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    Interessant- alter Spiegel Artikel: Erhards Kritik an Wachstumsdogma - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 26.01.03 16:53:31 von
    neuester Beitrag 10.02.03 12:50:11 von
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      schrieb am 26.01.03 16:53:31
      Beitrag Nr. 1 ()
      DER SPIEGEL, Nr. 25/1983

      Der Verrat an Ludwig Erhard

      Von Herbert Gruhl






      Ludwig Erhard (1897-1977)


      Ludwig Erhard war stets das große Idol der Unionsparteien, ein Idol, das zeitweilig an Leuchtkraft sogar Konrad Adenauer übertraf. Noch auf den Parteitagen der siebziger Jahre brach der Jubel los, wenn nur sein Name fiel. Da wurden sogar Augen feucht.



      Noch heute berufen sich Unionspolitiker gern auf Ludwig Erhards Vermächtnis, bis heute gilt der erste Wirtschaftsminister der Bundesrepublik als ideologischer Gründervater der christlichen Parteien.



      Bei all dieser stolzen Traditionswahrung scheint bis heute niemandem aufgefallen zu sein, wie vollständig die Politiker von CDU/CSU die Grundsätze Ludwig Erhards verraten haben. Die Union hat Erhards Marktwirtschaft durch die Wachstumsideologie ersetzt. Doch Marktwirtschaft und ständige Wachstumswirtschaft schließen einander aus. Ludwig Erhard hat dies, wie sich belegen läßt, oft genug festgestellt.



      Erst in den Jahren nach Erhard wurde das sogenannte wirtschaftliche Wachstum zur Grundlage einer funktionierenden Wirtschaft erklärt, wurde es zur Grundlage der Demokratie und des Staates überhaupt hochgejubelt. „Wenn Nullwachstum einträte, bedeutete das das Ende der Gesellschaftsordnung, in der wir leben“, schrieb 1979 Walther Leisler Kiep.



      Fast gleichlautend hatte es Hans Fridrichs (FDP), der Bundeswirtschaftsminister von 1974 bis 1977, verkündet: „Ein Nullwachstum bis 1985 löscht die Demokratie bei uns aus.“ Franz Josef Strauß prophezeite 1980 für den Fall, daß „es nicht gelingt, die Kernkraft als Energieträger auszubauen“, Schauerliches: „Wir werden miterleben, daß innerstaatliche Ordnungen zerbrechen und in der Revolution der Unzufriedenheit untergehen werden.“



      Daß Politiker, die sich als die Hüter der sozialen Marktwirtschaft aufspielen, für den Fall des „Nullwachstums“ Revolution und Untergang voraussagen, beweist, daß sie ihren Erhard nie begriffen haben. Sie gehören samt und sonders zu den Leuten, die Ludwig Erhard als „Wachstumsfetischisten“ bezeichnet hat. Erhard hat nie das „wirtschaftliche Wachstum“ zum Ziel der Wirtschaftspolitik erklärt.



      In dem Buch „Soziale Marktwirtschaft – Ordnung der Zukunft“, das von Ludwig Erhard und Alfred Müller-Armack im Jahre 1972 herausgegeben wurde, heißt es:



      Es ist also nicht wahr, daß eine Marktordnung, wie die soziale Marktwirtschaft wesentlich auf die Maximierung des Sozialprodukts oder sonst eines Einzelzieles gerichtet ist. Sie ist auf überhaupt kein Ziel gerichtet als nur das ein, ein geordnetes Zusammenleben der Menschen zu ermöglichen, damit jeder seine eigenen Ziele überhaupt erst mit grundsätzlicher Aussicht auf Erfolg verfolgen kann ...

      Glaubt eine Mehrheit von Menschen, Konsum und Wirtschaftswachstum bedeute höchste Lebenserfüllung, so wird die Marktwirtschaft auch die bestmögliche Verfolgung der Ziele Konsum- und Wachstumsmaximierung ermöglichen, aber sie ermöglicht genauso die Verwirklichung ganz anderer Werte durch eine Mehrheit ihrer Mitglieder.



      Erhards Einwände lauteten weiter:



      Es ist ökonomisch höchst naiv, die Meßziffer für Wirtschaftswachstum, die reale Veränderungsrate des Bruttosozialprodukts, in irgendeiner Weise mit der Vorstellung zusammenzubringen, daß die „kollektive Wohlfahrt“ gesteigert wird.



      Erhard und Müller-Armack sprachen 1972 in ihrem Buch abfällig von „Wachstumsratenpolitik“. Die Steigerung des Bruttosozialprodukts, so heißt es ausdrücklich, kann „kein sinnvolles Ziel einer sozialprogrammierten Marktwirtschaftspolitik sein“. Erhard verwendet den Begriff „Wirtschaftswachstum „ fast nie. Wenn er es 1961 noch für möglich hielt, den Wohlstand zu mehren, so stellte er sich doch Wandlungen des Weltbildes und des Lebensgefühls vor. Es könne, so schrieb er, „nicht der Sinn des Lebens und der uns gestellten geschichtlichen Aufgabe sein, noch einmal eine Verdoppelung des Konsums von Gütern – und sonst nichts – zu erreichen“.



      L udwig Erhard hatte sehr wohl begriffen, daß sich seit Beginn der sechziger Jahre in der öffentlichen Meinung und nach 1966 auch in der Politik ein Wandel vollzog. Gerade in Deutschland hatte das sogenannte Wirtschaftswunder eine allgemeine Begeisterung erzeugt. Als das Wunder in der Wirtschaftskrise 1966 erstmals seine Wirkung einbüßte, beeilte sich der Deutsche Bundestag, steigenden Wohlstand für alle Zeiten gesetzlich festzuschreiben. Doch das 1967 beschlossene „Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft“ befindet sich im Widerspruch zu allen Gesetzen der Logik, der Natur und auch der Marktwirtschaft:



      - Wenn etwas immerzu wächst und wächst, dann führt das nicht zu Stabilität, sondern zur Instabilität; denn es kann nur auf Kosten anderer Bereiche immer größer werden.



      - Das echte Wachstum der Natur dieser Erde bleibt stets im Gleichgewicht mit den Gegenkräften: Verfall und Tod.



      - Die Marktwirtschaft ist eine sich selbst regelnde Wirtschaftsordnung, in der sich Angebot und Nachfrage immerzu einpendeln. Die Preise üben dabei die regulierende Funktion aus. Das heißt, daß die sinkende Nachfrage ebenso hinzunehmen ist wie eine steigende.



      W enn der Staat verpflichtet wird, stets einzugreifen, sobald die Nachfrage nicht mehr steigt, dann wird aus der freien Marktwirtschaft eine Staatswirtschaft. Der Staat verhält sich dann so wie die Planwirtschaften des Ostens, er programmiert die Steigerungsraten. Das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz bricht daher mit der Marktwirtschaft.



      Das Gesetz war am 14.9.1966 mit einer Rede des Bundeskanzlers Erhard im Bundestag eingebracht worden – damals als „Gesetz zur Förderung der Stabilität“. Die folgenden Ereignisse wurden auch zur Schicksalsfrage der deutschen Wirtschaft: Ludwig Erhard mußte im Dezember 1966 zurücktreten.



      In der folgenden großen Koalition wurde Karl Schiller Wirtschaftsminister und Franz Josef Strauß Finanzminister. „Aus dem gemeinsamen Gespräch zwischen Bundesfinanzminister und Bundeswirtschaftsminister“ (Schiller) entstand ein Gesetz mit neuer Zielsetzung. Darin heißt es jetzt: „Die Maßnahmen (des Bundes und der Länder) sind so zu treffen, daß sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei steigendem und angemessnem Wirtschaftswachstum beitragen.“



      In dieser Form wurde das Gesetz am 10. Mai 1967 vom Bundestag verabschiedet. Die Abgeordneten aller Parteien stimmten dafür, also auch die der oppositionellen FDP,. Nur einer enthielt sich der Stimme, der CDU-Abgeordnete Dr. Otto Schmidt. Er hatte immerhin erkannt, daß hier mit Hilfe der öffentlichen Finanzen großzügig Wirtschaftspolitik betrieben werden sollte.



      Warum hat Ludwig Erhard, CDU-Abgeordneter und –Präsidiumsmitglied gegen diese Entwicklung nicht Widerstand geleistet? Er hat weder in der abschließenden Debatte gesprochen, noch wird er im Protokoll erwähnt.



      Die Antwort liegt nahe. Erhards Einfluß war nach dem Rücktritt gleich Null. Es wäre ein hoffnungsloser Versuch gewesen, die Entwicklung noch beeinflussen zu wollen. Somit nahmen die Dinge ihren Verlauf. Karl Schiller verkündete in seiner hochtrabenden Sprache „eine zweite Phase der marktwirtschaftlichen Ordnung“ und „den Übergang von einer konventionellen Marktwirtschaft zu einer aufgeklärten Marktwirtschaft“. In Wahrheit hatte Bonn die Marktwirtschaft in eine Wachstumswirtschaft umfunktioniert. Es war eine staatlich zu dirigierende Wirtschaft etabliert worden. Denn wie anders als durch zwangsweise Eingriffe sollte der Staat seine neue gesetzliche Aufgabe, stets für Wachstum zu sorgen, erfüllen?



      In diesen Vorgängen wird der tiefere Grund des Zwiespalts offenbar, der zwischen Erhard und seiner Partei 1966 aufgebrochen war. Die Partei begeisterte sich geradezu für die Wachstumspolitik; doch Erhard wußte um die Unmöglichkeit eines dauernden wirtschaftlichen Wachstums. Er sprach vom Maßhalten und erntete den Spott der Welt, die heute langsam zu begreifen beginnt, wie recht er hatte.



      Ludwig Erhard hat deutlich vorausgesehen, was die Unterordnung der Wirtschaftspolitik unter den Wachstumszwang bedeuten würde. Er hat erkannt, daß Planung dann notwendig wird; daß der Staat von der Globalsteuerung in die detaillierte Lenkung immer kleinerer wirtschaftlicher Einheiten gerät.



      Das alles bewahrheitet sich heute. Bund und Länder wird zur Zeit nicht nur die Verantwortung für einzelne Branchen, sondern sogar für einzelne Firmen aufgehalst. Wir sind jetzt Zeugen einer Kettenreaktion der Hilfen ohne Ende – wobei die Mittel- und Kleinbetriebe erst recht auf der Strecke bleiben.



      E rhard erkannte auch, daß Wachstumspolitik den Interessen der Produzenten mehr dient als denen der Konsumenten. In jeder wachsenden Wirtschaft wachsen die Großbetriebe überproportional, die Zentralisation nimmt zu. In dem von Erhard und Müller-Armack 1972 herausgegebenen Buch heißt es:



      Wachstums Politik bedeutet konkret Förderung der Investitionen durch staatliche Hilfen, Erhöhung der Exportziffern durch eine verschleppte Aufwertung, staatliche Ausfuhrgarantien und Kreditvergünstigungen, öffentliche Regional- und Strukturpolitik durch gezielte Fördermaßnahmen, kurz eine Wiederbelebung des Arsenals der merkantilistischen Wirtschaftspolitik des achtzehnten Jahrhunderts unter völliger Hintansetzung aller Argumente, die seither gegen die einseitige Produzentenorientierung der Wirtschaftspolitik vorgebracht worden sind. Ob die Konsumenten mit den Gütern, die sie für ihr Einkommen kaufen können, wirklich zufrieden sind, gerät in Vergessenheit.



      Erhard spricht sogar von einer „Entthronung des realen Konsumenten durch fiktive Wachstumsziffern“.



      Die Voraussage ist eingetroffen. Die angeblichen Nachfolger Erhards in der CDU und CSU-Chef Franz Josef Strauß forderten all die Jahre eine angebotsorientierte Politik. In Amerika versucht Präsident Reagan mit dieser Politik wieder Steigerungsraten vergangener Jahrzehnte zu erreichen, und in England versucht es Frau Thatcher. Doch in allen Ländern blieben die Bemühungen bisher erfolglos; nicht die Wachstumsraten steigen, sondern die Arbeitslosenziffern und die Staatsschulden.



      I n den Wohlstandsländern, in denen Ideen der Angebotstheoretiker ausprobiert wurden, haben die Politiker die Rechnung ohne den Gast gemacht. Der Gast ist zu selten in das Lokal gekommen. Da empfahlen die Vertreter der Angebotstheorie, die Gastwirtschaft großzügig auszubauen und zu modernisieren, also zu investieren – danach würden schon Gäste kommen, und einstweilen schaffe der Wirtschaftsausbau Arbeitsplätze. Aber es ist höchst fraglich, ob sich die Leute durch die Renovierung tatsächlich zu häufigeren Besuchen des Lokals verlocken lassen.



      Diese Entwicklung hat wieder zu einer Verschiebung des wirtschaftspolitischen Ziels geführt. Nachdem die Wirtschaftspolitiker das Wachstum nicht mehr mit steigenden Bedarf der Konsumenten begründen können, begründen sie es jetzt mit der Notwendigkeit, Arbeitsplätze schaffen zu müssen. Damit wird die Arbeit als solche zum Ziel der ökonomischen Veranstaltung erhoben.



      Das ist schon insofern widersinnig, als sich das technische Zeitalter gerade am intensivsten darum bemüht hat, den Mensch von der Last der Arbeit zu befreien und die Produktion auf Maschinen zu verlagern. Dies ist nun so durchschlagend gelungen, daß einfach nicht mehr für alle Arbeit geschaffen werden kann. Denn selbst das phantastischste wirtschaftliche Wachstum könnte die Arbeitslosigkeit in den fortgeschrittenen westlichen Industrieländern nicht mehr beseitigen.



      Dreistellige Milliardenbeträge werden sinnlos vertan, nur um eine Theorie aufrechtzuerhalten. Ökonomen und Politiker arbeiten kopflos auf den vordersten Deichen, während das gesamte Hinterland bereits unter Wasser steht.



      Während die Wirtschaftspolitiker unverdrossen ihr Heil im weiteren Wachstum suchen, wachsen bei vielen Bürgern die Zweifel an einer stetig wachsenden Warenproduktion. Ludwig Erhard dachte über solche Fragen .. nach, und er fand die Antworten. Sie dürften seltsam in den Ohren jener Unternehmer- und Unions-Repräsentanten klingen, die sich heute so vehement gegen Arbeitszeitverkürzungen sperren. Erhard schrieb 1972:



      Ich glaube nicht, daß es sich bei der wirtschaftspolitischen Zielsetzung der Gegenwart gleichsam um ewige Gesetze handelt. Wir werden sogar mit Sicherheit dahin gelangen, daß zu Recht die Frage gestellt wird, ob es noch immer richtig und nützlich ist, mehr Güter, mehr materiellen Wohlstand zu erzeugen, oder ob es nicht sinnvoller ist, unter Verzichtsleistung auf diesen „Fortschritt“ mehr Freizeit, mehr Besinnung, mehr Muße und mehr Erholung zu gewinnen.



      Ähnliche Gedanken hat Erhard schon 1957 in seinem Buch „Wohlstand für alle“ aufgeschrieben. Damals hielt er eine solche Korrektur der Wirtschaftspolitik noch für verfrüht, aber inzwischen sind fast drei Jahrzehnte vergangen. Um so bemerkenswerter, was er 1957 im Schlußabschnitt seines Buchs schrieb:



      Vielleicht – oder ich meine sogar: gewiß – hat viele von uns die notwendige Hinlenkung aller menschlichen Energien auf die Rückgewinnung und Sicherung unserer materiellen Lebensgrundlagen in die Irre laufen lassen, und dabei ist das rechte Gefühl für die Rangordnung der Werte verlorengegangen. Ob wir die uns unabweisbar gestellte Frage glücklich zu lösen vermögen, wird unser Schicksal ausmachen.



      „Unser Schicksal“ – wie ernst dieses Wort gemeint war, beweist die Frage: „Ist nun aber die Situation, in der wir stehen, hoffnungslos und ausweglos?“ Solche Sätze schrieb der damalige Wirtschaftsminister auf der Höhe seines Ruhmes. Obgleich von aller Welt gefeiert, zeigte er keine Zuversicht in den weiteren Gang der Dinge.



      Solche Gedankengänge lassen den ganzen Niedergang seiner Nachfolger in die Geistlosigkeit ermessen. Sie benahmen sich wie Goethes Zauberlehrling. Und jetzt fehlt der alte Meister. Erhards damalige Warnung, „daß zwar der Zweck der Wirtschaft kein anderer sein könne, als dem Verbrauch (allerdings nicht nur dem primitiv materiellen) zu dienen, daß das aber nicht zugleich auch der Sinn unseres wirtschaftlichen Tuns sein dürfe“ – diese Warnung hat nicht gefruchtet.



      Ganze Völker sind der Sucht erlegen, „auch die qualitativen Werte unserer Umwelt auf eine rechenhafte Formel bringen und sie marktgängig machen zu wollen ...“ Das dies möglich ist, haben in der Folgezeit Politiker aller Parteien geglaubt. Und sie glauben es immer noch. Das Glück wurde zum Gegenstand der Statistik, und seine versprochene Lieferung frei Haus sollte sich durch Wählerstimmen wiederum bar bezahlt machen. Das ist auch am 6. März 1983 noch einmal gelungen. Zum letzten Mal?
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      schrieb am 26.01.03 17:04:36
      Beitrag Nr. 2 ()
      hier ein sehr guter Artikel, wer wirklich von dem Wachstum profitiert:


      Paul Krugman :

      Der amerikanische Albtraum

      Nachdruck aus dem "New York Times Magazine" vom 20. Oktober 2002
      Aus dem Amerikanischen von Sandra Pfister



      Als ich ein Teenager war und auf Long Island nahe New York lebte, machte ich oft Ausflüge zu den Villen an der Nordküste. Diese Villen waren Monumente eines vergangenen Zeitalters, in der sich die Reichen ganze Armeen von Sklaven leisten konnten. Die brauchte man auch, um Häuser von der Größe europäischer Paläste zu unterhalten. Als ich diese Häuser sah, war diese Ära, die wir heute das Goldene Zeitalter nennen, längst Vergangenheit. Kaum eine der Villen auf Long Island war noch in Privatbesitz. Entweder waren sie zu Museen umfunktioniert worden, oder sie wurden als Kindergärten oder Privatschulen genutzt.

      Denn das Amerika der fünfziger und sechziger Jahre, in dem ich aufwuchs, war eine Mittelklassegesellschaft. Die großen Einkommens- und Wohlstandsunterschiede des Goldenen Zeitalters waren verschwunden. Natürlich lebte so mancher reiche Geschäftsmann oder Erbe weit besser als der durchschnittliche Amerikaner. Aber sie waren auf eine andere Weise reich als die Räuberbarone, die sich um die Jahrhundertwende riesige Villen hatten bauen lassen, und sie waren nicht so zahlreich. Die Tage, in denen Plutokraten eine wichtige Rolle in der amerikanischen Gesellschaft gespielt hatten, politisch wie ökonomisch, schienen passé.

      Die tägliche Erfahrung vermittelte uns den Eindruck, in einer einigermaßen gleichen Gesellschaft zu leben. Die wirtschaftlichen Disparitäten waren nicht besonders ausgeprägt. Berufstätige mit höherer Ausbildung - Manager der mittleren Ebene, Lehrer, sogar Anwälte - behaupteten oft, weniger zu verdienen als gewerkschaftlich organisierte Arbeiter. Wer als wohlhabend galt, ließ sich einmal pro Woche eine Putzfrau kommen und verbrachte den Sommerurlaub in Europa. Aber auch diese Wohlhabenden schickten ihre Kinder in öffentliche Schulen und fuhren im eigenen Auto zur Arbeit so wie jeder andere auch.

      Doch das ist lange her. Heute leben wir wieder in einem Goldenen Zeitalter - ähnlich extravagant wie das Original. Villen und Paläste erleben ihr Comeback. 1999 porträtierte das New York Times Magazine den Architekten Thierry Despont, die "Eminenz des Exzesses", der darauf spezialisiert ist, Häuser für die Superreichen zu gestalten. Seine Kreationen entstehen gewöhnlich auf einer Fläche von 2000 bis 6000 Quadratmetern; Häuser am oberen Ende dieser Skala sind kaum kleiner als das Weiße Haus. Natürlich sind auch die Armeen von Bediensteten zurückgekehrt. Ebenso die Yachten.

      Nur wenigen Leuten ist bewusst, wie sehr sich in diesem Land die Kluft zwischen den sehr Reichen und dem Rest innerhalb relativ kurzer Zeit verbreitert hat. Wer sich mit diesem Thema beschäftigt, setzt sich unweigerlich dem Verdacht aus, "Klassenkampf" oder eine "Politik des Neides" zu betreiben. Und nur wenige Leute sind tatsächlich willens, über die weitgehenden Auswirkungen dieser sich immer weiter öffnenden Schere zu sprechen - ökonomische, soziale und politische Auswirkungen.

      Doch was in den USA heute geschieht, kann nur verstehen, wer das Ausmaß, die Ursachen und Konsequenzen der zunehmenden Ungleichheit in den letzten drei Jahrzehnten begreift. Wer begreifen will, wieso es in Amerika trotz allen ökonomischen Erfolgs mehr Armut gibt als in jeder anderen großen Industrienation, der muss sich die Einkommenskonzentration an der Spitze ansehen.


      I. Das neue Goldene Zeitalter

      Das Durcheinander beim Ausscheiden von Jack Welch als Chef des US-Konzerns General Electric hatte einen positiven Nebeneffekt: Es gab Einblick in die Sozialleistungen, die die Wirtschaftselite einstreicht und die der Öffentlichkeit normalerweise verborgen bleiben. Wie sich herausstellte, wurde Welch die lebenslange Nutzung eines Apartments in Manhattan (inklusive Essen, Wein und Wäsche) gewährt, ebenso die Nutzung von Firmenjets und einige andere geldwerte Vorteile im Wert von mindestens zwei Millionen Dollar pro Jahr. Diese Abfindung veranschaulicht, wie sehr Firmenlenker mittlerweile erwarten, ähnlich königlichen Hoheiten des Ancien Régime behandelt zu werden. Finanziell dürften diese Sonderleistungen Welch wenig bedeutet haben. Im Jahr 2000, seinem letzten kompletten Dienstjahr bei General Electric, bezog er ein Einkommen von 123 Millionen Dollar.

      Man mag einwenden, es sei nichts Neues, dass die Chefs amerikanischer Konzerne eine Menge Geld kassieren. Aber es ist neu. Zwar waren sie im Vergleich zum durchschnittlichen Arbeiter immer schon gut bezahlt, doch was ein Manager vor 30 Jahren verdiente und was er heute verdient, ist nicht zu vergleichen.

      In den vergangenen drei Jahrzehnten sind die Gehälter der meisten US-Bürger nur moderat gestiegen: Das durchschnittliche jährliche Einkommen wuchs inflationsbereinigt von 32 522 Dollar im Jahr 1970 auf 35 864 Dollar 1999. Zehn Prozent in 29 Jahren - ein Fortschritt, wenn auch ein bescheidener. Glaubt man dem Fortune Magazine, stiegen in derselben Zeit die Jahresgehälter der Firmenchefs der 100 größten US-Unternehmen aber von 1,3 Millionen Dollar - dem 39fachen des Gehaltes eines durchschnittlichen Arbeiters - auf 37,5 Millionen Dollar, dem mehr als 1000fachen Lohn eines normalen Arbeitnehmers.

      Diese Explosion der Vorstandsgehälter in den vergangenen 30 Jahren ist an sich schon erstaunlich. Aber sie deutet nur auf einen größeren Zusammenhang hin: die erneute Konzentration von Einkommen und Wohlstand in den USA.

      Offizielle Erhebungen belegen, dass ein wachsender Einkommensanteil an die oberen 20 Prozent der Familien fließt, und innerhalb dieser Schicht besonders an die obersten fünf Prozent, während die Familien in der Mitte immer weniger abbekommen. Dies sind die Fakten. Trotzdem beschäftigt sich eine ganze, gut finanzierte Industrie damit, sie zu leugnen. Konservative Denkfabriken produzieren reihenweise Studien, die diese Daten, die Methoden ihrer Erhebung und die Motive jener Statistiker diskreditieren sollen, die doch nur das Offensichtliche berichten. Vor vier Jahre hielt Alan Greenspan - wer konnte diesen Mann ernsthaft für objektiv halten? - eine Rede bei der Konferenz der US-Notenbank in Jackson Hole. Die Rede war ein einziger Versuch, die reale Zunahme von Ungleichheit in Amerika abzustreiten.

      Tatsächlich jedoch haben Studien, die sich seriös um das Aufspüren hoher Einkommen bemühen, zu erschreckenden Ergebnisse geführt. Eine kürzlich veröffentlichte Untersuchung des unabhängigen Haushaltsamts des amerikanischen Kongresses hat beispielsweise Daten zur Einkommensteuer und andere Quellen herangezogen, um die bisherigen Schätzungen zu verbessern. Dabei stellte sich heraus, dass zwischen 1979 und 1997 die Nettoeinkommen des obersten Prozents der Bestverdienenden um 157 Prozent stiegen - gegenüber zehn Prozent bei den durchschnittlichen Einkommen. Noch aufrüttelnder sind die Ergebnisse einer Studie von Thomas Piketty und Emmanuel Saez vom französischen Forschungsinstitut Cepremap. Piketty und Saez nutzten Daten aus der Erhebung der Einkommensteuer, um die Einkommen von Wohlhabenden, Reichen und sehr Reichen bis zurück ins Jahr 1913 zu schätzen.

      Aus diesen Berechnungen kann man einiges lernen. Zunächst, dass das Amerika meiner Jugend weniger als normaler Zustand unserer Gesellschaft gelten sollte, sondern eher als Interregnum zwischen zwei Goldenen Zeitaltern. In der amerikanischen Gesellschaft vor 1930 kontrollierten wenige Superreiche einen Großteil des Wohlstandes. Eine Mittelklassegesellschaft wurden wir erst, nachdem sich die Einkommenskonzentration während des New Deal von Präsident Franklin D. Roosevelt und besonders während des Zweiten Weltkriegs auflöste. Die Wirtschaftshistoriker Claudia Goldin und Robert Margo haben die Verengung der Einkommenskluft während dieser Jahre "Great Compression", Große Kompression, getauft. Bis in die siebziger Jahre blieben die Einkommen relativ gleichmäßig verteilt: Der rapide Anstieg der Einkommen der ersten Nachkriegsgeneration verteilte sich gleichmäßig auf die Gesamtbevölkerung.

      Seit den siebziger Jahren klaffen die Einkommen allerdings zunehmend auseinander. Und die großen Gewinner sind die Superreichen. Ein häufig gebrauchter Trick, um die wachsende Ungleichheit herunterzuspielen, ist der Rückgriff auf relativ grobe statistische Aufschlüsselungen. Ein konservativer Kommentator wird zwar zum Beispiel einräumen, dass tatsächlich die obersten zehn Prozent der Steuerzahler einen immer höheren Anteil am nationalen Einkommen abbekommen. Aber dann kann er gelassen darauf verweisen, dass bereits ein Einkommen von 81 000 Dollar aufwärts zu diesen zehn Prozent zählt. Demnach reden wir nur von Einkommensverschiebungen innerhalb der Mittelschicht, oder?

      Falsch. Die oberen zehn Prozent umfassen zwar tatsächlich eine Menge Leute, die wir der Mittelklasse zuordnen würden. Sie aber waren nicht die großen Gewinner. In Wahrheit profitierte das oberste eine Prozent der bestverdienenden zehn Prozent vom Einkommenszuwachs mehr als die folgenden neun Prozent der Steuerzahler. 1998 verdienten alle, die unter dieses eine Prozent fielen, jeweils mehr als 230 000 Dollar. Andererseits wanderten 60 Prozent der Zuwächse dieses einen Prozents in die Taschen von 0,1 Prozent, nämlich derjenigen, die über ein Einkommen von über 790 000 Dollar verfügten. Und fast die Hälfte dieser Steigerungen wiederum floss 13 000 Steuerzahlern zu, den obersten 0,01 Prozent, die über ein Einkommen von mindestens 3,6 Millionen Dollar, im Durchschnitt aber über Einnahmen von 17 Millionen Dollar verfügten.

      Diese Schätzungen stammen aus dem Jahr 1998. Hat sich der Trend seitdem umgekehrt? Mit ziemlicher Sicherheit nicht. Alles weist darauf hin, dass die Einkommen an der Spitze im Jahr 2000 weiter nach oben schnellten. Seither fielen die hohen Einkommen wegen der fallenden Aktienkurse vermutlich etwas niedriger aus. Aber bereits für das Jahr 2001 weisen Erhebungen ein wieder wachsendes Auseinanderklaffen der Einkommen aus, was vor allem mit den Auswirkungen der Rezession auf die Geringverdiener zusammenhängt. Am Ende der derzeitigen Konjunkturschwäche werden wir uns mit ziemlicher Sicherheit in einer Gesellschaft wiederfinden, in der die Ungleichheit größer ist als in den späten Neunzigern.

      Es ist also keineswegs übertrieben, von einem zweiten Goldenen Zeitalter zu sprechen. Als die Mittelklasse in Amerika an Boden gewann, war die Klasse der Villenbauer und Yachtbesitzer weitgehend verschwunden. 1970 besaßen 0,01 Prozent der Steuerzahler 0,7 Prozent des Gesamteinkommens - sie verdienten also "nur" 70-mal so viel wie der Durchschnitt, nicht genug, um eine Riesenresidenz zu kaufen oder zu unterhalten. 1998 hingegen flossen mehr als drei Prozent des Gesamteinkommens den oberen 0,01 Prozent zu. Das bedeutet, dass die 13 000 reichsten Familien in Amerika über fast ebenso viel Geld verfügten wie die 20 Millionen ärmsten Haushalte; die Einkommen dieser 13 000 Familien waren etwa 300-mal so hoch wie die der durchschnittlichen Familien. Und dieser Wandel ist längst noch nicht abgeschlossen.


      II. Rücknahme des New Deal

      Mitte der Neunziger, als die Ökonomen eine Veränderung der Einkommensverteilung in Amerika ausmachten, formulierten sie drei Haupthypothesen über ihre Ursachen.

      Die Globalisierungsthese verknüpfte die sich verändernde Einkommensverteilung mit dem Wachstum des Welthandels, besonders mit dem zunehmenden Import verarbeiteter Güter aus der so genannten Dritten Welt. Diese These besagt, dass Arbeiter - Leute, die in meiner Jugend oft ebenso viel verdienten wie Manager der mittleren Ebene mit College-Abschluss - gegenüber den billigen Arbeitskräften aus Asien nicht konkurrenzfähig waren. Folglich stagnierten die Löhne normaler Leute oder sanken sogar, während ein größerer Anteil des nationalen Einkommens an die besser Ausgebildeten ging.

      Eine zweite Hypothese sah den Grund für die wachsende Ungleichheit nicht im Außenhandel, sondern in den Innovationen im Inland. Der ständige Fortschritt in der Informationstechnologie hatte demnach die Nachfrage nach hoch qualifizierten Arbeitskräften stimuliert. Die Einkommen verteilten sich also zunehmend nach Hirn statt nach Muskeln.

      Die "Superstar"-Hypothese des Chicagoer Ökonomen Sherwin Rosen variierte die These vom technologischen Fortschritt. Rosen argumentierte, moderne Kommunikationstechnologien machten den Wettbewerb häufig zu einem Wettkampf, bei dem der Gewinner reich belohnt werde, während die Unterlegenen weit weniger bekämen. Als klassisches Beispiel dient die Unterhaltungsbranche. Rosen führte an, dass früher Hunderte von Komödianten ihr bescheidenes Auskommen durch Live Shows verdienen konnten. In den Zeiten des Fernsehens sind die meisten verschwunden, übrig geblieben sind ein paar TV-Superstars.

      Die Verfechtern dieser drei Hypothesen trugen erbitterte Kämpfe aus. In den vergangenen Jahren haben jedoch viele Ökonomen ein Gespür dafür entwickelt, dass keiner dieser Erklärungsansätze trägt.

      Die Globalisierung kann zwar die sinkenden Arbeitergehälter teilweise erklären, kaum aber den 2500-prozentigen Anstieg der Vorstandsgehälter. Technologischer Fortschritt mag erklären, warum die Top-Gehälter mit zunehmendem Bildungsgrad gestiegen sind. Aber es ist schwer, dies mit der wachsenden Ungleichheit unter den College-Absolventen in Einklang zu bringen. Die Superstar-Theorie ist auf den Star-Talkmaster Jay Leno anwendbar, erklärt aber nicht, wieso Tausende von Leuten ungeheuer reich wurden, ohne zum Fernsehen zu gehen.

      Auch die Große Kompression - die substanziell sinkende Ungleichheit während des New Deal und des Zweiten Weltkriegs - ist mithilfe der gängigen Theorien schwer zu verstehen. Während des Kriegs ließ Roosevelt die Lohnentwicklung staatlich kontrollieren, um Einkommensunterschiede auszugleichen. Aber wäre die Mittelklassegesellschaft nur ein Kunstprodukt des Krieges gewesen, hätte sie dann weitere 30 Jahre lang Bestand gehabt?

      Manche Ökonomen nehmen mittlerweile eine These ernst, die sie noch vor einer Weile für verrückt gehalten hätten. Diese These betont die Rolle sozialer Normen, die der Ungleichheit Schranken setzt. Der New Deal hatte demnach einen viel tieferen Einfluss auf die amerikanische Gesellschaft, als ihm selbst glühende Bewunderer jemals zugestanden hätten. Er setzte Normen relativer Gleichheit, die die kommenden 30 Jahre überdauerten.

      Diese Normen wurden seit den siebziger Jahren ausgehöhlt.

      Ein Beleg dafür ist die Entlohnung von Führungskräften. In den sechziger Jahren verhielten sich die großen amerikanischen Unternehmen eher wie sozialistische Republiken und nicht wie kapitalistische Halsabschneider, und die Firmenchefs verhielten sich eher wie auf das öffentliche Wohl bedachte Bürokraten und nicht wie Industriekapitäne.

      35 Jahre später schreibt das Magazin Fortune: "Überall in Amerika kassierten die Führungskräfte in Aktien ab, während ihre Unternehmen vor die Hunde gingen."

      Lässt man die aktuellen Vergehen beiseite und fragt, wie die relativ bescheidenen Gehälter der Top-Angestellten von vor 30 Jahren zu gigantischen Entlohnungspaketen anwuchsen, stößt man auf zwei Erklärungsstränge.

      Der optimistischere stellt eine Analogie her zwischen der Explosion der Gehälter von Konzernchefs und der Explosion der Gehälter von Baseball-Spielern. Sie besagt, dass hoch bezahlte Chefs ihr Geld wert sind, weil sie einfach die richtigen Männer für diesen Job sind. Die pessimistischere Sicht - die ich plausibler finde - besagt, dass die Jagd nach Talenten eine untergeordnete Rolle spielt. Denn schließlich gingen die voll gepackten Lohntüten oft genug an Leute, deren Leistung bestenfalls mittelmäßig war. In Wirklichkeit werden viele so gut bezahlt, weil sie es sind, die die Mitglieder des Aufsichtsrats ernennen - und der wiederum legt ihre Kompensation fest. Es ist also nicht die unsichtbare Hand des Marktes, die zu den monumentalen Bezügen führt. Es ist der unsichtbare Handschlag in den Hinterzimmern der Unternehmenszentralen.

      Vor 30 Jahren wurden Vorstände weniger großzügig bedacht, weil die Angst vor einem öffentlichen Aufschrei die höheren Gehälter unter Kontrolle hielt. Heute empört sich niemand mehr. Insofern spiegelt die Explosion der Gehälter von Führungskräften eher einen sozialen Wandel wider als die rein ökonomischen Kräfte von Angebot und Nachfrage.

      Wie aber konnte sich die Unternehmenskultur so verändern?

      Ein Grund ist die gewandelte Struktur der Finanzmärkte. In seinem Buch Auf der Suche nach dem Unternehmensretter argumentiert Rakesh Khurana von der Harvard Business School, in den achtziger und neunziger Jahren sei der Kapitalismus der Manager durch den Kapitalismus der Investoren ersetzt worden. Institutionelle Investoren ließen die Konzernchefs nicht länger selbst ihre Nachfolger aus der Mitte der Firma heraus bestimmen. Sie wollten heroische Führergestalten, oft von außerhalb, und waren bereit, immense Summen dafür zu bezahlen. Khurana brachte dies im Untertitel seines Buches auf den Punkt: Die irrationale Suche nach charismatischen Vorstandschefs.

      Moderne Management-Theoretiker hingegen glauben nicht, dass dies so irrational war. Seit den achtziger Jahren wurde die Bedeutung von leadership, von persönlicher, charismatischer Führung, zunehmend betont. Als Lee Iacocca von Chrysler in den frühen Achtzigern eine Berühmtheit wurde, war er eine Besonderheit. Khurana berichtet, dass die Business Week 1980 lediglich einen Vorstandschef auf dem Titelblatt hatte. 1999 waren es bereits 19. Und als es für einen Konzernlenker erst einmal als normal oder sogar notwendig galt, berühmt zu sein, wurde es auch leichter, ihn reich zu machen.


      III. Der Preis der Ungleichheit

      Auch die Ökonomen trugen dazu bei, dass Gehälter in vorher undenkbarer Höhe möglich wurden. In den achtziger und neunziger Jahren behauptete eine Flut von akademischen Abhandlungen, dass die Filmfigur Gordon Gekko aus Oliver Stones Wallstreet Recht hatte: Gier ist gut. Wer Führungskräfte zur Spitzenleistung treiben wolle, müsse ihre Interessen mit denen der Aktionäre in Einklang bringen, argumentierten diese Studien. Und das sollte durch die großzügige Gewährung von Aktien oder Aktienoptionen geschehen.

      Piketty und Saez schlagen vor, die Entwicklung der Gehälter in den Führungsetagen in einem breiteren Kontext zu sehen. Löhne und Gehälter sind von sozialen Normen bestimmt - weit mehr, als die Ökonomen und Verfechter des freien Marktes sich vorstellen mögen. In den dreißiger und vierziger Jahren wurden neue Gleichheitsnormen etabliert, vor allem auf politischem Wege. In den Achtzigern und Neunzigern wurden diese Normen demontiert und durch einen Ethos des anything goes ersetzt. Die Folge war die Explosion der Spitzeneinkommen.

      Trotz allem: Amerika ist noch immer das reichste der großen Länder dieser Welt, mit einem realen Bruttoinlandsprodukt (BIP), das 20 Prozent höher ist als etwa das von Kanada. Aber: Die Lebenserwartung in den USA ist um einiges niedriger als in Kanada, Japan und jedem größeren Land Westeuropas. Im Durchschnitt haben wir Amerikaner eine Lebenserwartung, die etwas unter der der Griechen liegt. Dabei war es ein amerikanischer Glaubenssatz, dass die Flut alle Boote steigen lässt - dass also alle vom zunehmenden Wohlstand profitieren. Hat unser wachsender nationaler Reichtum sich etwa nicht in einem hohen Lebensstandard für alle Amerikaner niedergeschlagen?

      Die Antwort ist: Nein. Amerika hat zwar ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als alle übrigen großen Industrieländer, das aber vor allem weil die Reichen viel reicher sind als anderswo. Wir Amerikaner sind stolz auf unserer rekordverdächtiges Wirtschaftswachstum. Nur: In den letzten Jahrzehnten kam nur wenig von diesem Wachstum bei normalen Familien an. Das durchschnittliche Familieneinkommen ist nur um 0,5 Prozent jährlich gestiegen.

      Darüber hinaus spiegeln die Einkommensstatistiken die zunehmenden Risiken der Arbeitswelt für normale Arbeiter kaum wider. Als der Autokonzern General Motors noch als Generous Motors bekannt war, konnten sich die meisten Mitarbeiter ihres Jobs ziemlich sicher sein. Sie wussten, die Firma würde sie nur im Extremfall feuern. Viele hatten Verträge, die ihnen eine Krankenversicherung garantierten, selbst bei einer Entlassung. Ihre Pensionen hingen nicht vom Aktienmarkt ab. Mittlerweile sind Massenentlassungen auch bei etablierten Unternehmen üblich. Und Millionen von Leuten mussten erleben, dass ein betrieblicher Pensionsplan keineswegs eine komfortable Rente garantiert.

      Manche Leute mögen dem entgegnen, dass das System der USA bei aller Ungleichheit auch für höhere Einkommen sorge. Dass also nicht nur unsere Reichen reicher sind als anderswo, sondern dass es auch der typischen amerikanischen Durchschnittsfamilie besser gehe als den Menschen in anderen Ländern, ja sogar unseren Armen.

      Doch das ist nicht wahr. Man sieht das am Beispiel von Schweden, der großen bête noire der Konservativen. Die Lebenserwartung in Schweden liegt um drei Jahre höher als in den USA. Die Kindersterblichkeit ist halb so hoch und Analphabetentum weit weniger verbreitet als in Amerika.

      Zwar weist Schweden ein geringeres Durchschnittseinkommen auf als die USA, aber das liegt vor allem daran, dass unsere Reichen so viel reicher sind. Einer normalen schwedischen Familie hingegen geht es besser als der entsprechenden amerikanischen Familie: Die Einkommen sind höher, und die höhere Steuerlast wird durch die öffentliche Gesundheitsvorsorge und die besseren öffentlichen Dienstleistungen wieder wettgemacht. Und selbst schwedische Familien, die zu den 10 Prozent der Ärmsten gehören, verfügen über ein 60 Prozent höheres Einkommen als vergleichbare amerikanische Familien. Mitte der Neunziger lebten nur 6 Prozent aller Schweden von weniger als 11 Dollar pro Tag. In den USA waren es 14 Prozent.

      Der Vergleich zeigt: Selbst wenn man die große Ungleichheit in den USA als den Preis ansieht, den wir für unsere große Wirtschaftskraft bezahlen, ist nicht klar, dass das Ergebnis diesen Preis wert ist. Denn die Ungleichheit in den USA hat ein Niveau erreicht, das kontraproduktiv ist.

      Zum Beispiel die außergewöhnlich hohen Gehältern der heutigen Top-Manager. Sind sie gut für die Wirtschaft?

      Nach dem Platzen der Spekulationsblase zeigt sich, dass wir alle für diese dicken Lohnpakete aufkommen mussten. Wahrscheinlich haben die Aktionäre und die Gesellschaft insgesamt einen Preis bezahlt, der die Geldmenge, die an die Manager gezahlt wurde, bei weitem übertraf.

      Ökonomen, die sich mit Wirtschaftskriminalität beschäftigen, versichern, Verbrechen sei ineffizient - in dem Sinne, dass ein Verbrechen die Wirtschaft mehr kostet als das Gestohlene. Verbrechen leiten Energie und Ressourcen weg von dem, was nützlich ist: Kriminelle verwenden ihre Zeit eher aufs Stehlen als aufs Produzieren, potenzielle Opfer aufs Schützen ihres Eigentums. Das gilt auch für Wirtschaftskriminalität. Manager, die ihre Tage damit verbringen, das Geld ihrer Aktionäre in die eigenen Taschen zu leiten, haben keine Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben (denken Sie an Enron, WorldCom, Tyco, Global Crossing, Adelphia ...).

      Das Hauptargument für ein System, in dem einige Leute sehr reich werden, war immer: Die Aussicht auf Reichtum ist ein Leistungsanreiz. Nur: Für welche Leistung? Je mehr bekannt wird, was in amerikanischen Firmen vor sich ging, desto unklarer wird, ob diese Anreize die Manager dazu gebracht haben, in unser aller Interesse zu arbeiten.


      IV. Ungleichheit und Politik

      Im September debattierte der Senat über den Vorschlag, US-Bürger, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, um in den USA keine Steuern zahlen zu müssen, mit einer einmaligen Steuer auf Kapitalgewinne zu belegen. Senator Phil Gramm wetterte dagegen: Dieser Vorschlag stamme "direkt aus Nazideutschland". Ziemlich heftig, aber nicht heftiger als die Metapher, die Daniel Mitchell von der Heritage Foundation in einem Beitrag in der Washington Times benutzte, um eine Gesetzesvorlage zu charakterisieren, die Unternehmen daran hindern sollte, ihren Firmensitz aus Steuergründen zu verlegen. Er verglich dieses Vorhaben mit dem infamen Erlass des Verfassungsgerichts von 1857, der den Bundesstaaten im Norden vorschrieb, geflohene Sklaven in die Südstaaten zurückzubringen.

      Solche Äußerungen sind Indikatoren großer Veränderungen in der amerikanischen Politik. Zum einen sind unsere Politiker immer weniger geneigt, sich auch nur den Anschein von Mäßigung zu geben. Zum anderen neigen sie immer stärker dazu, die Interessen der Wohlhabenden zu bedienen. Und ich meine wirklich die Wohlhabenden, nicht nur die, denen es finanziell gut geht. Nur wer mindestens über ein Nettovermögen von mehreren Millionen Dollar verfügt, könnte es für nötig befinden, ein Steuerflüchtling zu werden.

      Eigentlich hätte man erwarten können, dass die Politiker auf die sich öffnende Einkommensschere reagieren, indem sie vorschlagen, den Reichen Geld aus der Tasche zu ziehen. Vermutlich hätte das Wählerstimmen gebracht. Stattdessen nutzt die Wirtschaftspolitik vor allem den Wohlhabenden. Die wichtigsten Steuererleichterungen der vergangenen 25 Jahre, unter Reagan in den Achtzigern und jetzt unter Bush, hatten alle eine Schieflage: Sie begünstigen die ohnehin schon ziemlich Reichen.

      Das stärkste Beispiel dafür, wie die Politik zunehmend die Wohlhabenden begünstigt, ist das Ansinnen, die Erbschaftsteuer abzuschaffen. Diese Steuer trifft überwiegend die Reichen. 1999 wurden nur zwei Prozent aller Erbschaften überhaupt besteuert, und die Hälfte des Steueraufkommen stammte von 3300 Haushalten - also von nur 0,16 Prozent aller amerikanischen Haushalte, deren Besitz aber durchschnittlich 20 Millionen Dollar wert war. Die 467 Erben, deren Besitz 20 Millionen Dollar überstieg, zahlten ein Viertel der Steuer.

      Eigentlich wäre zu erwarten, dass eine Steuer, die so wenige Leute trifft, aber so große Erträge bringt, politisch sehr populär ist. Zudem könnte diese Steuer demokratische Werte fördern, weil sie die Möglichkeit der Reichen einschränkt, Dynastien zu formen. Woher also der Druck, sie aufzuheben, und warum war diese Steuererleichterung das Herzstück der Steuerreform George W. Bushs?
      Die Antwort fällt leicht, wenn man sieht, wem die Abschaffung der Steuer zugute kommt. Zwar würden nur wenige von einer Aufhebung der Erbschaftsteuer profitieren. Aber diese wenigen haben eine Menge Geld, und beruflich kontrollieren sie meist noch mehr. Genau diese Sorte Mensch zieht die Aufmerksamkeit von Politikern auf sich, die auf der Suche nach Wahlkampfspenden sind.

      Aber auch ein breiteres Publikum wurde davon überzeugt, dass die Erbschaftsteuer eine schlechte Sache sei. Wer so denkt, ist meist überzeugt, dass kleine Unternehmen und Familien die Hauptlast der Steuer tragen - was schlicht nicht stimmt. Diese falschen Vorstellungen aber wurden gezielt gefördert - etwa durch die Heritage Foundation. Die wiederum wurde von reichen Familien gegründet.

      Konservative Anschauungen, die gegen Steuern für Reiche kämpfen, sind nicht zufällig so verbreitet. Geld kann nicht nur direkten Einfluss kaufen, sondern man kann es auch verwenden, um die öffentliche Wahrnehmung zu verändern. Die liberale Gruppierung People for the American Way veröffentlichte einen Bericht mit dem Titel Eine Bewegung kaufen. Darin berichtet sie, wie konservative Stiftungen, Denkfabriken und Medien große Summen zur Verfügung stellen, um ihren Anliegen Gehör zu verschaffen.


      V. Plutokratie?

      Weil die Reichen immer reicher werden, könnten sie sich außer Gütern und Dienstleistungen auch eine Menge anderer Sachen kaufen. Mit Geld lässt sich Einfluss auf die Politik erwerben, selbst Unterstützung aus intellektuellen Kreisen, wenn man es geschickt anstellt. Wachsende Einkommensunterschiede in den USA haben also nicht etwa dazu geführt, dass die Linken aufschreien und den Reichen ans Leder wollen. Stattdessen entstand eine Bewegung, die den Wohlhabenden mehr von ihren Erträgen belassen und ihnen das Weitervererben ihres Reichtums erleichtern will.

      Das erhöht die Wahrscheinlichkeit eines sich selbst verstärkenden Prozesses. Während sich die Kluft zwischen Reichen und Armen weitet, kümmert sich die Wirtschaftspolitik zunehmend um die Interessen der Elite. Gleichzeitig bleibt für öffentliche Dienstleistungen, vor allem für Schulen, kaum noch Geld bleibt.

      1924 erstrahlten die Villen an der Nordküste von Long Island noch in ihrem vollen Glanz, ebenso wie die politische Macht der Klasse, die sie besaß. Als der Gouverneur von New York, Al Smith, vorschlug, öffentliche Parks anzulegen, erntete er bitteren Protest. Ein Villenbesitzer, der "Zuckersultan" Horace Havemeyer, entwarf ein abschreckendes Szenario: Die Nordküste würde von "Gesindel aus der Stadt überrannt". - "Gesindel?", antwortete Smith, "Sie reden von mir." Letztlich bekamen die New Yorker ihre Parks, aber um ein Haar hätten die Interessen einiger hundert reicher Familien die Bedürfnisse der Mittelklasse von New York City ausgestochen.

      Diese Zeiten sind vorbei. Wirklich? Die Einkommensunterschiede sind wieder so groß wie in den zwanziger Jahren. Ererbter Wohlstand spielt noch keine bedeutende Rolle, aber mit der Zeit - und der Aufhebung der Erbschaftsteuer - züchten wir uns eine Elite der Erben, die sich vom normalen Amerikaner so weit entfernt haben wird wie der alte Horace Havemeyer. Und die neue Elite wird - wie die alte - enorme politische Macht haben.

      Kevin Philipps schließt sein Buch Wohlstand und Demokratie mit einer Warnung: "Wenn wir die Demokratie nicht erneuern und die Politik wieder zum Leben erwecken, wird der Wohlstand ein neues, weniger demokratisches Regime zementieren - eine Plutokratie." Eine extreme Einschätzung. Aber wir leben in extremen Zeiten.

      Bin ich zu pessimistisch? Selbst meine liberalen Freunde sagen mir, ich solle mir keine Sorgen machen, unser System sei elastisch, die Mittelachse werde halten. Ich hoffe, dass sie Recht haben. Unser Optimismus, dass unsere Nation am Ende letztlich doch immer ihren Weg findet, rührt aus der Vergangenheit her - einer Vergangenheit, in der Amerika eine Mittelklassegesellschaft war. Aber damals war das Land noch ein anderes.

      siehe auch: http://www.pkarchive.org


      Paul Krugman wurde 1953 in Long Island, New York, geboren. An der Yale University erhielt er 1974 seinen B.A. und bereits im Alter von 24 schloß er seine Promotion am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) ab. Bereits im selben Jahr erhielt er seine erste Professur an der Yale University. Zwischen 1980 und 2000 war Krugman zunächst Associate Professor, schließlich Ford International Professor of Economics am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston. In den Jahren zwischen 1994 und 1996 lehrte Krugman an der Stanford University. Seit kurzem ist er an der Princeton University tätig. Daneben hält er sich immer wieder zu Forschungszwecken am National Bureau of Economic Research (NBER) auf.
      In den Jahren 1982 und 1983 war er Mitglied des U.S. Council of Economic Advisors (entsprechend dem deutschen Sachverständigenrat) unter Präsident Ronald Reagan. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit schreibt er als Kolumnist für zahlreiche Zeitungen, u.a. New York Times, Slate und Fortune. Dabei ist Krugman bekannt für seine Fähigkeit, komplexe ökonomische Sachverhalte mit seinem einfachen und klaren Stil einer breiten Öffentlichkeit verständlich zu machen, wobei er auch immer das Gespräch zu Nicht-Ökonomen sucht.
      Seine Arbeit wurde u.a. 1991 durch die Verleihung der John Bates Clark-Medaille für den besten Nachwuchswissenschaftler unter 40 Jahren gewürdigt. Im Jahr 1998 erhielt Krugman die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin. In jüngster Zeit wurden drei seiner Bücher ins Deutsche übersetzt: "Der Mythos vom globalen Wirtschaftskrieg" (1999), "Die Grosse Rezession" (1999) und "Schmalspur-Ökonomie" (2000), alle erschienen beim Campus Verlag, Frankfurt/New York.
      Im Mikroökonomischen Bereich zählt Krugman zum Mitbegründer der so genannten "New Trade Theory", die Erkenntnisse der Industrieökonomik auf Fragestellungen des Internationalen Handels anwendet. Dabei wird beispielsweise erklärt, wie die selben Güter von einem Land gleichzeitig exportiert und importiert werden können, welche Auswirkungen Marktmacht und unvollständiger Wettbewerb auf den internationalen Handel haben und warum Länder mit gleicher Ressourcenausstattung und Industriestruktur miteinander Handel betreiben. Ebenso herausragend sind seine Arbeiten auf dem Gebiet der Makroökonomik, wo Krugman wesentliche Beiträge zur Theorie von Währungskrisen und Wechselkurssschwankungen leistete. Beispielsweise analysierte er, wie eine historisch stabile Währung plötzlich starke Schwankungen erfährt und somit eine Zahlungsbilanzkrise verursacht.
      Avatar
      schrieb am 26.01.03 17:08:56
      Beitrag Nr. 3 ()
      Das sind Folgen davon:

      #8 von Saismo 22.01.03 22:09:20 Beitrag Nr.: 8.388.002 8388002
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      #1

      "Was hat uns soweit gebracht?"


      1. Wirtschaftliches Wachstum als Selbstzweck bzw. Verwandlung von Geld in mehr Geld als Selbstzweck, abgekoppelt von jeglichen existentiellen und metaphysischen Fragen. Die Menschen merken nur, dass die Bedeutung des Geldes immer mehr steigt während ihre eigene sinkt.

      2. Die Menschen sind zu Zugochsen der abstrakten Arbeit gemacht worden, nämlich einer fremdbestimmten, jenseits der eigenen Bedürfnisse und außerhalb der eigenen Kontrolle liegenden Tätigkeit unterworfen worden.

      3. Die abhängige Lohnarbeit und damit die unaussprechliche Selbsterniedrigung des Sichverkaufen-Müssens, wurde zum Inbegriff menschlicher Freiheit umredigiert. Diese Besudelung des Freiheitsbegriffs, die im Lobpreis der Selbstprostitution gipfelt, hat die erstaunlichste Karriere in der Geschichte des menschlichen Denkens gemacht.

      4 .So tendiert dieses System dazu, jedes Gemeinwesen (Familien, autonome Selbstversorgunsgemeinschaften) vollständig aufzulösen und an die Stelle kulturell bestimmter Gemeinsamkeit und gegenseitiger sozialer Verpflichtung die reine Geldbezieung treten zu lassen

      #14 von Saismo 22.01.03 23:22:44 Beitrag Nr.: 8.388.641 8388641
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      #sittin bull

      Der Zins spielt eine wesentliche Rolle in dieser Entwicklung. Durch den Zins wächst das Geldvermögen jedes Jahr weiter an. Was der eine als Zinsgewinn hat, muß ein anderer als Verschuldung verbuchen . Aus diesem Grund würde der produzierende Bevölkerungsanteil ohne Wirtschaftswachstum verarmen. Deshalb sind die Entscheidgunsträger in Politik und Wirtschaft bemüht, die Wirtschaftsleistung so weit wie möglich zu erhöhen, um den steigenden Anteil der Kapitalverzinsung in der Volkswirtschaft bezahlen zu können und einen Systemzusammenbruch zu verhindern. Dies ist vergleichbar mit einem Krebskranken, der sein Körperwachstum immer mehr steigerte, damit der Anteil des wachsenden Tumors konstant bliebe. Sobald sein Wachstum auch nur etwas langsamer oder aufhören würde, hätte das zur Folge, daß der Anteil der Tumorzellen letzlich die Oberhand gewinnen würde und das Ende nur noch eine Frage der Zeit wäre!!!

      Da das Wirtschaftswachstum aufgrund des Zinssystems ständig gesteigert werden muss, treten gerade ökologische Belange in den Hintergrund, denn ständiges Wirtschaftswachstum erfordert einen immer höheren Energie- und Rohstoffverbrauch, während die produzierte Müllmenge kontunuierlich ansteigt.

      #16 von Saismo 22.01.03 23:45:50 Beitrag Nr.: 8.388.781 8388781
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      #9

      Das Leitbild des Wirtschaftsliberalismus stellt den Menschen als konkurrenzsubjekt noch unter die Tierwelt, denn derart auf einen „Krieg aller gegen alle“ sind nicht einmal die tierischen Instinkte konditioniert.

      Rücksichtslose Konkurrenz ist jedoch dem Menschen nicht angeboren, sondern ist die Folge der erfolgreichen Konditionierung, der wir seit etwa 5 Jahrhunderten ausgesetzt sind. Dies zeigen u.a. die hohen Selbstmordraten sowie der hohe Anteil an psychisch Kranken in unserer "Wohlstandgesellschaft" im Vergleich zu traditionelleren Gesellschaften bzw. Naturvölkern. Es ist in diesem Zusammenhang interessant zu beobachten, dass diese Begleiterscheinungen (Selbstmord, psychische Krankheiten) auch vermehrt in Entwicklungsländern auftreten, je mehr diese sich dem Diktat der Geldvermehrung als selbstzweck unterwerfen.

      Das menschliche Wohlbefinden ist in fast allen Dingen nur durch befriedigende soziale Beziehungen und in einem Raum sozialer Geborgenheit und Kooperation möglich.


      #18 von Saismo 23.01.03 01:00:53 Beitrag Nr.: 8.389.483 8389483
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      @KoenigvonAtlantis

      "Der Markt ist im Liberalismus sogar die soziale Veranstaltung schlechthin."

      Meine Rede! Und darin liegt das Problem:

      So tendiert der Wirtschaftsliberalismu dazu, jedes Gemeinwesen (Familien, autonome Selbstversorgunsgemeinschaften) vollständig aufzulösen und an die Stelle kulturell bestimmter Gemeinsamkeit und gegenseitiger sozialer Verpflichtung [B) die reine Geldbezieung treten zu lassen.

      Deine Aussage "der Markt ist im Liberalismus sogar die soziale Veranstaltung schlechthin" bedeutet nichts anderes, als dass der gesellschaftliche Zusammenhang der Einzelnen nur noch negativ durch die ökonomische Konkurrenz hergestellt wird.

      Thomas Hobbes (1588-1679) einer der Gründungsväter des Wirtschaftsliberalismus sah bereits den Menschen als abstrakten Einzelnen, der um seine individuelle Selbsterhaltung kämpft. Hobbes läßt auch keinen Zweifel daran, welcher Natur die Freiheit ist, der sich die Bürger erfreuen würden: "Sie haben die Freiheit zu kaufen und zu verkaufen und miteinander Handel zu treiben". Die Menschen sollen nicht mehr, sich nach eigenen Bedürfnissen und Vereinbarungen kooperativ zu verhalten, sondern nur noch unter dem Diktat der Geldwirtschaft. Und es sollte ein Wesenszug des Liberalismus bis heute bleiben, daß er jede Kooperation und jeden sozialen Zusammenschluß, der die Ohnmacht des Einzelnen gegenüber den Gesetzen des Geldes aufzuheben droht, mit Mißtrauen verfolgt und notfalls administrativ verfolgt wird.

      So stellte Hobbes den Menschen als ein prinzipiell egoistisches Wesen, das angeblich "von Natur aus" einsamer als ein Tier ist:

      "Das Zusammenleben ist den Menschen also kein Vergnügen, sondern schafft ihnen viel Kummer, solange es keine übergeordnete Macht gibt, die sie alle im Zaun hält (der Staat)... So sehen wir drei Hauptursachen des Streites in der menschlichen Natur begründet: Wettstreben, Argwohn und Ruhmsucht. Und hieraus folgt, dass Krieg herrscht, solange Menschen miteinander leben ohne eine obrste Gewalt, die in der Lage ist, die Ordnung zu bewahren. Und es ist ein Krieg, den jeder Einzelne gegen jeden führt" Thomas Hobbes - Der Leviathan

      Und so mußten Eigenschaften (Egoismus, Geldgier, Gaunerei, Konkurrenz bis aufs Blut), die in der Menschheitsgeschichte bis dahin immer als schlecht, bösartig und minderwertig gegolten hatten, in den moralischen Adelsstand erhoben werden: die liberale Heiligsprechung der niedrigsten antisozialen Instinkte.
      Avatar
      schrieb am 26.01.03 17:12:07
      Beitrag Nr. 4 ()
      und das nur logische Konsequenzen?


      Ziele der NSS ( National Security Strategy )


      -die Bereitschaft zum unilateralen (militärischen) Handeln, falls von den USA als nötig erachtet,
      den Anspruch auf globale politische Führung durch die USA,
      -die kontinuierliche Sicherstellung technologischer Suprematie,
      -die Doktrin konkurrenzloser militärischer Dominanz,
      der Verknüpfung derselben mit dem Ziel der
      -Ressourcensicherung, der Erschliessung neuer
      Märkte für die US-Wirtschaft und der Gewährleistung des freien Welthandels zu für die USA günstigen Bedingungen sowie
      -die ultimative Entschlossenheit, die Proliferation von nuklearen, biologischen oder chemischen Massenvernichtungswaffen zu verhindern.
      Avatar
      schrieb am 26.01.03 17:28:59
      Beitrag Nr. 5 ()
      sittin bull inv, interessante Texte!

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      Avatar
      schrieb am 26.01.03 17:33:22
      Beitrag Nr. 6 ()
      sittin bull, wirklich interessant. ich werd`s mir mal ausdrucken und in ruhe durchlesen
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 03:46:27
      Beitrag Nr. 7 ()
      Sehr interessant sitting bull. Hier noch etwas vom Krugmann. Er hat es glaube ich 98 geschrieben. So schlecht lag er damit nicht.

      FUTURE THOUGHT

      Paul Krugman prognosticates.

      * Productivity will drop sharply this year. Nineteen ninety-seven, which was a very good year for worker productivity, has led many pundits to conclude that the great technology-led boom has begun. They are wrong. Last year will prove to have been a blip, just like 1992.

      * Inflation will be back. Wages are rising at almost 5 percent annually, and the underlying growth of productivity is probably only 1.5 percent or less. Sooner or later, companies will have to start raising prices. In 1999 inflation will probably be more than 3 percent; with only moderate bad luck--say, a drop in the dollar--it could easily top 4 percent. Sell bonds!

      * Within two or three years, the current mood of American triumphalism--our belief that we have pulled economically and technologically ahead of the rest of the world--will evaporate. All it will take is a few technological setbacks or a mild recession here while Europe or Japan recovers a bit.

      * The growth of the Internet will slow drastically, as the flaw in "Metcalfe`s law"--which states that the number of potential connections in a network is proportional to the square of the number of participants--becomes apparent: most people have nothing to say to each other! By 2005 or so, it will become clear that the Internet`s impact on the economy has been no greater than the fax machine`s.

      * As the rate of technological change in computing slows, the number of jobs for IT specialists will decelerate, then actually turn down; ten years from now, the phrase information economy will sound silly.

      * Sometime in the next 20 years, maybe sooner, there will be another `70s-style raw-material crunch: a disruption of oil supplies, a sharp run-up in agricultural prices, or both. And suddenly people will remember that we are still living in the material world and that natural resources matter.

      Auch hat er die Beschreibung Deutschlands als: "sick man of europe" schon verwendet (1998 oder 1999) als wir noch an den unaufhörlichen Wachstum glaubten. Ich schaue morgen nach ob ich den Artikel noch irgendwo finde.
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 06:48:30
      Beitrag Nr. 8 ()
      fand ich auch, endlich mal Quellen, die nicht "verdächtig" aussehen, sondern "vernünftig" :):)

      Das heißt nun konkret: Uns macht man das Wachstumsdenken immer noch schmackhaft, weil wir als Volk ohne Wachstum auf Grund des irgendwann einmal eingeführten "Deficit Spendings" gar keine andere Chance haben als Wachstum, um mit unseren immer höher werdenen Schulden und Sozialkosten umzugehen. Und scheint trotzdem nicht zu funktionieren, gerade auf Grund unser in unserer globalisierten Welt hohen Schulden und Sozialkosten bei uns, die unsere Arbeit international trotz zugebilligten Qualität der Arbeitsnehmerausbildung keinen Standortvorteil mehr bringt.


      Abgesehen davon, dass sich die moderne Arbeitswelt sowieso sehr stark wandelt ( empfehle da die Artikel von Robert Kurz zu ;) )
      Und das Wachstum nicht nur aus linker Sicht sowieso nicht unbegrenzt möglich ist
      ( siehe diverse Threads von mir! ;) )

      Die Frage muß also nun lauten: Wer profitiert davon, und dann wissen wir auch schon, warum sich bei uns nichts ändert!
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 07:57:36
      Beitrag Nr. 9 ()
      Schade, alle diese Artikel und Überlegungen dazu wirken auf mich sehr platt, weil sie an der Oberfläche bleiben.

      Zunächst mal, was sind die Grenzen des Wachstums? Es gibt praktisch keine in einer Dienstleistungsgesellschaft. Wenn alle unsere Güter von 10% der Menschen hergestellt werden könnten, wenn unsere Beschäftigungsreserve über 10% beträgt, heißt das nichts anderes, als daß wir unser Dienstleistungsangebot in einer höchsteffizienten Gesellschaft selbst ohne Produktivitätssteigerungen sofort um über 10% steigern könnten, unser Produktangebot erheblich steigern könnten. Es müssen organisatorische Gründe sein, warum wir unser Angebot nicht ausweiten. Organisatorische Probleme sollten aber lösbar sein.

      Und warum klafft die Lücke zwischen Mittelstand und Superreichen immer weiter? Weil die Einkommen der Superreichen einer Extremwertstatistik folgen, die natürlich in der Spitze schneller wächst, als im Mittelwert, weil die Schwankungsbreite automatisch zunimmt. Anders gesagt: man muß Spitzeneinkommen künstlich erniedrigen, damit sie nicht schneller wachsen als mittlere Einkommen. Warum aber soll man das tun? Es gelänge zunächst mal nur mit willkürlicher Gesetzgebung der Art, "folgende 40 namentlich aufgeführte Familien haben auf alle Einkommen, die 10 Millionen Dollar übersteigen, einen Steuersatz von 100% zu zahlen..." Das ist grundsätzlich gegen jede Verfassung eines jeden nicht-sozialistischen Staates.

      Und wer wird eigentlich superreich? Niemand mit Arbeitseinkommen. Die haben wir nämlich nivelliert über Steuern und Sozialabgaben. Wir haben erreicht, daß Arme und Mittelstand nicht auseinanderdriften. Genau dadurch bleibt der Mittelstand hinter den Reichen zurück. Deren Einkommen können wir nicht nivellieren, weil es normalerweise kein Arbeitseinkommen ist und zu leicht ins Ausland abwandern kann.

      Wer aber wird superreich? Erben, Spitzenverdiener der Unterhaltung: Sportler, Sänger, Schreiber, Schauspieler, und schließlich Unternehmenseigentümer insbesondere der New Economy. Jetzt sagt man "was haben die eigentlich geleistet für ihren Reichtum?" Gute Frage, warum schauen sich Millionen Menschen wie die Idioten an, wenn Agssi oder Becker oder Graf oder Williams einen kleinen Ball über ein Netz schlagen? Was haben wir davon? Genau für diese Tatsache aber machen wir diese Menschen zu Multimillionären. Was ist an Madonna so besonderes, daß wir sie so reich machen? No Angels tragen nichts zur Kultur bei, sie machen keine neue Musik, kopieren nur alte. Aber wir machen sie reich. Und regen uns über die Millionen auf, die die Haffa-Brüder gescheffelt haben. Vielleicht zu Recht. Und regen uns über die im Vergleich dazu lächerlichen Politikerdiäten auf. Und vielleicht auch zu Recht. Aber wie, wenn nicht durch auf die Personen zugeschnittene Dekrete, soll dieses Geld umverteilt werden? Und wozu eigentlich? Was gewinnt die Gesellschaft dadurch, wenn wir Multimillionären erklären, daß ihr Vermögen gefälligst nicht schneller wachsen soll als der Durchschnitt?

      Klar, wer nie erbt, schaut neidisch auf das Erbe eines Multimillionärs. Aber mit welchem Recht soll diesen Familien das Vermögen entzogen werden? Wenn der Multimillionär wüßte, daß der größte Teil seines Vermögens seiner Familie entzogen würde, würde er dann überhaupt welches ansammeln? Oder es lieber selbst wieder ausgeben? Oder im Ausland in Sicherheit bringen?

      Menschen haben unterschiedlich Glück. Sie leisten untershciedlich viel. Deshalb werden immer Vermögen ungleich verteilt sein. Und solange eine Wirtschaft wächst, werden Spitzenvermögen schneller wachsen als der Durchschnitt. Genauso, wie es in einem Index immer Outperformer gibt. Wer dies versucht, zu begrenzen, der nimmt die Dynamik aus der Wirtschaft. Und auf längere Sicht gewinnt auch der Durchschnitt nichts dadurch. Er beendet höchstens eine Neiddebatte.
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 09:21:59
      Beitrag Nr. 10 ()
      KRUGMAN fordert fuer Deutschland eine Thatcher!

      das zeigt, wie weit wir abgefallen sind!

      Krugman hat Recht, wenn er Ami-Exzesse anprangert. Wenn eine solche, im globalen Massstab eher linke Stimme eine Thatcher fuer Deutschland fordert, zeigt dass, wie weit wir vom normalen Pfad abgekommen sind!
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 11:11:40
      Beitrag Nr. 11 ()
      @for4zim #9:

      Ausgezeichnet! Dem ist wenig hinzuzufügen.
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 11:16:45
      Beitrag Nr. 12 ()
      Lebt ruhig weiter in eurer wissenschaftlich erklärbaren Traumwelt, in der keine Störungen des wirtschaftlichen Gleichgewichts stattfinden!

      Und in der alles wie es heute ist für immer fortgeschrieben wird!

      Mehr heute abend! :D
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 11:46:16
      Beitrag Nr. 13 ()
      Die Annahme,dass wir Mitschuld an diesem Wahn haben, teile ich denn aber.

      Auch über unsere Gier an der Börse haben wir die Umverteilung angeheizt.

      Müssen wir dafür jetzt alle zahlen?

      :confused:
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 13:04:05
      Beitrag Nr. 14 ()
      und for4zim: Ich bestreite niemals, dass eine Gesellschaft, in der Leistung belohnt wird, eine gute ist.


      Das ist bei uns leider nicht der Fall, hier profitieren nur einige wenige von unserem eingeschlagenen Kurs der staatlichen Ausgaben auf Pump ( sei es nun als Subventionsempfänger, als einer der Millionen Staatsbediensteten ( ;) ) oder als Zinsempfänger der Staatsanleihen ) während der große Rest der Masse immer mehr für diese Schulden abdrücken darf!

      Es ist so, dagegen habe ich von dir zum Beispiel auch noch kein Argument gehört.
      Und die Bevölkerungsproblematik ist dir doch selbst sehr genau bewußt.

      Nun ist es anscheinend wirklich so, dass wir zur zeit nicht wachsen, Begründungen dafür gibts ja reichlich, und ob theoretisch ein unendliches Dienstleistungswachstum möglich ist, laß ich jetzt mal dahingestellt.

      Fakt ist, ohne Wachstum verarmt der Mittelstand, weil Schulden mit ihren Zinsen die Angewohnheit haben, immer zu wachsen, egal ob die Wirtschaft expandiert oder nicht,
      so lange keine Schulden getilgt werden.

      Uns macht man zwar Versprechungen in die Richtung, doch das ist alles Makulatur, weil die Erfüllung der Versprechen gerne in die nächste Legislaturperiode gelegt wird. Und weil wir ja kaum Wachstum haben, haben wir dann überraschenderweise dicke Haushlatslöcher, die nur über neue Schulden gestopft werden können.
      Na so was...
      Und neue Schulden bedeuten immer: einen höheren Zinsdienst der zukünftigen Steuerzahler, wieso schreit keiner auf?
      Ist doch alles so bequem, über seine Verhältnisse zu leben, nach mir die Sintflut!

      Ein gewisser Thatcherismus würde unser Hauptwachstumshindernis, unser hohen Sozialkosten, zwar etwas bessern, würde aber auf Dauer auch keine Lösung der Wachstumsmisere bringen!

      Letztenendlich stehen die USA nämlich vor ähnlichen Problemen, und dort kann sich keiner beschweren, dass für die Masse der Bevölkerung ( nennt man sie nicht schon working poor? ) zu hohe Entlohnung stattfinden würde, da dort viel mehr Markt herrscht.
      Doch das Leben auf Pump ist dort auch ein Problem, und wehe, die Zinsen steigen wirklich mal ein paar Prozent!

      Wenn dann die frei verfügbaren Einkommen noch stärker durch Zinszahlungen belastet sind, in der 2/3 Konsumwirtschaft, die auch noch von außen finanziert werden muß!
      Oder wenn die Banken für die refis für Immobilien wieder Einschüße fordern...

      Egal wie man es dreht und wendet, es sieht nicht gut aus! :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 13:18:39
      Beitrag Nr. 15 ()
      sittin bull inv, ein Einwand wäre doch, wenn es zum Beispiel grundsätzlich möglich wäre, den Schuldenberg abzutragen. Rein rechnerisch kann der Staat das durchaus, er setzt nur die entsprechenden Prioritäten nicht.

      Auch die Privatschuldner können meistens die Schulden abtragen. Tun sie es nicht, ist es der Schaden des Schuldners, was ja das Problem noch mehr relativiert - die Schulden verschwinden einfach.

      Deshalb verstehe ich nicht genau, worum es eigentlich geht. Wachstum ist theoretisch auf absehbare Zeit unbegrenzt möglich. Schulden können, wenn man es darauf anlegt, abgetragen werden (in einigen Staaten hatte man ja den ausgeglichenen Haushalt wieder erreicht, in den USA etwa vorübergehend). Und daß der Reichtum der Superreichen schneller wächst als das Vermögen des Mittelstandes, ist einfach eine statistische Notwendigkeit, die nicht auf einen Systemfehler hinweist.
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 13:32:13
      Beitrag Nr. 16 ()
      @sbi:

      Den von Dir genannten Zusammenhang zwischen Zinsen und Wachstum habe ich nicht nachvollziehen können?
      Warum muss ein Unternehmen wachsen, um seine Schulden (inklusive Zinsen) bedienen zu können?

      Verwechselst Du hier Profitabilität und Wachstum?
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 13:35:52
      Beitrag Nr. 17 ()
      Und noch was, sbi:

      Die Verteilungswirkungen der Staatsverschuldung sind nicht so eindeutig, wie von Dir behauptet. Du musst dabei auch betrachten, wo die Staatsausgaben hingehen.
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 21:40:36
      Beitrag Nr. 18 ()
      @ for4zim :)

      du weißt, ich schätze dich außerordentlich als intelligenten, vernünftigen, kompetenten Gesprächspartner!

      Nur bist du IMO ab und an etwas zu sehr in deinem Wissen gefangen, und läßt dann kaum anderes gelten!

      Erstens: Wachstum...theoretisch

      Deshalb verstehe ich nicht genau, worum es eigentlich geht. Wachstum ist theoretisch auf absehbare Zeit unbegrenzt möglich. Schulden können, wenn man es darauf anlegt, abgetragen werden (in einigen Staaten hatte man ja den ausgeglichenen Haushalt wieder erreicht, in den USA etwa vorübergehend). Und daß der Reichtum der Superreichen schneller wächst als das Vermögen des Mittelstandes, ist einfach eine statistische Notwendigkeit, die nicht auf einen Systemfehler hinweist.

      Wachstum ist nicht mal theoretisch unbegrenzt möglich, weißt du doch, wie künstliche Prozeße wachsen.
      Natürliches Wachstum hört irgendwann auf, wirtschaftliches Wachstum wächst exponentiell durch den Zinseszins-Effekt, wobei wir uns selbst mathematisch schnell der Zahl unendlich nähern, und das, wo uns überall begrenzende Faktoren begegnen.

      Zweitens: Wachstum... konkret in Deutschland, aber auch dem Rest der Welt.

      Uns wird jeden tag vorgebetet, all unsere Probleme würden durch Wachstum gelöst. Das ist definitiv nicht der Fall.
      Es ist nur bei Wachstum so, dass die Möglichkeit, Schulden abzubauen, größer ist, als ohne Wachstum.
      Die strukturellen Probleme unseres Landes lassen sich damit überhaupt nicht lösen, auch wenn es jeden tag behauptet wird!
      Schulden werden aber nicht abgebaut, sondern immer weiter angehäuft. Warum, keine Ahnung, ist bequemer...
      Nun weiß jeder einigermaßen Begabte, das die Wirtschaft sich in Konjunkturzyklen entwickelt, siehe auch die Schweinezyklen. Auf Aufschwung folgt Abschwung, wenn auch tendenziell immer linear vom Wohlstand steigend.
      Wieso ist denn eine Rezession heute so verdammt, wenn sie doch eigentlich eine ganz normale Entwicklung ist?
      Eben, wir können uns das auf Grund der Kosten und der Schulden nicht leisten, da wir weiterhin die Schuldzinsen bedienen müssen. Sowohl als Staat ( Umweg Steuern )
      als auch privat!
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 21:46:28
      Beitrag Nr. 19 ()
      Rainer: :)

      ich dacht nicht an Unternehmen, sondern an Vadder Staat.

      Wieso nicht so eindeutig, mit den Staatsausgaben?

      Fakt ist, der Zinsanteil für Alt- und Neuschulden im Haushalt steigt jedes Jahr

      sparen bedeutet maximal weniger Neuschulden!
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 22:18:29
      Beitrag Nr. 20 ()
      ich mache jetzt mal Threadjacking! :D

      *********************

      #1 von Albatossa 23.01.03 21:09:22 Beitrag Nr.: 8.398.944 8398944
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      Hallo Leute,

      in der Theorie wäre alles ganz einfach. Würden alle Steuerbürger gleich behandelt, würden alle Einkünfte besteuert, und zwar gleich besteuert, würden alle Subventionen, Ausnahmen und Schlupflöcher gestrichen, könnten die Steuersätze massiv sinken: auf 15 Prozent unten und nicht mehr als 35 Prozent oben. Zusätzlich könnte man jedem Bürger, vom Säugling bis zum Greis, sogar noch ein von der Steuer freigestelltes Existenzminimum von 8000 Euro im Jahr zubilligen. Der Finanzminister hätte trotzdem genau so viel Geld in der Kasse wie bisher.

      Deutschland ist angeblich ein Land, in dem der Staat seine Bürger im Durchschnitt mit Steuern vergleichsweise moderat belastet, sagt die SPD und Kampa. Das ist so laut Eichel, auch wenn inzwischen fast alle das Gegenteil empfinden. Die jüngsten Zahlen der OECD belegen unzweifelhaft: Diese Republik hat - gemessen an der Wirtschaftskraft - die niedrigste Steuerquote in der Europäischen Union und im Vergleich zu anderen wichtigen Industrienationen. Das zentrale deutsche Problem ist, dass die Steuerlasten höchst ungleich verteilt sind. So ungleich, dass nur noch jene den normalen Steuersatz zahlen, die sich nicht dagegen wehren können. Diese Ungleichgewichte wurden von der rot-grünen Koalition sogar absichtlich verstärkt, und sie sollen mit den jetzt geplanten Gesetzen noch einmal massiv vergrößert werden damit auch die letzten ehrliche Steuerzahler endlich wissen wo der Hammer hängt.

      Es ist nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, ob die einen von jedem zusätzlich verdienten Euro mehr als 60 Cent Netto ohne Mwst beim Finanzamt abliefern müssen, andere, weil sie Einkünfte aus Geldvermögen haben, nur 25 Cent und auch gut verdienende internationale Konzerne jedenfalls gar nichts. Das ist auch eine Frage der für jede Marktwirtschaft lebensnotwendigen Chancengleichheit. Und ganz nebenbei auch ein noch immer gültiger Verfassungsauftrag. Die gegenwärtig praktizierte Steuerpolitik wird schon deshalb in absehbarer Zeit beim Bundesverfassungsgericht vor die Wand fahren.

      In der Theorie wissen das einige Gewerkschafter und auch ein paar Sozialisten aus der SPD. Und alle wissen, wie man es besser vielleicht besser machen könnte nur man will halt nicht und auch der Sturkopf Eichel will erst recht nicht. Weshalb es nicht gelingt, die Wirklichkeit der Theorie kommt in den Köpfen der SPD einfach nicht an. Nur ein kleines Beispiel aus der SPD Horrororkiste und wie Herr Eichel alles für gerecht empfindet. Jeder weiß, dass die private Nutzung von Dienstwagen das Privileg einer Minderheit ist die gerade auch Politiker kostenlos nutzen, jeder weiß, dass die Gerechtigkeit und die Steuersystematik dafür spricht, dieses Privileg korrekt zu besteuern, aber bei den Politiker um Rot-Grün kommt das nicht an und so behauptet jeder er ist für 24 Stunden und 365Tage im Jahr im Dienst und mißbraucht die Privilegien der Dienstfahrzeuge auf Steuerzahler kosten. Dies wird dann als ein vernünftiges unter vielen weniger vernünftigen Steuervorhaben der Koalition verkauft. Aber es wird wie immer bei den privilegien rund um die Uhr bleiben nur der ehrliche und arbeitsame Bürger wird weiterhin mit Dienstwagensteuer regelrecht niedergewalzt und das findet die Gewerkschaft geil und erst recht die Regierung gut, weil dies von den wahren Probleme ablenkt. Die Lobbyarbeit treibt höchst erfolgreiche Blüten und so schlägt sich die ganze Regierung komplett auf kosten des Wirt Steuerzahler geschlossen in Frankreich die Bäuche voll! Natürlich alles geschäftlich und völlig kostenlos! Selbst Kinder und deren Ehegatten werden natürlich zu Staatdiener!

      Steuerpolitik ist auch Machtpolitik. Die aktuelle Besteuerungspraxis spiegelt auch die Machtverhältnisse in dieser Republik wider. Die rot-grüne Koalition hat ganz freiwillig die Steuerlasten immer ungleichmäßiger verteilt. Steuerpolitik hat auch mit Wettbewerb zu tun. Nachhaltig entlastet hat die Koaliton vor allem jene, die in einer globalisierten Welt zum billigeren Wirt gehen können, die beispielsweise ihr Geld in fremden Ländern anlegen, ihre Fabriken in anderen Staaten aufmachen können. Am stärksten belastet geblieben sind jene, die ordentlich arbeiten und ordentlich verdienen ( natürlich nur Brutto), aber hier bleiben müssen, weil sie hier ihre Arbeit haben. Arbeitseinkommen wird inzwischen in Deutschland höher besteuert als alle andere Einkommensarten und das findet die SPD einfach geil.

      Warum sollte man diese Regierung verteufeln?. Sie hat zwar ein paar kleine handwerkliche Fehler gemacht, aber ihr Spielraum bei der Besteuerung von Konzerne ist sogar positiv für die Firmen, sie bekommen mehr heraus als sie jemals eingezahlt haben. Kein Wunder das ganz bestimmte Konzernchefs regelrecht jubeln! Die Steuern zahlen ja die anderen und deshalb glaubt der Chef von Porsche im Scharaffenland zuleben. Ich kann werstehen wenn ich keine Steuern mehr bezahlen müßte und sogar noch was von Herrn Eichel dazu geschenkt gekomme!


      Das merkt doch keiner!


      Gruß Albatossa

      #2 von twq 23.01.03 21:43:35 Beitrag Nr.: 8.399.477 8399477
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      Sehr gute Kritik, Albatossa,

      bist Du jetzt zur PDS konvertiert?

      Deine CDU/FDP-Fritzen machten es nämlich genau so bzw.
      noch schlimmer als Rot-Grün.

      Geschnallt? Glückwunsch

      twq

      #3 von Albatossa 24.01.03 00:24:13 Beitrag Nr.: 8.401.446 8401446
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      Hallo twq,

      die Wahrheit kennt nun mal keine politische Parteien und erst recht keinen Gruppenzwang, sie ist einfach da! Blos wird die Wahrheit ständig manipuliert! Und diese Regierung macht einfach zu viele schwere handwerkliche Fehler und leider fast nichts besser! Und das Steuern erhoben werden und für den Staat und Bürger wieder aufgebraucht werden ist unstrittig, blos das heißt nicht das die Schmarotzer anfangen den Wirt aufzufressen und genau dies macht diese Regierung. Und obendrein beschimpft der Schmarotzert SPD den Wirt als einen kriminellen, asozialen und faule Wirt!

      #4 von cziton 24.01.03 02:15:57 Beitrag Nr.: 8.401.699 8401699
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      Super auf den Punkt gebracht, Albatossa !


      Die Lösung kann nur sein , das jetzige Steuerrecht vollständig abzuschaffen, auf die Müllhalde der Geschichte zu werfen und durch ein einfaches mit pauschal, sagen wir, 15%, 25%, 35% (besser noch 10%, 20%,30 % ) zu ersetzen.

      Ausnahmen würde es keine geben, es wäre ein Steuerrecht, das jeder versteht und auf das man sich einstellen könnte.

      Nachteil für die regierenden Parteien und Politiker wäre , dass sie mit der Steuerpolitik nicht mehr ihre Klientel bevorzugen und bedienen könnten - was wiederum ein Vorteil für die Demokratie wäre.

      Ein Steuerrecht nach dem Motto: "Keep it simple , stupid" würde unserem LAnd einen gigantischen Wachstumsschub versetzen , dennn dass bei einem Steuersatz von 10 % bis 30 % Geldverdienen und Leistung wieder Spass machen würde, kann jeder nachvollziehen.

      Leider ist das wohl nur ein Wunschtraum. Denn solange die Öko-Sozialisten dran sind, wird der ehrliche Staatsbürger und Leistungsträger weiter bluten.

      #5 von sittin bull inv 24.01.03 06:49:12 Beitrag Nr.: 8.401.820 8401820
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      Nun ihr wißt doch, warum das alles so ist:


      Die o.g. ungerechtere Besteuerung resultiert daraus, dass man die Multis hier behalten will, und das kann man nur, wenn man sie angesichts sehr hoher Lohnkosten ( bevor wieder jemand aufschreit - das meiste davon Lohnnebenkosten auf Grund explodierender Sozialkosten wegen Überalterung und überstrapazierten Anspruchsdenken )
      damit hier angeblich Jobs geschaffen werden.

      Werden sie aber trotzdem nicht.

      Ein einfaches Gesetz der Marktwirtschaft, welches Investitionen nur dann als sinnvoll erscheinen läßt, wenn sich das investierte Geld in lokaler Arbeitskraft sich mindestens mit dem Guthaben-Zinssatz der bestenfalls global gezahlt werden wird vergleichen kann, verhindert dies, bei unseren hohen Kosten und starren Regelungen.

      Und die zunehmende Zinslast die der Staat selber aufbringen muß für seine Alt- und Neuschulden verhindert schon jedes nachdenken über eine Änderung des Steuersystemes, weil ja nichts mehr gegenfinanzierbar ist.

      Wo hat Herr Eichel diesen Kram bloß her?


      Sind wir nicht vielmehr schon Opfer global vaganbundierenden Geldes, auf der Suche nach höchster Rendite, welches uns erpreßt, und hinterher selbst dann die Geisel ( also uns Arbeitnehmer in D ) trotzdem nicht freiläßt?

      Beschuldigen wir aber nicht die Politiker dafür, unser aller Geld ist angeheizt durch die Gier der New Economy und der Neuen Märkte und ihrer Auswüchse auf der Suche nach bestmöglicher Rendite.

      Es erscheint mir logisch, dass diese nicht in einer gesättigten, starren, teuren Lohngesellschaft wie bei uns zu finden ist, Qualität der Ausbildung hin oder her,
      sondern in irgendeinem Billiglohnland, was in unseren Augen ja bald jedes der Welt sein dürfte...


      Entwicklung: weiter verschlechternd!

      #6 von sittin bull inv 24.01.03 17:39:11 Beitrag Nr.: 8.408.455 8408455
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      immer wenn man sehr dicht an die wahren Ursachen kommt, herrscht schweigen im Wald!
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 08:39:46
      Beitrag Nr. 21 ()
      sittin bull inv, Du behauptest, es gäbe für uns merkliche Grenzen des Wachstums. Das ist falsch.

      Umsatz kann herrühren von Naturprodukten, verarbeiteten Produkten, von Dienstleistungen, von Informationen und Ideen (Datenbanken, Software) und Kombinationen dieser Produkte. Insbesondere die Menge an Informationen und Ideen ist eine fast unerschöpfliche Menge, die sich beliebig vermehren läßt. Daher gibt es keine erkennbare Grenze des Wachstums. Notwendig ist allein, daß immer weniger Menschen dazu benötigt werden, Produkte der untere Kategorien zu schaffen und dies immer mehr von Maschinen übernommen wird.

      Weiterhin behauptest Du, daß die Schulden des Staates unvermeidlich wachsen müßten. Auch das stimmt nicht. Zur Zeit haben wir eine Nettokreditaufnahme von 20 - 30 Milliarden Euro. Wenn es gelingt, diesen Betrag einzusparen, ist der Haushalt ausgeglichen. Ist der Haushalt ausgeglichen, sinkt die Verschuldung aber bereits, weil nämlich außerdem eine Preissteigerungsrate von jährlich 1-3% besteht, um die der Realwert der Schulden jährlich abnimmt. Diese Einsparung ließe sich z.B. leicht erbringen, indem man den Bundeszuschuß für die Renten und entsprechend die Renten kürzt. Es ist also nur der politische Wille, der zur Verschuldung führt - der ist jederzeit korrigierbar (je früher, je einfacher natürlich). Wenn jetzt noch ein Wirtschaftswachstum hinzukommt, wird es noch einfacher. Mit einem Realwachstum von 2% können auch die Steuereinnahmen um 2% real wachsen. Wenn gleichzeitig die Ausgaben konstant gehalten werden und ein Viertel in den Schuldendienst gehen, der mit real 3% wächst, dann wachsen die Ausgaben um real 0,75% und die Einnahmen um 2% und damit läuft der Haushalt automatisch in den Ausgleich.

      Nun ist die eigentliche Horrorvision die, daß die Zahl der Alten gewaltig zunimmt. Das ist aber nur eine scheinbare Horrorvision. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen werden Erträge erwirtschaftet durch Arbeits- und Unternehmerleistungen einerseits und Kapital andererseits. Das Kapital wächst an und kompensiert einen Ausfall an Arbeitsleistung. Den Ausfall an Arbeitsleistung kann man zusätzlich noch abmildern, indem man nämlich die Altersgrenze für den Renteneintritt verschiebt. Hier gibt es nur eine Voraussetzung, daß nämlich der Ausbildungsstand und die Lernbereitschaft der Menschen steigt und die Bereitschaft, alte Menschen zu beschäftigen.

      Was man daraus ersieht: die Zukunft ist grundsätzlich offen. Wenn wir auf Ausbildung und Kapital setzen, und wenn wir die staatlichen Ausgaben auf das notwendige beschränken, können wir sie positiv lenken. Wenn nicht, dann können wir diese Anpassungsmaßnahmen immer noch beschließen, es wird aber immer schwieriger. Die zins- und kapitalfreie Gesellschaft hingegen, über die gelegentlich gesprochen wird, ist ein praktisch nur für Jäger und Sammler erprobtes Konzept. Ich kann mir nicht vorstellen, daß wir da wieder hin wollen. Schon bei einer Ackerbaugesellschaft braucht man Kapital und Zins (etwa für eine Bewässerung der Felder) und einen Handel von Boden.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 08:52:13
      Beitrag Nr. 22 ()
      Informationen könnten theoretisch unendlich wachsen, das werden sie aber nicht, wenn sie der Begrenzung durch Kosten unterliegen, wie es immer mehr üblich und versucht wird.

      Und Kosten scheinen ein ernster Begrenzungsfaktor zu sein, oder warum gibt es in unserer Gesellschaft deiner Meinung nach immer mehr nicht bazahlbare Arbeit, obwohl die Arbeit eigentlich da wäre?


      Schau dich doch mal um, wo wird ernsthaft der von dir erwähnte gangbare Weg versucht? Ich sehe außer Schulden, Schulden, Schulden nichts, rein gar nichts!

      Rede doch bitte nicht immer von Steinzeit, wenn ich von einer zinslosen Gesellschaft spreche!

      Es gab durchaus freiwirtschaftliche erfolgreiche Versuche ohne Zins. So lange du das aber nicht zur Kenntnis nimmst brauchen wir darüber gar nicht reden!
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 09:08:45
      Beitrag Nr. 23 ()
      sittin bull inv, natürlich bedeuten Informationen Kosten - deshalb ja verursacht eine Steigerung der Informationsmenge Wirtschaftswachstum. Wenn niemand für Information bezahlen wollte, dann fehlte auch der Anreiz, mit aller Kraft Informationen zu schaffen. Weite Teile des WWW werden z.B. noch auf Hobbybasis geschaffen, weil wir noch kein vernünftiges System ersonnen haben, die hier geleistete Arbeit zu honorieren. Aber wir hatten solche Probleme schon in früherer Zeit, etwa mit jemand, der singt. Lange Zeit gab es dafür gar nichts, dann nur in seltenen Fällen einen ausrechenden Lohn, heute kann man mit einer gut vermarkteten CD schon Millionär werden. In der Zwischenzeit hatte sich die Wertschätzung für Unterhaltung geändert, es hatte sich der Kreis möglicher Konsumenten gewaltig ausgeweitet und es haben sich neue Möglichkeiten gefunden, Gesang zu verbreiten und zu vermarkten. Uns stehen bei der Vermarktung von Informationen und Ideen noch gewaltige Veränderungen ins Haus.

      Was die zinslose Gesellschaft angeht, halte ich sie außerhalb von Nischen für nicht lebensfähig. Wenn Kapital keinen Preis mehr hat, entfällt auch der Wille, Kapital zu schaffen und bereit zu stellen. Dann verlieren wir auch die Möglichkeit, zu investieren. Und die Prämisse dabei war, daß eine Gesellschaft mit Zinsen deswegen Probleme hätte. Genau das sehe ich als unbewiesen. Probleme kommen aus schlechter Organisation, etwa aus Verschwendung oder fehlender Ausbildung der Menschen, wennn man also nicht macht, was ich in #21 angegeben habe. Und solche Fehler sind schädlich, ob mit oder ohne Zins. Zinsen verschärfen solche Fehler noch, weil sie der Gesellschaft ein Signal geben für ihre Fehler, so wie ein Schmerz dem Körper sagt, daß gerade etwas falsch läuft. Verliert eine Gesellschaft an Effizienz, beginnt die Zinslast zu drücken und erinnert daran, sparsamer zu werden und produktiver.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 13:24:54
      Beitrag Nr. 24 ()
      #3
      Ätzend finde ich, sittinbullinv,
      daß Du hier die von Saismo ohne Quellenangabe von einem anderen Autor abgeschriebenen Passagen erneut hereinsetzt. Und dies, obwohl ich Dich darauf schon aufmerksam machte.
      Ist dies Dein Verständnis von seriöser Diskussion?
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 14:13:50
      Beitrag Nr. 25 ()
      OK, ist von Robert Kurz!

      Finde ich auch nicht schön so ohne Quellenangabe, ist auch nicht mein Stil!

      Sorry! :)
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 14:51:52
      Beitrag Nr. 26 ()
      Nun gut, nachdem das ja geklärt ist, noch ein Kommentar von mir:

      Dein Thread-Titel beinhaltet einen Irrtum:

      Ludwig Erhard kritisierte nicht die Notwendigkeit und Vorteilhaftigkeit von Wachtstum, sondern war ganz im Gegenteil eifrigster Verfechter derselben. Er sah natürlich auch, daß reiner Wachstumsglaube, allein nicht ausreicht, wenn isb. durch Inflation wieder alles zunichte gemacht wurde. Deshalb setzte Erhard auch statt Wachstum sehr stark auf "Effizienzsteigerung" (Produktivitätssteigerung), weil er darin eine echte Möglichkeit für Reallohnerhöhungen sah.

      Er verwahrte sich in dieser im Spiegel-Beitrag beschriebenen Situation insofern nur gegen jegliche gesetzliche Instrumentalisierung, die durch das Stabilitäts-und Wachstumsgesetz entgegen seiner Lehrmeinung eingeführt wurde.

      Wirtschaft hat nach Erhard keinen politischen zu instrumentalierenden Zweck und darf deshalb auch nicht politisch für gewisse Ziele instrumentalisiert werden.
      Wie Erhard richtig voraussah, hatte nämlich eine Staatsintervention zugunsten eines der vier in diesem Gesetz genanten Ziele immer negative Auswirkungen bei den anderen Zielen, so daß ein einmal begonnener Interventionsmechanismus immer weitere nach sich zog. Daraus abzuleiten, Erhard hätte sich vom Wachstumsdogma abgewandt, ist ein Mißverständnis.

      Zur Erinnerung eine der Hauptpassagen in Erhards Werk über die soziale Marktwirtschaft:
      "Wohlstand für Alle"

      "Damit soll nicht geleugnet werden, daß eine noch so gute Wirtschaftspolitik in modernen Industriestaaten einer Ergänzung durch sozialpolitische Maßnahmen bedarf. Andererseits gilt aber der Obersatz, daß jede wirksame soziale Hilfe nur auf der Grundlage eines ausreichenden und wachsenden Sozialproduktes, und das bedeutet eben einer leistungsfähigen Wirtschaft, zu ermöglichen ist.

      Es muß daher im ureigensten Interesse jeder organischen Sozialpolitik liegen, eine zugleich expansive wie auch stabile Wirtschaft sicherzustellen und Sorge zu tragen."

      und weiter:

      "Der Kuchen muß größer werden"
      Darum soll auch an dieser Stelle noch einmal betont werden, daß die gerade von mir angestrebte Erhöhung des Lebensstandards nicht sosehr Verteilungs- als vielmehr Produktions- bzw. Produktivitätsprobleme berührt. Die Lösung liegt nicht in der Division, sondern in der Multiplikation des Sozialprodukts."

      und Erhards Lösung für das Sozialproblem lautet schlicht, ganz ohne heutigen staatlichen Umverteilungswahn:

      "Diese Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungseffizienz ist aber nun keineswegs Selbstzweck. Der Tabestand der sozialen Marktwirtschaft ist vielmehr nur dann als voll erfüllt anzusehen, wenn entprechend der wachsenden Produktivität zugleich Preissenkungen wirksam und damit echte Reallohnsteigerungen möglich werden."

      Anmerkunmg: Diese Erhöhung der Leistungseffizienz sah Erhard vor allem durch den Wettbewerb ermöglicht, weshalb er vehement für Sicherung des freien Wettbewerbs eintritt.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 15:20:38
      Beitrag Nr. 27 ()
      nun denn, dann würde ich entgegnen, dass:

      das Ziel, ein stetiges, nachhaltiges Wachstum zu erreichen

      ( gekauft über Verschuldung )

      eben zu den Problemen bei den anderen drei Zielen gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts führt

      oder aber, das das weitere Ziel,
      einen hohen Beschäftigungstand zu haben,
      auch nicht mehr erfüllbar ist heutzutage!

      Warum?

      ( Gottseidank wurden später nochmal zwei weitere Ziele hinzugefügt! ;) )

      Ich bin auch ein Verfechter des Wettbewerbs, wenn das nicht so rüberkam bisher, weiß ich es auch nicht, woran es lag! ;)
      Aber ich bin nicht der Vefechter eines gnadenlosen Neo-liberalismus! :)
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 15:26:22
      Beitrag Nr. 28 ()
      @sbi:

      Verzeih mir, aber Du unterliegst wirklich ein paar grundlegenden Irrtümern.
      Der wichtigste Irrtum: Du glaubst, dass die Tilgung von Staatsschulden nur über Wirtschaftswachstum möglich ist.
      Zweiter Irrtum: Du glaubst, dass das "Zinssystem" vom Wachstum abhängt.
      Drittens: Du glaubst, dass das Wachstum natürlich begrenzt ist.
      Viertens: Du verwechselst ganz grundlegend "Geld" mit "Währung".
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 15:56:05
      Beitrag Nr. 29 ()
      nein, ich glaube nicht, das Tilgung der Staatsschulden nur über Wachstum zu erledigen ist- for4zim hat es schon richtig geschrieben, es geht z.B.auch über Inflation.
      Oder über sparen bei den Kosten zur Verwendung für die Tilgung!
      Aber alle Welt verkauft uns doch immer Wachstum als Allheilmittel!
      Gehen wir soweit konform?

      Zinssystem hängt von Wachstum ab- nein, unser Wachstumssystem erfordert zwingend ein Zinssystem, und das sehe ich nicht alleine so! Und zwar als Antrieb,
      wobei gleichzeitig ständig Umverteilungseffekte von unten nach oben stattfinden!

      Wachstum ist begrenzt. Immer, überall.
      Wo gibt es deiner Meinung nach Wachstum ohne Grenzen?

      4: Schuldig, Geld und Währung verwende ich synonym, entschuldige diesen Faux pàs. Ist aber auch sehr ähnlich! ;)
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 16:06:30
      Beitrag Nr. 30 ()
      Es ist eigentlich Konsens von volkwirtschaftlichen Untersuchungen, dass eine Inflationierung die Staatsschuldenlast im allgemeinen nicht verringert, sondern verstärkt.

      Grund: Die zur Refinanzierung der Staatsschulden relevanten Zinssätze steigen bei Inflationierung einer Währung überproportional an, weil die Gläubiger einen Aufpreis aufgrund der gestiegenen Inflations-Unsicherheit verlangen.

      Ausgenommen sind dabei extreme Inflationsänderungen, die aber nur bei einer Hyperinflation wie in Deutschland während der 20er Jahre vorgekommen sind.

      Ausgenommen sind auch Staaten, die nur Schuldtitel mit SEHR langen Laufzeiten besitzen (das ist aber inbesonders in Deutschland NICHT der Fall) und es schaffen, eine Inflationierung eben so rasch zu stoppen, wie sie gekommen ist.

      Wichtig ist also Inflations-Stabilität. Anders ausgedrückt: Niedrige Volatilität der Inflation. Egal, ob bei 1,2 oder 3%. Nur dann sinken die Realzinsen für alle!

      Die Hüter der EZB haben also vollkommen recht, wenn sie die Staaten zur langfristigen Haushaltsdisziplin auffordern, dann entstehen Bedürfnisse nach Enteignung der Staatsgläubiger auch gar nicht erst.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 16:10:56
      Beitrag Nr. 31 ()
      @sbi,

      jetzt versteh ich langsam, worauf Du hinauswillst. Das übliche Politikergelalle vom Wachstum als Heilmittel? Ist natürlich Quatsch. Da hast Du Recht.
      Wachstum muss sein, aber aus anderen Gründen. Schließlich wollen wir alle wohl in 5 Jahren besser leben als heute. Und das geht ohne Wachstum tatsächlich nicht.

      Der Glaube allerdings, dass man durch Wirtschaftswachstum die Probleme wie Arbeitslosigkeit, Staatsverschuldung etc. lösen könnte, der ist naiv. Da wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Die Lösung dieser Probleme wird zu mehr Wachstum führen, nicht das Wachstum wird die Probleme lösen.

      Wachstum erfordert zwingend Zinsen? Das ist etwas weit hergeholt. Meinst Du es so: Wer inverstieren will, braucht Kapital. Wenn er es selbst nicht hat, muss er es sich von emandem besorgen. Dieseer wird es ihm aber nicht kostenlos überlassen. Ja, so ist es schon. Zins ist einfach der Preis für Kapitalüberlassung. Für Konsumverzicht. Kein Problem. Ganz im gegenteil: Zinsen führen zu mehr Effizienz in der Kapitalallokation. Warum sollte ausgerechnet die Kapitalüberlassung kostenlos sein?

      Wachstum ist nicht begrenzt! Wirtschaftswachstum kennt keine natürlichen Grenzen. Wo sollten die auch liegen? Das Bruttosozialprodukt heute ist um zigtausend Prozent höher als das vor 500 Jahren.

      Und "Geld" und "Währung": Beim Tauschen benutzt man kein Geld, aber auch eine Währung. Klar?
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 16:52:38
      Beitrag Nr. 32 ()
      "Wachstum ist nicht begrenzt! Wirtschaftswachstum kennt keine natürlichen Grenzen. Wo sollten die auch liegen? Das Bruttosozialprodukt heute ist um zigtausend Prozent höher als das vor 500 Jahren.
      "

      Und die Erde ist eine flache Scheibe :laugh:
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 16:55:56
      Beitrag Nr. 33 ()
      @Punk:

      Wir hatten bereits in einem anderen Thread festgestellt, dass Du den Unterschied zwischen (technischer) Effizienz (begrenzt auf 100%) und Wirtschaftswachstum nicht kennst.

      Warum führst Du freiwillig Dein mangelndes Wissen immer wieder vor?

      Aber, bleiben wir sachlich: Um wieviel Prozent übersteigt denn Deiner Meinung nach das heutige BSP das BSP von vor 500 Jahren?
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:11:15
      Beitrag Nr. 34 ()
      @ Rainer: Es ging um Wirkungsgrad und Produktivität;). Beides ist begrenzt und auch das Wirtschaftswachstum ist nur theoretisch unbegrenzt, d.h. in einer unendlich großen Volkswirtschaft mit unendlich viel Energie.

      Wo soll die Energie für unendliches Wirschaftswachstum herkommen, wenn unsere Energievorräte begrenzt sind. Selbst wenn alle Prozesse reibungsfrei laufen kann letzten endes nicht mehr rauskommen als reingesteckt wurde (Energieerhaltungssatz).

      Ich denke es ist der Kardinalfehler in deinem Denkmodell, dass du meinst, ein theoretisch denkbares unendliches Wirtschaftwachstum ließe sich in der Praxis umsetzen oder wäre sogar anzustreben.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:11:25
      Beitrag Nr. 35 ()
      #32
      Und siehe da, es geht doch.
      Deutschland hat zuweilen Wachstum ohne natürliche Recourcen, auch ohne steigende Produktion.

      1. Hast Du Dir schon einmal überlegt, daß die Wirtschaft nicht nur aus einer Industrieproduktion abgeleitet wird.
      Sagt Dir der Begriff "Dienstleistung" etwas?

      2. Hast Du Dir schon einal überlegt, daß Wachstum allein dadurch entstehen kann, daß eine Diensleistung eines Menschen , aber auch eine Ware höher bewertet wird? Ganz ohne jeglicher zusätzlicher Input? So einfach nur deshalb, weil ein Gut oder eine Leistung begehrter wird?

      Vielleicht sollte man die müßige Diskussion um angebliche Nachteil von Wachtums einmal unter diesen Aspekten betrachten.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:16:39
      Beitrag Nr. 36 ()
      Das Wirtschaftswachstum der Erde (um es einmal zu vereinfachen) hat sicher irgendwo eine theoretische Grenze (weil die Ressourcen endlich sind) - nur liegt die weit von unserem aktuellen Stand.

      Interessant finde ich eher, wie der zunehmende Einfluss der Dienstleistungsgesellschaft sich auf das Wachstum auswirkt.

      Der Grad an Organisation und Lernfähigkeit etwa hat sich in den letzten Jahrzehnten evtl. gesteigert, doch ist marginal gegenüber Produktivitätsverbesserungen durch Robotisierung etc.

      Denn menschliche Produktivität ist längst nicht so steigerbar wie maschinelle etc. Ist etwa ein PR-Berater heute produktiver als einer vor 50 Jahren?

      Ich denke daher, dass das Wachstum sich aus ganz natürlichen Gründen langfristig abschwächen wird.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:16:51
      Beitrag Nr. 37 ()
      #34
      Physikalische Ansätze zur Erklärung von wirtschaftlichen und sozialen Prozessen. Ein neuer Ansatz.

      Bitte benutze aber dann die physikalischen Gesetze, die sich auf evolutorisch "offene Systeme" beziehen. Nicht die, die im Glaskasten entwickelt oder sich in einem geschlossenen System beziehen.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:19:24
      Beitrag Nr. 38 ()
      @ Rainer ;)

      @sbi,

      jetzt versteh ich langsam, worauf Du hinauswillst. Das übliche Politikergelalle vom Wachstum als Heilmittel? Ist natürlich Quatsch. Da hast Du Recht. :D:D:D
      Wachstum muss sein, aber aus anderen Gründen. Schließlich wollen wir alle wohl in 5 Jahren besser leben als heute. Und das geht ohne Wachstum tatsächlich nicht. - Warum nicht?

      Der Glaube allerdings, dass man durch Wirtschaftswachstum die Probleme wie Arbeitslosigkeit, Staatsverschuldung etc. lösen könnte, der ist naiv. Da wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Die Lösung dieser Probleme wird zu mehr Wachstum führen, nicht das Wachstum wird die Probleme lösen.
      Ja und nein. Es wäre einfacher, diese Probleme zu lösen, wenn wir wieder mehr auf die klassische Neoliberalität schwenken würden. Aber gleichzeitig behaupte ich folgendes: weiter unten!

      Wachstum erfordert zwingend Zinsen? Das ist etwas weit hergeholt. Meinst Du es so: Wer investieren will, braucht Kapital. Wenn er es selbst nicht hat, muss er es sich von emandem besorgen. Dieseer wird es ihm aber nicht kostenlos überlassen. Ja, so ist es schon. Zins ist einfach der Preis für Kapitalüberlassung. Für Konsumverzicht. Kein Problem. Ganz im gegenteil: Zinsen führen zu mehr Effizienz in der Kapitalallokation. Warum sollte ausgerechnet die Kapitalüberlassung kostenlos sein?



      Wieder richtig, Zinsen führen zur Effizienz. Effizienz, die Volkswirtschaften gegeneinander ausspielen kann, die Arbeitsplätze kostet, die Geldvermögen ohne direkte Arbeit umverteilt usw. Zinsen sind demnach also gleichzeitig auch Ursache für die heutigen Probleme. (Exkurs: wir könnten z.B. die Löhne bei uns so weit senken, dass wir weltweit wieder konkurrenzfähig würden, hätten dabei aber einen deflatorischen Nachfrageausfall)

      Ich bin wirklich für einen freiwirtschaftlichen Versuch,
      in Form einer bürgerlich liberalen Vorstellung.
      Wer kann mir folgen? Kapitalmarkteffizienz geht nach den Vorstellungen Gesell`s und anderer eben auch anders, als nur durch den Zins! Der Zins birgt zu viele Nachteile,
      weil er uns zu Wachstum "verdammt"
      Wohlstand für alle erreicht man jedoch nicht wenn eine kleine Gruppe zu Lasten anderer stärker wächst!

      Schöne Parabel übrigens! :);)
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:21:43
      Beitrag Nr. 39 ()
      Wobei die von KvA in #35 Steigerungen durch Trends völlig irrelevant sind, da beim Wirtschaftswachstum ja die Summe z.B. als BIP entscheidend ist. Was er da anspricht, ist der Effekt von Inflation. Wir reden hier aber hoffentlich alle von realem Wachstum, also inflationsbereinigt.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:22:09
      Beitrag Nr. 40 ()
      @KvA:

      Die Unterscheidung von Produktion und Dienstleistung ist bei meiner Betrachtungseise unbedeutend. Beide benötigen input, der sich als Energie beschreiben lässt. Der Mitarbeiter muss Nahrung zu sich nehmen, die Maschinen benötigen Strom etc....ob sie nun produzieren oder dienstleisten;).

      Woher diese Energie kommt ist global betrachtet ebenfalls ohne Bedeutung. Für die Energie, die Deutschland einführt, muss es bezahlen. die Bezahlung erfolgt in der Regel in Devisen, die letztlich auch nur ein Energieäquivalent sind vergleichbar dem ATP in der Stoffwechselphysiologie.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:24:05
      Beitrag Nr. 41 ()
      Wirtschaftswachstum ist eine in Geld bestimmte bewertete Größe. Deshalb gibt es keine theoretische Grenze.

      Recourcen sind auch nicht wirklich endlich. Viele Recourcen sind auch noch nicht einmal entdeckt. Bitte erfaßt die Welt, von der wir doch nur Bruchteile kennen, doch nicht immer so endlich und beschränkt.

      Aus Euch wäre sicher keiner ein Kolumbus geworden. :mad:

      Alle hätten sich damit abgefunden, daß es halt so ist, wie es derzeit scheint.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:27:39
      Beitrag Nr. 42 ()
      Der Koenig hat die Parabel nicht wirklich verstanden!


      Und wenn es etwas gibt, was ich von mir behaupten möchte
      ( Intelligenz ist es nicht :p )
      dann ist es ein umfassender Blick auf meine gesamte Umwelt, nicht nur der Wirtschaft, der Politik oder sonstiger Einzelbereiche!

      Und immer Fragen zu stellen!


      Und nicht alles einfach so hinzunehmen!
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:29:22
      Beitrag Nr. 43 ()
      #39 Mein Beitrag hat absolut nichts mit Inflation zu tun.

      Selbst Karl Marx hat Gedanken angestellt, wie man Güter und Leistungen unterschiedlich bewertet.
      Durch unterschiedliche Bewertungen können sich real, also auch preisbereinigt, die terms of Trade einer Leistung ändern. Dadurch kann Wachstum entstehen, ohne , daß quantitativ oder qualitativ mehr geleistet werden muß.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:29:36
      Beitrag Nr. 44 ()
      Habt ihr mal schon über den Unterschied zwischen Lebensstandard und Bruttosozialprodukt nachgedacht ?
      Ein sehr hoher Lebensstandard kann auch mit einem sehr niedrigen BIP erreicht werden.
      Eine Wirtschaftsphilosophie die sich auf den Lebensstandard konzentriert, könnte viele Probleme des Kapitalismus beseitigen, sprich sie wäre eine Weiterentwicklung des Kapitalismus.

      Euer Seuchenvogel
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:29:50
      Beitrag Nr. 45 ()
      Punk, dein Energieansatz ist durchaus richtig. Aber dann müsstest du anerkennen, dass diese Grenze sehr weit weg liegt. Des weiteren müsstest du die Endlichkeit der Materie (bzw. Energie) im Weltraum voraussetzen, wenn du dich nicht wie ich auf die Erde beschränkst. Denn so global gesehen, könnte auch jemand herkommen und darauf verweisen, dass es nicht bewiesen ist, dass das Weltall endlich ist.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:34:12
      Beitrag Nr. 46 ()
      #43: KoenigvonAtlantis, das ist offenkundiger Unsinn und so bestimmt nicht von Marx formuliert.

      Und selbst WENN das stimmen würde, hätte dieser Effekt des Wachstum NULL Einfluss auf die Wirtschaftskraft eines Landes. Wie denn auch, wenn sich nur die "Terms of Trade" ändern - aber keine qualitativen und quantitativen Größen?

      #41: Letzter Satz: :D

      Aber trotzdem musst du anerkennen, dass wir schon genug Ressourcen haben, deren Endlichkeit zum Problem wird: Öl, Wasser, "Planetenschutz" (Ozonschicht), etc.

      Ich stimme aber wie gesagt überein, dass noch einiges Wachstum möglich ist.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:34:31
      Beitrag Nr. 47 ()
      #45
      "Zwei Dinge sind unendlich,
      Das Weltall und die menschliche Dummheit"
      bei ersterem war sich Einstein aber nicht ganz sicher,
      hat er hinzugefügt.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:35:42
      Beitrag Nr. 48 ()
      Wenn es solch Wachstum gäbe, warum wachsen wir denn nicht, wenn uns alle Welt immer wieder sagt, das wäre die Lösung aller Probleme?


      Was begrenzt uns zur Zeit?


      Ich weiß es gibt hier viele die sagen würden:
      Zu viele Effizienzstörungen, bestenfalls sind die Sozis dran schuld! ;)

      Aber ist das wirklich so?

      Stecken nicht hinter so manchen Effizienzstörung menschliche Schicksale?
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:39:31
      Beitrag Nr. 49 ()
      @Punk

      Wo soll die Energie für unendliches Wirschaftswachstum herkommen, wenn unsere Energievorräte begrenzt sind. Selbst wenn alle Prozesse reibungsfrei laufen kann letzten endes nicht mehr rauskommen als reingesteckt wurde (Energieerhaltungssatz).

      denk doch nicht nur an die Energiemenge, die fossil z.Zt. auf der Erde gebunden ist.
      weisst du wieviel fusionsenergie in der sonne täglich freigesetzt wird???
      mit solartechnik z.B. erhalten wir energie von "außen".

      und denk mal 500 Jahre weiter:

      Weisst du, wieviel fusionsenergie man aus einem Kubikmeter Dreck rausholen könnte??

      Physikalische Energie wird auf lange sicht durch den technischen Fortschritt praktisch unbegrenzt verfügbar sein und keinesfalls ein lngfristiges Hindernis für Wirtschaftswachstum sein!
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:42:52
      Beitrag Nr. 50 ()
      #46
      1. Meines Wissens ergündet sich die Theorie der Arbeitswertlehre auf Marx, welche nur eine der möglichen Ansätze zur Preisbildung darstellt.

      2. Du scheinst meine Postings nicht verstanden zu haben, da sich das Wirtschaftswachstum auf eine in Geld "gewertete" /Diese Werrtmaßstäbe können sich ändern) bezieht, entstehen selbstverständlich auch in diesem Fall gemessene Größenäönderung. Nicht physikalisch ändert sich etwas, sondern "bewertet".

      Preise von Gürtern und Dienstleistungen, die unser Wirtschaftssystem bestimmen, sind bewertete Größen.

      Ein Gut wird nicht deshalb teuer, weil es viele Recourcen verbraucht, sondern, weil es vom Markt als wertvoll betrachtet wird.
      Schau mal ein Früh-Picasso an, un dessen reale Wertentwicklung seit Entstehung des Werkes. Die Farbe kann es nicht gewesen sein und die Inflation auch nicht. Endlich verstanden?
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:44:56
      Beitrag Nr. 51 ()
      @ fossil:Kernfusion ist schon eine dolle Sache.

      Aber selbst diese Energieform verschleißt!

      Eure Debatte ist aber ansonsten ziemlich fruchtlos,
      vielleicht gelingt es der Menschheit wirklich,
      Energieprobleme auf lange Zeit zu lösen.


      Trotz enorme Wohlfahrtssteigerung gibt es aber überall immer noch Armut. Sind diese Leute ineffizient?

      Was begrenzt die Möglichkeit, ihnen bezahlte Arbeit zu geben?

      Wieso versuchen alle, den falschen Weg der USA nachzugehen?
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:47:43
      Beitrag Nr. 52 ()
      Nochmal der Autor von 1:

      Quelle:http://www.herbert-gruhl.de/texte/himmelfahrt/himmelfahrt.ht…


      Unsere Ökonomie zerstört uns

      Von Herbert Gruhl



      Was man heute als „moderne Ökonomie“ bezeichnet, hat sich in der Rekordzeit von zwei Jahrhunderten auf diesem Planeten entwickelt. Die daraus in Europa hervorgegangene und in Nordamerika noch höher gepuschte Zivilisation eroberte in kurzer Frist den ganzen Erdball. Ihre Mittel waren so gewaltig, daß die Natur völlig überrollt und partiell schon zerstört wurde und in steigendem Maße weiter zerstört werden wird. Trotzdem blieb der damit geschaffene „Wohlstand“ auf die nördliche Hemisphäre beschränkt. Ihn auf die südliche auszuweiten ist nicht gelungen, wie es auch dem sowjetischen Kommunismus nicht gelungen ist, ein dauerhaftes Industriesystem aufzubauen, unter anderem deshalb, weil es nicht die geringste ökologische Rücksichtnahme kannte.

      Aber auch im Westen entstand erst unter dem Eindruck der zunehmenden Naturzerstörung eine wissenschaftliche Gegenposition, die Ökologie. Die Ökologie lehrt uns, daß die Natur ohne den Menschen existieren kann, der Mensch aber nicht ohne die Natur. Obwohl ihre Aussagen evident sind, hat die Natur einen entscheidenden Nachteil: Sie kann kurzfristig keine realen Machtpositionen erobern, wie das die Ökonomie getan hat, in dem sie Gütermassen, Verkehrsmittel, Waffen und Geldmittel in einem Ausmaß kumulierte, gegen das jeder Widerstand aussichtslos blieb. Das zeigt sich auch darin, daß die Ökologie von der Ökonomie einfach als neuer Wirtschaftszweig aufgegriffen und als „technischer Umweltschutz“ ihr einverleibt wurde.

      Insgesamt hat schon die supertechnische Ökonomie Arbeitsplätze in riesigen Dimensionen geschaffen, die ihren glücklichen Besitzern Wohlstand garantieren. Damit sind alle (die Staatsführungen eingeschlossen) zu Sklaven des industriellen Systems geworden – und ohne daß sie es merken, arbeiten sie weiter an ihrer eigenen Versklavung, denn sie können nun nicht mehr anders. Tatsächlich hängt inzwischen das Wohl von Milliarden Menschen einzig und allein vom weiteren globalen Funktionieren des jetzigen ökonomischen Systems ab. Diese Milliarden wenden sich daher rational und instinktiv gegen jede Änderung des jetzigen Systems. Der Sieg der marktwirtschaftlichen Ökonomie ist nur möglich geworden, weit ihre Ausbeutung der Erde von Anfang an effizienter gewesen ist. Weil sie höhere Wachstumsraten erreichte, konnte sie sogar ein wenig für den Umweltschutz abzweigen. Aber diesem „modernen“ Wirtschaftssystem ist es bisher nicht gelungen, die 4.000 Millionen Menschen, die im 20. Jahrhundert auf diese Erde hinzugekommen sind, einigermaßen mit Arbeitsplätzen und Nahrung zu versorgen. Zwar ist die Utopie des immer besseren Lebens für immer mehr Menschen in den letzten Jahren zusammengebrochen; doch das hat nicht den geringsten Einfluß auf die Vermehrung der armen Völker der Erde gehabt. Sie stellen inzwischen 80 Prozent der Weltbevölkerung, und ihr Anteil nimmt weiter zu, was zu wachsendem Elend führt.

      Der neue welthistorische Widerspruch besteht also darin, daß die Gattung Mensch mit unaufhaltsam wachsender Zahl und weiter steigenden Ansprüchen des einzelnen (nach westlichem Vorbild) die Fließgleichgewichte der Natur zerstört. Die gewaltige Dynamik der Vorgänge läßt sich offensichtlich nicht mehr bremsen. Dennoch bleibt es ein hoffnungsloser Kampf, die anflutenden Menschenmassen unterzubringen, sie zu ernähren und sie auch noch mit – möglichst hochproduktiven – Arbeitsplätzen zu versorgen. Doch damit läßt sich der Kreis nicht schließen; denn alle Anstrengungen führen lediglich zu einem schnelleren Verzehr der Erdvorräte und zu einer steigenden Umweltbelastung obendrein, bis schließlich die Fruchtbarkeit der Natur zusammenbricht – wahrscheinlich noch ehe die Vorräte an Energie und Mineralien in der Erde erschöpft sein werden.

      Alle bisher vorgelegten Pläne vermögen diese Widersprüche nicht aufzulösen. Der Mensch geht an seiner jetzigen, selbstgeschaffenen Ökonomie zugrunde, weil diese die ökologischen Gesetze unserer Erde nicht beachtet hat.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:49:02
      Beitrag Nr. 53 ()
      #50

      Selten ein so gelungenes Beispiel gelesen (Picasso).

      #48:
      Was uns begrenzt zur Zeit? Da gibt es viele Faktoren. Einer davon dürfte sein, dass es immer mehr Menschen wie Dich (und auch mich) gibt, die satt sind. Ist nicht böse gemeint. Aber natürlich lässt der Wachstumstrieb nach, wenn man ein bestimmtes Niveau erreicht hat, wenn man nicht mehr hungert, eine gute Gesundheitsversorgung hat, ein schönes Haus etc. etc.
      Insofern ist der Wunsch nach mehr Wachstum wohl schwächer geworden. Das heißt aber nicht, dass wir das Ende des möglichen Wachstums erreicht hätten.
      Ein weiterer Faktor ist wohl, dass Wachstum ausschließlich aus Investitionen kommen kann. Und Politiker aller Couleur huldigen dem Konsum, statt das Sparen zu propagieren.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 17:54:21
      Beitrag Nr. 54 ()
      Kernfusion ist schon eine dolle Sache.
      Aber selbst diese Energieform verschleißt!


      ja richtig, die sonne geht in ein paar milliarden jahren aus, das ist natürlich schon ein riesen problem
      :laugh:

      und die materie, die wir in unserem sonnensystem zur verfügung haben, ist natürlich auch nur endlich.;)

      mann leute, schlagt mal physik-buch auf, bevor ihr hier erzählt, es gäbe einen definitiven, praktisch für die menschheit auf lange sicht relevanten, energiemangel.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:06:58
      Beitrag Nr. 55 ()
      Die gleiche Diskussion hatten wir mit dem Punker schon einmal in Thread: Sind dies die wahren Gründe für Rentenkriese und Sozialabbau. Mit dem scheint eine Diskussion zu dem Thema sinnlos zu sein. :(

      Ich habe ihn damals schon gefragt, wie hoch denn die maximale Wertschöpfung ist, die man aus einer KWh Energie oder einer Tonne Stahl rausholen kann. Ich warte bis heute auf die Antwort!

      Das Beispiel mit dem Picasso trifft die Problematik ziemlich gut! Wie viel Gewinn kann man denn maximal mit aus einem Kilo Farbe rausholen? :rolleyes:

      Ich halte auch die Diskussion über die zukünftige Energieerzeugung für verfehlt. In dem Punkt bin ich nämlich auch der Meinung der "Ökologen" wie Gruhl, dass man den Energieverbrauch langfristig stabilisieren sollte, und zu einer "Kreislaufwirtschaft" kommen sollte was den Ressourcenverbrauch angeht.
      Herbert Gruhl ist für mich noch heute einer der interessantesten Politiker, den ich je kannte.

      Viele scheinen aber nicht zu begreifen, dass auch bei konstantem Resourcenverbrauch stetiges "qualitatives" Wachstum möglich ist!

      Und was das ganze mit der Existenz von Zinsen zu tun haben soll, ist mir auch schleierhaft.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:10:59
      Beitrag Nr. 56 ()
      also einmal den, auch zur Energiedebatte:

      http://www.volker-kempf.de/stigma5/interview/interview.html

      @ leary: Bewiesen ist damit aber die Begrenzheit, egal wo die Grenze liegt! ;)


      @ Rainer

      Was uns begrenzt zur Zeit? Da gibt es viele Faktoren. Einer davon dürfte sein, dass es immer mehr Menschen wie Dich (und auch mich) gibt, die satt sind. Ist nicht böse gemeint. Aber natürlich lässt der Wachstumstrieb nach, wenn man ein bestimmtes Niveau erreicht hat, wenn man nicht mehr hungert, eine gute Gesundheitsversorgung hat, ein schönes Haus etc. etc.
      Insofern ist der Wunsch nach mehr Wachstum wohl schwächer geworden. Das heißt aber nicht, dass wir das Ende des möglichen Wachstums erreicht hätten.
      Ein weiterer Faktor ist wohl, dass Wachstum ausschließlich aus Investitionen kommen kann. Und Politiker aller Couleur huldigen dem Konsum, statt das Sparen zu propagieren.


      Meinst du wirklich? Das die Arbeitslosen z.B. satt sind, weil sie zu viel Kohle reingesteckt bekommen?
      Oder weil es eben doch hohe Arbeitskosten bei uns sind, die uns irgendwie begrenzen?
      Ich bin auch satt, sattt davon, mehr zu arbeiten, um meinen Lebensstandard halten zu können, weil ich für Fehler zahlen muß, für die ich gar nichts kann!
      ( Deficit Spending seit 30 Jahren! )
      Wir sind nicht am Ende des Wachstums, wir stehen nur vor einer kleinen zyklischen Tief, ähnlich 1929!
      Warum sparen denn die Politiker nicht?
      Ich will es sofort wissen, warum die das nicht machen, wenn doch jeder weiß, dass es nicht so weitergeht!

      :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:13:20
      Beitrag Nr. 57 ()
      Du glaubst, dass jeder weiß, dass es so nicht weitergeht mit der Staatsverschuldung? Du glaubst, Arbeitslose sind nicht satt?
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:16:03
      Beitrag Nr. 58 ()
      @ flitzass:


      wenn es dich wirklich interessiert, was der Zins alles schafft, und was dabei als unerwünschte ( aber nicht wahrgenomme ) Nebenwirkungen auftreten, such doch mal nach Freiwirtschaft im Netz.

      Oder schau mal hier rein!


      :)


      http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/schleisiek/einwaende.…
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:20:21
      Beitrag Nr. 59 ()
      @ RAiner: :D

      vielleicht sind einige Arbeitslose satt, vielleicht 25 %, ich will darüber nicht spekulieren. Andere suchen aber bestimmt einen Job!

      Ich nehme schon an, dass vielen bewußt ist, warum das mit den Staatsschulden nicht so weitergehen kann/wird.


      Aber ich weiß: Nach mir die Sintflut!


      PS: macht Spaß heute mit euch! :)
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:21:42
      Beitrag Nr. 60 ()
      @KvA: Zu was eine "Bewertung" führt, die mit dem "realen Wert" nichts zu tun hat, sehen wir seit 3 Jahren an den Aktienmärkten.

      @SBI

      in #38 schreibst du

      "Wieder richtig, Zinsen führen zur Effizienz. Effizienz, die Volkswirtschaften gegeneinander ausspielen kann, die Arbeitsplätze kostet, die Geldvermögen ohne direkte Arbeit umverteilt usw. Zinsen sind demnach also gleichzeitig auch Ursache für die heutigen Probleme. (Exkurs: wir könnten z.B. die Löhne bei uns so weit senken, dass wir weltweit wieder konkurrenzfähig würden, hätten dabei aber einen deflatorischen Nachfrageausfall)"

      dazu kann nur nur sagen: wieder richtig ;):p

      Neben den Zinsen, sind mir auch die verschiedenen Währungen ein Dorn im Auge. Währungsspekulationen sind die Ursache für viel elend auf dieser Welt. Wir sollten daher eine absolute Währung haben. Nennen wir sie den Globalo :D. Dieser könnte durchaus in verschiedenen Volkswirtschaften eine unterschiedliche Kaufkraft haben. Der ganze Aufwand und das Währungsrisiko würden aber wegfallen. Eine gigantische Entlastung für die Unternehmen.Allerdings werden dann die Devisenhändler arbeitslos, aber damit können wir wohl leben ;).
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:22:25
      Beitrag Nr. 61 ()
      #58

      kannst du mir einen ernstahften wirtschaftswissenschaftler nennen, der die thesen aus dem pdf vertitt?
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:22:50
      Beitrag Nr. 62 ()
      @Rainer @KvA

      Wer die Definition des BIP/BSP kennt - auf dessen Grundlage sich Wirtschaftswachstum definiert -, weiß, dass es sich bei Picasso um ein eher schlechtes Beispiel für eine dazu noch falsche Theorie handelt.

      Denn 1. liegt die Berichtsperiode beim Picasso-Beispiel bei ca. 100 Jahren, was keinerlei praktische Grundlage hat. Weiterfolgend müsste man das BIP der nächsten 100 Jahre bewerten, um einen Vergleich, und damit eine Wachstumskennziffer zu erhalten. Damit wäre 2. aber sowieso das Inflationsargument erschlagen. Denn Inflation berücksichtigt verschiedene Produktgruppen (Warenkorb-Modell). Gemälde als Produkt gesehen, unterlägen damit einer sehr hohen Inflation. Das Fazit ist daher, dass die Wertsteigerung eines Picasso-Bildes das reale BIP und damit das reale Wirtschaftswachstum nicht erhöht.

      Würde man als Gedankenspiel den Berichtszeitraum auf ein Jahr zusammenschrumpfen und wäre es so, dass jeden Monat ein Gemälde eines Künstlers X auf den Markt kommt, dass innerhalb des Jahres stark im Wert steigt, so würde sich nichts ändern. Nur die im jeweiligen Jahr produzierten Gemälde zählen - werden die Preise aber jedes Jahr höher, wird alles durch die Inflation gefressen - der Maler ist in der Tat nicht produktiver geworden. Schafft er es hingegen, mehr Gemälde zu erzeugen, bei mindestens gleichbleibendem Preis, dann trägt er zum Wirtschaftswachstum bei. Genau das aber widerspricht #43.

      Ihr macht schlichtweg den Fehler, bei der Wertsteigerung nicht darauf zu achten, ob auch ein Mehr an erzeugten Produkten dahintersteht. Nur dann wächst nämlich das reale BIP, alles anderes ist Inflation.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:27:58
      Beitrag Nr. 63 ()
      @ wavetrader #62 sach ich doch auch immer ;) :D
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:29:53
      Beitrag Nr. 64 ()
      @ leary: wen meinst du mit ernsthaften Wirtschaftwissenschaftlern? :confused:

      So einen wie Norbert Walter? :D

      Ich kenne so gesehen keinen einzigen überhaupt! :D

      Denn die stochern alle nur im Nebel, um ständig neue Erklärungen zu finden, warum der homo oeconomicus mal wieder versagt hat!


      Einer, der sich zumindest im Geldwesen auskennt, ist zumindest Bernard Lietaer.


      Generell würde ich die mangelnde Verbreitung und Akzeptanz allerdings nicht als Bewertungsfaktor empfehlen, sondern schon das eigene Bewerten dieser Theorien, please remember, die Erde wäre sonst immer noch eine Scheibe! :D
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:30:44
      Beitrag Nr. 65 ()
      Zur Zins-Diskussion: Der Threaderöffner sollte vielleicht mal in die Richtung forschen, das eigentliche Dilemma, nämlich eine zu hohe Verschuldung des Staates, zu untersuchen und sowohl Lösungskonzepte als auch Konzepte gegen die Wiederholung der Staatsschulden-Problematik zu erstellen. Wer den Zins nicht als Entschädigung für entgangene Erwartungsgewinne begreift und Kredite als prinzipielle Notwendigkeit für die optimale Verteilung des Kapitals in einer Volkswirtschaft leugnet, redet prinzipiell dem Kommunismus das Wort - was kein "in die Ecke stellen" sein soll. Doch widerspricht die Forderung nach Zins-Verbot ohne finanztechnisch äquivalenten Ersatz im Endeffekt der Daseinsberechtigung von Marktwirtschaft.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:33:19
      Beitrag Nr. 66 ()
      @sbi: Ich hatte schon vor 10 Jahren ausgiebige Diskussionen mit einem Freund, der auch Anhänger dieser alternativen Geldtheorien war, und aktiv an einem "Talente-Tauschring" beteiligt war.

      Tut mir leid, aber ich halte die in einer modernen Welt für unbrauchbar, da sie meines Erachtens für effiziente Kapitalallokation in grossem Massstab nicht geeignet sind.

      @wavetrader: Auch an dich die Frage: Wie hoch ist die maximale Wertschöpfung, die man aus einem KWh Energie rausholen kann, natürlich zu heutigen Preisen?
      Vergleiche doch mal ein Auto von heute mit einem von vor 50 Jahren! Der Resourcenverbrauch ist wohl eher gesunken als gestiegen, trotzdem steckt in einem heutigen Auto eine erheblich grössere Wertschöpfung, weil auf Grund des technischen Fortschrittes die Resourcen erheblich effizienter eingesetzt werden.
      Bei Computern ist dies wohl noch deutlich krasser zu sehen.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:35:00
      Beitrag Nr. 67 ()
      @ Wavetrader: Bitte, nein, verurteile das nicht in diese Ecke, bevor du es nicht vorurteilsfrei durchgelesen hast!


      Es hat mit Kommunismus überhaupt nichts zu tun, ist im Gegenteil eine sehr liberale Sicht!
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:35:52
      Beitrag Nr. 68 ()
      Nachtrag für Mitleser:
      -----
      Definition
      Bruttoinlandsprodukt

      Begriffsinhalt:

      Zusammenfassendes Maß für den Wert der wirtschaftlichen Leistung, die aus der Produktionstätigkeit im Inland in der Berichtsperiode resultiert.

      In gütermäßiger Sicht entspricht das Bruttoinlandsprodukt dem Geldwert aller in der Berichtsperiode im Inland produzierten Waren und Dienstleistungen nach Abzug des Wertes der im Produktionsprozess als Vorleistungen verbrauchten Güter. Es wird - ausgehend von der (bereinigten) Bruttowertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche - durch Addition von Gütersteuern abzüglich Gütersubventionen ermittelt.
      ...

      http://www-zr.destatis.de/def/def0211.htm
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:41:05
      Beitrag Nr. 69 ()
      @ flitzass:


      Tut mir leid, aber ich halte die in einer modernen Welt für unbrauchbar, da sie meines Erachtens für effiziente Kapitalallokation in grossem Massstab nicht geeignet sind.



      Wieso?

      Eine Begründung vermisse ich! :(

      Grosser Masstab? Global? Machtzentrierung? Moderne Welt?
      Effiziente Kapitalallokation?

      Alles Wörter, die ich gerne für meinen Parabel-Thread empfehle! :)
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:41:39
      Beitrag Nr. 70 ()
      #68:

      Und wie trägt der Verkauf eines Picasso-Bildes durch einen Galeristen zum BSP bei? :D

      Ich gebe Dir allerdings Recht, dass dies keine reale BSP-Steigerung wäre. In die Falle bin ich tatsächlich getreten.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 18:47:37
      Beitrag Nr. 71 ()
      @sbi:

      jetzt stell Dich doch nicht dümmer als Du bist, bitte.

      Ein Beispiel für Inefizienz der Tauschwirtschaft? Du hast eine Ziege, willst einen Mantel. Der Schneider will aber keine Ziege, er hätte gerne ein Radio. Der Radiomechaniker möchte weder einen Mantel, noch eine Ziege, er hätte gerne zwei Stunden Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt. Der Rechtsanwalt wiederum würde gerne mal wieder mit einer Prostituierten eine Stunde verbringen, die aber weder ein Radio, noch einen Mantel oder eine Ziege und schon gar nicht rechtlichen Rat benötigt.

      Lösung?
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 19:02:42
      Beitrag Nr. 72 ()
      sittin bull inv: Was ist daran liberal, Geld mit einer Hortungssteuer zu belegen? Des weiteren fordert deine Quelle nicht eine totale Abschaffung des Zinses. Dennoch: Der Ansatz geht viel zu weit, wo das Problem doch die Schulden an sich sind - hauptsächlich beim Staat

      Denk mal über folgendes Szenario nach:

      Ein Unternehmen will expandieren, nimmt über Anleihen Schulden zu recht hohen Zinsen auf, die es zahlen muss, weil der Markt erhebliche Risiken sieht. (Statt Anleihen geht auch eine Bank, die aber auch eine Risikobewertung vornimmt).

      Er erhofft sich, dass die Gewinne dennoch stärker wachsen als die zusätzlich Zinsbelastung (LR-Hebeleffekt des Fremdkapitals).

      Nach einem Jahr ist klar: Das Vorhaben scheitert grandios, die Kosten explodieren, die Einnahmen implodieren. Der Unternehmensführer hat sich verschätzt.

      Das Unternehmen kann kurze Zeit später die Zinszahlungen nicht mehr bedienen. Die Anleihen fallen zunächst stark und werden nach der Insolvenz-Anmeldung quasi wertlos. Das Unternehmen geht pleite, entlässt alle Mitarbeiter und ist fort an nicht mehr existent.

      Die Konkurrenz hingegen freut sich über ein Mehr an Aufträgen und höheren Marktanteil. Die Gewinne steigen dort, neue Mitarbeiter werden eingestellt, die Aktien steigen.

      Das ist der ganz normale Fluss innerhalb einer Marktwirtschaft. Aufbau und Fall, Boom und schöpferische Zerstörung.

      Beim Staat haben wir nun einen entscheidenden Unterschied, und genau hier muss die Kritik auch ansetzten: Er hat kein Insolvenzrecht. Bei Schieflagen quetscht er seine Einnahmen-Quellen (Steuerzahler) immer weiter aus, um seine Kosten (Staatsausgaben) zu decken. Oder er hilft mit Schulden nach, die seine Belastungen langfristig aber vergrößern - wenn sie Schulden nicht eingesetzt werden, die Einnahmeseite "überproportional" zu verbessern.

      Was beim Unternehmen mangelnde Kapitalrentabilität genannt wird, wird beim Staat ineffizientes Steuersystem, Bürokratie-Terror etc. Die Zinsen als Fixkosten bleiben aber ein statisches Problem.

      Langfristig wirkt die Schuldenkrise beim Staat sogar vermögensverteilend, da die Bürger unterschiedlich stark von den Schulden profitieren/nicht profitieren, was von den Ausgaben (Subventionen, Infrastrukturinvestitionen, Sozialausgaben etc) als auch von den Zinszahlungen für die Gläubiger (Anleihenbesitzer) herrührt.

      Da sowohl starke und plötzliche Senkungen der Ausgabenseite (v.a. beim Sozialsystem) als auch starke Einnahmeerhöhungen (v.a. Steuerschraube) zu Instabilität führen können, ist keine schnelle Lösung aus der Schuldensituation möglich.

      Deshalb dürfen hohe Staatsschulden (sagen wir mal: über 30%% des BIP) gar nicht erst entstehen. Hierfür sind Vorschläge da und notwendig. Aber deshalb den Zins an sich abschaffen zu wollen oder umzubiegen, wäre nicht nur weit hergeholt, sondern auch ein Leugnen der wirklichen Probleme. Dass er in der freien Wirtschaft gut funktioniert, zeigt anfängliches Beispiel.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 19:05:02
      Beitrag Nr. 73 ()
      @ Rainer: :confused:?

      Na Geld natürlich.
      Habe ich nie anders gesagt, ganz sicher nicht.
      Geld ist ein effizientes Mittel als Tauschmittel.

      Andere Dinge sind nicht ganz so effizient.
      Geld als Wertaufbewahrungsmittel.
      Geld als einziger Lebenszweck.
      Geld aus Zinseinkommen, welches wirklich einen Umverteilungseffekt hat
      Geld als Wachstumshindernis

      Und warum darf ich mir dann keine Gedanken über eine zinslose Welt machen, wo doch definitiv einige negative Umstände entfallen?


      Warum stellt ihr mich immer gleich in eine total extreme Ecke? :cry:
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 19:09:34
      Beitrag Nr. 74 ()
      #70
      Seit wann trägt der Handel und dessen Erlöse nicht zum BIP bei?
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 19:09:43
      Beitrag Nr. 75 ()
      @sbi: Um eine Antwort in einem Satz zu versuchen: Das funktioniert deshalb nicht, weil die Transaktionskosten zu hoch sind!

      In einem kleinen Städtchen in Südtirol namens Wörgl kann das während einer schlimmen Weltwirtschaftskrise durchaus mal für kurze Zeit besser funktionieren als unser jetziges Geldsystem, aber eine moderne Welt wäre damit meines Erachtens nicht möglich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in einer solchen Welt noch jemand Milliardeninvestitionen tätigt, um einen neuen Motor oder ein neues besseres Flugzeug zu entwickeln, oder z.B. ein Internet aufzubauen, auf das Du ja vermutlich auch nicht verzichten willst.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 19:14:26
      Beitrag Nr. 76 ()
      @ wavetrader: schau, diu hast mit allem recht, Schulden sind definitiv ein großes Problem.

      Nicht nur für den Staat.

      Wie du zur Folgerung mit dem Zins kommst, ist mir dann nicht klar. Denn auch in der freien Wirtschaft hat der Zins Umverteilungseffekte.

      Wieder das Beispiel: USA: obwohl dort eine wesentlich freiere, nicht durch staatliche Mißgriffe belastete Wirtschaft herrscht, die mehr dem Ideal der Neoliberalisten folgt, gibt es dort eine enorme Ungleichverteilung des Vermögens, die sogar beständig zunimmt.

      Ihr könnt natürlich behaupten, das wäre OK so, ist es aber nicht, bestimmt nicht. Es kann nicht angehen, dass ganze Gesellschaftsschichten zu "working poor" werden, denkt dran, das sind noch die Gewinner des Systems, denn diese haben Arbeit, sogar meist mehrer Jobs pro Person.

      Der Zins ist ein Faktor, der an den Zuständen schuld ist.
      Schaut euch die Antwort zu Albatossa`s Posting von mir hier dazu an, da habe ich es versucht zu formulieren.


      Ich möchte nicht in Konkurrenz stehen mit meinem Arbeitsplatz zum gesamten weltweiten vaganbundierenden Kapital oder weit entfernten Billigarbeitern! :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 19:21:29
      Beitrag Nr. 77 ()
      @ flitzass: nein, ich weiß, dich nervt das, vor allem, wenn du die Diskussionen schon mal hattest.

      Das Problem ist das Verhaftungssein in unser System


      http://www.sffo.de/suhrnngd.html
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 19:29:54
      Beitrag Nr. 78 ()
      #62
      Selbstverständlich erhöht die Wertsteigerung des Gemäldes beim Verkauf das BSP/BIP. Es ensteht Wertschöpfung, die jetzt zur Verfügung steht. Und wenn das Gemälde im Jahr zehnmal gewinnbringend den Besitzer wechselt, ist dies auch eine reale Wirtschaftsteigerung. Wie gesagt, mit Inflation hat Wertschöpfung durch Wertsteigerung innerhalb des Tauschmechanismus (Handel im weiteren Sinne) nichts zu tun.

      Die Wertschöpfung des Handels und reine Arbitragegesellschaften (ohne Produktion) hätten nach Deiner Aufassung also keinen Einfluß auf das BSP/BIP. :confused:

      Das Statistische Bundesamt ist dazu jedenfalls
      anderer Meinung. Der Wertschöpfungsbeitrag des Handels innerhalb der BIP/BSP-Berechnung (incl. Gastgewerbe und Verkehr) wird für 2002 mit 366 Milliarden ausgewiesen. Vorjahr: 359 Milliarden, also Wachstum 7 Milliarden.
      Quelle: www.destatis.de

      Manche Staaten, die fast nur aus diesem Sektor und ähnlichen Geschäften (Zinsdifferenzgeschäften etc.) Wertschöpfung beziehen, hätten wohl dann ein BSP wie ein Entwicklungsland? :confused:
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 19:42:59
      Beitrag Nr. 79 ()
      Schön, daß unser Seuchenvogel mal wieder von sich hören läßt.
      Hat sich von den ganzen Ignoranten also nicht unterkriegen lassen!
      Sie (die Ignoranten) werden schon leiser, habe ich den Eindruck.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 19:44:29
      Beitrag Nr. 80 ()
      sittin bull inv, sorry, dass ich DARAUF etwas platt antworte, aber:

      Das größte Umverteilungssytem ist das Leben selbst!

      Natürlich können Schulden umverteilen, genau so gut wie mit Zinsen oder ohne. Das Geld selbst führt zu Umverteilung, warum nicht auch das abschaffen?

      Oder überhaupt Besitz?

      Du siehst, das Umverteilungsargument sollte man vorsichtig verwenden. Der Vorwurf des Kommunismus-Gedanken weiter unten ist daher schon berechtigt, denn es wäre die logische Fortsetzung deiner Ansichten. Und letztendlich kann auch Arbeitswillen umverteilen, Ideen, Talent, Berühmtheit. Schönheit. Geist. Und so weiter...

      Der Staat und unsere Zusammenseinsform (Demokratie) haben sich nun dahin entwickelt, dass wir die Schwachen stärken und aufpassen, dass die Starken nicht zu mächtig werden. Aber prinzipiell ist jeder für sein Leben selbst verantwortlich, das folgert aus der Mündigkeit und Souveränität erwachsener Menschen.

      Was wir also nicht wollen, ist: Gleichmacherei, völliger Wegfall des eigenen Risikos, fehlende Verantwortung für das eigene wirtschaftliche Tun und Handeln. Daher gehen alle Ansätze, die unsere Lebensweise in Richtung Verbot von wirtschaftlicher Entscheidungsfreiheit einengen, in diese Richtung und sind prinzipiell auch ein Angriff auf die Idee der Freiheit selbst.

      Daher auch meine differenzierte SIchtweise bei den Staatsschulden. Den Steuern können wir uns nicht entziehen, sonst machen wir uns strafbar. Steuern aufgrund hoher Staatsschulden liegen also nicht in der Verantwortung des einzelnen, der Staat bzw. die Regierung brauchen vielmehr Vorgaben, die Schuldenhöhe klein zu halten (siehe meine Forderung). Halbwegs verbindliche Begrenzungvorschriften gibt es ja immerhin seit Maastricht.

      Für Privat- und Unternehms-Schulden gilt diese Problematik nicht. Schulden aufnehmen und Zinsen zahlen, Unternehmenen gründen, Anleihenkauf usw. - diese Entscheidungen liegen in unserer Hand.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 19:50:48
      Beitrag Nr. 81 ()
      @ wavetrader: völlig falsch, was du da von Umverteilung sagst, schau mal hier, Quelle, Link von mir vorher gepostet!

      ...Alles dies zeigt wiederum, daß das Geld eine asymmetrische Verteilungsstruktur in die Wirtschaft hineinträgt: Wer es sich leisten kann, Geld festzuhalten und zu verleihen, anstatt gezwungen zu sein, es für Produktions- oder Konsummittel auszugeben, der wird zusätzlich mit den wertvollen Freiheiten des Geldes belohnt, während die anderen gleichzeitig mit Risiken und Kosten belastet werden. Das läuft auf eine Art von stetigem Strom oder Transfer von Geldern hinaus, welche von den Bedürftigen und Fleißigen, die die Kosten tragen, hinströmt zu den Satten und Trägen, bei denen die Erträge eintreffen.
      ...

      Da die Ursachen des Verteilungseffektes, nämlich die Liquiditätsdienste des Geldes, nicht beseitigt werden können, ohne daß man das Geld selbst abschafft, kann sich die Strategie nur darauf richten, den ökonomischen Effekt der wertvollen Gelddienste zu kompensieren, und zwar auf eine extrem einfache Weise. Wenn nämlich das Problem darin besteht, daß das Geld seine Gelddienste kostenlos erbringt, dann lassen sich die einschlägigen Effekte schlicht und einfach dadurch kompensieren, daß dem Geld Kosten angeheftet werden, die genauso lästig sind, wie seine Chancen und Annehmlichkeiten nützlich und ökonomisch wertvoll sind.




      und nochmal will ich den Kommunisten-Quark nicht lesen! :mad:

      Diese Unterstellungen könnt ihr euch getrost an den Hut stecken!! :mad:
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 19:58:52
      Beitrag Nr. 82 ()
      KoenigvonAtlantis, nein, denn wenn bei jedem Handel Gewinn im Spiel ist, steigt der Preis des Produktes ja jedesmal logischerweise mit. Damit erhöht sich der Preisdurchschnitt im zugrundeliegenden Warenkorb, und damit entsprechend der Deflationsfaktor, der für die Reduzierung des BIP auf das reale BIP verwendet wird. Ich glaube auch inzwischen, dass dieser Marx-Satz vielmehr meint, dass Wertsteigerungen nicht nur durch Angebotsverknappung oder Nachfragesteigerung geschehen, sondern auch "willkürlich" durch entsprechende Wertvorstellungen. Dies hat aber wegen der Inflationsbereinigung keine Auswirkungen auf das reale Wachstum, jedenfalls in unserem heutigen Sinne. Hast du mal ein Zitat dieser Stelle?

      Welche Staaten meinst du in deinem letzten Satz? Hast du mit Absicht dort nur von BSP und nicht von BIP gesprochen?
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 20:02:47
      Beitrag Nr. 83 ()
      sbi, inwiefern widerspricht #81 denn #80?

      Ich habe lediglich gesagt: Umverteilung an sich ist natürlich, es ist Schwachsinn, dieses Prinzip an sich durchbrechen zu wollen.

      Und zu deinem "Unwort". Ich habe dich weder damit beschimpft noch so genannt. Nur dass diese Ideen - im Endeffekt - den Ideen des "Unwortes" ähnlich sind.

      Das ist auch keine Unterstellung, sondern habe ich begründet.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 20:11:46
      Beitrag Nr. 84 ()
      In dem du schon das Wort erwähnst, beleidigst du mich schon!


      Und so eine Vorgehensweise ist mir hinlänglich bekannt! :mad:


      6. Drei typische Einwände gegen neutrales Geld
      In Gesprächen über neutrales Geld werden üblicherweise drei bestimmte Einwände gegen das neutrale Geld erhoben, - Einwände, die durchaus überzeugend klingen, solange man sich mit seinen Vorstellungen in Theorie und Praxis des herkömmlichen Geldes bewegt. Es ist, und es war für mich, unmöglich, das gesamte Denken in Kategorien des herkömmlichen Geldes auf einmal umzuschalten auf die Zusammenhänge und Einsichten, die sich in einer Welt neutralen Geldes ergeben. Wie schon erwähnt, ist es schwierig, an der Effizienz unseres überlieferten Geldes überhaupt auch nur zu zweifeln. Noch schwieriger ist es, diese Ineffizienz tatsächlich zu begreifen und - wenigstens in der Theorie - eine monetäre Transaktionstechnik zu entwickeln, die die beobachteten Ineffizienzen vermeidet. Aber selbst wenn das gelungen ist, bewegt man sich noch lange nicht innerhalb der neuen Welt des neutralen Geldes. Die herkömmlichen Sichtweisen, Erwartungen und Verhaltensweisen sind noch in Kraft und arbeiten in uns. Sie suggerieren aus Zweifel über Zweifel an den neuen Konzepten, - Zweifel, die auf Erfahrungen im Umgang mit dem herkömmlichen Geld und auf den Theorien beruhen, die das herkömmliche Geld zugrundelegen, - Zweifel, die aber, wie sich zeigt, in der Regel auf Täuschungen beruhen und sich als ungerechtfertigt erweisen.

      6.1 Ohne Zinsen wird nicht mehr gespart
      Der erste typische Einwand ist: Wer wird denn noch sparen, wenn er keine Zinsen mehr bekommt?
      Die Antwort ist einfach: Jeder, der sich über seine Zukunft Gedanken macht, neigt dazu, seine monetären Zugriffsrechte auf das Sozialprodukt optimal über seine Lebenszeit zu verteilen, und zwar so, daß er auch in Zukunft seinen erwarteten Lebensstandard aufrecht erhalten kann, auch wenn er dann keine Einkünfte mehr zu erwarten hat. Wenn jedoch solche Individuen, die sich Gedanken über ihre Zukunft machen, Zinsprämien für Transaktionsaufschübe erhalten, dann werden sie dazu motiviert und verführt, in der Gegenwart weniger und in der Zukunft mehr zu konsumieren, als es der unverfälscht-optimalen Verteilung ihrer realen Bedürfnisse entspricht. Und umgekehrt, wer mit Zinskosten dafür bestraft wird, wenn er in der Gegenwart Transaktionen abwickelt, um zu produzieren oder zu konsumieren, - auch der wird durch diese Zinsstrafe dazu motiviert und verführt, von seinen Optimalvorstellungen abzuweichen, nämlich weniger zu produzieren bzw. zu konsumieren, als er ohne Zinslasten produzieren oder konsumieren würde.

      Es stimmt eben schlicht und einfach nicht, daß Zinsen der Produktion förderlich sind, weil sie zum Sparen anregen; Zinsen wirken vielmehr ganz allgemein sowohl den Konsum- als auch Produktionsaktivitäten in der Gegenwart entgegen, weil sie in jedem Falle die Transaktionsträgheit des Sparers belohnen und die Transaktionsaktivitäten von Unternehmern bzw. Konsumenten bestrafen. Die Zinseffekte laufen also auf die Bestrafung von Fleiß, Initiative und Aktivität hinaus, statt daß sie Produktivität prämieren würden! Es ist schon eigenartig, wie lange und wie gründlich Laien und Fachleute sich darüber getäuscht haben. Zinsen haben einen Abschreckungs- und Erdrosselungseffekt in bezug auf Produktion und Konsum. So werden z.B. alle Investitionen, die in realen Größen an sich noch profitabel wären, deren Erträge aber den monetären Standard der Zinserträge aus angelegtem Geld nicht erreichen, durch die künstlichen Transaktionskosten des monetären Systems blockiert.

      Im übrigen werden Geldhalter unter neutralem Geld durch die Liquiditätskosten nicht weniger zum Geldverleihen motiviert als heute durch die Zinsen. Die Frage: Wer wird denn noch sparen, wenn er keine Zinsen mehr bekommt? deutet daher eher darauf hin, daß der Frager noch nicht im NeuMoNe-System denken kann. Eher wäre zu fragen: Lohnt es denn noch zu arbeiten, wenn das Geld, das man verdient, nicht auch noch selbst wieder Geld verdienen kann?

      Auch darauf ist die Anwort einfach: Es lohnt sich durchaus, so lange zu arbeiten, wie man noch reale Gegenwarts- und Zukunftsgüter braucht. Wer will, mag auch um der schieren Vermögensanhäufung willen weiterschuften. Aber Menschen durch Zinsen dazu zu motivieren, Vermögensmassen zu bilden, nur um den Transaktionsbedarf der anderen zur Pfründe für sich selbst zu machen, mag zwar kapitalistisch verlockend sein, ist aber ökonomisch unsinnig und ethisch verwerflich.

      Wer unter neutralem Geld Ausgaben erspart, weil er keine Zinsen mehr zahlt, kann die ersparten Zinsen für andere Zwecke verwenden. Er mag dieses Geld sparen, indem er damit Ansprüche auf Zukunftsgeld kauft. Oder er gibt es für andere Gegenwarts- oder Zukunftsgüter aus. Da Individuen, die Geld leihen, dieses Geld normalerweise für Gegenwartsgüter brauchen, werden sie die unter neutralem Geld eingesparten Zinsen in erster Linie verwenden, um solche Güter zu erwerben. Konsumenten werden also mehr Konsumgüter, Produzenten mehr Investitionsgüter nachfragen als heute.

      Andererseits werden wohlhabende Geldbesitzer weniger oder keine Zinsen mehr bekommen. Also können sie weniger Geld ausgeben. Die Nachfrage nach den von ihnen begehrten Gütern und Kapitalien wird daher nachlassen. Da es sich bei ihnen typischerweise um wohlhabende Menschen handelt, die über entbehrliche Gelder verfügen, werden sie unter neutralem Geld nach wie vor dazu neigen, ihr Geld zu sparen, und zwar in der Form, daß sie Ansprüche auf Zukunftsgeld erwerben; denn mehr Realgüter anzuhäufen, wird schnell unrentabel, weil bei sinkendem Grenznutzen die steigenden Grenzkosten bald zu Negativerträgen zusätzlicher Realgüter führen. Unter neutralem Geld wird es daher gerade auch für wohlhabende Menschen profitabel sein, ertrags- und kostenlose Obligationen zu erwerben anstelle von zusätzlichen Gütern, bei denen die Grenzkosten den Grenznutzen übersteigen. Soweit sie freilich Realgüter finden, die praktisch ohne Kosten gelagert werden können und dabei ihren Wert behalten oder sogar im Wert steigen, werden Reiche solche Güter nachfragen. Die nicht vermehrbaren Güter werden verstärkt gesucht werden und im Preis steigen, wenn man nicht bei ihnen ähnlich wie beim neutralen Geld das bloße Haben ohne persönliche Nutzung kostspielig macht. Aufschlußreich ist auch, was bei Kunstwerken zu erwarten ist: Schon allein der ästhetische Ertrag, den Kunstwerke abwerfen, wird dazu führen, daß sie sich bei sonst gleichen Bedingungen gegenüber ertraglosen Obligationen im Wettbewerb um die Gunst der reichen Geldanleger häufig durchsetzen werden.


      6.2 Wird es ohne Zinsen noch genug Kapital geben?
      Ein zweiter, mit dem ersten eng verwandter Einwand ist: Wenn Geldanlagen keine Zinsen mehr einbringen, dann wird es einen Mangel an Finanzkapital und folglich einen Mangel an Produktionskapital geben.
      Wie aber soeben ausgeführt wurde, steht Finanzkapital für Erträge, die die Effizienz des Geldes als Transaktionskatalysator unserer Wirtschaft nicht verbessern, sondern stören und vermindern. Das gleiche gilt von Kapital, soweit der Terminus für die Erträge vermieteter oder verpachteter oder sonstiger fremdgenutzter Realgüter steht: Die fleißigen Nutzer dieser Güter können deren Nützlichkeit nicht zum Leben erwecken, es sei denn, daß sie den Eigentümern Erträge bringen, die, grob gesagt, den Zinsen entsprechen, die die Nutzer zu zahlen hätten, wenn sie diese Güter nicht mieten oder pachten oder sonst fremdnutzen, sondern kaufen würden. Es gehört zum Widerstand in den Köpfen, daß wir an die Produktivität des Kapitals glauben. Diese angebliche Produktivität des Kapitals erschöpft sich jedoch darin, ein Ansporn für Inaktivität (auf der Angebotsseite) und eine Strafe für Aktivität (auf der Nachfrageseite von Kapital) zu sein. Folglich ist Finanzkapital in Wahrheit nichts anderes als erstens der Ausdruck, mit dem wir eine begriffliche Selbsttäuschung bezeichnen, und zweitens der Ausdruck für die ideologische Legitimation einerseits der Ineffizienz unseres Geldes und andererseits der sozialen Ungerechtigkeit, die es mit sich bringt. Wir leiden unter einer fatalen kapitalistischen Täuschung, welche uns vorgaukelt, daß die kontraproduktiven Effekte von Kapital etwas Nützliches und Produktives seien.

      Das physische Kapital freilich (im Sinne realer Produktionsmittel), mit dessen Hilfe man wirklich effektiver zu produzieren vermag, kann billiger und daher schneller unter neutralem Geld gebildet werden als heute: Unternehmer bekommen Kredite so gut wie zum Nulltarif, und Konsumenten werden nicht durch Zinsen davon abgehalten, so viel ihres Lebenseinkommens in die Gegenwart zu holen, wie ihnen optimal erscheint. Die Konjunktur würde mithin sowohl auf der Angebotsseite, bei den Investitionen, als auch auf der Nachfrageseite, beim Verbrauch, von Kostenbremsen befreit. Realkapital wird nicht mehr künstlich knapp gehalten durch die ungesunde Konkurrenz mit dem Geldzins (Keynes).

      Es gäbe also unter neutralem Geld alsbald mehr Realkapital als unter unserem dysfunktionalen alten Geld. Um auf die Ausgangsfrage dieses Abschnittes zurückzukommen: Heute gibt es einen Mangel an Sachkapital, weil Geld Zinsen kostet.


      6.3 Preisbildung und Allokation unter neutralem Geld
      Der dritte Haupteinwand ist: Wenn man für Kredite keine Zinsen mehr zahlen muß, dann kann man sich ja unendliche Geldmengen borgen. Das ist absurd und zeigt die Absurdität der Idee von neutralem Geld. Es sind die Zinsen, und es werden immer die Zinsen sein, die als Preis dafür sorgen, daß die finanziellen Ressourcen und damit indirekt auch die realen Ressourcen richtig alloziert werden. Wiederum ist die Antwort sehr einfach. Sie zu verstehen, setzt freilich ein Minimum von Einsicht in elementare ökonomische Zusammenhänge voraus:
      Wenn die Nachfrage nach Transaktionen für bedürftige Menschen nicht mehr länger durch Zinskosten beschränkt wird, dann reagieren die Preise, die im Zug dieser Transaktionen vereinbart und gezahlt werden, sensibler auf den realen Bedarf dieser Transaktoren. Die Allokation von Ressourcen wird unter neutralem Geld mit einem Zinssatz in der Nähe von Null Prozent nicht schlechter, sondern sie wird besser!

      Und umgekehrt: Wenn Transaktionsmöglichkeiten wohlhabender Individuen nicht mehr durch Zinserträge künstlich subventioniert und angespornt werden, auch dann werden wiederum die realen Bedürfnisse sowohl der Verleiher als auch der Leiher von Geld sensibler und adäquater in den Preisen direkt gespiegelt als unter den Bedingungen eines zinsträchtigen Geldes. Die Allokation von Ressourcen wird unter neutralem Geld nicht schlechter, sondern sie wird besser!

      Und alles dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Gegenwartspreise zukünftiger Güter.

      Unter dem Regime des herkömmlichen Geldes werden also die Preise der Güter durch monetäre Bestrafung oder Subventionierung der Transaktoren verfälscht, und zwar so, daß die Güter für die Wohlhabenden billiger, kostenlos oder sogar ertragreich und für die Bedürftigen teurer oder sogar unerreichbar werden. Neutrales Geld dagegen wirkt transparent: Unter dem Regime neutralen Geldes werden die realen Bedürfnisse auf unverfälschte Weise in den Preisen reflektiert, und zwar so, daß die Bedürftigen die Chance erhalten, Güter wenigstens zu gleichen Bedingungen zu erwerben wie die Reichen, und daß die Reichen erfahren können, wie es ist, wenn man leben muß, ohne ständig monetär subventioniert zu werden.

      Wenn aber die Preise die realen Bedürfnisse adäquater reflektieren, dann ist auch automatisch die Allokation der Ressourcen besser organisiert. An die Stelle der kontraproduktiven Allokation, die durch den Preis des Geldes (durch die Zinsen) bewirkt wird, tritt die wesentlich effizientere Allokation durch die Güterpreise selbst.

      In dem Maße, wie die Zinssubventionierung reicher Vermögenshalter unter neutralem Geld gegen Null tendiert, wird die Anhäufung von Sachgütern kostspielig, statt ertragreich zu sein. Denn die Grenzkosten steigen bei gleichzeitig sinkendem Grenznutzen. Diese realen Grenzkosten begrenzen dann die Menge der Güter, die zu halten sich rentiert. Es ist unter neutralem Geld daher vollkommen unsinnig, sich beliebig Kredite zu besorgen; denn die Güter, die man alsbald damit erwerben muß, um den Liquiditätskosten zu entgehen, bringen im Grenzfall bald mehr Kosten als Nutzen. Absurd ist mithin nicht das neutrale Geld mit seinen Wirkungen. Absurd ist vielmehr das überlieferte Geldsystem selbst. Denn es verführt und spornt die Menschen dazu an, Güter anzuhäufen: Güter, die, in realen Größen, einen negativen Grenznutzen für sie hätten, die sie aber in kapitalistische Pfründen verwandeln können, weil sie anderen, für welche der Grenznutzen positiv ist, vorenthalten und nur zeitweise zum Gebrauch überlassen werden.

      Außerdem, um noch einmal auf die unendlichen Geldmengen aus Krediten zum Nulltarif zurückzukommen: Wer oder welche Bank ist bereit, einem Bürger mehr zu leihen, als er jemals zurückzahlen kann? Das Ausfallrisiko ist die reale Begrenzung der Kredite überhaupt.

      Avatar
      schrieb am 28.01.03 20:13:53
      Beitrag Nr. 85 ()
      @sbi
      #64

      ja die erde wäre immer noch eine scheibe, wenn die menschen immer noch den theologen zu fragen der physik/astronomie glauben würden.

      Bzgl. "Globalisierung" bspw. ist es heute nicht anders: die Leute hören auf Soziologen oder Theologen, anstatt den Leuten zuzuhören (den Ökonomen), in deren Fach dieses Thema fällt!

      Die zur Debatte stehenden Thesen, sind solche, die wirtschaftliche sachverhalte zum inhalt haben.
      Für mich ist es kein Zufall, daß die unsinnigsten Thesen auf diesem Planeten (auch zu wirtschaftlichen sachverhalten) immer von Fachfremden in die Debatte geworfen werden. Die bekannten Globalisierungskritiker bspw. sind Soziologen oder Fachfremde, keine Ökonomen. Das scheint mir hier nicht viel anders!
      Genauso wenig, wie ein Physiker Lust hat, sich mit Esoterikern über Astralreisen oder Telekinese zu unterhalten, haben Ökonomen m.E. berechtigerweise keine Lust, sich mit wissenschaftlich unbedarften Positionen fachfremder Leute bzgl. ihres Fachs zu beschäftigen.
      Deshalb meine Frage, ob es auch ernsthafte Ökonomen gibt, die dies vertreten!
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 20:21:53
      Beitrag Nr. 86 ()
      sbi, Theorie-Bruchstücke auswendig zu lernen, ohne sie zu verstehen, reicht nicht, um zu überzeugen. Es ist daher mangelhaft, per Copy & Paste zu versuchen, meinen Fragen auszuweichen.

      Deine Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Grundbegriffen scheint mir daher auch eher deine Unsicherheit zu kaschieren als dass du dir wirklich tieferliegende - eigene - Gedanken gemacht hast.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 20:40:15
      Beitrag Nr. 87 ()
      @wavetrader
      Du liegst hier nicht richtig Die Wertsteigerung des Picassos oder anderer Waren oder Leistungen, die gehandelt werden, erhöhen auch real das BSP oder BIP.
      Abgrenzungen BSP/BIP kannst Du den Tabellen unten entnehmen.


      Man beachte hier die Spalten zu Handel und Finanzierung, sowie Finanzierungen etc. (auch keine Produktion im klassichen Sinne), dennoch als Wertschöpfung BSP/BIP erhöhend

      Die Gesamtübersicht: Siehe hier z. B. Zeile 5 und 6
      http://www.destatis.de/basis/d/vgr/vgrtab1.htm

      Hier wird der Rechen-Weg von der Bruttowertschöpfung zum BI? und BSP erklärt:
      http://www.destatis.de/basis/d/vgr/vgrtab2.htm


      Und hier wird die Zusammensetzung der Bruttowertschöpfung deutlich: (Nämlich nicht nur Produktion im klassischen Sinne, sondern auch Wertschöpfung durch Handel etc.
      http://www.destatis.de/basis/d/vgr/vgrtab3.htm

      Wertschöpfung des Handel wirkt sich nicht nur Inflationsorientiert aus. Dies kann man diesen Zahlen eindeutig entnehmen, sonst hätten wir eine Inflation um zweistelligen Bereich.

      Unterscheidungen zwischen BIP oder BSP spielten bei meinen Ausführungen keine prinzipielle Rolle.

      Noch einmal meine ursprünglichen Überlegungen (außerhalb des Picassso-Beisiels) bezogen sich auf Wachstum durch Wertsteigerungen, die bestimmtemn gütern oder Leistungen aufgrund sich ändernder Wertstrukturen (könne auch durch Kanppheit) bedingt sein. Dies hat mit Inflation nichts zu tun. Wenn volkswirtschaftlich betrachtet, die Leistung der deutschen Volkswirtschaft im Ausland höher bewertet wird, als vorher, kann trotz physisch gleicher Leistung Deutschland Wachstum haben, weil das Ausland jetzt mehr dafür zahlt

      Zu Marx: #43
      Hier gehört nur der erste Satz direkt zu Marx.
      Der versehentlich ohne Leerzeile zugesetzte zweite Satz gehört gedanklich nicht direkt dazu. Sie sind aber durch die mit der ursprünglichen mit der Marxschen Arbeitswertlehre begonnen Auseinadersetzungen mit dem Preis-Und Wertbegriff einer Ware oder Dienstleistung weiterführenden Überlegungen entsanden.

      Wenn ich einmal Zeit habe, krame ich mal nach Autoren, die meine Aussage: "Reales Wachstum kann in der Wirtschaftsbetrachtung auch entstehen, ohne daß quantitativ oder qualitativ mehr geleistet werden muß- also nur durch unterschiedliche (höhere) Bewertungen einzelner Leistungen oder Güter" erklären.

      Für mich selbst ist dies sehr klar: Ich kenne nämlich jemand in der realen Welt, der als äußerst erfolgreicher und umsatzstarker Händler von nicht sichtbaren Produkten arbeitet, die auch seltsamerweise einen Einkaufpreis von 0 haben, und sehe, daß er seltsamerweise, obwohl er dasselbe Produkt über Jahre verkauft, mal mehr oder
      weniger für dieselbe Verkaufsmenge einnimmt. Je nach Markt- oder Knappheitslage wird seine Leistung unterschiedlich bewertet. Und demzufolge ist sein Wertschöpfungsbeitrag höher oder niedriger, obwohl er dasselbe leistet.
      Was es nicht alles gibt auf der Welt. ;)
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 20:44:42
      Beitrag Nr. 88 ()
      nun wavetrader, wir sehen anscheinend die gleichen Probleme, nur sehe ich ganz andere Ursachen dafür.


      Sei mir nicht böse, aber jeder, der mit Unterstellungen in diese Richtung kommt, ohne dabei sachlich zu bleiben, bekommt von mir keine Fragen beantwortet.


      Jeder andere schon, und das hat nichts mit copy und paste zu tun, es ist nur dazu da gewesen, dir zu zeigen, wie die Grundlagen dazu aussehen.

      Ich habe schon Verstand genug, das zu verstehen, und, ich denke nicht in alten ausgelatschten Bahnen, die beständig versagen!


      @ leary: abseits von der herrschenden Meinung sind es eben nicht viele. Ich weiß es ehrlich nicht, ich beschäftige mich noch nicht lange genug mit diesen Theorien.
      Lietaer kommt aus dem Geldwesen! :)
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 21:11:10
      Beitrag Nr. 89 ()
      KvA mir ist nicht klar, inwiefern #87 mir widersprechen soll.

      Du beginnst zunächst in der Wiederholung deiner Gegenposition. So weit, so unspektakulär.

      Aber weder wederlegst du mein Argument, dass Preissteigerungen durch fortlaufende Handelsgewinne im Warenkorb-Modell inflationierend wirken, noch machst du klar, inwieweit denn deine "Wertsteigerung" ein Unterschied zum Inflationsbegriff darstellt. Inflation differenziert nicht grundlegend zwischen "Bewertung" und "Preis", denn die Bewertung wird mittels des Preises in einer Währungseinheit gemessen.

      Allgemeine Preissteigerungen, also Inflation im üblichen Sinne, kennt ebenfalls keine Unterschiede, WARUM ein Preis steigt. Ob der mehr Wert bekommt aufgrund von Knappheit oder aus "modischen" Gründen ist bei der Berechnung des gesamten Preisindexes nebensächlich.

      Das sieht man auch sehr gut daran, dass zwischen verschiedenen Inflationsarten unterschieden wird. Angebots- und Nachfrage-Inflation bzw. durch Steuererhöhungen, durch die von dir zitierte Knappheit (z.B. bei Katastrophen) etc.

      Alles zusammen fließt aber in die Berechnung ein! Und senkt damit das reale BIP.

      Deine Tabelle sagen leider auch gar nichts für deine Position aus. Der Unterschied zwischen BIP und BSP ist mir schon klar. Deine Aussage "sonst hätten wir eine Inflation um zweistelligen Bereich" ist auch nicht haltbar. Denn dabei beziehst du dich offenbar auf Sub-Bereiche.

      Und selbstverständlich kann der Handel ein mehr erwirtschaften ABZÜGLICH Inflationseffekte: Indem er mehr oder neue Waren handelt!

      Das einzige Argument, das den Inflationsbegriff verwässert kann, ist hier allerdings noch nicht genannt worden: Der hedonistische Preisindex. Dieser eignet sich in der Tat dazu, das reale BIP zu pushen. Aber hier läuft das Prinzip über postulierte Produktivitätssteigerungen, festgemacht anhand von technischen Kennziffern, wie z.B. Taktfrequenzen bei PCs. Allerdings wird er - höchst umstritten - in Amerika, nicht in Deutschland eingesetzt.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 22:51:57
      Beitrag Nr. 90 ()
      #89
      Dann bleib halt bei Deiner Aussage, daß nur durch Handel von neuen oder mehr Waren Wertschöpfung entsteht. Ich sage, daß auch durch den Handel alter oder bestehender Waren oder Titel reale Wertschöpfung entsteht.

      Also ich werde dem Antiquitäten- und Kunsthändler jetzt sagen, daß er sein Geschäft ruhig schließen kann, da er kene reale Wertschöpfung erzielt, er also in unsere Volkswirtschaft keinen realen Beitrag leistet. :laugh:

      Und auch wenn Du noch so viele Begriffe von Inflation herbeiholst, mit der Du meine Aussagen versuchst zu bezeichnen. Die Kunst- und Antiquitätenhändler verdienen durch An- und Verkauf alter Produkte national und inetrnational echt reales Geld, und nicht indem sie Deiner Meinung nur das Preisniveau erhöhen und damit alle wieder genauso arm sind wie vorher.
      Gute Nacht.
      Gruß KvA
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 23:36:16
      Beitrag Nr. 91 ()
      Alle deine Sätze aus Posting #90 enthalten Aussagen,

      1. deren Gegenteil ich nicht behauptet habe,
      2. deren Inhalt meinen Aussagen nicht widerspricht,
      3. die die m.E. falsche These vom realen Wirtschaftswachstum durch Wertsteigerungen "aus dem nichts" nicht belegen.

      Ich habe beispielsweise nicht bestritten, dass ein Händler Wert an sich erzielt. Insofern frage ich mich, warum du das so betonst. Auch dass Händler reales Geld verdienen, habe ich an keiner Stelle anders gesehen. Das sind alles triviale Erkenntnisse.

      Zum dritten Punkt: Es geht hier um den Begriff reales Wachstum - also die Differenz von zwei realen BIP-Größen - und da ist es ganz entscheidend, ob nur der Preis im zweiten Berichtszeitraum größer ist als im ersten oder auch die zugrundeliegende Warenmenge. Wir müssen immer die Ergebnisse zweier Berichtszeiträume vergleichen, nicht den Vorgang einer wirtschaftlichen Aktivität an sich, den du immer wieder hervorhebst. Vielleicht solltest du mal den volatilen Markt für Kunstgegenstände mit einem Standardprodukt wie etwa Immobilien oder PKW ersetzen, um das Verständnis zu erleichtern.
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 08:16:15
      Beitrag Nr. 92 ()
      Wavetrader, KvA, kann es sein, daß ihr aneinander vorbeiredet? Es ist einerseits unbestreitbar, daß die reine Wertsteigerung eines Gegenstands inflationierend wirkt. Wenn der selbe Gegenstand aber immer wieder gehandelt wird, würde doch jede Transaktion die Wirtschaftsleistung steigern (sofern dieser Handel nicht andere verhindert).

      Also ein Picasso, der 1 mal gehandelt wird, trägt weniger zum Wirtschaftswachstum bei, als ein Picasso, der 10 mal gehandelt wird, bei gleichem Preis. Hingegen trägt es nichts zum Wirtschaftswachstum bei, wenn der Picasso anfangs zu einem niedrigen und im weiteren Verlauf zu einem höheren Preis gehandelt wird, weil das nur den Wert des Warenkorbs steigert.

      So habe ich als Nicht-Ökonom jedenfalls die Diskussion verstanden.

      So oder so ist das eine theoretische Debatte, weil wir wissen, daß der Anteil von Picassos (oder anderen Gemälden) an der gesamten Wirtschaftsleistung minimal ist. Allerdings ist die Vermarktung von Kunst in Werbeartikeln, Fanartikeln, Kunstgewerbe usw. ein größeres Geschäft, das noch stark wachsen kann.

      Und um auf eine Anfangsdiskussion zurückzukommen: wir sind inzwischen an einem Punkt angekommen, wo Steigerungen der Wirtschaftsleistung möglich sind, ohne daß der Rohstoff- oder Energieverbrauch steigt. Das ist das besondere an der Dienstleistungs- und der aufziehenden Informationsgesellschaft. Und genau aus diesem Grund gilt das, was z.B. Punk24 leugnet: wir können unsere Wirtschaftsleistung ohne Ressourcenverbrauch steigern und damit zunächst einmal unbegrenzt. Die Grenze des Wirtschaftswachstum ist keine technische, sondern eine organisatorische. Wir unternehmen zur Zeit zu wenig, schaffen dadurch nicht genug Arbeitsplätze. Die Gründe dafür liegen in der staatlichen Lenkung, was man daran sehen kann, daß die Schwarzarbeit im Lande in Arbeitsplätze umgerechnet mehr als 9 Millionen Arbeitnehmer schaffen könnte (laut Focus von gestern). während nur 4,5 Millionen Menschen zur Zeit arbeitslos sind.

      Daher sehe ich auch die Ausführungen von sbi kritisch. Er postuliert Probleme, die in Wahrheit nicht existieren. Kein Mensch hat Probleme durch ein Streben nach Wirtschaftswachstum, sondern nur durch Arbeitslosigkeit, falschem Umgang mit Geld, mangelnden Fähigkeiten, falschen staatlichen Vorgaben usw. Es gibt kein Problem der falschen Verteilung von Reichtum an sich, denn es schadet niemandem, wenn einige Menschen Millionen haben und andere gerade genug zum Leben, wenn dies nur innerhalb eines durchlässigen, halbwegs fairen Systems geschieht. In den von sbi kopierten Textstellen werden negative Wirkungen des Zinses behauptet, die aber dort nirgendwo bewiesen werden. Behaupten kann man aber viel - wenn es sich nicht beweisen läßt, ist es nur eine Spekulation von vielen. Wir wissen aber, daß ein auf Zinsen für Kapital gründendes System uns von der Steinzeit bis zu unserem heutigen Standard gebracht hat. Wer postuliert, daß ausgerechnet jetzt dieses bewährte System sich überlebt habe, der muß schon verdammt gute Gründe haben, und die habe ich den kopierten langatmigen Textstellen nicht gefunden.
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 08:58:23
      Beitrag Nr. 93 ()
      for4zim: die wirst du auch nie sehen können,
      denk` an die Parabel! :D

      Ansonsten zur Effiziensteigerung und weiteren Wachstum Zustimmung.


      Dr. Suhr hat übrigens sein Lebensziel darin gesehen, die negativen Wirkungen des Zinses zu erklären.
      Und bewirkt hat er ja trotzdem nichts, aber nicht, weil er möglicherweise einen Irrglauben unterliegt,
      sondern weil Geld und Zins bei uns ein Tabuthema ist,
      jeder Versuch, etwas darüber zu erfahren, wird ja gleich als Merxistisch gewertet.
      Könnt ihr mir erklären, warum wir, obwohl wir alle mehr Zinsen zahlen müssen als wir erhalten, trotzdem so begeistert davon sein können?
      Ich gehöre jedenfalls nicht zu denjenigen, die von Zinsen profitieren!
      Übrigens war der Zins über lange Zeit von allen geächtet,
      also nix mit dem besten System von der Steinzeit bis heute.


      Unsere gesamten Probleme die wir heute haben,
      sind eine Folge des Zinses.

      Klar, wir müßten uns nicht verschulden, aber, können wir das wirklich?


      Wer mal dem Link zu Dr. Suhr`s Artikel gefolgt ist, wird das bis Kapitel 3 begriffen haben.

      Übrigens werde ich die Freiwirtschaftlichen Vorstellungen in einem Extra-Thread heute abend weiter untersuchen! :)
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 09:06:31
      Beitrag Nr. 94 ()
      sbi, mal ganz offen, die Parabel war Mist, weil sie gar nichts verdeutlichte außer Deinen eigenen Vorurteilen, die Dir selbst natürlich sehr einsichtig vorkommen. Weder ich bin Krebs, noch das Wirtschaftswachstum, noch irgendjemand, den ich kenne. Verzeih bitte, daß ich das hier sehr grob gesagt habe.

      Geld und Zins als Tabuthema? Sehe ich nicht ein, wir reden doch darüber. Und daß Du von Zinsen nicht profitierst - verstehe ich irgendwie nicht. Ich profitiere von Zinsen. Bevor ich heiratet, brauchte ich wenig Geld, jetzt viel und am meisten, wenn ich alt bin. Beim Umgang mit meinem Kapital hilft mir der Zins, ohen würde ich lieber von Sozialhilfe leben, denn was anderes bliebe mir langfristig gar nicht übrig.

      Und Zinsen hatten zwar im mittelalterlichen Europa und im Islam ausnahmesweise ein schlechtes Ansehen, aber selbst da basierte die Wirtschaft auf Zinsen.

      Übrigens sbi, statt immer neuer Threads, wie wäre es, wenn Du mit Deinen eigenen Worten die Thesen durchgingest. Wie gesagt, ich habe die kopierten Texte gelesen und fand nur unbewiesene Behauptungen und die Unterstellung, wer das liest, muß das richtig finden oder ist eben dumm.
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 09:47:22
      Beitrag Nr. 95 ()
      tja, ein neuer Thread wäre nicht die Lösung-


      aber in der Arbeitszeit kann ich das leider nicht!


      Ich werde das heute abend mal angehen! :)


      Das man dumm ist, stand da nicht, sondern dass man es nicht begreift, wenn man in alten Rahmen denkt.

      Ein kleiner, aber feiner Unterschied.


      Zur Parabel brauch ich doch nichts erklären, oder?

      Ich meinte lediglich, Wachstum sieht zwar gesund aus, hat aber Nachteile, wenn man einen Gesamtzusammenhang sieht, die man nicht wahrnimmt, wenn man selbst das wachsende Objekt ist!


      :D
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 09:48:35
      Beitrag Nr. 96 ()
      tja, ein neuer Thread wäre nicht die Lösung-


      aber in der Arbeitszeit kann ich das leider nicht!


      Ich werde das heute abend mal angehen! :)


      Das man dumm ist, stand da nicht, sondern dass man es nicht begreift, wenn man in alten Rahmen denkt.

      Ein kleiner, aber feiner Unterschied.


      Zur Parabel brauch ich doch nichts erklären, oder?

      Ich meinte lediglich, Wachstum sieht zwar gesund aus, hat aber Nachteile, wenn man einen Gesamtzusammenhang sieht, die man nicht wahrnimmt, wenn man selbst das wachsende Objekt ist!


      :D
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 09:48:57
      Beitrag Nr. 97 ()
      sbi, wenn Wachstum falsch ist, dann ist jedes Lebewesen krank. Sorry, die Parabel hinkt wirklich.
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 09:51:52
      Beitrag Nr. 98 ()
      Nein!!!!!!


      Natürliches Wachstum ist gesund!


      Exponentielles Wachstum ist krank!


      Und die Welt ist krank, sehr krank!

      Es ist durchaus nicht klar, wie lange sie den Krebs "Mensch" noch ertragen kann!
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 10:58:42
      Beitrag Nr. 99 ()
      @sbi: Sorry, aber ich habe keine Lust, zig Seiten von Abhandlungen zu lesen von Anhängern deiner Theorie, in denen aber nur alte unwissenschaftliche Thesen widerholt werden. Es ist ja nicht so, dass Wirtschaftswissenschaftler sich Denkverbote auferlegen würden, und nicht über Sinn und Unsinn von Zins streiten würden, aber die halten halt nichts von diesen Thesen. Deshalb zitierst Du zwar einen Professor, aber eben halt einen Juristen, der nicht gerade ein Profi in Ökonomie ist.

      Auch wenn Du jetzt wieder empfindlich reagierst: Ich habe ehrlich gesagt den Eindruck, Du willst wie viele andere auch gar nicht diskutieren, sondern nur eine Ideologie hier verbreiten mit copy und paste.

      Falls ich mich täusche, und Du diskutieren willst, dann solltest Du auch mal auf Fragen eingehen mit einer eigenen Meinung.

      Was das exponentielle Wachstum angeht, habe ich schon oft gefragt und immer noch keine Antwort bekommen: Wo ist denn die Grenze des Wachtums? Wie viele Euro Wertschöpfung in heutigen Preisen kann man denn maximal aus einer MWh Stunde Energie oder einer Tonne Stahl rausholen? 1 Mio. Euro? 10^100 Euro?
      Wo soll da eine Grenze sein?

      Ich stimme Dir ja zu, dass der Resourcenverbrauch nicht endlos weiterwachsen kann, aber das begrenzt nicht das Wirtschaftswachstum!

      Was die zinslose Welt angeht: Die Anhänger der zinslosen Welt gehen von völlig falschen Vorstellungen über die Funktion von Zinsen aus. Die halten die für reine Transaktionskosten des Geldes und haben ja lange geglaubt, es gäbe deshalb eine Untergrenze von Zinsen von 3 %. Viele glauben das wahrscheinlich heute noch, obwohl dies in der Realität aber von Japan seit mindestens 10 Jahren deutlich wiederlegt wurde.

      Schon mal was von Marktpreis für Risiko gehört? Wie soll denn Risiko in einer zinslosen Welt bewertet werden?
      Kannst Du mir das mal erklären?

      In einer zinslosen Welt muss es zwangsweise nur Eigenkapital geben und kein Fremdkapital. Dies führt eben zu höheren Transaktionskosten und nicht zu niedrigen wie manche glauben. Wenn sich Kapital besser allokieren lassen würde ohne Zins und damit ohne Fremdkapital, gäbe es schon lange keine Banken mehr, und die Leute würden sich grundsätzlich direkt am Eigenkapital beteiligen.
      Es gibt kein Gesetz, das dies verhindert.
      Warum willst Du das nicht den Markt entscheiden lassen, ob es besser ist, wenn sich die Leute direkt an Firmen beteiligen und da ja auch einen "Zins" erhalten, der Dividende heisst, oder ob es besser ist, wenn die Leute das Geld den Banken überlassen, welche das wiederum den Firmen ausleihen, und den Leuten statt schwankenden Dividenden einen festen Zins bezahlen.

      Warum soll so etwas verboten werden? Auch wenn Du es nicht gerne hörst: Auch ich halte solche Verbote von Zins für Ideologien, wie sie nur von realitätsfremden Sozialromantikern (um nicht das böse Unwort zu benützen ;) ) ausgedacht werden können, die die Freiheit beschränken wollen.

      Und noch eine Frage, was die staatlichen Schulden angeht: Wenn es ein grosses Erdbeben gibt, und deshalb plötzlich hohe Investitionen durch den Staat notwendig werden, wo soll das Geld dafür herkommen? Warum sollte jemand dem Staat Geld geben für Infrastrukturinvestitionen, wenn es dafür keine Dividende gibt? Also wie soll in einer zinslosen Welt sowas finanziert werden?
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 11:09:19
      Beitrag Nr. 100 ()
      sbi: natürliches Wachstum ist meistens exponentiell. Und ich halte Menschen nicht für Krebs, nur manche. Und die sind das nicht, weil es Zinsen gibt.
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 12:56:42
      Beitrag Nr. 101 ()
      Wichtig ist, immer zwei Berichtszeiträume getrennt zu berechnen (sowohl für den Warenkorb als für das BIP) und DANN die preisbereinigte Differenz zu ermitteln. Damit sollte alles klar sein.

      for4zim, du schreibst:

      "Also ein Picasso, der 1 mal gehandelt wird, trägt weniger zum Wirtschaftswachstum bei, als ein Picasso, der 10 mal gehandelt wird, bei gleichem Preis. Hingegen trägt es nichts zum Wirtschaftswachstum bei, wenn der Picasso anfangs zu einem niedrigen und im weiteren Verlauf zu einem höheren Preis gehandelt wird, weil das nur den Wert des Warenkorbs steigert."

      Damit widersprichst auch du KvA eindeutig, denn er postuliert m.E. fäschlicherweise (weil Wert entspricht Preis) aus der reinen Bewertungserhöhung ein Wachstum.

      "Hast Du Dir schon einal überlegt, daß Wachstum allein dadurch entstehen kann, daß eine Diensleistung eines Menschen , aber auch eine Ware höher bewertet wird? Ganz ohne jeglicher zusätzlicher Input? So einfach nur deshalb, weil ein Gut oder eine Leistung begehrter wird?"

      und

      "Durch unterschiedliche Bewertungen können sich real, also auch preisbereinigt, die terms of Trade einer Leistung ändern. Dadurch kann Wachstum entstehen, ohne , daß quantitativ oder qualitativ mehr geleistet werden muß."
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 13:05:28
      Beitrag Nr. 102 ()
      #99 heute abend! :)

      Ich will natürlich diskutieren, warum auch nicht?

      Was sollte ich das ideologisch verbreiten, wenn ich es selbst erst ein paar Tage kenne.

      Ich bin noch nicht sehr weit, das gebe ich zu, ich bin ja aber auch noch jung! ;)
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 23:35:46
      Beitrag Nr. 103 ()
      @sbi: Wo bleiben deine Antworten?
      Statt hier zu antworten, öffnest Du neue Threads.
      Schwaches Bild! :(
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 06:17:20
      Beitrag Nr. 104 ()
      @ flitzass, ich kneife schon nicht, keine Sorge!

      Geb` mir nur etwas Zeit! :)


      Hast du in den anderen Thread reingeschaut?
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 19:25:30
      Beitrag Nr. 105 ()
      @sbi: Sorry, aber ich habe keine Lust, zig Seiten von Abhandlungen zu lesen von Anhängern deiner Theorie, in denen aber nur alte unwissenschaftliche Thesen widerholt werden. Es ist ja nicht so, dass Wirtschaftswissenschaftler sich Denkverbote auferlegen würden, und nicht über Sinn und Unsinn von Zins streiten würden, aber die halten halt nichts von diesen Thesen. Deshalb zitierst Du zwar einen Professor, aber eben halt einen Juristen, der nicht gerade ein Profi in Ökonomie ist.

      Auch wenn Du jetzt wieder empfindlich reagierst: Ich habe ehrlich gesagt den Eindruck, Du willst wie viele andere auch gar nicht diskutieren, sondern nur eine Ideologie hier verbreiten mit copy und paste.

      Falls ich mich täusche, und Du diskutieren willst, dann solltest Du auch mal auf Fragen eingehen mit einer eigenen Meinung.

      Was das exponentielle Wachstum angeht, habe ich schon oft gefragt und immer noch keine Antwort bekommen: Wo ist denn die Grenze des Wachtums? Wie viele Euro Wertschöpfung in heutigen Preisen kann man denn maximal aus einer MWh Stunde Energie oder einer Tonne Stahl rausholen? 1 Mio. Euro? 10^100 Euro?
      Wo soll da eine Grenze sein?

      Ich stimme Dir ja zu, dass der Resourcenverbrauch nicht endlos weiterwachsen kann, aber das begrenzt nicht das Wirtschaftswachstum!

      Was die zinslose Welt angeht: Die Anhänger der zinslosen Welt gehen von völlig falschen Vorstellungen über die Funktion von Zinsen aus. Die halten die für reine Transaktionskosten des Geldes und haben ja lange geglaubt, es gäbe deshalb eine Untergrenze von Zinsen von 3 %. Viele glauben das wahrscheinlich heute noch, obwohl dies in der Realität aber von Japan seit mindestens 10 Jahren deutlich wiederlegt wurde.

      Schon mal was von Marktpreis für Risiko gehört? Wie soll denn Risiko in einer zinslosen Welt bewertet werden?
      Kannst Du mir das mal erklären?

      In einer zinslosen Welt muss es zwangsweise nur Eigenkapital geben und kein Fremdkapital.
      Warum sollte das so sein? Den Zusammnehang verstehe ich nicht!
      Dies führt eben zu höheren Transaktionskosten und nicht zu niedrigen wie manche glauben. Wenn sich Kapital besser allokieren lassen würde ohne Zins und damit ohne Fremdkapital, gäbe es schon lange keine Banken mehr, und die Leute würden sich grundsätzlich direkt am Eigenkapital beteiligen.
      Es gibt kein Gesetz, das dies verhindert.
      Wohl aber Interessen, die es verhindern- nämlich diejenigen, die vom heutigen System profitieren. Und die sind im Zweifelsfall eher "mächtig"
      Warum willst Du das nicht den Markt entscheiden lassen, ob es besser ist, wenn sich die Leute direkt an Firmen beteiligen und da ja auch einen "Zins" erhalten, der Dividende heisst, oder ob es besser ist, wenn die Leute das Geld den Banken überlassen, welche das wiederum den Firmen ausleihen, und den Leuten statt schwankenden Dividenden einen festen Zins bezahlen.
      Hier liegt wohl eine Mißdeutung vor, natürlich entscheidet jeder Teilnehmer weiterhin selbst, wie er in der Wirtschaft agieren will. Auch wenn ihr es noch so oft in die Richtung Kommunismus drücken wollt, ich sehe schon deutliche Unterschiede in einem staatlichen Zwangskollektiv, das immer nur an den Interessen des Marktes vorbeiproduzieren kann ( und dabei im Grunde noch schlimmer vorgeht wie wir!

      Warum soll so etwas verboten werden? Auch wenn Du es nicht gerne hörst: Auch ich halte solche Verbote von Zins für Ideologien, wie sie nur von realitätsfremden Sozialromantikern :p(um nicht das böse Unwort zu benützen ) ausgedacht werden können, die die Freiheit beschränken wollen.

      Ich sehe es genau umgekehrt, der Zins ist es, der nicht nur Länder der dritten Welt knebelt, sondern alle, die gezwungen sind, Schulden zu machen. Und das sind anscheinend sehr viele. Mehr dazu im neunen Thread, ist gerade Thema, wer warum Schulden macht!

      Und noch eine Frage, was die staatlichen Schulden angeht: Wenn es ein grosses Erdbeben gibt, und deshalb plötzlich hohe Investitionen durch den Staat notwendig werden, wo soll das Geld dafür herkommen? Warum sollte jemand dem Staat Geld geben für Infrastrukturinvestitionen, wenn es dafür keine Dividende gibt? Also wie soll in einer zinslosen Welt sowas finanziert werden?


      Wer sagt denn, das es keine Dividende mehr gibt? :confused: Natürlich gibt es weiterhin Dividenden, für Firmen die Gewinne machen, nur braucht man keine Abzinsung mehr, nachhaltige Investitionen, die durch natürliches Wachstum einen stabilen dauerhaften Ertrag garantieren, werden am lukrativsten sein. Darunter auch wirkliche Staatsinvestitionen.


      Nochmal: Ich halte Geld für effizient, ich halte Konkurrenz für effizient. Aber nicht die Konkurrenz um Geld mittels Zins. Eigentlich recht einfach!
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 19:56:05
      Beitrag Nr. 106 ()
      @sbi: Unter Fremdkapital verstehe ich, dass ein Gläubiger einem Unternehmer Geld gibt, ohne am unternehmerischen Risiko teilzuhaben. Dafür bekommt der Gläubiger einen vorher ausgehandelten Zinssatz für sein Geld.

      Sowas ist doch wohl in einer zinsfreien Welt ausgeschlossen, oder wie soll ich die ganze Theorie verstehen? :confused:
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 19:58:15
      Beitrag Nr. 107 ()
      Und wenn der Staat nach einem Erdbeben neue Brücken baut, und ich ihm dann dafür Geld gebe und mich an der Brücke beteilige, wie hoch ist denn da die Dividende? Oder wird da dann doch sowas wie Zins bezahlt?

      Erklär mir mal, wie denn das Modell in globalem Massstab funktionieren soll!
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 20:13:52
      Beitrag Nr. 108 ()
      Der Zins ist heutzutage unser Kapitalallokationszwang.

      Wenn es ihn nicht megr gäbe, würde auch keiner mehr bereit sein, sein Geld zu verleihen, das ist richtig.

      Dafür schafft man in der Freiwirtschaft eine sogenannte Liegegebühr für reines Geldvermögen ein, was den Zwang zum investieren ersetzt.


      So wie es angeblich auch im frühen Mittelalter war, als eine stark prosperierende Phase zu erkennen sein soll
      ( bin kein Geschichtsprofessor, kann es also nicht so genau beurteilen. )


      Der Staat nimmt so weit wie ich es verstanden habe eine untergeordnete Rolle ein, was ich gar nicht verkehrt finde, denn immer, wenn der Staat "lenkend" in die Wirtschaft eingreift, führt dies zu gewissen "Komplikationen" Man denke nur an die DDR,
      oder selbst bei uns, über das Thema des Postings #11 im neuen Thread!

      Wenn dort eine Brücke zu bauen ist, welches sich offenbar als lukrative Investition darstellt, wird sich schon jemand finden, der dies baut. Es ist eine logische Möglichkeit, seiner "Liegegebühr" zu entgehen. Denn eine Welt ohne Zinsen bedeutet keine Welt ohne Möglichkeit auf Gewinn.
      Allerdings wären sowohl die Baukosten als auch die Unterhaltskosten von den Zinskosten befreit, so dass die Überquerung wesentlich weniger erlösen müßte, um profitabel zu sein.
      Die Investition würde sich wesentlich eher lohnen.


      Schau, ich lese gerade viel von Lietaer, der ist gar kein Dummer, er ist nur unkonventionell, wie viele seiner Mitstreiter auch, aber eine konventionelle Lösung unserer Probleme habe ich bisher nicht gesehen!
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 20:52:32
      Beitrag Nr. 109 ()
      Der Zins ist heutzutage unser Kapitalallokationszwang.
      Sorry, diese hohle Phrase versteh ich nicht!
      Wer zwingt wen zu was? :confused:

      Du kannst heute dein Geld jemand anderem als Eigenkapital zur Verfügung stellen, und dich am unternehmerischen Risiko beteiligen.

      Es gibt aber auch Unternehmer, die sich lieber von jemandem Geld leihen, und ihm dafür Zins zahlen.

      Ich sehe nicht ein, warum sowas verboten werden soll!
      Erklär es mir!

      Um ihre Theorien umzusetzen, müssen aber diese Gurus a la Suhr, Lietaer oder wie auch immer sie heissen, genau das verbieten!

      Wenn dort eine Brücke zu bauen ist, welches sich offenbar als lukrative Investition darstellt, wird sich schon jemand finden, der dies baut. Es ist eine logische Möglichkeit, seiner "Liegegebühr" zu entgehen. Denn eine Welt ohne Zinsen bedeutet keine Welt ohne Möglichkeit auf Gewinn.

      Auch das finde ich irgendwie wirr. Was ist denn der Gewinn bei einer Brücke? Muss dann jeder, der sie benützt, eine Gebühr bezahlen?

      Wenn Du mal länger über diese einfachen Beispiele nachdenkst, dann solltest Du eigentlich zu dem Schluss kommen, dass eine moderne Welt mit einem Zinsverbot nicht funktionieren kann.

      Dann muss man entweder das Privatkapital abschaffen, wie es der Kommunismus wollte (worauf Du ja aber schrecklich empfindlich reagierst, wenn man dir das vorwirft) oder aber du fällst eben zurück auf ein Niveau im finsteren Mittelalter, wo man auch für die Benützung jeder Brücke Gebühren an irgendwelche Wegelagerer bezahlen musste.

      Allerdings wären sowohl die Baukosten als auch die Unterhaltskosten von den Zinskosten befreit

      Sorry, das ist völlig wirr! Was sind denn Zinskosten auf Baukosten oder Unterhaltskosten? :confused:
      Zinskosten gibt es nur für zur Verfügung gestelltes Kapital, aber nicht für irgendwelche Kosten.
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 23:33:55
      Beitrag Nr. 110 ()
      Der Zins ist heutzutage unser Kapitalallokationszwang.
      Sorry, diese hohle Phrase versteh ich nicht!
      Wer zwingt wen zu was?


      Investitionen werden nur getätigt, wenn eine Rendite über dem allgemein üblichen Zinssatz zu erwarten ist.
      Sonst nicht. Z.B. Faktor Arbeit: anscheinend kann man heutzutage nicht mehr alle Jobs bezahlen, weil eine Einstellung eines Arbeiters erst dann erfolgt, wenn mit dessen Arbeit ein Gewinn erzeilt wird, der über dem durchschnittlichen Zinssatz liegt. Was bei unseren Kosten nur sehr schwieig zu erreichen ist. Arbeit wäre wohl aber ausreichend da, wie ich immer wieder höre.


      Du kannst heute dein Geld jemand anderem als Eigenkapital zur Verfügung stellen, und dich am unternehmerischen Risiko beteiligen.

      Es gibt aber auch Unternehmer, die sich lieber von jemandem Geld leihen, und ihm dafür Zins zahlen.

      Ich sehe nicht ein, warum sowas verboten werden soll!
      Erklär es mir!

      Weil es schädliche Folgen für alle hat, da wir beständig steigende Zinskosten haben. Schau doch mal Mieten man z.B.! Wie hoch ist der Inflationsausgleich, wie hoch ist der Zinsanteil?

      In jeder Kalkulation eines Preises wird der zu zahlende Zinsanteil mit einkalkuliert. Wir zahlen es also. Alle.
      Und der Zins hat die Eigenschaft, die Ursprungssumme exponentiell zu steigern.
      Sorry das ich es nicht besser erklären kann, bin kein Ökonom!


      Um ihre Theorien umzusetzen, müssen aber diese Gurus a la Suhr, Lietaer oder wie auch immer sie heissen, genau das verbieten!

      Wenn dort eine Brücke zu bauen ist, welches sich offenbar als lukrative Investition darstellt, wird sich schon jemand finden, der dies baut. Es ist eine logische Möglichkeit, seiner "Liegegebühr" zu entgehen. Denn eine Welt ohne Zinsen bedeutet keine Welt ohne Möglichkeit auf Gewinn.

      Auch das finde ich irgendwie wirr. Was ist denn der Gewinn bei einer Brücke? Muss dann jeder, der sie benützt, eine Gebühr bezahlen?

      Die Idee ist doch nicht schlecht- Gegenfrage: wer zahlt denn heute dafür? :p

      Wenn Du mal länger über diese einfachen Beispiele nachdenkst, dann solltest Du eigentlich zu dem Schluss kommen, dass eine moderne Welt mit einem Zinsverbot nicht funktionieren kann.

      Doch, ich glaube schon, vielleicht nicht mit einem Zinsverbot generell, aber mit Komplementären Währungen auf jeden Fall!

      Dann muss man entweder das Privatkapital abschaffen, wie es der Kommunismus wollte (worauf Du ja aber schrecklich empfindlich reagierst, wenn man dir das vorwirft)


      Nein!
      oder aber du fällst eben zurück auf ein Niveau im finsteren Mittelalter, wo man auch für die Benützung jeder Brücke Gebühren an irgendwelche Wegelagerer bezahlen musste.

      wer zahlt heute? Wo sitzen die Wegelagerer? :D:D

      Allerdings wären sowohl die Baukosten als auch die Unterhaltskosten von den Zinskosten befreit

      Sorry, das ist völlig wirr! Was sind denn Zinskosten auf Baukosten oder Unterhaltskosten?
      Zinskosten gibt es nur für zur Verfügung gestelltes Kapital, aber nicht für irgendwelche Kosten.

      Zinsen sind in allen Kosten enthalten, immer einkalkuliert, sonst müßte sie ja der Unternehmer tragen!


      und hier noch mal eine Quelle:

      Solange jedoch die Gelder ohne realen Bedarf ein sicheres Zinseinkommen ermöglichen, verringert das die Neigung der Anleger, um eines möglichen Gewinnes willen ein Risiko einzugehen. Kann aber der Anleger „Mehrwert" nur noch erhoffen, wenn er etwas riskiert, wächst seine Neigung, Risikokapital zur Verfügung zu stellen. Und wenn er jetzt einen Gewinn macht, so ist dieser Gewinn nicht mehr unverdient und fehlallokalisiert, sondern legitime Risikoprämie, die denjenigen mit noch mehr risikobereiter Liquidität versorgt, der Risiken offenbar richtig einzuschätzen weiß. Das „Geld ohne Mehrwert" würde also nicht das Ende der Bereitschaft darstellen, Risikokapital zur Verfügung zu stellen, sondern diese Bereitschaft fördern. Zugleich würden die marginalen Vermögensbestände funktional optimal als Risikopuffer, statt zur reinen Abzweigung von „Mehrwert" eingesetzt.





      Wieder Dieter Suhr, der Schlußsatz des langen Artikels,
      von http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/suhr/geld_ohne_mehrwe…


      und noch mal grundsätzlich: ich konnte bisher keinen logischen Fehler finden, aber was heißt das schon! ;)
      Das bedeutet aber nicht, dass ich ein glühender Anhänger dieser Theorie wäre, bin erst jüngst drauf gestoßen und lese nun interessiert alles dazu!
      Und ausgebildete Ökonomen fällts bestimmt schwer, überhaupt mal ihre alten Trampelpfade zu verlassen, zu schwer wieden Schule und Studium. Deswegen müssen unkonventionelle Wege nicht todgeschwiegen werden!

      Im übrigen glaube ich, da ihr immer mit Kommunismus kommt...

      Marx und Engels haben genau diese Probleme erkannt, nur leider völlig falsche Schlüsse draus gezogen! :rolleyes:
      Die restliche Horde aller Ökonomen seitdem rennt mal hier hin und mal dort hin, erklären können wir unsere Probleme dank unser gut ausgebildeten Ökonomen immer erst hinterher.

      Wann soll noch mal der Aufschwung in Deutschland kommen? *fg
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 23:41:21
      Beitrag Nr. 111 ()
      ist wie bei Colombo, ein paar Fragen hätte ich da noch!


      Wenn unser bisheriges System so gut ist-


      warum

      - gibt es so eine hohe Arbeitslosigkeit?
      - ist unser Staat bald "pleite"
      - gibt es überhaupt Inflation und Deflation?
      - gibt es wirtschaftliche Machtkonzentration?
      - keine Lösung für unsere Wirtschaftsprobleme?
      - verschwenden wir weiterhin Ressourcen?
      - warum gibt es über den Zins mehr für den, der schon
      hat, mit nur minimalen Risiken?
      - leben mehr als 3/4 der Weltbevölkerung in Armut?
      - warum ist den meisten das alles egal, nach mir die
      Sintflut?
      Avatar
      schrieb am 31.01.03 08:01:35
      Beitrag Nr. 112 ()
      "Investitionen werden nur getätigt, wenn die erwarteten Gewinne über den Zinsen liegen."

      Genau, und das ist auch richtig so, denn die Zinsen sind der Preis für das Kapital. Genauso, wie Löhne der Preis für die Arbeit sind. Und siehe da:

      "Investitionen werden nur getätigt, wenn die erwarteten Gewinne über den zu zahlenden Löhnen liegen."

      Genau deshalb ist diese Diskussionen über Zinsen ein großes Mißverständnis: jede Investition muß ihre Kosten reinholen. Und in die Kosten gehen der Preis für Arbeit, der Preis für Kapital und die Materialien usw. ein.
      Sobald ich die Zinsen abschaffe, setze ich ein Signal für die Rentabilität der Investition außer Kraft und riskiere dadurch gravierende Fehllenkungen der Investitionen.

      Die Alternative dazu bedeutet entweder, ich habe nicht mehr genug Kapital, weil dieses zu billig wird, oder ich nehme umfangreiche staatliche Steuerungen vor. So etwas war auf Dauer immer weniger effizient, als unser jetziges System, daß ja Weltkriege, Weltwirtschaftskrisen und den Kommunismus überlebt hat.

      Auch das Argument über die drückenden Zinslasten bei den Entwicklungsländern ist nicht einsichtig. Niemand zwingt diese Länder dazu, Kredite aufzunehmen. In der Vergangenheit haben wir bei erfolgreichen Entwicklungsländern Wachstumsraten um die 5 bis 10% gesehen. Die Aufnahme von begünstigten Krediten würde sich da schon lohnen. Aber nur, wenn das Land diese Kredite auch wirklich in den wirtschaftlichen Aufbau steckt und das Geld nicht etwa in Korruption, Unterdrückung und Kriege verschwindet. Genau das aber ist das Problem bei den meisten Entwicklungsländern. Viele haben vergangene Investitionen shcon mehrfach in Bürgerkriegen vernichtet. Nur die Zinsen verhindern überhaupt, daß solche Länder zu Fässern ohne Boden werden, die ohne Verantwortungsbewußtsein Geldzuwendungen einer nach der anderen im Land vernichten. Gerade Entwicklungsländer brauchen das Signal, das Zinsen geben und es ist das Problem dieser Länder, wenn sie das Signal nicht verstehen.

      Was besser sein soll, als einfach dem Kapital seinen Preis, nämlich den Zins, zuzuweisen, verstehe ich nicht. Und warum Zinsen ein Problem sein sollen, verstehe ich erst recht nicht. Volkswirtschaftlich sind Zinsen ein Nullsummenspiel; einer zahlt sie, ein anderer erhält sie. Die Zinsen sorgen dafür, daß Kapital geschaffen wird und daß es dahin geht, wo es am produktivsten wirkt. Der Wirkungsmechanismus ist kaum anders, als bei den Löhnen.
      Avatar
      schrieb am 31.01.03 08:31:28
      Beitrag Nr. 113 ()
      ich kann leider erst am WE antworten, evtl. auch im andern Thread nachschauen! :)
      Avatar
      schrieb am 31.01.03 18:02:02
      Beitrag Nr. 114 ()
      @sbi

      Vielleicht bin ich zu oberflächlich, aber die Frage der Zinsen scheint mir ganz einfach zu sein.
      Ware - Geld - Ware.
      Das Geld ist nur ein Äquivalent für Waren und selbst eine Ware.
      Würde es zinslos Geld geben, würde z.B. Keiner eine Wohnung mieten, sondern zinslos Geld leihen, die Wohnung kaufen und ohne weitere Kosten sich darin gemütlich machen.
      Das heißt solange die Miete einer Wohnung etwas kostet, muß auch die Ausleihung des monetären Äquivalentes einer Wohnung etwas kosten - Zinsen.

      MfG :cool:berossi
      Avatar
      schrieb am 31.01.03 18:27:54
      Beitrag Nr. 115 ()
      Das Geld musst du schon zurückzahlen Oberossi, auch ohne Zinsen. Nichts im Leben ist umsonst;).

      Ohne Zinsen gehts meiner Ansicht nach aber nicht. Wer Geld verleiht, der geht auch ein gewisses Ausfallrisiko ein. Das läßt sich statistisch berechnen und fließt in den Zinssatz ein. Des weiteren steht dem Verleiher das Geld für Investitionen nicht zur Verfügung. auch dieser Nachteil muss vernünftigerweise in den Zinssatz einfließen, ebenso wie der Arbeitsaufwand, der dem Verleiher entsteht. Ohne Zins wäre diese Dienstleistung also umsonst und mit risiko behaftet. Dann würde niemand mehr was Verleihen.

      Aber angesichts der desolaten Weltwirtschaftlage sollte die EZB mal über drastische Leitzinssenkungen nachdenken.
      Avatar
      schrieb am 06.02.03 22:19:46
      Beitrag Nr. 116 ()
      Nochmal für Rainer, aber auch für alle anderen Zweifler.

      Die Produktivität ist theoretisch begrenzt :eek:

      Definiere ich Produktivität als Output/Input und betrachte den thermodynamischen Wirkungsgrad (hier dargestellt in der Carnot-Formel) 1=1-(T2/T1)
      T1= Eingangstemperatur
      T2= Ausgangstemperatur

      Dann kann ich Output/Input, die ja auch eine Energieform sind, analog zu T2/T1 betrachten. Damit ist eine theoretische obere Grenze gegeben. Graphisch läßt sich das als abflachende Kurve mit einem oberen Grenzwert darstellen. Ich kann die also diesem System noch so viel Energie zuführen, über diesen Punkt geht es nicht hinaus. die Gestze der Thermodynamik gelten also auch in der Wirtschaft, selbst wenn in der Praxis nicht erreichbare reibungsfreie Prozesse unterstellt werden.
      Avatar
      schrieb am 07.02.03 08:06:28
      Beitrag Nr. 117 ()
      #115, ja, aber wenn man sich zinsloses Geld leiht und sich dafür eine Wohnung kauft, hat man diesen Kredit nach einer gewissen Zeit allein durch die eingesparte Miete abbezahlt. Entweder also ist jeder, der Mietwohnungen anbietet, bald ruiniert oder keiner gibt mehr Kredit, weil jeder selbst die Wohnungen kaufen will, die dann die tolle Mietrendite geben. So oder so, Geld wird auf einmal zu einem knappen Gut und die Wirtschaft geht schließlich an Kapitalmangel zugrunde.

      #116, die Formel hat mit dem Wirtschaftsgeschehen nichts zu tun, weil wirtschaftliche Produktion nicht abhängig von Energiemengen ist, und daher auch nicht von einem energetischen Wirkungsgrad begrenzt wird. Im übrigen gibt die Carnotformel auch nur wieder, daß für gegebene Temperaturreservoire der Wirkungsgrad begrenzt ist. Wenn man aber variable Temperaturen diskutiert, kann man natürlich entsprechende Energieflüsse einstellen. Das aber nur am Rande.

      Eher muß man die Obergrenze bei der verfügbaren Information ansetzen, die durch (wenn wir schon theoretisch sein wollen) die maximal erreichbare Entropie des Universums begrenzt ist. Diese Grenze können wir im Laufe der Existenz unserer Sonne vermutlich nicht erreichen, wenn denn dies überhaupt eine Rolle spielte. Über Grenzen des Wachstums zu sprechen, ist für unsere junge Welt einfach sehr verfrüht.
      Avatar
      schrieb am 07.02.03 08:37:14
      Beitrag Nr. 118 ()
      @ for4zim: "die Formel hat mit dem Wirtschaftsgeschehen nichts zu tun, weil wirtschaftliche Produktion nicht abhängig von Energiemengen ist, und daher auch nicht von einem energetischen Wirkungsgrad begrenzt wird."

      hier bin ich grundsätzlich anderer Ansicht. Ohne Energie keine Produktion. Dieser Zusammenhang ist offensichtlich. Nenne mir ein Beispiel, in dem Produktion oder Dienstleistung ohne Energiezufluss stattfindet und ich verwerfe meine Idden;). Es gibt auch in der Wirtschaft kein perpetuum mobile.

      "Eher muß man die Obergrenze bei der verfügbaren Information ansetzen, die durch (wenn wir schon theoretisch sein wollen) die maximal erreichbare Entropie des Universums begrenzt ist. Diese Grenze können wir im Laufe der Existenz unserer Sonne vermutlich nicht erreichen, wenn denn dies überhaupt eine Rolle spielte. Über Grenzen des Wachstums zu sprechen, ist für unsere junge Welt einfach sehr verfrüht."

      Auch hier mein Widerspruch. Das System in dem wir wirtschaftlich agieren ist unser Planet. Nachdem wir im Laufe der Geschichte uns von lokalen/regionalen Wirtschaftssystemen zu nationalen und multinationalen (z.B. EU) entwickelt haben, sind wir aktuell in der Phase der Globalisierung. Hier ist aber erstmal Schluss. Wir sind ja nicht bei Star Trek ;). Die Grenzen werden in erster Linie durch unsere Resourcen bestimmt, die ja letztlich nichts anderes, als verfügbare Energie darstellen. Man kann die verbleibende Energie natürlich noch effizienter nutzen (Erhöhung des Wirkungsgrades ;) ). Hier stößt man, wie in #116 erläutert an eine Obergrenze, wobei die praktisch erreichbare Obergrenze noch deutlich vor der theoretischen liegt.

      Das in der Praxis geschlossene (Wirtschafts)system Erde hat also seine Gernzen, die durch die Verfügbarkeit von Energie bestimmt sind. Ein Ausweg aus diesem Dilemma wäre die praktisch ungegrenzeten energien der Sonne oder des Atoms verfügbar zu machen. Damit hätten wir unser System erweitert. eine exessive Nutzung der Atomenergie würde unsere Welt aber mittelfristig unbewohnbar machen. Meine Hoffnung gilt daher der Nutzung der Solarenergie.

      Wer diese Zusammenhänge leugnet kommt zwangsläufig zu völlig falschen Folgerungen für die Wirtschaftspolitik. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass ein System, dass unbegrenztes Wachstum propagiert zum Zusammenbruch verurteilt ist.
      Avatar
      schrieb am 07.02.03 09:12:51
      Beitrag Nr. 119 ()
      Punk24, Du hast leider einige Beiträge hier im Thread nicht gelesen. "Zunächst mal, was sind die Grenzen des Wachstums? Es gibt praktisch keine in einer Dienstleistungsgesellschaft. Wenn alle unsere Güter von 10% der Menschen hergestellt werden könnten, aber von mehr Menschen hergestellt werden, heißt das nichts anderes, als daß wir unser Dienstleistungsangebot in einer höchsteffizienten Gesellschaft selbst ohne Produktivitätssteigerungen sofort um über 10% steigern könnten, unser Produktangebot erheblich steigern könnten."

      "Umsatz kann herrühren von Naturprodukten, verarbeiteten Produkten, von Dienstleistungen, von Informationen und Ideen (Datenbanken, Software) und Kombinationen dieser Produkte. Insbesondere die Menge an Informationen und Ideen ist eine fast unerschöpfliche Menge, die sich beliebig vermehren läßt. Daher gibt es keine erkennbare Grenze des Wachstums. Notwendig ist allein, daß immer weniger Menschen dazu benötigt werden, Produkte der untere Kategorien zu schaffen und dies immer mehr von Maschinen übernommen wird."
      "Natürlich bedeuten Informationen Kosten - deshalb ja verursacht eine Steigerung der Informationsmenge Wirtschaftswachstum. Wenn niemand für Information bezahlen wollte, dann fehlte auch der Anreiz, mit aller Kraft Informationen zu schaffen. Weite Teile des WWW werden z.B. noch auf Hobbybasis geschaffen, weil wir noch kein vernünftiges System ersonnen haben, die hier geleistete Arbeit zu honorieren. Aber wir hatten solche Probleme schon in früherer Zeit, etwa mit jemand, der singt. Lange Zeit gab es dafür gar nichts, dann nur in seltenen Fällen einen ausrechenden Lohn, heute kann man mit einer gut vermarkteten CD schon Millionär werden. In der Zwischenzeit hatte sich die Wertschätzung für Unterhaltung geändert, es hatte sich der Kreis möglicher Konsumenten gewaltig ausgeweitet und es haben sich neue Möglichkeiten gefunden, Gesang zu verbreiten und zu vermarkten. Uns stehen bei der Vermarktung von Informationen und Ideen noch gewaltige Veränderungen ins Haus."
      "Und um auf eine Anfangsdiskussion zurückzukommen: wir sind inzwischen an einem Punkt angekommen, wo Steigerungen der Wirtschaftsleistung möglich sind, ohne daß der Rohstoff- oder Energieverbrauch steigt. Das ist das besondere an der Dienstleistungs- und der aufziehenden Informationsgesellschaft. Und genau aus diesem Grund gilt das, was z.B. Punk24 leugnet: wir können unsere Wirtschaftsleistung ohne Ressourcenverbrauch steigern und damit zunächst einmal unbegrenzt. Die Grenze des Wirtschaftswachstum ist keine technische, sondern eine organisatorische. "


      Und es ist richtig, Startreck ist noch nicht angebrochen. Aber wir reden hier über die nächsten Jahrzehntausende. Wie groß ist der technologische Abstand zwischen uns und der Welt vor 600 Jahren? Damals gab es keine Massentransportmittel, keinen Flug zum Mond, keine Computer, keine Massenmedien. Wie sieht wohl die Welt in 300 Jahren verglichen mit unserer aus? Es ist weit jenseits unserer Phantasie, von allem, was wir uns auch nur entfernt vorstellen können. Und in den nächsten Jahrzehnten können wir allein durch immer mehr Informations- und Dienstleistungen stärker wachsen, ohne jeden Rohstoffmehrverbrauch, als wir uns das jetzt noch denken können.
      Avatar
      schrieb am 07.02.03 10:34:58
      Beitrag Nr. 120 ()
      ich habe fast alle Beiträge gelesen. Aber allein aufgrund der Tatsache, dass diese hier stehen, müssen sie ja nicht zwangsläufig wahr sein.;)

      Wie soll ich es dir (und auch Rainer) denn noch vermitteln:confused:...Auch Dienstleistungen erfordern einen Energieverbrauch.Es ist mir ein völliges Rätsel, wie jemand wie du, der nun wirklich nicht auf den Kopf gefallen ist, diesen logischen Zusammenhang nicht erkennt. vielleicht argumentiere ich auch nicht präzise und verständlich genug :confused:

      Selbst Informationen haben einen Energiegehalt. Sie müssen erstellt, erhalten, archiviert und verfügbar gemacht werden. Läuft dein Rechner etwa ohne Strom? Speichert dein Gehirn Informationen ohne Nahrungsaufnahme ab?
      Avatar
      schrieb am 07.02.03 11:20:26
      Beitrag Nr. 121 ()
      Die Informationsmenge nahezu hängt nicht von der Energie ab. Ob Du 1 KByte auf einem Datenträger hast oder 1 MByte, ändert energetisch gar nichts, vom Wert her aber viel. Davon abgesehen, wenn Informationen im Wert von Millionen Euro energetisch gerade mal eine Kilowattstunde brauchen, dann kann man eine ganze Volkswirtschaft von 2 Billionen Euro finanzieren durch gerade mal 1000 Megawattstunden. Das schafft ein großes Kraftwerk in einer Stunde. In einem Jahr würde das Kraftwerk dann die Energie leisten um die Volkswirtschaft über 8000 mal größer werden zu lassen, womit bei 3% Wachstum die Volkswirtschaft erst mal 250 Jahre beschäftigt wäre.

      Vergleiche mal den Etat von Microsoft mit dem von Pakistan. Und dann vergleiche mal deren Energieverbrauch - da ist ein riesiger Unterschied.
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 21:15:39
      Beitrag Nr. 122 ()
      heute habe ich einen guten Tag, ich zauber euch immer mehr aus dem Hut! :D


      http://www.holis.de/mag/wiso/geld.htm
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 12:50:11
      Beitrag Nr. 123 ()
      Ich habe ganz ehrlich nicht zu allen euren Einwänden Lösungen, das wäre ja auch zu schön, ich weiß aber ( spüre ) das unser jetziges System stark negativer ist als das hier vorgeschlagene.

      Ich empfehle dazu alle Artikel von
      http://www.holis.de

      und im Zusammenhang die Lektüre meiner Threads

      Der Metathread Thread: Meta-Thread


      Die Vertreibung aus dem Paradies Thread: Vertreibung aus dem Paradies


      Krisenthread- Strategien zum überleben Thread: Krisenthread: Strategien zum Überleben


      Grüße von eurem verrückten Boardspinner!


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