichts der drohenden Schwierigkeiten Amerikas und dessen Politik der starken Sprüche, ein sehr vernünftiger Schritt. Wer weiß was passiert, falls die amerikanische Wirtschaft heftiger ins Trudeln kommt. Wenn ich dann daran denke, dass ich von diesen Ideen (Russland/Europa) bereits vor mehreren Jahren gehört habe, dann ist es heute sicherlich um ein Vielfaches wahrscheinlicher geworden. Ein spannender Prozess.

      Apropos Öl. Einige Kräfte ziehen und zerren am Ölpreis. Gestern litt der Ölpreis darunter, dass "unerwartet" deutlich gestiegene Erdölvorräte in den USA die Sorge vor Engpässen in der bevorstehenden Wintersaison zunichte machte. Nun bleibt als belastender Faktor nur noch der Nahost-Konflikt und insbesondere der möglicher Generalstreik in Nigeria. Zwar versucht die nigerianische Ölindustrie die Gefahr runter zu spielen, aber es könnte zu nachhaltigen Ausfällen kommen. Der Beginn des Streiks wird für heute erwartet. Nigeria ist das siebtgrößte Ölexportland der Welt. Den Ölpreis sollten Sie also im Auge behalten.

      Ansonsten profitierten die europäischen Börsen heute morgen zunächst von den besseren Zahlen von Yahoo, so dass sich die Indizes weiterhin trotz des starken Euros behaupten konnten. Ich vermute, das kann noch einige Zeit weitergehen. Aber ich bin auch gespannt, was die Zahlen von General Electric morgen aussagen werden.

      Und kurz zur Charttechnik: Der S&P hat gerade die 1040 Punkte genommen und damit ein neues Jahreshoch ausgebildet. Dabei wurde ein mögliches Doppeltop zunichte gemacht. Sollte also diese Marke nachhaltig brechen, ist das ein sehr bullish zu bewertendes Zeichen (Das ändert aber nichts an meiner langfristigen Einstellung).

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      Fallender Dollar – gut für die US-Wirtschaft?

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Vorgestern gab es gute News – für die, die die USA ruiniert sehen wollen.

      Zunächst einmal sind die Aktienkurse an der Wall Street weiter gestiegen.

      Dann wurde berichtet, dass die amerikanischen Konsumenten ihren Weg in die Insolvenz während des Sommers fortgesetzt haben. Die Schulden der privaten Haushalte erhöhten sich im August um 8,2 Milliarden Dollar, das Wachstum der Konsumentenkredite hat damit 10,25 % erreicht.

      Drittens berichtet die New York Times, dass "der Dollar wieder schwach tendiert", und sie fügt erfreut diese Analyse hinzu: "Keine amerikanischen Tränen werden darüber vergossen."

      Diese letzte Bemerkung will ich untersuchen. Wenn der Dollar fällt, dann haben die Amerikaner weniger Kaufkraft. Da so viel von dem, was sie kaufen, aus Übersee kommt, würde ein fallender Dollarkurs zu steigenden Preisen führen – was den Lebensstandard reduzieren würde. Anders gesagt: Ein Rückgang des Dollarkurses reduziert den Wert von allen Dingen, die in Amerika hergestellt werden. Ein Beispiel: Ein Rückgang des Dollar von 10 % würde einem wertmäßigen Rückgang des amerikanischen Outputs um mehr als eine Billion (!) Dollar entsprechen.

      Das mag kein Grund für Tränen sein, aber ein aufmerksamer Investor könnte zumindest ein bisschen glasige Augen bekommen. Und auch der kalifornische Hausbesitzer könnte ein bisschen enttäuscht sein, wenn er realisiert, dass das "Vermögen", das er sich aus seinem Haus herausgezogen hat (in Form einer Erhöhung der Hypotheken) an den Währungsmärkten verschwunden ist ... während er immer noch seine Hypothek abbezahlen muss.

      Natürlich fühlen diejenigen, deren Einnahmen in Dollar anfallen, die aber in Europa wohnen, den Rückgang des Dollar direkter, und sie nehmen das persönlicher. Ich bin so ein Fall – ich bin ein Amerikaner, der in Frankreich lebt und arbeitet. Und jedes Mal, wenn ich mir in Paris ein Bier oder einen canard à l`orange bestelle, dann ärgere ich mich ein bisschen. Es bringt nichts, sich deshalb zu beschweren, aber ich kann ich nur wundern, wie lange die anderen Amerikaner brauchen, bis sie realisieren, dass ein fallender Dollar auch sie ärmer macht.

      Aber in den letzten Tagen wurden keine Tränen vergossen, laut der New York Times. Die Leute denken, dass es gut ist, wenn der Dollar fällt ... und dass dadurch die Weltwirtschaft wieder auf Trab gebracht wird. Sie glauben, dass dann die Erholung richtig durchstarten kann und der reale Boom beginnen wird.

      Die Leute, die das denken, sind die gleichen Leute, die sich nicht nur darüber freuen, dass sich die US-Konsumenten weiter verschulden ... sie ermuntern sie sogar dazu! Und das sind die gleichen Leute, die denken, dass die Aktienkurse immer weiter steigen können ... oder zumindest bis zur nächsten Wahl.

      In irgendeiner Zeitung habe ich auch gelesen, dass die Gesellschaft Carrier Corporation – die Millionen Amerikanern eine Klimaanlage beschert hat – angekündigt hat, dass sie in den USA ihre Produktion komplett einstellen will. Alle neuen Klimaanlagen für die USA sollen aus Übersee importiert werden. 1200 Angestellte müssen sich jetzt auf die Suche nach neuen Jobs begeben.

      Ein niedrigerer Dollar soll Gesellschaften wie Carrier helfen. Vielleicht wird er das auch. Und ganz bestimmt ist ein weiterer Rückgang des Dollar notwendig ... und unausweichlich. Aber es ist eine Lüge, den US-Bürgern zu sagen, dass das ohne Tränen abgehen wird.

      Mehr News von Addison, im nächsten Artikel
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      Schulden = Reichtum, eine fragwürdige Gleichsetzung

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Paris

      Nun, zumindest bleiben sie auf Kurs. Wie mein Kollege Bill Bonner bereits angesprochen hat: In den USA haben die privaten Haushalte im August neue Schulden im Volumen von 8,2 Milliarden Dollar angehäuft. Ok, lassen Sie mich nachrechnen. Laut dem "World Fact Book" beträgt das Bruttoinlandsprodukt der USA etwas über 10 Billionen Dollar – das sind 37.600 Dollar für jede(n) Mann, Frau, Spitzbube im Land – was die USA zur "größten und technologisch mächtigsten Volkswirtschaft der Welt" macht.

      Was passiert wirklich in der "größten und technologisch mächtigsten Volkswirtschaft der Welt"? Nun, eine Menge Schuldenmachen für Konsum, offensichtlich. Neben der Tatsache, dass 80 % des amerikanischen Bruttoinlandsproduktes durch "Dienstleistungen" erzielt werden, haben die Schulden der privaten Haushalte die Höhe des Bruttoinlandsproduktes längst überschritten.

      Was noch ... wie ich letzte Woche schon berichtet habe, hat der durchschnittliche Haushalt in den USA Kreditkartenschulden von 8.000 Dollar. Und ich habe errechnet, dass der durchschnittliche Haushalt fast 20 % des Pro-Kopf-Bruttoinlandsproduktes mit Konsumentenkrediten finanziert.

      Als ob das noch nicht interessant genug wäre ... suche ich im "World Fact Book" nach den Steuereinnahmen des amerikanischen Staates im letzten Jahr: 1,94 Billionen Dollar! Wenn die Konsumenten weiterhin so schnell wie im August Schulden anhäufen würden, dann würden sie sich auf Jahresbasis hochgerechnet (wobei berücksichtigt wird, dass die neuen Schulden im August nicht so stark wie in anderen Monaten wachsen) mehr Geld leihen als die Steuereinnahmen aller amerikanischen Gebietskörperschaften im letzten Jahr erreicht haben.

      "Wie lange kann das alles so weitergehen?" frage ich mich. Natürlich lautet die Antwort notwendigerweise: "So lange wie möglich."

      Die Fed mag eine solche Antwort ablehnen. Greenspan hat die Geldmenge um 9,5 Billionen (!) Dollar erhöht ... das ist ein neuer Rekord. Die ausländischen Zentralbanken entschieden, dass sie glücklich wären, die neuen Schuldscheine einer fast bankrotten Nation von fetten Nassauern anzunehmen ... und sie haben US-Staatsanleihen für 10 Milliarden Dollar gekauft ... auch das ein neuer Rekord.

      Schulden. Konsumentenschulden. Staatsschulden. Unternehmensschulden. Alles Schulden. Schulden. Schulden. Wer wird für diese Schulden bezahlen? Und mit welcher Währungsqualität? Jetzt beginnt man, die Weisheit der Fed in ihrem "Krieg gegen die Deflation" zu erkennen; eine Deflation macht es nämlich teurer, die Schulden zurückzuzahlen. Inflation hingegen ist der beste Freund von Schuldnern. Wenn man ein Sparer ist ... Pech gehabt.

      Eine der eher dümmlichen Erklärungen der Rally am Aktienmarkt und der sogenannten "Erholung" (ohne neue Jobs bis jetzt) las ich im Editorial bei TheStreet.com, geschrieben von jemandem, der sich schämen müsste, wenn ich seinen Namen erwähnen würde. Deshalb tue ich es nicht. Seine Theorie war, dass "Reichtum" – zumindest der, wie er im Kontext des jüngsten degenerierten kapitalistischen Modells aufgefasst wird – durch die Konsumkraft einer Familie ausgedrückt und quantifiziert wird

      In so einem Szenario gilt tatsächlich: Schulden = Reichtum. Lassen Sie mich auch hier nachrechnen. Wenn man 8.000 Dollar Kreditkartenschulden hat ... dann würde dadurch der persönliche Reichtum um 8.000 Dollar steigen. Im August hat sich deshalb der Reichtum der amerikanischen Nation deutlich erhöht. Diese Art von Denken führt zu den Schlagzeilen, die die wirtschaftliche Erholung und die Wiedergeburt eines Booms am Aktienmarkt loben.

      Ich habe nur eine einzige Frage: Wo kommen diese Leute her?

      Aber es gibt auch andere Stimmen: Eine Umfrage (von Providian) zeigte, dass 50 % von 1.000 Befragten mitteilten, dass sie wegen ihrer Familienfinanzen "besorgt" oder "sehr besorgt" seien. Providian kann zugute gehalten werden, dass sie als Lösung dafür vorgeschlagen haben, dass die Amerikaner mehr sparen sollten ...

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      Extrempunkte

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Ich hätte mich von diesem Baumstumpf fernhalten sollen." – Elizabeth Bonner

      Die Person, die wir in der Ferne sehen konnten, war kein Nicaraguaner. Er war zu weiß. Und zu groß. Und er lief auf uns zu. Die Leute in den Tropen rennen normalerweise nicht.

      Es war mein Sohn Jules. Aber auch Jules rennt nicht oft. Was war passiert?

      "Dad", berichtete Jules, als er uns erreichte, "Mom hatte einen Reitunfall."

      Eine Sekunde später rannten zwei Personen den Strand entlang.

      Leute, die Pferde reiten, haben immer wieder Unfälle. Ich weiß, dass es unter regulären Reitern kaum einen gibt, der nicht gelegentlich einen Gipsarm oder eine Halskrause getragen hat. Reiter werden regelmäßig abgeworfen, sie fallen hin oder bleiben in Ästen hängen. Reitwettbewerbe und Fuchsjagden führen meist zu solchen Unfällen.

      Meine Frau Elizabeth kann gut mit Pferden umgehen, so dachte ich mir, als ich den Strand entlang lief. Aber das konnte auch Christopher Reeve (der "Batman"-Schauspieler) – und dieser Mann ist nach einem Reitunfall querschnittsgelähmt.

      Unser Aufenthalt in Nicaragua wurde durch dieses Ereignis verunstaltet. Ich erzähle davon, um auf das Thema "Risiko" zu kommen ... und um Sie in Spannung zu halten.

      Ich beziehe mich auf das Buch von Lowenstein: "When Genius Failed", denn ich habe dieses Buch gerade gelesen ... und ich glaube, dass Genies niemals nur einmal falsch liegen.

      Lowenstein erklärt, was am Ende eines Booms passiert: "Wenn sich die Verluste auftürmen, dann sind Investoren wie der Long Term Capital Management (LCTM) Funds (Hedgefonds) dazu gezwungen, zu verkaufen ( ...). Wenn eine Firma in einem Markt ohne Käufer verkaufen muss, dann rennen die Kurse zu den Extremen ( ...). Solche Kurse mögen auf lange Sicht absurd scheinen. Aber langfristiges Denken ist ein Luxus, den sich institutionelle Anleger nicht immer leisten können; sie könnten dann nicht so lange überleben."

      An den Extrempunkten folgen die Preise keinem logischen Muster mehr. Die Investoren werden irrational überschwänglich, wenn die Kurse ihre Höchststände an einem Ende der Kurve erreichen ... und sie werden verzweifelt ängstlich am anderen Ende. So sollten zum Beispiel nur sehr wenige Aktien extrem teuer oder extrem billig sein. Aber an den Enden der Kurve sind es Furcht und Gier, die an den Märkten umgehen – und die senden die Kurse auf unvorhersehbare Bahnen. Die Investoren kaufen an den Hochpunkten die Aktien zu lächerlich hohen Kursen ... und sie verkaufen an den Tiefpunkten zu lächerlich niedrigen Kursen.

      Wenn man den Würfel würft, dann weiß man automatisch die Chancen für jedes mögliche Ergebnis. Und die bleiben immer gleich. Ob man eine "1" vorher keinmal oder 100 Mal in Folge gewürfelt hat – die Chance für eine "1" beim nächsten Wurf bleibt immer gleich. Würfel haben kein Gedächtnis.

      Die Investoren haben ein Gedächtnis, aber nicht viel Vorstellungskraft. Die Kurse sind eine Funktion des Vertrauens. Wenn die Investoren zuversichtlich sind, steigen die Kurse. Wenn sie es nicht sind, dann fallen die Kurse. Es brauchte 18 Jahre steigender Aktienkurse, um das Vertrauen der Investoren auf das derzeitige Niveau zu hieven. Es wird mehrere Jahre dauern, um dieses Niveau wieder auf den langjährigen Durchschnitt abzusenken.

      Weder die meisten Investoren noch Nobelpreisgewinner können sich das vorstellen, aber die Chancen, dass die nächsten 20 Jahre die letzten 20 nachahmen werden, sind sehr gering. Wenn die Investoren ängstlich sind, dann "fließt das Kapital natürlich von den riskanteren Anlageklassen in die weniger riskanteren, unabhängig vom zugrunde liegenden Wert", so Lowenstein.

      "Die Professoren, hatten das nicht in ihre Modelle eingearbeitet", so Lowenstein. "Sie hatten dem Markt eine kalte Berechenbarkeit zuprogrammiert, die er niemals hatte; sie hatten den räuberischen Sinn und die Schutzinstinkte vergessen, die die real existierenden Trader haben. Sie hatten den menschlichen Faktor vergessen."

      Die Professoren hatten Recht damit, dass die Dinge langfristig zu ihrem Mittelwert hin laufen. Dinge, die extrem aus dem Ruder gelaufen sind, laufen irgendwann zurück ins Ruder. Aber dann divergieren sie wieder. Manchmal laufen sie zum Mittelwert hin. Manchmal laufen sie vom Mittelwert weg. Die Genies bei LTCM verloren 4,5 Mrd. Dollar – weil der Markt gerade in die für sie falsche Richtung lief. Sie oder ich hätten wahrscheinlich niemals so viel verlieren können – denn selbst mit einem Computer sind wir nicht annähernd so klug wie diese Genies.

      Auch die Banken haben Geld verloren. Sie hätten noch mehr verloren, wenn sie dem LTCM-Fonds nicht zu Hilfe geeilt wären ... und die Zentralbanken nicht allen mit mehr Krediten geholfen hätten. Diese neue Kreditwelle wurde auch von einer neuen Gruppe von Genies dankbar aufgenommen – darunter Enron. Verglichen mit Enron war LTCM eine kleine Nummer. Enron verdiente mit dem Handel von Derivaten in einem einzigen Jahr mehr als der LCTM-Fonds während seiner ganzen Existenz.

      Zurück zu meiner Frau: Als mein Sohn und ich den Pferdestall erreichten, sahen wir Elizabeth ins Clubhaus humpeln. Ihr Pferd war über einen Baumstumpf gestolpert und hingefallen. Was für eine Erleichterung – sie ohne gebrochene Knochen zu finden! Schon am nächsten Tag saß sie wieder auf dem Rücken eines Pferdes.

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      schrieb am 09.10.03 22:27:40
      Beitrag Nr. 461 ()
      Das Ende der Traumfabrik

      ++ Selektierte Wahrnehmung ++
      Von Dirk Harbecke
      Die Amerikaner streben so sehr nach Happy Ends, dass sie gerne den Blick für die Realität verlieren. Am vergangenen Freitag zum Beispiel, als die Arbeitslosenzahlen besser ausfielen als erwartet, schien die Welt auf einmal wieder in Ordnung: Der Nasdaq Composite gewann im Wochenvergleich fast 5 Prozent, der Dollar stieg, der Goldpreis brach ein. Damit auch mit der erhofften Erholung der Wirtschaft nichts mehr schief gehen kann, wählten die Hollywood-geprägten Kalifornier nun sicherheitshalber einen knallharten Reformer in das Amt des Gouverneurs: Terminator Arnold Schwarzenegger, der Garant für Happy Ends. Langsam aber sicher gewinne ich den Eindruck, dass man neben der US-Regierung auch den Wähler – und damit den Anleger – nicht mehr ernst nehmen kann.

      Wie zu den glorreichsten Zeiten der Internet-Bubble werden nur die positiven Aspekte einer Meldung gelesen. Die US-Volkswirtschaft hat im September zwar 57.000 Jobs geschaffen. Dass gleichzeitig die Zahl für die vorangegangenen zwölf Monate um 145.000 nach unten korrigiert wurde, interessierte niemand. Selbst wenn der aktuelle Wert einmal nicht korrigiert werden sollte und tatsächlich der Wahrheit entspräche, wären die neu geschaffenen Jobs noch nicht einmal ausreichend, den jeden Monat neu auf den Arbeitsmarkt strömenden rund 150.000 Schulabgängern und Auszubildenden eine Stelle zu verschaffen.


      ++ Selektierte Wahrnehmung ++
      ++ Vertrauensschwund ++


      ++ Vertrauensschwund ++

      Einzig der Devisenmarkt lässt sich durch die kurzen Störfeuer nicht aus der Ruhe bringen und bewertet die US-Wirtschaft realistisch. Der Euro-Absturz wurde direkt nach dem Wochenende von den Händlern in Tokio, London und Frankfurt korrigiert. Selbst der scheidende EZB-Chef Wim Duisenberg hält eine weitere Abwertung des Dollar zum Euro für "unvermeidbar". Das ist eine deutliche Warnung für alle Aktienanleger. Denn die exportabhängigen europäischen Unternehmen werden unter einem starken Euro leiden. Bis jetzt scheinen die Aktionäre die Gefahr noch auf die leichte Schulter zu nehmen. Die Gemeinschaftswährung notiert derzeit mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau wie bei der Einführung vor vier Jahren. Aber was ist bei einem Kurs von 1,30 oder 1,40 Dollar? Die Japaner haben im vergangenen Jahrzehnt ihre Erfahrungen mit einer plötzlichen Aufwertung gemacht und reagieren deshalb mit ständigen Interventionen an den Devisenmärkten, allerdings ohne Fortune. Selbst die Notenbanken können sich nicht gegen den Rest des Marktes stemmen, und so fiel der Dollar gegenüber dem Yen unter die psychologisch wichtige Marke von 110 – Tendenz fallend.

      In Japan droht der erneute Einbruch der schwachen Konjunktur durch die Dollarabwertung, in Europa könnte sich die Quasi-Rezession fortsetzen. Selbst den importabhängigen Amerikanern wird eine Abwertung wenig nützen, weil die Einfuhren teurer werden. Doch was ist die Alternative? Ein stagnierender oder steigender Dollar würde aufgrund der desaströsen Haushaltspolitik der US-Regierung zu einem Vertrauensverlust in das Weltwährungssystem führen. Dass ein Dollar-Kollaps bisher vermieden werden konnte, ist einzig und allein damit zu erklären, dass wir uns seit dem Ende des Goldstandards des Bretton-Woods-Systems 1971 quasi in einer Welt des Dollar-Standards bewegen. Amerika hat es aber durch die jüngste Handels- und Schulden-Politik und das Anwerfen der Notenpresse versäumt, seiner Verantwortung und Pflicht als Mutterland dieser Leitwährung nachzukommen. Die Folge muss eine Abwertung sein, um nicht an den Grundfesten unseres Währungssystems zu rütteln.


      Dirk Harbecke ist Börsenexperte und Finanzkolumnist.
      http://www.instock.de/Nachrichten/10134818/pos/2
      Avatar
      schrieb am 09.10.03 22:52:30
      Beitrag Nr. 462 ()
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      Öl, Krieg und ein wachsendes Panikgefühl in den USA
      von Robert Fisk
      ZNet 07.10.2003


      Öl ist ein glitschiger Stoff, aber nicht so glitschig wie die Zahlen, die uns jetzt von den amerikanischen Besatzern im Irak feilgeboten werden. In der Gegend um Kirkuk im Norden halten die Behörden die Zahl der begangenen Sabotageakte geheim, weil sie nicht verhindern können, dass die Pipelines, die in die Türkei führen, in die Luft gejagt wird. Und weiter südlich in Bagdad, wo die Männer, die die Produktionszahlen für irakisches Öl präsentieren, anfangen den Bewohnern von Platos Höhle zu ähneln und Schlussfolgerungen aus den Schatten an den Wänden ziehen, werden die Statistiken frisiert. Paul Bremer, der Prokonsul in Kampfstiefeln, verschönt die Zahlen bis zu einem Punkt, an dem sogar die Ölexperten mit dem Kopf schütteln.

      Nehmen wir Kirkuk. Nur wenn die Fernsehkameras eine explodierte Pipeline einfangen und Flammen in die Luft steigen, berichtet die Besatzungsmacht von Sabotage. Das geschah zum Beispiel am 18. August. Aber dieselbe türkische Ölleitung ist bereits vorher und auch später wieder explodiert. Sie wurde einmal am 17. September und vier Mal am darauf folgenden Tag in die Luft gejagt. US-Patrouillen und Hubschrauber sind an die Pipelines vorgerückt, aber in den großen Schluchten und Stammesgebieten, durch die diese führen, sind große Bereiche nicht zu verteidigen.

      Europäische Ölexperten verstehen jetzt, dass die irakischen Beamten im Ölministerium - nur eines von zwei Ministerien, das die Amerikaner gegen Plünderungen schützten - sehr wohl wussten, dass Sabotageakte geschehen würden. "Sie erzählten mir im Juni, dass es keine Ölexporte aus dem Norden geben würde", teilte mir einer von ihnen diese Woche mit. "Sie wussten, dass diese sabotiert würden und das war offensichtlich sehr lange vor der Invasion im März geplant worden."

      Zu Beginn ihrer Besatzung trafen die Amerikaner die geheime - und unkluge - Entscheidung, viele Öltechnokraten, die der Baath-Partei angehörten, wieder einzustellen, was bedeutet, dass eine große Anzahl der Ministerialbeamten den Amerikanern immer noch ambivalent gegenüberstehen. Die einzigen Öleinnahmen, an welche die USA gelangen, kommen aus dem Süden. Mitte August erweckte Mr Bremer den Eindruck, die Produktion läge bei 1,5 Millionen Barrel am Tag. Aber die wirklichen Zahlen lagen bei 780 000 Barrel und selten erreicht die Produktion 1 Million. Mit den Worten eines Ölanalysten, der den Irak bereiste, ist das eine "unverzeihliche Katastrophe".

      Als die USA den Irak im März angriffen, produzierte das Land 2,7 Millionen Barrel am Tag. Es ist durchgesickert, dass die US-Truppen in den ersten Stunden, nachdem sie am 09. April in Bagdad einmarschiert sind, Plünderern den Zugang zum Ölministerium genehmigten. Als dann höhere Offiziere ankamen und die Plünderer herauskommandierten, hatten diese schon nicht ersetzbare seismische Daten und solche, die Auskunft über Bohrungen gaben, im Wert vom mehreren Milliarden Dollar zerstört.

      Während die großen Ölkonzerne in den USA bereitstehen, Milliarden Dollar abzuschöpfen, wenn die Ölproduktion ernsthaft wieder aufgenommen wird, wollten viele ihrer leitenden Angestellten - lange vor dem Krieg - von der Bush Administration wissen, wie diese beabsichtige, Sabotageakte zu verhindern. Saddam hatte eigentlich keine Pläne, die Ölfelder selbst zu zerstören, aber viele, die Pipelines für den Export in die Luft zu jagen. Das Pentagon hat das ganz anders verstanden und schickte seine Truppen zum Schutz der Ölfelder und ignorierte die ungeschützten Ölleitungen.

      Im Nachkriegsirak ist die Anarchie jetzt soweit verbreitet, dass es für internationale Investoren kaum möglich ist, dort zu arbeiten. Es gibt für sie keine Versicherung, deshalb haben Mr Bremers Besatzungsbeamten heimlich beschlossen, dass über die Hälfte der 20 Milliarden Dollar, die für den Irak bestimmt waren, in die Sicherheit seiner Produktionsinfrastruktur investiert werden.

      Während des Krieges deutete eine detaillierte Analyse von Ayhya Sadowski, einem Professor an der American University of Beirut, an, dass die Reparatur der Bohrlöcher und Pipelines 1 Milliarde Dollar kosten würde, die Erhöhung der Ölproduktion auf 3,5 Millionen Barrel täglich drei Jahre dauern und zusätzliche 8 Milliarden Dollar Investitionen verschlingen würde sowie weitere 20 Milliarden Dollar benötigt würden für die Reparatur des Elektrizitätsnetzes, welches die Pumpen und Raffinerien mit Strom versorgt. Um die Produktion auf bis zu 6 Millionen Barrel am Tag zu erhöhen, wären weitere 30 Milliarden Dollar - einige sprechen gar von 100 Milliarden - nötig.

      Mit anderen Worten - nehmen wir an, nur 8 der 20 Milliarden Dollar würden für die Industrie genutzt werden - dann würde Bushs gesamtes Budget von 87 Milliarden Dollar, das den Kongress schon jetzt entsetzt, wahrscheinlich auf etwa 200 Milliarden steigen. Auweh!

      Seit den 1920ern sind nur 2300 Ölquellen im Irak betrieben worden und die befinden sich in den Tälern des Tigris und des Euphrats. Die irakischen Wüsten sind fast vollkommen unerforscht. Offiziell besitzt der Irak 12 Prozent der Weltölreserven - zwei Drittel der Weltreserven befinden sich in nur vier anderen Ländern, Saudi Arabien, der Iran, Kuwait und die Emirate - er könnte aber über 20, vielleicht sogar 25 Prozent verfügen.

      Es ist möglich, die Ansicht zu vertreten, dass Saddam die Entscheidung getroffen habe, im November 2000 vom Dollar zum Euro zu wechseln und das dies für die USA einen "Regimewechsel" so wichtig machte. Als der Iran drohte, das Gleiche zu tun, wurde er zur "Achse des Bösen" hinzugefügt. Die Verteidigung des Dollars ist fast so wichtig wie Öl.

      Aber die wirkliche Ironie liegt in der Natur der neuen Macht Amerikas im Irak. Die US- Öllagerstätten gehen zunehmend zur Neige und spätestens 2025 werden die Ölimporte 70 Prozent der inländischen Nachfrage ausmachen. Die USA müssen die Weltreserven kontrollieren - und erzählen Sie mir nicht, sie wären in den Irak einmarschiert, wenn dessen wichtigstes Exportgut Rüben wären - und momentan kontrollieren Sie vielleicht 25 Prozent der Weltreserven.

      Aber sie sind nicht in der Lage, das Öl zum Fliessen zu bringen. Die Kosten dafür würden in den USA zu einer ökonomischen Krise führen. Und das ist der Grund für die wachsende Panik der Bush Administration und nicht der, dass täglich junge amerikanische Soldaten sterben. Washington hat den Zugriff auf die größte Schatztruhe der Welt, kann aber den Deckel nicht öffnen. Kein Wunder, dass sie die Bilanzen in Bagdad frisieren.

      http://www.zmag.de/article/article.php?id=850
      Avatar
      schrieb am 09.10.03 23:26:35
      Beitrag Nr. 463 ()
      "Superamerika" in der Krise

      Arnies wirtschaftliche Aufgaben: Rekordbudgetdefizit, Firmenfluchten, Stromkrise



      Kalifornien gehört mit seinen 34 Millionen Einwohnern zu den weltweit führenden Wirtschaftsmächten




      Kalifornien ist der bevölkerungsreichste Staat der USA, die Volkswirtschaft ist die fünftgrößte der Erde. Eines der Hauptprodukte des "Golden State" sind: Mythen. So baute sich die amerikanische Filmindustrie mit Hollywood ein ideologisches und wirtschaftliches Zentrum in Kalifornien, ebenso wie die Computer- und Kommunikationsindustrie mit Silicon Valley. Das liebliche Klima bringt auch mit sich, dass das größte Weinbaugebiet der USA sich in Kalifornien befindet.

      Alles das fußt auf dem Entstehungsmythos des Staates: Die besten, mutigsten und schönsten Menschen der Neuen Welt drangen immer weiter in Richtung Westen vor, bis sie sich am Pazifik ansiedelten, um nur mehr Höchstleistungen zu produzieren – der amerikanische Traum in Extremform, "Superamerika", wie es jetzt im Wahlkampf hieß.

      Pervertierter Mythos

      Doch der Mythos wandte sich gegen sich selbst: Denn Kalifornien gilt mittlerweile als Land in der Krise. Stromausfälle en masse, die New Economy von Silicon Valley implodierte. Inzwischen ist das Loch im Haushalt 38 Milliarden Dollar groß, 42 andere US-Bundesstaaten bekommen das gemeinsam zustande. Die Arbeitslosenquote stieg auf 6,6 Prozent. Kürzlich stufte die Ratingagentur Standard & Poor`s Kaliforniens State Bonds hinunter. Man hat derzeit die schlechteste Bonität unter alle US-Bundesstaaten.

      Unternehmen wollen en masse abwandern, unter anderem, weil das Unternehmenssteuerniveau um ein Viertel höher als der Bundesschnitt ist. Nevada, Texas, Utah oder Arizona könnten als Nutznießer daraus hervorgehen.

      Arnold Schwarzenegger profitierte von diesem verdrehten Image. Für die Misere wird zu einem guten Teil Gray Davis verantwortlich gemacht. Als der Demokrat 1998 Gouverneur wurde, fand er einen Budgetüberschuss von zwölf Milliarden Dollar vor. Doch dann platzte im Frühjahr 2000 die New-Economy-Blase, Firmen gingen reihenweise Pleite, und die Steuereinnahmen wurden dementsprechend dezimiert. Doch Davis ließ die Ausgaben für Gesundheit, Bildung und Gefängnisse weiter steigen.

      Doch Davis ist nicht alleine schuld: In Referenden zwangen die Kalifornier den Staat zu Gesetzen, die den Haushalt stark belasteten. So wurde etwa die Vermögenssteuer gekappt, deswegen wich Sacramento auf Einkommens- und Verbrauchssteuern aus. Zuletzt wurde die Kfz-Steuer im autoverliebten Staat drastisch erhöht (was Extremautoliebhaber Schwarzenegger wieder rückgängig machen will).

      Die Stromkrise wurde unter anderem dadurch ausgelöst, dass Kraftwerksbauten jahrelang verhindert wurden. Trotzdem wallte der Volkszorn auf, als die Millionen Klimaanlagen im Staat mit der Alljahrestemperatur 30 Grad Celsius stillstanden.

      Schwarzenegger holte sich Promis wie den prominenten Investor Warren Buffett in sein Wahlkampfteam. Sein Wirtschaftsprogramm reduzierte er auf die einfache Formel: Wieder mehr Unternehmen ins Land holen, um so das Budgetproblem zu lösen. Detailliertes Nachfragen wehrte er stets in seiner eigenen Art ab: "Die Öffentlichkeit interessiert sich nicht für Zahlen."

      Die Öffentlichkeit einer anderen Volkswirtschaft dürfte sich nun aber die Hände reiben. Die mediale Präsenz Österreichs durch die Kandidatur Schwarzeneggers sei "eine unbezahlbare Werbung für Österreich" gewesen, so der Geschäftsführer der Österreich Werbung, Arthur Oberascher. In der Außenhandelsstelle in New York gibt man sich zurückhaltend: Der stellvertretende Handelsdelegierte Andreas Stauber sagt zum STANDARD: "Wir hoffen natürlich auf einen positiven Effekt, eine Quantifizierung hinsichtlich der Exportzahlen ist jedoch naturgemäß schwierig." (Leo Szemeliker/DER STANDARD, Printausgabe, 9.10.2003)

      http://derstandard.at/?id=1444526
      Avatar
      schrieb am 10.10.03 00:07:04
      Beitrag Nr. 464 ()
      Sehr gute Beiträge Bluemoons!
      man sieht es, dass du auch was drauf hast!)

      weiter so
      Avatar
      schrieb am 10.10.03 16:07:33
      Beitrag Nr. 465 ()
      Gold bald wieder bei 350 Dollar ? – Wen würde das wohl ernsthaft kümmern ?
      (10.10.2003)

      Gold hat sich wieder einmal vom US-Dollar gelöst und zu einem ersten Test der Zone zwischen 367 und 368 Dollar angesetzt, die Ende vergangener Woche im Zuge eines vehementen Abschwungs erreicht wurde.

      Man sollte sich keine Illusionen machen: Unverändert besteht eine nur lockere Verbindung zwischen dem, was sich am physischen Markt für das Edelmetall und beim Terminhandel mit ihm ereignet.

      Am Terminmarkt geben die spekulativen Fonds den Ton an. Was sie tun oder unterlassen, sagt kaum etwas über die Situation am physischen Markt aus. Auf der physischen Seite sind neben den industriellen Verarbeitern und jenen Produzenten, die ihre Hedge Books abbauen, seriöse, langfristig denkende Käufer am Werk.

      Diese Konstellation sollten die seriösen Käufer nicht beklagen. Im Gegenteil, die Fonds, die überwiegend keinen Unterschied zwischen Schweinebäuchen und dem Edelmetall machen, weil sie ausschließlich auf Differenzgewinne abzielen, verschaffen langfristig denkenden Anlegern immer wieder Gelegenheit, zu relativ günstigen Preisen einzusteigen.

      Das war in Zeiten heftiger Aktivitäten am Goldmarkt immer so. Am besten wissen dies die Händler bei den großen Goldhandelsbanken. Sie greifen am physischen Markt zu, wenn die Preise hier wegen massenhafter Liquidationen spekulativer Kaufengagements und neuer Baissepositionen der Spekulation am Terminmarkt gedrückt werden. Und sie geben das Metall, wenn die Spekulation wieder von blindwütiger Kauflust hinweggerissen wird.

      Dass schon wegen der fortschreitenden Aushöhlung aller bedeutenden Währungen klassische Gründe gegeben sind, einen Teil des Kapitals in Gold anzulegen, ist weithin unbestritten. Dieses Motiv gewinnt mit jedem verstreichenden Tag an Substanz.

      Wen, außer falsch gewickelten Spekulanten, sollte es da wohl stören, wenn der Goldpreis unter dem Druck des Terminmarktes auf 360 oder gar 350 Dollar zurückfallen sollte?

      Fazit: Am Goldmarkt lohnt sich konsequentes antizyklisches Denken und Handeln. Das fällt leicht, wenn man sich nicht von Tagesereignissen beeindrucken lässt und das große Ziel der Risikostreuung nie aus den Augen verliert.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
      -----------------------------


      Wussten Sie schon, dass...?
      (10.10.2003)

      Unter den Widerständen, die sich einer Beseitigung der weltweiten Ungleichgewichte entgegenstellen, ist der protektionistische Geist in den USA am besorgniserregendsten.


      Stephen Roach, Morgan Stanley, New York


      www.taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 10.10.03 16:27:50
      Beitrag Nr. 466 ()
      Kanzlermehrheit

      ein Kommentar zur bevorstehenden Abstimmung
      über weitere sog. "Hartz-Gesetze" am 17. Oktober


      von Egon W. Kreutzer

      10. Oktober 2003



      Am 17. Oktober soll im deutschen Bundestag über weitere Gesetze zum Umbau unserer Gesellschaft beschlossen werden.

      Nur wenige Parlamentarier aus Regierungskoalition und Opposition haben angekündigt, sich wenigstens gegen die schlimmsten Auswüchse der Entsolidarisierung zu stellen.

      Doch selbst wenn die als "Abweichler" geschmähten Volksvertreter dem Fraktionszwang trotzen und ihre Zustimmung verweigern sollten, selbst wenn eine eigene Mehrheit der Regierung nicht zustande kommen sollte: An den verheerenden Zielsetzungen und den daraus abgeleiteten Maßnahmen kämen wir dadurch nicht vorbei.

      Die Mehrheit des Parlaments glaubt, zur Lösung unserer Probleme sei Wachstum erforderlich und Wachstum entstünde durch Sparsamkeit.

      Beides ist falsch und entspringt der ausschließlichen Konzentration auf genau jenen eng begrenzten Raum des Wirtschaftens, in dem die so genannten kleinen Leute versuchen, mit Löhnen, Renten und Transferleistungen aus den Sozialsystemen über die Runden zu kommen.

      Politiker und Wirtschaftsführer sind zurzeit um nichts anderes bemüht, als die Kosten für die Nutzung und Erhaltung der Arbeitskraft dieser kleinen Leute gering zu halten und, wo es geht, noch zu senken. Dabei versuchen sie einerseits alle staatlichen Leistungen, die dem lästigen Volk direkt zugute kommen zu kürzen und unter dem Vorwand, es sei kein Geld mehr da, auch alle anderen öffentlichen Leistungen, möglichst mit dem Rasenmäher, zurückzufahren oder gleich ganz zu streichen.

      Schamlos, wie lange nicht mehr, wird verlangt, die Bevölkerung möge doch bitte in Zukunft in allen sozialen Problemstellungen für sich selbst sorgen und dabei mit dem auskommen, was die Wirtschaft an Löhnen zu zahlen bereit ist. Der Einstieg in die private, kapitalgedeckte Rentenversicherung, die Verpflichtung zu privaten Zusatzversicherungen für Krankheit und Pflege, der radikale Rückbau der Leistungen der Arbeitslosenversicherung, die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und die Kürzungen bei der Sozialhilfe haben nur ein Ziel: Die immer weiter fortschreitende Abkoppelung der Wirtschaft von der Finanzierung der Sozialsysteme, die dem bereits weit gehend erfolgreichen Versuch der vollständigen Abkoppelung der Wirtschaft von der Finanzierung der öffentlichen Aufgaben auf dem Fuße folgt.

      Die Hauptlast der Steuern wird längst von den kleinen Leuten als Lohn- und Einkommensteuer, als Mehrwert-, Mineralöl-, Tabak- und Ökosteuer aufgebracht und auch bei den anderen Steuerarten dürfte - von Gewerbe- und Körperschaftssteuer abgesehen - das Hauptaufkommen aus den Taschen des einfachen Volkes kommen.

      Jede weitere Sparmaßnahme aus dem Katalog der Agenda 2010, aus Hartz- und Rürup- und Herzog-Vorschlägen wird entgegen allen Behauptungen ihrer Befürworter nur dazu beitragen, die Zahl der Arbeitslosen noch weiter zu erhöhen, die öffentlichen Kassen und die Sozialsystem noch gründlicher zu plündern und die Binnenwirtschaft mit hohem Tempo an die Wand zu fahren.

      In letzter Zeit wird zur Begründung ebenso schmerzlicher wie unsinniger Sparmaßnahmen oft behauptet, man könne das Geld nur einmal ausgeben.

      Dieser Behauptung ist eine glatte Lüge und zeugt entweder von Dummheit oder böser Absicht, vielleicht auch von beidem, nicht jedoch von Wahrheitsliebe und dem Versuch, tatsächlich etwas zum Besseren zu verändern.

      Man kann Geld immer wieder ausgeben.
      (Das ist eine Binsenweisheit, doch selbst die wird verleugnet, wenn es die falschen Argumente so verlangen.)


      Geld, das einmal ausgegeben wurde ist nicht spurlos verschwunden.

      Es ist in den Wirtschaftskreislauf eingeflossen und kann dort immer wieder benutzt werden, um Arbeit und die Produkte der Arbeit zu bezahlen, kann also viel mehr Beschäftigung und Wohlstand bringen, als der anfänglich einmalig ausgegebene Betrag. Die Spezialisten haben dafür einen eigenen Begriff geprägt: "die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes".

      Geld verschwindet nur dann aus dem Kreislauf, wenn es nicht mehr ausgegeben, sondern gespart wird, oder wenn es zur Tilgung eines Kredits verwendet wird.
      Gespartes Geld kommt nur wieder zurück in die Wirtschaft, wenn sich jemand findet, der Schulden macht und sich das gesparte Geld leiht.

      Die Fortsetzung der Sparpolitik des Staates, die ja auch nur dazu beiträgt, die umlaufende Geldmenge zu vermindern und damit unübersehbaren Schaden anrichtet, ist im Grunde ein volkswirtschaftlicher Kamikaze-Flug!

      Nutznießer sind weder die Rentner, noch die Beschäftigten und Beitragszahler, noch die Kranken, noch die Arbeitslosen, noch die Kinder und Jugendlichen, sondern einzig die Global Player, jene vaterlandslosen Gesellen, deren Exportchancen durch die fortschreitende Entwicklung Deutschlands zum Niedriglohn- und Niedrigkostenland steigen, weil es ihnen damit möglich wird, nicht nur die laufende Leistung, sondern auch den in der Vergangenheit erworbenen Wohlstand der Bevölkerung, mit hohem Gewinn auf den Weltmärkten zu verramschen.

      Dem unnachgiebigen Druck auf die kleinen Leute steht gleichzeitig eine unfaßbare
      Nachgiebigkeit gegenüber, wo es um die Spitzenreiter der Einkommens- und Vermögenspyramide geht.

      Die lächerliche Besteuerung von Zinserträgen mit einer Zinsabschlagssteuer von nur 25 Prozent ist noch nie auf den Listen des Subventionsabbaus aufgetaucht, wohl aber die Forderung, die Wegekosten der Arbeitnehmer steuerlich nicht mehr anzuerkennen.

      Die Erhebung der Vermögenssteuer ist ausgesetzt, weil sich zu viele Vermögende der Besteuerung entziehen konnten und sie wird nur deshalb nicht wieder eingeführt, weil die Vermögenden selbst erklären, daß das "ein völlig falsches Signal" wäre, aber ein fünfundfünfzigjähriger Arbeitsloser soll die Zeit bis zur Minirente, die er erst mit siebenundsechzig bekommt, damit überbrücken, dass er seine Lebensversicherungen kündigt.

      Roland Koch fordert Sondervergünstigungen bei der Einkommensteuer für ausländische Spitzenmanager, die in Deutschland arbeiten, aber er vernichtet gleichzeitig Tausende von Arbeitsplätzen im Lande Hessen, weil kein Geld mehr da ist.

      Immer noch stehen den Reichen im Lande legale Steuerschlupflöcher gigantischen Ausmaßes offen und der Anteil des gesamten Steueraufkommens am Bruttosozialprodukt bewegt sich bei gerade noch 20 oder 21 Prozent, weniger, als dem Durchschnittsverdiener prozentual vom Lohn abgezogen wird, doch nach glaubhaften Schätzungen ziehen es inzwischen rund 130.000 Spitzenverdiener vor, ihre Einkünfte im Ausland zu versteuern und niemand unternimmt etwas dagegen.

      Alleine die geschätzten 70 Milliarden Steuerhinterziehung, die zu alledem noch hinzukommen, würden lange ausreichen, um den Staatshaushalt in Ordnung zu bringen und - statt sich totzusparen - zusätzliches Geld in die Wirtschaft pumpen zu können, doch für die Finanzbeamten und Steuerprüfer, die man bräuchte, um diese Gelder beizubringen, wohlgemerkt, für Jobs, die dem Staat ein Zigfaches dessen einbringen könnten, was sie kosten, ausgerechnet dafür sind aus Geldmangel keine Planstellen zu bekommen.

      Welcher vernunftbegabte Mensch denkt sich das aus, und warum, und was hat er davon?

      Der wohlbekannte Mehrwertsteuerbetrug, mit dem sich Gauner seit vielen Jahren Monat für Monat Millionenbeträge vom Fiskus abholen und praktisch nie zu fassen sind, wäre mit kleinen Gesetzesänderungen zu unterbinden, aber dafür hat das Parlament keine Zeit, es muss sich unter dem Vorwand einer scheinheiligen und verlogenen Debatte um die Generationengerechtigkeit darum kümmern, ob die Renten heute gekürzt oder die Beiträge gesenkt und die Renten gekürzt, oder die Erhöhung doch nur verschoben, oder die Auszahlung um einen halben Monat verzögert werden soll.

      Alles zum Wohle des Volkes, das über seine Verhältnisse gelebt hat und dem nun mit Hilfe aller Verantwortlichen der Geldhahn zugedreht werden soll.

      Die Entwicklung, die wir mit Entsetzen zu beobachten haben, sieht aus, wie die Rückkehr des Feudalismus.

      Dass dies ausgerechnet während der Amtszeit und unter der Federführung einer sozialdemokratisch geführten Regierung vollzogen wird, ist eine perfide Laune der Geschichte - oder der Regie, aber eigentlich vollkommen egal.

      Für die Betroffenen kommt es weder auf die politische Einfärbung der Verantwortlichen, noch auf deren Motive und schon gar nicht auf eine sogenannte Kanzlermehrheit an.



      Was zählt, ist einzig das Ergebnis und das wird fürchterlich.

      Deshalb muss der Widerstand bis zur letzten Minute gestützt und gestärkt werden.

      Und falls dann das gefürchtete Ereignis eintritt, und ein paar Tage nach dem 17. Oktober eine Angela Merkel als Kanzlerin auftreten sollte, oder künftig Edmund Stoiber oder Roland Koch oder vielleicht sogar Guido Westerwelle die Richtlinien der Politik bestimmen sollte, dann muss der neue Kanzler wenigstens ganz genau wissen, worüber der alte gestolpert ist.

      Vielleicht hilft`s ja dann.

      http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung/12794Kanzlermehrheit…
      Avatar
      schrieb am 10.10.03 16:49:53
      Beitrag Nr. 467 ()
      Hedge-Funds und Insider verlassen Aktienmarkt


      Zeit zum Ausstieg



      Von Tobias Moerschen, Handelsblatt


      Ex-Nationalelf-Stürmer Jürgen „Klinsi“ Klinsmann wusste es. Formel-1-Rennfahrer Alain Prost wusste es: Wenn’s am schönsten ist, soll man aufhören. Beide beendeten ihre Karrieren in Topform – und bleiben so als Spitzensportler in Erinnerung.




      HB NEW YORK. An den US-Börsen verhalten sich einige Investoren derzeit wie Klinsi und Prost: Sie steigen aus, obwohl sie wohl noch manchen satten Gewinn einfahren könnten. Anfang September setzten viele Hedge-Funds auf steigende Aktien. „Aber inzwischen haben die meisten ihre Position glattgestellt“, sagt der Volkswirt eines großen Hedge-Funds in Washington. Manager von US-Firmen trennen sich ebenfalls von Aktien ihrer eigenen Unternehmen. „Das Volumen der Insiderverkäufe ist auf ein Zwei-Jahres-Hoch gestiegen“, sagt Dhaval Joshi von Société Générale.

      Ganz anders sieht das Bild bei Privatanlegern aus, die auf eigene Faust an der Börse spekulieren. Das Volumen kreditfinanzierter Käufe an der US-Technologiebörse Nasdaq explodierte im Juli förmlich. Aktienanlagen auf Pump stiegen von weniger als 8 Mill. $ über die Marke von 25 Mill. $. Das ermittelte Anlagestratege James Montier von der Allianz-Tochter Dresdner Kleinwort Wasserstein. Auch längerfristig orientierte US-Privatanleger denken gar nicht ans Aufhören. Im Gegenteil: Der Fondsverband ICI registriert seit dem Sommer monatliche Zuflüsse in zweistelliger Milliardenhöhe für US-Aktienfonds.

      Von Aufhören kann bei den Privaten gar keine Rede sein – im Gegenteil. Offenbar übt der Kurszuwachs seit März einen unwiderstehlichen Sog aus. So entsteht ein zwiespältiges Bild für Investoren, die sich noch an der Seitenlinie warm laufen und unsicher sind, ob sie gleich aufs Spielfeld stürzen sollen. „Wem würden Sie eher trauen: den Profis und Insidern oder den Laien?“ fragt Montier. Er hat sich entschieden und rät zum Verkauf von US-Aktien.

      Zugegeben, die Pessimisten liegen seit dem Frühjahr falsch. Wer verkaufte, verpasste hohe Gewinne. Das erinnert Montier an den Internetboom Anfang 2000. Damals fanden viele Anleger seine Kassandrarufe lächerlich. Doch dann kam der große Sturz.

      Miniatur-Ausgabe der Spekulationsblase

      Die aktuelle Marktphase wirkt wie eine Miniatur-Ausgabe der Spekulationsblase vor drei Jahren. Auch 1999 nahm der Aktienkauf auf Pump gewaltig zu. Und die Gewinner von damals feiern ihr Comeback: Technologieaktien wie Yahoo und Amazon haben sich seit dem Frühjahr mehr als verdoppelt. Betrachtet man nur die 20 besten Aktien des Jahres 1999 aus dem US-Aktienindex S&P 500, dann stiegen deren Kurse im laufenden Jahr durchschnittlich um fast 75 Prozent. Davor verblasst der Zuwachs des Gesamtmarktes von rund 15 Prozent. Dresdner-Chefstratege Albert Edwards spricht von einer „Echo-Spekulationsblase“.

      Aber spricht nicht der gesunde Menschenverstand dagegen, dass Anleger sich nach dem schmerzlichen Crash zwischen den Frühjahren 2000 und 2003 schon wieder auf ein neues Roulettespiel einlassen? Nein, lautet die wissenschaftlich fundierte Antwort des US-Wirtschaftsprofessors und Nobelpreisträgers Vernon Smith. Er ließ Studenten in experimentellen Börsenspielen gegeneinander antreten. Und siehe da: Wenn die Spieler im ersten Test eine spekulative Blase erzeugt hatten, die zum Spielende platzte, passierte ihnen das Gleiche beim zweiten Anlauf oft noch einmal. Erst im dritten Durchgang wichen die Kurse kaum noch von ihren fundamentalen Werten ab.

      Abseits aller Experimente liefert die Börse selbst ein Warnsignal: das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das der US-Aktienpionier Benjamin Graham als exzellenten Indikator entdeckte. Grahams KGV, berechnet anhand der Gewinne der vergangenen zehn Jahre, liegt momentan bei gefährlich hohen 30 für den breiten US-Aktienindex S&P 500. Höher stand das KGV nur Ende der 90er-Jahre und kurz vor dem Börsencrash von 1929.

      Vielleicht ist es wirklich höchste Zeit, ans Aufhören zu denken.


      HANDELSBLATT, Freitag, 10. Oktober 2003, 06:02 Uhr


      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
      Avatar
      schrieb am 10.10.03 16:57:16
      Beitrag Nr. 468 ()
      Weihnachtsgeld

      "Böse Überraschung"

      Wegen der anhaltenden Konjunkturflaute müssen viele Beschäftigte in diesem Jahr wieder mit Abstrichen beim Weihnachtsgeld rechnen.




      Nach einem Bericht der Bild-Zeitung wollen beispielsweise viele Chefs kleiner und mittlerer Firmen des Baugewerbes ihren Angestellten nicht mehr 55 Prozent sondern höchstens noch 40 Prozent eines Monatslohns zahlen. Eine „böse Überraschung“ könne es auch für viele Beschäftigte im Einzelhandel geben, hieß es weiter.



      "Problemfelder" Textil, Möbel und Supermarkt
      Das Blatt zitierte den Tarifexperten Heribert Jöris vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels mit den Worten, dass das übertarifliche Weihnachtsgeld „in Problemfeldern wie Textil, Möbel und Supermarkt schrumpft“.

      Auch im Hotel- und Gaststättengewerbe werde über Streichungen nachgedacht, da Arbeitsplatzsicherung „Vorrang vor Weihnachtsgeld“ habe, wird Ingrid Hartges vom Branchenverband Dehoga zitiert.

      Dem Bericht zufolge wurde bei der Fluggesellschaft DBA das Weihnachtsgeld von bisher einem halben Monatseinkommen ganz gestrichen, da sonst laut Firmensprecher ein Drittel der Belegschaft hätte entlassen werden müssen.



      Kürzungen bei Opel und Dresdner Bank
      Bei Opel würden wie im Vorjahr 30 Prozent vom 13. Monatseinkommen gekürzt und bei der HypoVereinsbank der freiwillige Teils des Weihnachtsgehaltes in Höhe von 25 Prozent, heißt es in dem Bericht weiter.

      Ein Opel-Sprecher bekräftigte, dass im Gegenzug allerdings in den nächsten beiden Jahren 130 Prozent eines Monatseinkommens gezahlt würden. Basis für diese Regelung sei eine Betriebsvereinbarung.

      Die Dresdner Bank hatte bereits in dieser Woche Kürzungen beim Weihnachtsgeld angekündigt: Statt 13,5 Gehälter sollen die Tarifangestellten nun 13,25 Gehälter erhalten. Gestrichen werden sollen zudem ab 2004 auch die freiwillig eingeräumten Heirats-, Urlaubs- und Geburtsbeihilfen.



      Freiwillig oder vertraglich?
      Weihnachtsgeld ist ein umgangssprachlicher Begriff, der zwei rechtlich unterschiedliche Leistungen umfasst. Da gibt es zum einen das 13. Monatsgehalt, das als fester Bestandteil des Einkommens im Arbeitsvertrag zugesichert wird. Zum anderen gibt es Weihnachtsgratifikationen als freiwillige Leistungen.

      Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes versuchen Unternehmen in Krisenzeiten immer wieder, Einmalzahlungen oder übertarifliche Leistungen zu kürzen. Das gehe aber nur dann, wenn die Zahlung nicht durch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder im individuellen Arbeitsvertrag abgesichert sei. Zahle der Chef freiwillig, könne er das Extra-Geld auch wieder streichen.

      (sueddeutsche.de/AP)
      Avatar
      schrieb am 10.10.03 16:59:06
      Beitrag Nr. 469 ()
      Fluggesellschaften

      Lufthansa streicht 2.000 Stellen


      Das Unternehmen will angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage weitere Arbeitsplätze abbauen. Besonders hart trifft es den Cateringbereich. Auf Entlassungen will die Lufthansa aber offenbar verzichten.




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      Erstmals seit Beginn der Luftfahrtkrise streicht die Deutsche Lufthansa massiv Stellen. In den kommenden Jahren sollen 2.000 Arbeitsplätze wegfallen, wie ein Konzernsprecher am Freitag in Frankfurt am Main sagte.

      Am härtesten trifft es demnach die Verluste schreibende Cateringgesellschaft LSG, wo 1000 Arbeitsplätze verloren gehen. Mit dem Abbau reagiert das Unternehmen auf insgesamt weiter schwierige Geschäfte: Im September gingen sowohl die Passagierzahlen als auch das Frachtvolumen gegenüber dem Vorjahr erneut zurück.

      Der Stellenabbau ist der größte bei der Kranich-Linie seit Anfang der 90-er Jahre, als bei der Gesellschaft fast 10.000 Stellen wegfielen. Derzeit beschäftigt das Unternehmen in Deutschland noch mehr als 59.000 Menschen.



      3,3 Prozent der deutschen Belegschaft
      Betroffen von den Streichungen sind damit 3,3 Prozent der deutschen Belegschaft. Weltweit arbeiten bei der Airline gut 94.000 Mitarbeiter. Bei den Streichungen setzt das Unternehmen eigenen Angaben zufolge vor allem auf natürliche Fluktuation - also das altersbedingte oder sonstige Ausscheiden von Mitarbeitern, ohne dass ihre Stellen neu besetzt werden.

      Der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats, Manfred Calsow, forderte das Unternehmen auf, auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten zu prüfen, um Kündigungen zu vermeiden. „Wir sind der Überzeugung, dass betroffene Kollegen im Zuge des Konzernumbaus weiterqualifiziert und umgesetzt werden können“, sagte Calsow.

      „Wir beharren darauf, dass Kündigungen nicht zur Unternehmenskultur der Lufthansa gehören.“ Darauf habe sich Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber festgelegt, „und darauf werden wir ihn festnageln“.

      Bei der LSG, dem weltgrößten Anbieter von Bordmahlzeiten, steht jeder siebte Arbeitsplatz auf dem Spiel. Betroffen seien darüber hinaus 500 bis 600 Jobs bei der Flugzeugabfertigung, sagte der Konzernsprecher und bestätigte damit einen Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.



      Auch Gebäudemanagement und Cargo betroffen
      Weitere 200 Stellen sollen im Gebäudemanagement und hundert bei der Fracht-Tochter Lufthansa Cargo wegfallen. Die Frachtgesellschaft hatte vor wenigen Wochen mitgeteilt, vom kommenden Jahr an mit verkleinerter Flotte zu fliegen.

      Die Kranich-Airline ist eine der wenigen Fluggesellschaften, die trotz Luftfahrtkrise, Irak-Krieg, Lungenkrankheit Sars und Billigflieger-Konkurrenz bisher auf Kündigungen verzichtet hatte.

      Dabei bewährte sich die Krisenklausel im Tarifvertrag der Mitarbeiter am Boden und in der Verwaltung: Bei drastischen Gewinneinbrüchen sieht diese automatische Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnausgleich vor. Der Konzern hatte die Einschnitte zum 1. September aufgehoben.

      Trotz anziehender Buchungen sei die Lage aber weiter schwierig, betonte die Lufthansa. Im September sank die Zahl der Passagiere im Vergleich zum Vorjahresmonat um ein Prozent auf 4,13 Millionen.



      Nach wie vor 66 Flugzeuge stillgelegt
      Allerdings transportierte das Unternehmen damit auch erstmals in diesem Jahr wieder mehr als vier Millionen Fluggäste in einem Monat. Beim stark konjunkturabhängigen Frachttransport musste die Lufthansa einen Rückgang um 3,2 Prozent auf 132.000 Tonnen verkraften. Im Winter will das Unternehmnen nun sein Angebot nur „moderat ausweiten“. Nach wie vor blieben 66 Flugzeuge stillgelegt.

      Im Gesamtjahr wird die Lufthansa nach eigener Einschätzung in den roten Zahlen bleiben. Unter dem Strich hatte der Branchenprimus im ersten Halbjahr ein Minus von 392 Millionen Euro eingeflogen. Die Lufthansa-Aktie legte bis zum Nachmittag 14.30 Uhr rund 1,2 Prozent zu.

      (sueddeutsche.de/dpa)
      Avatar
      schrieb am 10.10.03 17:01:44
      Beitrag Nr. 470 ()
      Unternehmen bestechen, um Aufträge zu bekommen

      Schaupensteiner: Korruption nimmt dramatisch zu


      In Deutschland nimmt die Korruption nach Einschätzung des Frankfurter Oberstaatsanwaltes für Wirtschaftskriminalität, Wolfgang Schaupensteiner, weiter rasant zu - trotz der besseren Platzierung Deutschlands im internationalen Ranking der Organisation „Transparency International“.



      In der WirtschaftsWoche bezeichnet Schaupensteiner, der als einer der schärfsten Ermittler gegen die Korruption gilt, die Lage sogar als dramatisch: „Nach meinen Erfahrungen in Frankfurt nimmt die Bereitschaft der Unternehmen zu bestechen, um an öffentliche Aufträge zu kommen, weiter kräftig zu, und genauso bei den Amtsträgern in der Verwaltung die Bereitschaft, sich korrumpieren zu lassen.“

      Die jüngste Verbesserung Deutschlands um zwei Plätze auf Rang 16 ist für Schaupensteiner kein Indiz einer Besserung. „Das ist lediglich ein minimaler Pendelausschlag. Leider ist Deutschland sowohl bei der Prävention als auch bei der Verfolgung von Korruptionsfällen im internationalen Vergleich rückständig.“

      Schaupensteiner weiter: „Die Verantwortlichen leugnen, dass Korruption zum selbstverständlichen Teil unseres Wirtschaftslebens geworden ist.“ Neben dem Bausektor und der Müllbranche sei insbesondere das Gesundheitswesen betroffen.

      Der Spezialist für Wirtschaftskriminalität fordert, dass alle Vorgänge im Zusammenhang mit Auftragsvergaben elektronisch gespeichert werden, um Auffälligkeiten leichter feststellen zu können. Außerdem sollten der Bundesrechnungshof und die Landesrechnungshöfe endlich in die Korruptionsbekämpfung einbezogen werden. Schaupensteiner: „Bei ihnen schlummert ein riesiges Potenzial zur Korruptionsbekämpfung.“


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      Eine Meldung aus der WirtschaftsWoche 42/2003.
      http://www.wiwo.de/pswiwo/fn/ww2/sfn/buildww/cn/cn_artikel/c…
      Avatar
      schrieb am 10.10.03 17:13:32
      Beitrag Nr. 471 ()
      10.10. 17:00
      Rohöl steigt über 31,5 $
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Die Rohöl-Futures sind heute weiter gestiegen. November-Lieferkontrakte ließen heute die 31-Dollar-Marke weit hinter sich und notieren aktuell bei 31,60 pro Barrel. Heizöl-November-Kontrakte legten um 1,48 auf 86,9 Cents pro Gallone zu. Ein Branchenreport hatte am morgen vor einem deutlichen Nachfrageanstieg aus den USA zu Beginn des Winters gewarnt.
      Avatar
      schrieb am 11.10.03 01:03:12
      Beitrag Nr. 472 ()
      Überkauft?

      von Jochen Steffens

      Mich hat gestern die relative Schwäche der Amerikaner im weiteren Handelsverlauf wirklich verblüfft. Nach den guten Nachrichten vom Arbeitsmarkt, nach den sehr guten Zahlen von Yahoo, hätte der Markt wesentlich stärker reagieren sollen. Zumal die wichtige 1040er Marke im S&P auch noch überwunden werden konnte (allerdings noch nicht nachhaltig, zumindest ein Schlusskurs über 1040 Punkte wäre nötig) Was ist also los?

      Warten die Anleger noch die nächste Woche ab? In den nächsten beiden Wochen werden eine Vielzahl amerikanischer Unternehmen ihre Zahlen vorlegen. Dann wird das Bild auf jeden Fall klarer, aber dann ist auch alles bereits "raus". Börse spielt die Zukunft, nicht die Vergangenheit.

      Aber vielleicht ist der Markt auch nur völlig überkauft. Letztens habe ich geschrieben, dass die Verbraucherkredite stark angestiegen sind. Kein Wunder, die kreditfinanzierten Aktienkäufe in Amerika erreichen mittlerweile das Niveau von Anfang 2000. Hm, das bringt mich auf eine Idee:

      Nehmen wir an, die letzten Bullen schöpfen mittlerweile ihre Kreditlinien aus, um Aktien zu kaufen. Nehmen wir weiter an, viele andere sind bis zur Halskrause verschuldet – wer soll dann noch kaufen? Ich habe irgendwo gelesen, dass die Portfolios vieler Fonds mittlerweile auch bis zum Anschlag voll sein sollen. (Leider finde ich dazu die Quelle nicht mehr, deswegen ohne Gewähr). Gut – aber was wäre, wenn die Börsen jetzt langsam ins Fallen übergeht und das Gleiche in Amerika passiert, was vor 3 Jahren so manchen Anleger Kopf und Kragen gekostet hat? Die Kurse fallen und die Kredite der Anleger werden heiß, die Anleger nervös – Verkaufspanik? Ein sich selbst erhaltender, negativer Kreislauf begänne. Noch ist das alles reine Spekulation. Doch Sie sollten in den nächsten beiden Wochen den amerikanischen Markt genau beobachten.

      Mein Gefühl sagt mir, irgendetwas stimmte gestern nicht an den Märkten. Die Amis zeigten sich zur Nachrichtenlage einfach zu schwach. Ich bin noch nicht ganz dahinter gekommen, was es wirklich war/ist. Vielleicht wussten einfach wieder ein paar große Adressen mehr als alle anderen, nämlich dass General Electric eher schlechte Zahlen melden würde. Kamen deswegen die Zahlen so früh heute?

      Es ist wirklich schade, dass General Electric (zu den genaueren Zahlen unten gleich mehr) etwas gepatzt hat. Mir wäre es lieber gewesen, der Konzern hätte die Erwartungen übertroffen. Hätten sich dann die Märkte weiter schwach gezeigt, hätte ich gewusst was los ist. So müssen wir wohl noch etwas abwarten.

      Zum Schluss eine gewagte These, die aber wohl eher zum Jahresende von Interesse sein könnte: Die großen Fonds haben die Hoffnung – den Glauben – den Wunsch, den Dax, Dow, oder Nasdaq mit Ihrer Performance zu schlagen. Viele dieser Fonds sind allerdings zu spät eingestiegen. Mit anderen Worten, ihre Performance liegt unterhalb der Performance ihres jeweiligen Leitindex. Das macht sich natürlich rein aus Werbezwecken nicht sonderlich gut. Gerade in den letzten schlechten Jahren hatte die Fonds immer wieder darauf hingewiesen, dass die Performance zwar schlecht war, aber immer noch den Index geschlagen hatte. Daran muss man sich jetzt messen lassen.

      Was läge also näher, als seine Performance zu realisieren und zum Jahresschluss die Märkte etwas zu drücken. Vielleicht dann noch mit ein paar Antizyklern Gewinne erwirtschaften. Zumindest wäre dies die einzig realistische Möglichkeit, den Index noch zu schlagen.

      Ich weiß bis heute nicht, welche Fonds, wie viel Macht über den Kursverlauf der jeweiligen Märkte haben, bzw. haben könnten. Ich weiß, dass einige große Fonds durchaus in der Lage sind Märkte zu bewegen, doch wie weit, wie lange und gegen welchen "Kauf/Verkaufsdruck", das bleibt Spekulation. Gerüchte dazu gibt es viele. Offizielle Bestätigungen habe ich bisher keine. Aber vielleicht haben Sie, verehrte Leser, stichhaltige Quellen dazu. Offenkundig ist jedoch mittlerweile geworden, dass es in Amerika Absprachen zwischen Fonds gab.

      Natürlich gibt es auch Stimmen, die behaupten, gerade die amerikanischen Indizes wären zu groß, um sie zu manipulieren. Wenn ich mir dann jedoch ansehe, wie die Märkte immer mal wieder durch einen einzigen Misstrade um erstaunliche Punktzahlen gedrückt wurden, bin ich da anderer Ansicht. ("Misstrade" ist ein unerwünschter Trade, der zum Beispiel durch eine falsche Eingabe verursacht wurde. Wenn z.B. ein Händler einer Bank anstatt 100.000, eben mal eine Millionen Aktien kauft oder verkauft und damit den Kurs treibt. Es kam in den letzten Jahren immer mal wieder zu großen Misstrades, die den Markt um ein paar Prozent bewegten. Das zeigt wie viel Potential manche Institutionelle haben.)




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      Freitag, 10. Oktober 2003

      US-Konjunkturdaten

      von Jochen Steffens

      Um 14.30 Uhr wurden die Zahlen zu den US-Erzeugerpreise gemeldet. Die Erzeugerpreise konnten um 0,3 % zulegen. Analysten hatten einen Preisanstieg um 0,1 bis 0,3 % nach zuvor 0,4 %. Erwartet. Die Kernrate blieb unverändert.

      Die US-Handelsbilanz weist ein Defizit von 39,2 Mrd. US-Dollar aus. Erwartet wurde ein Defizit in Höhe von 40,0 bis 41,5 Mrd. US-Dollar nach zuvor –40,0 Mrd. US-Dollar (revidiert von –40,3 Mrd.).

      Beide Zahlen eher ein Non-Event, auch wenn sich ein wenig abzuzeichnen scheint, dass sich (wie erwartet) der schwache Dollar positiv auf die Handelsbilanz auswirkt.




      Freitag, 10. Oktober 2003

      General Electric patzt

      von Jochen Steffens

      Der US-Mischkonzern General Electric hat im dritten Quartal einen Nettogewinn von 4 Mrd. $ oder 40 Cent je Aktie erzielt. Ein leichter Rückgang zum Vorjahreszeitraum, in dem General Electric 4,1 Mrd. $ verbuchte. Begründet wurde dieses Ergebnis mit dem Rückgang im US-Gasturbinengeschäft, höhere Kosten in der Plastiksparte und geringere Einnahmen bei den US-Pensionsplänen.

      Der Quartalsumsatz konnte leicht zulegen – er kletterte um 2 % auf 33,4 Mrd. Dollar. Auffällig und ein wenig unschön: Die Umsätze im Industriegeschäft sind um 5 % zurückgegangen. Das hat nach Angeaben des Konzerns direkt mit dem schwachen Gasturbinengeschäft zu tun.

      Für das vierte Quartal erwartet General Electric einen Gewinn zwischen 45 und 47 Cents pro Aktie. Beim Ausblick auf das Gesamtjahr rechnet der Mischkonzern mit einem Gewinn von 1,55 bis 1,57 $ je Aktie.

      Dann teile Generel Electric noch mit, dass er den britischen Medizintechnik-Konzern Amersham für 9,5 Mrd. $ übernehmen werde. General Electric und Amersham haben sich auf einen Kauf durch Aktientausch geeinigt. So bietet General Electric 0,4367 eigene Aktien für jede Amersham-Aktie. Das wären 8 Dollar je Aktie. Amersham hatte einen Kurs, der bei 6,60 Dollar lag. General Electric wies darauf hin, dass diese Übernahme das Ergebnis im kommenden Jahr nicht belasten werde.

      Noch müssen die Wettbewerbsbehörden in Brüssel und Washington über dieses Geschäft entscheiden.

      Die Übernahme hatte auch Einfluss speziell auf eine Deutsche Aktie: Schering. Schering glänzt sowieso mit guten Nachrichten. Diese Übernahme zu einem solch hohen Preis regte die Phantasie viele Anleger an.

      Schering konnte um 5,44 % auf 41 Euro zulegen. Zu dieser Kursteigerung verhalf auch eine bessere Analysteneinschätzung zu Schering.

      Sollte Schering nachhaltig die 41,10 Euro Marke überwinden, hat die Aktie durchaus noch Potential bis 44 Euro. Dann muss man weitersehen.

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      Zahlen, die nicht gefallen

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Mir gefallen diese Zahlen nicht", sagt Richard Russell, ein Veteran unter den Analysten.

      Ich habe Russell noch nie persönlich getroffen, aber ich lese nur sehr selten einen Kommentar von ihm, mit dem ich nicht übereinstimme.

      Die Zahlen, die Russell nicht gefallen, sind die gleichen Zahlen, die dem Rest der Welt so gefallen. Während die anderen zufrieden sind, dass die Konsumenten weiter fleißig Geld ausgeben und sich verschulden ... macht sich Russell darüber Sorgen, was passieren wird, wenn sie mit dem Geldausgeben und Schuldenmachen aufhören müssen. Während die anderen froh sind, dass die Investoren weiterhin Aktien zu hohen Kursen kaufen ... schaut Russell nach vorne, zu dem Tag, an dem sie zu niedrigen Kursen verkaufen werden. Während die meisten Leute in den USA über die niedrigen Hypothekenzinsen und die steigenden Immobilienpreise glücklich sind, warnt Russell, dass der Tag kommen wird, an dem diese Spekulationsblase am US-Immobilienmarkt platzen wird, und die Hypothekenschulden der Hausbesitzer höher als der Wert der Häuser sein werden.

      Und hinter all diesen Zahlen stehen noch mehr Zahlen, die Russell nicht mag. Er betont, dass ein neuer Analyst an der Wall Street ungefähr 150.000 Dollar pro Jahr kostet. Ein vergleichbar ausgebildeter Analyst kostet in Indien nur ungefähr 35.000 Dollar.

      Kein Wunder, das die Jobs aus den USA nach Übersee abwandern.

      Ich habe zu Beginn der Woche erwähnt, dass die Jobs weiterhin aus den USA abwandern werden – außer der Dollar bricht richtig ein. Warum? Weil es eine zu große Lücke zwischen Arbeitskosten gibt. Die Amerikaner verdienen zu viel, und die Ausländer – besonders in Asien – verdienen zu wenig. Das ist seit sehr langer Zeit der Fall, aber niemals zuvor hat es so eine globalisierte Weltwirtschaft gegeben. Und niemals zuvor hatten die ausländischen Produzenten soviel Geld zur Verfügung ... und soviel Nachfrage der amerikanischen Konsumenten. Diese Dinge sind die seltsame Frucht des Systems des Dollarstandards, das den Amerikanern seit den frühen 1970ern erlaubt hat, Geld auszugeben, das sie nicht wirklich hatten ... und so konnten sie weiter fleißig Geld ausgeben.

      Vor dem Dollarstandard mussten die Amerikaner ihre weltweiten Schulden in Gold zurückzahlen. Das hätte sie gezwungen, ihre Käufe im Ausland ein bisschen zurückzufahren. Das hätte auch den Dollarstrom ins Ausland verringert. Da die Golddeckung aber aufgegeben wurde, konnten die Amerikaner immer mehr und mehr Dollar nach Übersee schicken ... Dollar, die genutzt wurden, um dort Fabriken zu bauen, Leute auszubilden, und letztlich, um mit den US-Produzenten in Wettbewerb zu treten.

      Die Amerikaner produzieren nicht genug, um für den Lebensstil, an den sie sich gewöhnt haben, bezahlen zu können; jedes Jahr fehlen 500 Milliarden Dollar (das ist die Summe, um die die Importe die Exporte übersteigen). Das ist eine weitere Zahl, die Richard Russell nicht mag.

      Ein fallender Dollar wird einen Teil des Problems lösen; er wird die Amerikaner ärmer machen. Ich weiß nicht, wie tief oder wie schnell der Dollar fallen wird. Ich weiß auch nicht genau, welche Tränen das noch bringen wird. Aber ich könnte mir vorstellen, dass die Amerikaner noch eine Menge Zahlen sehen werden, die ihnen nicht besonders gefallen werden.

      Mehr dazu von Addison, weiter unten ...




      Freitag, 10. Oktober 2003

      Wird Russland seine Ölverkäufe demnächst von Dollar auf Euro umstellen?

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Paris

      Schulden.

      Ich setze mein Thema von gestern fort. Nicht weil ich das will, sondern deshalb, weil ich mich jetzt so lange mit diesem Thema befasst habe, dass es sich in meinem Kopf festgesetzt hat – und ich habe heute nur daran gedacht, als ich die Marktberichte gelesen habe.

      Laut dem Internationalen Währungsfonds IWF schuldet die US-Regierung ausländischen Regierungen, Zentralbanken, privaten Banken und anderen ausländischen Investoren einen Betrag, der fast 59 % des amerikanischen Bruttoinlandsproduktes entspricht. In den nächsten drei Monaten werden 53 Milliarden Dollar Zinsen fällig sein. Aber angesichts von amerikanischen Steuereinnahmen von 2 Billionen Dollar pro Jahr ... arghh ... warum sollte man sich da Sorgen machen?


      Wie kann der amerikanische Finanzminister John Snow da noch ruhig schlafen? Ich habe es hoffentlich in den letzten beiden Tagen klargemacht: Der größte Teil Amerikas kämpft heute mit Schulden: Hypotheken, Autofinanzierungen, Ausbildungsschulden (das amerikanische Pendant zum deutschen Bafög), Kreditkartenschulden, usw., usw. Aber wie muss es sein, wenn man in den nächsten drei Monaten 53 Milliarden Dollar Zinsen bezahlen muss? Tja, John Snow kann offensichtlich trotzdem gut schlafen – denn es ist schließlich nicht sein Geld!

      John Snow ist nicht nur ein glückloser Politiker, der heiße Luft ins Währungssystem der Welt bläst. Vladimir Putin hat vorgestern gesagt, dass er es nicht ausschließen würde, dass Russland seine Ölverkäufe in Euro und nicht auf Dollarbasis abwickeln würde – das hatte Bundeskanzler Schröder vorgeschlagen.

      Russland ist der zweitgrößte Ölexporteur der Welt, hinter Saudi Arabien, deshalb würde ein solcher Schritt die Stabilität des Dollar weiter bedrohen. So scheint es zumindest zunächst. Aber ein kurzer Artikel in der New York Times zur Pressekonferenz von Putin zeigt, dass das letztlich – auch eine Show war. Denn die meisten russischen Ölgesellschaften sind in Privatbesitz, und die russische Regierung hat wenig Einfluss auf deren Aktivitäten. Wenn diese Gesellschaften ihre Verkäufe in Dollar abwickeln wollen ... dann werden sie das tun.




      Freitag, 10. Oktober 2003

      Ein Tag in Granada, Nicaragua

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner, derzeit in Granada

      *** "Nun, hier ist noch eine Spekulationsblase."

      Ich bin derzeit in Granada, Nicaragua, und ging gestern durch diese Stadt. Irgendwie komme ich hier ziemlich oft hin, denn ich mag diese Ecke. Gestern habe ich mir ein Haus in der Stadt angesehen.

      Die ehemals besseren Häuser – umgeben von dicken Mauern – haben normalerweise kunstvolle Schnitzereien und alte Lehmziegel-Dächer. Aber sonst ist da nicht mehr viel ... fast alles muss renoviert, restauriert oder neu aufgebaut werden. Die Einheimischen leben in den Ruinen ehemaliger Herrenhäuser, wie die Barbaren in Rom gelebt haben müssen. Zwischen kunstvollen Brunnen gackern die Hühner ... und in den Ecken sammelt sich der Müll an.

      Aber die Preise für solche Häuser sind dennoch fast so hoch wie in den USA. Wegen der amerikanischen Käufer, die den Preis nach oben getrieben haben, muss man für ein Haus mit Potenzial jetzt rund 200.000 Dollar zahlen. Und dann braucht man eventuell noch weitere 200.000 Dollar, um das Haus auf einen akzeptablen Standard zu bringen. Das Ergebnis wird dann allerdings ein Haus mit sehr viel Stil und Charme sein.

      Ich hatte ein Haus gefunden, das mir gefiel, und ich machte ein Angebot. Das Haus war mir von zwei verschiedenen Maklern gezeigt worden, die untereinander verhandeln mussten, um die Kommission zu teilen.

      Während sie verhandelten, genoss ich, wie sich die Welt verändert hatte. Denn während er per Handy ein anderes, ruiniertes Haus an einen einfältigen Gringo verkaufen wollte, entwickelte sich auf dem zentralen Platz der Stadt eine bemerkenswerte Szene. Eine große Menschenmenge war zusammengekommen, angespornt von einem Mann mit einer lauten Stimme und einem Megaphon.

      "Was passiert da", fragte ich mich, "werden wir eine weitere Revolution sehen?"

      Ich konnte nur ein paar Worte verstehen:

      "Gringo ... Corrupcion ... Sandinista" ... und Klagen über die Armen und Unterdrückten. Das schien bei der Menge gut anzukommen.

      Merkwürdigerweise schien niemand dieser Leute eine dickere Frau in einer Ecke zu bemerken. Sie hatte ihr Gesicht mit roter Farbe beschmiert, und sie war nur mit einem dreckigen BH und in einem zerrissenen Rock bekleidet. Wenn ich sie auf einer einsamen Insel getroffen hätte, dann hätte ich gedacht, dass sie seit Jahren dort verschollen gewesen wäre. Offensichtlich hatte sie ihren Verstand verloren, und sie konnte wohl ein bisschen Hilfe gebrauchen, um ihn wieder zu finden.


      Aber die Menge beachtete sie nicht. Und auch die Polizei nicht, und auch nicht eine Gruppe, die sich unter einem Banner mit der Aufschrift "Christus ist der einzige Weg" zusammengefunden hatte. Und auch nicht die Männer, deren Job es zu sein schien, knochige Pferde zu peitschen ... und auch nicht die Hunderte von Menschen, die den ganzen Tag nur auf den Parkbänken rum hingen.

      "Worüber zum Teufel spricht er", fragte ein anderer Gringo.

      "Ich weiß es nicht", antwortete der Makler. "Aber das ist nicht gut fürs Geschäft. Was werden die Touristen denken? Sie werden nach Hause fahren und ihren Freunden erzählen, dass Nicaragua nicht sicher ist ... dass das Land an der Schwelle einer Rebellion steht, oder so etwas."




      Freitag, 10. Oktober 2003

      Produktive Zerstörung

      von Jim Davidson

      Obwohl es in den USA derzeit eine wirtschaftliche "Erholung" geben soll, haben sich dort 2,7 Millionen Arbeitsplätze in Luft aufgelöst. Viele dieser Jobs könnten niemals wieder auftauchen, dann in den letzten Jahren hat sich die Produktivität so verbessert, dass man immer weniger Arbeiter braucht, um die gleichen Güter zu produzieren.

      Die Mainstream-Presse in den USA sagt, dass das gute Leben in den USA durch freien und offenen internationalen Wettbewerb bedroht werde. Es wird einem gesagt, dass der Lebensstandard der amerikanischen Mittelklasse auf das Niveau von Haiti oder Liberia sinken wird, weil immer mehr gut bezahlte Jobs nach Indien und China abwandern werden.

      Das ist also die "Erholung ohne Arbeitsplätze". Sie ist zum Hauptthema der aufkommenden Präsidentschaftswahl geworden, da die Demokraten und George W. Bush über "den Schutz guter Jobs" reden. Die Medien scheinen zu glauben, dass der Reichtum gesichert werden kann, indem man die Arbeitskosten hoch hält – notwendig dadurch, indem man auf Produktivitätswachstum verzichtet.

      Aber niemand wird darüber informiert, dass der Lebensstandard in der Zukunft verbessert wird, wenn heute die Produktivität steigt. Das Problem: Es lohnt sich selten für jemanden, für die Prinzipien des freien Marktes einzutreten. Denn der freie Markt ist für alle von Vorteil – aber für keinen ganz besonders.

      Und auf der anderen Seite gibt es immer politische Forderungen nach Ausnahmen für bestimmte Gruppen. Das ist der Hintergrund protektionistischer Maßnahmen.

      Es gibt Prognosen, nach denen einer von 10 Jobs im IT-Bereich bis Ende 2004 aus den USA abgewandert sein wird (Quelle: Gartner Inc.). Kathleen Madigan von der Business Week klagt:

      "Es geht nicht länger um ein paar niedrig bezahlte ( ...) Jobs. Jetzt ist jeder dritte Job bedroht ... Sobald eine bestimmte Arbeit zur Routine gemacht werden kann – egal ob es um das Lesen von Röntgenaufnahmen oder das Erstellen von Blueprints geht – kann dieser Job potenziell verlagert werden. Das verspricht große, und oft beunruhigende Veränderungen für viele. Das bedeutet, dass die Ausbildung, die man hat, wahrscheinlich fürs Arbeitsleben nicht mehr ausreichen wird. Irgendwo in Indien oder China wird es jemanden geben, der diese Arbeit erheblich billiger verrichten wird."

      Abgesehen von Bevölkerungsveränderungen ist der Schlüssel für ein besseres wirtschaftliches Leben die steigende Produktivität. Eine steigende Produktivität führt nun aber auch einmal dazu, dass Leute ihre vertraute Arbeit verlieren und neue Beschäftigungen finden müssen. Und es gibt Gründe dafür, dass wir auf dem Weg zu beeindruckenden Produktivitätsfortschritten sind.

      Wenn die Politiker keinen Unfug machen, indem sie versuchen, "Jobs sichern" zu wollen, dann kann man mit einem wirtschaftlichen Anstieg aufgrund der produktivitätssteigernden technologischen Fortschritte in den nächsten Jahren rechnen. Freies Unternehmertum ist das größte Wohlfahrtssystem, das es je gab.


      http://www.investor-verlag.de/
      Avatar
      schrieb am 11.10.03 01:21:32
      Beitrag Nr. 473 ()
      US-Militärlabor forscht mit Genen des gefährlichsten Grippevirus

      Florian Rötzer 10.10.2003
      Kritiker warnen vor den Risiken, den Erreger der Spanischen Grippe wieder zu beleben, zumal Grippe möglicherweise am besten für eine Biowaffe geeignet wäre


      Eine der verheerendsten Epidemien der Neuzeit war die Spanische Grippe, die im März 1918, noch vor Ende des Ersten Weltkriegs in den USA, ausbrach und sich dann wohl wegen des Krieges schnell über Europa und schließlich auf der ganzen Welt verbreitete. Drei Schübe gab es, bis die Epidemie, die vermutlich noch mehr Todesopfer in kürzerer Zeit als die Pestepidemie des 14. Jahrhunderts forderte, 1919 wieder verschwand. Zwischen 20 und 40 Millionen sollen an der Spanische Grippe gestorben sein, weitaus mehr Menschen, als im Ersten Weltkrieg umkamen. Über 500 Millionen Menschen waren infiziert. Noch ist unbekannt, warum dieser Grippeerreger so verheerend und auch für jüngere Menschen so gefährlich war.




      Seit der Epidemie ist diese Form der Grippe ausgestorben - und stellt also auch keine Bedrohung mehr dar. Allerdings warnen Experten davor, dass es jeder Zeit zu einer vielleicht ähnlich gefährlichen Grippeepidemie wieder kommen könnte. Das Grippevirus ist deswegen besonders gefährlich, weil er durch fortwährende Veränderung seiner Hülle in immer neuen Varianten auftritt, die nicht vom Immunsystem erkannt werden können. Zudem können die Influenza-Viren auch eine ganze Reihe von Tieren wie Schweine, Pferde und vor allem viele Vogelarten infizieren. Wird ein Tier gleichzeitig mit verschiedenen Influenza-Viren infiziert, so kann daraus eine mutierte Variante entstehen, die wiederum auf den Menschen überspringen kann.





      Die Wissenschaftler des Sunshine Project haben nun herausgefunden, dass in einem Labor der amerikanischen Armee versucht wird, den Erreger der Spanischen Grippe wieder zu beleben. Der Forschungsgruppe am Armed Forces Institute for Pathology in Washington unter der Leitung von Jeffery Taubenberger ist es schon in den 90er Jahren gelungen, genetisches Material der Spanischen Grippe aus der Leiche eines US-Soldaten zu isolieren, der 1919 an der Grippe gestorben war.

      Die Army-Wissenschaftler sind nicht die einzigen, die herausfinden wollen, warum der Erreger der Spanischen Grippe so gefährlich sein konnte ( Fasttracks wundersame Wandlungen). Auch britische Wissenschaftler unter der Leitung von John Oxford exhumieren Grippeopfer aus der Zeit, um Hinweise auf den genetischen Code zu erhalten. Nachdem man vergeblich versucht hatte, taugliches Material aus dem Gewebe von Grippeopfern, die im Permafrost von Alaska und Spitzbergen gefunden wurden, zu isolieren, haben sich die britischen Wissenschaftler Grippeopfern zugewandt, die in London gefunden wurden.

      Die britischen Wissenschaftlern wollen allerdings angeblich nur den genetischen Code analysieren. Um darüber womöglich Aufschluss für Schutzmittel vor künftigen Epidemien zu gewinnen. Die Army-Wissenschaftler, die 1999 ein Gen eines Influenza-Virus der Spanischen Grippe vollständig sequenziert hatten und weiterhin Genstücke zusammentragen, ohne dadurch bislang zu Ergebnissen zu kommen, experimentieren bereits auf andere Weise mit dem genetischen Material des ausgestorbenen Erregers. Sie haben bereits mehrere Gene isoliert und sie in Grippeviren eingeführt. Bei einem Experiment aus dem Jahr 2002 wurden die Gene für Hämagglutinin und Neuraminidase in einen Virusstamm eingebracht. Für Mäuse erwies sich dies als tödliche Mischung, während Kontrollgruppen, die mit dem nicht-erweiterten Virusstamm infiziert wurden, keine Krankheitsphänomene zeigten.

      Die Wissenschaftler argumentieren, sie würden deswegen die Erreger der Spanischen Grippe sequenzieren und deren Gene zur Wiederbelebung in Virenstämme einführen, um die Wirksamkeit heutiger Grippemedikamente testen zu können. Heimlich wird diese Forschung in keiner Weise betreiben, also vermutlich auch keine Viren als Biowaffen entwickelt. Gleichwohl, so kritisiert das Sunshine Project, wird mit dieser Forschung ein äußerst gefährlicher Virus möglicherweise wieder belebt, der längst ausgestorben ist und vermutlich auf natürliche Weise nicht mehr entstehen würde.

      Die Spanische Grippe 1918 war hochansteckend und tötete im Vergleich zu heutigen Grippeviren einen ungewöhnlich hohen Anteil der Infizierten, darunter auch viele jüngere Menschen. Die Spanische Grippe allein sorgte dafür, dass 1918 die durchschnittliche Lebenserwartung in den USA um fast 10 Jahre sank. Grippeviren werden deshalb heute als mögliche biologische Waffen sehr ernst genommen, erst vor zwei Wochen wurden in den USA 15 Millionen Dollar Forschungsgelder bewilligt, um einen Schutz speziell gegen bioterroristische Angriffe mit Grippeviren zu entwickeln.




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      Es ist völlig widersinnig, einen gefährlichen Erreger künstlich herzustellen, nur um dann eine Behandlung dagegen zu entwickeln. Unvorstellbar, was passiert, wenn dieses Virus in die falschen Hände gerät. Die genetische Analyse von Grippestämmen hat ohne Zweifel eine wichtige Bedeutung für die medizinische Grundlagenforschung. Aber das rechtfertigt nicht, ausgerechnet den gefährlichsten aller Grippestämme, der zudem seit langem ausgestorben ist, wieder zu beleben.
      Jan van Aken, Biologe vom Sunshine Project in Hamburg




      Edward Hammond warnt, dass mit dieser Forschung ein biologischer Rüstungswettlauf einsetzen oder verstärkt werden könnte. Und er sagt auch wohl zu recht, dass dann, wenn eine solche Forschung mit hochgefährlichen Virenstämmen in militärischen Labors in China, Russland oder vielleicht auch in Iran betrieben würde, dies mit Sicherheit als "smoking gun für ein offensives Biowaffen-Programm" betrachtet werden würde.

      Diese Asymmetrie der Bedrohung ist seit dem "Krieg gegen den Terrorismus" tatsächlich oft genug gebraucht worden, um Aufrüstung in jeder Hinsicht zu legitimieren und zugleich zu verharmlosen, weil sie ja im Dienste der "Guten" steht. Erst im Juli haben Mohammad Madjid, Scott Lillibridge, Parsa Mirhaji und Ward Casscells in dem Artikel "Influenza als Biowaffe" im Journal of the Royal Society of Medicine davor gewarnt, man müsse nach dem 11.9. damit rechnen, dass Grippeviren als biologische Waffen für Anschläge verwendet werden können, eben weil sie so hochgefährlich sind. So gehen die Autoren davon aus, dass jedes Jahr durchaschnittlich nicht nur 20.000 Menschen an Grippe alleine in den USA sterben, wie gesagt wird, sondern eher 90.000. Im Vergleich dazu ist der Milzbrandanschlag vom Oktober 2001 eine Lappalie gewesen, aber auch die Sars-Epidemie zu Beginn dieses Jahres.

      Schon allein die "normale" Sterblichkeit, der hohe Grad der Ansteckbarkeit und die schnelle Inkubationszeit würden das Grippevirus zu einem Ziel genetischer Manipulation im Dienste von Militärs oder Terroristen machen. Dazu kommt, dass das Virus - wenn auch (noch) nicht das der Spanischen Grippe - etwa im Gegensatz zu Pocken überall vorhanden ist - auch in Tierpopulationen. Eine Grippeepidemie, die durch einen Anschlag verursacht wird, könnte auch lange Zeit oder für immer gar nicht als Anschlag erkannt werden. Die Forschung wäre - dies natürlich im Gegensatz zu der am Virus der Spanischen Grippe - bislang wohl unverdächtig, nicht einmal als "dual use" verdächtig.

      Aus all diesen Gründen sei der Schutz vor neuartigen Grippeviren, gleichgültig ob in Form einer natürlichen Pandemie oder einer gewollten Verbreitung durch künstliche erzeugte Erreger, wichtiger als der vor Pocken. Dass man in den USA durchaus damit rechnet und somit die Forschung an einer Wiederbelebung des Virus der Spanischen Grippe in einem diffusen Licht steht, belegt der Umstand, dass vor wenigen Wissenschaftler der Stanford University eine Förderung von 15 Millionen Dollar erhalten haben, um das Grippevirus zu analysieren und Mittel zu entwickeln, wie man sich vor ihm schützen könnte, wenn er als Biowaffe eingesetzt wird. Einer der beteiligten Forscher sagte denn auch:




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      Die Grippe hat drei Mal im vergangenen Jahrhundert einen besonders hässlichen Trick ausgeführt und sich in einen Virus verwandelt, vor dem niemand Immunität entwickelt hatte und der eine weltweite Pandemie mit Millionen von Toten verursachte. Niemand weiß genau, wie man eine Pandemie reproduzieren könnte, aber wir sind wirklich nahe daran zu wissen, wie man die Sequenz des Virus reproduziert, der die Pandemie von 1919 verursachte.



      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/lis/15819/1.html
      Avatar
      schrieb am 11.10.03 01:42:07
      Beitrag Nr. 474 ()
      WAS AMOKLÄUFER MIT DEN HERREN DER WELTWIRTSCHAFT GEMEIN HABEN
      (text von 08/2002)

      Der Wahnsinn, die Macht und die Lust am Untergang
      DER "Lügenkapitalismus" mitsamt seinen gigantischen Pleiten - Enron, WorldCom, Lucent, Xerox etc. - wirft eine beunruhigende Frage auf: Gibt es eine Beziehung zwischen "wahnsinnigen Amokläufern" wie dem Erfurter Schüler Robert Steinhäuser und den "Allmächtigen der Welt", wie dem Vivendi Universal-Präsidenten Jean-Marie Messier oder dem Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff? Der "wahnsinnige Chef" bläht sein Unternehmen durch Übernahmen und Fusionen immer weiter auf, will ihm alles einverleiben, bis in einer finalen Explosion alles mit ihm untergeht. Der Amokläufer will im Rausch einer wahnsinnigen, tödlichen Umarmung mit den anderen verschmelzen. Wie lange wollen wir noch - fassungslos und fasziniert - diesen mörderischen Wahnsinn mitansehen? Wie lange lassen wir es uns noch gefallen, von den allmächtigen Chefs globalisierter Unternehmen manipuliert zu werden - von einer Art globaler Sekte, die sich die Individuen und Ressourcen untertan macht?



      Von DENIS DUCLOS *
      * Soziologe, Forschungsdirektor am Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Paris. Autor von "Société-Monde, le temps des ruptures", Paris (La Découverte) 2002, und "Entre Esprit et Corps. La culture contre le suicide collectif", Paris (Anthropos) 2002.

      Der große Crash von 1929, schreibt der berühmte amerikanische Ökonom und Sozialhistoriker John K. Galbraith in seiner Untersuchung über Ursachen und Verlauf des "Großen Börsenkrachs", wurde erst durch völlig irrwitzige Investitionen auf den Höhepunkt getrieben.(1) Schon damals stürzten sich in der Wall Street die Banker aus den Fenstern ihrer Büros, und die Psychoanalytiker fragten sich: Sprangen sie aus bitterer Enttäuschung in den Tod, oder war ihr Selbstmord - ähnlich wie bei Gewohnheitsspielern, die ihre Umgebung ruinieren, ehe sie sich selbst zerstören - die Vollendung eines Wahns, in den sie möglichst viele Leichtgläubige hineingezogen hatten - nach einem ähnlichen Muster wie die Gurus einer Selbstmordsekte?


      In Zeiten großer Unsicherheit antworten die individuellen Störungen auf den Erregungszustand des Kollektivs. Die verhängnisvoll auf den Untergang zusteuernde Gewinnsucht der "Allmächtigen der Welt" spiegelt sich im hemmungslosen Verbrechen der Amokläufer, deren "wahnsinniges Töten" die gesellschaftlichen Tendenzen wie in einem Zerrspiegel zur finsteren Karikatur gerinnen lässt. Fasziniert von den Exzessen des kulturellen Verfalls, auf dessen Boden ihre Bluttaten gedeihen, versuchen diese Todesschützen, ihr eigenes Schicksal in einem Vernichtungsakt mit dem der Gruppe zu verbinden, so wie spekulierende Konzernchefs das Vermögen ganzer Völker einsetzen und diese mit in den Untergang reißen.


      Einige prominente Fälle öffentlicher Amokläufe, die im Selbstmord endeten (oder enden sollten), haben sich in Quebec, den USA, der Schweiz, Frankreich und jüngst in Deutschland zugetragen. Da ist Denis Lortie, der am 8. Mai 1984 in der Hoffnung, erschossen zu werden, zuerst die Zitadelle von Quebec und dann die Nationalversammlung stürmte. Er wollte die Regierung töten, der Sitzungssaal war leer, beim Amoklauf durch die Flure wurden drei Menschen getötet, Lortie überlebte. Da ist Marc Lépine, der am 6. Dezember 1989 vierzehn Studentinnen der École Polytechnique in Montreal umbrachte, ehe er die Waffe gegen sich selbst richtete. Da ist Fritz Leibacher, der am 28. September 2001 in den Sitzungssaal des Zuger Kantonsparlaments eindrang, vierzehn Menschen niederschoss und sich dann das Leben nahm. Und da ist Richard Durn, der am 26. März 2002 acht Mitglieder des Stadtrats von Nanterre tötete und tags darauf aus dem Fenster sprang.


      Der Massenmörder - ein mustergültiger Angestellter
      DAS jüngste Beispiel schließlich ist der Amoklauf von Erfurt am 26. April dieses Jahres, bei dem Robert Steinhäuser in seinem Gymnasium sechzehn Menschen (darunter dreizehn Lehrer) und anschließend sich selbst erschoss. In seiner Ankündigung hat Steinhäuser sich explizit auf das Massaker vom 20. April 1999 (Hitlers Geburtstag) in der Schule von Littleton berufen; auch hier nahmen sich die beiden Täter, Eric Harris und Dylan Klebold, anschließend das Leben.


      Jeder dieser Amokläufer hat eine Umgebung angegriffen, mit der ihn eine Hassliebe verband, die ihm nahe war und die er verabscheute: Für Lortie war es erst die kanadische Armee, dann die Nationalversammlung, in der er "das Gesicht seines Vaters" zu erkennen glaubte; für Lépine war es die in seinem Abschiedsbrief geschmähte "Gang der radikalen Feministinnen"(2); für Leibacher "die Zuger Mafia"; für Richard Durn die "lokale Mini-Elite" in Person der "Bürgermeisterin", der Einzigen, die er "absichtlich" treffen wollte. Für Steinhäuser war es das gesamte Lehrerkollegium seiner Schule, für Harris und Klebold alle Mitschüler.


      In irgendeiner Form ist der "wahnsinnige Massenmörder" immer Teil des Ganzen, gegen das er seine Aggressionen richtet, ob Komitee, Versammlung, Parlament, Schulklasse, Institution oder Stadt. Nach Angaben seiner Vorgesetzten war der Gefreite Lortie "ein exzellentes Element". Marc Lépine hatte sich an der École Polytechnique beworben, Leibacher war ein mustergültiger städtischer Angestellter und Durn ein vielseitig engagierter Parteigenosse, humanitär und polyglott. Steinhäuser, der als sympathischer Klassenkamerad beschrieben wird, war ein brillanter Programmierer, Harris und Klebold schließlich galten als ausgesprochen gute Schüler.


      Dennoch hatte jeder von ihnen das Gefühl, keinen eigenen sozialen Wert zu haben, eine "Sache" zu sein, die von "fremden Mächten" gesteuert wird. Der Amokläufer zieht die Feindseligkeit auf sich, die im gegebenen Moment zum Auslöser wird. Um zu existieren, muss er sich von der Mittelmäßigkeit seiner Umgebung abheben. Oft beschließt er im Voraus, so groß wie die Gruppe zu werden, die er niederstrecken wird, als könne ihn nur das Töten in den Augen des Kollektivs angemessen aufwerten. Die Monströsität der Tat macht ihn zum unvergesslichen Helden - "von allen anerkannt", wie Steinhäuser sagte - und wird mit einer Gleichsetzung beschlossen: Sein eigener Tod ist gleich die Summe aller anderen Tode. Wenn ihm der Selbstmord nicht gelingt, verlangt er, dass er von denen, die er angreift, getötet wird. Bei Lortie waren es die Militärkameraden, bei Durn die Mitglieder des politischen Establishments.(3)

      In diesem Wahn gefangen, endet der Amokläufer in einer tragischen Verschmelzung zwischen sich und den anderen, dem Individuum und der Gesellschaft. Ein Rausch, der jedoch nicht nur den "Wahnsinnigen" eigen ist. Er entspringt einer Faszination für die Vereinigung von Körper und Geist (dem Individuellen und dem Kulturellen), die als verborgene Sehnsucht in uns allen steckt.


      Was nun die anderen "Rasenden" betrifft, die fanatischen Verfechter der Globalisierung, so bilden sie eine Art Weltsekte, die danach strebt, an die Stelle der verschiedenartigen Gesellschaften zu treten, das Projekt einer Weltdemokratie aber ablehnt.(4) Diese Weltsekte setzt sich aus einer ebenso faszinierenden wie abstoßenden Gruppe zusammen, sie ist eine so verlockende wie grausame Gemeinschaft, welche die Wünsche der anderen voraussieht, ihre Bedürfnisse steuert, Verträge überprüft, die Menschen als normal oder anormal taxiert und ihnen auf diese Weise die Fähigkeit raubt, noch spontanen Umgang miteinander zu haben.


      Im Zeitalter der Globalisierung bewegen sich die großen Finanzzampanos nicht mehr in der Sphäre der Wirtschaft, sondern auf Regierungsebene. Indem sie eine Währung platzen lassen oder ein Regime stützen, das ihre Vorschriften befolgt, sichern sie ihre Macht als Manager der Welt ab und fordern die demokratischen Prinzipien heraus. Durch ihren Zugriff auf den gewaltigen Kapitalzuwachs der letzten fünfzehn Jahre haben sie bereits ganze Wirtschaftsbranchen vereinnahmt; die übrigen vermögen sie zu kontrollieren, weil sie ihnen vernichtende Operationen androhen können.


      So haben die Geldtransaktionen, das Verschieben von Spekulationskapital, einen Staat nach dem anderen in die Knie gezwungen, erst Mexiko (1994), dann Thailand (1997), Korea (1998), Russland (1999), Brasilien (1999), die Türkei (2001) und schließlich Argentinien (2002). In diesen Erscheinungen scheint sich die Anarchie der Märkte zu äußern. In Wirklichkeit sind sie Beispiele für eine bestimmte Form strategischer Einflussnahme auf Regierungen, die anlässlich wichtiger Entscheidungen einzusehen haben, wer in Wahrheit die Macht ausübt. Eine Art Elektroschlagstock mit geopolitischer Wirkung, der dafür sorgt, dass die geoökonomischen Auftragstäter an die entscheidenden Hebel herankommen. Deren gewalttätige, raffinierte, verlogene und niederträchtige Methoden werden der Öffentlichkeit erst in dem Maße bewusst, wie sie ihre Namen lernt: Enron, WorldCom, Global Crossing, Tyco, Ouest, Imclone Systems, Lucent, Xerox, Vivendi Universal und deren zahlreiche "Berater" wie Arthur Andersen.


      Die Finanzmacht besteht vor allem in der Macht, andere um ihr Vermögen zu bringen. Da sie es sich leisten kann, astronomische Summen über Jahre irgendwo ruhen zu lassen, kann sie den günstigen Moment abwarten und zuschlagen, wenn alle anderen aus dem Rennen sind - ganz wie die wohlhabende alte Dame aus Amerika in dem italienischen Kartenspiel-Filmklassiker Lo scopone scientifico von Luigi Comencini: Alljährlich ruiniert sie ein Elendsviertel von Neapel durch ein Kartenspiel, bei dem immer der die letzte Runde gewinnt, der das meiste Geld in der Kasse hat. Trotzdem lässt das arme Volk nicht ab, Jahr für Jahr seine Ersparnisse zusammenzukratzen und stellvertretend einen Spieler zu entsenden, der dann alles an diese Todesgestalt verliert.(5) Pech oder Masochismus? Vielleicht doch die Faszination der Macht des Geldes an sich, deren Opfer man lieber wird, als dass man die Idee einer egalitären Welt ertragen würde.


      Die Realität übertrifft die Fiktion noch bei weitem. Auch ein Jean-Marie Messier war - bevor er als Boss von Vivendi Universal seinen Hut nehmen musste - mit der Wahrnehmung der Interessen williger Opfer beauftragt, die über ihre Verhältnisse gepokert haben und von sehr viel reicheren Leuten über den Tisch gezogen wurden. Auch er hat das ihm anvertraute Geld durchgebracht - mit dem Unterschied, dass es sich hier um Industrie- und Kulturgüter handelt, um Errungenschaften der Völker, die sie geschaffen haben und sie dann über Nacht loswurden. Ein abgekartetes Pokerspiel - betrieben von einigen internationalen Familien, die auf den Absturz von Vivendi spekulierten - zwang Messier schließlich zum Rücktritt und droht nun Canal+ zu zerschlagen, den Förderer des europäischen Films. Auch der Wasserversorger Générale des Eaux, der französische Spross der sanften Technologien, droht abgestoßen zu werden, damit der Konzern irgendwelche undurchsichtigen Anteile an US-Medienunternehmen halten kann.


      Wie viele Führungskräfte - von France Télécom, Alcatel und Arcelor, von Crédit Lyonnais und Crédit agricole, von Pechiney und von Gemplus - kopierten Messiers Versuche, mit den Gamblern der Hautevolee zu spielen, bis man sie abgezockt hatte und sie den Steuerzahlern zerstörte Unternehmen und offene Rechnungen von mehreren hundert Milliarden hinterließen? Wie viele ach so kultivierte Eliten ließen sich mit Begeisterung übers Ohr hauen, um anschließend ihresgleichen in Armut und Schande zu stoßen?


      Dabei können wir sicher sein: Zwischen zwei kalkulierten Schmeicheleien, die den nächsten Dummkopf an den Spieltisch locken sollen, zerreißen sich die Allmächtigen und ihre perfiden Berater das Maul über die kleinen Möchtegerne, die damit, nolens volens, die aktive Unterordnung ihrer Völker und Eliten unter die einzig wahre Zentralgewalt organisieren. Denn es ist ganz deutlich, dass auf den strategischen Posten europäischer oder asiatischer Unternehmen kaum noch "Einheimische" sitzen, sobald das US-Finanzkapital die Kontrolle übernimmt.


      Aber lassen wir den Kitzel und die Härte des Machtspiels beiseite und kommen zu der grundsätzlichen Frage: Ist der erbitterte Wille, Menschen und Ressourcen zu beherrschen, eigentlich vernünftig? Was bringt er den Siegern? Was hat die Finanzmacht am Ende davon, wenn sie mit brutaler Autorität ganze Berufszweige und Loyalitätsbeziehungen zerschlägt, die ihr im Wege stehen? Die Arbeitslosigkeit grassiert in den USA wie anderswo auch, und die "Herren der Welt" erweisen sich als unfähig, "Projekte für die Werte der Welt" zu unterstützen. Besessen vom Drang, Geldströme in Macht über Menschen zu verwandeln, setzen sie auf Mehrausgaben für den Militär- und Polizeiapparat, statt in das Abenteuer Wissenschaft zu investieren. Immer schneller treiben sie die Zerstörung der Natur voran und schikanieren unzählige Arbeitnehmer und Konsumenten mit dem Zwang, sie zu verehren, nur weil sie die Allmächtigen sind.


      Die Sehnsucht nach der Ekstase im Ruin
      DIESE sich ständig verschlimmernde Bilanz des Börsenkapitalismus, der sich zum "Lügenkapitalismus" gewandelt hat, erweckt den Verdacht, dass diese Herren ein irrationales Motiv umtreibt. Sind sie nicht auf der Suche nach einem Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt? Suchen sie nicht die Ekstase im Ruin, erst dem der anderen, aber am Ende auch ihrer selbst? Selbst ein so fieberhafter Spekulant wie George Soros - im Übrigen ein subtiler Theoretiker der "offenen Gesellschaft" - vertritt die These, die Bestimmung der Märkte sei nicht das Gleichgewicht (wie es die Blindesten der Blinden immer noch glauben), sondern im Gegenteil: die sich selbst verstärkende Katastrophe.


      Erinnern wir uns an die These, der zufolge eine politische Klasse, die allzu lange regiert, aufgrund ihrer akkumulierten Fehler auf das vollständige Scheitern zusteuert. Gilt das nicht auch für die Welteliten, die wie besessen vom Gedanken an drohende Verluste, lieber sinkende Profitraten bekämpfen, als Pläne für eine langfristige produktive Nutzung der Reichtümer zu entwickeln? Kann es nicht sein, dass sich hinter den eisigen Reden über die Geschäftsperspektiven, mit denen sich die Großaktionäre und ihre Stellvertreter an die hoch disziplinierten Massen ihrer Untergebenen wenden, eine glühende Leidenschaft verbirgt: sich - wie die Amokläufer - mit den anderen in einer letzten Gefühlswallung der höchsten Gefahr auszusetzen?


      Das wahre Ziel der "Erfolgsstorys" ist der Fall des Ikarus, der Tod des Gladiators - fieberhaft erwartet vom begierigen Publikum des globalen Zirkus. Messier - der nur einer der vielen Fanatiker ist - hat die Rolle dessen, der das Ich mit dem Universellen verschmelzen lässt, nur gespielt, um den einen dramatischen Augenblick zu antizipieren: den Moment, in dem die wahren Herren - die Familie Bronfman oder andere Kapitalriesen - beschließen würden, die Vivendi-Aktien abstürzen zu lassen, um den arroganten kleinen Frenchie, der bei den Großen mitspielen wollte, auf die Plätze zu verweisen.


      Es sieht ganz danach aus, als fühlten wir uns alle in den Bann eines Spiels gezogen, in dem der Höchstgewinn das "Alles verlieren" ist. Liegt es denn allein an den Manipulationen skrupelloser Berater, dass wir unsere Zukunft durch irgendwelche "Derivatengeschäfte" oder ruinöse Spekulationsfonds aufs Spiel setzen und vergessen, welche desillusionierenden Erfahrungen es in der Vergangenheit immer wieder gegeben hat - etwa die Millionen Rentner, die vor dem Krieg in Europa und den USA durch ungültige Spargutschriften ruiniert wurden?


      Hier muss eine gemeinsame Tendenz zur Selbstvernichtung vorliegen - anders ist die Bereitschaft, alles immer wieder neu aufs Spiel zu setzen, gar nicht zu erklären. Warum zerschlagen, was wir zum Wohl der Allgemeinheit aufgebaut haben: funktionierende öffentliche Dienste, professionelle Kompetenz, uralte Hochschultraditionen, Grundlagenforschung, solide Altersversorgung, staatsbürgerliche Achtung der Armen, Konsolidierung des kulturellen Erbes, internationales Gleichgewicht, eine eigenständige Staatsbürgerschaft?


      Gewiss, es lohnt sich, an bürokratisierten oder chauvinistischen Institutionen zu rütteln, um diejenigen aufzuwecken, die es sich in ihrem Sessel zu bequem gemacht haben. Aber bei all dem Drängen auf permanente Reform wird das Ziel der Befreiung immer suspekter. In seinem bedingungslosen ständigen Drängen erscheint das ultraliberale Denken als Zeichen eines pervertierten, im Grunde selbstzerstörerischen Willens - auch wenn die besten und nüchternsten Elemente der sozialistischen oder liberalen Eliten auf den Ultraliberalismus abfahren.


      Hier ein paar besonders krasse Beispiele. Da werden etwa "Schmalspuroptionen" gefördert (wie etwa die Wahl: welchen Anbieter vom Typ Enron soll ich diesen Monat für meine Stromrechnung benutzen?), die nur Ersatz sind für die wirkliche Freiheit, ohne Konsumzwang zu leben. Da ist der unbändige Drang zur Privatisierung, die in der Konsequenz dazu führt, dass die von der globalen Wirtschaftsmacht unabhängigen Unternehmen ihrer Substanz entleert und ihre Daten zu undurchsichtigen Zwecken ausgeweidet werden, dass ihre Eigenständigkeit lahm gelegt und ihre "staatsbürgerliche" Rolle ausgehebelt wird. Da ist auch die ewige Kritik an den Beamten, die immer zu viele, immer zu "privilegiert" sind - als wünschten wir uns englische Verhältnisse herbei, unter denen alles zerfällt: die Post, die Forschung, die Schulen, das Eisenbahnwesen und die Krankenhäuser. Da ist die Tendenz, systematisch das republikanische Prinzip abzuwerten und damit die Zerstückelung des sozialen Raums zu begünstigen, also die Aufteilung in Ethnien, Interessengruppen, partikulare Gemeinschaften und Marktsegmente. Oder denken wir an die Stigmatisierung der freien Zeit und die Überhöhung kleiner neurotischer Verrichtungen; die "Abstempelung" der Armen, die von einem Schalter zum nächsten geschickt werden, um ihren Status nach allen Regeln der Bürokratie mit "Nachweisen" zu dokumentieren - die ihnen ihre mildtätige Schutzheilige namens Sozialdemokratie eingebrockt hat, die aber von Schuldgefühlen geplagt wird, sobald von angemessenen Löhnen und Arbeitsteilung die Rede ist. Und denken wir schließlich an das Einsperren von so genannten kriminellen Jugendlichen, bis die Mauern der neuen Erziehungsanstalten hochgezogen sind.


      Die Tragik von Herr und Knecht
      DIE Zustimmung zu dieser Logik der sozialen Selbstverstümmelung zeigt fast unverhüllt den Wunsch nach einem wirtschaftlichen und politischen Desaster. Die absurde Perspektive verschärft sich noch durch zwei verführerische Angebote, die implizit dazu gehören, auch wenn man es gar nicht wahrhaben will. Das erste Angebot: Selbst wenn ich mich in einer geknechteten Position befinde, kann ich mir vom System der Sklaverei erhoffen, eines Tages Herr zu sein; und das zweite: Noch in der Vernichtung durch das allmächtige Prinzip werden wir gemeinsam an der Allmacht teilhaben.


      So seltsam der aktuelle Drang zur freiwilligen Knechtschaft erscheinen mag, äußert sich darin doch die ewige Neigung, das Leben, die Freiheit und die Würde jedes Einzelnen aufs Spiel zu setzen - in der Hoffnung, andere durch Gewalt oder grausame Hinterlist zu beherrschen. Von den Zirkusspielen der Römer bis zu "Big Brother", von den amerikanischen "Finanzpyramiden" bis zum Kinderspiel "Die Reise nach Jerusalem" stützt sich das Streben, sein eigenes Unglück zu schmieden, auf den Wunsch, in den Genuss umfassender Machtsysteme zu gelangen, und auf die Versuchung, "sich einzuschließen, um sich zu zerstören".(6)

      Neben zahlreichen Aufständen und Befreiungskämpfen hat es in der Geschichte - von der Taylor`schen Fabrik bis zur heutigen Erpressung durch die employability - eine lange Vergangenheit der knechtischen Infantilisierung gegeben, die eine Bereitschaft der Menschen zeigt, das Unannehmbare zu ertragen und sich manchmal damit abzufinden. Die Selbstausschaltung erfolgloser Bewerber oder Angestellter (das berühmte "schwächste Glied") ist mittlerweile selbstverständlich für den unternehmerischen Liberalismus, der seinen morbiden Sadomasochismus unter dem Kennwort "ökonomische Rationalität" verbirgt. Es gibt keine große Firmengruppe, in der das Gesellschaftsspiel, das im Namen der Aktionäre gespielt wird, nicht darauf hinausliefe, Junge gegen Alte auszuspielen, Beamten gegen "Private", Einheimische gegen Fremde, ja sogar Männer gegen Frauen.


      Auf den ersten Blick scheint es die abgeschottete Konzentration auf interne Kämpfe zu ermöglichen, dass Geld gespart und eifriger gearbeitet wird. Bei näherem Hinsehen lässt sich - abgesehen von der aktiven Lust, die Untergebenen niederzudrücken, und dem passiven Genuss, die Herren zu ertragen - eine Neigung zur Selbsterniedrigung erkennen. Merkwürdigerweise geht die moralische Ablehnung jeder faschistoiden Tendenz bei vielen Verfechtern des Ultraliberalismus mit einem Hang einher, die eigene Kultur abzuwerten (möglichst viele Wörter durch amerikanische Begriffe zu ersetzen); mit einer Verzichthaltung (immer dem "internationalen Berater" den Vorzug vor dem heimischen Unternehmen geben); mit der Bereitschaft zum Verrat (Agenturen - die durchsetzt sind von Spionen im Dienst der Macht - bekommen Einsicht in die kostbarsten Archive des Unternehmens), zur Denunziation (sich über den geringsten Widerstand gegen die Hierarchie zu beschweren), zum Misserfolg (die Zerschlagung von Produktionsstätten und den teilweisen Aufkauf durch einen feindlichen Investor zu akzeptieren) und zu aufdringlicher Selbstbezichtigung (immer auf den eigenen, "privilegierten" Beruf schimpfen, und sich scheinheilig zu den "Unterprivilegierten" herunterbeugen).


      Im Unternehmen wie beim Massenkonsum ist die freiwillige vollzogene Selbstvernichtung vor dem "Herrn für alle" (dessen Fähigkeit, jeden Einzelnen wie eine Sache zu benutzen, zum kollektiven Genuss wird) in vollem Gange. Wann sagt man uns endlich die mit allen Mitteln unterdrückte Wahrheit: dass derzeit alles zu Gunsten der Zentralgewalt des einen Herrn umgekrempelt wird? Dabei handelt es sich um nichts anderes als eine weltweite Faschisierung, die sich im Namen des Widerstands gegen den Populismus ausbreitet: das aktuelle Werkzeug einer fortschreitenden Zermalmung aller durch die endgültige Übermacht.


      Wir alle möchten gern zu der Selbstmordsekte gehören, die uns verheißt, den intimsten Teil unserer selbst mit ihrem universellsten Teil zu verschmelzen. Und wir möchten, dass dieser universelle Teil unserem Inneren sein Gesetz auferlegt, damit jeder "lokale" oder persönliche Widerstand in uns erstickt wird. Wir genießen es zu sehen, wie die alten Formen der kollektiven Macht über die spontane Kultur kommunizierender Individuen durch neue Formen abgelöst werden, denn nichts ist Furcht erregender als die Freiheit - selbst für die "Liberalen".


      In diesem Zusammenhang ist die paranoide Ausprägung der amerikanischen Hypermacht eine Bedrohung für den Weltfrieden. Viel gefährlicher aber ist sie für Amerika selbst, das ja einen entscheidenden und oft glanzvollen Beitrag zur Freiheit geleistet hat. Allem Anschein nach vollzieht sich im Inneren der amerikanisierten Weltgesellschaft ein verzweifeltes Ringen zwischen zwei entgegengesetzten Prinzipien. Das ist zum einen die Öffnung zum unabhängigen und abenteuerlichen Leben, das stolz und misstrauisch den Einfällen der Bürokraten trotzt - ein kostbarer Wert, den kein Vertreter der menschlichen Emanzipation verleugnen oder vernachlässigen sollte. Und das ist zum anderen das Ideal der reibungslosen Einordnung (asexueller) Körper und (infantilisierter) Geister in eine umfassende Handelsstruktur, die letztlich für die Geschicke aller verantwortlich ist.


      Wie lange noch wollen wir der Fantasie vom "Allmächtigen der Welt" anhängen und diese liberal-kollektivistische Träumerei zur höchsten Vernunft erklären? Wann werden wir begreifen, dass es für unser Überleben unerlässlich ist, den irrsinnigen Wettlauf in den Selbstmord aufzuhalten? Wann werden wir es wagen, zum Sturm auf jene "globalisierten" Agenturen zu blasen, die in London oder in New York oder in Hongkong ihre Pläne schmieden? Die nichts anderes wollen, als systematisch die sozialen, kollektiven und kulturellen Strukturen kaputt zu machen, die den Völkern dienen, weil nur auf ihrer Grundlage Allianzen des gegenseitigen Respekts zu errichten sind.


      dt. Grete Osterwald

      Fußnoten:
      (1) John K. Galbraith, "Der große Crash 1929. Ursachen, Verlauf, Folgen", München (Heyne) 1989.
      (2) Vgl. Hélène Y. Meynaud, "Blanche-neige et l`épine: femmes, technologies et folies", mit dem Abschiedsbrief von Marc Lépine, Chimères, Nr. 38, Paris 2000.
      (3) Viele "Serienmörder" sind Massenmörder, die ihre Taten über einen längeren Zeitraum verteilen: Viele haben es auf eine bestimmte Kategorie von Menschen abgesehen, organisieren eine dramatische Steigerung, indem sie einen Hauptfeind bezeichnen (meistens eine Mutterfigur) und begehen schließlich Selbstmord oder verlangen, getötet zu werden.
      (4) Das zeigt beispielsweise Washingtons Weigerung, dem internationalen Strafgerichtshofs zuzustimmen.
      (5) "Lo scopone scientifico", 1972, wunderbar dargestellt von Bette Davis, mit dem genialen Alberto Sordi als Partner.
      (6) Wie André Breton 1942 in einem wunderschönen Text ("La clé des champs", Pauvert, 1979) an die in Amerika lebenden französischen Studenten schrieb.

      Le Monde diplomatique Nr. 6822 vom 9.8.2002, Seite 10-11, 610 Dokumentation, DENIS DUCLOS

      http://www.monde-diplomatique.de/pm/2002/08/09/a0039.text.na…
      Avatar
      schrieb am 11.10.03 02:01:51
      Beitrag Nr. 475 ()
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      Steuerflucht - Unternehmen kassieren Subventionen und gehen ins Ausland (:mad: :mad: unverschämtheit hoch³ wieso fordert der Staat das Geld nicht zurück ? fördern und fordern können sie wohl nur von sozial Schwachen)
      Bericht: Volker Happe, Kim Otto, Sascha Adamek



      Sonia Mikich: "MONITOR, willkommen, gehen wir ans Eingemachte. Unsere Themen u.a.: Gefährliche Augenoperationen: die Mängel der hochmodernen Lasertechnik. Und: Sozialreformen: viele Grausamkeiten für alle, nur für die Politiker selbst nicht.

      Neulich gab es ja den nationalen Aufschrei wegen Florida-Rolf und anderer Mitmenschen, die Stütze kassieren und es sich im Ausland dann schön machen. Es lässt sich ja so gut darüber aufregen. Schmäh über Schmarotzer befriedigt nun einmal die eigene Tugendhaftigkeit. Aber ich warte vergeblich auf dasselbe Geifern, auf dieselbe Selbstgefälligkeit, wenn es darum geht, Konzerne zu kritisieren, die Milliarden an Subventionen einstreichen und dann ihren Standort ins Ausland verlegen, um Steuern zu sparen.

      Insgesamt zahlt der Staat jährlich 25 Milliarden Euro Subventionen an deutsche Unternehmen - und das ist mehr, als im Jahr für die gesamte Sozialhilfe ausgegeben wird. Über Florida-Rolf empörten sich die Deutschen. Kennen Sie aber Infineon-Uli? Volker Happe und Kim Otto berichten über den wirklichen Skandal."


      Ein Firmenchef will weg aus Deutschland. Die Steuern sind zu hoch, so Ulrich Schumacher, Boss von Infineon. Die Firmenzentrale soll in die Schweiz verlegt werden - wegen der geringen Steuer.
      Christoph Sieder, Unternehmenssprecher Infineon AG: "Wir haben ein großes Interesse daran, dass der Standort Deutschland für uns nach wie vor ein erfolgreicher bleibt. Aber wir müssen uns von der Fokussierung auf diesen Standort verabschieden und natürlich einen weltweiten Aspekt haben."
      Ende der 90er Jahre ist Infineon aus Siemens hervorgegangen und präsentiert sich heute mit der modernsten Chipfabrik der Welt. Das vor allem dank deutscher Steuergelder: Über 1 Milliarde Euro an Subventionen sind in die Dresdener Fabrik geflossen. Ohne staatliche Gelder würden diese Chips nicht produziert, mit denen Infineon viel Geld verdient.

      (brauchen wir überhaupt solche Unternehmen, die auf Kosten der Allgemeinheit, nichts außer Profitgier betreiben? Soll sie doch der Teufel holen, in der Hölle ist es bestimmt am günstigsten. :mad:
      (ja , wo bleibt der Aufschrei der Medien ? , sonst sind sie immer als erster da)

      Deshalb stößt die Steuerflucht sogar auf Widerstand vom Gewerkschaftsvertreter im eigenen Aufsichtsrat.
      Wolfgang Müller, IG Metall-Aufsichtsrat Infineon AG: "Infineon ist mit Steuergeldern in Deutschland wesentlich groß geworden, Infineon hat zig Millionen an Subventionen kassiert, sicherlich aus technologisch und standortpolitischen Gründen durchaus begründbar. Wenn ein solches Unternehmen sich jetzt aus schlichten Steuerspargründen in ein Steuerparadies flüchtet, dann ist das gesellschaftlich unverantwortlich. Es kann nicht sein, dass Konzerne einfach Sozialhilfe kassieren im größten Maßstab und sich dann aus dem Staub machen und keinerlei Verantwortung haben für diese Gesellschaft."
      Wirtschaftliche Interessen stehen vor Gemeinwohl, so die Priorität bei Infineon. Geringe Steuern heißt: größere Gewinne. Und deshalb ist man stolz darauf, das öffentlich zu präsentieren.
      Christoph Sieder, Unternehmenssprecher Infineon AG: "Vielleicht, kann man sagen, haben wir hier einen gewissen Trend angestoßen, aber ich denke, im Verborgenen denken sehr, sehr viele darüber nach, nicht nur wir."




      Reporter: "Also, das heißt, Sie haben kein schlechtes Gewissen, wenn Sie jetzt z.B. ankündigen, die Konzernzentrale ins Ausland zu verlegen."

      Christoph Sieder: "Nein."

      Einen Trend angestoßen, dem viele folgen. Beispiel Degussa in Radebeul bei Dresden: Im April demonstrieren die Mitarbeiter. Demonstrieren für den Erhalt des Standortes und für ihre Arbeitsplätze. Das Werk soll geschlossen werden - die Produktion wird vermutlich nach England verlagert. Bei den Beschäftigten Unverständnis.

      Andreas Dudek, Betriebsrat Degussa AG: "Da sind ja auch Fördermittel geflossen. Damit ist Degussa ja auch seriös umgegangen nach meiner Kenntnis, aber ich sehe schon eine moralische Verpflichtung gegenüber der Region. Und deswegen hat uns auch dieser Schließungsbeschluss wie ein Schock getroffen. Das können wir überhaupt nicht nachvollziehen."
      1991 hatte Degussa den Pharmastandort übernommen. Die Stadt baute neue Zugangsstraßen. Später, Mitte der 90er Jahre, zahlen Bund und Land rund 70 Millionen Euro an Subventionen, um den Standort und damit die Arbeitsplätze zu erhalten.

      Reporter: "Und wie denken Sie so in der Nacht darüber?"

      Dr. Thomas Schoeneberg, Vorstand Degussa AG: "Ja, ich akzeptiere, dass es für alle Beteiligten ein sehr, sehr schwieriges Thema ist, das ist ganz klar. Wir legen dort still auf Null. Also wenn die Degussa rausgeht, ohne jemand anders zu finden, sind die Arbeitsplätze hinterher bei Null und nicht eine Restgröße noch da, mit der man noch vieles machen kann. Wir haben im Umfeld keine Degussa-Werke, über die man auch manches abfedern könnte, und das ist schon ein einschneidender Schritt, gar keine Frage."
      Die Mitarbeiter und die Stadt suchen jetzt nach einem neuen Investor. Ob das gelingt, ist fraglich. Bis Ende 2004 will Degussa jedenfalls die eigenen 300 Mitarbeiter entlassen, weitere 700 Arbeitsplätze sind in der Region gefährdet.
      Karl Nolle, Wirtschaftspolitischer Sprecher SPD-Landtagsfraktion Sachsen: "Das ist schon schlimm für die Arbeitskräfte hier, die ihre Arbeit verlieren, aber noch schlimmer ist es oder genauso schlimm ist es, dass die Patente, das sächsische Know-how mitgenommen werden, dass also hier dieses Werk ausgeräubert wird und die Fördermittel also eigentlich nur dazu dienten, den Absprung zu schaffen, um nach England zu gehen."
      Viele Firmen in Deutschland kassieren hohe Subventionen und gehen dann wegen der Steuerbelastung ins Ausland. Eine Doppelmoral: denn wer Subventionen kassiert, treibt die Steuern hoch, das geht aus einer Gegenüberstellung hervor. Im internationalen Vergleich ist die steuerliche Belastung der Unternehmen in Deutschland mit 39 Prozent relativ hoch. In England und der Schweiz sind die Steuern hingegen niedrig.
      Das liegt auch daran, dass der deutsche Staat die meisten Subventionen an Unternehmen zahlt. Immerhin 1,6 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Länder wie England und die Schweiz zahlen sehr viel weniger Subventionen an ihre Unternehmen und haben deswegen Unternehmenssteuern, die insgesamt geringer sind.
      Dr. Hans Dietrich von Loeffelholz, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung: "Wir zahlen also pro Jahr etwa 25 Milliarden Euro an Subventionen. Die müssen finanziert werden, und die werden auch finanziert durch die so genannten Unternehmenssteuern, die in der Bundesrepublik pro Jahr etwa 70 Milliarden Euro ausmachen, das heißt also, etwa ein Viertel der Unternehmenssteuern werden für Subventionen verwendet. Wenn es gelänge, diese Subventionen abzubauen, können wir natürlich auch die Unternehmenssteuern senken und damit im internationalen Steuerwettbewerb attraktiver werden."
      Abkassieren und Absetzen. Kleine und große Firmen sind dabei. Beispiel 3 die Körber AG in Berlin.
      André Grunow, Betriebsrat Körber AG: "Die Situation bei uns im Werk ist im Augenblick sehr gut. Wir haben eine Umsatzsteigerung von 100 Prozent gegenüber dem letzten Jahr. Wir haben sehr viele Aufträge, ist geschuldet auch dem hohen Engagement aller Mitarbeiter hier, bis hin Lohnverzicht, Mehr-Leistung. Und das Problem ist, die Früchte unserer Arbeit soll jetzt `n anderer ernten, das heißt Produktverlagerung in die Schweiz. Und das ist sehr unverständlich für alle Mitarbeiter hier."
      Trotz voller Auftragsbücher Verlagerung in die Schweiz. Dabei hatte das Land Berlin in den vergangenen Jahren viel für das Werk getan. Immerhin drei Millionen Euro sind es, die an direkten Subventionen in das Werk geflossen sind. Standortpolitik mit öffentlichen Mitteln.
      Dr. Werner Redeker, Vorstand Körber AG: "Die Fördermittel sind seit längerem verbraucht, und sie haben auch leider nicht dazu geführt, dass wir aus dieser Verlustzone rauskommen. Sie waren sehr hilfreich, und sie haben auch dazu geführt, dass ein gutes Produkt entwickelt wurde, was aber leider nicht dazu führt, dass wir damit Gewinne machen können."
      Reporter: "In diesem Jahr sind Sie aber erstmals in der Gewinnzone in Berlin."

      Dr. Werner Redeker: "Das haben wir erreicht dank eines Sonderprojektes."

      Dieses Sonderprojekt - eine Hochleistungsschleifmaschine - beruht auf der Zusammenarbeit mit einer Hochschule. Prof. Werner Bahmann hat mit anderen Ingenieuren das neue Produkt entwickelt. Das Werk macht damit kräftig Gewinne. Diese High-Tech-Maschine, finanziert mit öffentlichen Forschungsmitteln.

      Prof. Werner Bahmann, Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin: "Ich finde es deshalb empörend, dass der Körber-Konzern nunmehr dieses innovative Erzeugnis in der Schweiz, also in ihrem Schweizer Werk, produzieren lassen will und den Wirtschaftsstandort Berlin schließt. Und damit wiederum eine ganze Reihe von Menschen in die Arbeitslosigkeit treibt."
      Mit staatlicher Hilfe zu High-Tech-Produkten, die sich weltweit verkaufen lassen. Eigentlich eine prima Werbung für den Standort Deutschland.
      Dr. Werner Redeker, Vorstand Körber AG: "Die Leistung der Fachhochschule in Ost-Berlin ist durchaus anerkennenswert, und das stellen wir auch gar nicht in Abrede."
      Reporter: "Aber zwingt Sie das nicht eigentlich zu mehr Verantwortung für den Standort Berlin auch, dass Sie sozusagen deutsche Steuergelder ja auch verwendet haben für diese Entwicklung und sie jetzt in der Schweiz einsetzen wollen?"

      Dr. Werner Redeker: "Also, unsere Verantwortung muss sein, dass wir als Unternehmen und als Konzern Gewinne machen, denn dann nutzen wir diesem Standort am meisten."

      Reporter: "Welchem Standort?"

      Dr. Werner Redeker: "Dem Standort Deutschland."

      Reporter: "Deswegen gehen Sie in die Schweiz?"



      Links zum Thema:

      Homepage Karl Nolle:
      http://www.karl-nolle.de


      http://www.wdr.de/tv/monitor/beitrag.phtml?bid=533&sid=103
      Avatar
      schrieb am 11.10.03 02:05:57
      Beitrag Nr. 476 ()
      CDU - Vorwärts und ratlos in die Sozialreform
      Bericht: Tom Theunissen



      Sonia Mikich: "Hat sie einen Ruck in ihrer Partei ausgelöst - oder einen Riss? Angela Merkel hat Reformpläne vorgestellt, die nichts weniger sind als der Ausstieg aus dem Sozialstaat. Weg vom Solidarsystem, die CDU auf dem Weg zur reinen Wirtschaftspartei. Merkel will sich als Radikal-Reformerin profilieren, mit Blick auf die Kanzler-Kandidatur. `Maggie Merkel`, lästern viele, aber eine Margaret Thatcher behauptete zumindest nie, Chefin einer Volkspartei zu sein.

      Wo bleibt das Soziale in der CDU? Was will die Chefin? Die Basis klatscht und ist ratlos, wie Tom Theunissen beobachtet hat."


      Eins war versprochen: Es würde gestritten werden in Düsseldorf und Erfurt. Mit der Basis, mit denen, die es kaum erwarten konnten.
      Wortmeldungs-Organisatorin: "Der Erste hat heute morgen schon im Frühstücksfernsehen gesagt, dass er was sagt."
      Reporter: "Echt?"

      Wortmeldungs-Organisatorin: "Ja. Herr Blüm ist halt dabei."

      Abenddämmerung in Düsseldorf und Erfurt. Die Basis erscheint, Hunderte strömen aus der sozialen Kälte draußen zur Union ins Warme. Streiten mit der Parteichefin, der Reformerin, die ein neues Deutschland ankündigt. Ein Ruck geht durchs Volk, sie betritt den Saal: Die Visionärin.

      Song: "Wir müssen nichts so machen, wie wir`s können, nur weil wir`s können wie wir`s können. Wir können das vermeiden, indem wir uns anders entscheiden. Wir sind die Zukunft und das Licht, Ihr könnt uns folgen oder nicht."

      Die Antwort auf ihre Ängste, die Revolution der Sozialpolitik, der Systemwechsel. Hier werden sie verstehen.

      Norbert Blüm: "Wir werden sehen, wir werden sehen."
      Sie werden fragen. Sie werden fragen, wie es um Deutschland bestellt ist.
      Angela Merkel: "Diesem Land geht es nicht schlecht. Aber nach meiner festen Überzeugung geht es ihm nicht so gut, wie es ihm gehen könnte und wie die Menschen in diesem Land wollen, dass es ihm geht."
      Da können sie nicht widersprechen. Und streiten schon gar nicht.

      Angela Merkel: "Liebe Freunde, wir wollen in diesem Land leben, weil es unsere Heimat ist. Und wir müssen uns für dieses Land anstrengen."

      Deutschland bleibt also wahrscheinlich Deutschland, auch wenn es Merkelland werden sollte. Da kann man klatschen, auf jeden Fall!

      Reporter: "Glauben Sie, dass es hier noch große Diskussionen geben wird?"

      Besucher: "Hoffe ich."
      Reporter: "Hoffen Sie?"

      Besucher: "Ja."

      Jetzt kommt sie bald, die breite Diskussion. Gleich, nachdem Laurenz Meyer in lockerem Mathematiklehrerstil demographische Faktoren und Kopfprämienbasisberechnungen vermittelt hat. Selbst am Büffet schnappt man noch was davon auf. Spannender kann man einen Neuanfang kaum vermitteln, und wer im Saal sitzen bleibt, lässt sich offenbar gerne quälen für die Zukunft unserer Gesellschaft.

      Laurenz Meyer: "Und jetzt das nächste Bild mal dazu gezeigt: Wenn Sie diese blaue Kurve sich mal ansehen, die über dem Gelben ist, auf alle Fälle das Gelbe, was Sie da sehen, das genau, dieses Verrückte würde sich ergeben, wenn wir die Älteren unter uns einfach so von einem System ins andere schieben würden."
      Besucher: "Ich bin noch dabei, das alles zu verstehen."
      Reporter: "Was ist die Kopfpauschale?"

      Besucher: "Hm. Da erwischt`s mich auch. Kann ich Ihnen nicht sagen."

      Reporter: "Die Bürgerversicherung wird ja vehement abgelehnt. Haben Sie verstanden, warum?"

      Besucherin: "Also, da kann ich mich jetzt nicht so äußern, weil ich da mich nicht so auseinandergesetzt habe. Das wär jetzt einfach Gerede."

      Besucher: "Ist mir nicht so klar geworden, das ist zu wenig betont und erklärt worden, der Unterschied zwischen Bürgerversicherung und das, was die CDU vorhat."
      Besucher: "Wir haben ja heute Unterlagen bekommen, und wenn man ja auch schon etwas älter ist, ist es ganz gut, dass man das mal sich am Wochenende durchbearbeitet."

      Am Wochenende? Heute sollten sie diskutieren, hatte es geheißen - nur, wie soll das auch gehen, wenn man gar nicht wirklich weiß, worüber eigentlich? Und dann kommt auch noch Blüm, und die Zukunft wird plötzlich so schrecklich lebendig.
      Norbert Blüm: "Meine Sozialpolitik ist das nicht. Es geht darum, wer gearbeitet hat und `nen Beitrag bezahlt hat, kriegt `ne anständige Leistung, egal, ob er ein Auto oder ob er kein Auto hat. Denn in diesem System, das Bedürftigkeit prüft, da kann ich sagen: Versauf dein Haus, verjubel es, da biste am Schluss bedürftig, während wenn du gespart hast, du geschafft hast, biste der Dumme."
      Sie hatten genug gehört. Es wird auf jeden Fall irgendetwas passieren mit Deutschland. Besser, man geht jetzt nach Hause und versucht zu begreifen, was genau das sein soll.


      http://www.wdr.de/tv/monitor/beitrag.phtml?bid=534&sid=103
      Avatar
      schrieb am 11.10.03 02:30:43
      Beitrag Nr. 477 ()
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      Sozialreformen - Alle müssen sparen, nur Politiker nicht

      (am besten, wir sparen als erstes unsere Politiker weg, damit wären zumindest die größten Fehler der Geschichte beseitigt.
      Bericht: Monika Wagener, Frank Konopatzki



      Sonia Mikich: "Rot-grün war ja angetreten mit dem Versprechen, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Hat nicht funktioniert. Wer ist daran schuld? Die Arbeitslosen selbst. Das muss bestraft werden. 3 Milliarden Euro will Kanzler Schröder vor allem bei den Langzeitarbeitslosen einsparen, Arbeitslosengeld 2 heißt das. Eine der radikalsten Sozialkürzungen unserer Geschichte steht bevor. Wer nicht mitstimmt, wird als Abweichler, als Ewiggestriger, als Sozialromantiker beschimpft. Denn: Alle sollen gefälligst sparen, nur das ist gerecht und zukunftsweisend.

      Wirklich alle? Sich selbst haben die Reformer bei der Reform wohlweislich vergessen. Arbeitslosenhilfe, Renten und Zumutungen fürs Volk und für die Volksvertreter - darüber berichtet Monika Wagener."


      Abenddämmerung im Berliner Reichstag. Die letzten Abweichler müssen noch auf Linie gebracht werden, dann kann der Umbau des Sozialstaates in die nächste Runde gehen. Seit Monaten schon stimmt der Kanzler Partei und Gesellschaft auf drastische Kürzungen ein.

      Gerhard Schröder: "Wir müssen die sozialen Sicherungssysteme neu justieren. Nicht, um sie abzuschaffen oder gewaltig einzuschränken, sondern um sie bei veränderten wirtschaftlichen Bedingungen erhalten zu können. Das wird Opfer erfordern, Opfer von vielen."(aber nur nicht von sich selbst)

      Einer, der solch ein Opfer bringen soll, ist Ralf Richter. Der Maschinenschlosser kämpft gerade um seinen Arbeitsplatz beim französischen Technologiekonzern Alstom. 700 Arbeitsplätze will das Unternehmen allein in Mannheim abbauen. Das Generatorenwerk, in dem Richter seit 30 Jahren arbeitet, soll zum Jahresende dichtgemacht werden. Ein ganzer Lebensentwurf gerät da ins Wanken.

      Ralf Richter: "Metallverarbeitende Betriebe bauen ständig Arbeitsplätze ab. Ich rechne hier mit einer längeren Arbeitslosigkeit für mich, und ich rechne auch damit, dass das Arbeitslosengeld 2 für mich zutreffend wird, und dass ich eben wohl die nächsten Jahre Schwierigkeiten hab, Arbeit zu finden."
      Das Arbeitslosengeld 2. Heute in einer Woche entscheidet der Bundestag. Doch wissen die Abgeordneten wirklich, was das bedeutet? Für Ralf Richters Familie würde das Arbeitslosengeld 2 einem finanziellem Absturz gleichkommen. Der 44-Jährige hat ein gutes Gehalt, seine Frau verdient in Teilzeit dazu. Bis jetzt hat die dreiköpfige Familie ein monatliches Haushaltseinkommen von 3200 Euro netto. Das reichte sogar für den Traum vom eigenen Reihenhaus.

      Doch nach schon 12 Monaten Arbeitslosigkeit würden die Richters in das neue Arbeitslosengeld 2 rutschen. Und das geht nicht mehr vom Gehalt aus, sondern nur noch vom Existenzminimum. Das Geld seiner Frau würde fast vollständig angerechnet, Sparguthaben würden begrenzt, Lebensversicherungen teilweise einbezogen. Der Maschinenschlosser rechnet nach, was die geplanten Kürzungen für seine Familie bedeuten.

      Nach der alten Arbeitslosenhilfe-Regelung hätten Richters noch 2200 Euro Haushaltseinkommen gehabt, durch die Kürzung bleiben ihnen künftig nur noch 1750. Bei längerer Arbeitslosigkeit sogar nur noch 1400 Euro. Das sind 800 Euro weniger als vor der Reform der Arbeitslosenhilfe und nur noch 200 Euro mehr als die Sozialhilfe.
      Von diesen 1400 Euro müssen die Richters monatlich 750 für Haus und Heizung bezahlen, zum Leben bleiben der Familie dann noch ganze 650 Euro.
      Ralf Richter: "Das geht nicht. Eine Familie kann man heute mit 650 Euro im Monat nicht mehr ernähren. Dann kriegt man keine Kleidung, Essen, Trinken, Schule, alles drum und dran. Unmöglich."
      Doch damit nicht genug. Lehnt Richter einen zumutbaren Job ab, wird weiter gekürzt.

      Ralf Richter: "Warum muss ich, wenn ich jahrelang einbezahlt hab, wenn ich jahrelang Arbeitslosenversicherung bezahlt hab, 30 Jahre lang immer schön brav jedes Jahr Monat für Monat Geld einbezahlt hab, warum muss ich dann hinterher betteln gehen? Das kann doch nicht wahr sein!"

      Gerhard Schröder: "Niemandem aber wird künftig gestattet sein, sich zu Lasten der Gemeinschaft zurückzulehnen." ( außer der das sagt und die armseligen Politiker )

      Hehre Worte. Mit sich selbst sind die Politiker nicht ganz so streng. Auch Abgeordnete und Minister können nämlich arbeitslos werden, von heute auf morgen Amt und Mandat verlieren. Dann gibt es auch für sie eine Art Arbeitslosengeld, das so genannte Übergangsgeld. Das wird allerdings zum Glück weiter einkommensabhängig bezahlt. Auch werden weder Ersparnisse angerechnet, noch das Einkommen des Partners. Einen zumutbaren Job müssen sie auch nicht annehmen.

      Bundeskanzler Schröder zum Beispiel würde ein Übergangsgeld für 36 Monate bekommen, nach Berechnungen des Steuerzahlerbundes insgesamt 310.000 Euro. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt ist 33 Monate im Amt. Sie bekäme deshalb ein Übergangsgeld für 33 Monate, insgesamt 236.000 Euro. Umweltminister Trittin, nicht viel älter als Ralf Richter, bekäme ebenfalls 36 Monate Übergangsgeld, insgesamt rund 251.000 Euro.

      Gerhard Schröder: "Wer zumutbare Arbeit ablehnt, und wir werden die Zumutbarkeitskriterien verändern, der, meine Damen und Herren, wird mit Sanktionen rechnen müssen."

      Ralf Richter: "Wenn dann einer sagt, wenn jemand keinen Job annimmt und dann werde ich ihn bestrafen … Jemand, der Arbeitslosengeld 2 bekommt, ist schon bestraft, den braucht man nicht weiter zu bestrafen."
      Ach ja, dann gibt es noch das Rentenalter, das so Mancher gerne auf 67 erhöhen würde. Auch hier haben die Minister und Abgeordneten zum Glück ein eigenes Versorgungssystem mit eigenen Regeln. Wirtschaftsminister Clement zum Beispiel hätte schon einen Pensionsanspruch ab 55 Jahren gehabt, eine Rente von 8700 Euro wäre ihm heute schon sicher. Hans Eichel stünde sich noch besser. Auch er hätte schon lange Anspruch auf den Ruhestand und immerhin 11.600 Euro Pension im Monat. Und auch Angela Merkel müsste nicht mehr lange arbeiten. Mit 55 Jahren bekäme sie schon eine monatliche Pension von 4900 Euro. Mit ihrem 60. Geburtstag könnte sie sich dann sogar über 7300 Euro im Monat freuen.
      Prof. Ulrich Battis, Humboldt-Universität Berlin: "Wenn jetzt diese einschneidenden Veränderungen für die Allgemeinheit kommen, dann ist es unumgänglich, dass auch die Versorgung, die Pensionen und auch das Übergangsgeld der Abgeordneten und Minister neu geregelt wird."
      Gerhard Schröder: "Ich denke, wir sind uns klar darüber, dass alle, aber auch wirklich alle in der Gesellschaft einen Beitrag leisten müssen. Das betrifft natürlich die Mitglieder der Bundesregierung, auch andere. Deshalb wird es, kein Zweifel, auch für die Gehälter der Bundesminister und der Staatssekretäre eine erneute Nullrunde geben."
      Prof. Ulrich Battis, Humboldt-Universität Berlin: "Diese Nullrunde ist nichts anderes als ein Manipulieren an der Oberfläche. Dadurch werden ja die strukturellen Verbesserungen überhaupt nicht berührt. Es geht darum, dass man die strukturellen Verbesserungen, das heißt also die sehr viel bessere Pension, viel früher, viel höher, plus viel höheres Übergangsgeld, dass man das nun mal zurechtstutzt, zum Teil auch einfach beseitigt. Und nicht, das üppige System lässt und dann lediglich ein ganz klein wenig an zusätzlichem Gewinn vorübergehend aussetzt. Also, das ist Augenwischerei."
      (Wenn das die Demokratie ist,
      da wünsche ich mir doch die Monarchie wieder zurück, wenigstens haben nicht so viele vom goldenen Krug getrunken):mad:

      Doch wenn es um Kürzungen bei Arbeitslosen geht, ist die Bundesregierung nicht ganz so zimperlich.
      Dr. Ulrich Schneider, Paritätischer Wohlfahrtsverband: "Wenn wir uns dieses neue Gesetz anschauen mit seinen doch massiven Leistungskürzungen auf der einen Seite und seinen Sanktionsmechanismen auf der anderen Seite, wenn man unterschiedlicher Meinung ist, was eine zumutbare Arbeit ist und ähnliches, dann drängt sich doch der Verdacht auf, dass die Macher dieses Gesetzes von einem tiefen Misstrauen gegenüber den Menschen beseelt sind unter dem Motto: Die wollen gar nicht arbeiten, die sind eigentlich faul, man muss sie zwingen. Also, alles Adjektive, die wahrscheinlich ein Politiker auf sich selber niemals angewandt wissen wollte und weit zurückweisen würde, wenn jemand auf die Idee käme."
      Bei der letzten Wahl hat Ralf Richter SPD gewählt, wie viele Jahre vorher auch. Jetzt aber ist er nur noch wütend.


      Ralf Richter: "Ne Wut darüber, wie gedankenlos die mit dem umgehen, was viele viele Arbeitnehmer irgendwann erwirtschaftet haben. Das ist ja - nicht Politiker haben dieses Land geschaffen, die Leute mit ihrer Hände Arbeit haben das Land geschaffen. Die haben dafür gesorgt, dass so ein Gemeinschaftssystem funktioniert hat. Und jetzt, wo alles leer ist, da sagt man, du, der das Ganze jahrelang aufgebaut hast, du kannst doch jetzt verzichten."
      Bundestagspräsident Thierse hat im Frühjahr an die Fraktionen geschrieben, bei den anstehenden Sozialkürzungen dürften sich die Abgeordneten nicht ausnehmen. Eine Antwort hat er bis heute nicht bekommen.


      Links zum Thema:

      Informationen zu den Diäten der Abgeordneten des Bundestags:
      http://www.bundestag.de

      Homepage des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes:
      http://www.paritaet.org

      Prof. Ulrich Battis an der Humboldt-Universität Berlin:
      http://www.rewi.hu-berlin.de

      Homepage von Bundeskanzler Schröder:
      http://www.gerhard-schroeder.de

      Informationen der Bundesregierung zur Agenda 2010:
      http://www.bundesregierung.de/Themen


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      http://www.wdr.de/tv/monitor/beitrag.phtml?bid=531&sid=103
      Avatar
      schrieb am 11.10.03 13:18:50
      Beitrag Nr. 478 ()
      kurzer Auszug aus dem Lieblingsbuch (Gott-Mensch Unsere Letzte Evolutionsstufe)

      Heute, in der Welt des 20. Jahrhunderts (aber auch noch im 21. ...) wird unser gottgegebenes Recht ( d.h. der natürliche Zustand des Gott-Menschen) auf vollkommene Gesundheit und vier neuen Dimensionen des INTENSIVEN GLÜCKS durch unsere (noch bei sehr vielen Menschen, vor allem die nicht geistig weiterentwickelten menschen..) mystische Akzeptanz der höheren "Autoritäten" oder Neo-Betrüger vorenthalten. Natürlich nutzen diese Neo-Betrüger unseren Mystizismus und unser bikamerales ( = noch nicht weit entwickeltes Bewußsein, Intelligenz, um Enscheidungen z.b über gut und böse ... selbst zu treffen und logisches Denken .....) Verlangen nach Führung aus. Sie bieten uns diese Führung auf geschickte Art und Weise in Form von massiven Programmen für das "öffentliche Wohl" an. Die Programme für das "öffentliche Wohl" sind mystische Illusionen, die unser Leben politisieren und über uns herrschen. Die Unehrlichen Neo-Betrüger erlangen auf diese Weise enorme Macht und enormes Prestige und Kontrolle über enormen Reichtum. Andererseits werden wir unter dem alten KODEX durch zunehmende Krankheiten, Stagnation und ein kurzes Leben unterdrückt. Ich sah, daß es in der Neo-Tech Welt, nachdem wir unseren Mystizismus abgelegt hatten, keine externen "Autoritäten" oder Neo-Betrüger mehr gab. Die Genies schafften den Sprung zu Neothink Denkweise und brachten uns ernome Kaufkraft und vollkommene Gesundheit. Danach schafften auch wir den Sprung zur Neothink Denkweise. Die vier neuen Grenzen des Glücks tauchten vor unseren Augen auf und brachten uns zurück in eine wunderschöne, verloren geglaubte Welt voller Aufregung, romantische Liebe und Lebensfreude
      Avatar
      schrieb am 11.10.03 14:03:05
      Beitrag Nr. 479 ()
      und was ich noch hier dazu schreiben möchte
      ..auch bezüglich einiger interessanter wissenwertvoller Beiträge Bluemoons -

      Es wird so kommen wie es kommen muß ..
      Die Börse zeigt ja gewöhnlich die Zukunft voraus..die Gedanken der Menschen die daraus an der Börse nach Profit streben wie auch sicherlich ich nach finanzieller Unabhängigkeit strebe, um glücklicher zu leben usw...


      Es wird so kommen wie es kommen muß -
      Es kommen schlechte Zeiten auf uns..ein Desaster unglaublichen Ausmaßes.. ( schließlich zum Massenvernichtungskrieg...) da können noch zig Jahre vergehen bis es soweit ist..aber es wird dazu kommen

      Die meisten Menschen auf der Welt sind von der Psyche..vom Bewußtsein u. höhere Intelligenz noch nicht so weit fortgeschritten, um sich, eigene Spezies am Leben zu erhalten, drum zu kämpfen ..das Streben nach Macht, sie zu Mißbrauchen u. viele andere negative Aspekte..werden dazu führen, daß unser Glück und Leben in Mitleidenschaft gezogen wird..

      Ich denke, daß wenn ganz wenige Menschen auf der Welt übrig bleiben u. wieder menschlich und lieb zu einander sein werden - daß, dann dieser wie im Lieblingsbuch "Gott-Mensch unsere Letzte Evolutionsstufe" beschriebener
      Evolutionssprung durch die neue Generationen danach vollzogen wird und es dann wieder u. diesmal für immer Aufwärtsgehen wird! Ja gar sich soweit ausbreitet, dass die WELT für die Lebewesen hier zu klein wird u. Wir sich in unbekannte Dimensionen im Kosmos ausbreiten werden..
      Das Konkurrenzdenken u. Streben nach mehr Glück und Wohlstand wird immer bestehen bleiben aber nicht auf Kosten anderer, nicht nach dem prinzip mir gut, anderen schlecht jeder wird bestrebt sein gutes zu tun u. glücklich sein..nicht wie Tiere nach dem Prinzip Fressen und gefressen werden - der Starke überlebt..

      Die Gemeinschaft - wir Menschen werden drum kämpfen auf uns achten und uns respektieren

      (Der plan des Kommunismus mußte daneben gehen..da wir Menschen nicht so weit sind..aber die Idee vom Karl Marx war scho mal nicht schlecht!...das nun nebenbei..)


      wir können uns dies noch nicht so richtig vorstellen, da wir dieses Denken u. Bewußtsein noch nicht haben!

      auch ich habe dies noch nicht richtig!

      Aber es gibt schon ganz wenige Menschen auf der WELT unter uns, die richtig erfolgreich und sehr glücklich sind u. menschlich u. nicht nach mehr Macht streben, sondern glücklich u. wohlerfühlt gesund ihr Leben leben und für das Wohl der anderen Mitmenschen sorgen, Ihnen Kaufkraft u. Wohlstand geben...Diese Menschen sind so erfolgreich in jeder Hinsicht, auch in der romantischen Liebe mit dem passenden Partner, dass sie eine so gute Anziehungskraft auf andere auswirken u. trotz der schlechten unehrlichen Welt es schaffen ein warmes Herz zu geben u. Lächeln in vielen Gesichtern der Menschen zu erzeugen..

      Mit diesem Beitrag möchte ich Euch nur einen hoffentlich erweiterten Einblick in Uns selbst geben
      Avatar
      schrieb am 11.10.03 17:18:02
      Beitrag Nr. 480 ()
      @#475 von bluemoons

      Den Bericht hab` ich im Fernsehen gesehen. Hier haben die Monitor-Redakteure wieder mal ihre übliche Realitätsverweigerungsbrille auf, obwohl sie meistens recht gute Berichte machen.

      Die Wirklichkeit sieht aber etwas anders aus, als in den geistigen Elfenbeitürmen der betreffenden Journalisten, die den Subventionsbeitrag gemacht haben.

      “………………Eine Doppelmoral: denn wer Subventionen kassiert, treibt die Steuern hoch, das geht aus einer Gegenüberstellung hervor. Im internationalen Vergleich ist die steuerliche Belastung der Unternehmen in Deutschland mit 39 Prozent relativ hoch. In England und der Schweiz sind die Steuern hingegen niedrig………………….“

      Falsch !!!

      Die Doppelmoral der Monitor-Leute stimmt nicht!!!
      Es ist nämlich genau andersrum. Die Subventionen treiben nicht die Steuern hoch, sondern die Steuern treiben die Subventionen hoch. (Und im Grunde genommen möchten die Alt68 bei Monitor doch, dass die Unternehmen zwar hohe Steuern zahlen, aber anderseits am Besten auf Subventionen verzichten und nur rein aus moralischen Überlegungen investieren. Wie weit man damit kommt, hat man ja in der DDR................aber ok, ich will nicht abschweifen.;) )

      Noch mal: Es müssen nicht etwa in Deutschland so hohe Steuern gezahlt werden, weil so viele staatliche Wirtschaftssubventionen an Unternehmen gezahlt werden, sondern es werden von Staat soviel Wirtschaftssubventionen an Unternehmen gezahlt, weil die Steuern so hoch sind.
      Das hört sich auf den ersten Anschein kirre an, es ist aber so.

      Warum werden denn überhaupt Wirtschaftsubventionen vom Staat gezahlt???

      Weil der Staat gerne sein Geldbörse öffnet, und Geld an die Unternehmer verschenkt??? Wohl kaum. Er ist eher daran interessiert von den Unternehmer Steuern einzutreiben. Es muss also ein unheimlich vitales, dringendes Bedürfnis geben, Geld an bestimmte Quellen zu verschenken. Warum nur ???

      Ganz einfach...................Weil sich ohne Subventionen die betreffende wirtschaftliche Aktivität/Investition nicht lohnen würde. Das gilt für den steuerlich geförderten Wohnungsbau im Osten, die Chipfabrik in Brandenburg, die Containerschiffproduktion in Norddeutschland, den Kohlebergbau im Rheinland, die Windkraftanlage in der Eifel, usw., usf.

      Also was ist bitteschön "unsozial", wenn Unternehmen und Andere die staatlichen Subventionen in die Hand nehmen, und so, aufgrund der hohen Abgaben, ihr(e) Investment(s) überhaupt erst wirtschaftlich rentabel machen? Hätten sie keine Beihilfen bekommen, hätten sie auch nicht ihr Geld in Deutschland angelegt, sondern wären gleich nach England, Polen, die Schweiz, usw. gegangen, oder???

      “…………………………Ende der 90er Jahre ist Infineon aus Siemens hervorgegangen und präsentiert sich heute mit der modernsten Chipfabrik der Welt. Das vor allem dank deutscher Steuergelder: Über 1 Milliarde Euro an Subventionen sind in die Dresdener Fabrik geflossen. Ohne staatliche Gelder würden diese Chips nicht produziert, mit denen Infineon viel Geld verdient……………………..“

      Ja genau !!! Hier haben es unsere Freunde von der Linkskurve ja mal schemenhaft kapiert. :D

      "……………Ohne staatliche Gelder würden diese Chips nicht produziert……………………"

      Ja eben !!!!!!!!!

      Ohne Abgaben mindernde, Kosten mindernde, Subventionen gäbe es die Chipfabrik gar nicht.
      Ohne Chipfabrik gäbe es keine Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, Gewinnsteuer, usw., die Infinion zahlen würde. Es gäbe auch die Arbeitsplätze nicht, und die Menschen die dort arbeiten, würden keine Lohnsteuer zahlen. Also fließen doch so die Subventionen praktisch wieder zurück an den Staat. Wo ist denn dann da das "himmelschreiende" Unrecht, dass in dem Politmagazin mit so moralinsauren, beleidigten Unterton angeprangert wird???

      Wenn in Deutschland alles so supertoll für die Wirtschaft ist, warum wird denn dann nicht von den "Kapitalisten" ihr eigenes Kapital, auch ohne Staatsknete, kräftig patriotisch auf vaterländischen Boden angelegt???

      Der Reporter, der über Degussa berichtet, fragt resigniert:"Die Mitarbeiter und die Stadt suchen jetzt nach einem neuen Investor." und gibt sich gleich selbst mit Trauerflor in der Stimme die Antwort: "Ob das gelingt, ist fraglich."

      Und da frag ich mal zurück: "Ja, warum bloß???.........WARUM BLOß will niemand der neue Investor sein, trotz der "Sozialhilfe möglichen im größten Maßstab zu kassierenden Unternehmenssozialhilfe“?????????????"

      (Übrigens, hier tut sich ein interessanter Widerspruch auf. Ansonsten lehnen ja Linke generell Patriotismus ab. Am liebsten wären sie Badener, Westfalen, Franken, Schwaben, Saarländer, Holsteiner, usw. und dann gleich ganz schnell Europäer und am besten Weltbürger. Nur wenn der "Klassenfeind" auch zu ähnlichen Überlegungen kommt, pochen unsere Kosmopoliten dann plötzlich ganz eisern und vehement mit den Fingerknochen auf die Truhe mit den "guten, alten" Werten "Blut und Boden" darin. Tja, wer soll sich da noch auskennen ;) )

      Monitor weiß aber, trotz aller intellektuellen Verrenkungen, dann doch noch, dank Dr. Hans Dietrich von Loeffelholz, die richtige Lösung: "Dr. Hans Dietrich von Loeffelholz, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung: " Wir zahlen also pro Jahr etwa 25 Milliarden Euro an Subventionen. Die müssen finanziert werden, und die werden auch finanziert durch die so genannten Unternehmenssteuern, die in der Bundesrepublik pro Jahr etwa 70 Milliarden Euro ausmachen, das heißt also, etwa ein Viertel der Unternehmenssteuern werden für Subventionen verwendet. Wenn es gelänge, diese Subventionen abzubauen, können wir natürlich auch die Unternehmenssteuern senken und damit im internationalen Steuerwettbewerb attraktiver werden.""

      Bingo !!!!! :laugh:

      Stimmt!!!! Wenn man die Unternehmenssteuern(und nicht nur die) senken würde, wäre der Steuerstandort Deutschland wieder attraktiv und die Menschen und Unternehmer würden auch wieder ohne Subventionen hier, „in diesem, unserem Lande“ ihr Geld lassen.

      Übrigens, wenn anklägerisch konsterniert wird, dass bei Infinion die "Wirtschaftlichen Interessen als Priorität vor dem Gemeinwohl stehen", so kann das ja eigentlich nur ein Ex-Germanist, -Politologe, -Sozialwissenschaftler, -Pädagoge, oder -Theologe, der bei den Medien ein Job gefunden hat, für anstößig und frevelhaft halten.

      Andere würde diese Feststellung, bzw. diese Priorität von Infinion, eher für rational, richtig, und lebensnah halten.

      Natürlich müssen die wirtschaftlichen Interessen als Priorität im Vordergrund eines jeden Betriebs vor dem Gemeinwohl stehen.

      Nur bei einer gesunden, fetten Kuh kann man viel Milch melken. Ein ausgemergeltes Rindvieh, das sich selbst kaum auf die Beine halten kann, ist kaum in der Lage auch noch ihre Euter zu aktivieren.

      Ein Unternehmer, der wirtschaftlich denkt, kann aus seinen Erträgen das Gemeinwohl fördern. Ein Unternehmer, der seine Entscheidungen hauptsächlich im christlichen Sinne nach den Geboten des Gekreuzigten richtet, wird selbst bald vom Konkursverwalter ans Holz genagelt.

      Fürs Gemeinwohl ist der Staat da, fürs Gemeine alle Anderen. So ist es halt. :D:laugh:


      .........................................


      @#477 von bluemoons

      Die Kiste mit den Politikern ist dann schon eher ein echter Skandal!
      Die Übergangsgelder und Pensionsregelunegn usw. waren ja eigentlich für den kleinen "Otto Normal"-Abgeordneten gedacht, der einmal aus dem Berufsleben zB. als Handwerker, ausgeschieden, es wieder nach einer Abwahl schwer hat, sich in das "normale" Berufsleben zu integrieren, weil ihm in der Zwischenzeit als Palamentarier die Berufspraxis mehr oder minder verloren gegangen ist, und er es wegen dieser "widrigen Umstände" schwer hat, einen neuen Arbeitgeber zu finden. So wollte man die "Hinterbänkler" sozial absichern, damit auch normale Bürger den Sprung aus ihrem Alltagsleben wagen können, um sich als Volksvertreter politisch zu betätigen.


      Die meisten Politiker sind aber BEAMTE(ca.70%-75%) ..............und die sind UNKÜNDBAR!!!! ODER SIE SIND TOP !!! AUSGEBILDETE AKADEMIKER, DIE JEDER ARBEITGEBER MIT HANDKUSS NIMMT.....................WOZU DANN ABER ÜPPIGE ABFINDUNGEN, ÜBERGANGSGELDER, UND PENSIONEN FÜR SOLCHE LEUTE????? :mad::mad::mad:




      When I get this feeling, I can no longer hide, I can no longer run
      H_S
      Avatar
      schrieb am 11.10.03 17:54:09
      Beitrag Nr. 481 ()
      So verorgelt unser gütiger Vater Staat unser Geld:


      .......................


      TELEKOM

      Tausende Mitarbeiter werden fürs Nichtstun bezahlt

      Der geplante Personalabbau bei der Deutschen Telekom entwickelt sich zum Fiasko. Über 12.000 Telekom-Angestellte sitzen zu Hause - bei vollen Bezügen.


      Telekom-Zentrale in Bonn: Hier wird noch gearbeitet :laugh:

      Oldenburg - Rund 14.000 Telekom-Beschäftigte sind zu der von dem ehemaligen Staatsmonopolisten selbst gegründeten Personal-Serviceagentur Vivento versetzt worden, die eigentlich die Mitarbeiter in andere Firmen vermitteln sollte. Das sei jedoch nur in Einzelfällen geschehen, berichtet die "Nordwest-Zeitung".
      "Wirklich vermittelt wurden nur 1.800", sagte der Sprecher der Kommunikationsgewerkschaft DPV dem Blatt. Die anderen Telekom-Mitarbeiter säßen bei vollen Bezügen untätig zu Hause.

      Bis zum Jahresende 2006 will sich die Telekom straffer organisieren und rund 35.000 ihrer 172.000 Arbeitsplätze in Deutschland abbauen, schreibt die "Nordwest-Zeitung".


      ..................


      Man gönnt sich ja sonst nicht, nicht war ??? :D

      .......
      Avatar
      schrieb am 11.10.03 18:17:32
      Beitrag Nr. 482 ()
      Ach ja, die guten Menschen und ihr Kreuz mit der christlichen Nächstenliebe................:rolleyes:


      ........................


      S C H M I D T B A N K

      Der gute Mensch von Hof

      Von Patricia Döhle

      Trotz aller Sanierungsbemühungen steht es schlecht um das Traditionshaus. Ex-Inhaber Schmidt tobte sich zu lange als mitfühlender Gönner aus - und versagte als Unternehmer.

      Wie entstehen eigentlich Zinsen? Andreas Pflaum, Inhaber von "Pflaums Posthotel" im oberfränkischen Pegnitz, kann mit derart profanen Fragen nicht viel anfangen.:laugh: Der Hotelier mit dem wilden Lockenkopf ist mehr Künstler als Unternehmer. Er weiß nur, dass er zu viel Zinsen zahlt. Und dass seine Fünf-Sterne-Herberge unter der Schuldenlast zusammenzubrechen droht.


      Schmidt Bank: Trotz aller Sanierungsbemühungen steht es schlecht um das Traditionshaus.
      Ex-Inhaber Schmidt tobte sich zu lange als mitfühlender Gönner aus - und versagte als Unternehmer


      Das Hotel, seit fast 300 Jahren in Familienbesitz und von Meistern wie Andy Warhol gestaltet, ist fester Bestandteil der Bayreuther Wagner-Festspiele. Wer etwas auf sich hält, der nächtigt während der Spielzeit bei Pflaum: die Oetkers ebenso wie die Zumwinkels, die Oppenheims und die Ackermanns.

      Dennoch geben die meisten Banken dem begehrten Hotelier seit Jahren keinen Cent Kredit mehr. Denn die Auslastung der Wagner-Absteige lässt zu wünschen übrig. Ausgebucht ist das Luxushotel in der Provinz meist nur während der Festspiele.

      Allein die Schmidt Bank aus dem benachbarten Hof sah über dieses Manko gönnerhaft hinweg. Karl Gerhard Schmidt, ehemaliger Inhaber des Instituts, versenkte in der oberfränkischen Zauberwelt aus avantgardistischem Design und Bayreuther Bühnendekoration eine Million nach der anderen. "Ohne Schmidt", sagt Künstler Pflaum, "gäbe es uns heute nicht mehr."

      Und viele andere Mittelständler in der Region auch nicht.

      Karl Gerhard Schmidt, der einst zu den reichsten Männern der Republik zählte, war ein Privatbankier, wie ihn sich Unternehmer wünschen. Einer, der sich nicht wie die Großbanken "hinter Richtlinien verschanzte" (ein Kreditnehmer). Einer, der seine Kunden wie ein "Schutzengel" (Pflaum) begleitete - unbürokratisch, hilfsbereit, mitfühlend. Schmidt war der gute Mensch von Hof - und er gefiel sich in dieser Rolle.

      Wie der gute Mensch von Sezuan bei Brecht scheiterte jedoch auch Schmidt am Ende. Mit seiner allzu menschlichen Geschäftsmethode ruinierte er das heute 175 Jahre alte Privatbankhaus, vernichtete 850 Arbeitsplätze und beging womöglich sogar eine Straftat. Die Hofer Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreue und Betrug.

      Die Schmidt-Bank-Tragödie ist ein Lehrstück dafür, dass Märchen in der rauen Welt des Kapitalismus niemals wahr werden.

      Knapp zwei Jahre ist es her, dass der Einlagensicherungsfonds des privaten Bankgewerbes das Hofer Institut vor dem Zusammenbruch bewahrte. Gigantische Wertberichtigungen im Kreditportfolio hatten die Schmidt Bank an den Rand des Konkurses gebracht.

      Fast 1,5 Milliarden Euro mussten der Fonds und die neuen Eigner des Geldhauses - Deutsche und Dresdner Bank, Commerz- , HypoVereins- und Bayerische Landesbank - seither bereitstellen, um Verluste aus faulen Krediten aufzufangen, Kleinaktionäre zu entschädigen und das Geldhaus mit frischem Eigenkapital aufzupäppeln.

      Trotz allem steht es schlecht um die Zukunft des Traditionshauses. Vieles spricht dafür, dass die Bank in wenigen Jahren vom Markt verschwunden sein wird. Auch Paul Wieandt, Ex-BfG-Chef und seit Ende 2001 mit der Sanierung des Instituts betraut, mag kein klares Bekenntnis zur Zukunft der Schmidt Bank abgeben. Entscheidend für die Überlebenschancen, so Wieandt vage, seien letztendlich "die Leistungen der Mitarbeiter und die Kundentreue".

      In Hof und Umgebung können viele bis heute nicht glauben, dass "der Herr Doktor Schmidt", wie der Privatbankier mit den gütigen Augen und der warmen Stimme respektvoll genannt wird, selbst schuld sein soll am Niedergang seines Instituts. Hartnäckig halten sich Verschwörungstheorien von gierigen Großbanken und skrupellosen Sanierern, die ihn beiseite schaffen wollten.

      Der 68-Jährige ist so beliebt, dass im Winter 2001 tausende für den Erhalt seiner Bank auf die Straße gingen. Schmidt war die Lichtgestalt im tristen Oberfranken, einer chronisch strukturschwachen Region mit einer Arbeitslosenquote von 11,5 Prozent. Seine Bank expandierte allerorten und eröffnete aufwändig restaurierte, teils schlossähnliche Filialen.

      Neid kam dennoch nie auf. Denn der zurückhaltende Schmidt behandelte Vorarbeiter ebenso freundlich wie Vorstände. Und er engagierte sich bei jeder noch so kleinen Initiative. Ob es um die Ansiedlung einer Fachhochschule in Hof ging, um den Ausbau des Flughafens oder um die Entwicklung innovativer Bildungsprojekte - stets war der Bankier zur Stelle.

      Besonders am Herzen lag ihm die Kulturförderung. Bisweilen kümmerte er sich sogar persönlich um das Rahmen von Bildern, die ihm junge Künstler anvertraut hatten.

      Schmidts Fangemeinde reichte bis nach München. Die bayerische Landesregierung verfolgte seine Aktivitäten mit großem Wohlgefallen, das Institut wurde in Regierungskreisen bereits als "zweite Förderbank" des Freistaates wahrgenommen.

      Kaum einer fragte, wie Schmidt eine Bank führen und sich nebenher noch so intensiv engagieren konnte. Keinem fiel auf, dass seine Finanzhilfen meist zu Lasten der Bank gingen.

      Der Gönner aus Hof verteilte das Geld so großzügig, als stamme es aus einer prall gefüllten Privatschatulle - und nicht von den Konten seiner Sparer. Es sei ihm schwer gefallen, Nein zu sagen, berichten ehemalige Mitarbeiter, Konflikte habe er gemieden. Schmidt wollte gemocht werden - und wurde häufig ausgenutzt.

      Als Helmut Sättler Geschäftsführer der Porzellanfabrik SKV-Arzberg wurde, fand er ein marodes Unternehmen vor: ungepflegte Produktionshallen, kein durchdachtes Preissystem, seit Jahren hohe Verluste. Trotz dieser Misere hatte die Schmidt Bank stets Geld nachgeschossen. Als letzter Retter. "Es war gar nicht daran zu denken, von anderen Banken Kredit zu bekommen", gibt Sättler zu.

      Hotelier Pflaum wurde von Schmidt sogar beschenkt. Der Privatbankier erließ ihm Schulden in Höhe von einer Million Mark - und versprach mehr bei erfolgreicher Sanierung der Herberge.

      In die Buchführung der Schmidt Bank sollen derartige Wohltaten nicht immer Eingang gefunden haben. Als Sanierer Wieandt und sein Team Ende 2001 die Kontrolle übernahmen, stießen sie, so ein Beteiligter, auf das reinste Chaos.

      Hunderte von Kunden- und Kreditakten fehlten oder waren unvollständig. Bonitätsprüfungen hatten oft nicht stattgefunden. Viele Sicherheiten waren juristisch anfechtbar oder schlicht nicht vorhanden.

      Einmal erreichte Wieandts Truppe der Brief eines Kunden, der eine Wandelanleihe erworben hatte. Beigefügt war eine schriftliche Garantie der Schmidt Bank für den Fall, dass der Emittent der Anleihe zahlungsunfähig würde. Genau das war geschehen. Nun bat der Kunde um Überweisung der fälligen Zinsen.

      Die Übernahme der Garantie kam einem Millionenkredit gleich. Eine Akte zu dem Vorgang war aber nicht auffindbar. Ebenso wenig wie ein Kreditbeschluss oder Sicherheiten. Selbst die vorgeschriebene Meldung an die zuständige Landeszentralbank war offenbar unterblieben. Lediglich eine Kopie des Garantiebriefes fiel den Sanierern irgendwann in die Hände. Sie lag versteckt in einem Schließfach.

      Derartige Zustände sind im Geldgewerbe alles andere als ein Kavaliersdelikt. Wenn Kredite ohne Sicherheiten vergeben werden, kann das den Straftatbestand der Untreue erfüllen. Untreue gegenüber den Sparern, von denen das verliehene Geld ursprünglich stammt. Der neue Aufsichtsrat des Hofer Instituts hat Karl Gerhard Schmidt bereits auf Schadensersatz verklagt. Auch die Staatsanwälte ermitteln wegen Untreue.

      Und wegen Betrugs. Hintergrund: Vor sechs Jahren hatte die Schmidt Bank eigene Aktien in Umlauf gebracht. Den Handel mit den Wertpapieren hielt Schmidt bis wenige Tage vor dem Beinahe-Zusammenbruch der Bank aufrecht. Dabei hätte ihm zu dem Zeitpunkt längst klar sein müssen, dass sein Haus kurz vor dem Konkurs stand und die Aktien dann wertlos würden.

      Drei verschiedene Polizeidienststellen ermitteln mittlerweile: Ein Spezialtrupp des Landeskriminalamtes, die örtliche Kripo und die Steuerfahndung. Bis Ende des Jahres wollen die Ermittler klären, ob sie Anklage gegen Karl Gerhard Schmidt erheben. Er selbst will sich wegen der laufenden Verfahren zu den Vorwürfen nicht äußern.

      Viele Menschen in Hof hoffen, dass die Sache glimpflich ausgeht für den ehemaligen Privatbankier. Den meisten ist gar nicht bewusst, wie haarscharf die Schmidt Bank und mit ihr die ganze Region an einer Katastrophe vorbeigeschrammt ist.

      Wäre der Einlagensicherungsfonds nicht eingesprungen, hätte das Institut 2001 Konkurs anmelden müssen. Bei einer Pleite werden sämtliche Konten gesperrt, die Aktionäre verlieren ihr Geld. Lediglich die Inhaber von Spar-, Giro-, Tages- und Festgeldguthaben erhalten - irgendwann - eine Entschädigung.

      Aus Furcht vor einem bundesweiten Vertrauensverlust der Kundschaft entschloss sich die Bankenbranche zur Rettungsaktion. Zumal ein Konkurs der Schmidt Bank für den Einlagensicherungsfonds am Ende deutlich teurer geworden wäre als die gefundene Auffanglösung.

      Mittlerweile ist die gescheiterte Samariter-Bank aus dem Gröbsten heraus. Sanierer Wieandt hat hart durchgegriffen: 850 Jobs abgebaut, die Führungsriege mehr als halbiert und 50 von 120 Filialen geschlossen.

      Trotz dieser Amputation ist ihm das Kunststück gelungen, die aufgebrachten Mitarbeiter in der Hofer Zentrale zu beruhigen. Auch die befürchtete Insolvenzwelle unter den Firmenkunden der Bank blieb aus.

      Nur eines hat Wieandt nicht geschafft: dem Institut eine Perspektive zu geben.

      Denn nach der Umwandlung der Schmidt Bank in eine Normalbank stellt sich die Frage, wer ein derartiges Kreditinstitut überhaupt noch braucht. Seit der Familienbetrieb seinen Sonderstatus verloren hat, wenden sich viele Kunden ab. Das Zins- und Provisionsergebnis ist stark rückläufig. Ein Verkauf des Filialgeschäfts gilt als ausgemachte Sache.

      Wieandt macht für die Misere die schlechte Konjunktur und regionale Probleme verantwortlich. Allein daran kann es aber nicht liegen. Die Konkurrenz in Hof hat zur selben Zeit stabile Ergebnisse präsentiert.

      Anlass zu Hoffnung gibt derzeit einzig die Abwicklungssparte der Schmidt Bank, so kurios es klingt. In diesem Bereich, in den alle faulen Kredite ausgelagert wurden, entsteht allmählich eine besondere Expertise im Umgang mit Härtefällen. Ob es um die Sanierung von Betrieben, die Verwertung von Immobilien oder die Betreuung angeschlagener Kunden geht - die "Bad Bank" holt einiges an verloren geglaubtem Geld wieder herein.

      Solche Erfolge sprechen sich herum. Die Sparkasse Hof etwa kann sich bereits vorstellen, eigene Problemengagements an den Schmidt-Ableger zu verkaufen.

      "Wir könnten Marktführer werden", sagt Horst Rachinger, der die Bad Bank leitet. "Unser Know-how hat sonst kaum jemand." Schon im nächsten Jahr soll der Bereich, der gegenwärtig 110 Mitarbeiter beschäftigt, eine rechtlich selbstständige Einheit mit eigener Banklizenz werden.

      Dank Rachingers Geschäftssinn darf sogar Hotelier Andreas Pflaum auf ein gutes Ende hoffen. Wenn die Bad Bank eine Perspektive bekommt, bleibt dem künstlerischen Leiter des "Posthotels" vielleicht genug Zeit, sich einen neuen Gönner zu suchen. Einen echten diesmal, keinen Banker.


      Chronologie des Niedergangs

      Wie die Schmidt Bank in die Krise geriet - und warum so lange niemand etwas davon bemerkte

      1997: Die Wirtschaft in Deutschland wächst moderat, die Aktienmärkte beleben sich. Die Schmidt Bank ist auf Expansionskurs, vor allem in den neuen Bundesländern. Ihr Discount-Ableger Consors feiert erste Erfolge.

      1998: Die Börse boomt, und auch die Konjunktur erholt sich weiter. Die Schmidt Bank hat im Kreditgeschäft dennoch einige Problemfälle. Sie stammen vor allem aus chronisch strukturschwachen Branchen wie der in Nordbayern ansässigen Textil- und Porzellanindustrie. Consors bereitet den Börsengang vor.

      1999: Der Aktienboom dauert an, die Konjunktur indes beginnt bereits zu schwächeln. Consors startet am Neuen Markt. Im Kreditgeschäft nehmen die Probleme zu. Es fallen hohe Wertberichtigungen an. Nach außen werden sie allerdings nicht sichtbar. Die Schmidt Bank darf nämlich - wie alle Kreditinstitute - ihre Wertberichtigungen mit außerordentlichen Erträgen aus dem Verkauf bestimmter Wertpapiere verrechnen.

      2000: An der Börse dreht die Stimmung. Gleichzeitig entdeckt Horst Rachinger, ein Ex-HVB-Mann und neuer Schmidt-Manager, einen Wertberichtigungsbedarf von 700 Millionen Mark. Noch kann die Bank mit Verkäufen von Wertpapieren, vor allem Consors- Aktien, ausreichend Gewinne erzielen, um die Löcher im Kreditgeschäft zu stopfen. Im Jahresabschluss tauchen als Risikovorsorge nur acht Millionen Mark auf.

      2001: Rachinger entdeckt weiteren Wertberichtigungsbedarf in Höhe von 400 Millionen Euro. Die Börse fällt ins Bodenlose, löscht alle Reserven aus. Die Bank steht vor dem Konkurs. Der Einlagensicherungsfonds des privaten Bankgewerbes rettet das Institut. Ex-BfG-Chef Paul Wieandt wird als Sanierer eingesetzt.


      ..............................


      Macht ja alles nichts. Dafür kommt die edle Seele Karl Gerhard Schmidt, im Gegensatz zum Infinion-Chef, bestimmt, also mit 150% Sicherheit, in den Himmel.

      Dumm ist die Sache nur für die Mitarbeiter der Schmidt-Bank. Die sind alle ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen los. Im Gegensatz dazu haben die Infinion-Arbeitnehmer noch ihren Job......Mmmmhhh, vielleicht kommt ja doch nicht der Bankier Schmidt in den Himmel und der Infinion Boss Ulrich Schumacher in die Hölle, sondern genau umgekehrt???

      Mmmmhhh, nachdenkenswert, nicht war ??? ;) :rolleyes:



      When I get this feeling, I can no longer hide, I can no longer run
      H_S
      Avatar
      schrieb am 11.10.03 18:54:40
      Beitrag Nr. 483 ()
      @all

      Es muss in meinem Posting#480 richtig heißen: "Und da frag ich mal zurück: "Ja, warum bloß???.........WARUM BLOß will niemand der neue Investor sein, trotz der "möglichen im größten Maßstab zu kassierenden Unternehmenssozialhilfe"?????????????"



      Have a nice day
      H_S
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 03:58:49
      Beitrag Nr. 484 ()
      Deutschland ist ein latent kommunistisches Land,
      seit Ende der 1960er Jahre die große Koalition gebildet wurde.

      Seither ist der Wurm drinnen und den bringen wir wohl
      nur noch durch Anmeldung von Konkurs und Neu-Start heraus.

      mfg
      thefarmer
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 22:35:45
      Beitrag Nr. 485 ()
      @ h-s

      weil der goldene Esel am Sterben ist.
      Bezahlen die meisten Großunternehmen überhaupt Steuer?
      und wenn sie es zahlen, holen sie es woanders mehrfach zurück.
      Der Mittelstand zahlt die Steuern und Jammern tun die Großunternehmen.
      In dem § Dschungel die in D vorherrscht ist das kein Wunder. Sollen sie doch Steuerschlupflöcher schließen, aber dazu ist der Staat noch nicht mal in der Lage siehe unten Bsp. (so entgehen dem Staat von Jahr zu Jahr Summen in Milliardenhöhe verloren)

      In einem Fersehbeitrag (welches weiß ich nicht mehr genau) haben sie die Künstlerei des Steuersparens gezeigt.
      Viele große Firmen haben Ihren Firmensitz in ein kleinen Käffchen (wo es nur 2 Straßen und 4-5 Bauernhöfe gibt, im hohen Norden Deutschlands) verlegt,(Postfachadressen 1 Zimmer gemietet, wo die Miete um ein vielfaches höher sein soll als in der Innenstadt von München )um ja keine Gewerbesteuer zu bezahlen. Der Bürgermeister des Ortes findet das so ganz toll. Der Finanzminister wollte diesem Treiben ein Ende bereiten und hat den Gesetztestext dahin geändert,(oder will) Die Gewerbesteuer (?)ist da zu entrichten, wo sich der Hauptsitz der Firma befindet. Prompt die Antwort der Unternehmen: Sie verlegen Ihren Hauptsitz einfach in das Käffchen und entgehen somit der Steuer. Schaden für den Staat in Millionen oder Milliardenhöhe.


      :mad: :mad:
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 22:39:58
      Beitrag Nr. 486 ()
      Quergedacht: Was viele denken aber wenige auszusprechen wagen
      Anstößige Texte zum Runterladen und Weiterverbreiten
      Spatzseite.de



      Nach der Wahl in Kalifornien:

      DIESE WOCHE

      Diese Woche überlegt der Spatz ausgehend von der Wahl in Kalifornien, auf welche Weise fast die ganze Welt den USA einen zinslosen Kredit verschafft hat. Er zeigt, wie die sogenannte Umweltpolitik der Rechtfertigung der Verknappung dient, und wie angebliche Sozialreformen ebenfalls nur verkappte Verknappungsmaßnahmen sind. Schließlich wird eine Reform des Kreditwesens als Hauptelement einer fundamentalen Erneuerung vorgeschlagen.


      Wie wär`s mit Dieter Bohlen als Kanzler?




      Warren Buffet und Jacob Rothschild glaubten, mit einem Geringeren als dem Terminator war die Wählermasse in Kalifornien nicht zu bewegen, gegen ihre üblen Erfahrungen mit der Energieindustrie weiterhin an der Liberalisierung des Energiemarktes festzuhalten. Ihre Rechnung geht wieder einmal auf. Diejenigen, die noch zur Wahl gingen, stimmten mehrheitlich für die Clownshow, die ihnen die Finanzmafia anbot, damit alles weiter wie bisher bergab geht. Mit den Medienkanzlern sind auch wir auf dem Weg ins Führer-Gefolgschaftssystem. Nur dürfte es bei uns, den underlings, weniger martialisch sondern eher weicheiig, "spaßig" daherkommen - der Wähler will das so.

      Daß die Weltdepression ihren Gang nimmt, braucht man niemandem, der das Denken nicht ans Fernsehen abgetreten hat, zu sagen. Den anderen, die an den Lippen ihres elektronischen Gebieters hängen - können Sie sowieso nichts anderes mehr sagen. So kann selbst der Banker und Präsident der Europäischen Zentralbank, Wim Duisenberg, in der Financial Times London am 6.10. erklären, ein "scharfer Absturz des Dollars sei unausweichlich". Man könne ein großes "Zahlungsbilanzdefizit von über 5% vielleicht ein Jahr oder zwei Jahre oder gar 5 Jahre beibehalten, aber irgendeinmal muß die Anpassung erfolgen". "Anpassung" klingt harmlos. In der Marktwirtschaft erfolgt die Anpassung des Warenwertes an die umlaufende Geldmenge nur in der Krise. Wurde die Krise - wie in den letzten 30 Jahren - mit Finanztricks, einer in Wertpapiere eingewickelte Wechselreiterei und einer immer rücksichtsloseren Verknappungspolitik vor sich hergeschoben, dann nähert sich der Tag, an dem der Bäcker über den ihm als Zahlung hingehaltenen Geldschein nur noch mitleidig lacht.

      Weil Bankiersgenosse Duisenberg im Unterschied zu den als Werbefahnen hochgezogenen Politikern und ihrem Gefolge weiß, was in einer solchen Situation los ist, fuhr er in seiner Rede fort, "ich hoffe und bete, daß diese Anpassung langsam und allmählich erfolgt". Nichts anderes war in den letzten 30 Jahren versucht worden und hat uns in die jetzige Lage gebracht. Tatsächlich haben die Erfüllungsgehilfen der privaten Finanzmacht bisher diese vermeintliche Anpassung knapp an der Grenze gefahren, an der der Protest gegen ihren Preis, die sogenannten "Reformen", in Tätlichkeiten ausartet. Allerdings sind die Experten, denen wir unser Überleben und unsere Zukunft anvertraut haben, dabei nach dem altbewährten Rezept verfahren: "Wasch mich, aber mach mich nicht naß". Sie haben, um die Renditen der privaten Bankierszunft zu sichern, die Anpassung dadurch einzuleiten versucht, daß sie die überschüssigen Gelder vom Markt der Versorgungsgüter weg in die Spekulation mit Wertpapierchen "abschöpften". Daß die angebotenen Renditepapierchen auch nichts anderes als Geld, Zahlungsverpflichtungen anderer sind, fiel dabei nicht sonderlich ins Gewicht. Erst als die Leuten nicht mehr zahlen konnten, stellte man fest, daß ihre Zahlungsverpflichtung nicht wert war. Die Mafia zeigte sich großzügig und half durch weitere Kredite aus, die Zahlungsfähigkeit zu erweitern und vermehrte hemmungslos die als "Werte" gehandelten Schulden. Die Leute haben, statt ihre Gewinne zu "realisieren", gegen lukrative Zinsversprechen auch nur Schuldscheine gekauft, die sie gegen ihre Schulden setzen wollten, aber nicht konnten, weil sie inzwischen nichts mehr wert sind. Die Zahlungsverpflichtung bleibt, die der anderen, mit der man zahlen zu können glaubte, verflüchtigt sich. Das Land, die Welt versinkt in Schulden.

      So haben wir jetzt die klassische Krisensituation: auf der einen Seite Berge von Wertpapieren aller Art, auf der anderen Seite einen wegen fehlender Ersatzinvestitionen ausgelutschten Produktionsapparat und dazu ein Heer von Arbeitslosen, Staatskneteempfänger und Kuponschneider. Die Regierungen haben bei diesem Spiel kräftig mitgespielt. Sie haben, so lange es ging, die wachsende Zahl der Arbeitslosen unter ihren Staatsbediensteten versteckt und dadurch die Bürokratie gewaltig aufgebläht. Sie haben kräftig "Geld vom Markt genommen", es aber in Form von Staatspapieren und Staatsschulden nur verdoppelt. Darüber sind sie Verpflichtungen eingegangen und haben einem wachsenden Anteil des Steueraufkommens als sicheren Einkommenszufluß an die Bankenmafia verpfändet. Deshalb können sie ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, müssen sich ihrer entledigen und nennen das "Reformen".

      Wenn Duisenberg den "Dollar Crash" befürchtet, kommt bei vielen Schadenfreude auf. Diejenigen, welche die ganze Welt ausgeplündert haben (oder war Bretton Woods, IWF und Weltbank etwas anderes?), sitzen nun selbst in der Sch... Zur Schadenfreude hat man in der Dritten Welt, in Rußland, China und in der arabischen Welt allen Grund. Haben die USA nicht das Haus ihren Nachbarn ansteckt (mit verdeckten Terroraktionen des CIA oder durch die Finanzierung sogenannter Befreiungsbewegungen und Ähnlichem), und sich erst dann zu Löscharbeiten bequemen wollen, als der Nachbar alles, was er hatte, "privatisierte", das heißt, an amerikanische Geldbesitzer zu Krisenbedingungen verschleudert hat, um mit dem Erlös kaum die Löschkosten zu zahlen? Das war nicht erst im Fall Irak so, sondern in diesem letzten Fall nur besonders unverhohlen und drastisch. Doch was soll die Schadenfreude bringen? Vom Dollar Crash ist der Euro- und Yen Crash nicht zu trennen.

      Was passiert nach dem Dollar Crash? Als erstes lösen sich die Währungsreserven der Länder in das auf, was sie waren, Nebel. Was also sind die Währungen dieser Länder dann noch wert? Die im Ausland angelegten Währungsreserven waren nichts anderes als zinslose Kredite der Welt an die USA und diese Kredite werden zu dem, als was sie ursprünglich schon gedacht waren, Geldgeschenke. Denn welches Land, außer den USA, hat die Pistole, um die Rückzahlung ihrer Kredite mit Aussicht auf Erfolg einfordern zu können. Umgekehrt bleiben daher die damit die erworbenen Eigentumstitel und die von den anderen eingegangenen Verpflichtungen bestehen. Und wenn der Dollar nichts mehr wert ist, warum sollte man Euro und Yen noch im Kasten halten.

      Wer kann schließlich den anderen Ländern etwas abkaufen, wenn die USA als Einkäufer der letzten Rettung ausfallen. Devisen weg, allgemeine Zahlungsfähigkeit weg! Absatz weg! Die Länder können dann das machen, was in Deutschland nach 1945 der Fall war und was all die Schnösel, die uns als angestellte, persönlich nicht haftende CEOs der Großunternehmen die Wirtschaft und damit die Politik anrichten nicht mehr wissen wollen und nicht vorstellen können. Die Länder können nun in Kellern und auf Dachböden aber auch in den Wohnzimmern nach Alten Meistern oder Omas Tafelsilber suchen, um damit in der Hoffnung aufs Land zu fahren, daß der Bauer dafür etwas zum Beißen herausrückt, nachdem er mühsam gespartes Geld, für das man Leben und Seele verkauft hatte, als blödsinnige Fetzen Papier ablehnt. Doch wo sind dann noch Bauern zu finden. Hat die bisherige geldwirtschaftliche Verknappungspolitik nicht alles getan, um sie Bankrott gehen zu lassen oder sie in Umweltschutzhilfskräfte umzuwandeln?

      Die internationale Arbeitsteilung ist inzwischen so ausgefeilt, daß kaum ein Land einen wichtigen Gebrauchsgegenstand vollständig alleine herstellt. Rohstoffe und Einzelteile stammen von weltweit ringsherum. Sie werden in Zahlungserwartung gefördert, hergestellt, montiert und verschoben. Was soll diese Arbeitsteilung jetzt in Gang halten? Außerdem hat die marktwirtschaftliche Verknappungswirtschaft der letzten Jahrzehnte, die allein das ausufernde Spekulationsgeschäft rentabel machen konnte, dazu geführt, daß die notwendigen Ersatzinvestitionen weltweit unterblieben. Finanzschnäppchen rentierten sich mehr. Bei der geldrentablen Verknappungswirtschaft fiel nicht weiter auf, daß Firmen stillgelegt und Anlagen endgültig verschrottet wurden und andere allmählich überalterten. Doch einmal ist mit der besten Maschine Schluß, dann müßte man sie ersetzen und stellt fest, daß die Werkzeuge, um Eratz schaffen zu können, nicht mehr vorhanden sind. Selbst Eisenbahnen, Brücken, Straßen, Kanalisation, Wasser- Abwasserröhren und Kraftwerke halten nicht ewig, nur zieht sich ihr Zerfallsprozeß länger hin. Jetzt ist er nicht mehr zu übersehen. Um sie zu erneuern, fehlt mehr als Geld.

      Die dem Geldsystem zugrunde liegende, erwünschte Geldrendite verlangt nach den Marktgesetzen die Verknappungspolitik (wenn man nicht von der Idylle ausgeht, daß jeder selbst für den Markt produziert) und Umweltschützer aller Art lieferten dafür die Rechtfertigung. Man predigte schon lange den "ökologisch-sozialen Umbau" der Gesellschaft; die Leute fanden das toll, weil man ihnen eine Umwelt der Urlaubsphantasien vorgaukelte und endlich wieder "etwas mehr gesellschaftliche Wärme". Tatsächlich hatten die Grünen im Auftrag des UNO Beauftragten Maurice Strong die Aufgabe, die Bevölkerung auf die beabsichtigte künftige Enthaltsamkeit vorzubereiten (an die nur niemand wie in "Biedermann und die Brandstifter" glauben wollte). Ersatz soll das in der aufbrechenden Depressionsnot möglicherweise wieder aufkeimende Zusammenrücken der Menschen schaffen, wenn wildfremde Menschen ähnlich wie in der unmittelbaren Nachkriegsnot in den kalten zugigen Kellerräumen unter den zerbombten Häusern wieder zusammenrückten, um sich aneinander zu wärmen.

      Sie sagen, soweit wird es nicht kommen, weil der Staat zum Schutz der Bürger eingreifen wird. Welcher Staat? Wird das letzte bißchen Glaubwürdigkeit dieses Staates nicht zur Zeit mit den "Reformen" weggekehrt. Was ist ein Staat wert, dessen Regierung alte staatliche Zusagen, auf die sich die Menschen in ihrer Lebensplanung verlassen haben, einfach streicht, um die Rendite der wenigen noch verbliebenen, aber überverschuldeten Betriebe wenigstens ein wenig anzuheben. Kindergärten werden unerschwinglich, Schulbücher müssen selbst bezahlt werden, den Arztbesuch kann man sich nicht mehr leisten, die Apparatemedizin kommt - worauf die Grünen seit langem hinarbeiten - nicht mehr in Frage, das Arbeitslosengeld wird halbiert - und zwar von Leuten, die selbst keine Ahnung haben, wie man mit den zugestandenen Beträgen auskommen soll und die auch keine Minute darauf verschwendet haben, sich das vorzustellen. Das tun diejenigen, die zuvor das allgemeine Schmarotzertum gepredigt und vorgelebt haben, wonach der clevere Einzelnen - wenn er kein ("Gemeinwohl geht vor Eigennutz") Nazi sein wollte - so viel aus der Daseinsvorsorge der Solidargemeinschaft für sich selbst herauszugaunern hatte, wie er nur konnte, und wenn er nur beim gleichen Krankheitsfall gleich 6 verschiedene Ärzte aufsuchte. Wer es nicht tat, war selbst schuld und "der Dumme".

      Ein altes chinesisches Sprichwort sagte: Beschneide nicht den Fuß, damit er in den Schuh paßt. Genau das heißt heute "Reformen". Sie sollen den Reichen ermöglichen, mehr zu investieren. Aber warum sollten sie das, wenn die zahlungsfähige Nachfrage von Staatswegen vernichtet wird und kein Absatz zu erwarten ist?

      Rot-Grün hat - übrigens ganz im Sinne Karl Marx - den vorsorgenden Staat abzuschaffen, in dem es ihn zum Betrüger an seinen Bürger macht. Daß man mit Grün nicht aus der Misere herauskommt, weil es die Grundlage dessen, die Produktionsvoraussetzungen mehr oder weniger offen vereitelt, spricht sich allmählich herum. Doch wo ist die Alternative? Die Opposition reibt sich die Hände: "wenn die scheitern, kommen wir". Kommen? vielleicht, doch zu welchem Zweck? Das gleiche Rezept, raubst du meins, raube ich deins.

      Das Problem schuf (wer will es glauben) Versailles, als man das Geldsystem der privaten Bankmafia auslieferte und für "unabhängige Zentralbanken" eintrat. Was charakterisiert geschäftstüchtige Banken seit alters? Sie kaufen sich in gut gehende Firmen ein, um ihnen einen Teil der Gewinne entnehmen zu können. Zu diesem Zweck werden die Firmen "rationalisiert", unnötige Investitionen eingespart, der betrieb auf das einzige, was noch Gewinn verspricht, zurechtgeschrumpft und schließlich abgestoßen, wenn er zuwenig abwirft, um das Geld anderswo arbeiten zu lassen. Mit "Reformen" will die Regierung die Rentabilität solcher Betriebe kurz vor dem Ende zu Gunsten der privaten Geldgeber noch etwas aufpäppeln, damit sie ihre Belegschaften erst nach der nächsten Wahl vor dem Arbeitsamt abgeben.

      Das Vorgehen der Banken, ihre Mentalität hat sich zu marktwirtschaftlichen "Sachzwänge" verdichtet, alles andere wäre "unwirtschaftlich". Um den Sachzwang ungestört geschehen zu lassen, bedarf es der "Unabhängigkeit" der Zentralbanken. Niemandem soll die Zentrale der Privatbankiers antasten, um mit ihr am Ende gar dem politisch definierten Gemeinwohl dienen zu wollen. Wer sich brav dem Zwang beugt, dem verspricht man den Aufschwung im nächsten halben Jahr. Wie lange geht das nun schon so?

      Es wird keine Änderung eintreten, solange nicht die Kreditschöpfung (nicht die Kreditvergabe) entprivatisiert ist. Neue Kredite, die steuernde Grundlage für den "Glauben" an die Zukunft, daran, wie man die Grenzen des Wachstums überwinden will, darf nur der politisch gestaltende Wille des Gemeinwesens schaffen. Privatbanken können mit der Vergabe solcher Kredite betraut werden, damit sie den wirtschaftlichen Umgang einzelner Betriebe mit dem "Glauben" des Gemeinwesens bei Strafe eigener Verluste kontrollieren. Das hat nichts mit stalinistischer Wirtschaftsplanung zu tun, sondern mit der treuhänderischen Handhabung des zum Willen gebündelten Sachverstands eines Gemeinwesens, wie es die zwangsläufig eintretenden Grenzen des Wachstums produktiv überwinden will(die einzige reale Bedeutung des Begriffs "Freiheit"). Dazu eignet sich ein demokratischer Staat, wenn mündige Bürger sich auf das verständigen, was angesichts solcher Grenzen zu tun ist, um ihrer praktischen und schöpferischen Aktivität eine not-wendende Stoßrichtung zu geben.

      Wo verständigt man sich (außer darüber, wen man als nächstes über den Tisch zieht), wo sind solche Fragen überhaupt Gegenstand öffentlicher Diskussion. Ach ja, die Menschen "sind viel zu dumm und viel zu egozentrisch". Die eigentliche Frage lautet aber, wo ist die Macht, ein solches Geldsystem (das so neu nicht ist und näher erläutert werden kann) glaubwürdig wieder in Gang zu bringen? Die USA hätte die Macht, wer sonst? Wer könnte das mit der Macht der USA im Rücken so etwas tun und verantworten? Ein Dieter Bohlen als Bundeskanzler sicher nicht, ein Schwarzenegger als US Präsident? Auf die Person käme es nicht so sehr an, wie auf den Willen der Institution, die diese Person falls "gewählt" verkörpern würden. Läßt sich die Institution beeinflussen - vielleicht sogar von hier aus? Mit Leuten wie Bohlen und Schwarzenegger sicherlich nicht! Sie werden von den Institutionen und Parteien offensichtlich zu einem anderen Zweck aufgebaut. Sie können die treu-doofe Masse über die Politikverdrossenheit hinweg und auf eine Einbahnstraße heben und dann "führen, wo hin sie nicht will".

      Wenn das, wie sich in Kalifornien verhängnisvoll andeutet, gelingen sollte, ist daran dann die dumme Masse schuld, oder diejenigen, die sich für etwas Besseres halten aber nicht entsprechend handeln?
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      schrieb am 12.10.03 22:44:10
      Beitrag Nr. 487 ()
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 22:45:54
      Beitrag Nr. 488 ()
      Die Baisse dauert an!

      Mit einem neuen Intraday Hoch von 9768,69 im Dow wurde am Donnerstag gleichzeitig ein Intraday Reversal produziert. An der grundlegenden Berechnung hat sich wenig verändert. Die gegenwärtige Lage zeichnet sich durch hohe Zufriedenheit und bullige Attitude aus. Die Akteure am Abzug warten bis sich viele Schafe in der Falle versammelt haben, um richtig zuschlagen zu können. Die nächsten zwei Wochen werden richtungsweisend sein. Wall Street feiert heute den Bullen-Jahrestag. Das ist leider eine Missinterpretation, denn ein neuer Bullenmarkt startet nicht mit hohen KGV`s von +-30 im SPX.

      Am 20. und 22. Oktober kommen Fibodaten an. Hier kann es für den Aktienmarkt gefährlich werden. Die Volatilität schaukelt sich zunehmend auf. Der V-DAX liegt bei 26,51.

      Comstock macht darauf aufmerksam, dass die Immobilienblase der Auslöser für den ökonomischen Kollaps sein wird. Siehe "Special Report".

      Verbrauchervertrauen und Arbeitsmarkt geben noch keine Signale für einen Auftrend. Alles nur Hoffnung und keine Realität. Der Aufschwung wird nur herbeigeredet.

      Die U.S. Arbeitsmarktdaten für September lagen bei 6,1% (6,1% Vormonat)

      Greenspan gibt vor, die Wirtschaft hat die Kurve gekriegt. Wenn so, dann ist dies die seltsamste Belebung in der Geschichte:

      Investoren verloren 2,4 Billionen in 2002. Entmutigt werden sie beginnen mehr zu sparen und weniger auszugeben.
      Firmen reportierten USD 197 Milliarden nach Steuern Gewinne in 2002, weniger als USD 205,3 Milliarden in 2001. Ohne Gewinne können Unternehmen nicht wachsen.
      Das Handelsdefizit nähert sich USD 500 Milliarden. Jeder Dollar, der nach Übersee geht, ist einer weniger für US Gewinne.
      Die Amerikaner halten USD 1,7 Billionen Schulden. Das ist mehr als USD 5934 pro Kopf und steigt täglich an. Jeder Cent muss zurückbezahlt werden.
      Die Wahrheit ist, dass nur Regierungs- und Verbraucherausgaben die Wirtschaft noch am Laufen erhalten. Der einzige Weg, um das zu erreichen, liegt im Aufblähen, mehr Geld zu drucken. Je mehr Dollar es gibt, umso wertloser wird das Geld. Es dauert nicht mehr lange, dann ist es wertlos.
      Ein steiler Abtrend führt den Aktienmarkt in neue Tiefen. Die von den meisten Analysten angesagte weitere Erholung im Aktienmarkt und der Konjunktur findet natürlich nicht statt. Es gibt ein jähes Erwachen. Wir bleiben bei der "Sell" Empfehlung.

      Das nächste Ziel für eine Umkehr wäre der 20. Oktober 2003. 322 Tage seit dem 2. 12. 2002 (1,618^12), oder der 22. Oktober 2003 Fibodatum = 377 Tage seit dem 10.10.2002

      Wir können uns auf eine "Wildwasserfahrt" gefasst machen......



      http://www.evotrade.de/Tag_im_Markt/tag_im_markt.html
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 22:48:36
      Beitrag Nr. 489 ()
      12.10.03 Eichel macht Rekordschulden - Opposition fordert Entlassung

      Bundesfinanzminister Hans Eichel steuert auf die höchste Neuverschuldung des Bundes in der deutschen Nachkriegsgeschichte zu: 41,9 Milliarden Euro für 2003

      Berlin - Nach Informationen von WELT am SONNTAG rechnet das Finanzministerium in diesem Jahr mit einem Etatdefizit von 41,9 Milliarden Euro. Die bislang höchste Nettokreditaufnahme musste der damalige CSU-Finanzminister Theo Waigel 1996 mit 40,1 Milliarden Euro eingestehen.

      Eichel, der offenbar noch im Oktober im Kabinett seinen Nachtragshaushalt 2003 durchbringen will, räumte gegenüber "Focus" ein, dass er anstatt der bisher geplanten 18,9 Milliarden Euro Neuverschuldung jetzt mindestens von einer Verdoppelung der Kreditaufnahme ausgehe. Verantwortlich für das Desaster in der Finanzpolitik machte Eichel die schwache Konjunktur. "Drei Jahre Stagnation haben unsere Konsolidierungserfolge aus den Jahren 2000 und 2001 zunichte gemacht", sagte er. ... (Wams, 12.10.03)




      Kommentar: Noch vor wenigen Jahren wurde von „Schuldenabbau“ und einem „schuldenfreien Staat“ geredet – alles Augenwischerei, wie sich nun herausstellt. Dabei kann in unserem Zinssystem kein Staat der Welt seine Schulden je abbauen – außer er nimmt massive Verarmung der Bevölkerung in Kauf, wie dies Rumänien in den achtziger Jahren praktizierte, was in einer blutigen Revolution endete.

      ----------------------------------------------


      Krankenkassen droht höheres Defizit

      Weil Firmen Weihnachtsgeld kürzen, fehlen Versicherungen Einnahmen - Streit um Beitragssenkungen


      Berlin - Den gesetzlichen Krankenkassen droht in diesem Jahr ein höheres Defizit als bisher erwartet. Weil zahlreiche Firmen und der öffentliche Dienst das Weihnachtsgeld kürzen, gehen auch den Kassen, den Rentenversicherern und dem Staat Einnahmen verloren. Bisher wird das Kassendefizit auf zwei Mrd. Euro geschätzt.

      Weitere Einbrüche bei den Beitragseinnahmen "können wir nicht ausschließen", sagte eine Sprecherin der Barmer, der größten Ersatzkasse. Schon 2002 hätten viele Unternehmen ihre Weihnachtszuwendungen an die Mitarbeiter gekürzt, "Das haben wir in diesem Jahr berücksichtigt", sagte die Barmer-Sprecherin.

      ... (Welt, 11.10.03)




      Kommentar: Ein gutes Beispiel dafür, daß die ganze Sparerei nur wieder neue Löcher aufreißt. Jetzt wird beim Weihnachtsgeld „gespart“ und gleichzeitig sinken die Einnahmen der Krankenkassen und nicht zu vergessen auch die des Handels. Ein Loch wird gestopft, indem zwei neue aufgerissen werden. Eine Lösung kann es nur geben, wenn einmal hinterfragt wird, WARUM eigentlich überall Geld fehlt und wohin dieses verschwindet.


      Kommentar v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 23:01:04
      Beitrag Nr. 490 ()
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 23:02:39
      Beitrag Nr. 491 ()
      Rentenkasse


      Das Vermögen der Rentenkasse: "DIE S C H W A N K U N G S R E S E R V E"


      http://www.miprox.de/Wirtschaft_allgemein/Rentenkasse-Schwan…
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 23:20:02
      Beitrag Nr. 492 ()
      Wie die FED heute abend bekannt gab, haben amerikanische Haushalte

      im August ihre Kreditschuld weiter ausgedehnt. Der gesamte Konsumentenkredit stieg um 8,2 Milliarden $ auf 1,96 Bio $ an, was einen Zuwachs von 5,2% im Jahresvergleich bedeutet. Im September war man allerdings noch um 3,8% oder 6,1 Milliarden $ angewachsen.

      Die revolvierenden, also wiederkehrenden Kreditmittel wie Kreditkarten wurden um 1,2 Milliarden $ mehr beansprucht als noch vor einem Jahr.

      Ihre Gesamtzahl betrug 727,6 Milliarden $. Dies bedeutet allerdings nur einen Zuwachs von einem Prozent.

      Die Intensität der Neuverschuldung der Verbraucher hat damit abgenommen. [Kein Wunder, bei dem Niveau]

      http://www.finanznachrichten.de/nachrichten/artikel-2567809.…
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      Japanischer Bank-Konzern Resona erwartet Milliardenverlust

      Tokio, 10. Okt (Reuters) - Der fünftgrößte japanische Bank-Konzern Resona Holdings erwartet für das erste Halbjahr des Geschäftsjahres 2003/2004 wegen massiver Abschreibungen auf faule Kredite einen Netto-Verlust über 1,76 Billionen Yen (etwa 13,8 Milliarden Euro).

      Die Einnahmen für den Zeitraum bis Ende September würden jetzt auf 630 Milliarden Yen geschätzt, teilte die Bank am Freitag nach Börsenschluss in Tokio mit. In einer früheren Prognose war das Institut bei Einnahmen von 550 Milliarden Yen noch von einem Nettogewinn von 22 Milliarden Yen ausgegangen.

      Das Volumen der faulen Kredite dürfte per Ende September bei 3,4 Billionen Yen liegen, hieß es weiter. Diese sollten bis zum Ende des Geschäftsjahres auf rund 1,95 Billionen Yen zurückgeführt werden.

      Der in Schieflage geratene Bank-Konzern war erst im Juni durch Staatshilfen über 1,96 Billionen Yen vor dem Zusammenbruch bewahrt worden. Anschließend hatte das Institut erklärt, im gesamten Geschäftsjahr einen Nettogewinn über 63,5 Milliarden Yen erwirtschaften zu können. Für 2002/2003 hatte der Konzern einen Verlust über 837,63 Milliarden Yen bilanziert.

      Aber ansonsten: Alles in Butter auf`m Kutter !!

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      Entwurf eines VERTRAGS ÜBER EINE VERFASSUNG FÜR EUROPA

      Artikel 42: Solidaritätsklausel

      (1) Die Union und ihre Mitgliedstaaten handeln gemeinsam im Geiste der Solidarität, wenn ein Mitgliedstaat von einem Terroranschlag oder einer Katastrophe natürlichen oder menschlichen Ursprungs betroffen ist. Die Union mobilisiert alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel, einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel, um

      a) – terroristische Bedrohungen im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten abzuwenden; - die demokratischen Institutionen und die Zivilbevölkerung vor etwaigen Terroranschlägen zu schützen;

      - im Falle eines Terroranschlags einen Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe innerhalb seines Hoheitsgebiets zu unterstützen;

      b) – im Falle einer Katastrophe einen Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe innerhalb seines Hoheitsgebiets zu unterstützen.

      (2) Die Modalitäten der Durchführung dieser Bestimmung sind in Artikel III-231 enthalten.

      http://register.consilium.eu.int/pdf/de/03/cv00/cv00820-re03…

      Hä ? "....einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel.....". Wären um die Rente gebrachte Pensionäre "terorristische Bedrohungen" ? Wäre eine Demonstration gegen die "1984-Gesetze" eine terroristische Bedrohung ? Es wird bereitet, stückchen für stückchen. Militär im Innern, mir graust`s !!



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      www.miprox.de
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      schrieb am 12.10.03 23:20:58
      Beitrag Nr. 493 ()
      POLITOLOGE JOHNSON ÜBER DIE USA

      "Ein militärischer Moloch"

      Von Olaf Ihlau

      Der amerikanische Politikwissenschaftler Chalmers Johnson beschreibt die USA als ein Land, dessen Kultur und Demokratie immer mehr durch die waffenstarrende Arroganz der Macht ausgehöhlt werden.



      AP

      US-Kommandozentrale in Camp Doha (Kuweit): Gefährlicher Wandel im Denken der amerikanischen Führer


      Im Establishment der Bush-Regierung hassen sie ihn, den wohl ätzendsten inneramerikanischen Kritiker des amerikanischen Supermacht-Gebarens. Denn Chalmers Johnson, kalifornischer Politologe im Unruhestand, lässt sich nicht als linker Spinner abtun oder gar als Weichling aus Old Europe. Johnson ist selbst Fleisch vom Fleische des Establishments, verstand sich einst als eine seiner Speerspitzen, als er der CIA noch als Berater diente und beinahe deren Chef geworden wäre.
      Doch das ist lange her. Anfang 2000 warnte Johnson, 30 Jahre Professor für politische Wissenschaften an der Universität von Kalifornien, sein Land vor den Gefahren der Hegemonialpolitik. "Blowback" lautete der Titel dieser Mahnschrift mit dem Rückgriff auf einen internen CIA-Terminus für unerfreuliche Folgen misslungener Auslandsoperationen. Johnsons Kernthese: Mit vielen Aspekten und Aktionen US-imperialer Dominanz würden Länder und Gruppen nicht nur zu Opfern gemacht, sondern regelrecht dazu provoziert, Vergeltungsschläge gegen die USA zu führen. Ein Jahr darauf konnte sich die kalifornische Kassandra durch die Terroranschläge des 11. September schauerlich bestätigt fühlen.

      Jetzt hält Johnson, 72, mit dem Buch "Der Selbstmord der amerikanischen Demokratie" seinen Landsleuten wieder brutal einen Spiegel vor. Und was sie darin sehen, kann ihnen schwerlich gefallen. Es ist entlarvend, beklemmend, alarmierend und als Lektüre auch der politischen Elite Europas anzuempfehlen, will sie die Triebkräfte dieses neuen Amerika verstehen, das auf die Interessen anderer, selbst alter Verbündeter, kaum mehr Rücksicht zu nehmen glaubt.

      Wie andere Imperien vor ihnen, so grollt der Politologe und gnadenlose Polemiker, hätten sich auch die USA dafür entschieden, nicht besonnen zu agieren und in Frieden und Wohlstand zu leben, sondern sich als militärische Supermacht zu präsentieren, "die einer zornigen, sich im Widerstand einenden Welt gegenübertritt".

      In den 14 Jahren seit dem Fall der Berliner Mauer hat für Johnson "eine Revolution" stattgefunden in den Beziehungen Amerikas zum Rest der Welt. Sei anfangs die US-Außenpolitik noch weitgehend Sache der Zivilisten gewesen, die auf die Grundlagen internationalen Rechts und auf langjährige Allianzen mit anderen demokratischen Staaten setzten, so habe sich heute, unter den "neokonservativen Triumphalisten", all dies von Grund auf geändert. Die Vereinigten Staaten seien nicht das, was sie zu sein vorgeben: der gutwillige Hegemon, ständig um den Export von Demokratie und Menschenrechten bemüht. Sie seien vielmehr "in Wahrheit ein militärischer Moloch, der sich die Welt unterwerfen will".

      Johnson porträtiert ein Imperium der permanenten Militärstützpunkte, militärischer Flughäfen, Armeegarnisonen, Spionagehorchposten und strategischen Exklaven auf jedem Kontinent der Erde. Er kommt auf mindestens 725 Militärstützpunkte außerhalb der USA, die in 153 der 191 Uno-Mitgliedstaaten militärisch präsent seien. An vielen Orten mit hochrangigen Offizieren als Prokonsuln, "die in den Gastländern exterritoriale Truppenstatut-Abkommen durchsetzen und dafür sorgen, dass Angehörige des amerikanischen Militärs sich nicht wegen Straftaten gegen Einheimische verantworten müssen".


      Johnson-Buch: Landsleuten brutal den Spiegel vorgehalten


      Unterdessen seien viel mehr uniformierte amerikanische Offiziere im Ausland stationiert als Diplomaten, Entwicklungshelfer oder Umweltexperten. Tag für Tag vermittle das globale Netz der US-Garnisonen die Botschaft, "dass die Vereinigten Staaten es vorziehen, mit der Waffe in der Hand mit anderen Nationen zu verkehren, statt durch Verhandlungen oder kommerzielle oder kulturelle Beziehungen".

      Diese USA seien nicht mehr daran interessiert, sich an international gültige Rechtsnormen zu halten oder sich als Teil der Völkergemeinschaft zu verstehen. Dies illustrierte für den Politikwissenschaftler zuletzt der Irak-Krieg, zu dessen Rechtfertigung "hohe Regierungsbeamte gefälschte Begründungen konstruiert" und somit das amerikanische Volk wie die Weltöffentlichkeit hinters Licht geführt hätten.

      Imperialisten, so definierte es einmal der britische Ökonom John Hobson, sind "Parasiten des Patriotismus". Der Schock des 11. September lieferte der Bush-Crew da genügend patriotische Schubkraft. Als geistigen Vater jener Washingtoner Ideologen, die heute die amerikanische imperiale Macht rechtfertigen wollen, ortet Johnson Woodrow Wilson. Der glaubte zu Beginn des vorigen Jahrhunderts an den Auftrag der USA, "der Welt den endgültigen Frieden" zu bringen. Johnson: "Wilson stellte den amerikanischen Imperialismus auf eine idealistische Basis, die uns heute in der Form einer ,globalen Mission` zur ,Demokratisierung` der Welt begegnet."

      In der politischen Tradition Amerikas, argumentiert der kalifornische Politologe, sei der Begriff "Imperium" von jeher negativ besetzt gewesen. Ronald Reagan dämonisierte die Sowjetunion als "evil empire". Doch seit den Terroranschlägen des 11. September habe die Idee des Imperiums in den USA an Ansehen gewonnen, obwohl Washingtons heutige Regenten von der römischen Geschichte nicht allzu viel wüssten. Paul Wolfowitz, Bushs Vize-Verteidigungsminister und härtester Hardliner in seinem Team, darf sich mit seinem früher belächelten Werben für eine "Pax americana" nun fast schon im Mainstream fühlen.

      Der 11. September markiert für Johnson "einen gefährlichen Wandel im Denken einiger amerikanischer Führer". Diese neigten nun dazu, die amerikanische Republik "als ein echtes Imperium zu betrachten, als ein neues Rom, als das mächtigste Reich in der Menschheitsgeschichte, das sich nicht länger an das internationale Recht, die Interessen von Alliierten oder sonstige Beschränkungen hinsichtlich des Einsatzes von Waffen gebunden fühlt".

      Ein Imperium, wie der Historiker Arthur Schlesinger bedrückt notierte, das auch Präventivkriege zu einem legitimen und moralisch unbedenklichen Instrument der amerikanischen Außenpolitik zu machen versucht. Diese "vorbeugende Selbstverteidigung" ist Axiom der "Nationalen Sicherheitsstrategie" vom September 2002. Schon Monate vorher hatte George W. Bush deren interventionistischen Kern bei seiner Ansprache vor der Militärakademie West Point offenbart. Er kündigte "im Krieg gegen den Terror" Interventionen in notfalls bis zu 60 Ländern an: "Wir müssen den Kampf zum Feind tragen."

      Wie einst Woodrow Wilson berief sich auch Bush dabei auf universelle Werte: "Wir werden den Frieden sichern, indem wir auf allen Kontinenten freie und offene Gesellschaften fördern." Für Chalmers Johnson klingt das wie die Ankündigung eines Kreuzzuges.

      Unter der "Clique von `01", wie Johnson die Administration um den "Knabenkaiser" Bush gern apostrophiert, habe sich ein Regimewechsel zu Gunsten der Militaristen vollzogen. Es gebe inzwischen ein Übergewicht von Offizieren und Vertretern der Rüstungsindustrie in hohen Regierungsämtern. Viele Militaristen trügen Zivil. Die meisten Neokonservativen, die für die Ausbreitung der Demokratie mit Waffengewalt und für Präventivschläge stünden, hätten ihre Wurzeln in der Linken, nicht in der Rechten: "Sie entstammen dem einflussreichen jüdisch-amerikanischen Sektor der trotzkistischen Bewegung im Amerika der dreißiger und vierziger Jahre."

      In der Vorhut der US-Imperialisten des 21. Jahrhunderts propagieren laut Johnson vor allem zwei Hauptakteure nun auch die Militarisierung des Weltraums: Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Vizepräsident Dick Cheney. Ein "besonders alarmierendes Zeichen" für den fortgeschrittenen militärischen Unilateralismus der USA sieht der kalifornische Professor in dem Versuch, demnächst allen anderen Staaten grundsätzlich die Nutzung des Weltraums für nachrichtendienstliche Zwecke zu verbieten, auch den Verbündeten. Ab 2004 würden die USA anfangen, Kommunikations- und Spionagesatelliten anderer Staaten zu beeinträchtigen oder zu zerstören, um diese Länder von ihnen abhängig zu machen.

      Militarismus und Arroganz der Macht, so fürchtet Johnson, drohen die amerikanische Kultur und demokratischen Grundwerte auszuhöhlen: "Das amerikanische Volk wird sein Land verlieren." Die einzig verbliebene Supermacht sieht er auf einem ähnlichen Weg wandeln, wie er in den achtziger Jahren zum schleichenden Zusammenbruch der Sowjetunion führte. Dafür seien vor allem drei Faktoren verantwortlich gewesen: Die durch ihre ideologische Verbohrtheit ausgelösten internen ökonomischen Widersprüche, ihre imperiale Überdehnung und ihre Unfähigkeit zu Reformen.

      Der gegenwärtige Kurs der Bush-Clique werde der Welt nicht mehr Sicherheit bringen, sondern mehr Gefahren und Instabilität produzieren, lautet Johnsons Resümee: "Kein Zweifel, dass uns neue Versionen der Schweinebucht-Invasion und beschleunigte Wiederholungen des Vietnam-Kriegs-Szenarios beschert werden".

      Entsprechend düster sind die Prognosen der kalifornischen Kassandra. Vier Hauptprobleme würden dem amerikanischen Imperium zu schaffen machen: Ein permanenter Kriegszustand mit weiteren Terroranschlägen auf Amerikaner; die weitgehende Einschränkung von Demokratie und verfassungsmäßigen Rechten der Bürger in den USA; ein System der Propaganda, der Desinformation und der Verherrlichung von Krieg, Macht und Militär; schließlich der wirtschaftliche Ruin des Landes, weil immer mehr Ressourcen in immer ehrgeizigere Militärprojekte gesteckt werden.

      Nur eine Entwicklung könnte diesem fatalen Prozess Einhalt gebieten: "Das Volk müsste den Kongress zurückerobern, die korrumpierten Wahlgesetze ändern, den Geldfluss ins Pentagon unterbinden." Zwar verfüge Amerika über eine starke Zivilgesellschaft, die zumindest theoretisch im Stande wäre, gegen die machtvollen Interessen der Streitkräfte und des militärisch-industriellen Komplexes vorzugehen. Aber diesen Hoffnungsschimmer lässt Chalmers Johnson sogleich wieder entschwinden mit dem Blick auf die Lehren der Geschichte: "Große Reiche bestehen nicht ewig, und sie enden meist in einer Katastrophe."



      --------------------------------------------------------------------------------

      Chalmers Johnson: "Der Selbstmord der amerikanischen Demokratie" Aus dem amerikanischen Englisch von Hans Freundl und Thomas Pfeiffer. Karl Blessing Verlag, München; 472 Seiten; 21 Euro

      http://www.spiegel.de/spiegelspecial/0,1518,268737,00.html
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 23:31:59
      Beitrag Nr. 494 ()
      Report Mainz vom 6. Oktober 2003


      Bankenlobby im Hause Eichel:
      Wie im Finanzministerium Banker an Gesetzen mitschreiben

      (im GG müsste es dann so heißen: Die Staatsgewalt geht von der Finanzmacht aus.) Was wenigstens der Realität entsprechen würde.





      Moderation Fritz Frey:

      Wie werden eigentlich Gesetze gemacht? Bisher dachte ich, da sitzen Experten in den Ministerien, gut bezahlt von unseren Steuergeldern, und bringen was zu Papier, was künftig geregelt werden soll. Und wenn alles gut geht, wird ein Gesetz daraus.

      So dachte ich, aber jetzt hat mein Kollege Gottlob Schober schon zum zweiten Mal einen Fall aufgedeckt, der mich zweifeln lässt. Seine Recherche dieses Mal: Das Finanzministerium lässt hochkarätige Banker an Gesetzesentwürfen mitschreiben. Und besonders pikant: Die werden nicht etwa vom Finanzministerium bezahlt, sondern weiter von den Banken. So wird Lobbyarbeit auf die Spitze getrieben. Unser Film jedoch beginnt mit einem Absturz.

      Bericht:

      Es war der wohl bekannteste Aktien-Crash der deutschen Börsen Geschichte, der Absturz der Telekom-Aktie. Ron Sommer und andere vermeintliche Börsenstars machten aus Deutschen ein Volk von Aktionären. Sie versprachen, alle reicher zu machen, nun – sie machten fast alle ärmer.



      Es gibt aber Menschen, die am Aktien-Crash verdient haben. Denn auch wenn die Kurse fallen, können Spekulanten an der Börse reich werden. Das Zauberwort heißt „Hedge- Fonds“. Dieses komplizierte Finanzprodukt setzt auf sinkende Kurse. Der Experte sagt:

      O-Ton, Prof. Wolfgang Filc, Universität Trier:



      »Hedge-Fonds zählen zur Kategorie des Glücksspiels.«

      Ein Glücksspiel, bei dem vor allem die Banken gewinnen können. Deshalb drängt deren Lobby seit langem darauf, diese hochriskante Investmentmöglichkeit in Deutschland zuzulassen. Bislang waren Hedge-Fonds nur im Ausland erlaubt.

      Professor Wolfgang Filc von der Universität Trier hält die bislang in Deutschland angewendeten Restriktionen für richtig. Denn Hedge-Fonds sind hochspekulativ, Totalverluste für Anleger möglich.
      Von Hedge-Fonds profitieren also weniger die Anleger, sondern mehr die Banken.

      O-Ton, Prof. Wolfgang Filc, Universität Trier:

      »Das Interesse der Banken ergibt sich daraus, dass Hedge-Fonds besonders häufig ihre Positionen neu ordnen. Das heißt, es werden häufig Umschichtungen in Portfolios vorgenommen, und bei jeder Umschichtung sind hohe Kommissionserträge die Folge. Die Kommissionserträge werden bezahlt von den Anlegern.«

      Frage: Das heißt also, die Banken verdienen Milliarden?

      O-Ton, Prof. Wolfgang Filc, Universität Trier:

      »Die Banken verdienen Milliarden.«

      Kein Wunder, dass Banken, wie die Dresdner, auch den Kleinanlegern neugierig auf Hedge-Fonds machen wollen. Obwohl diese Anlageart in Deutschland so noch gar nicht zugelassen ist, tauchte der Name aber immer wieder in Werbespots auf.

      O-Ton, Werbespot:

      »Was ist eigentlich ein Hedge-Fonds?«



      Die Milliardeninteressen der Banken haben jetzt wohl auch in Berlin durchgesetzt. Finanzminister Hans Eichel will Hedge-Fonds erstmals in Deutschland zulassen. Trotz des hohen Risikos - obwohl sie Kleinanlegern Totalverluste bescheren können. In seinem Ministerium wurde jetzt ein Gesetzentwurf erarbeitet, der im Wesentlichen den Wünschen der Branche entspricht. Professor Filc warnt:

      O-Ton, Prof. Wolfgang Filc, Universität Trier:

      »Die Konsequenz besteht darin, dass wenn diese Hedge-Fonds in finanzielle Not geraten, wenn sie insolvent werden, kann es zur Folge haben, dass das gesamte Bankensystem, das Finanzsystem überhaupt, infiziert wird. Und das bleibt dann eben nicht im Bereich der Finanzmärkte stecken, sondern kann überschlagen auf Arbeitsmärkte, auf Unternehmen, kann führen zu Insolvenzen, zur Arbeitslosigkeit.«

      Wie also ist dieser Gesetzentwurf, der nach der Expertenmeinung große Risiken in sich birgt, zustande gekommen? REPORT-Recherchen haben ergeben, dass die Investment-Branche an diesem Gesetzentwurf selbst mitgeschrieben hat – unter der gütigen Aufsicht des Finanzministeriums. So durfte eine Top-Juristin des Investment-Bundesverbands bei der Gesetzesformulierung tatkräftig mithelfen.



      Das konnten wir zunächst nicht glauben. Deshalb besuchen wir den Bundesverband Investment und Asset Management, kurz BVI, in Frankfurt. Die Juristin ist für uns leider nicht zu sprechen. Ihr Chef, Stefan Seip, aber bestätigt den von REPORT recherchierten Sachverhalt.

      Frage: Also Ihre Mitarbeiterin wurde ins BMF abgeordnet, hatte im Finanzministerium in Berlin eigenes Büro, das Gehalt von ihr wurde aber von Ihnen weiter bezahlt?

      O-Ton, Stefan Seip, Bundesverband Investment und Asset Management e. V.:



      »Das ist richtig. Wir haben das Gehalt weiterhin bezahlt. Die Mitarbeiterin hatte ein Büro im zuständigen Apparat in Berlin.«

      Frage: Also die Interessen des BVI sind letztendlich auch mit eingeflossen?

      O-Ton, Stefan Seip, Bundesverband Investment und Asset Management e. V:

      »Insoweit, dass wir ein Know-how dort eingebracht haben, Ressourcen eingebracht haben. Aber wir haben nicht konkret Einfluss genommen auf den Inhalt des Gesetztes. Natürlich hat die Mitarbeiterin das getan.«

      Ein Eingeständnis. Die Mitarbeiterin des Bundesverbands hat bei der Erstellung dieses Gesetzentwurfes nicht nur mitgewirkt, sondern dieselbe Mitarbeiterin wurde auch noch von der Fonds-Branche bezahlt. Experten sehen darin eine neue Dimension der Einflussnahme, also des Lobbyismus.

      O-Ton, Heiner Flassbeck, ehem. Staatssekretär Bundesfinanzministerium:



      »Das ist dann in der Tat ein Skandal. Denn es muss das Ministerium in der Lage sein, seine hoheitlichen Aufgaben zu erfüllen. Und wenn es dazu nicht die Mittel hat, wenn es sich selbst oder andere es so stark runtergekürzt haben, und die Möglichkeiten zunichte gemacht haben, hochqualifizierte Beamte zu rekrutieren, dann muss man dieses System ändern. Dann müsste der Finanzminister, dann müsste die Politik an die Öffentlichkeit gehen und sagen: Wir sind nicht mehr in der Lage, unsere Aufgaben zu erfüllen, und nicht klammheimlich Leute von außen als Experten in das Ministerium holen.«

      O-Ton, Prof. Wolfgang Gerke, Bankenexperte, Universität Erlangen-Nürnberg:



      »Probleme entstehen dann, wenn ich in meinem Herzen zwei Herren dienen muss. Einmal dem Souverän, dem Staat, dem Bürger und auf der anderen Seite meinem Arbeitgeber, zu dem ich zurückkehre. Und es gibt kaum den Mitarbeiter, der sich so teilen kann, dass er sagt, ich berücksichtige nur die Interessen jetzt des Finanzministeriums.«

      O-Ton, Dietrich Austermann, CDU, haushaltspolitischer Sprecher:



      »Das ist so, als wenn sie den Vorsitzenden des Ferrari-Fan-Klubs zum Berater der Autobahnpolizei machen. Aber natürlich haben Banken ein Geschäftsinteresse in eine bestimmte Richtung. Das kann abweichen vom Kundeninteresse, das kann abweichen vom Bürgerinteresse. Und jetzt das Geschäftsinteresse, Einzelne ins Gesetzgebungsverfahren einzuschleusen, das ist Lobbyismus, den man Parteien nicht nachsehen würde.«

      Mit den Banken, für die Banken? Die umstrittene Kompetenzbeschaffung à la Eichel. Wir sind wieder in Frankfurt. REPORT Recherchen haben ergeben, auch ein vom Bundesverband deutscher Banken abgeordneter Mitarbeiter der Dresdner Bank und ein Jurist der Deutschen Börse AG arbeiten an Gesetzesvorhaben, die für die Finanzbranche von größer Bedeutung sind.

      Damit diese Bankexperten auch effektiv arbeiten können, stellt ihnen das Finanzministerium vertrauliche Informationen zur Verfügung. Informationen, nach denen jede Bankenlobby giert. Hier werden sie möglicherweise frei Haus geliefert.

      Weder Hans Eichel noch ein Sprecher waren zu einem Interview vor der Kamera bereit. In einer schriftlichen Stellungnahme sieht das Finanzministerium in der gewählten Praxis aber keine Probleme. Im Gegenteil.


      Zitat:

      »Soweit diese Mitarbeiter im Rahmen ihrer Tätigkeit im Ministerium Zugang zu vertraulichen Informationen erhalten, ist deren Vertraulichkeit gewährleistet.«

      Eine weitere Begründung gibt es nicht. Fakt aber ist; Hans Eichel lässt Mitarbeiter von Banken und aus der Investmentbranche an der Vorbereitung von Gesetzentwürfen mitwirken, die deren Arbeitgebern dann direkt zugute kommen können. Die Bankenlobby arbeitet demnach schon in der Regierung mit.


      http://www.swr.de/report/archiv/sendungen/031006/05/frames.h…
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 23:35:00
      Beitrag Nr. 495 ()
      Israels Angriff - ein tödlicher Schritt in Richtung Nahostkrieg
      von Robert Fisk
      Independent / ZNet 07.10.2003


      Beirut. Israel erhielt ‘grünes Licht’ - durch den sogenannten ‘Syria Accountability Act’. Dieses Gesetz passierte den US-Kongress mithilfe der Israelunterstützer; es sieht Sanktionen gegen Damaskus vor - für dessen angeblichen “Terror”-Enthusiasmus bzw. Besetzung des Libanon. Letzte Woche warnte uns ein Sprecher nach dem andern, Syrien stelle die neue Bedrohung dar (respektive die alte (nichtexistente)), wie zuvor Irak: Syrien besäße Massenvernichtungswaffen, biologische Gefechtsköpfe, und die (nichtexistenten) irakischen Massenvernichtungswaffen seien kurz vor Beginn unserer illegalen Irak-Invasion im März nach Syrien geschafft worden.

      Die israelische Lüge, “tausende” Mitglieder der Iranischen Revolutionsgarden hielten sich im libanesischen Bekaa-Tal auf, konnte erneut widerlegt werden. Tatsächlich gibt es keinen einzigen iranischen Kämpfer im Libanon - nicht, seit 20 Jahren. Aber wen interessiert’s? Nachdem eine Rechtsanwältin aus Dschenin - die wahrscheinlich noch nie in ihrem Leben in Damaskus war -, in Haifa sich selbst und 19 unschuldige Israelis in die Luft sprengte, musste gegen das diktatorische Regime in Syrien einfach losgeschlagen werden (das dezidiert diktatorische Regime). Und warum auch nicht? Schließlich konnten die USA ja auch gegen Afghanistan losschlagen, obwohl 15 der insgesamt 19 Hijacker des 11. September 2001 - jenes internationalen Verbrechens gegen die Menschlichkeit - Saudis waren; und die Amerikaner marschierten im Irak ein, obwohl dieses Land absolut nichts mit dem 11. September zu schaffen hat. Warum sollte also Israel nicht gegen Syrien losschlagen?

      Stimmt, Syrien unterstützt die Hamas und den Islamischen Dschihad. Aber im Irak existiert zum Beispiel die Gruppe Mujahideen Khalq, die den Iran bombardiert, ohne dass die Amerikaner sie ihrerseits bombardierten. Und in Jerusalem gibt es eine Regierung, die ganz offen damit droht, Jassir Arafat zu töten. Aber niemand schlägt eine Aktion gegen die israelische Administration vor. In Jerusalem gibt es einen Premierminister Ariel Scharon, dem per Urteil attestiert wurde (durch die israelische Kahane-Untersuchungskommission), für ein Massaker 1982 an bis zu 1700 palästinensischen Zivilisten in den Beiruter Flüchtlingslagern Sabra und Shatila “persönlich verantwortlich” zu sein. Aber Scharon wird nicht wegen Kriegsverbrechen vor Gericht gestellt. Natürlich wird Syrien wegen der Luftangriffe auf das ‘Trainingslager’ des Islamischen Dschihad vor die Vereinten Nationen gehen - was Damaskus viel nützen wird. Die USA konnten sich ja noch nicht mal überwinden, eine (UN-)Resolution zu unterstützen, die sich gegen Israels Drohung, Arafat zu ermorden, wendete. Und sie hindern Israel auch nicht daran, weitere 600 Häuser für Juden - und nur für Juden - auf palästinensischem Land zu errichten. Luftschläge gegen Syrien spielen da schlicht keine Rolle. Profitieren könnte der Libanon. Vielleicht bleibt ihm so die Rache Israels für palästinensische Gewalt erspart - es sei denn, natürlich, Israel beschließt, auch im Libanon eine palästinensische “Trainingsbasis” anzugreifen. Keiner stellt die Frage, was das überhaupt für “Trainingsbasen” sein sollen. Haben palästinensische Selbstmordattentäter denn tatsächlich ein Training im Selbstmordbomben nötig? Braucht es viel Übung, um einen Schalter umzulegen? Ganz sicher ist der Tod eines Bruders oder Cousins durch die israelische Armee Training genug.

      Aber nein. Gestern haben wir uns einen weiteren kleinen aber tödlichen Schritt in Richtung Nahost-Krieg zubewegt - Fakten vor Ort wurden geschaffen, indem man den Beweis erbrachte, im “Krieg gegen den Terror” ist es erlaubt, syrisches Gebiet zu bombardieren. Und Präsident Bush selbst hat erklärt, (in diesen Krieg) sei jetzt auch Gaza einbezogen. Präzedenzfälle, auf die wir zur Not zurückgreifen können, gibt es. 1983, als der damalige Präsident Reagan glaubte, er fechte im Nahen Osten einen “Krieg gegen den Terror” aus, befahl er seiner Airforce, die syrische Armee im libanesischen Bekaa-Tal anzugreifen. Einer seiner Piloten starb, der Ko-Pilot geriet in syrische Gefangenschaft - und sollte erst nach langen, politisch peinlichen Verhandlungen, geführt von Jesse Jackson, wieder freikommen.

      In Zeiten, in denen die USA den Einmarsch in Syrien und dem Iran androhen - beides Länder, die als Teil der berüchtigten “Achse des Bösen” gelten -, mag das alles als Peanuts erscheinen. Aber Syrien sieht genau, was mit der US-Armee im Irak passiert. Die Demütigung, die Syrien zugefügt wurde, wird das Land zu der Kühnheit treiben, sich um jeden Preis zu rächen - für Angriffe vonseiten Israels wie der USA. Denn: Wenn die USA nicht in der Lage sind, den Irak zu kontrollieren, wieso sollte Syrien da Israel fürchten?

      http://www.zmag.de/article/article.php?id=854
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 23:45:49
      Beitrag Nr. 496 ()
      GEWERKSCHAFTEN

      Kapitalismus pur

      Ein Tochter-Unternehmen des DGB entlässt massenhaft Mitarbeiter - mit Methoden, die von den Funktionären anderswo lautstark angeprangert würden.


      Dafür, dass Fredi Krzyzostaniak mehr als 21 Jahre beim Berufsfortbildungswerk (Bfw) als Ausbilder im Garten- und Landschaftsbau gearbeitet hat, verläuft sein finaler Prozess erstaunlich emotionslos. Im holzgetäfelten Saal des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen streitet er eigentlich nur noch über die Höhe der Abfindung. Sein oberster Chef ist durchaus ein Kenner der Materie. Der Mann ist Gewerkschaftsfunktionär, das Bfw eine Tochter des Deutschen Gewerkschaftsbundes.
      Fredi Krzyzostaniak wurde abserviert, obwohl ihm als langjährig Beschäftigtem so einfach gar nicht hätte gekündigt werden dürfen. Der 50-jährige Gärtnermeister hatte sich weder etwas zu Schulden kommen lassen, noch hatte er schludrig gearbeitet. Er wurde entlassen, weil das Bfw in einer tiefen wirtschaftlichen Misere steckt.

      Allein in diesem Jahr brach der Umsatz im Kerngeschäft, der beruflichen Bildung, um rund 20 Prozent ein. Da viele Aufträge aus dem vergangenen Jahr in diesem Jahr auslaufen, rechnet das Bfw künftig mit einem Umsatzverlust von knapp 35 Prozent. Deshalb setzt die DGB-Tochter nun auf einen radikalen Sparkurs: Von den bundesweit rund 2200 Beschäftigten sollen bis Ende 2004 fast ein Drittel das Unternehmen verlassen haben. "Und es ist durchaus zu befürchten, dass morgen wieder jemand in Berlin oder Nürnberg am Schalter knipst", sagt Helmuth Kramer, Gesamtbetriebsratsvorsitzender des Bfw.

      Die aktuelle Entlassungswelle ist bedauerlich, aber in Krisenzeiten überall in der Wirtschaft zu besichtigen. Neu sind die rüden Methoden, mit denen ausgerechnet eine Gewerkschaftstochter dabei vorgeht. Andere Unternehmen würden dafür sofort an den Pranger des ungezügelten Neoliberalismus und vor die Gerichte gezerrt.

      Unter den mehr als 600 Betroffenen befinden sich nämlich nicht nur Betriebsräte oder gar Betriebsratsvorsitzende, sondern auch langjährig Beschäftigte und Mitarbeiter, die das 55. Lebensjahr bereits hinter sich gelassen haben. Eine Klientel also, die als fast unkündbar gilt und für die es schwer werden dürfte, je wieder einen Job zu finden. Für solche Leute kämpft der DGB normalerweise gern und laut. Aber eben nur, wenn es nicht die eigenen sind.

      Soziale Verantwortung? Fehlanzeige. "Die Geschäftsführung hat bei der Kündigungswelle fast alle moralischen Bedenken über Bord geworfen", sagt Kramer. Mit rund 250 Kündigungsschutzklagen müssen sich die Chefs der Gewerkschaftstochter inzwischen herumärgern.

      Dabei hätte die Krise des Bildungswerks durchaus vermieden werden können, wenn man nicht so klar auf einen Auftraggeber gesetzt hätte: Jahrelang profitierte das Bfw von den üppigen Zuwendungen der Bundesanstalt für Arbeit aus Nürnberg. Fast 80 Prozent der Kunden, die sich im Bfw beruflich qualifizieren wollten und sich von der Fortbildung den Sprung zurück ins Erwerbsleben versprachen, kamen von dort.

      Einige der Bildungsstätten hatten sogar Trägerverträge mit den Arbeitsämtern. Selbst Investitionen in Maschinen und Ausstattung wurden zum Teil von der Behörde bezahlt. Besonders pikant dabei ist, dass die DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer über viele Jahre hinweg sowohl im Vorstand der Bundesanstalt als auch Aufsichtsratsvorsitzende des Bfw war. Einen anrüchigen Zusammenhang will die DGB-Frau freilich nicht erkennen.

      Fast sieben Milliarden Euro schüttete die Bundesanstalt allein 2002 für die berufliche Weiterbildung aus. Doch weil auch die Nürnberger Mammutbehörde unter Sparzwang steht, wurde der Posten für das laufende Jahr erheblich reduziert. Waren im Jahresdurchschnitt 2002 noch knapp 340 000 Menschen in beruflichen Qualifikationsmaßnahmen, sind es jetzt nur noch rund 210 000. Tendenz fallend. Sehr zum Leidwesen des Bfw.

      Weil es sich fast ausschließlich von den Arbeitsämtern abhängig machte, gerät es nun in die Defensive. Doch statt sich nach neuen Einnahmequellen in der Privatwirtschaft umzusehen, "schielten die Verantwortlichen bis zum Schluss auf die Säckel der Bundesanstalt", so Kramer.

      Um der vollkommenen Abwicklung zu entgehen, überlegt das Unternehmen nun hastig, sich komplett neu zu erfinden. Von den bundesweit 270 Berufsbildungsstätten werden einige ganz aufgelöst. Die 14 Zweigniederlassungen sollen ebenfalls neu geordnet werden - dann allerdings zu einem Großteil ohne fest angestellte Lehrkräfte.

      Stattdessen sollen die Ausbilder nach dem Vorbild der Deutschen Angestellten-Akademie zunehmend auf Honorarbasis und maßnahmegebunden rekrutiert werden. Am Ende könnten sich viele ehemalige Angestellte des Bfw bei ihrem alten Arbeitgeber wiederfinden - nur ohne Tarifverträge und soziale Absicherung.

      Ein Kollege von Fredi Krzyzostaniak, ebenfalls entlassen und auf seinen Gerichtstermin wartend, kann sich über solche Methoden nur noch wundern: "Das ist Kapitalismus pur und Lohndumping in Vollendung."

      Die Parolen sitzen noch. Nur der Adressat hat sich geändert.

      JANKO TIETZ http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,269412,00.html
      -----------------------

      Kapitalismus kennt halt keine Grenzen.
      Ist eben fast so wie die Luftverschmutzung.
      Wo kein Geld mehr fließt, bleibt eine Wüste( mit einer Fata morgana?)
      :confused: :(
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 23:54:42
      Beitrag Nr. 497 ()
      Avatar
      schrieb am 13.10.03 00:02:11
      Beitrag Nr. 498 ()
      Keine schnelle Lösung für US-Defizite

      Um die Handels- und Dienstleistungsbilanzen mit ihren Partnern auszugleichen, müssten auch die USA wieder vermehrt gefragte Güter und Dienste auf den Weltmarkt bringen



      Beat Kappeler

      Der Dollar fällt, und damit sollte sich das klaffende Defizit der US-Handelsbilanz schliessen. Denn für Amerikaner werden die Importe teurer, die Exporte aber leichter absetzbar. Doch statt ins Lehrbuch muss man in die amerikanischen Handelsstatistiken blicken. Dann wackelt die Zuversicht auf schnell ausgeglichene Handelsströme. Immerhin müssten dafür zusätzliche Güter im Wert von 500 Milliarden Dollar exportiert werden. 5 Prozent des US-Sozialprodukts wären neu auf Schiffe zu verladen.

      Doch die produzierende Industrie in den USA bietet über weite Strecken das Bild einer Wüstenei. Wie anders erklärt sich, dass die USA netto für 37 Milliarden Dollar mehr Computer und Computerzubehör einführen als ausführen? Oder dass sie bei in der Statistik unter «advanced technological products» aufgeführten Waren ein Defizit von 16 Milliarden einfahren? Auch Pharmaprodukte (23 Milliarden), TV- Geräte und Videorecorder (19 Milliarden) werden schwergewichtig eingeführt. Und dies sind Gebiete, wo der Laie die Amerikaner für kompetent hält. Die Positionen gewöhnlicher Güter tragen noch ganz andere Defizite ein. Die Autoimporte liegen um 120 Milliarden höher als die Exporte, die Konsumgüter reissen ein Loch von 224 Milliarden in den Aussenhandel. Industrierohstoffe und Industrievorprodukte werden zu 111 Milliarden mehr importiert als exportiert. Ähnlich düster sieht die Energiebilanz aus. Zur Befriedigung ihres Energiehungers bezahlen die USA um die 84 Milliarden Dollar mehr für Öl- und Benzin-Importe, als sie für Exporte einnehmen.

      Die Branchen mit Überschüssen sind wohl vorhanden, bringen aber die Waage nicht ins Gleichgewicht. Immerhin, Halbleiter exportieren die USA für 16 Milliarden mehr, als sie kaufen, bei Zivilflugzeugen und ihren Teilen heisst der Saldo +22 Milliarden Dollar für die USA. Ausgeglichen ist der Handel mit medizinischen, elektrischen und industriellen Apparaten. Und neben der schwer defizitären Handelsbilanz erzielt Amerika einen Überschuss in der Aussenbilanz der Dienste von 64 Milliarden. Dabei nimmt der Forschungsplatz USA 25 Milliarden mehr für Lizenzgebühren ein, als er zahlt.

      Import von Billigarbeitern
      Woher aber könnte nun, dank tieferem Dollar, die Wende kommen? Welche Produkte könnten die USA der Welt vermehrt verkaufen? Industrierohstoffe und mehr Öl lassen sich wohl nicht so schnell aus amerikanischen Böden pressen. Seit 1973 sind die USA ein Netto-Ölimporteur. Mit diesen zwei Posten sind aber schon einmal 200 Milliarden Defizit festgeschrieben. Die nächsten zwei grossen Posten wären die Auto- und Konsumgüterproduktionen. Entweder müssten US-Produzenten mit mexikanischen Einwanderern jene «maquiladores» über die Grenze ziehen, die heute südlich in Mexiko liegen und Billigware liefern. Aber das kompetitive China mit diesem Rückgriff auf die fünfziger Jahre auszutricksen, hat wohl keine Zukunft. Die bessere Variante wäre, derart moderne Verfahren zu entwickeln, dass die Löhne keine Rolle mehr spielten. Schon heute legt die US-Industrie nur noch 11% der Kosten für Löhne hin. Unsicher wäre ein dritter Weg, nämlich die Marken der Europäer und Japaner durch attraktivere US-Marken bei Autos, Hausgeräten, Parfums und Kleidern auszustechen. Doch der verführerisch- dekadente Glimmer von «Old Europe» ist durch die nüchternen Produkte des neuen Kontinents mit Sicherheit nur schwer zu ersetzen.

      Entwicklungsfähig scheint daher vor allem die zweite Bilanz, jene der Dienste, zu sein. Es müsste doch amerikanischen Banken, Versicherern, Forschern, Programmierern, Beratern, Unterhaltungskonzernen noch etwas mehr Überschuss als nur gut 60 Milliarden Dollar gelingen. Hier läuft die Wertschöpfung des 21. Jahrhunderts hin, und diese US-Branchen haben darin starke Stellungen. Allerdings hängen solche Auslandsgeschäfte von wendiger Anpassung an kulturelle und regionale Eigenheiten ab. Das mag nicht immer die Stärke imperialer US- Konzerne sein.

      Heikle Operation
      Aber es bleibt natürlich noch die Importseite beider Bilanzen zur Sanierung, beim Handel und bei den Diensten. Dazu muss aber der Importpreis mittels des tiefen Dollars zu schmerzen beginnen. Hierfür wollen die US- Behörden die Währungen Asiens aufwerten lassen, der Euro ist schon angestiegen. Denn grosso modo haben die USA je 100 Milliarden Defizit gegenüber China, Europa und Japan samt Tigerstaaten. Aber dies würde die chinesische Konjunktur abbremsen, den USA steigende Inflations- und Zinsraten bringen - eine kaum wünschbare Abhilfe.

      Oder sollen die USA bei der Entfaltung ihres Imperiums sparen? Doch der diskutierte «imperial overstretch» ist noch nicht eingetreten. Nur 22 Milliarden Kosten(???? eine 0 dran , dann wärs wohl richtig) )fallen für Auslandeinsätze an, und sie werden gemildert durch 12 Milliarden daraus entstehender Einnahmen. Das Imperium kostet gemessen an Aussenhandelskriterien praktisch nichts. Da mag sich der britisch-französische Politologe und Historiker Emmanuel Todd mit seiner Streitschrift «Weltmacht USA. Ein Nachruf» noch so giften.

      Offensichtlich rettet also ein schwacher Dollar die US-Handelsbilanz nicht von heute auf morgen. Im besten Fall könnten amerikanische Güterproduzenten mit modernsten Prozessen, die Dienstleister mit einfühlsamen Exportstrategien und die Konsumenten mit ein bisschen Einschränkungen die ärgsten Löcher stopfen. Gleichzeitig könnte allein dank aufholender Konjunktur die Welt etwas mehr US-Güter kaufen wollen. Zudem müsste den Währungspolitikern der USA, Europas, Chinas und Japans das delikate Wechselspiel von Währungsanpassung und Zinsmanagement über mehrere Jahre hin gelingen. Das sind anspruchsvolle Voraussetzungen, damit das Lehrbuch Recht bekommt.


      Die produzierende

      Industrie in den USA bietet über weite Strecken das Bild einer Wüstenei.

      http://www.nzz.ch/2003/10/12/wi/page-article95GXR.html
      Avatar
      schrieb am 13.10.03 00:03:56
      Beitrag Nr. 499 ()
      Der Krieg gegen den Irak ist zum klarsten Beispiel für den Einfluss des militärisch-industriellen Komplexes geworden, vor dem Präsident Dwight Eisenhower in seiner Abschiedsrede 1961 so eloquent warnte. Dieses eherne Beziehungsgeflecht zwischen mächtigen Individuen innerhalb und außerhalb der Regierung operiert weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ist von Interessenkonflikten durchtränkt. - Die Ziele dieser Gruppe mögen oder mögen nicht mit den besten Interessen des amerikanischen Volkes zusammenfallen. Denken wir, zum Beispiel, an die Interessen der einfachen Soldaten, die in diesem Krieg gekämpft, Sand gefressen und ihr Blut in der Wüste vergossen haben, und an die ganz anderen Interessen jener Händler der Macht, die wie verrückt für die Realisierung dieses Krieges kämpften und in jeder Phase an ihm profitieren. (Bob Herbert)









      The International Herald Tribune
      www.iht.com
      Avatar
      schrieb am 13.10.03 00:11:24
      Beitrag Nr. 500 ()
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