MiFID II
Wann ist ein nicht-monetärer Vorteil wirklich geringfügig
Seit Anfang Januar ist die neue Finanzmarktrichtlinie MiFID II in Kraft. Noch immer sind viele Fragen offen. Jeden Monat beantwortet unser Experte Dr. Markus Lange, Rechtsanwalt und Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, eine aktuelle Frage zum Thema MiFID II. In diesem Monat geht es um die Annahme nicht-monetärer Vorteile.
Die Frage nach Geringfügigkeit und damit der Zulässigkeit nicht-monetärer Vorteile lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Auch eine hinreichend verlässliche Umschreibung des insoweit
rechtlich sicheren Bewegungsbereichs fällt derzeit schwer. Ein weiterer Versuch einer Annäherung soll hier dennoch unternommen werden.
Für wen ist diese Frage überhaupt relevant? Es geht um den bekannten und viel diskutierten Kontext der Zuwendungen. Das sind diejenigen Zahlungen und anderen geldwerten Vorteile, die einem
Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht unmittelbar von Seiten des Kunden, sondern von einem Dritten zugutekommen. Die Regulierung sieht die damit verbundene potenzielle Anreizwirkung kritisch.
Der Dienstleister könnte dadurch veranlasst sein, die Interessen seiner Kunden nicht hinreichend zu wahren und seine eigenen Interessen demgegenüber zu priorisieren. Damit ist das Thema für alle
Wertpapierfirmen von Bedeutung. Es ist auch nicht neu, sondern bereits seit der Umsetzung der MiFID im Jahr 2007 relevant. Die MiFID II bzw. die nationalen Umsetzungsvorschriften verfolgen jetzt
allerdings eine strengere Linie, auch durch unterschiedliche Anforderungen für verschiedene Arten von Dienstleistungen. Für die Anlageberatung und die Anlagevermittlung bleibt es bei einem
grundsätzlichen Verbot, Zuwendungen anzunehmen und zu behalten. Das Verbot kann aber weiterhin im Rahmen eines Ausnahmetatbestandes überwunden werden. Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass
eine qualitätsverbessernde Wirkung der Zuwendung mit Blick auf die jeweilige Dienstleistung für den Kunden vorliegt, und dass dies im Einklang mit den aufsichtlichen Vorgaben belegt werden kann.
Dies gilt für monetäre wie nicht-monetäre Vorteile gleichermaßen. Eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Kategorien nicht-monetärer Vorteile wird insoweit nicht gemacht.
Anders ist die Situation im Hinblick auf die Unabhängige Honorar-Anlageberatung und die Finanzportfolioverwaltung. Das Annehmen und Behalten von Zuwendungen – sei es monetärer oder nicht-monetärer
Art – ist in diesem Zusammenhang generell verboten. Nach den europäischen Vorgaben kommt eine Ausnahme von diesem Verbot nur in Bezug auf „kleinere nicht-monetäre Vorteile“ in Betracht. Der
deutsche Gesetzgeber hat dies aufgegriffen und für die Finanzportfolioverwaltung umgesetzt (siehe § 64 Abs. 7 WpHG; dort ist von „geringfügigen nicht-monetären Vorteilen“ die Rede, die „im
Zusammenhang mit der Finanzportfolioverwaltung“ angenommen und behalten werden). Nach neuer deutscher Rechtslage dürfen bei der Unabhängigen Honorar-Anlageberatung also gar keine Zuwendungen
angenommen und behalten werden – auch keinerlei nicht-monetäre, und seien sie „geringfügig“ (siehe § 64 Abs. 5 S. 2 WpHG).