Das Geld der anderen
Bescheiden? Nein! Varoufakis will Deutschland zur Kasse bitten - Seite 2
Nach meiner Schätzung sind mindestens drei Billionen Euro an Schulden in der Eurozone nicht mehr einbringbar. Selbst nach vorsichtigen Schätzungen stehen die Banken vor Verlusten von mindestens einer Billion Euro. Erfolgt die Restrukturierung durch den ESM, müssten alle Euroländer nach ihrem Anteil am ESM für die Kosten aufkommen. Im Klartext bedeutet dies, dass Deutschland den Löwenanteil der Kosten zu übernehmen hätte.
Fazit: Varoufakis beabsichtigt letztlich nichts anderes als die Sozialisierung der faulen Privatschulden auf europäischer Ebene. Letztlich wird die EU nicht darum herumkommen, die Schulden gemeinschaftlich zu restrukturieren. Besser wäre jedoch ein Schuldentilgungsfonds, weil in diesem auch entsprechende Gegenleistungen der Schuldnerländer vereinbart werden können, und die Beträge von vorneherein feststehen. Varoufakis' Vorschlag hingegen ist ein Blankoscheck des ESM, der am Ende doch zu einem Vermögenstransfer zwischen den Finanziers des ESM führt.
2. Die Staatschuldenkrise
Diagnose: Die Staatsschuldenkrise ist für Varoufakis eine Folge fehlender europäischer Solidarität und somit auseinanderlaufender Anforderungen des Kapitalmarkts.
Zur Lösung schlagen Varoufakis und seine Kollegen vor, die Staatsschulden der einzelnen Länder bis zu einem Niveau von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf der Bilanz der EZB zu poolen. Selbige sollte für den Kauf der Staatspapiere eigene Anleihen begeben. Die Idee dahinter ist, die Zinskosten zu senken.
In anderen Worten: Die EZB kauft bis zu 60 Prozent der Staatsschulden jedes Landes. Um das zu finanzieren, „druckt“ sie kein Geld, sondern gibt etwa selbst Anleihen aus, die aufgrund der guten Bonität der Bank niedrige Zinsen haben. Diese tiefen Zinse könnte die Zentralbank dann an die Länder weitergeben.
Weil seit Draghis „Whatever it takes“ die Länder der Eurozone ohnehin so wenig Zinsen für ihre Staatsschulden zahlen wie seit Generationen nicht, hat Varoufakis die Idee in Interviews weiterentwickelt. Danach soll die EZB die Anleihen direkt kaufen und zins- und tilgungsfrei stellen. Dies entspräche faktisch einem Schuldenschnitt über die EZB-Bilanz. Würden alle Länder der Eurozone Schulden bis zur Grenze von 60 Prozent des BIP über die EZB abschreiben, hätte dies keine Verteilungswirkungen zwischen den Ländern.