Scharia-konforme Anlageprodukte
Chancen durch Wachstum des islamischen Finanzwesens - Seite 2
Im Vergleich zu seinem konventionellen Gegenstück ist das islamische Finanzwesen nach wie vor eine junge Branche. Sie wächst zwar schnell, stellt aber immer noch nur einen geringen Teil der globalen Finanzanlagen. Die Vermögenswerte der Branche entfallen nach wie vor größtenteils auf Bareinlagen bei islamischen Banken. Aspekte des islamischen Rechts wirken sich auch auf Investitionen aus, so zum Beispiel das Verbot der Zahlung von Zinsen, das sogenannte Riba, und mehrere andere Geschäftszweige und Produkte, die Muslimen verboten sind, wie Alkohol, Waffen und eine Reihe von Lebensmitteln und Aktivitäten im Zusammenhang mit Lebensmitteln.
Diese Verbote scheinen prinzipiell recht einfach. In der Praxis kann aber die Auslegung, was Scharia-konform ist und was nicht, durchaus komplex sein. Das macht die aktive Einbeziehung islamischer Gelehrter erforderlich, insbesondere bei der Entwicklung neuer Investmentprodukte zur Erweiterung des Angebots der islamischen Investmentbranche. Dieses Thema bedarf noch ausführlicherer Diskussionen. Außerdem legt jeder Islamwissenschaftler die Scharia-Grundsätze anders aus. Die Festlegung einheitlicher Produktstandards kann daher problematisch sein, und es bestehen von Land zu Land Unterschiede. Viele Produkte erfüllen dann möglicherweise nicht überall die gesetzten Standards.
Da Unternehmen an der Entwicklung zunehmend komplexer Schariainstrumente arbeiten, so zum Beispiel als Derivate oder im Bereich der Währungsabsicherungen, können Interpretationsfragen ein Hindernis für die Marktakzeptanz darstellen. Meiner Ansicht nach steigt aber die Akzeptanz vieler der unausgesprochenen Konzepte der islamischen Investmentphilosophie über den Gedanken ethischer oder sozial verantwortlicher Anlagen zunehmend auch in konventionellen Märkten. Das erzeugt eine offensichtliche Schnittstelle zwischen der Scharia-konformen Finanzwelt und einem immer größeren Bereich des herkömmlichen Finanzwesens. Außerdem dienen Scharia-konforme Anlagen der guten Sache. Sie haben soziale Auswirkungen, die dem Gemeinwesen zugutekommen. Dieser Aspekt scheint potenziell gut zu dem hohen Bedarf an Infrastrukturinvestitionen in weiten Teilen der Schwellenmärkte sowohl in der islamischen Welt, als auch in anderen Ländern zu passen. Diese Investitionen benötigen Finanzierungsquellen, die weit über die Kapazitäten einzelner Staaten hinausgehen.
Lesen Sie auch
Angesichts des hohen Aufwands für die Entwicklung international akzeptabler Infrastruktur-Sukuk könnte dieser dringende globale Bedarf meiner Ansicht nach eine ausgezeichnete Gelegenheit darstellen, für deren Wahrnehmung wir bei Franklin Templeton möglicherweise gut aufgestellt sind. Da islamische Länder zu den bevölkerungsreichsten und wachstumsstärksten Volkswirtschaften der Welt zählen, bin ich absolut überzeugt, dass Scharia-konforme Anlagen nicht nur immer bedeutsamer werden könnten, sondern auch ein durch und durch würdiges Unterfangen darstellen, das den Idealen unseres Mentors, Sir John Templeton, entspricht.