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     1643  0 Kommentare Twitter sendet Warnsignal für Social-Media-Sektor

    Die überraschend früh bekannt gewordenen Zahlen von Twitter haben die Aktie abstürzen lassen. Nachdem Investoren zuvor vor allem Sorgen wegen des langsameren Wachstums der User-Zahlen hatten, kommt nun eine weitere Sorge hinzu. Was aber noch schlimmer ist: Die Ergebnisse des Kurznachrichtendiensts könnten darauf hindeuten, dass der Höhepunkt im Bereich Soziale Medien schon bald bevorstehen könnte.

    Das Vertrauen in das Management von Twitter steht auf dem Spiel: nachdem die Zahlen des Kurznachrichtendienstes bereits etliche Stunden vor der geplanten offiziellen Veröffentlichung durchgesickert waren, haben Investoren unverzüglich und kräftig den Verkaufsknopf gedrückt. Das hat der Aktie einen Tagesverlust von 18 Prozent beschert. So lagen die Erlöse trotz eines Anstiegs um 74 Prozent auf 436 Mio. Dollar deutlich unter den Erwartungen der Analysten (456,2 Mio. Dollar). Eine Aktie, in die eine so riesige Menge Euphorie eingepreist ist, bei der darf der Vorstand aber keine schlechten Zahlen abliefern. Dass Vorstandschef Dick Costolo gleichzeitig noch die Prognose für das zweite Quartal und das Gesamtjahr kräftig eingedampft hat, hat für zusätzlichen Druck auf das Papier gesorgt. Nachdem er versprochen hatte, dass die Einführung etlicher neuer Produkte für einen kräftigen Umsatzanstieg sorgen würde, wachsen nun wieder die Zweifel am Management von Twitter. In den vergangenen Quartalen hatten sich Investoren vor allem wegen des zurückgehenden Wachstums bei den User-Zahlen Sorgen gemacht. Das Plus ist im ersten Quartal auf 18 Prozent zurückgegangen gegenüber 20 Prozent im vierten Quartal. Nun machen sich Investoren zusätzlich Sorgen, dass der Umsatz künftig hinter den Erwartungen zurückbleiben könnte.

    Genauerer Blick zeigt Unschönes

    twitterDie Bedenken der Investoren sind umso verständlicher, wenn man einen Blick auf die Präsentation zu den Quartalszahlen wirft und sich die Kennzahl „Ad Engagement“ anschaut. Sie zeigt, wie stark die Twitter-User auf die geschaltete Werbung reagieren, indem sie die Werbung beispielsweise anclicken oder Retweeten. Das Wachstum beim „Ad Engagement“ implodiert: von einem Plus von 694 Prozent für das erste Quartal 2014 über 152 Prozent im dritten Quartal 2014 auf nur mehr 32 Prozent im ersten Quartal 2015. Da sich das Wachstum in den vergangenen Quartalen gegenüber dem Vorquartal jeweils ungefähr halbiert hat, dürfte Twitter in dem Bereich innerhalb von zwei oder drei Quartalen nur noch ein prozentual einstelliges Wachstum zeigen.

    Kommt Twitter je in die schwarzen Zahlen?

    Da der Umsatz hinter den Erwartungen zurückbleibt, fragen sich etliche Investoren zusehends, ob es Twitter je gelingen wird, Gewinne zu schreiben. Im vergangenen Quartal war der Verlust kräftig gestiegen auf 162,4 Mio. Dollar, was einem Verlust je Aktie von 0,25 Dollar entspricht. Die Analysten rechnen aber die horrenden Kosten für Aktienoptionen für das Management und Abschreibungen für immaterielle Vermögenswerte einfach heraus, und schon steht ein bereinigter Gewinn von 46,5 Mio. Dollar zu Buche. Auf dieser Basis soll der Konzern im laufenden Jahr einen bereinigten Gewinn je Aktie von 0,38 Dollar erwirtschaften, der laut Analysten im nächsten Jahr auf 0,81 hoch springen soll. Auf Basis des Bilanzierungsstandards US-GAAP soll in diesem Jahr aber ein Verlust je Aktie von 0,81 Dollar anfallen, der im nächsten Jahr halbiert werden soll. Aus einem 2016er-KGV von horrenden 47 wird so schnell ein „Kurs-Verlust-Verhältnis.“ Trotz des Kurseinbruchs gestehen Investoren der Firma aber immer noch einen Börsenwert von 27,7 Mrd. Dollar zu.

    Facebook in Dollar auf drei Jahre

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    Bedenklicher als die enttäuschenden Quartalszahlen ist der Schatten, den Twitter auf den gesamten Social-Media-Bereich wirft. Anfangs haben die kleineren Anbieter wie Twitter Probleme, aus den Aktionen der User Einnahmen zu generieren, sprich das Geschäftsmodell zu monetisieren. Die Gefahr ist allerdings, dass das Problem schon bald die großen Player wie Facebook erreichen könnte, wenn auch die User des sozialen Netzwerks weniger auf die Werbung clicken. In dem Zusammenhang sollten Anleger die jüngsten Aussagen von Evan Spiegel, Vostandschef bei Snapchat, im Hinterkopf behalten: „Wenn die Begeisterung für Tech-Aktien abkühlt, wird der Börsenwert von Facebook einbrechen und Unternehmen, die den Erfolg ihres Geschäftsmodells noch nicht bewiesen haben, werden nicht an Kapital herankommen können“, sagte Spiegel. „Die gesamten Ausgaben für Internetwerbung können nicht die übertriebenen Bewertungen für Social-Media-Firmen rechtfertigen, die ihre Umsätze mit Werbung genieren.“




    Daniel Saurenz
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    Der ehemalige FTD-Redakteur und Börse Online-Urgestein Daniel Saurenz hat zusammen mit Benjamin Feingold das Investmentportal „Feingold Research“ gegründet. Dort präsentieren die beiden Börsianer und Journalisten ihre Markteinschätzungen, Perspektiven und Strategien samt Produktempfehlungen. Im strategischen Musterdepot werden die eigenen Ideen mit cleveren und meist etwas „anderen“ Produkten umgesetzt und für alle Leser und aktiven Anleger verständlich erläutert. Weitere Informationen: Feingold Research.
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    Verfasst von Daniel Saurenz
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