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     2124  0 Kommentare Japan steht vor einem großen Problem – Yen-Stabilität in Gefahr

    Abwarten heißt die Devise in diesen Tagen in den wichtigsten Notenbanken dieser Welt. Auch die Bank of Japan (BoJ) hat es heute bei verbalen Interventionen belassen, was ihre zukünftige Geldpolitik angeht. Auch sie werde die Entwicklung der Wachstumsrisiken beobachten und gegebenenfalls das Volumen der Anleihekäufe ausweiten, sofern erforderlich. Vorsorglich senkte man in Tokio schon einmal die Prognosen für Exporte und die Industrieproduktion. Schuld an allem sei auch hier die europäische Schuldenkrise. Aber das ist nur der eine Teil der Wahrheit. Kurzfristig gesehen haben die Währungshüter wohl Recht damit, mittel- bis langfristig kommt auf die japanische Wirtschaft in meinen Augen noch ein ganz anderes, viel größeres Problem zu.

     

    In den kommenden 50 Jahren wird Nippons Bevölkerung um ein Drittel schrumpfen. Derzeit leben in Japan noch fast 130 Millionen Menschen, nach neuesten Schätzungen werden es im Jahr 2060 nur noch 87 Millionen Menschen sein. Schon jetzt liegt der Anteil der Kinder unter 15 Jahren an der Gesamtbevölkerung – wie in Deutschland übrigens - bei nur 13 Prozent, in den USA dagegen bei 20 Prozent. Das wichtigste Potenzial einer Volkswirtschaft sind junge Menschen, die auf der einen Seite Wirtschaftsgüter produzieren, aber andererseits auch konsumieren können, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Und nicht nur dies, auch sie sind es, die Sozialleistungen erwirtschaften müssen, welche dann die älteren Generationen in Anspruch nehmen. Und nicht zu vergessen sind die Schulden, die auf ihren Schultern lasten und durch regelmäßige Zinszahlungen bedient werden müssen. 

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    Und diese immer weniger werdenden Schultern stehen aktuell vor einem Schuldenberg von 230 Prozent des japanischen Bruttoinlandsprodukts (BIP), welcher ohne Ausgabenkürzungen in den nächsten fünf Jahren auf 300 Prozent des BIP anwachsen wird. Noch sind die Zinsen mit einem Prozent für japanische Staatsanleihen niedrig, allerdings geht schon jetzt ein Viertel aller Steuereinnahmen für die jährlichen Zinszahlungen drauf. Mit zunehmender Alterung der Gesellschaft sinken die Steuereinnahmen und steigen die Sozialausgaben. Steigen dann noch die Zinsen für die Refinanzierung am Kapitalmarkt, kann die Situation auch in Japan schnell unfinanzierbar werden. Noch reden alle von Griechenland, Spanien und Italien, aber langfristig werden die hohen Schulden auch in der einstigen technologischen und industriellen Vorzeigenation Japan zu einem großen Problem. 

     

    Bleibt am Ende also nur die Notenbank, um mit frisch gedrucktem statt dem immer weniger vorhandenen „alten“ Geld diese Schulden zu bedienen. Dies wird sie auch in Zukunft in verstärktem Umfang mit dem Kauf von eigenen Staatsanleihen tun. Klassisch ist dies dann eine Entschuldung über Inflation. Zwar bleiben dann nominal die Schulden die Gleichen, aber real werden sie Jahr für Jahr um die Inflationsrate reduziert. Das hat den netten Nebenaspekt, dass es die eigene Währung schwächt. Dies wiederum kommt den Japanern zusätzlich entgegen, denn der starke Yen ist schon sehr lange ein Problem für die japanische Exportwirtschaft. Und warum ist der Yen so stark? Weil er eben, wie die BoJ heute ebenso richtig einschätzte nicht das aktuelle Bild der japanischen Wirtschaft widerspiegelt, sondern eher Ausdruck eines „sicheren Hafens“ in Zeiten der Eurokrise und einer sich abschwächenden Weltwirtschaft ist.

     

    Sollte sich in den nächsten Monaten die Situation in der Eurozone weiter entspannen und die Sorgen vor einer zu harten Landung der Weltwirtschaft abnehmen, kann es für die Investoren ganz schnell unattraktiv werden, ihr Geld in Japanischen Yen zu parken. Auch wenn es heute noch bei den warmen Worten der Notenbank geblieben ist, gehe ich davon aus, dass die Währungshüter in Tokio in den nächsten Monaten und Jahren ihrem Namen alle Ehre machen und ihre Währung eher vor einer weiteren Aufwertung hüten und gleichzeitig alles dafür tun werden, um die immer weiter aufgehende Schere zwischen steigenden Staatsausgaben und sinkenden Steuereinnahmen mit Yen aus der Notenpresse zu schließen versuchen. 

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    Ich gehe weiterhin davon aus, dass sich vor diesem Hintergrund der Yen gegenüber den wichtigsten Währungen in den nächsten zwölf Monaten abschwächen wird. Neben einem Engagement in den klassischen Paaren Yen/US-Dollar und Yen/Euro finde ich die Idee sehr attraktiv, den Yen gegenüber dem Australischen Dollar (AUD) zu verkaufen. Als positiver Nebenaspekt schlagen hier neben möglichen Kursgewinnen auch regelmäßige Zinszahlungen zu Buche. Aufgrund des Zinsunterschiedes in den Over-Night-Sätzen zwischen Australien und Japan kassiert der Anleger bei FXCM jede Nacht für eine 10.000er AUD/JPY-Long-Position 0,54 Euro, dies entspricht rund zwei Prozent pro Jahr. Aktuell kostet ein Aussie rund 83 Yen, in den nächsten zwölf Monaten sehe ich das Potenzial bei 90, langfristig kann ich mir auch die 100 Yen vorstellen.

     

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    Torsten Gellert
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    Torsten Gellert ist seit Januar 2015 Head of Germany/Austria bei CMC Markets. Schon von 2007 bis 2009 war er mitverantwortlich für die Geschäfte im deutschsprachigen Raum und etablierte in dieser Zeit CMC Markets als größten Anbieter von CFDs und Forex in Deutschland. Der studierte Diplom-Mathematiker startete seine berufliche Karriere 1997 bei der Allianz Versicherung. Nach zehn Jahren in der Versicherungsbranche wechselte er 2007 zu CMC Markets Deutschland in die Geschäftsleitung. 2010 zog es ihn in seine Heimatstadt zurück und er baute das Deutschland-Geschäft des internationalen Brokers FXCM auf.
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    Verfasst von 2Torsten Gellert
    Japan steht vor einem großen Problem – Yen-Stabilität in Gefahr Abwarten heißt die Devise in diesen Tagen in den wichtigsten Notenbanken dieser Welt. Auch die Bank of Japan (BoJ) hat es heute bei verbalen Interventionen belassen, was ihre zukünftige Geldpolitik angeht. Auch sie werde die Entwicklung der Wachstumsrisiken beobachten und gegebenenfalls das Volumen der Anleihekäufe ausweiten, sofern erforderlich. Vorsorglich senkte man in Tokio schon einmal die Prognosen für Exporte und die Industrieproduktion. Schuld an allem sei auch hier die europäische Schuldenkrise. Aber das ist nur der eine Teil der Wahrheit. Kurzfristig gesehen haben die Währungshüter wohl Recht damit, mittel- bis langfristig kommt auf die japanische Wirtschaft in meinen Augen noch ein ganz anderes, viel größeres Problem zu.