checkAd

    Smart Investor Weekly 26/2011  1140  0 Kommentare Bundestag – zum Mitmachen - Seite 2



    „Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“

    Nein, wir wollen nicht darauf hinaus, dass die Formulierung „Jedermann“ demnächst unterbeschäftigte Hinterbänkler_innen auf den Plan rufen wird, die eine gendergerechte Umformulierung des Grundgesetzes fordern. Es geht vielmehr um das Petitionsrecht an sich, das seit 2005 auch in Form sogenannter Online- oder E-Petitionen wahrgenommen werden kann.
    Da „Jedermann“ mitmachen kann, gibt es natürlich auch die eine oder andere Blüte: So fordert eine „Jederfrau“ in Petition „18192“ zum Thema Steuerpolitik die „Einführung einer Steuer für Fahrradfahrer“. Die Regierenden werden es mit einem wohlwollenden Lächeln quittieren, dass einzelne Bürger bereits so gut sozialisiert sind, dass sie sich selbst höhere Steuern auferlegen wollen. Das Argument ist – wie eigentlich immer – die heilige „Gerechtigkeit“, diesmal zwischen Radfahrern, Autofahrern und Fußgängern. Warum man aber auf halbem Weg stehen bleibt und nicht gleichzeitig eine Steuer für Straßenschuhe fordert, denn auch Fußgänger sind schließlich Verkehrsteilnehmer, bleibt das Geheimnis der Petentin und ihrer bislang 55 Mitzeichner.

    Ein ganz anderes Kaliber hat da die Petition 18123 „Finanzpolitik – Europäischer Stabilitätsmechanismus“, in der der Petent den Bundestag bittet, sich gegen den Europäischen Stabilitätsmechanismus – ESM auszusprechen. Bislang unterstützen immerhin gut 4.200 Mitzeichner diese Petition und wir denken, dies ist eine gute Sache, um ein Zeichen gegen die unter anderem von Herrn Juncker propagierte „Schicksalsgemeinschaft auf Gedeih und Verderb“ zu setzen, die offensichtlich in Richtung „Verderb“ schlingert.

    Ob eine solche Petition etwas bringt?! Vermutlich nicht viel, wie bereits bei
    Petition Nr. 10922 „Finanzpolitik – Einschätzung der Gesamtsituation vor direkten oder indirekten Finanzzusagen“ vom 21.03.2010 mit 172 Mitzeichnern
    https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=10922
    Begründung der Ablehnung:
    https://epetitionen.bundestag.de/files/0934.pdf

    oder

    Petition Nr. 10985 „Finanzpolitik – Keine Umgehung der „Bail-out“-Klausel bei Finanzhilfen innerhalb der EU“ vom 23.03.2010 mit 4.071 Mitzeichnern
    https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=10985
    Begründung der Ablehnung:
    https://epetitionen.bundestag.de/files/0968.pdf

    Ziel: Erkenntnisfortschritt
    Die jeweiligen Begründungen des Petitionsausschusses lesen sich wie ein Zeugnis geradezu epochaler wirtschaftlicher Fehleinschätzung. In den Fällen Portugal, Irland und Griechenland wurden die Parlamentarier binnen Jahresfrist von der Realität eingeholt. Solange der Petitionsausschuss des Bundestages aber die parlamentarische(!) Prüfung „auf der Grundlage einer Stellungnahme“ der Exekutive(!), nämlich jenes Bundesministeriums der Finanzen vornimmt, das die Maßnahmen, von „Hilfen“ mag man nicht sprechen, vehement befürwortet, wird bis auf weiteres dem jeweiligen „Anliegen nicht entsprochen“ werden können. Immerhin besteht aber die Hoffnung, dass durch solche Petitionen bei den Parlamentariern ein gewisser Lernprozess befördert wird. Schon unser Gesprächspartner Prof. Dr. Markus C. Kerber, der gegen die Maßnahmen der „Euro-Rettung“ Verfassungsbeschwerde eingelegt hat, stellte im Hinblick auf die Parlamentarier fest, dass dort “der Erkenntnisfortschritt … nicht zu leugnen“ sei (Smart Investor Ausgabe 07/2011, Seite 26 f.). Und sollten Sie Ihre Enkel dereinst einmal fragen, was Sie eigentlich gegen den Marsch in den EU-Transfersozialismus getan haben, dann können Sie zumindest darauf verweisen, dass Sie im Internet ein Kreuz an der richtigen Stelle gemacht haben, nämlich hier:
    Seite 2 von 3



    Verfasst von 2Ralf Flierl
    Smart Investor Weekly 26/2011 Bundestag – zum Mitmachen - Seite 2 Die moderne und mühelose Form des Protests heißt E-Petition. Immerhin, besser als nichts. Während in Griechenland mal wieder (General)-Streik angesagt ist, wird in Deutschland brav weitergewerkelt. Aus dieser Rollenverteilung in der neuen …