checkAd

    Wöchentlicher Marktkommentar  2682  0 Kommentare Griechenland ringt um weitere Unterstützung

    Die heutige Kabinettsumbildung des griechischen Ministerpräsidenten Papandreou ‒ Finanzminister Papakonstantinou wird ersetzt, bleibt aber im Kabinett ‒ und das Stellen der Vertrauensfrage im Parlament zeigt, wie sehr der Regierungschef Griechenlands um Unterstützung für seinen Kurs ringen muss. Papandreous Angebot, eine große Koalition zu bilden, die den derzeitigen Reformkurs gemeinsam durchsetzt, war von der konservativen Opposition abgelehnt worden. Dass die Opposition auf das Angebot einsteigt, hatten wohl selbst die kühnsten Optimisten der sozialistischen Regierung Papandreous nicht erwartet. Vielmehr signalisiert Papandreou den Verhandlungspartnern um ein weiteres Rettungsprogramm, EZB, IWF und Euro-Gruppe, wie die Alternative aussähe, wenn eine andere griechische Regierung am Verhandlungstisch säße.

    „Diesen Trumpf hat sich Papandreou lange aufgespart und spielt ihn nun zu einem geschickten Zeitpunkt“, so Torsten Gellert, Managing Director bei FXCM Deutschland. Der massive Widerstand der Bevölkerung gegenüber dem harten Sparprogramm der Regierung hatte Papandreou zuletzt zunehmend die Unterstützung auch in den eigenen Reihen gekostet. Gestern Nachmittag war es erneut zu gewaltsamen Protesten der Bevölkerung in Athen gekommen.

    Die Unsicherheit in Griechenland, aber auch das ergebnislos gebliebene Treffen der EU-Finanzminister am Dienstag schwächen aktuell den Euro. Allein die Tatsache, dass nun auch der extremste Fall, ein Nicht-Bedienen der griechischen Schulden, sollte es keine rechtzeitige Einigung geben, diskutiert wird, lässt Devisenhändler nervös werden. Die Gemeinschaftwährung fiel gestern unter die Marke von 1,41 US-Dollar und notiert heute bei 1,4140 US-Dollar.

    „Die Fronten verhärten sich, die Interessen der Beteiligten werden immer pointierter vorgetragen. Die Verhandlungen werden schwerer“, so Gellert. Gibt es keine Einigung zwischen EU-Kommission, IWF, EZB und der griechischen Regierung, droht die Staatspleite. Was wären die Folgen? Einen ungeordneten Staatsbankrott innerhalb eines Währungsverbundes hat es bisher noch nie gegeben. Deshalb lässt sich die Situation nicht gut vergleichen mit vergangenen Staatspleiten wie zum Beispiel in Südamerika Anfang des Jahrtausends. Eines steht jedoch fest: Der griechische Staat könnte sich auf absehbare Zeit keine Mittel mehr an den Kapitalmärkten beschaffen, weil das Vertrauen der Investoren endgültig zerstört wäre. Hinzu käme, dass auch die EZB in diesem Fall griechische Anleihen nicht länger als Sicherheit akzeptieren könnte. Griechenland würde deshalb auf Jahre kaum Möglichkeiten haben, sich neues Kapital zu beschaffen, und damit aus Mangel an Investitionen in der Rezession verharren. Zudem dürften private Investoren auch anderen europäischen Ländern zunehmend misstrauen, allen voran Irland und Portugal. Die Zinsen für Kredite würden ansteigen, die einzelnen Länder müssten mehr Budget für geplante Kapitalaufnahmen zurücklegen und im schlimmsten Fall den gleichen Weg wie Griechenland einschlagen.

    Eine Pleite Griechenlands hätte zudem fatale Folgen für die Bilanzen zahlreicher europäischer Banken, die aktuell griechische Anleihen halten, sowie für die EZB selbst. Diese Anleihen wären mit einem Schlag abgewertet. Allein in den Bilanzen deutscher Banken stehen derzeit Anleihen im Wert von rund 10 Milliarden Euro. „Die herben Verluste, die eine Pleite Griechenlands für viele europäische Banken bedeuten würde, könnten einige von ihnen ins Wanken bringen“, erklärt Gellert. „Und wie sollte es anders sein: Die ganz oder teilweise verstaatlichten Banken in Deutschland stünden mal wieder mit am schlechtesten da – der deutsche Steuerzahler wäre also auch wieder direkt betroffen.“ Darum haben sowohl EZB als auch die europäischen Banken und Regierungen größtes Interesse daran, dass es zu keinem Kreditausfall kommt.

    „Ich erwarte zunächst einen typisch europäischen Kompromiss: Jedes Lager rückt ein wenig von seinen Forderungen ab, man einigt sich auf weitere Sparmaßnahmen für die Griechen im Gegenzug für ein erneutes Hilfspaket und definiert eine Laufzeitverlängerung so, dass keine akute Bankenkrise entsteht“, so der Devisen-Experte. Damit könne vielleicht Zeit gewonnen werden, das Verschuldungsproblem aber werde nicht gelöst. „Um einen wie auch immer ausgestalteten Schuldenschnitt für Griechenland werden wir nicht umhin kommen. Dieser muss aber kontrolliert und mit Blick auf die Konsequenzen für alle Beteiligten erfolgen, sonst droht der Domino-Effekt für andere Euro-Länder und womöglich eine erneute Bankenkrise.“

    Weitere Informationen zur Entwicklung des Euro-Kurses finden Sie bei DailyFX:

    http://www.dailyfx.com/forex/market_alert/2011/06/15/2011.06.15_Greece ...



    Diskutieren Sie über die enthaltenen Werte


    Torsten Gellert
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    Torsten Gellert ist seit Januar 2015 Head of Germany/Austria bei CMC Markets. Schon von 2007 bis 2009 war er mitverantwortlich für die Geschäfte im deutschsprachigen Raum und etablierte in dieser Zeit CMC Markets als größten Anbieter von CFDs und Forex in Deutschland. Der studierte Diplom-Mathematiker startete seine berufliche Karriere 1997 bei der Allianz Versicherung. Nach zehn Jahren in der Versicherungsbranche wechselte er 2007 zu CMC Markets Deutschland in die Geschäftsleitung. 2010 zog es ihn in seine Heimatstadt zurück und er baute das Deutschland-Geschäft des internationalen Brokers FXCM auf.
    Mehr anzeigen

    Verfasst von 2Torsten Gellert
    Wöchentlicher Marktkommentar Griechenland ringt um weitere Unterstützung Die heutige Kabinettsumbildung des griechischen Ministerpräsidenten Papandreou ‒ Finanzminister Papakonstantinou wird ersetzt, bleibt aber im Kabinett ‒ und das Stellen der Vertrauensfrage im Parlament zeigt, wie sehr der Regierungschef Griechenlands um Unterstützung für seinen Kurs ringen muss. Papandreous Angebot, eine große Koalition zu bilden, die den derzeitigen Reformkurs gemeinsam durchsetzt, war von der konservativen Opposition abgelehnt worden. Dass die Opposition auf das Angebot einsteigt, hatten wohl selbst die kühnsten Optimisten der sozialistischen Regierung Papandreous nicht erwartet. Vielmehr signalisiert Papandreou den Verhandlungspartnern um ein weiteres Rettungsprogramm, EZB, IWF und Euro-Gruppe, wie die Alternative aussähe, wenn eine andere griechische Regierung am Verhandlungstisch säße.

    Schreibe Deinen Kommentar

    Disclaimer