Das Gerede vom „Melt-up“-Boom
Je höher die Marktbewertungen steigen, desto größer die Notwendigkeit neue Käuferschichten für die Börsen zu begeistern. Dies erfordert eine hohe mediale Aufmerksamkeit und die richtige Geschichte. Die Geschichte des Jahres 2018 geht ungefähr so: Obwohl die Märkte seit dem Tief 2009 schon eine beeindruckende Entwicklung hinter sich haben, steht uns das Beste noch bevor. Die Weltwirtschaft wächst so stark und synchron wie lange nicht mehr, die Zinsen bleiben tief und die politischen Risiken namentlich in Europa sind nicht eingetreten. Zunehmend wird deshalb klar, dass an der Anlage in Aktien kein Weg vorbeiführt. Sie ist alternativlos.
Wem dies nicht genügt, dem stellen die Auguren einen „Melt-up-Boom“ in Aussicht. Gemeint ist ein dramatischer und unerwarteter Preisanstieg, der durch einen Run der Anleger ausgelöst wird, die Angst haben etwas zu verpassen und nicht durch eine wirkliche Verbesserung in der Realwirtschaft. Letzteres kann einem egal sein, Hauptsache man ist mit dabei.
„Melt-ups“ haben es erfahrungsgemäß in sich. Kurssteigerungen von 50 Prozent und mehr sind keine Seltenheit. Kein Wunder also, dass mit ihnen gelockt wird, um jene, die angesichts der schon hohen Bewertungen zweifeln, doch noch in die Märkte zu bekommen.
Geschichte der Blasen spricht für den „Melt-Up“
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Eines der wesentlichen Argumente für den finalen Börsenboom liefert der Vergleich mit früheren Blasen. Jeremy Grantham vom Bostoner Vermögensverwalter GMO hat sich die Mühe gemacht und die Charaktermerkmale früherer Blasen analysiert und auf die heutige Situation übertragen. Kernergebnis: Obwohl die Börse schon heute so teuer ist wie vor dem Börsenkrach 1929 – nur in der Dotcom-Blase war die Bewertung an der Wall Street noch höher – könnte es durchaus sein, dass die Märkte in den nächsten 21 Monaten nochmals 60 Prozent zulegen. Kursziel wären damit bis zu 3700 Punkte im S&P 500 (aktuell: 2786 Punkte). Allen Blasen ist nämlich gemein, dass sie mit einem „Melt-up“ enden.