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     4478  0 Kommentare Inflation – ein monetäres Phänomen? - Seite 2

    Die Realwirtschaft verhält sich anämisch, was sich auch an der Umlaufgeschwindigkeit der Geldmenge MZM zeigt. Sie sinkt im großen zeitlichen Rahmen seit zwanzig Jahren ab. Relative Prosperität ist gekennzeichnet durch zunehmende Umlaufgeschwindigkeit bei gleichzeitiger Abnahme des MZM-Multiplikators zur Basisgeldmenge, weil dies nahelegt, dass Geldmittel vermehrt in den Geldkreislauf der Realwirtschaft gehen. So gesehen war die Zeit vor 2000 durch eine relativ gesunde wirtschaftliche Entwicklung gekennzeichnet, sowie dann nochmals die Phase zwischen 2004 und Mitte 2007. Seit der Jahreswende sinkt die Umlaufgeschwindigkeit weiter ab, während der Multiplikator eher beschleunigt zunimmt. Er hatte im Oktober 2014 einen Tiefpunkt erreicht.

    Das Platzen der Schuldenblase 2008 hat zu einer Bilanzrezession geführt (Richard Koo hat diesen Begriff geprägt). Private Haushalte und v.a. Unternehmen, sowie Banken sparen nach einer Finanzkrise, um durch einen positiven Finanzierungssaldo Wertverluste wegen Abschreibung von Vermögenswerten auszugleichen. Der Staat muss dann die Gegenposition einnehmen und als Schuldner den Ausgabenausfall aus Investitions- und Konsumzurückhaltung des privaten Sektors kompensieren.

    An Keynes orientierte staatliche Anreizprogramme können die Wirtschaft zeitweilig stabilisieren. In einer Phase der Bilanzrezession führt eine durch die Zentralbank finanzierte Staatsverschuldung aber nicht zu Inflation, da die private Nettokreditaufnahme rückläufig ist. Die Überschuss-Reserven im Bankensystem steigen, verlassen aber das Bankensystem nicht, weil es nicht genügend private Kreditnehmer gibt. Ein niedriges Zinsniveau ändert an dieser Situation wenig, so lange die Bilanzbereinigung Vorrang hat.

    Das Verhältnis der Überschuß- zu den gesamten Reserven im Bankensystem kommt aktuell auf 93%, vor Ausbruch der Finanzkrise lag es bei vier Prozent, in der Spitze kam es Mitte 2014 auf 95%. Das weist auf das bestehende Kreditschöpfungspotenzial mit entsprechender Ausweitung der Geldmenge hin. Die gesamten Ausleihungen liegen heute um 25% höher als Mitte 2008, sie stiegen zuletzt um jährlich acht Prozent auf 9,1 Bill. Dollar. Das alleine sagt hinsichtlich Inflationswirkung in der Realwirtschaft nicht viel aus, da hierzu die Kredite innerhalb des Finanzsystems herausgerechnet werden müssten. Momentan liegt es nach Verlauf der Geldmenge MZM und des MZM-Multiplikators nahe, dass dieser Teil überwiegt.

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    Klaus Singer
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