checkAd

    Das Geld der anderen  5675  7 Kommentare Bescheiden? Nein! Varoufakis will Deutschland zur Kasse bitten - Seite 2

    Nach meiner Schätzung sind mindestens drei Billionen Euro an Schulden in der Eurozone nicht mehr einbringbar. Selbst nach vorsichtigen Schätzungen stehen die Banken vor Verlusten von mindestens einer Billion Euro. Erfolgt die Restrukturierung durch den ESM, müssten alle Euroländer nach ihrem Anteil am ESM für die Kosten aufkommen. Im Klartext bedeutet dies, dass Deutschland den Löwenanteil der Kosten zu übernehmen hätte.

    Fazit: Varoufakis beabsichtigt letztlich nichts anderes als die Sozialisierung der faulen Privatschulden auf europäischer Ebene. Letztlich wird die EU nicht darum herumkommen, die Schulden gemeinschaftlich zu restrukturieren. Besser wäre jedoch ein Schuldentilgungsfonds, weil in diesem auch entsprechende Gegenleistungen der Schuldnerländer vereinbart werden können, und die Beträge von vorneherein feststehen. Varoufakis' Vorschlag hingegen ist ein Blankoscheck des ESM, der am Ende doch zu einem Vermögenstransfer zwischen den Finanziers des ESM führt.



    2. Die Staatschuldenkrise

    
Diagnose: Die Staatsschuldenkrise ist für Varoufakis eine Folge fehlender europäischer Solidarität und somit auseinanderlaufender Anforderungen des Kapitalmarkts.

    Zur Lösung schlagen Varoufakis und seine Kollegen vor, die Staatsschulden der einzelnen Länder bis zu einem Niveau von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf der Bilanz der EZB zu poolen. Selbige sollte für den Kauf der Staatspapiere eigene Anleihen begeben. Die Idee dahinter ist, die Zinskosten zu senken.

    In anderen Worten: Die EZB kauft bis zu 60 Prozent der Staatsschulden jedes Landes. Um das zu finanzieren, „druckt“ sie kein Geld, sondern gibt etwa selbst Anleihen aus, die aufgrund der guten Bonität der Bank niedrige Zinsen haben. Diese tiefen Zinse könnte die Zentralbank dann an die Länder weitergeben.

    Weil seit Draghis „Whatever it takes“ die Länder der Eurozone ohnehin so wenig Zinsen für ihre Staatsschulden zahlen wie seit Generationen nicht, hat Varoufakis die Idee in Interviews weiterentwickelt. Danach soll die EZB die Anleihen direkt kaufen und zins- und tilgungsfrei stellen. Dies entspräche faktisch einem Schuldenschnitt über die EZB-Bilanz. Würden alle Länder der Eurozone Schulden bis zur Grenze von 60 Prozent des BIP über die EZB abschreiben, hätte dies keine Verteilungswirkungen zwischen den Ländern.


    Seite 2 von 4



    Daniel Stelter
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    Dr. Daniel Stelter ist Makroökonom und Gründer des Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Von 1990 bis 2013 war Stelter Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group (BCG), wo er von 2003 bis 2011 weltweit das Geschäft der BCG Praxisgruppe Corporate Development (Strategie und Corporate Finance) verantwortete.

    Er ist Autor mehrerer Bücher. Sein aktuelles Buch „Das Märchen vom reichen Land - Wie die Politik uns ruiniert“ war auf der SPIEGEL Bestsellerliste. Twitter: @thinkBTO
    Mehr anzeigen

    Verfasst von Daniel Stelter
    Das Geld der anderen Bescheiden? Nein! Varoufakis will Deutschland zur Kasse bitten - Seite 2 „Bescheiden“ nennt der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis seinen Vorschlag, mit dem er die Eurokrise lösen will. Sein nun auf Deutsch erschienenes Büchlein lässt jedoch ganz andere Schlüsse zu: dass er Deutschland zur Kasse bitten will.

    Disclaimer