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    Richtig Pokern - Teil 2  550  0 Kommentare
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    Die Methodik der optimierten Wette

    Nikolas Samios blickt auf über 15 Jahre Erfahrung im Venture-Capital-Bereich zurück. Im Interview spricht er über die Herausforderungen von Venture-Capital-Investitionen - und warum sie kein Glücksspiel sind, sondern Methodik dahinter steckt.

    Nikolas Samios blickt auf über 15 Jahre Erfahrung im Venture-Capital-Bereich zurück. Cooperativa, 1998 von Samios mitbegründet, berät Startups und Investoren im Bereich Venture Capital, betreut die Portfolios von privaten Investoren und kümmert sich um die Fondsverwaltung. Mit über 200 Transaktionen von Unternehmen – vom Firesale bis zum Börsengang – hat Nikolas Samios mehr als genügend Erfahrung, um mit uns tief in die Materie „Venture Capital“ einzusteigen. Im ersten Teil unseres Interview dreht sich alles um Venture Capital und die deutsche Startup-Szene. Im ersten Teil des Interviews ging es um den Reiz am Venture Capital. Im zweiten Teil dreht sich alles darum, was einen guten VC-Investor ausmacht.

     

    Was macht denn einen guten Investor aus?

    Nikolas Samios: Der gute Investor weiß, dass er immer maximal auf dem Beifahrersitz sitzt, eher sogar auf dem Rücksitz. Er sollte nicht anfangen, selbst der Manager sein zu wollen. Er muss da eine gewisse Coolness haben und vor allem auch Respekt vor der Leistung des Gründers. Wenn er glaubt, er weiß alles besser und den Gründern ständig reinredet, dann ist er als Investor ungeeignet oder hat schlicht ein schlechtes Investment gemacht. Denn dann geht er davon aus, dass der Gründer es selbst nicht kann.

     

    Thema Methodik: Was gehört denn zu den Fähigkeiten eines guten Investors und wie bildet man diese aus?

    Nikolas Samios: Man kann nicht ein, zwei Investments machen und dann sagen, man hat methodisch korrekt Geld angelegt. Das geht nicht, das beinhaltet ein viel zu hohes Klumpenrisiko. Du musst ein ganzes Portfolio anlegen, eher 10, besser 20 oder 30 Investments machen. Dabei musst aufpassen, dass du nicht fünfmal in das gleiche vertical investierst, dann hast du auch ein Sektor-Klumpenrisiko. Du musst immer auf die Qualität der involvierten Personen achten – haben die Gründer schon einen track record, wie ist die Qualität der Co-Investoren und so weiter. Es gibt eine ganze Liste von Themen, mit denen du das Risiko für einen Deal reduzieren kannst.

    Wenn Du über alle Investments dann noch ein richtiges Portfoliomanagement legst kannst du mit der Assetklasse Startups oder Venture Capital auch in Deutschland gut Geld verdienen – dazu muss man auch nicht nach Amerika gehen. In Amerika mag es oberflächlich betrachtet tollere Exits geben, aber auch die Firmenbewertungen beim Einstieg sind deutlich höher. Die Firmen dort sind auch ein bisschen verwöhnt, weil sie viel mehr Kapital haben. Dementsprechend machen sie auch riskantere Businessmodelle. Das deutsche Ökosystem mit seiner relativen Kapitalknappheit ist zu gleich auch eine Tugend, weil die Leute hier eben gezwungen sind, effizienter zu arbeiten.

     

    Beim Investieren gibt es zwei Theorien, die sich gegenüberstehen: Value Investing und Diversifikation. Welche Theorie ist die richtige beim Investieren in Startups?

    Nikolas Samios: Methodische Diversifikation in Themen, in denen man sich auskennt. In den 80er Jahren haben viele Leute vom spray and pray geredet. Damit wurde impliziert, dass du das Risiko nicht reduzieren kannst und deswegen auch nichts prüfen musst – nach dem Motto: Hilft sowieso alles nicht. Du machst also zehn Wetten, kaufst zehn Lose in der Lotterie und erhöhst damit die Chance, dass du gewinnst. Aber es ist egal, ob du dieses oder jenes Los kaufst. Du kannst sie von außen nicht unterscheiden. Das halte ich für falsch.

    Ich glaube, dass du sehr wohl unterscheiden kannst, welchen Chance Dein Los hat, Du kannst zumindest einen educated guess abgeben. Das ist aber immer nur eine Wahrscheinlichkeit, keine Gewissheit. Aber die Summe an Maßnahmen hilft dir, eine höhere Chance zu erreichen. Nehmen wir ein Pokerspiel als Beispiel. Wenn wir beide jetzt mit einem Profi 5 Runden pokern würden, ist die Verteilung der Gewinne vielleicht noch zufällig, statistisch normal verteilt. Wenn wir aber mit diesem professionellen Pokerspieler 100 Partien spielen, wird er am Ende des Tages deutlich gewinnen. Weil er eben methodisch so gut ist, dass er die Wahrscheinlichkeiten im Spiel berechnen kann. Es hat eine Glückskomponente – welche Karten kommen, kannst du nicht beeinflussen – aber es hat auch ein Methodik-, ein Können-Element. Und darum geht bei Venture Capital. Dass du das Können mit einbringst, um damit eine höhere Rendite zu machen. Dadurch gehst du bessere, hoffentlich kluge, optimierte Wetten ein, was zu gleich aber nicht bedeutet, dass jedes Investement durchkommt.

     

    Da ist es wieder, das Handwerk, die Methode. Was genau steckt dahinter?

    Nikolas Samios: Zunächst muss man Qualität und Quantität in einem guten Dealflow haben. Da gilt die alte IT-Weisheit: „Shit in - shit out“ – Wenn vorne nichts Gutes auf dem Tisch liegt, kannst du filtern, wie du willst, dann wird hinten auch nichts Gutes rauskommen. Also musst du erst mal dafür sorgen, dass du in einer ausreichenden Menge und vor allem in einer ausreichenden Qualität Deals auf dem Tisch hast. In der Sekunde wo ein Deal durch den Markt geht, also eine E-Mail an 50 Investoren rausgeht, ist der Deal quasi entwertet. Man muss viel früher dran sein an den interessanten Themen. Dafür gibt es keinen Marktplatz, das ist eine closed community und viel passiert über persönliche Kontakte. Zum Glück ist das deutsche Ökosystem nicht so groß, dass man jeden Tag mit Tausenden von Leuten Kaffee trinken muss. Viele sind ja auch Serientäter, sowohl auf Gründerseite als auch Angels. Auch frühe Super-Angels haben eine Signalwirkung.

     

    Versuchen wir mal, „educated guessing“ runterzubrechen – was ist das genau? Wenn jetzt also euer Investmentteam über einem möglichen Startup-Investment tagt, was besprecht ihr dann genau?

    Nikolas Samios: Im Prinzip alle Kategorien, alle Headlines, die du in einem Business Plan vermuten würdest: Markt, Wettbewerb, Produkt, Pricing, Team, Investoren, wirtschaftliche Traktion und KPIs. Haben die Schulden oder nicht, wie ist die Entwicklung der Bewertung gewesen. Es ist zum Beispiel gar nicht so gut, wenn du der einzige Marktteilnehmer bist, denn dann muss man sich fragen: Wieso macht es kein anderer? Es ist aber auch nicht gut, wenn zehn Leute das gleiche machen, weil es dann einen Preiswettbewerb gibt oder unglaublich viel Marketing gemacht werden muss.

    Weiterhin: Was sind vermutliche Exit-Kandidaten, wie ist die juristische Struktur? Investierst du in eine plain vanilla GmbH von 3 Gründern und alles ist sauber? Oder investierst du in die Tochter von einem Konzern und alles ist ganz komplex auf Grund von Abhängigkeiten? Auch das kann dazu führen, dass du den Deal nicht machst. Das A und O ist aber immer noch die Qualität des Gründerteams. Denn auch das wird dir jeder Investor sagen: Ein gutes Team kann aus einer Mittelklasse-Idee immer noch eine funktionierende Firma machen, aber ein Mittelklasse-Team kann aus der besten Idee keine erfolgreiche Firma machen. Das bleibt das A und O.

    Jetzt steht man vor der Frage: Wie beurteilt man ein Team? In der frühen Phase ist es das Einfachste, wenn die Gründer schon mal etwas aufgebaut haben, wenn sie einen track record haben, wenn sie schon mal als Gründer oder als Mitarbeiter Nummer Fünf bei einem erfolgreichen Startup dabei waren, dann tust du dich einfacher in der Beurteilung. Deswegen bekommen solche Gründer ein Plus. Das bedeutet nicht, dass ein first time founder gar keine Chance hat, aber er hat natürlich den Mehrfach-Gründer-Vorteil nicht und muss das irgendwie kompensieren. Das kann zum Beispiel sein, dass der Investor nicht in der seed stage investiert, sondern sagt: „Nette Idee, wir mögen was wir hören, haben aber gerade für eine seriöse Investmententscheidung zu wenig Daten. Macht doch mal ohne uns weiter und komm in 6 – 9 Monaten noch mal wieder. Dann sag uns, wie es gelaufen ist und dann investieren wir vielleicht“. In einen serial founder investierst du vielleicht schon in der seed stage, weil der eben schon mal gezeigt hat, dass er erfolgreich ein Startup hochziehen kann.

     

    Das war der zweite Teil unseres Interviews mit Nikolas Samios. Erfahren Sie im ersten Teil, was den Investmentprofi den Reiz am Venture Capital ausmacht. Lesen Sie nächste Woche den zweiten Teil unseres Interviews mit Nikolas Samios. Erfahren Sie mehr zum Thema Crowdfunding, Crowdinvesting und zu unterschiedlichen Anlagestrategien in der Companisto Investoren-Akademie und dem Companisto Blog.

    Tamo Zwinge
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    Tamo Zwinge leitet seit Juni 2012 als Gründer und Geschäftsführer die Crowdinvesting-Plattform Companisto, auf der Startups eine Schwarmfinanzierung von Mikroinvestoren, den sogenannten Companisten, erhalten können. Er arbeitete zuvor mehrere Jahre als Jurist bei CMS Hasche Sigle, einer der führenden wirtschaftsberatenden Anwaltssozietäten in Deutschland. Dort betreute er große Unternehmen in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Unternehmenstransaktionen und Private Clients. Aufgrund dieser Kompetenzen verantwortet Tamo Zwinge im Besonderen die rechtliche Ausgestaltung von Companisto und die stetige Optimierung des Companisto-Modells auf Anschlussfinanzierungen durch Venture Capital-Gesellschaften.
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    Verfasst von Tamo Zwinge
    Richtig Pokern - Teil 2 Die Methodik der optimierten Wette Nikolas Samios blickt auf über 15 Jahre Erfahrung im Venture-Capital-Bereich zurück. Im Interview spricht er über die Herausforderungen von Venture-Capital-Investitionen - und warum sie kein Glücksspiel sind, sondern Methodik dahinter steckt.