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Was ist eigentlich aus "Behavioral Finance" geworden? - Seite 2
Selektive Wahrnehmung
Selektive Wahrnehmung liegt vor, wenn Anleger nur noch Informationen, Meinungen und Entwicklungen zur Kenntnis nehmen, die zur eigenen Überzeugung passen. Dieses Phänomen ist im Zeitalter der sozialen Netzwerke so relevant wie nie zuvor. Ein selektiv wahrnehmender Anleger ignoriert vielleicht deutliche Warnsignale, weil er von einer bestimmten Aktie überzeugt ist. Besonders groß ist dieses Risiko bei Aktien, mit deren „Story“ sich der Anleger persönlich (z. B. über sein Weltbild) identifiziert. Selektive Wahrnehmung kann aber auch die eigene Trader-Historie betreffen: Wer misslungene Trades ausblendet, überschätzt sich womöglich.
Fiktive Konten
Anleger neigen dazu, ihr eigenes Geld nicht immer „gleich“ zu behandeln. 1.000 EUR können in Situation A anders bewertet werden als in Situation B.
Ein Beispiel: Ein Trader könnte nach einem größeren Gewinn ein höheres Risiko eingehen, weil der Einsatz ja gerade „gewonnen“ wurde. Dabei macht es keinen Unterschied, woher der Einsatz stammt. Fiktive Konten lassen sich auch bei der „Einstandsverbilligung“ beobachten: Sitzt ein Anleger auf einem Verlust, könnte er in derselben Aktie weitere Käufe tätigen und damit den durchschnittlichen Einstandskurs reduzieren. Mental mag es angenehmer sein, die Gewinnschwelle durch eine solche Maßnahme näher an den aktuellen Kurs heranzurücken – allein damit eine Investitionsentscheidung zu begründen ist jedoch offensichtlich fatal.
Herdentrieb
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Der Herdentrieb wird durch die sozialen Netzwerke verstärkt. Taucht eine bestimmte Aktie sehr oft in Magazinen, im TV, an Pinnwänden usw. auf, weckt sie das Interesse von immer mehr Anlegern – darunter auch solchen, die nur investieren, um „dabei“ zu sein. Hier greift die Angst, nicht Teil einer als Erfolgsstory wahrgenommenen Entwicklung zu sein. Umgekehrt erfolgt nach einem Rücksetzer möglicherweise der Ausstieg, obwohl der Markt zum neuen Niveau günstig bewertet ist.