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     785  0 Kommentare Neues Wertpapierprospektgesetz: Dem börsennotierten Mittelstand in den Rücken gefallen - Seite 2

    Nachdem die EU-Prospektverordnung ermöglicht hatte, dass seit dem 21. Juli 2018 in Deutschland Emissionen von jährlich bis zu acht Millionen Euro von der Prospektpflicht befreit sind – was von Seiten der Emittenten, Banken und Beratern aus dem Mittelstand befürwortet wurde –, folgte nun durch Beschluss des Bundestags ein Schildbürgerstreich. Zwar schöpft der deutsche Gesetzgeber die Möglichkeiten, die die EU bietet, in dem Punkt voll aus, dass er vorschreibt Anbieter für öffentliche Angebote in Deutschland mit einem Gesamtgegenwert von mehr als 100.000 Euro, aber weniger als 8 Mio. Euro müssen nun keinen Prospekt erstellen, sondern nur ein dreiseitiges Wertpapierinformationsblatt vorbereiten. Zugleich verschärft die deutsche Umsetzung den Inhalt der EU-Prospektverordnung aber derart, dass bei prospektfreien Angeboten ab einem Betrag von 1 Mio. Euro bestimmte Anlageschwellen entsprechend der Befreiungsvorschrift für Schwarmfinanzierungen (Crowdfunding) für nicht qualifizierte Anleger, hiermit sind auf Deutsch inhaltlich Privatpersonen gemeint, eingehalten werden – was die ganze Regelung ad absurdum führt. Denn konkret heißt das: Der Gesamtbetrag der Wertpapiere, die von einem solchen Anleger erworben werden, darf 1.000 Euro nicht übersteigen; selbst bei höherem Einkommen und größerem Vermögen ist die Investitionssumme eines privaten Anlegers auf 10.000 Euro begrenzt.

    Kapitalmarktrechtliches Denkmal des Bundestages für KMU – die Anwendung der Schwellwerte verstößt bei Kleinstemissionen gegen das im Aktiengesetz verankerte gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre

     

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    In der Empfehlung des Bundesrats heißt es wortwörtlich: „Die Einführung dieser Einzelanlageschwellen würde eine Verschärfung der EU-Prospektverordnung darstellen und die Entscheidungshoheit von Privatanlegern. einschränken. Dies würde der Intention des europäischen Gesetzgebers, das Kapitalmarktangebot für Anleger zu erweitern, entgegenstehen. Die Einzelanlageschwellen könnten außerdem den Erwerb von bewährten Standardprodukten wie Inhaberschuldverschreibungen limitieren, deren Risiko für Privatanleger überschaubar und verständlich ist – insbesondere, wenn zuvor eine Beratung stattgefunden hat. Sie sollten im weiteren Gesetzgebungsverfahren deshalb auf ihre Notwendigkeit geprüft werden.“

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    Holger Clemens Hinz
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    Herr Holger Clemens Hinz ist Leiter Corporate Finance bei der Quirin Privatbank und – gemeinsam mit weiteren Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank – Autor des Blogs www.kapitalmarkt.blog. In diesem Blog erfahren Unternehmer, Investoren und interessierte Leser in gründlich recherchierten Beiträgen, wie es um die deutsche Wirtschaft und insbesondere um den heimischen Mittelstand bestellt ist, welche künftigen Entwicklungen an den Kapitalmärkten zu erwarten sind und welche Finanzierungsinstrumente sinnvoll erscheinen, um das Wachstum mittelständischer Unternehmen voranzutreiben. Damit auch abseits des Arbeitsalltags keine Langeweile aufkommt, finden Leser im Kapitalmarkt-Blog auch interessante Anregungen rund um die Themen Reise und Genuss.
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    Verfasst von Holger Clemens Hinz
    Neues Wertpapierprospektgesetz: Dem börsennotierten Mittelstand in den Rücken gefallen - Seite 2 Änderung ist nicht zwangsläufig Verbesserung. Das zeigt die jüngste Kehrtwende des deutschen Gesetzgebers im Fall bislang prospektfreier Emissionen von Wertpapieren deutlich. Noch haben kapitalmarktorientierte KMU aber die Möglichkeit, mit überschaubarem Aufwand gegen diese fragwürdige Maßnahme vorzugehen.