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     184  0 Kommentare OLG Düsseldorf urteilt: Sind Anrufe vom Versicherungsmakler Pflicht oder Belästigung?

    Ein Versicherungsmakler rief einen Kunden an, um ein neues Angebot zu unterbreiten. Der fühlte sich vom Anruf belästigt und zog vor Gericht. Der Makler berief sich auf seine Pflicht, den Kunden nachzubetreuen, in dem Rahmen habe er ihn angerufen. Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke von der Kanzlei Jöhnke & Reichow kommentiert eine Entscheidung des OLG Düsseldorf.
    Björn Thorben M. Jöhnke

    Darf ein Versicherungsmakler sogenannte Service-Anrufe bei seinen Kunden tätigen? Mit der Frage beschäftigte sich das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf mit Urteil vom 19. September 2019 (Az. 15 U 37/19) im Rahmen eines Wettbewerbsprozesses. Insbesondere sollte das Gericht klären, ob der Versicherungsmakler seinen eigenen Kunden anrufen und ihm weitere Angebote unterbreiten darf. Die Entscheidung ist durchaus bedeutend.
    Der Sachverhalt
    Ein Versicherungsmakler rief einen Bestandskunden im Rahmen eines sogenannten "Service-Calls" an, um ihm ein neues Angebot zu unterbreiten. Bei dem Kunden handelte es sich um einen Geschäftsführer, der Anruf ging jedoch an ihn als Verbraucher. Der Kunde hatte im Vorhinein nicht ausdrückliche eingewilligt, solche Anrufe zu erhalten. Er fühlte sich von seinem Versicherungsmakler belästigt und ließ diesen wettbewerbsrechtlich abmahnen.
    Der Versicherungsmakler wandte sich gegen diese Abmahnung. Als Begründung führte er unter anderem an, er sei als Versicherungsmakler gesetzlich verpflichtet, seine Kunden zu betreuen, zum Beispiel auch im Rahmen einer sogenannten Nachbetreuung. "Service-Calls" durch Versicherungsmakler stellten eine solche Nachbetreuung dar. Der Versicherungsmakler ließ die Angelegenheit rechtlich überprüfen.
    Die Entscheidung des Gerichts               
    Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf stufte "Service-Calls" durch Versicherungsmakler als Belästigung ein und sah in der Tat einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht: Dem Anruf lag keine vorherige Einwilligung des Kunden zugrunde. Der Versicherungsmakler hatte den Geschäftsführer mehrfach in dessen Eigenschaft als Verbraucher zwecks Durchführung eines sogenannten "Service-Calls" angerufen. Entsprechende Anrufe stellten jedoch Werbung nach Paragraf 7 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Nr. 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) dar.
    Auch ein Anruf zum Zweck einer Angebotsinformation sei damit als Werbung deutbar. Die Betreuungspflicht, zu der sich der Versicherungsmakler geäußert hatte, sei dadurch nicht behindert.
    Werbung im Sinne des UWG
    Auch die Begründung des Versicherungsmaklers, er habe eine gesetzliche Verpflichtung zur Nachbetreuung, überzeugte das Gericht nicht. Paragraf 61 Abs. 1 S. 1 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) besagt: Der Versicherungsvermittler soll den Versicherungsnehmer nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen – soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person und Situation des Versicherungsnehmers hierzu Anlass besteht. Er soll unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und gezahlter Prämien beraten und die Gründe für jeden erteilten Rat zu einer bestimmten Versicherung angeben. Das Gericht ließ dahinstehen, ob sich aus Paragraf 61 Abs. 1 S. 1 VVG eine gesetzliche Pflicht des Versicherungsmaklers zu einer (Nach-)Betreuung des Kunden ergibt.

    Selbst wenn der Versicherungsmakler entsprechend zu einer (Nach-)Betreuung gesetzlich verpflichtet sein sollte, muss er seine Pflichten in jedem Fall im Einklang mit dem Wettbewerbsrecht zu erfüllen. Versicherungsrechtliche Betreuungspflichten entbinden nicht von gleichrangigen gesetzlichen Pflichten aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Ein Versicherungsmakler darf also in Erfüllung seiner Betreuungspflichten kein unlauteres Werbeverhalten an den Tag legen.
    Einwilligung notwendig
    Kommt der Vermittler seiner versicherungsrechtlichen Betreuungspflicht nach, indem er den Kunden telefonisch kontaktiert, darf er die Kontaktaufnahme nur dann für eine mittelbare Werbung nutzen, wenn er zuvor eine ausdrückliche Einwilligung des Kunden eingeholt hat.
    Der Versicherungsmakler hat also die folgenden Wahlmöglichkeiten, wenn er seinen versicherungs- und wettbewerbsrechtlichen Verpflichtungen im Rahmen von "Service Calls" nachkommen will: Er kann sich vom Kunden vorher eine ausdrückliche Einwilligung in die telefonische Kontaktaufnahme einholen. Wenn die nicht vorliegt, kann er alternativ einen anderen Kommunikationsweg anstelle der in Paragraf 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG genannten Kontaktwege wählen.
    Hinweis für die Praxis
    Das Urteil zeigt die Grenzen der Möglichkeiten des Versicherungsmaklers auf, die Kunden als sogenannter Sachwalter im Rahmen seiner Pflichten zu betreuen. Das Gericht hat dabei die Vorschriften des UWG und der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) für anwendbar gehalten. Es sah den Versicherungsmakler in der Pflicht, für "Service-Calls" eine vorherige Einwilligung des Kunden einzuholen. Andernfalls solle er die zulässigen Kommunikationswege nutzen, die das UWG nicht als strafbar definiert.
    Mit Blick auf Datenschutz und Wettbewerbsrecht sollte jeder Versicherungsmakler neben dem Maklervertrag mithin auch entsprechende Einwilligungen seiner Kunden einholen.
    Über den Autor:Björn Thorben M. Jöhnke ist Rechtsanwalt und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Die Kanzlei wird zum Bereich Versicherungsrecht auch auf dem hauseigenen Vermittler-Kongress am 6. Februar 2020 in Hamburg referieren.

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