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Was ist eigentlich aus "Behavioral Finance" geworden?
Behavioral Finance untersucht die Auswirkungen menschlicher Verhaltensmuster auf Anlageentscheidungen. Die Disziplin scheint im Zeitalter des algorithmischen Tradings etwas in den Hintergrund zu geraten. Doch der Schein trügt: Die Erkenntnisse der Behavioral Finance sind unverändert wertvoll.
Behavioral Finance ergänzt „effiziente Märkte“ um den Faktor Mensch
Behavioral Finance ergänzt die Theorie „effizienter Märkte“ um den Faktor Mensch. Wären Märkte zu 100 % effizient, müssten sich Kurse bei einer relevanten Änderung der Informationslage momentan, d.h. innerhalb von Sekunden ändern.
Die Munich Business School konstatiert in einem
Arbeitspapier aus 2009:
„Die Normalreaktion im Zusammenhang mit effizienten Märkten und rationalem Verhalten ist gekennzeichnet durch die unmittelbare Preisanpassung an einen neuen Fundamentalwert. Bei
quasirationalem Verhalten können sowohl Unter- als auch Überreaktionen eintreten. Damit ist zum einen die Reaktion auf irrelevante Informationen (Noise) und zum anderen die abnormale Reaktion auf
bewertungsrelevante Informationen gemeint. Diese Über- bzw. Unterreaktion führt also zu Abweichungen des Preises von seinem Fundamentalwert. Der rational handelnde Investor scheint nicht der
Regelfall zu sein.“
Die Beobachtung einer nicht im Sinne der Effizenztheorie “angemessenen” Bewertung der Märkte durch Marktteilnehmer ist auch in der Abbildung oben erkennbar, die ebenfalls dem durch Matthias Lamberti verfassten Arbeitspapier der Munich Business School entnommen wurde. Behavioral Finance geht davon aus, dass Marktteilnehmer „in der Erwartungsbildung und im Entscheidungsverhalten“ eingeschränkt sind.
Schädliche Verhaltensweisen, die Behavioral Finance erkannt hat
Die Verhaltensweisen, die zu diesen Einschränkungen führen, werden auch als Verhaltensanomalien bezeichnet. Diese Anomalien werden in der Wissenschaft in zwei Kategorien unterteilt. Die erste Kategorie betrifft die Informationsverarbeitung durch das menschliche Gehirn, die zweite die Einstellung von Marktteilnehmern. Es lassen sich einige typische Verhaltensweisen oder auch „Todsünden“ herauskristallisieren, die bei einer sehr großen Zahl von Marktteilnehmern anzutreffen sind.